Titel:
Festsetzung einer grenznahen Fläche für Garagen und Nebenanlagen bei einem grenzständigen Gebäude auf dem Nachbargrundstück
Normenketten:
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 7, § 9 Abs. 1 Nr. 4
BauNVO § 19 Abs. 4 S. 1, § 22 Abs. 3, § 23 Abs. 5
Leitsätze:
1. Ist der Bebauungsplan oder die mit dem Antrag bekämpfte einzelne Festsetzung durch genehmigte (oder genehmigungsfreie) Maßnahmen vollständig verwirklicht, wird der Antragsteller in der Regel seine Rechtsstellung durch einen erfolgreichen Angriff auf den Bebauungsplan nicht mehr aktuell verbessern können. Dies gilt für den Fall einer genehmigten Maßnahme aber nur, wenn diese unanfechtbar geworden ist (vgl. BVerwG BeckRS 1987, 2217). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die zulässige Grundfläche muss für alle Anlagen, die bei der Ermittlung der Grundflächen mitzurechnen sind, festgesetzt werden. Eine Festsetzung nur für die Hauptanlagen – und nicht auch für die nach § 19 Abs. 4 S. 1 BauNVO mitzurechnenden "Nebenanlagen" – ist nicht zulässig. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolle, Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtung des gesamten Bebauungsplans, Festsetzung einer grenznahen Fläche für Garagen und Nebenanlagen bei einem grenzständigen Gebäude auf dem Nachbargrundstück, Fehlende bzw. ungenügende Maßfestsetzung, Abwägung der widerstreitenden Interessen, Rechtsschutzbedürfnis, Garage, Nebenanlage, Maß der baulichen Nutzung, Abwägung, grenznahe Bebauung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 18924
Tenor
I.Die 1. Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans „Dorfplatz mit Umgebung“, zuletzt bekanntgemacht am 20. Juni 2023, ist unwirksam, soweit mit Planzeichen Nr. 5 eine Fläche für „Garagen, Lagerfläche und ggf. einer Heizanlage im KG“ festgesetzt wird. Die Unwirksamkeit erstreckt sich auch auf die damit zusammenhängenden Regelungen in Nr. 8 (kein Dachüberstand des Nebengebäudes zur Nachbargrenze), Nr. 10 (zulässige Wandhöhe des Nebengebäudes) sowie Nr. 21 des Bebauungsplans.
II.Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgelehnt.
III.Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin 2/3, die Antragsgegnerin 1/3.
IV.Die Kostenentscheidung ist für die Beteiligten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Be-trags vorläufig vollstreckbar.
V.Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen die 1. Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans „Dorfplatz mit Umgebung“, die die Antragsgegnerin am 15. April 2021 als Satzung beschlossen und zunächst am 18. Mai 2021 bekanntgemacht hat. Da die zeitliche Reihenfolge von Ausfertigung und Bekanntmachung des Bebauungsplans nicht eingehalten war, wurde der Bebauungsplan im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens am 20. Juni 2023 erneut bekannt gemacht und rückwirkend zum 20. Mai 2021 in Kraft gesetzt.
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Die Bebauungsplanänderung bzw. -erweiterung betrifft eine Teilfläche des Grundstücks FlNr. 126 und ersetzt den ursprünglichen Bebauungsplan in diesem Bereich. Der Ursprungsbebauungsplan, der die Neugestaltung des Dorfplatzes und die Steuerung der baulichen Entwicklung in seinem Umgriff zum Ziel hatte, wurde am 30. Mai 2003 bekannt gemacht. Zur Erforderlichkeit der Bebauungsplanänderung wird in der Begründung des Bebauungsplans ausgeführt, dass der Dorfplatz nach Süden bisher durch die geschlossene Bauweise von zwei stattlichen Wohn- und Geschäftshäusern auf den Grundstücken FlNr. 126 und 128 geprägt sei. Das Anwesen auf dem Grundstück FlNr. 126 solle nach seinem bereits erfolgten Abbruch neu errichtet und um etwa 2 m nach Osten erweitert werden, auch bestehe Bedarf für ein Nebengebäude mit Garagen und Lagerräumen sowie einen ausreichend großen Zufahrts- und Wendebereich. Im Nordosten werde ein kleiner Teilbereich aus der bisher als private Grünfläche bzw. als Standort für ein Kriegerdenkmal festgesetzten Fläche dem Dorfplatz zugeschlagen. Der Bebauungsplan setzt Baugrenzen für ein grenzständig zulässiges Hauptgebäude sowie für eine daran anschließende Fläche für „Garagen, Lagerfläche und ggf. einer Heizanlage im KG“ fest; ein hierfür geplantes Nebengebäude muss mindestens einen Grenzabstand von 1 m zu dem Grundstück FlNr. 128 einhalten. Dabei werden im Bereich der Nebenanlagen auch die Baugrenzen für das grenzständige Gebäude auf dem Nachbargrundstück dargestellt. Als Maß der Nutzung sind eine Grundfläche von 302 m², die durch die Flächen von Terrassen und Balkonen um 120 m² überschritten werden darf, zwei Vollgeschosse sowie eine maximale Wandhöhe von 6,75 m bzw. 5,10 m für das Nebengebäude zulässig.
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Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 128 und beantragt zuletzt,
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den Bebauungsplan 1. Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans „Dorfplatz und Umgebung“ der Gemeinde W* … vom 15. April 2021 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2023 für unwirksam zu erklären.
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Ihr Hauptgebäude, für das Baugenehmigungen vom 18. November 1966 und 2. Mai 1968 vorlägen, sei an ein vergleichbares Gebäude auf dem Grundstück FlNr. 126 angebaut gewesen. An ihr Hauptgebäude grenze ein südlicher Gebäudeteil L-förmig an, auch dieser Gebäudeteil sei grenzständig errichtet worden. In der grenzständigen Wand befänden sich hier vier Fenster im Erdgeschoss sowie zwei Fenster im Obergeschoss; hinzu kämen zwei Fenster in der Nordfassade des Anbaus sowohl im Erdgeschoss als auch im 1. Obergeschoss. Die mit der Bebauungsplanänderung geplanten Flächen für ein Nebengebäude würden sämtliche Fenster ganz oder zu einem erheblichen Teil verdecken, auch wäre die Zuluft zur Heizung, die sich in diesem Bereich befinde, nicht mehr gewährleistet. Der Bebauungsplan sei vom Gemeinderat am 15. April 2021 als Satzung beschlossen worden, die Planfertigung und Begründung trage aber den 12. Mai 2021 als Datum. Die bekanntgemachte Norm sei auch inhaltlich nicht vom Satzungsbeschluss umfasst; bei dem aufgenommenen nachträglichen Hinweis Nr. 3 handle es sich um keine redaktionelle Änderung. Der Bebauungsplan sei eine reine Gefälligkeitsplanung, bodenrechtlich relevante Ordnungskriterien seien nicht erkennbar. Eine Fläche für Garagen, als Lagerfläche und ggf. für eine Heizungsanlage im KG könne nicht nach § 9 BauGB festgesetzt werden. Zudem sei die Höhenfestsetzung des Bebauungsplans rechtswidrig, was zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans führe. Die Antragsgegnerin habe ihre Beeinträchtigung durch die Verkürzung der Abstandsflächen und ihr damit einhergehendes Interesse an ausreichender Belichtung und Belüftung sowie an ausreichendem Brandschutz und Nutzbarkeit ihres Gebäudes schon nicht hinreichend ermittelt, jedenfalls aber nicht zutreffend bewertet. Im Erdgeschoss ihres Anbaus sei ursprünglich ein Postamt genehmigt gewesen. Aktuell würden die Räumlichkeiten als Lager genutzt. Im ersten Obergeschoss befänden sich insbesondere Bad und WC. Eine Erreichbarkeit der Fenster durch die Feuerwehr sei bei einem Anbau nicht mehr sichergestellt, auch sämtliche Arbeiten an der Außenwand würden unmöglich gemacht. In Betracht kommende Alternativen seien von der Antragsgegnerin nicht geprüft worden.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Mit den Baugenehmigungen aus den Jahren 1966 und 1968 sei dem Umstand, dass der Anbau der Antragstellerin grenznah errichtet wird, Rechnung getragen worden, so habe u.a. die Wand als Brandwand ausgebildet werden müssen und es seien nur kleine Fenster mit einer speziellen Ausführung zulässig gewesen. Auch habe der Anbau nur mit einem Abstand von 0,50 m zur Grenze errichtet werden dürfen; dies habe die Antragstellerin nicht beachtet und teilweise sogar die Grenze überbaut. Der Normenkontrollantrag sei unbegründet. Die Planfertigung mit dem Datum 12. Mai 2021 berücksichtige nur die mit dem Satzungsbeschluss beschlossenen Änderungen. Die Gemeinde dürfe auch private Belange zum Anlass einer Bauleitplanung nehmen. Ihr städtebauliches Interesse an der Belebung des Dorfplatzes und der Umnutzung ehemaliger landwirtschaftlicher Gebäude sei bereits dem Ursprungsbebauungsplan zu entnehmen. Auch werde mit der Bebauungsplanänderung die Dorfplatzgestaltung weiterentwickelt und durch die Erweiterung des Umgriffs bis zur Schulstraße das Ortsbild dort gestaltet. Die Festsetzung „Umgrenzung von Flächen für Garagen, Lagerfläche und ggf. einer Heizanlage im KG“ sei nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB und § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO zulässig. Sie habe die Belange der Antragstellerin gesehen und ordnungsgemäß abgewogen. Es habe kein Verschattungsgutachten eingeholt werden müssen. Der Lichteinfallswinkel sei in der Schnittzeichnung im Bebauungsplan dargestellt worden. Bei einem Grenzanbau müsse mit einer Beeinträchtigung der Belichtungs- und Belüftungssituation gerechnet werden. Der Abwägung könne entnommen werden, dass der Standort des bestehenden Nebengebäudes als Alternative in Betracht gezogen worden sei, städtebaulich sei die Situierung im Anschluss an das Gebäude der Antragstellerin jedoch vorzuziehen gewesen. Sie habe durchaus die Interessen der Antragstellerin berücksichtigt, indem das Nebengebäude einen Grenzabstand von 1 m einhalten müsse und auch nicht mit gleicher Wandhöhe errichtet werden dürfe.
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Die Landesanwaltschaft beteiligte sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren und stellte keinen Sachantrag.
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Die im Plangebiet zulässige Bebauung ist nach Aktenlage und den Einlassungen der Beteiligten bereits überwiegend verwirklicht. Der Hauptbaukörper ist aufgrund einer bestandskräftigen Baugenehmigung für die Errichtung eines neuen Wohn- und Geschäftsgebäudes errichtet. Weiter liegt eine bestandskräftige Baugenehmigung für die Errichtung eines Kellergeschosses auf der festgesetzten Fläche für Garagen u.a. bzw. eine Tekturgenehmigung dazu, die einen größeren Abstand zur Nachbargrenze vorsieht, vor; auch dieser Baukörper ist bereits errichtet. Gegen die Baugenehmigung für die Errichtung einer Garage, die das Landratsamt mit Bescheid vom 24. Juni 2022 erteilt hat, hat die Antragstellerin Klage erhoben (Az. M 11 K 22.3333), über die bisher nicht entschieden wurde. Mit Beschluss vom 24. April 2023 (M 11 SN 23.1904) hat das Verwaltungsgericht eine Zwischenentscheidung erlassen, mit der die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin einstweilen bis zu einer endgültigen Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung angeordnet wird, so dass der Bau des oberirdischen Nebengebäudes derzeit eingestellt ist.
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Ergänzend wird auf die Gerichtsakte mit dem Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Normenkontrollantrag ist teilweise zulässig (1.) und hat in diesem Umfang Erfolg (2.). Im Übrigen war der Antrag abzulehnen.
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1. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Allerdings fehlt ihr das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine Überprüfung der gesamten Bebauungsplanänderung.
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1.1. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragstellerin muss hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. Wer sich als Eigentümer eines außerhalb des Bebauungsplangebiets gelegenen Grundstücks gegen einen Bebauungsplan wendet, muss aufzeigen, dass sein aus dem Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) folgendes Recht verletzt sein kann (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2013 – 4 BN 13.13 – ZfBR 2014, 159). Das bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privaten Belange, die für die Abwägung beachtlich sind. Es verleiht Privaten ein subjektives Recht darauf, dass diese Belange in der Abwägung ihrem Gewicht entsprechend abgearbeitet werden (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.2011 – 4 CN 1.10 – BVerwGE 140, 41; U.v. 24.9.1998 – 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215).
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Die Antragstellerin kann als Nachbarin des Plangebiets geltend machen, dass bei der Bebauungsplanänderung ihre Belange möglicherweise fehlerhaft abgewogen wurden. Wird wie vorliegend ein Bebauungsplan geändert, in dessen Geltungsbereich sich das Grundstück der Antragstellerin befindet, ist das Interesse am Fortbestehen des Bebauungsplans in seiner früheren Fassung grundsätzlich zu berücksichtigen. Die ortsrechtlichen Festsetzungen begründen regelmäßig ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass Veränderungen eines Bebauungsplans, die sich für die Nachbarn nachteilig auswirken können, nur unter Berücksichtigung ihrer Interessen vorgenommen werden. Abweichendes ergibt sich bei (objektiv) geringfügigen Änderungen oder bei solchen Änderungen, die sich nur unwesentlich auf das Nachbargrundstück auswirken können (vgl. BVerwG, B.v. 28.5.2019 – 4 BN 44.18 – ZfBR 2019, 689; B.v. 20.8.1992 – 4 NB 3.92 – NVwZ 1993, 468; BayVGH, U.v. 6.12.2019 – 15 N 18.636 – juris Rn. 18). In dem Ursprungsbebauungsplan war auf dem Grundstück FlNr. 126 nur ein Bauraum für das Hauptgebäude vorgesehen. Die Zulassung eines größeren grenznahen Nebengebäudes im hinteren Grundstücksbereich geht über die bisherigen Möglichkeiten für grenznahe Garagen und Nebenanlagen nach § 23 Abs. 5 BauNVO i.V.m. Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BayBO hinaus. Ob die geltend gemachten Interessen der Antragstellerin nach Belichtung und Belüftung ihres rückwärtigen Gebäudeteils bei der Abwägung hinreichend berücksichtigt wurden, kann sie im Wege der Normenkontrolle überprüfen lassen.
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1.2. Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Der gegen den Plan insgesamt gerichtete Normenkontrollantrag darf grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Bebauungsplan nur für teilnichtig zu erklären ist. Der Antragsteller kann mit seinem Antrag lediglich dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefassten Gesamtregelung darstellen (vgl. BVerwG, U.v. 9.4.2008 – 4 CN 1.07 – BVerwGE 131, 100; B.v. 20.9.2007 – 4 BN 20.07 – juris Rn. 11; B.v. 18.7.1989 – 4 N 3.87 – BVerwGE 82, 225; BayVGH, B.v. 16.7.2018 – 1 N 14.1510 – juris Rn. 17; U.v. 16.6.2006 – 1 N 03.2347 – BayVBl 2007, 371). Weiter soll das Erfordernis eines Rechtschutzbedürfnisses verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung nicht verbessern kann (vgl. BVerwG, U.v. 27.8.2020 – 4 CN 4.19 – BVerwGE 169, 219; B.v. 25.6.2020 – 4 CN 5.18 – BVerwGE 169, 29; B.v. 4.6.2008 – 4 BN 13.08 – BauR 2008, 2031). Ist der Bebauungsplan oder die mit dem Antrag bekämpfte einzelne Festsetzung durch genehmigte (oder genehmigungsfreie) Maßnahmen vollständig verwirklicht, wird der Antragsteller in der Regel seine Rechtsstellung durch einen erfolgreichen Angriff auf den Bebauungsplan nicht mehr aktuell verbessern können (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.1999 – 4 CN 5.99 – ZfBR 2000, 53; BayVGH, U.v. 1.6.2015 – 2 N 13.2220 – BayVBl 2015, 864). Dies gilt für den Fall einer genehmigten Maßnahme aber nur, wenn diese unanfechtbar geworden ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.1987 – 4 N 3.86 – BVerwGE 78, 85). Maßgebend für das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, U.v.27.8.2020 – 4 CN 4.19 – BVerwGE 169, 219; B.v. 29.1.2019 – 4 BN 15.18 – juris Rn. 5).
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Nach diesen Maßgaben hat die Antragstellerin nur ein Rechtsschutzbedürfnis, den Bebauungsplan hinsichtlich der Fläche für „Garagen, Lagerfläche und ggf. einer Heizanlage im KG“ und den damit zusammenhängenden Festsetzungen anzugreifen. So sieht sie, wie sich aus der Begründung ihres Normenkontrollantrags ergibt, die Beeinträchtigung ihrer Belange ausschließlich in der Zulassung eines grenznahen Baukörpers im hinteren Grundstücksbereich und macht hier eine Rechtsverletzung insbesondere aufgrund der Abstandsflächenverkürzung geltend. Der Bebauungsplan ist insoweit offensichtlich teilbar; dies konnte auch die Antragstellerin erkennen. Die Fläche für „Garagen, Lagerfläche und ggf. einer Heizanlage im KG“ ist mit dem Planzeichen für Baugrenzen eines Nebengebäudes umschlossen und wird zum Hauptgebäude mit der dort bestehenden Baugrenze begrenzt. Die mit der Umgrenzungsfläche zusammenhängenden textlichen Festsetzungen lassen sich ebenfalls eindeutig bestimmen. Der Bebauungsplan stellt auch ohne die Flächen für Garagen u.a. eine sinnvolle städtebauliche Ordnung dar, wie sich bereits aus der ursprünglichen Planung ergibt, die nur Baugrenzen für ein Hauptgebäude enthielt. Hinzu kommt, dass das Wohn- und Geschäftshaus und das Untergeschoss des Nebengebäudes bereits errichtet sind. Eine Klage gegen die erteilten Genehmigungen hat die Antragstellerin hier nicht erhoben bzw. nach dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung wieder zurückgenommen. Lediglich gegen die erteilte Baugenehmigung für das oberirdische Nebengebäude ist noch eine Klage anhängig und dieser Bau ist aufgrund der ergangenen Zwischenverfügung des Verwaltungsgerichts noch nicht fertig gestellt.
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2. Der Bebauungsplan ist unwirksam, soweit mit Planzeichen Nr. 5 eine Fläche für „Garagen, Lagerfläche und ggf. einer Heizanlage im KG“ festgesetzt wird. Die Unwirksamkeit erstreckt sich auch auf die damit zusammenhängenden Regelungen in Nr. 8 (kein Dachüberstand des Nebengebäudes zur Nachbargrenze), Nr. 10 (zulässige Wandhöhe des Nebengebäudes) sowie Nr. 21 des Bebauungsplans. Die keinen eigenständigen Festsetzungscharakter enthaltende Schnittzeichnung sowie der Hinweis durch Planzeichen Nr. 4 auf den für den Fall der Errichtung des Nebengebäudes notwendigen Abbruch des bestehenden Nebengebäudes werden damit gegenstandslos.
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Zwar fehlt dem Bebauungsplan weder der notwendige Satzungsbeschluss (2.1.) noch wird gegen das Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit verstoßen (2.2.). Auch handelt es sich bei der festgesetzten Fläche für Garagen u.a. um eine Fläche für Garagen und Nebenanlagen, die nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB bzw., wie sich aus §§ 14, 23 BauNVO ergibt, grundsätzlich festgesetzt werden kann. Allerdings dürfte die Festlegung der konkreten Nutzung für ein Nebengebäude nicht möglich sein (2.3.). Jedenfalls fehlt es an der notwendigen Maßfestsetzung für die Nebenanlagen; dies führt zur Unwirksamkeit der getroffenen Regelungen für ein Nebengebäude (2.4.). Soweit die Antragstellerin die Abwägung der Antragsgegnerin angreift, wäre diese nicht zu beanstanden gewesen (2.5.).
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2.1. Der Bebauungsplan wurde nach Behebung eines Ausfertigungsmangels im ergänzenden Verfahren erneut bekannt gemacht. Insoweit wird keine Rüge mehr erhoben. Der Inhalt des als Satzung beschlossen Bebauungsplans stimmt auch mit dem Willen des Gemeinderats überein (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2022 – 15 N 21.3023 – juris Rn. 36). Die Antragsgegnerin hat den Bebauungsplan in der Fassung vom 5. Februar 2021 mit den am 15. April 2021 beschlossenen Änderungen als Satzung beschlossen (vgl. den vorgelegten Satzungsbeschluss vom 15.4.2021, z.B. Änderung der Begründung hinsichtlich der Angabe von falschen Flurstücknummern). Der aufgenommene Hinweis durch Text in Nr. 3 – „Für die Grundstücksgrenzen ist der Auszug aus dem Liegenschaftskataster vom 18.2.2021 maßgebend.“ – entspricht der Abwägung der Gemeinde zu der Stellungnahme des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (vgl. Bl. 53 der Normaufstellungsakte). Die Tatsache, dass der Auszug aus dem Liegenschaftskataster vom 18. Februar 2021 der Satzung nicht körperlich beigefügt wurde, sondern stattdessen darauf hingewiesen wurde, ändert daran nichts. Soweit in der Neufassung der Begründung unter 1.1.1 weiterhin die Grundstücke mit falschen Flurstücknummern bezeichnet werden (Flurstück 116 statt 126 und Flurstück 118 statt 128) handelt es sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit, die jederzeit berichtigt werden könnte.
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2.2. Der Bebauungsplan mit der Festsetzung des Standortes für Garagen und Nebenanlagen ist entgegen dem Vortrag der Antragstellerin städtebaulich erforderlich.
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Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinn erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt. In dieser Auslegung wird der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke gesetzt, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Die Frage der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit planerischer Festsetzungen unterliegt der Abwägungskontrolle und darf nicht zum Maßstab der städtebaulichen Rechtfertigung gemacht werden. Die Gemeinde betreibt bereits dann städtebauliche Planung, wenn sie sich im Rahmen ihrer durch Planungsziele konkretisierten eigenen städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen hält und den Festsetzungen in Bezug auf diese Ziele Förderpotential zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2017 – 4 BN 2.17 – juris Rn. 3; U.v. 10.9.2015 – 4 CN 8.14 – BVerwGE 153, 16; U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – NVwZ 2015, 1537). Dabei gilt das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit nicht nur für den Anlass der Bauleitplanung, sondern auch für deren Inhalt und damit für jede Festsetzung (vgl. BVerwG, B.v. 28.10.2020 – 4 BN 55.20 – juris Rn. 4; U.v. 18.3.2004 – 4 CN 4.03 – BVerwGE 120, 239).
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Die Bebauungsplanänderung entspricht diesen Maßgaben. Mit der Bebauungsplanänderung verfolgt die Antragsgegnerin städtebauliche Ziele nach § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB; so wird die unmittelbar an den Dorfplatz anschließende Bebauung nach dem Abbruch des Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück FlNr. 126 neu geordnet (Erweiterung des Hauptgebäudes, Festlegung des Standorts von Nebenanlagen), ein größerer Teilbereich des Grundstücks überplant und ein Teil des Dorfplatzes neu gestaltet. Auch für die Situierung des Nebengebäudes im Anschluss an das Hauptgebäude und parallel zu der Grenzbebauung der Antragstellerin bestehen städtebauliche Gründe. Der L-förmige Gebäudebestand auf dem Nachbargrundstück wird aufgegriffen und eine grenznahe Bebauung auch im hinteren Grundstücksbereich ermöglicht. Soweit die Antragstellerin auf den konkreten Nutzungszweck der Fläche für „Nebenanlagen“ abstellt, ist dies keine Frage der städtebaulichen Erforderlichkeit, sondern bei der Frage zu prüfen, inwieweit dieser im Einzelnen festgelegt werden kann. Es liegt auch keine unzulässige Gefälligkeitsplanung vor. Die Gemeinde darf gewichtige private Belange zum Anlass für die Aufstellung eines Bebauungsplans nehmen und sich dabei auch an den Wünschen Privater orientieren, solange sie damit zugleich auch städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolgt. Eine Planung, die durch hinreichende Gründe getragen ist, darf auch privaten Interessen dienen und durch private Interessenträger angestoßen sein (vgl. BVerwG, B.v. 30.12.2009 – 4 BN 13.09 – BauR 2010, 569; BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf.5-VII-14 – BayVBl 2017, 153; BayVGH, U.v. 9.12.2021 – 1 N 19.447 – juris Rn. 19 ff.; OVG Rh-Pf, U.v. 5.5.2021 – 8 C 10697/20 – juris Rn. 45).
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2.3. Die Antragsgegnerin konnte weiter rechtswirksam mit der Festsetzung durch das Planzeichen Nr. 5 eine Fläche für Garagen und Nebenanlagen bestimmen.
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Bei der festgesetzten Fläche für „Garagen, Lagerfläche und ggf. einer Heizanlage im KG“ handelt es sich um eine Fläche für Garagen (§ 12 BauNVO) und Nebenanlagen (§ 14 BauNVO). Dies ist sowohl dem verwendeten Planzeichen (Nr. 15.3 der Anlage zur PlanZV) als auch der Begründung des Bebauungsplans, die von der Zulassung eines Nebengebäudes mit Garagen und Lagerräumen spricht, zu entnehmen. Eine andere Beurteilung ergibt sich weder aus den aufgezählten Nutzungen noch aus dem direkten Anschluss der Fläche an die Baugrenze für den Hauptbaukörper. Dass es sich bei den Garagen um keine Hauptnutzung handelt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Weiter stellt eine nicht im Hauptbaukörper untergebrachte Heizanlage eine Nebenanlage (vgl. § 14 Abs. 3 BauNVO) dar. Mit der genannten „Lagerfläche“ werden keine Lagerplätze, Lagerstätten oder selbständige gewerbliche Nutzungen zugelassen, wie die Antragstellerin meint, sondern es handelt sich dabei ersichtlich um eine untergeordnete Nutzung zu einer Wohn- oder Gewerbenutzung auf dem Grundstück (vgl. Stock in EZBK, BauNVO, Stand Oktober 2022, § 14 Rn. 49). Soweit die Antragstellerin auf den unmittelbaren Anschluss an die Fläche für das Hauptgebäude Bezug nimmt, setzt die Festsetzung bereits nicht voraus, dass ein Nebengebäude für die genannten Nutzungen mit dem Hauptgebäude zusammengebaut wird. Im Übrigen ist allein der Anbau an die Hauptanlage nicht entscheidend dafür, ob es sich um ein Nebengebäude oder einen Teil des Hauptgebäudes handelt (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2017 – 4 C 9.16 – NVwZ 2018, 1231).
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Flächen für Garagen können nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB festgesetzt werden. Weiter ergibt sich aus §§ 14, 23 BauNVO, dass auch Flächen für bestimmte Nebenanlagen festgesetzt werden können. Zwar handelt es sich bei der anderweitigen Festsetzung in § 23 Abs. 5 BauNVO (vgl. auch § 12 Abs. 6, § 14 Abs. 1 Satz 4 BauNVO) um eine die Zulassungsfähigkeit von Garagen und Nebenanlagen einschränkende Regelung. Der Ausschluss ist aber auch mittelbar in der Weise möglich, dass für Anlagen, die an sich unter § 23 Abs. 5 BauNVO fallen, spezielle Flächen vorgesehen werden. Eine anderweitige Festsetzung im Sinn des § 23 Abs. 5 BauNVO setzt nicht in jedem Fall eine ausdrückliche textliche Festsetzung voraus, sondern kann auch durch zeichnerische Festsetzungen erfolgen, wenn sich dadurch hinreichend bestimmt der Ausschluss oder die Beschränkung von in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 Satz 1 und 2 BauNVO fallenden baulichen Anlagen ergibt (vgl. BayVGH, B.v. 1.4.2016 – 15 CS 15.2451 – juris Rn. 17 m.w.N.; U.v. 15.2.1999 – 2 B 95.1500 – BayVBl 2000, 113). Das ist hier der Fall. Wie sich aus der Begründung des Bebauungsplans ergibt, war es Ziel der Antragsgegnerin, mit der Bebauungsplanänderung ein größeres Nebengebäude zuzulassen und auch den Standort konkret zu bestimmen. Aus der Darstellung des bestehenden Nebengebäudes als abzubrechendes Gebäude lässt sich entnehmen, dass mit der Festsetzung des Standortes für das Nebengebäude die Befugnis, die genannten Nutzungen auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen zuzulassen, ausgeschlossen sein sollte.
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Allerdings dürfte es nicht zulässig sein, die Nutzung des Nebengebäudes mit mehreren Nutzungen geschossweise festzulegen. Unabhängig von der Darstellung der Nutzungen in der Schnittzeichnung war dies jedenfalls hinsichtlich einer Heizanlage, die ggf. im Kellergeschoss untergebracht werden sollte, beabsichtigt. § 1 Abs. 7 BauNVO, der eine vertikale Gliederung ermöglicht, dürfte bereits bei Nebengebäuden keine Anwendung finden; im Übrigen fehlt es auch an besonderen städtebaulichen Gründen. Dies braucht hier jedoch nicht näher vertieft zu werden, da für die festgesetzte Fläche für Garagen und Nebenanlagen keine wirksame Maßfestsetzung vorliegt.
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2.4. Bei der Bebauungsplanänderung, die nach dem Willen der Antragsgegnerin den Ursprungsplan in ihrem Geltungsbereich ersetzt, handelt es sich um einen qualifizierten Bebauungsplan. Für das zulässige Maß der Nutzung wird gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO auf die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen abgestellt. Dabei muss die zulässige Grundfläche für alle Anlagen, die bei der Ermittlung der Grundflächen mitzurechnen sind, festgesetzt werden. Eine Festsetzung nur für die Hauptanlagen – und nicht auch für die nach § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO mitzurechnenden „Nebenanlagen“ – ist nicht zulässig. Nach § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO sind bei der Ermittlung der Grundfläche u.a. die Grundflächen von Garagen mit ihren Zufahrten sowie von Nebenanlagen im Sinn des § 14 BauNVO mitzurechnen. Trifft die Gemeinde Festsetzungen zur Größe der Grundflächen ohne Zusatz über die mitzurechnenden Anlagen, muss sie sich über die Reichweite der Vorschrift des § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO einschließlich der sog. Überschreitungsregelung des § 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 BauNVO im Klaren sein (vgl. BayVGH, U.v. 14.5.2021 – 1 B 19.2111 – juris Rn. 22; U.v. 22.9.2015 – 1 B 14.1652 – NVwZ-RR 2016, 135; U.v. 10.8.2006 – 1 N 04.1371 u.a. – NVwZ-RR 2007, 447). Bei der Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung darf auf die Festsetzung der Größe der Grundfläche der baulichen Anlagen auch dann nicht verzichtet werden, wenn die überbaubare Grundstücksfläche gemäß § 23 BauNVO festgesetzt wird. Während die Festsetzung der zulässigen Grundfläche in erster Linie dazu dient, eine übermäßige Nutzung des Grundstücks zugunsten des Bodenschutzes zu vermeiden, regelt die Festsetzung zur überbaubaren Grundstücksfläche mit einer anderen städtebaulichen Zielsetzung den räumlich beschränkten Teilbereich des Grundstücks, auf dem die baulichen Anlagen errichtet werden dürfen (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.1995 – 4 NB 36.95 – NVwZ 1996, 894; BayVGH, U.v. 10.3.2014 – 1 N 13.1104 – juris Rn.18).
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Nach diesen Maßgaben fehlt es hier an einer wirksamen Festsetzung für die nach § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO für die Ermittlung der Grundfläche zu berücksichtigenden baulichen Anlagen. Die Bebauungsplanänderung setzt die zulässige Grundfläche für das Baugrundstück ausdrücklich nur für den Hauptbaukörper fest. Wenn man davon ausgeht, dass die Antragsgegnerin die gesetzliche Überschreitungsregelung des § 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 BauNVO, wonach die zulässige Grundfläche durch die Grundflächen der in § 19 Abs. 4 Satz 1 bezeichneten Anlagen bis zu 50 vom Hundert überschritten werden darf, in den Blick genommen hat bzw. anwenden wollte, reichen die danach zusätzlich möglichen 151 m² bereits nicht aus, um das zulässige Garagen- bzw. Nebengebäude mit einem ausreichend breiten Weg von der zwingend vorgesehenen Zufahrt vom Dorfplatz einschließlich eines Wendebereiches zu realisieren. Dies gilt selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass mit dem zulässigen Garagen- bzw. Nebengebäude die Baugrenzen nicht vollständig ausgeschöpft werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.12.2007 – 4 BN 53.07 – juris Rn. 5). Weiter dürften für die Überschreitungsregelung auch noch Stellplätze für die zulässige Hauptnutzung zu berücksichtigen sein (vgl. Nr. 3 der Begründung Bebauungsplans). Von der Möglichkeit, eine von § 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 BauNVO abweichende Überschreitungsregelung zu treffen, hat die Antragsgegnerin indes nicht Gebrauch gemacht.
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Diese fehlende bzw. fehlerhafte Maßfestsetzung berührt nicht nur die Wirksamkeit der getroffenen Maßfestsetzungen für das Nebengebäude – Festlegung der maximalen Wandhöhe –, sondern führt zur Unwirksamkeit der zulässigerweise angefochtenen Festsetzung der Fläche für Garagen u.a. und zur Unwirksamkeit der damit zusammenhängenden Festsetzungen für ein Garagen- bzw. Nebengebäude. Denn unabhängig davon, dass sich bereits aus dem Ursprungsbebauungsplan ergibt, dass die Antragsgegnerin die bestehende Versiegelung der Hofflächen verbessern wollte, wollte sie ersichtlich auch keinen Bebauungsplan ohne Maßfestsetzungen für das Nebengebäude erlassen; insbesondere war ihr hier die Höhenentwicklung wichtig. Es kommt daher nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob die Höhenfestsetzung für das Nebengebäude wirksam ist. Die Bezugspunkte für die Wandhöhe dürften mit der Schnittzeichnung, auf die Nummer 10 der textlichen Festsetzung Bezug nimmt, allerdings noch hinreichend bestimmt vorliegen.
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2.5. Zentrale Bedeutung hat für die Antragstellerin die Frage, ob die Antragsgegnerin die Fläche für ein Nebengebäude mit einem Grenzabstand von 1 m festsetzen konnte. Der Senat nimmt daher auch noch zu dieser Frage Stellung, um ggf. einen weiteren Rechtsstreit nach Durchführung eines ergänzenden Verfahrens zu vermeiden. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Ermittlungs- und Abwägungsfehler liegen nicht vor.
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Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB). Denn die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB setzt deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraus (vgl. BVerwG, B.v. 12.6.2018 – 4 B 71.17 – ZfBR 2018, 601). Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – NVwZ 2015, 1537; B.v. 15.5.2013 – 4 BN 1.13 – ZfBR 2013, 573; B.v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423).
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Die Antragsgegnerin hat mit der Festsetzung von Baugrenzen für ein zulässiges Nebengebäude sowie mit der textlichen Festsetzung Nr. 21 die Abstandsfläche zum Nachbargrundstück der Antragstellerin auf 1 m verkürzt (Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO). Dabei hat sie weder einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt noch liegen Abwägungsmängel vor.
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Sie ist bezüglich des grenzständigen Nachbargebäudes von den genehmigten Plänen ausgegangen, die einen Abstand von 50 cm zur Grenze vorsahen, und hat berücksichtigt, dass die Grenzwand als Brandwand ausgestaltet sowie die Fenster des Postraumes und von WC und Bad als Metallrahmenfenster mit 8 mm starken Spiegeldrahtglas versehen werden mussten. Drahtglas war früher zur Verwendung als Brandschutzglas zugelassen. Weiter ist sie zutreffend davon ausgegangen, dass der nordöstliche Raum im Obergeschoss kein Aufenthaltsraum sein durfte sowie Bad und WC mit der Genehmigung als innenliegende Räume angesehen wurden, die nach DIN 18017 zu be- und entlüften sind. Soweit ein Ermittlungsdefizit darin gesehen wird, dass kein Verschattungsgutachten eingeholt worden sei, war dies von dem rechtlichen Ausgangspunkt der Antragsgegnerin, dass der bestehende Grenzanbau auf dem Nachbargrundstück grundsätzlich einen gegengleichen Anbau ermöglicht (vgl. § 22 Abs. 3 BauNVO), nicht notwendig. Mit der Annahme eines Bestandsschutzes für das Wohnhaus der Antragstellerin geht nicht ein Anspruch auf Freihaltung der Grenzwand einher. Der Bauherr muss bei Errichtung eines grenzständigen Gebäudes jederzeit damit rechnen, dass auch auf dem Nachbargrundstück an die Grenze gebaut wird. Dieses Risiko kann er letztlich nur durch einen mit Dienstbarkeit gesicherten Verzicht des Nachbarn, seinerseits an die Grenze zu bauen, ausschließen (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2015 – 9 ZB 12.1318 – juris Rn. 7; B.v. 5.11.2012 – 9 CS 12.1945 – juris Rn. 30). Es ist Sache des Bauherrn, sein Gebäude grundsätzlich so anzuordnen, dass die für die Belichtung und Belüftung notwendige freie Fläche auf seinem Grundstück erhalten bleibt. Er kann keinen Anspruch dahingehend geltend machen, dass die Belichtung und Belüftung der Räume durch genehmigte Fenster in der Grenzwand nicht beeinträchtigt wird (vgl. OVG SH, B.v. 26.3.2021 – 1 MB 7/21 – juris Rn. 16; OVG MV, B.v. 10.7.2018 – 3 M 39/18 OVG u.a. – NVwZ-RR 2018, 958; VGH BW, B.v. 14.6.1999 – 3 S 1357/99 – juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 20.5.1985 – 14 B 84 A.593 – BauR 1986, 193).
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Die auch nach der gesetzlichen Wertung des § 22 Abs. 3 BauNVO zu berücksichtigenden Interessen der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin gesehen und ihre Abwägung ist bei Würdigung der konkreten Verhältnisse nicht zu beanstanden. Sie ist von der ursprünglichen Planung, die einen Grenzanbau zuließ, im Rahmen des Aufstellungsverfahrens abgerückt und hat einen Grenzabstand von mindestens 1 m, eine niedrigere Höhe des Nebengebäudes sowie keinen Dachüberstand zur Grenze vorgesehen. Sie konnte bei ihrer Abwägung insbesondere berücksichtigen, dass die Fenster in der Grenzwand nicht zu Aufenthaltsräumen gehören bzw. eine Belichtung und Belüftung über diese Fenster nicht notwendig ist. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Beeinträchtigungen durch die grenznahe Bebauung und Erschwernisse bei der Unterhaltung der Grenzwand sind im Hinblick auf das schutzwürdige Interesse des Nachbarn, sein Grundstück entsprechend der vorhandenen Umgebungsbebauung besser auszunutzen, zumutbar. Insoweit verkennt die Antragstellerin die Bedeutung ihres Grenzanbaus. Dieser ist im Rahmen der Abwägung nicht nur ein Gesichtspunkt unter mehreren, sondern ein entscheidendes Kriterium, wie die gesetzliche Wertung in § 22 Abs. 3 BauNVO zeigt. Den Umstand, dass die grenznahe Bebauung im Süden etwas länger ist, hat die Antragsgegnerin unter anderem mit dem Verweis auf die dort bestehende Mauer auf dem Grundstück der Antragstellerin ordnungsgemäß abgewogen.
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Auch der Einwand der Antragstellerin, Standortalternativen für das Nebengebäude seien nicht hinreichend geprüft worden, ist nicht zutreffend. Die Verpflichtung des Plangebers, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise zum Ausgleich zu bringen, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis stehen, kann zwar auch die Prüfung von Standortvarianten erforderlich machen. Der Verzicht auf eine (eingehendere) Ermittlung von Alternativen ist aber nur fehlerhaft, wenn die Gemeinde Alternativen außer Betracht lässt, die nahe liegen und aus ihrer Sicht als real mögliche Lösungen ernsthaft zu erwägen sind (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.2015 – 4 BN 24.15 – ZfBR 2015, 784; B.v. 28.8.1987 – 4 N 1.86 -NVwZ 1988, 351). Danach ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin der städtebaulich naheliegenden Variante der Angleichung der Bebauung im Plangebiet an die bestehende Nachbarbebauung den Vorzug gegeben hat und sich nicht näher mit anderen Standortmöglichkeiten für das Nebengebäude befasst hat. Auch im Hinblick auf die weiterhin vorgesehene Erschließung vom Dorfplatz aus war ein Nebengebäude an der Schulstraße keine sich aufdrängende Planungsalternative.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen wie die angefochtene Satzung (§ 10 Abs. 3 BauGB).