Inhalt

LG Weiden, Urteil v. 30.01.2023 – 2 KLs 212 Js 2991/22
Titel:

Annahme eines minder schweren Falls beim Bandenbetrug unter Berücksichtigung der Aufklärungshilfe

Normenketten:
StGB § 22, § 27, § 46b, § 49, § 53, § 54 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 56 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3, , § 73, § 73c, § 263 Abs. 1, Abs. 5
StPO § 257c, § 464 Abs. 1, § 465 Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine Bande setzt einen Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Delikttyps zu begehen, wobei „ein gefestigter Bandenwille“ oder ein „Tätigwerden in einem übergeordnetem Bandeninteresse“ nicht erforderlich ist (vgl. BGH BeckRS 2001, 4982). (Rn. 131) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bandenabrede setzt nicht voraus, dass sich sämtliche Mitglieder einer bandenmäßigen organisierten Gruppe persönlich verabredet haben und sich untereinander kennen, es reicht, wenn nur jeder den Willen hat, sich zur künftigen Begehung von Straftaten mit mindestens zwei anderen zu verbinden (vgl. BGH BeckRS 2005, 8570). (Rn. 132) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bandenmitglied kann sein, wer von vornherein und stets nur als Gehilfe mitwirken will bzw., dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen (vgl. BGH BeckRS 2002, 1437). (Rn. 132) (redaktioneller Leitsatz)
4. Da Bandenmitgliedschaft keine Form der Täterschaft ist, kann eine Bande aus Tätern und Teilnehmern bestehen, so dass auch Bandenmitglied sein kann, wem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen (vgl. BGH, BeckRS 2002, 1437). (Rn. 141) (redaktioneller Leitsatz)
5. Es genügt, dass der Gehilfe die wesentlichen Merkmale und Grundzüge der Tat kennt, während er die Einzelheiten der jeweiligen Tat, insbesondere Ort, Zeit, Geschädigte und Umstände der jeweiligen Tatausführung nicht kennen muss (vgl. BGH BeckRS 1966, 31179837; BGH BeckRS 2006, 15111). (Rn. 143) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bandenbetrug, Schockanrufe, Bande, Bandenabrede, Bandenmitglied, Gehilfe, Gehilfenvorsatz, vertypter Milderungsgrund, Aufklärungshilfe, Spesen, Einziehung des Wertes von Taterträgen
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 27.06.2023 – 6 StR 260/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17922

Tenor

1. Die Angeklagte … ist schuldig der Beihilfe zum versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetrug.
Sie wird deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
2. Die Angeklagte … ist schuldig der Beihilfe zum versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetrug in zwei Fällen.
Sie wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.
3. Im Hinblick auf die Angeklagte … wird die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 1.500 € angeordnet.
4. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

1
Dem Urteil ist eine Verständigung (§ 257 c StPO) vorausgegangen, in der sich das Gericht, die Angeklagten … und …, deren Verteidiger und die Staatsanwaltschaft für den Fall eines Geständnisses in dem unter Ziffer II. dargestellten Umfang für die Angeklagte … auf einen Strafrahmen von einem Jahr sechs Monate bis zwei Jahre, wobei die ausgesprochene Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird, und für die Angeklagte … auf einen Strafrahmen von zwei Jahren neun Monaten bis drei Jahren drei Monaten geeinigt haben.
I.
(Persönliche Verhältnisse)
1. Angeklagte …
2
Die Angeklagte … wurde am … geboren. Sie ist … Staatsangehörige und gehört der Minderheit der … an.
3
Die Angeklagte wuchs bei ihren verheirateten Eltern mit einem ein Jahr älteren Bruder auf. Der Vater der Angeklagten hat keinen Beruf erlernt und geht derzeit auch keinem Beruf nach. Die Mutter der Angeklagte, welche ebenfalls keinen Beruf erlernt hat und Analphabetin ist, ist als Hausfrau tätig.
4
Als die Angeklagte ca. zwei Jahre alt war, trennten sich ihre Eltern. Sie zog mit ihrer Mutter nach … und kam zunächst bei einer Tante dort unter. Die Mutter der Angeklagten ist Alkoholikerin und gesundheitlich stark angeschlagen (Hüfte; Leberzirrhose).
5
Nach Besuch des Kindergartens wechselte die Angeklagte auf die Grundschule und sodann auf die Gesamtschule über. Dort nahm sie, jedenfalls seit der 7. Klasse, nurmehr sehr unregelmäßig am Unterrichtsgeschehen teil, da sie sich auch um ihre kranke Mutter kümmern musste und dem Unterricht auch deshalb fern blieb. Die Angeklagte besuchte nach der Gesamtschule noch kurz die Berufsschule, welche sie jedoch ohne Abschluss mit ca. 16 Jahren abbrach.
6
Daran anschließend machte die Angeklagte … keine Ausbildung, sondern bestritt ihren Lebensunterhalt mittels kleinerer Hilfstätigkeiten, wie etwa Bedienung in einer Eisdiele oder andere vom Job-Center vermittelte Maßnahmen. Sie bezog vornehmlich Sozialleistungen. Eine Vollzeittätigkeit konnte die Angeklagte aufgrund des Umstandes, dass sie sich um ihre kranke Mutter kümmern musste, nicht nachgehen.
7
Die … Angeklagte … hat keine Kinder.
8
Sie hat nach wie vor zu ihrer Mutter guten Kontakt. Auch zu ihrem Vater, über welchen sie zwei weitere Halbgeschwister hat, hält sie guten Kontakt.
9
Die Angeklagte bereitet sich derzeit auf das Nachholen bzw. Erlangen eines Schulabschlusses vor. Sie beabsichtigt, ab September 2023 an einem Kurs zur Erlangung des Hauptschulabschlusses teilzunehmen und sodann eine Ausbildung zu absolvieren.
10
Die Angeklagte lebte zuletzt von Sozialleistungen (ALG II). Sie hat Schulden in Höhe von … aufgrund abgeschlossener Mobilfunkverträge. Sie befindet sich deshalb auch in einer Schuldnerberatung.
11
Die Angeklagte konsumiert weder Alkohol noch Drogen. Ein Suchtproblem bestand bei ihr zu keinem Zeitpunkt.
12
Die Angeklagte blieb bisher vor größeren Unfällen und Krankheiten verschont.
13
Die Angeklagte ist zudem bislang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten.
14
Die Angeklagte … befand sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts … vom … in der vorliegenden Sache bis … Untersuchungshaft. Mit Beschluss des Amtsgerichts … vom … wurde dieser Haftbefehl außer Vollzug gesetzt …. Dieser Haftbefehl wurde nunmehr durch die Kammer aufgehoben.
2. Angeklagte …
15
Die Angeklagte … wurde am … geboren. Sie ist … Staatsangehörige und gehört der Minderheit der … an.
16
Die Angeklagte wuchs bei ihren verheirateten Eltern zusammen mit 4 Schwestern und einer Halbschwester als drittältestes Kind zunächst in … auf. Der Vater der Angeklagte, welcher … Staatsangehöriger ist und ebenfalls der Minderheit … angehört, ist als Handwerker tätig. Die Mutter der Angeklagten ist Hausfrau.
17
Zu ihren Eltern und zu ihren Geschwistern, welche alle nunmehr in … leben, hält die Angeklagte guten Kontakt.
18
Als die Angeklagte ca. fünf Jahre alt war, kam sie mit ihren Eltern und ihren Geschwistern von … nach …. Hier besuchte sie zunächst den Kindergarten und sodann die Förderschule. Diese beendete sie nach der 9. Klasse mit einem sogenannten Abgangszeugnis. Daran anschließend besuchte sie noch die Berufsschule, welche sie im Alter von 17 Jahren ohne Abschluss bzw. Ausbildung verließ.
19
Die Angeklagte bestritt sodann mit diversen Gelegenheitsjobs und Sozialleistungen ihren Lebensunterhalt.
20
Nach ihrer Haftentlassung im Jahr … versuchte die Angeklagte zunächst, da dies Voraussetzung für die Aufnahme eines Kurses zur Erlangung eines Abschlusses im Rahmen des zweiten Bildungsweges war, eine berufliche Tätigkeit länger als vier Monate aufzunehmen und beizubehalten, was ihr indes nicht gelang, da sie zuvor immer gekündigt wurde, so dass sie mangels Vorliegens der Voraussetzungen auch keinen Schulabschluss nachträglich bislang erlangen konnte.
21
Die Angeklagte war zuletzt im Rahmen diverser Gelegenheitsjobs, wie etwa als Packerin bei der Firma … oder als Kellnerin, beruflich beschäftigt.
22
Zuletzt erhielt die Angeklagte vor ihrer verfahrensgegenständlichen Inhaftierung als Verpackerin bei der Firma … im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung … monatlich und bezog zudem noch weitere Sozialleistungen.
23
Die Angeklagte verfügt aufgrund bestehender Verbindlichkeiten aus abgeschlossenen Fitness-Studio-Verträgen bzw. Handy-Verträgen noch über Schulden in Höhe von ….
24
Die ledige Angeklagte hat keine Kinder.
25
Die Angeklagte blieb bislang vor größeren Unfällen und Krankheiten verschont.
26
Die Angeklagte konsumierte gelegentlich bzw. sporadisch Marihuana. Eine Entzugs- bzw. Suchtproblematik bestand insoweit bislang nicht. Die Angeklagte … konsumiert, vornehmlich beim Weggehen am Wochenende, auch gelegentlich Alkohol.
27
Die Angeklagte … ist bislang strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
1. … Staatsanwaltschaft …
Tatbezeichnung: Diebstahl
Datum der (letzten) Tat: …
Angewendete Vorschriften: StGB § 242 Abs. 1
2. … Staatsanwaltschaft …
Tatbezeichnung: Diebstahl
Datum der (letzten) Tat: …
Angewendete Vorschriften: StGB § 242 Abs. 1
Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 Abs. 2 JGG.
3. … AG …
Rechtskräftig seit …
Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung
Datum der (letzten) Tat: …
Angewendete Vorschriften: StGB § 223 Abs. 1, § 230
Verwarnung.
Erbringung von Arbeitsleistungen.
Richterliche Weisung.
Jugendarrest wegen Zuwiderhandlung gegen Auflagen: 1W.
4. … AG …
Rechtskräftig seit …
Tatbezeichnung: Betrug in 12 Fällen, davon in 7 Fällen tateinheitlich mit strafbarer
Kennzeichenverletzung
Datum der (letzten) Tat: …
Angewendete Vorschriften: StGB § 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 52, § 53, MarkG
§ 143 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, JGG § 21
1 Jahr(e) Jugendstrafe.
Bewährungszeit 3 Jahr(e).
Einbezogen wurde eine nicht zentralregisterpflichtige Entscheidung.
Bewährungshelfer bestellt.
Strafaussetzung widerrufen.
Strafvollstreckung erledigt am …
5. … AG …
Rechtskräftig seit …
Tatbezeichnung: Erschleichen von Leistungen
Datum der (letzten) Tat: …
Angewendete Vorschriften: StGB § 265a Abs. 1, § 248a
Verwarnung.
Erbringung von Arbeitsleistungen.
6. … Amtsgericht …
Rechtskräftig seit …
Tatbezeichnung: Gemeinschaftlicher Diebstahl in 3 Fällen
Datum der (letzten) Tat: …
Angewendete Vorschriften: StGB § 243 Abs. 1 Nr. 3, § 242 Abs. 1, § 74, § 53, § 25 Abs. 2
*1 Jahr(e) 4 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Einziehung (von Tatprodukten, -mittein und -objekten).
Strafvollstreckung erledigt am …
28
Die Angeklagte befand sich im vorliegenden Verfahren aufgrund des Untersuchungshaftbefehls des Amtsgerichts … vom … bis … in Untersuchungshaft.
29
Am Verhandlungstag am … wurde dieser Haftbefehl durch die Kammer gegen eine polizeiliche Meldeauflage, nachdem dies auch Gegenstand der erzielten Verständigung war, außer Vollzug gesetzt.
II.
(Tathandlungen)
30
Die beiden Angeklagten … und …) sowie weitere bisher unbekannte Personen waren Mitglieder einer jedenfalls ab Anfang März 2022 überregional und bundesweit agierenden Gruppierung, die es unternahm, telefonisch mittels sich im Detail unterscheidender Legenden im Lebensalter fortgeschrittene Personen mittels sog. „Schockanrufe“ dazu zu bringen, Bargeld und andere Wertgegenstände an Mitglieder dieser Gruppierung, die sog. Abholer, zu übergeben. Diese Wertgegenstände sollten innerhalb dieser Gruppierung nach einer festgelegten Quote aufgeteilt werden.
31
Die beiden Angeklagten … und … wurden von bisher nicht näher bekannten Personen dieser Gruppierung als sog. Abholerinnen angeworben und sollten jedenfalls in der Folge für eine noch nicht näher bestimmte Anzahl an Fällen als Abholerinnen, welche die Tatbeute von den geschädigten Personen abholen und an weitere Personen der Gruppierung übergeben sollten, eingesetzt werden.
32
Der hierbei von der Gruppierung, welcher sich die beiden Angeklagten … und … angeschlossenen haben, verwendete modus operandi bestand darin, dass ein oder mehrere Anrufer, die sog. Keiler, jeweils die Geschädigten auf deren Festnetzanschlüssen anriefen und ihnen gegenüber bewusst wahrheitswidrig vorspiegelten, sie seien Polizeibeamte, Staatsanwälte oder Richter.
33
Durch geschickte Gesprächsführung suggerierten und spiegelten diese sog. Keiler sodann weiter vor, dass von ihnen geführte (polizeiliche) Ermittlungen aus im Einzelfall unterschiedlichen Gründen die Übergabe von Bargeld und/oder Wertgegenständen an sie bzw. an von ihnen beauftragte Personen zwingend erforderlich sei. Hierbei ermittelten der oder die Keiler jeweils auch im Rahmen geschickter Gesprächsführung verdeckt die finanziellen Verhältnisse der jeweils geschädigten Personen.
34
Die Gruppierung handelte dabei, jeweils gemäß einem gemeinsamen Tatplan dergestalt arbeitsteilig zusammen, dass die Keiler, vermutlich aus sog. Call-Centern in Düsseldorf und/oder Polen heraus handelten und die Geschädigten jeweils zur Übergabe des Bargeldes und/oder der Wertgegenstände an die Abhoier vor Ort brachten.
35
Wie von den jeweiligen Mitgliedern dieser Tätergruppierung geplant und gewollt, holten in der Folge ein oder mehrere sog. Abholer, wie die Angeklagten … und …, das Bargeld und/oder die Wertgegenstände bei den jeweils geschädigten Personen an einem vereinbarten Übergabeort ab.
36
Dabei wurden von der unbekannten Tätergruppierung regelmäßig mehrere Abholer an den Übergabeort herangeführt und erst kurzfristig vor der Übergabe mittels Telekommunikationsmittel angeordnet, wer von den vor Ort anwesenden Abholern die Abholung im konkreten Fall durchführen sollte. Die übrigen nicht zum Einsatz gelangten Abholer sicherten und beobachteten die Übergabe ab und bestärkten durch ihre Anwesenheit und Eingriffsbereitschaft vor Ort den oder die konkret kurzfristig beauftragten Abholer. So agierten die anderen Abholer regelmäßig auch als Fahrer von Pkw und/oder Aufpasser bzgl. erwarteter polizeilicher Gegenmaßnahmen.
37
Sodann übergaben die Abholer die erlangten Wertgegenstände, nachdem sie absprachegemäß einen Teil der Beute für sich behalten hatten, an einen sog. Logistiker dieser Tätergruppierung weiter. Diese Logistiker steuerten insbesondere auch die Abholer vor Ort und dirigierte diese – im fernmündlichen Zusammenwirken mit den Keilern – in die Bereiche der Wohnanwesen der Angerufenen. Zudem sorgte der sog. Logistiker – nach Abzug eines absprachegemäß ihm zustehenden Teils der Tatbeute, den er für sich behielt – für den Transfer des Geldes vornehmlich in das Ausland.
38
Die in Ausführung des beschriebenen modus operandi verwendeten Legenden wurden dabei von Tat zu Tat den Erfordernissen des Einzelfalls angepasst.
39
Die Angeklagten … und … sowie die anderweitig Verfolgte … und eine weitere bisher unbekannte Abholerin, genannt „K...“, handelten in den nachstehend genannten Fällen bis zu ihrer Festnahme am … bzw. am … als beschriebene Abholer für diese Tätergruppierung, wobei die Angeklagte … nur an der im Nachfolgenden näher bezeichneten Tat am … beteiligt war, gleichwohl weitere Einsätze für diese Tätergruppierung indes bereits für beide Angeklagte angedacht waren.
40
Beide Angeklagten wussten, dass sie durch ihr Handeln als Abholerinnen vor Ort dieser Tätergruppierung deren Mitglied sie auch wurden, welche sich für die Begehung einer Vielzahl gleichgelagerter weiterer Fälle zusammengeschlossen hat, unterstützen würden.
41
Die Angeklagten wollten sich dadurch eine Einnahmequelle von einigem Gewicht und einiger Dauer verschaffen. Den Angeklagten … und … und der jeweils weiteren Abholerin waren hierbei 6 Prozent der erlangten Tatbeute in Aussicht gestellt worden; welche unter ihnen nach Köpfen aufgeteilt werden sollte. Zudem wurde der Angeklagten … zur Deckung der im Vorfeld erforderlichen Aufwendungen (Mietfahrzeug, Unterkunftskosten) vorab ein Betrag in Höhe von 1.500 € von den derzeit noch unbekannten Tätern übergeben.
42
Die Angeklagten wussten, dass sie durch ihr Handeln einen von den Kellern eingefädelten sog. Polizeitrickbetrug unterstützen würden. Sie wussten auch, dass es zur Übergabe von größeren Geldbeträgen kommen würde, wobei ihnen die konkrete Höhe der jeweils zu übergebenden Summen bzw. Wertgegenstände nicht konkret bekannt war, sie aber jedenfalls von fünfstelligen Summen ausgingen.
43
Den Angeklagten … und … war bei Begehung der nachfolgend genannten Taten auch bewusst, dass diese Tätergruppierung, der sie sich angeschlossen haben, arbeitsteilig im Rahmen des beschriebenen modus operandi vorgeht und darauf ausgerichtet ist, im Rahmen einer Vielzahl weiterer gleichgelagerter Taten auf diese Weise, insbesondere auch vornehmlich ältere Personen durch das Vortäuschen von falschen Tatsachen indem ihnen eine Gefahrenlage vorgespielt werden soll und sie so um wesentliche Teile ihres Vermögens gebracht werden sollen, begangen werden.
44
Bei der Tatausführung wurden die Angeklagten … und … jedenfalls auch von den Logistikem, den anderweitig verfolgten … genannt „D.“, und …-… dirigiert bzw. angeleitet. Zu den weiteren, unbekannt gebliebenen Kellern bzw. Anrufern hatten die Angeklagten keinen persönlichen Kontakt, wussten aber von deren Existenz und deren Handein für die Gruppierung.
45
Die Angeklagte … wurde jedenfalls ab dem 08.03.2022 von dem ihr aus ihrer Kirchengemeinde in … Bekannten „D.“, welcher ebenfalls – wie die Angeklagten … und … – der Minderheit … angehört, angesprochen und als Abholerin für eine Vielzahl weiterer noch nicht genau konkretisierter Fälle für die Gruppierung angeworben. Zu diesem Zweck und in Kenntnis all dessen wurde der Angeklagten … von dem Logistiker namens „D.“ mehrere für die Taten zu verwendende Mobiltelefone und SIM-Karten sowie ein Spesenvorschuss für das von ihr zu organisierende Fahrzeug, mit welchem sie und weitere zwei Abholerinnen zu den Einsatzorten jeweils gelangen sollten, und für die erforderlich werdende Übernachtungen in Höhe von 1.500 € im Bereich des Hauptbahnhofs … übergeben.
46
Da die Angeklagte … noch bis zum 13.03.2022 ihrer Arbeit als Teilzeitverkäuferin bei der Firma … nachgehen musste, verständigten sich die Angeklagte … und die weitere von dem Logistiker namens „D.“ ausgewählte Abholerin … in Rücksprache mit diesem, zunächst nicht die Angeklagte … sondern als dritte Abholerin eine junge Frau namens „K...“ am 09.03.2022 aus … abzuholen und die geplanten Taten in den Folgetagen zunächst mit ihr durchzuführen.
47
Die Angeklagte … veranlasste daher – dies vor Augen – sodann am 09.03.2022 ihre Mutter … da die Angeklagte … keinen und die weitere Abholerin namens … erst seit zwei Jahren einen Führerschein hat und sie deshalb selbst noch kein Mietfahrzeug anmieten durfte, unter dem Vorwand, ein Fahrzeug für einen „Mädelsabend“ zu benötigen, ein Fahrzeug bei einer Autovermietung in … für sie anzumieten und dieses der Angeklagten … und ihren beiden Mitfahrerinnen zu überlassen. Die Angeklagte … bezahlte den Mietwagen in Höhe von 750 € von den ihr übergebenen 1.500 € Spesen.
48
Am 09.03.2022 holte sodann die Angeklagte … zusammen mit der anderweitig Verfolgten …daher zunächst mit dem Mietfahrzeug die weitere – zunächst ausgewählte – Abholerin namens „K...“ in … ab. Von dort wurden sie zunächst von dem Logistiker namens „D.“ instruiert, nach … zu fahren, wo sie sich in einem Hotel ein paar Tage aufhielten.
49
Vor diesem Hintergrund kam es sodann zu folgenden Taten:
50
1. Am 11.03.2022 gegen 14.20 Uhr traten drei bislang unbekannte Keller dieser Gruppierung, telefonisch mit dem geschädigten Ehepaar … und … über deren Festnetzanschluss in deren Wohnanwesen in der Straße …-… in Kontakt und agierten gemäß des eingangs beschriebenen modus operandi.
51
Die drei unbekannten Anrufer gaben sich dabei bewusst wahrheitswidrig als Oberstaatsanwalt Reinhard Friedrich, eine Angehörige der Polizei Hamburg sowie als Haftrichter Kr... aus, die dienstlich im Rahmen von Ermittlungen Bargeld und Wertsachen der Geschädigten in Höhe von 180.000 € als Kaution entgegennehmen sollten.
52
Zu Beginn der Anrufe wurde den Eheleuten …von den Kellern eine lauthals weinende Frauenstimme vorgespielt, welche diese, nachdem ihnen von den Anrufern zuvor bewusst wahrheitswidrig suggeriert wurde, ihre Tochter hätte einen schweren Unfall gehabt, bei dem eine andere Person verstorben sei, als die Stimme ihrer Tochter in der für sie entstandenen Schocksituation vermeintlich hielten.
53
Ihnen wurde in der Folge weiter bewusst wahrheitswidrig von den Anrufern vorgegeben, dass ihre Tochter für den Tod dieser anderen Person verantwortlich sei und deshalb um 15.30 Uhr dem Haftrichter Kr... vorgeführt werde. Die unbekannten Anrufer wollten dadurch erreichen, dass die beiden Geschädigten bereit seien, für ihre Tochter eine hohe Kautionssumme aufzubringen, um ihre Inhaftierung dadurch abzuwenden.
54
Ein sich als Oberstaatsanwalt ausgebender Anrufer spiegelte ihnen zudem bewusst wahrheitswidrig vor, dass der zuständige Haftrichter namens Kr... die Kautionssumme auf 180.000 € festgesetzt habe. So getäuscht begab sich … zu seiner Bank und holte dort aus dem Schließfach Goldbarren im Wert von ca. 250.000 €, welche er entsprechend der Vorgaben der unbekannten Anrufer als Kaution für seine Tochter im Bereich des Amtsgerichts … übergeben sollte. Schließlich wurden die geschädigten Eheleute von einer weiteren unbekannten Person telefonisch, welche sich als zuständiger Haftrichter namens Kr... ausgab, aufgefordert, die Goldbarren sogleich an seine vermeintliche Sekretärin namens Moradi, welche diese vor dem Amtsgericht … für ihn abholen sollte, zu übergeben.
55
Bei Frau M1. handelte es sich in Wahrheit um die bislang unbekannte Abholerin namens „K...“, welche vom Logistiker namens „D.“ unmittelbar und kurzfristig vor der Übergabe als Abholerin bestimmt wurde.
56
Die Abholerin „K...“ begab sich sodann – wie vom Logistiker „D.“ telefonisch instruiert – zum Übergabeort im Bereich des Amtsgerichts … wobei die Angeklagte … und die anderweitig Verfolgtet … im Mietfahrzeug unweit zum Übergabeort warteten und die Abholerin „K...“ absicherten und nach der Übergabe mit der Tatbeute wieder aufnehmen sollten.
57
Auf Höhe des sog. Eiermarktes in der Straße an der …, unweit des Amtsgerichts …, forderte die unbekannte Abholerin namens „K...“ nachdem sie auf die Geschädigten zugetreten war, diese sodann zur Übergabe des Goldes – vermeintlich für den Haftrichter Kr... – an sie auf.
58
Der Geschädigte … bestand indes darauf, zuvor einen Ausweis der Abholerin sehen. Dies verneinte die anderweitig Verfolgte Abholerin namens „K...“ unter dem Verweis darauf, dass sie den Ausweis im Pkw vergessen habe. Nach einem kurzen weiteren Gespräch entfernte sich schließlich die Abholerin ohne das Gold.
59
Es ist somit lediglich diesem Zufall zu verdanken, dass es nicht zu einem Schadenseintritt und zur Übergabe des Goldes mit einem Wert von ca. 250.000 € kam.
60
Der Logistiker namens „D.“, welcher sehr erbost über diese gescheiterte Übergabe war, bestand gegenüber der Angeklagten … darauf, die Abholerin namens „K...“ sofort wieder zurück nach … zu bringen und sie für die weiteren geplanten Abholungen nicht mehr mitzunehmen.
61
Anstelle der Abholerin namens „K...“ nahmen die Angeklagte … und die anderweitig Verfolgte … sodann nach Anweisung durch „D.“ von … aus die Angeklagte … für die weiteren geplanten Abholungen ab mit und begaben sich sodann auf Anweisung des Logistikers „D.“ mit ihr nach Bayern, wobei sie durch ihn, da das Fahrzeug über kein Navigationsgerät verfügte, teilweise auch über Telefon gelotst wurden. Auch in Bayern war vorgesehen weitere im einzelnen noch nicht nähere konkretisierte Taten im Rahmen der beschriebenen Vorgehensweise durchzuführen.
62
Am 14.03. Und 15.03.2022 hielten sich die beiden Angeklagten und die anderweitig Verfolgte … auf Anweisung des Logistikers „D.“ an diversen Örtlichkeiten im Raum Bayern auf und warteten auf ihren Einsatz als Abholerinnen vor Ort.
63
Erst am 16.03.2022 erhielten sie schließlich von „D.“ wieder einen konkreten Auftrag, nach … zu fahren, um dort wieder Geld- bzw. Wertgegenstände für ihre Gruppierung abzuholen.
64
2. Am 16.03.2022 gegen 11.00 Uhr traten mehrere bislang unbekannte Täter mit den Geschädigten … über deren Festnetzanschluss in deren Anwesen in der Straße …-… in telefonischen Kontakt und agierten gemäß des eingangs beschriebenen modus operandi.
65
Die unbekannten Täter gaben sich am Telefon dabei bewusst wahrheitswidrig als Herr … wald von der Staatsanwaltschaft sowie als Frau M2. von der Kriminalpolizei aus, die dienstlich Bargeld und Wertsachen zur Abwendung einer vorgespielten Inhaftierung einer ihnen bekannten Frau namens … von ihnen sicherstellen sollten. Zunächst meldete sich dabei eine weibliche Kellerin, welche sich weinend als … ausgab und welche bewusst der Wahrheit zuwider vorgab, dass sie einen Unfall verursachte habe und ihr Mann im Sterben liege. Sie sei momentan bei der Polizei, welche mit dem angerufenen Zeugen … nun wegen einer Kaution für sie sprechen wolle.
66
Der Geschädigte … (Sohn des von der Tätergruppierung avisierten Vaters …, welcher den Anruf am Telefon seines Vaters … entgegennahm, durchschaute den wahren Hintergrund des Anrufs allerdings sofort und nahm umgehend Kontakt zur „echten“ Polizei auf. In der Folge wurde er bezüglich des weiteren Vorgehens des Tatgeschehens auch von anwesenden Polizeibeamten begleitet und instruiert.
67
Im Rahmen weiteren Gespräche, in denen sich die Keller dabei bewusst wahrheitswidrig als Frau M2. von der Kriminalpolizei und Herr G. von der Staatsanwaltschaft wahrheitswidrig ausgaben, wurde der Geschädigte … sodann telefonisch angewiesen, einen Bargeldbetrag in Höhe von 38.000 €. als „Kaution“ für … an sie zu zahlen. … gab im Gespräch dann vor, lediglich 20.000 € an Schmuck und Goldmünzen zuhause zu haben. Er wurde von den unbekannten Anrufern schließlich aufgefordert, diese Gegenstände an sie als vermeintliche Kaution für … zu übergeben.
68
Der Geschädigte … begab sich daraufhin gegen 12.05 Uhr zum vereinbarten Übergabeort des Geldes in die Nähe eines Computergeschäfts auf Höhe der Straße … .
69
Zu dieser Zeit näherte sich auch die Angeklagte … welcher vom Logistiker namens „D.“ an diesem Tag kurzfristig als Abholerin auserwählt wurde, dem bezeichneten Computergeschäft, trat an den Geschädigten … heran und fragte ihn, ob er die Sachen für Herrn G. habe.
70
Nachdem … dies bejahte, öffnete die Angeklagte … ihre Hendtasche und forderte … auf, die Wertsachen dort hineinzulegen. Daraufhin legte … eine blaue Stofftasche in die Handtasche der Angeklagten …. In dieser blauen Stofftasche befanden sich aber nicht – wie von der Tätergruppierung gefordert – die in Aussicht gestellten Wertgegenstände im Wert von ca. 20.000 €, sondern wie von der echten Polizei instruiert, lediglich leere Eierschachteln.
71
Als sich die Angeklagte … sodann entfernen wollte, kam es schließlich zur geplanten Festnahme durch herangeführte Polizeikräfte.
72
Ein Schaden ist folglich für die Geschädigten … nicht entstanden.
73
Die Angeklagte … und die anderweitig Verfolgte … hielten sich auch hier unweit des vorgegebenen Übergabeortes auf und sicherten so die Übergabe an die Angeklagte … mit ab und hielten sich bereit, um ggf. auch hier unterstützend für die Angeklagte … einzugreifen. Auch sollten Sie die Angeklagte … nach erfolgter Übergabe mit den Wertgegenständen mit dem Mietfahrzeug auch wieder abholen und die Tatbeute entgegennehmen.
III.
(Beweiswürdigung)
74
Die beiden Angeklagten haben die unter Ziffer II. dargestellten Taten jeweils über von ihnen autorisierte Verteidigererklärungen in objektiver und subjektiver Hinsicht einräumen lassen. Die Verteidigererklärungen wurden auf ausdrückliche Frage des Gerichts von ihnen als zutreffend bestätigt.
75
Die Angeklagten wurden überdies von der Kammer und den weiteren Verfahrensbeteiligten zu ihren Tathandlungen, welche in Ziffer II beschrieben sind, ergänzend befragt.
76
Die Überzeugungsbildung der Kammer bezüglich des unter II. festgestellten Sachverhalts beruht im Wesentlichen auf diesen glaubhaften und übereinstimmenden Geständnissen der beiden Angeklagten mit ihren ergänzenden Erläuterungen in der Hauptverhandlung.
77
Diese Geständnisse sind zwanglos mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere mit den Aussagen des einvernommenen Zeugen … sowie des polizeilichen Sachbearbeiters … sowie der weiter erhobenen Beweismittel in Einklang zu bringen. Die Kammer konnte sich daher davon überzeugen, dass die beiden Geständnisse, welche auch inhaltlich zueinander korrelieren, glaubhaft sind.
1. Einlassung der Angeklagten
a) Angeklagte …
78
Ergänzend zu der geständigen Erklärung ihres Verteidigers, welche von ihr ausdrücklich als zutreffend autorisiert wurde, führte die Angeklagte … in der Hauptverhandlung überdies aus, dass sie derartige Taten zum ersten Mal begangen habe. Sie habe schon gewusst, dass im Hintergrund mehrere Personen mitwirken würden, wobei sie diese jedoch nicht näher gekannt habe. Sie habe lediglich gewusst, dass der ihr auch aus der Kirchengemeinde bekannte „D.“, welcher mit ihnen bei den Taten fortlaufend telefonisch in Kontakt gestanden habe und sie instruiert habe, mitwirken würde. Die anderen Personen habe sie nicht näher gekannt. Ihr sei auch bekannt gewesen dass die Ehepartnerin des „D.“ namens … mitbeteiligt sei, da sie auch Anrufe von ihr mit erhalten hätten. Zwar sei auch der „D.“ wie sie ein Mitglied … allerdings sei es nicht so, dass vermehrt Personen dieser Bevölkerungsgruppe als Abholer eingesetzt würden. Ihr sei von „D.“ konkret mitgeteilt worden, wie sie sich auch im Falle einer polizeilichen Aufdeckung bzw. Festnahme zu verhalten hätten und was sie angeben sollten.
79
Auf Frage des Gerichts stellte die Angeklagte … klar, dass es ihr schon bewusst gewesen sei, dass es um eine Art Polizeitrickbetrug gehen würde, bei dem vornehmlich ältere Personen um größere Summen gebracht werden sollten. Auf Frage des Gerichts räumte die Angeklagte … ein, sie seien durchaus von Summen im 5-stelligen Bereich als vermeintliche Tatbeute ausgegangen. Welche Geschichten konkret die Anrufer den älteren Personen erzählt haben, davon wisse sie im Einzelnen nichts. Sie hätten pro Tat 6 % von der Tatbeute erhalten sollen, welche sie unter sich hätten aufteilen müssen. Es sei also so gewesen, dass auch Personen, welche kurzfristig nicht als Abholerinnen ausgewählt worden seien, einen Anteil an der Tatbeute erhalten hätten, da sie ja auch mit vor Ort gewesen seien und mitgewirkt hätten.
80
Der zeitliche Ablauf der Beauftragung durch „D.“ ab dem 07.03.2022 bis zur Festnahme der Angeklagten … am … wurde mit der Angeklagten … anhand ihrer Angaben im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung vom 03.11.2022 erneut durchgegangen und besprochen. Die Angeklagte … konnte dabei, teilweise auf Vorhalt, den Ablauf so bestätigen, wie sie ihn bereits im Rahmen der Beschuldigtenvemehmung vom 03.11.2022 angegeben hat, wie der Zeuge … im Detail in der Hauptverhandlung berichtete.
81
Es sei auch zutreffend, dass ihr am 08.03.2022 in … im Bereich des Hauptbahnhofs von „D.“ eine Tüte mit vielen Handys und SIM-Karten sowie ein Bargeldbetrag in Höhe von 1.500 € übergeben worden sei. Davon habe sie sich gemeinsam mit … auch erst einmal Marihuana besorgt und dieses noch am gleichen Tag konsumiert. Ferner habe sie von dem erlangten Bargeldbetrag von 1.500 € auch das Mietfahrzeug unter Beteiligung ihrer … angemietet.
82
Der sich in der Akte befindliche Kfz-Mietvertrag, welcher auf die Mieterin … ausgestellt wurde, wurde in Augenschein genommen und vom Zeugen … ergänzend erläutert.
83
Daraus ergibt sich, dass das Fahrzeug VW Passat, amtliches Kennzeichen … für die Dauer vom 09.03.2022 bis 18.03.2022 für einen Gesamtbetrag von 500 € zuzüglich 250 € Kaution angemietet wurde. Der Kilometerstand bei Abholung wurde mit 293.092 km im Vertrag vermerkt. Im Rahmen des sich in der Akte befindlichen Rückgabeprotokolls, welches ebenfalls in Augenschein genommen wurde und vom Zeugen … erläutert wurde, ist sodann ein Kilometerstand von 296.105 km vermerkt, wonach mit dem Fahrzeug bis zur protokollierten Rücknahme am 18.03.2022 um 14.15 Uhr eine Wegstrecke von über 3.000 Kilometer zurückgelegt wurde.
84
Die Angaben der Angeklagten … können daher auch durch dieses objektive Beweismittel und die Ausführungen des Sachverständigen … indiziell bestätigt werden.
85
Zudem stellte der Zeuge … in diesem Zusammenhang dar, dass das in Augenschein genommene Lichtbild des abfotografierten Fahrzeugmietvertrages (Bl. 559 d.A.), welches auf dem sichergestellten Mobiltelefon der Mutter der Angeklagten …, aufgefunden werden konnte, erneut die Angaben der Angeklagten … belegte.
86
Weiter führte der Zeuge … in der Hauptverhandlung aus, dass er die Beschuldigte … am 03.11.2022 auf ihren Wunsch hin im Ermittlungsverfahren auch vernommen habe. Die Angeklagte … habe in dieser Vernehmung umfangreiche Angaben zur Tatbegehung sowie zu weiteren an der Tat beteiligten Personen gemacht. Der Zeuge … stellte klar, dass diese Angaben durchaus weitere Ermittlungsansätze im Hinblick auf andere Personen ergeben hätten, wozu er im Einzelnen jedoch aus ermittlungstaktischen Gründen keine konkreten Angaben machen wolle, da insoweit noch Ermittlungen laufen würden.
87
Zu den Angaben der Angeklagten … im Rahmen dieser Beschuldigtenvernehmung vom 03.11.2022 führte der Zeuge … aus, dass diese zunächst eingeräumt habe, dass sie am 11.03.2022 als Abholerin in … eingesetzt gewesen sei. Der Zeuge … stellte klar, dass der Begriff Abholerin von der Angeklagten selbst so gekommen sei und so verwendet worden sei. Die Angeklagte … habe ihm gegenüber weiter eingeräumt, in Begleitung der Angeklagtem … und ihrer Bekannten … unterwegs gewesen zu sein. Diese beiden sollten ebenfalls als Abholerinnen eingesetzt werden, was sich erst kurzfristig vor der Tat hätte entscheiden sollen. Auf die Frage, ob es sich bei der Tat vom 16.03.2022 um ihre erste Tat gehandelt habe, habe sie den kompletten Ablauf der Tage zuvor geschildert. So habe die Angeklagte … eingeräumt, am 07.03.2022 zusammen mit … bereits einen Anruf des … und dessen Ehefrau … erhalten zu haben. Diese hätten sie gefragt, ob sie sich als Abholer bei Taten des Enkeltrickbetruges zur Verfügung stellen würden. Als Spesen sollten sie vorab 1.500 € erhalten und auch insgesamt noch 6 % an der Tatbeute pro Tat zusammen erhalten. Diesen … welcher ihr auch als „D.“ bekannt sei, kenne sie aus der Kirche bzw. aus dem Chor …. Sie hätten gewusst, um was es geht und was ihre Aufgabe als Abholerin sei und sich schließlich dafür bereit erklärt, derartige Abholungen für „D.“ und seine Leute vorzunehmen.
88
Da die Angeklagte … noch bis zum 13.03. arbeiten habe müssen, hätten sie sich zunächst mit „D.“ besprochen, welcher eine andere weibliche Person namens „K...“ für sie als dritte Abholerin besorgt habe. Diese habe sie nicht näher persönlich gekannt. Auch kenne sie ihren wahren Namen nicht. Diese „K...“ hätten sie dann später, nämlich am 09.03.2022, … mit dem angemieteten Fahrzeug aufgenommen.
89
Am Folgetag, also am 08.03.2022, habe sie von „D.“ dann in … eine Tüte mit vielen Mobiltelefonen und SIM-Karten sowie den zuvor in Aussicht gestellten Bargeldbetrag in Höhe von 1.500 € von ihm bekommen. Davon habe sie sich auch gleich zusammen mit … für 400 € besorgt. Da die … hren Führerschein erst seit 2 Jahren gehabt habe, sei. sie der Meinung gewesen, dass sie noch kein Mietfahrzeug anmieten könne, so dass sie sich an ihre Mutter … gewandt hätten. Die Angeklagte … selbst habe noch keinen Führerschein gehabt.
90
Der Mutter … gegenüber hätten sie vorgegeben, dass sie ein Mietauto für einen „Mädels-Trip“ brauchen würden. Ihre Mutter habe sich schließlich bereit erklärt, mit ihr zu einer Mietwagenfirma in … zu fahren und dort den für die Taten verwendeten grauen VW Passat anzumieten.
91
Auf Vorhalt bestätigte der Zeuge … dass sie in der Vernehmung angegeben habe, dafür 750 € von der ihr übergebenen Summe von 1.500 € bezahlt zu haben. Sie sei schließlich mit dem Mietfahrzeug mit Ihrer Mutter zunächst zurück nach … gefahren und habe diese dort abgesetzt. Sie sei dann mit … nach … gefahren, wo sie dann – wie von „D.“ arrangiert – auch die „K...“ abgeholt hätten. „D.“ habe sie dann angewiesen, nach … zu fahren, wo sie zunächst in einem Hotel übernachtet auf der Grundlage ihrer Angaben ihm gegenüber hätten, so der Zeuge …. Auch am 10.03.2022 hätten sie erneut in einem Hotel übernachtet, wobei sie nicht mehr genau gewusst habe, wo dieses genau gewesen sei.
92
Weiter führte der Zeuge … in der Hauptverhandlung aus, dass die Angeklagte … ihm gegenüber in dieser Beschuldigtenvernehmung auch angegeben habe, dass sie am 11.03. ihren ersten konkreten Auftrag von „D.“ bekommen hätten, wonach sie in den Mittagsstunden eine Abholung in… durchführen sollten. Die Abholung habe durch „K...“ erfolgen sollen, da diese nach ihren Ausführungen schon erste Erfahrungen aus früheren Abholungen gemacht habe. Die Abholung sollte in der Nähe einer Kirche oder eines Gerichts stattfinden.
93
Die Angeklagte … hat ihm gegenüber weiter ausgeführt, dass sie und … sich während der Zeit, wo „K...“ die Abholung gemacht habe, sich in unmittelbarer Nähe dazu sich befunden hätten und im Fahrzeug gewartet hätten. Zudem hätten sie im direkten Telefonkontakt mit „D.“ während dieser Zeit gestanden. Allerdings sei es an diesem Tag so gewesen, dass die „K...“ ohne Beute zurückgekommen sei, worüber der „D.“ sehr sauer gewesen sei und darauf bestanden habe, die „K...“ sofort wieder zurück nach … zu bringen, was sie auch getan hätten.
94
Der Aufforderung des „D.“ entsprechend, hätten sie sich in den Folgetagen bis zum 13.03.2022 in einem Hotel bereitgehalten. Ein konkreter Auftrag sei jedoch bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingegangen. Am 13.03.2022 seien sie von „D.“ aufgefordert worden, schließlich die … in … aufzunehmen und mit ihr nach Bayern zu fahren. „D.“ habe sie dabei, da das Fahrzeug kein Navigationsgerät gehabt habe, teilweise auch über das Telefon in Richtung Bayern gelotst, da sie nicht genau gewusst hätten, wie sie fahren müssen. Auch in den Folgetagen am 14.03. und 15.03.2022 hätten sie in einem Hotel irgendwo in Bayern übernachtet und auf Aufträge des „D.“ gewartet. Erst am 16.03. habe sie von „D.“ den konkreten Auftrag erhalten, nachdem sie sich bereits zuvor im Raum Bayern aufgehalten hätten, nach … zu fahren und dort eine Abholung in … vorzunehmen. Als Abholerin sei … kurzfristig von „D.“ ausgesucht worden. Sie sei mit einem Taxi zu der ihr genannten Adresse gefahren. Das Geld für das Taxi hätte sie aus dem Rest der übergebenen 1.500 € Spesen genommen. Nach einiger Zeit des Wartens im Auto habe plötzlich ihr Telefon geklingelt und sie habe von „D.“ erfahren, dass … verhaftet worden sei. Sie und … seien daher sofort wieder zurück nach Hause gefahren.
95
Weiter führte der Zeuge … auf Vorhalt aus, dass der „D.“ überwiegend mittels … Rufnummern an sie herangetreten sei. Die Angeklagte … habe ausgeführt, dass sie der Auffassung sei, dass „D.“ von … aus bzw. … aus, wo er sich auch regelmäßig aufhalte, mit seinen Leuten operieren würde.
96
Weiter führte der Zeuge … aus, dass er im Folgenden im Rahmen der Vernehmung mit der Angeklagten … die aufgelaufenen Rufnummern durchgegangen sei und diese der Angeklagten … vorgehalten worden seien. Die Angeklagte … habe dabei erläuternd ausgeführt, dass zwar auch immer die Telefone getauscht worden seien, jedoch auch verschiedene SIM-Karten in die Telefone durch sie, wie von „Duschi“ gewollt, eingeführt worden seien.
97
So habe die Angeklagte … auf Vorhalt ihm gegenüber ausgeführt, dass die Telefonnummer … im Mobiltelefon der … zum Tatzeitpunkt am 16.03.2022 eingelegt gewesen sei, welche diese bei ihrer Festnahme mitgeführt habe, was auch der Zeuge … so bestätigt habe. Auch habe sich in dem sichergestellten Mobiltelefon der … eine weitere SIM-Karte befunden, bei er es sich glaublich um die Rufnummer … gehandelt habe. Die Rufnummer … sei bei ihr (Angeklagten … auf der Grundlage ihrer Angaben im Auto gewesen. Sie habe auf Vorhalt auch eingeräumt, dass die Rufnummer … im Rahmen der Tat in … am 11.03.2022 benutzt worden sei. Dies müsste die Rufnummer gewesen sein, welche die „K...“ bei der beabsichtigten Abholung in … genutzt habe, so die Angeklagte … ihm gegenüber.
98
Der Zeuge … führte weiter aus, dass die Angeklagte … schließlich noch zu der Person namens „D.“, zu seiner Familie, seinen Kindern und seiner Ehefrau sowie zu seinem regelmäßigen Aufenthaltsorten konkrete Angaben gemacht habe, woraus sich weitere Ermittlungsansätze ergeben hätten. Der Facebook-Account dieses „D.“ habe auf … bzw. … gelautet. Auch zu … habe sie weitergehende Angaben gemacht, woraus sich weitere Ansätze für Ermittlungen ergeben hätten.
b) Angeklagte …
99
Die Angeklagte … räumte ergänzend zu der von ihrer autorisierten Verteidigererklärung ihres Verteidigers, ein, dass sie im Rahmen der Tatbegehung vom 16.03.2022 in … beteiligt gewesen sei. Es sei zutreffend, wie von der Angeklagten … ausgeführt, dass sie durch sie sowie … am 13.03.2022 zu Hause abgeholt worden sei und als Abholerin von „D.“ mit ausgewählt worden sei. Es sei auch zutreffend, dass ihr ein Teil der Tatbeute für ihre Handlungen mit in Aussicht gestellt worden sei. Ferner sei auch zutreffend, wie von der Angeklagten … ausgeführt worden sei, dass sie (Angeklagte …) mit einem Taxi zum Tatort in … gefahren sei. Die konkreten Anweisungen habe sie von „D.“ am Telefon auch per Kurznachricht erhalten.
100
Auf Frage des Gerichts, ob denn nur diese eine Abholung von ihr beabsichtigt gewesen sei, stellte die Angeklagte … dar, dass sie bei der Abfahrt noch gar nicht konkret gewusst habe, wo und in welcher Anzahl Abholungen erfolgen sollten. Sie sei davon ausgegangen, dass an diesem Tag keine weiteren Abholungen mehr durchzuführen gewesen seien, sei jedoch wie auch die anderen beiden Begleiter durchaus bereit dafür gewesen, auch noch weitere Abholungen vorzunehmen. Ihr sei auch bewusst gewesen, was Hintergrund der ganzen Sache gewesen sei und dass es dabei um Betrug zu Lasten von älteren Menschen gegangen sei. Ihr sei auch bewusst gewesen, dass es um einen größeren Betrag gehen würde, sie glaube, dass, wenn es geglückt wäre, sie schon noch weiter mit den Abholungen gemacht habe.
2. Überzeugung der Kammer
a) Feststellungen zur Sache
101
Die Kammer ist davon überzeugt, dass sich die Taten wie unter Ziffer II dargestellt und wie von den beiden Angeklagten eingeräumt, auch tatsächlich so zugetragen haben.
102
In diesem Zusammenhang war zunächst zu würdigen, dass die beiden Angeklagten übereinstimmende und die Angeklagte … auch im Kerngeschehen konstante Angaben machten, welche auch teilweise durch objektive Beweismittel bestätigt werden konnten.
103
Wie bereits ausgeführt und vom Zeugen … in der Hauptverhandlung erläutert, konnte durch den eingeführten Mietvertrag, welcher die Anmietung des Fahrzeugs für die Zeitdauer vom 09.03.2022 bis 16.03.2022 belegte und auch die Beteiligung der Mutter … belegte, die Angaben der Angeklagtem … adurch objektiv bestätigt werden.
104
Mit dem Zeugen … wurden auch die von dem Analysten … der KPI-Z… zu den erfolgten und festgestellten Kommunikationsvorgängen im Rahmen der beiden Tatbegehungen erholten rückwirkender Verbindungsdaten erstellten Schaubilder in Augenschein genommen und vom Zeugen … erörtert.
105
Aus diesen eingeführten Schaubildern ergibt sich, wie der Zeuge … im Detail erläutert, insbesondere, dass im Mobiltelefon der Angeklagten … welches diese bei ihrer Festnahme am 16.03.2022 mit sich führte, die SIM-Karte mit der Nummer …, welche am 16.03.2022 gegen 11.25 Uhr bis 12.16 Uhr in … im Bereich der den Übergabeort versorgenden Funkzelle festgestellt werden konnte, eingelegt war und nachweislich an der Tat auch beteiligt war.
106
Ferner ergibt sich aus den Schaubildern, dass die weiteren Rufnummern … sowie … im Bereich der den Tatort versorgenden Funkzelle in der Zeit von 11.30 Uhr bis 12.18 Uhr vor Ort festgestellt werden konnten, was indiziell auch eine Tatbeteiligung belegte. Bei diesen Rufnummern handle es sich um die Rufnummern der Angeklagten … sowie der Mittäterin …, welche ebenfalls in der gleichen Funkzelle registriert werden konnte, wie der Zeuge … erläuterte.
107
Auch diese Feststellungen belegen letztlich in objektiver Hinsicht zur Überzeugung der Kammer die Angaben der Angeklagten und die Beteiligung weiterer Personen im Rahmen der Tatbegehung vom 16.03.2022.
108
Weiter führte er Zeuge … aus, dass auch ein Kontakt der Rufnummer … zu einer … Partnernummer … festgestellt habe werden können, was belege, dass die Angeklagte … tatsächlich die Instruktionen von einer … Rufnummer, welche nach den Ausführungen der Angeklagten … von der ihr als „D.“ bekannten Person verwendet wurde. Auch die bezeichneten Rufnummern standen in unmittelbar zeitlicher Nähe zur Tat zueinander auch teilweise in Verbindung, was auch eine Kommunikation der einzelnen Abholerinnen vor Ort belegt und damit die Angaben auch objektiv bestätigt.
109
Der Zeuge … stellte weiter klar, dass unter anderem die SIM-Karte mit der Rufnummer … im sichergestellten Mobiltelefon der Angeklagten … der Marke Alcatel Typ 1066 D, welches bei ihr im Rahmen ihrer Festnahme sichergestellt werden konnte, eingelegt gewesen sei.
110
Weiter führte der Zeuge … aus, dass die Ermittlungen ergeben hätten, dass in diesem bei der Angeklagten … sichergestellten Mobiltelefon der Marke Alcatel zu einem früheren Zeitpunkt eine andere SIM-Karte mit der Nummer … festgestellt habe werden können, wie sich aus den erholten Verbindungsdaten bzgl. der Tat aus … ergeben habe.
111
Sowohl dieses Mobiltelefon der Marke Alcatel als auch diese Rufnummer … habe sich in einem von ihm aufgrund durchgeführter Recherche in den abgeglichenen Funkzellendatenbestand bezüglich einer Tat in … vom 11.03.2022 feststellen lassen.
112
Hierbei habe diese Mobilfunknummer mit der Endung … in der den Übergabeort im Bereich des Amtsgerichts … versorgenden Funkzelle festgestellt im Tatzeitraum festgestellt werden können, was aus seiner Sicht belege, dass dieses „Arbeitstelefon“ bereits im Rahmen einer Tat, welche 5 Tage zuvor begangen worden sei, verwendet worden sei, was zur Überzeugung der Kammer auch die Angaben der Angeklagten … objektiv bestätigt.
113
Zudem hätten die Ermittlungen ergeben, dass sich am Akku bzw. am SIM-Schacht dieses bei der Angeklagten … sichergestellten Mobiltelefons die DNA der Angeklagten … befunden habe, was dadurch plausibilisiert werden könnte – wie von ihr eingeräumt – dass sie die SIM-Karte der Arbeitstelefone fortlaufend gewechselt habe. Zum Wechseln der SIM-Karte sei es bauartbedingt bei diesem Mobiltelefon erforderlich, den Akku zu entfernen und den SIM-Schacht anzufassen, so dass die Lokalisation der DNA der Angeklagten … i an diesen Stellen sehr plausibel damit erklärt werden könne, dass sie die SIM-Karte dieses Arbeitstelefons gewechselt habe und somit auch ein Bezug bzw. eine Beteiligung der Angeklagten … zu dieser Tat am 11.03.2022 in … hergestellt werden konnte, wie von ihr auch eingeräumt worden sei.
114
Daraus ergibt sich für die Kammer, dass auch wie von der Angeklagten … eingeräumt, ihre Beteiligung an der Tat vom 11.03.2022 in … objektiv belegt werden kann, so dass das Geständnis auch insoweit plausibel und glaubhaft erscheint.
115
Das ausführliche Ergebnis der DNA-Untersuchung im Rahmen der Begutachtung durch das Institut für Blutgruppenforschung im Rahmen des Gutachtens vom 01.06.2022 sowie im Rahmen des Ergänzungsgutachtens vom 12.08.2022 wurden in die Hauptverhandlung eingeführt.
116
Damit konnte wie von der Angeklagten … im Rahmen ihrer Beschuldigtenvernehmung vom 03.11.2022 erstmals und umfassend dargelegt, auch objektiv belegt werden, dass sie sowohl bei der Tat am 16.03.2022 sowie am 11.03.2022 beteiligt war. Ferner konnte objektiv belegt werden, dass vor Ort mehrere Personen, die Abholerinnen, waren, welche für die Abholung der Tatbeute sich vor Ort aufhielten. Ferner konnte bestätigt und belegt werden, dass Verbindungen, wie der Zeuge … auch im Detail ausführte, zu … Partnernummern im tatzeitrelevanten Kontext stattfanden, woraus belegt werden kann, dass die Angeklagten in Kontakt zu Hinterleuten, von welchen sie – wie von ihnen eingeräumt – Anweisungen zur konkreten Tatausführung erlangt haben, standen.
117
Ferner konnte durch den eingeführten Inhalt (Bl. 321 d.A.) einer von den Angeklagten unter der Rufnummer … erhaltenen Kurznachricht belegt werden, dass sie die konkrete Anweisung in … zur … zu fahren, am 16.03.2022 um 11.44 Uhr von der … Partnerrufnummer … erhalten haben, wie auch der Zeuge … ergänzend erläuterte. Der Zeuge … führte zudem aus, dass diese Nachricht in der Sprache der … verfasst sei und durch einen Übersetzer ins Deutsche auf seine Veranlassung hin übersetzt worden sei. Damit wird auch die Aussage der Angeklagten … indiziell bestätigt, dass die Anweisungen von der Person namens „Duschi“ kam, welcher ebenfalls Angehöriger der Minderheit der … sei.
118
Der konkrete modus operandi, wie er aufgrund einer Vielzahl gleichgelagerter polizeilicher Ermittlungen bereits umfangreich auf Seiten der Ermittlungsbehörden bekannt wurde, wurde vom polizeilichen Sachbearbeiter … unter Bezugnahme auf die Angaben der Angeklagten … im konkreten Fall in ihrer Beschuidigtenvernehmung erläutert. Insbesondere das Funktionsprinzip dieser Gruppierung und die Aufgabenzuweisungen der Keller bzw. der Logistiker und der Abholer wurde vom Zeugen … erläutert.
119
Der Zeuge … stellte weiter klar, dass es sich bei der Person namens „D.“ ganz offensichtlich um einen Logistiker handele, welcher die Koordination der Abholer vor Ort und den Informationsfluss von und zu den Kellern wahrgenommen habe. Wie die Angeklagte … auch einräumte, hätte die Tatbeute abzüglich ihres Anteils an „D.“ übergeben werden sollen, womit seine Rolle als „Logistiker“ im Sinne des bekannten modus operandi erneut bestätigt worden sei, so der Zeuge ….
120
Für die Kammer verblieben im Ergebnis damit keinerlei vernünftige Zweifel, an der Glaubhaftigkeit der beiden Geständnisse des Angeklagten zu zweifeln.
IV.
(Rechtliche Würdigung)
1. Strafbarkeit der Angeklagten
121
Die Angeklagte … hat sich aufgrund des unter Ziffer II. festgestellten Sachverhalts im Hinblick auf die Taten vom 11.03.2022 und vom 16.03.2022 der Beihilfe zum versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetrug in 2 Fällen gem. §§ 263 Abs. 1, Abs. 5, 22, 27 StGB strafbar gemacht.
122
Die Angeklagte … sich aufgrund des unter Ziffer II. im Hinblick auf die Tat vom 16.03.2022 festgestellten Sachverhalts der Beihilfe zum versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetrug in 2 Fällen gem. §§ 263 Abs. 1, Abs. 5, 22, 27 StGB strafbar gemacht.
123
a) Der Tatbestand eines versuchten Betruges gem. §§ 263 Abs. 1, 22 StGB (Haupttat) wurde durch die unbekannt gebliebenen Haupttäter in den genannten Fällen jeweils verwirklicht.
124
Die jeweiligen, unbekannt gebliebenen männlichen und weiblichen Anrufer (sog. „Keller“) dieser Tätergruppierung haben in den oben genannten Fällen durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen, insbesondere Polizeibeamter oder Richter oder Staatsanwalt zu sein und in dieser Eigenschaft aufzutreten und Kaution für bekannte Personen zu fordern, bei den jeweiligen Geschädigten auf der Grundlage ihres Tatentschlusses eine positive Fehlvorstellung bewusst herbeigeführt, welche die Geschädigten in den o.g. Fällen in ihrer Vorstellung dazu veranlasst haben, Goldbarren aus ihrem Bankschließfach zu holen bzw. Wertgegenstände aus ihrer Wohnung zu holen und so getäuscht an die „Abholerinnen“ zu übergeben.
125
Dadurch sollte es auf der Grundlage ihres Tatentschiusses dann bei den Geschädigten zu einem entsprechenden Vermögensschaden kommen, welcher spiegelbildlich bei der Tätergruppierung zu einem unmittelbaren Vermögensvorteil geführt hätte.
126
Sämtliche an der Tat beteiligte Personen handelten auch, um sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, mithin mit Bereicherungsabsicht.
127
Bei der Tat vom 11.03.2022 in … war es letztlich lediglich dem Zufall zu verdanken, dass die Tat nicht zur Vollendung gelangte und die Goldbarren im Wert von ca. 250.000 € übergeben wurden, so dass die Tat deshalb im Versuchsstadium verblieben ist.
128
Bzgl. der Tat vom 16.03.2022 in … hat der Geschädigte die Täuschung erkannt, sich aber polizeilich instruiert auf die weiteren Handlungen der unbekannten Haupttäter eingelassen, so dass diese Tat deshalb nicht zur Vollendung gelangte konnte und im Versuchsstadium verblieb.
129
Von einem unmittelbaren Ansetzen konnte bei beiden Taten unproblematisch jeweils ausgegangen werden.
130
b) Die beiden (versuchten) Betrugsfälle wurden auch bandenmäßig und gewerbsmäßig gem. § 263 Abs. 5 StGB begangen.
131
Der Begriff der Bande setzt nach der Definition der höchstrichterlichen Rechtsprechung einen Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Delikttyps zu begehen, wobei „ein gefestigter Bandenwille“ oder ein „Tätigwerden in einem übergeordnetem Bandeninteresse“ nicht erforderlich ist, vgl. BGH, Beschluss vom 22.03.2001, Az. GSSt 1/00.
132
Für die Annahme einer Bandenabrede ist es nicht erforderlich, dass sich sämtliche Mitglieder einer bandenmäßigen organisierten Gruppe persönlich verabredet haben und sich untereinander kennen, es reicht, wenn nur jeder den Willen hat, sich zur künftigen Begehung von Straftaten mit mindestens zwei anderen zu verbinden, vgl. BGH, Urteil vom 16.06.2005, Az. 3 StR 492/04. Bandenmitglied kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch derjenige sein, welcher von vornherein und stets nur als Gehilfe mitwirken will bzw., dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.2002, Az. 4 StR 499/01.
133
So liegt es zur Überzeugung der Kammer hier. Die Angeklagten … und … haben sich jedenfalls, durch ihre geäußerte Bereitschaft als Abholerinnen für diese Gruppierung für eine gewisse Dauer tätig zu sein, im Rahmen einer konkludenten Bandenabrede dieser Organisation angeschlossen, wenngleich von vornherein klar war, dass sie nur untergeordnete Handlungen wie Abholungen durchführen sollten, was letztlich als Gehilfentätigkeit zu qualifizieren ist.
134
Beiden Angeklagten war, wie sie auf Frage des Gerichts ausdrücklich einräumten, bewusst, dass sie, ihnen im Wesentlichen unbekannten Leuten bei deren Polizeitrickbetrugsfällen, deren Ablauf sie auch aus den Nachrichten und Medien kannten, helfen bzw. unterstützen würden, indem sie für sie die Tatbeute abholen würden. Ihnen war auch bewusst, wie sie ebenfalls einräumten, dass dabei mehrere Personen als Anrufer (Keller) und Organisatoren (Logistiker), mit ihnen – jedoch jedenfalls mindestens drei Personen – zusammenwirken würden. Wie ausgeführt, war es dabei für die Annahme einer Bandenabrede aus rechtlichen Gründen irrelevant, dass die beiden Angeklagten die Identität der weiteren tatbeteiligten Personen, insbesondere die der Keller nicht kannten.
135
Das Tätigwerden als Abholerinnen für diese Gruppierung war zur Überzeugung der Kammer sowohl bei der Angeklagte … als auch bei der Angeklagten … auf eine Vielzahl im einzelnen noch nicht näher konkretisierter Fälle des Polizeitrickbetruges, bei welchem sie jeweils als Abholerinnen tätig werden sollten, angelegt.
136
Die Kammer hat hierbei indes nicht verkannt, dass es bislang bzw. bis zur Festnahme – jedenfalls nachweisbar – nur zu einem bzw. zu zwei Fällen gekommen ist, im Rahmen der die Angeklagte bzw. die Angeklagten als Abholerinnen tätig wurden. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die jeweilige Beteiligung der Angeklagten auf mehrere Fälle angelegt war, was sich zum einen aus der Vielzahl der übergebenen Mobiltelefone und SIM-Karten indiziell für die Kammer ergibt. Soweit nur ein oder zwei Fälle von vornherein beabsichtigt gewesen wären, wären nicht mehrere Mobiltelefone bzw. SIM-Karten notwendig gewesen, zumal die Abholerinnen ja jeweils nur zu Dritt und gemeinsam unterwegs waren. Auch wurde für die Akquise von gleich drei Personen durch die Täterseite gesorgt und für die Vorbereitung der Taten ein weiterer erheblicher Aufwand (Anmietung eines Fahrzeugs und Hotelübernachtungen für drei Personen) mit der Zahlung eines Spesenvorschusses in Höhe von 1.500 € betrieben, was bei lediglich anvisierter einzelner Tat oder weniger Taten keinen greifbaren Sinn ergeben hätte. Zum anderen war zu sehen, dass kein Grund ersichtlich ist, wieso die Angeklagten, wenn die Fälle erfolgreich zu Ende gebracht worden wären und sie ihren Anteil an der Tatbeute in Höhe von 6 Prozent erlangt hätten, sie diese lukrative Tätigkeit hätten beenden und einstellen sollen, zumal beide Angeklagte ja über sehr angespannte Einkommensverhältnisse und Schulden verfügten.
137
Die Kammer hat dabei nicht verkannt, dass jedenfalls dieses Mietfahrzeug ausweislich des eingeführten Mietvertrages lediglich bis zum 16.03.2022 angemietet wurde. Daraus kann zur Überzeugung der Kammer indes nicht gefolgert werden, dass die Angeklagten keine weiteren Taten mehr im Blick hatten und die Tatbegehung nur auf eine sehr begrenzte Anzahl an Fällen ausgelegt war, da sie unproblematisch auch auf andere Weise, wie etwa durch erneute Anmietung eines Fahrzeugs oder Verlängerung des bestehenden Mietvertrages oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den jeweiligen Tat- bzw. Übergabeorten hätten kommen können, zumal sie dann ja auch Einnahmen erlangt hätten.
138
Beide Angeklagte handelt zur Überzeugung der Kammer jeweils auch gewerbsmäßig.
139
Sie wollten sich durch die in Aussicht gestellte Tatbeteiligung von 6 % an der jeweiligen Tatbeute zur Überzeugung der Kammer eine jedenfalls vorübergehende Einnahmequelle von einigem Gewicht verschaffen. Die Angeklagte … führte auf Frage des Gerichts hierzu aus, dass sie bzgl. des Falles in … zwar nicht gewusst habe, dass Goldbarren im Wert von ca. 250.000 € übergeben werden sollten. Sie sei aber schon von einem jedenfalls fünfstelligen Betrag bzw. Wert ausgegangen. Damit hätten die Angeklagten pro Fall neben den Spesen noch mindestens 600 € (unterstellt bei geringstem fünfstelligen Betrag in Höhe von 10.000 €), bei realistischer Betrachtung indes mehr, als Beuteanteil erhalten sollen, was angesichts ihrer sonstigen finanziellen Verhältnisse durchaus eine spürbare weitere Einnahmequelle dargestellt hätte.
140
Beide Angeklagte wussten, dass sie sich als sog. Abholerinnen in die „Gefahrenzone“ begeben und grundsätzlich Gefahr laufen, von der Polizei, da sie an der vordersten Front der Gruppierung tätig werden, ergriffen zu werden. Den Umstand, dass beide Angeklagten dieses Risiko bewusst eingingen, wertet die Kammer zudem als Indiz dafür, dass sie sich nicht unerhebliche Einnahmen aus den Taten für sich selbst versprachen. Zudem nahmen die Angeklagten auch einen erheblichen Aufwand auf sich, indem sie mittels eines eigens angemieteten Fahrzeug im ganzen Bundesgebiet mehrere Tage hinweg unterwegs waren. Auch dieser Umstand spricht zur Überzeugung der Kammer dafür, dass sie sich eine fortlaufende Einnahmequelle aus den avisierten Taten erhofften.
141
Die besonderen persönlichen Merkmale der Gewerbsmäßigkeit und der Bandenmitgliedschaft erfüllen zur Überzeugung der Kammer beide Angeklagten, wie dargestellt, auch in eigener Person. Dem steht nicht entgegen, dass sie beide lediglich Gehilfinnen sind. Da Bandenmitgliedschaft keine Form der Täterschaft ist, kann eine Bande daher aus Tätern und Teilnehmern bestehen. Daher kann auch Bandenmitglied sein, wem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen, vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.2002, Az. 4 StR 499/2001.
142
c) Die Tathandlungen der beiden Angeklagten sind objektiv jeweils als Beihilfehandlungen im Sinne des § 27 StGB zu bewerten, weil durch ihr Handeln die Haupttaten gefördert und erleichtert wurden.
143
Subjektiv genügen die nachweisbaren und von den Angeklagten eingeräumten Erkenntnisse zu den Haupttaten den (doppelten) Vorsatzanforderungen. Insoweit ist zunächst in den Blick zu nehmen, dass beim Gehilfen diesbezüglich keine hohen Anforderungen zu stellen sind. Es genügt, wenn er die wesentlichen Merkmale und Grundzüge der Tat kennt. Die Einzelheiten der jeweiligen Tat, insbesondere Ort, Zeit, Geschädigte und Umstände der jeweiligen Tatausführung müssen nicht bekannt sein, vgl. BGH, Urteil vom 12.05.1966, Az. 4 StR 153/66; BGH, Urteil vom 29.11.2006, Az. 2 StR 301/06.
144
Den Angeklagten … und … war zur Überzeugung der Kammer jeweils auch bewusst, dass sie durch ihr Handeln die Betrugstaten der Haupttäter fördern würden, indem sie sich für diese in die „Gefahrenzone“ begeben und für sie die Tatbeute von den Geschädigten abholen würden und an sie – unter Abzug des eigenen Anteils – weitergeben würden.
145
Wie beide Angeklagten einräumten, wussten sie jedenfalls, dass es um eine Art von Polizeitrickbetrug jeweils ging, wobei Ihnen die Einzelheiten, insbesondere die von den Anrufern (Kellern) erzählten Geschichten, freilich und nachvollziehbar im einzelnen nicht bekannt waren.
146
Die Angeklagten … und … sollten als Abholerinnen nur in sehr untergeordneter Weise an den Taterträgen beteiligt werden. Zwar waren sie vor Ort, hatten aber keinerlei eigene Tatherrschaft inne. Die Angeklagten waren nicht befähigt und befugt, eigene Entscheidungen zu treffen. Sämtliche Entscheidungen bzw. Handlungen wurden ihnen von den Haupttätern vorgegeben, so dass im Rahmen einer Gesamtschau die Kammer davon überzeugt war, dass die Angeklagten durch ihr Mandeln lediglich andere Taten fördern wollten und keinen eigenen mit Täterwillen begangen haben.
2. Schuldfähigkeit der Angeklagten
147
Beide Angeklagten handelten zur Überzeugung der Kammer auch voll schuldfähig.
148
Ansätze oder Umstände, welche für das Vorliegen eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB bei den Angeklagten sprechen könnten, haben sich weder im Rahmen der Ermittlungen noch im Rahmen der Hauptverhandlung ergeben.
149
Die Angeklagte … führte zwar aus, dass sie gelegentlich, je nach Verfügbarkeit und nach ihren finanziellen Verhältnissen, phasenweise Marihuana konsumiert habe. Ein konkreter Zusammenhang der Tatbegehung mit einem Marihuanakonsum der Angeklagten … insbesondere dass dadurch auch ihre Einsichts- und/oder Schuldfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen sein könnte, hat sich zum einen für die Kammer nicht ergeben, noch wurde dies von der Angeklagten … geäußert. Die Angeklagte … hat zwar angegeben, von einem Teil des Spesenvorschusses auch Marihuana erworben zu haben, welches sie sogleich nach der Übergabe des Vorschusses arn 08.03.2022 verkonsumiert habe. Eine Auswirkung auf die Begehung der Taten am 11.03.2022 und am 16.03.2022 konnte indes dabei durch die Kammer nicht festgestellt werden.
V.
(Strafausspruch)
1. Angeklagte …
a) Strafrahmenbestimmung
150
§ 263 Abs. 5, 1. Alternative StGB, welchem der Strafrahmen bezüglich der unter Ziffer II. aufgeführten Tat der Angeklagten S. vom 16.03.2022 zu entnehmen ist, sieht im Regelstrafrahmen grundsätzlich eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 10 Jahren vor.
b) Strafrahmenverschiebung
151
§ 263 Abs. 5, 2. Alternative StGB sieht für minder schwere Fälle des gewerbsmäßigen Bandenbetruges eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren vor.
152
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen. Dabei sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichviel ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen.
153
Die Kammer ist zunächst aufgrund einer Gesamtwürdigung aller allgemeinen strafzumessungsrelevanten Umstände – ohne Verwertung gegebener vertypter Milderungsgründe – zu der Überzeugung gelangt, dass die Annahme eines minder schweren Falles bei der Angeklagten … nicht in Betracht kam, da hierbei ein beträchtliches Überwiegen entlastender Umstände zunächst für die Kammer nicht erkennbar war.
154
Dabei hat die Kammer insbesondere zu Gunsten der Angeklagten … gewürdigt, dass diese sowohl im Ermittlungsverfahren als auch in der Hauptverhandlung sich umfassend geständig zeigte und deshalb auch auf Schuldeinsicht und Reue geschlossen werden konnte. Ferner war zu Gunsten der Angeklagten … zu sehen, dass sie bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, sozial eingeordnet lebte und sich auch um ihre kranke Mutter kümmerte. Zudem war zu würdigen, dass es sich bei der Tat, an welcher die Angeklagte … beteiligt war, um eine Tat handelte, bei welcher keine objektive Vermögensgefährdung vorlag und ein Vermögensschaden aufgrund des Umstandes der polizeilichen Überwachung bzw. der polizeilichen Kontrolle der Abholung, letztlich auch gar nicht eintreten konnte.
155
Andererseits war insbesondere zu Lasten der Angeklagte … zu sehen, dass es sich bei der vorliegenden Tat um eine Tat handelte, bei welcher ein erheblicher Geldbetrag zur Übergabe gelangen sollte. Die Kammer hat hierbei nicht verkannt, dass die Angeklagte … wie auch die Angeklagte … die konkrete Höhe des zu übergebenden Betrages der Wertgegenstände (20.000 € bzw. 38.000 €) nicht kannte. Gleichwohl ging die Angeklagte …, wie sie auch in der Hauptverhandlung selbst einräumte, davon aus, dass ein größerer Geldbetrag im fünfstelligen Bereich übergeben werden sollte. Dies stellt damit jedenfalls ein erhebliches Handlungsunrecht dar, da eine erhebliche Beute auch von der Angeklagte … avisiert wurde. Auch war in den Blick zu nehmen, wie auch die Angeklagte … mitbekam, dass seitens der Tätergruppierung, der auch sie als Abholerin zur Überzeugung der Kammer mit angehörte, eine erhebliche kriminelle Energie gezeigt wurde und sie dabei im Rahmen ihrer Tatbegehung auch mitwirkte. So wurden seitens dieser Tätergruppierung mehrere Mobiltelefone und SIM-Karten zum Einsatz gebracht, was darauf gerichtet war, eine Verschleierung der Tat zu gerieren bzw. eine Aufdeckung der Tat zu verhindern. Wie der Sachbearbeiter … in der Hauptverhandlung darstellte, handelte es sich dabei ganz überwiegend um SIM-Karten, welche auf tatsächlich nicht existente Personen ausgegeben wurden. Auch gingen die Täter derart vor, dass erst unmittelbar vor der geplanten Abholung die Einzelheiten zum Abholungsort bzw. zu den Modalitäten der Abholung mittels Telekommunikationsmittel an die Abholerinnen mitgeteilt wurden. Zudem wurde die konkrete Abholerin auch erst unmittelbar vor Tatbegehung durch die Tätergruppierung ausgewählt, was in der Summe ein äußerst professionelles Vorgehen dieser Tätergruppe darstellt, wozu auch die Angeklagte … – wie sie wusste – ihren Tatbeitrag als Teilnehmerin leistete.
156
Vor dem Hintergrund insbesondere dieser Erwägungen konnte die Kammer ein Überwiegen entlastender Umstände zunächst nicht feststellen, so dass die Annahme des Ausnahmestrafrahmens zunächst nicht in Betracht kam.
157
Die Kammer hat sodann geprüft, ob unter Verwertung des obligatorischen vertypten Milderungsgrundes der §§ 27, 49 StGB die Annahme eines minder schweren Falles nach § 263 Abs. 5, 2. Alt. StGB in Betracht kam.
158
Im Rahmen der nunmehr erneut angestellten Gesamtabwägung, in welche die Kammer die bereits zuvor dargestellten Erwägungen einfließen hat lassen, hat die Kammer insbesondere auch hier erneut in den Blick genommen, dass die Tätergruppierung im vorliegenden Fall – wie auch der Angeklagten … bewusst war – äußerst professionell agierte und sogar auch in Vorleistung gegenüber den Abholerinnen gegangen ist, in dem ihnen ein Spesenentgelt in Höhe von 1.500 € vorab ausbezahlt wurde. Ferner war zu sehen, dass der Tatbeitrag als solcher der Angeklagten … nicht im untersten Bereich anzusetzen war, da auch die erfolgreich durchgeführte Abholung der Tatbeute ein bzw. mit der wichtigste Bestandteil des Erfolgs der Tat darstellte, an dem die Angeklagte … wesentlich mit beteiligt war, wenngleich – was die Kammer nicht verkannte – sie keine eigene Tatherrschaft inne hatte.
159
Vor diesem Hintergrund konnte die Kammer daher auch unter Berücksichtigung dieses vertypten Milderungsgrundes der Beihilfe kein deutliches Überwiegen entlastender Umstände erkennen.
160
Die Kammer hat sodann weiter geprüft, ob auch weiter unter Einbeziehung des weiteren fakultativen Strafmilderungsgrundes der Versuchsmilderung gem. §§ 22, 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB die Annahme eines minder schweren Falles nunmehr angezeigt war.
161
Die Kammer konnte nunmehr im Rahmen der angestellten Gesamtabwägung unter Einbeziehung auch dieses vertypten Milderungsgrundes, welchen die Kammer im Rahmen ihres zustehenden Ermessens bezüglich dieser Tat auch bejahte, ein deutliches Überwiegen entlastender Umstände nunmehr feststellen, so dass die Annahme des minder schweren Falles gem. § 263 Abs. 5, 2. Alternative StGB bei der Angeklagte … nun angezeigt war.
162
Die Kammer erachtete es vorliegend angesichts des Umstandes, dass objektiv keinerlei Vermögensgefährdung gegeben war und auch aufgrund der polizeilichen Kontrolle und Überwachung der Abholung der vermeintlichen Tatbeute, wobei es sich nicht um echtes Geld, sondern um Eierschachteln, handelte, somit zu keinem Zeitpunkt ein Vermögensschaden möglich erschien, für veranlasst, diesen fakultativen Strafmilderungsgrund der Versuchsmilderung auch zur Anwendung zu bringen.
163
Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen war die Strafe bezüglich der Angeklagten … damit dem Ausnahmestrafrahmen des § 263 Abs. 5, 2. Alternative StGB zu entnehmen.
164
Die Kammer hatte dabei auch in den Blick genommen, dass auch eine zweifache Milderung (Versuch, Beihilfe) des Regelstrafrahmens des § 263 Abs. 5, 1. Alternative StGB möglich gewesen wäre. Die Kammer erachtete vorliegend indes die Annahme des Strafrahmens des minder schweren Falles für angezeigt, da dieser die für die Angeklagte … günstigere Strafobergrenze von 5 Jahren aufweist, so dass die Kammer zu Gunsten der Angeklagten … letztlich von diesem Strafrahmen ausgegangen ist.
165
Bei der Festsetzung der angemessenen Strafe hat sich die Kammer bestimmend von den bei der Strafrahmenfindung bereits dargestellten Umständen zu Gunsten und zu Lasten der Angeklagten … leiten lassen.
166
Nach Abwägung aller für und gegen die Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte hielt die Kammer eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren für tat- und schuldangemessen.
c) Strafaussetzung zur Bewährung
167
Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe konnte zur Überzeugung der Kammer zur Bewährung nach § 56 StGB ausgesetzt werden.
168
Vorliegend gebietet die Verteidigung der Rechtsordnung nicht die Vollstreckung der ausgesprochenen Strafe, § 56 Abs. 3 StGB.
169
Das Gebot der Verteidigung der Rechtsordnung steht der Aussetzung von Strafen ab 6 Monaten entgegen, wenn eine Aussetzung der Vollstreckung im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalles für das allgemeine Rechtsempfinden schlechthin unverständlich erscheinen würde und das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts und den Schutz der Rechtsordnung vor kriminellen Angriffen erschüttern könnte, vgl. BGH, Urteil vom 08.12.1970 Az.: 1 StR 353/70.
170
Hier war insbesondere in den Blick zu nehmen, dass die Angeklagte … sich in der Zeit vom 17.03.2022 bis 30.08.2022 in Untersuchungshaft befand, was auf die bislang noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getretene Angeklagte … zur Überzeugung der Kammer einen gewichtigen Eindruck und eine starke Abschreckungswirkung bzgl. der Begehung (etwaiger) weiterer Straftaten darstellte. Zudem war zu sehen, dass die Angeklagte sich auch bereits im Ermittlungsverfahren geständig zeigte und auch in der Hauptverhandlung das Tatgeschehen unumwunden einräumte und damit auch auf Schuldeinsicht und Reue geschlossen werden konnte. Vor dem Hintergrund dieser Umstände stand das Gebot der Verteidigung der Rechtsordnung der Strafaussetzung zur Bewährung folglich nicht entgegen.
171
Vorliegend konnte die Vollstreckung der Freiheitsstrafe, welche ein Jahr übersteigt, nach § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB aufgrund des Vorliegens von besonderen Umständen in der Tat und der Täterpersönlichkeit auch zur Bewährung ausgesetzt werden.
172
Auch hier war erneut zu würdigen, dass die Angeklagte einen für sie sicherlich starken und verbleibenden Hafteindruck erlangte. Die Angeklagte … ist bislang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten. Im Rahmen der Tatbegehung ist vorliegend auch keinerlei Vermögensschaden und auch keine Vermögensgefährdung eingetreten, so dass sich jedenfalls ein Erfolgsunrecht im Rahmen der Tatbegehung nicht realisieren konnte. Vor dem Hintergrund auch dieser Erwägungen konnte die Kammer folglich vorliegend besondere Umstände feststellen, so dass eine Strafaussetzung zur Bewährung möglich erschien.
173
Schließlich konnte der Angeklagten … auch eine günstige Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden.
174
Auch hier war zu sehen, dass die Angeklagte strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, sich in Untersuchungshaft im vorliegenden Verfahrens befand und bis zuletzt auch sozial eingeordnet lebte und sich um ihre kranke Mutter kümmerte. Zudem waren hier die Bemühungen der Angeklagten … in den Blick zu nehmen, im Rahmen des zweiten Bildungsweges nunmehr einen Schulabschluss zu erreichen, so dass eine daran anschließende Ausbildung im Bereich des Möglichen erscheint. Die Angeklagte zeigte sich auch reuig und schuldeinsichtig, so dass im Ergebnis von einer günstigen Sozialprognose ausgegangen werden konnte.
2. Angeklagte …
a) Strafrahmenbestimmung
175
Auch bei der Angeklagten … war zunächst vom Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 5, 1. Alternative StGB bei beiden verurteilten Fällen auszugehen.
b) Strafrahmenverschiebung
176
Die Kammer hat auch bei der Angeklagten … zunächst geprüft, ob ein minder schwerer Fall nach § 263 Abs. 5, 2. Alternative StGB – zunächst ohne die Verwertung vertypter Schuldmilderungsgründe – bei einem oder bei beiden Fällen in Betracht kam.
177
Im Rahmen der auch hierbei angestellten Gesamtwürdigung hat die Kammer insbesondere zu Gunsten der Angeklagten … in den Blick genommen, dass auch sie bereits im Ermittlungsverfahren und im Hauptverfahren sich umfassend geständig zeigte, so dass auch bei ihr auf Reue und Schuldeinsicht geschlossen werden konnte. Ferner war bei ihr zu sehen, dass jedenfalls im Hinblick auf die Tat in … eine objektive Vermögensgefährdung aufgrund polizeilicher Kontrolle und Überwachung der Abholung bereits nicht vorlag. Auch die Angeklagte … lebte sozial eingeordnet und ging jedenfalls einer Teilzeitbeschäftigung nach.
178
Andererseits war insbesondere zu Lasten der Angeklagten … im Rahmen der Gesamtabwägung zu sehen, dass diese bereits vielfach, auch einschlägig, vorbestraft ist und zuletzt auch einen Hafteindruck erlangte. Die Angeklagte … wurde erst im November … aus der Strafhaft entlassen und ist mit erschreckend hoher Rückfallgeschwindigkeit erneut strafrechtlich in Erscheinung getreten.
179
Entsprechend den Ausführungen bei der Angeklagten … war auch der Angeklagte … das professionelle Tathandeln der Haupttäter, zu deren Tat sie auch Hilfe leistete, zuzurechnen. Zudem war in den Blick zu nehmen, dass die Angeklagte … welche bereits vorab 1.500 € an Spesen erhielt, sich um das Tatfahrzeug, welches im Rahmen der Begehung der beiden Taten zum Einsatz gelangte, kümmerte und dieses unter Beteiligung ihrer Mutter organisierte. Schließlich war auch bei der Angeklagten … zu sehen, dass bei beiden Taten – wie sie auch einräumte und wie sie wusste – erhebliche Vermögenssummen in jedenfalls fünfstelliger Höhe erlangt werden sollten, so dass im Rahmen der Tatbegehung jeweils auch ein erhebliches Handlungsunrecht zutage getreten ist, was auch ihr mit zuzurechnen ist. Im vorliegenden Fall hat die Kammer nicht verkannt, dass der Angeklagten … die Kenntnis nicht sicher nachgewiesen werden konnte, dass im Rahmen der Tatbegehung in … es auch zur Übergabe von Goldbarren im Wert von ca. 250.000 € kommen sollte.
180
Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen konnte die Kammer zunächst ein deutliches Überwiegen entlastender Umstände ohne die Berücksichtigung vertypter Milderungsgründe nicht feststellen.
181
Die Kammer hat sodann bei beiden Taten jeweils im Rahmen einer erneut angestellten Gesamtwürdigung geprüft, ob unter Verwertung des obligatorischen vertypten Strafmilderungsgrundes der Beihilfe gem. §§ 27, 49 Abs. 1 StGB die Annahme von minder schweren Fällen möglich und angezeigt erschien.
182
Auch hier konnte die Kammer im Rahmen der angestellten Gesamtwürdigung zunächst ein deutliches Überwiegen entlastender Umstände nicht feststellen. Hier war insbesondere erneut in den Blick zu nehmen, dass die Angeklagte, … bereits umfangreich vorgeahndet ist und sich auch bereits in Strafhaft befand und damit einen Hafteindruck erlangte. Auch war zu würdigen, dass der Tatbeitrag der Angeklagten … welche auch das Tatfahrzeug organisierte und die Abholung der weiteren Abhoierinnen von … bzw. … i insbesondere die Angeklagte … mitkoordinierte, nicht im unteren Bereich möglicher und denkbarer Beihilfehandlungen anzusetzen war, so dass letztlich ein minder schwerer Fall nicht möglich war.
183
Die Kammer verkannte dabei nicht, dass für die Annahme eines minder schweren Falles nicht das Vorliegen ganz außergewöhnlicher Milderungsgründe erforderlich ist, vgl. BGH, Beschluss vom 19.02.2015, Az: 2 StR 343/14.
184
Die Kammer hat sodann geprüft, ob im Hinblick auf die Taten in … und in … unter Berücksichtigung und Verwertung der jeweils möglichen Versuchsmilderung die Annahme eines minder schweren Falles nach § 263 Abs. 5, 2. Alt. StGB möglich erschien.
185
Die Kammer hat bei der Angeklagten … lediglich im Hinblick auf die Tat in …, unter entsprechender Bezugnahme auf die Ausführungen bei der Angeklagten …, die Versuchsmilderung bejaht. Bei der Tat in … anders als bei der Tat in …, ist eine objektive Vermögensgefährdung aufgrund polizeilicher Kontrolle und Überwachung bereits nicht eingetreten. Vor diesem Hintergrund war eine Strafmilderung auch bei der Angeklagten … bezüglich der Tat in … zur Überzeugung der kammer angezeigt.
186
Im Hinblick auf die Tat in … war zu sehen, dass es letztlich nur dem Zufall zu verdanken war, dass es nicht zur Übergabe der Goldbarren im Wert von ca. 250.000 € gekommen ist, worauf weder die Angeklagte … noch die anderen Mitglieder der Tätergruppierung Einfluss hatten. Vor diesem Hintergrund war hier die fakultative Versuchsmilderung zu Gunsten der Angeklagten … nicht anzunehmen.
187
Folglich konnte im Rahmen der Gesamtabwägung, ob ein minder schwerer Fall nach § 263 Abs. 5, 2. Alt. StGB bei der Angeklagten … in Betracht kam, lediglich bei der Tat vom 16.03.2022 in … die Versuchsmilderung bei der Gesamtabwägung miteinbezogen werden.
188
Hier war in den Blick zu nehmen, dass die Angeklagte – wie bereits ausgeführt – bereits umfangreich in Erscheinung getreten ist und sich auch in Haft befand. Es wurden auch im Rahmen der Tatbegehung in … eine erhebliche, jedenfalls fünfstellige Summe, wovon auch die Angeklagte … ausging, durch die Tätergruppierung avisiert. Die Angeklagte … sollte hiervon zusammen mit den weiteren Abholerinnen einen nicht unerheblichen Anteil an der Tatbeute, jedenfalls 6 %, erlangen, so dass auch unter Berücksichtigung dieser weiteren Erwägungen die Annahme eines minder schweren Falles bzgl. der Tat in … zunächst noch nicht möglich erschien.
189
Die Kammer hat sodann weiter geprüft, ob bezüglich der beiden Fälle in …. und … unter weiterer Berücksichtigung des vertypten fakultativen Milderungsgrundes der Aufklärungshilfe nach § 46 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB, welchen die Kammer zu Gunsten der Angeklagten … angenommen hat, die Annahme des Ausnahmestrafrahmens des § 263 Abs. 5, 2. Alternative StGB nunmehr angezeigt erschien.
190
Der Sachbearbeiter … legte in der Hauptverhandlung dar, dass die über ihren eigenen Tatbeitrag hinausgehenden Angaben der Angeklagten … im Rahmen ihrer Beschuldigtenvernehmung vom 03.11.2022, welche von ihm geführt worden sei, bzgl. der weiteren beteiligten Personen namens … und … sowie … auch zu gewinnbringenden weiteren Ermittlungsansätzen geführt hätten, welche eine Verfolgung dieser Personen begünstigt hätten, ohne dass er an dieser Stelle aus ermittlungstaktischen Gründen nähere Angaben machen wollte.
191
Unter Berücksichtigung dieses weiteren vertypten Milderungsgrundes war schließlich die Annahme eines minder schweren Falles bezüglich beider Fälle in … und in … bei der Angeklagten … zur Überzeugung der Kammer angezeigt, da nunmehr ein deutliches Überwiegen entlastender Umstände durch die Kammer jeweils festgestellt werden konnte.
192
Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen erachtete die Kammer daher auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine Aufklärungshilfe in Fällen bandenmäßiger Begehung der vorliegenden Art mit einer Vielzahl an beteiligten Personen und der örtlichen Ausdehnung der Tat es von hoher und besonders gewinnbringender Bedeutung für die Strafverfolgungsbehörden ist, es für angezeigt, diesen fakultativen, vertypten Strafmilderungsgrundes im Rahmen des der Kammer zustehenden Ermessens zur Anwendung zu bringen. Unter Verwertung auch dieser weiteren strafmildernden Aspekte konnte schließlich unter Berücksichtigung der bereits auch zuvor dargestellten Erwägungen ein deutliches Überwiegen entlastender Umstände durch die Kammer bei der Angeklagten … bei beiden Fällen festgestellt werden, so dass im Ergebnis bezüglich beider Fälle bei der Angeklagten … von minder schweren Fällen gem. § 263 Abs. 5, 2. Alternative StGB auszugehen war.
193
Auch bei der Angeklagten … hatte die Kammer im Blick, dass alternativ zum angenommenen minder schweren Fall auch Strafrahmenverschiebungen nach § 49 StGB, wie zuvor aufgezeigt wurde, möglich gewesen wären.
194
Die Kammer ist dabei zugunsten der Angeklagten …. jedenfalls in Bezug auf die Tat vom 11.03.2022 in …, bei welchem zwei Strafrahmenverschiebungen in Frage kamen (Beihilfe und Aufklärungshilfe) vom Strafrahmen des minder schweren Falles nach § 263 Abs. 5, 2. Alt. StGB ausgegangen, weicher eine für die Angeklagte günstigere Obergrenze von 5 Jahren vorsieht.
195
Bzgl. der Tat vom 16.03.2022 in … ist die Kammer indes vom dreifach gem. § 49 StGB gemilderten (Beihilfe, Versuch, Aufklärungshilfe Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 5, 1. Alt. StGB ausgegangen, da diese Vorgehensweise in diesem Fall den für die Angeklagte … günstigeren Strafrahmen darstellte, dessen Anwendung zur Überzeugung der Kammer vorliegend im Rahmen einer Gesamtabwägung der strafzumessungrelevanten Umstände auch angezeigt erschien.
196
Bei der Festsetzung der Einzelstrafen in den zuvor aufgezeigten und angenommen Strafrahmen hat sich die Kammer bestimmend von den bei der Strafrahmenbestimmung bereits dargestellten Umständen zu Gunsten und zu Lasten der Angeklagten … leiten lassen.
197
Nach Abwägung aller für und gegen die Angeklagte … sprechenden Strafgesichtspunkte hielt die Kammer daher folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen:
-
Tat vom 11.03.2022 in … 2 Jahre 3 Monate
-
Tat vom 16.03.2022 in …: 2 Jahre
c) Gesamtstrafenbildung
198
Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer unter Erhöhung der höchsten Einzelstrafe von 2 Jahren 3 Monaten (Einsatzstrafe gem. § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB) und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Strafe die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen darf (§ 54 Abs. 2 StGB) nach nochmaliger Abwägung aller für und gegen die Angeklagte … sprechenden Gesichtspunkte eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren gebildet.
199
Die Kammer hat hierbei insbesondere den engen zeitlichen, sachlichen und situativen Zusammenhang der Taten sowie das Geständnis der Angeklagten … berücksichtigt.
VI.
(Einziehung eines Geldbetrages)
200
Im Hinblick auf die Angeklagte … war die Einziehung eines Geldbetrages nach §§ 73, 73c StGB anzuordnen.
201
Die Angeklagte … hat von dem Logistiker namens „D.“ – wie von ihr selbst eingeräumt – einen Betrag in Höhe von 1.500 € als Spesen vorab erlangt. Insoweit war die Einziehung dieses Geldbetrages anzuordnen.
VII.
(Kosten)
202
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 StPO.