Titel:
Keine Dezemberhilfe bei Schließung erst ab 16. Dezember 2020
Normenketten:
GG Art. 3
BayVwVfG Art. 48, Art. 49a
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5
Leitsatz:
Die Verwaltungspraxis, Dezemberhilfe solchen Unternehmen nicht zu gewähren, die erst ab der Schließungsanordnung vom 13. Dezember 2020 betroffen waren, ist nicht zu beanstanden und verstößt insbesondere nicht gegen den Gleichheitssatz. (Rn. 39 – 52) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Dezemberhilfe, fehlende Antragsberechtigung (Betroffenheit), Ungleichbehandlung bei Betroffenheit erst von Schließungsanordnung vom 13. Dezember 2020 gegenüber anderen früher betroffenen Branchen (verneint), endgültige Ablehnung der begehrten Förderung, Rücknahme der Bewilligung und Rückerstattung, Verwaltungspraxis, Antragsberechtigung, Betroffenheit, Ungleichbehandlung, Schließungsanordnung, 13. Dezember
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17708
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid vom 29. März 2022 über die Rücknahme und Aufhebung des Gewährungsbescheids vom 15. April 2021, über die Ablehnung des Antrags auf Gewährung sowie über die verzinsliche Rückforderung einer begehrten Billigkeitsleistung des Bundes in Form einer außerordentlichen Wirtschaftshilfe für Dezember 2020 des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (im Folgenden „Dezemberhilfe“).
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Der Kläger betreibt in M. ein Einzelhandelsunternehmen für Haushaltsgegenstände.
3
Der Kläger beantragte am 12. April 2021 die Auszahlung der Dezemberhilfe in Form einer Billigkeitsleistung in Höhe von 36.435,60 EUR. Im Antrag gab der Kläger als Grund für die Antragstellung an: „Direkt betroffen: Der Antragsteller musste aufgrund einer staatlichen Schließungsverordnung im Dezember 2020 den Geschäftsbetrieb direkt einstellen.“ (Behördenakte Bl. 2). Dem Antrag war zudem ein Schreiben beigefügt, wonach der Kläger für den Zeitraum ab 16. Dezember 2020 habe schließen müssen und er sich hinsichtlich der Antragsberechtigung auf eine Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG berufe (Behördenakte Bl. 11). Auf die Nachfrage der Beklagten vom 16. April 2021 hin vertiefte der Kläger sein Vorbringen und bezog sich erneut auf den Beschluss vom 13. Dezember 2020 über die Schließungsanordnung vom 16. Dezember bis zum 31. Dezember 2020 und eine insofern aus seiner Sicht vorliegende ungerechtfertigte und verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den Betrieben, die aufgrund der früheren Beschlüsse den Geschäftsbetrieb einstellen mussten (Behördenakte Bl. 36).
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Mit Bescheid vom 15. April 2021 erhielt der Kläger zunächst eine Förderleistung in Höhe von 18.217,80 EUR unter dem Vorbehalt der abschließenden Prüfung (Behördenakte Bl. 28).
5
Mit Bescheid vom 29. März 2022 wurde der Bescheid vom 15. April 2021 gemäß Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) zurückgenommen (Ziff. 2). Der Antrag auf Gewährung einer Dezemberhilfe wurde abgelehnt (Ziff. 1) und der bis zum 30. April 2022 zu erstattende Betrag auf 18.217,80 EUR festgesetzt (Ziff. 3). Es wurde angekündigt, dass gemäß Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG Zinsen auf den Erstattungsbetrag erhoben werden, sofern der zu erstattende Betrag nicht innerhalb der gesetzten Frist eingehe (Ziff. 4).
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Dies wurde damit begründet, dass der Bescheid vom 15. April 2021 rechtswidrig gewesen sei, weil der Kläger nicht antragsberechtigt wäre. Zu den Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 27. April 2022 ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigte Klage erheben und beantragen,
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I. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffer 1 des Bescheides vom 29. März 2022, Az., verpflichtet, dem Kläger die beantragte außerordentliche Wirtschaftshilfe für Dezember 2020 (Dezemberhilfe) in Höhe von 36.435,60 Euro zu gewähren, hilfsweise: Die Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffer 1 des Bescheides vom 29. März 2022, Az., verpflichtet, über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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II. Die Ziffern 2 und 3 des Bescheides vom 29. März 2022, Az., werden aufgehoben.
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Zur Begründung bringt der Kläger vor, er habe sein Ladengeschäft ab dem 16. Dezember 2020 und damit im Dezember 2020 für 16 Tage für den Kundenverkehr schließen müssen. Im Zeitraum vom 16. Dezember 2020 bis 31. Dezember 2020 hätten die erzielten Umsätze lediglich 793,41 EUR betragen, was insbesondere auch auf den fast vollständigen Ausfall des üblicherweise umsatzstarken Weihnachtsgeschäftes zurückzuführen sei. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum hätten die Referenzumsätze 49.186,29 EUR betragen.
11
Der Kläger sei aufgrund einer ungerechtfertigten und damit verfassungswidrigen Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den Gewerbetreibenden, welche aufgrund der Beschlüsse des Bundes und der Länder vom 28.Oktober, 15. November und 3. Dezember 2020 ihren Geschäftsbetrieb einstellen mussten, antragsberechtigt.
12
Der Kläger habe einen Anspruch auf die beantragte Dezemberhilfe. Er sei zwar nicht direkt betroffen, könne seine Anspruchsberechtigung aber – jedenfalls – aus dem allgemeinen Gleichheitssatz herleiten, Art. 3 Abs. 1 GG. Der Kläger sei als Einzelhandelsunternehmen nicht planmäßig für die Corona-Dezemberhilfe antragsberechtigt, andere Gewerbetreibende, die von den hoheitlichen Schließungsanordnungen ab dem 2. November 2020 betroffen wären, dagegen schon. Es liege insoweit eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Personengruppen vor. Der Erstattungsbetrag bei der Dezemberhilfe betrage als einmalige Kostenpauschale bis zu 75% des entsprechenden Vergleichsumsatzes im Vergleichszeitraum 2019. Dagegen werde bei der Überbrückungshilfe III nur ein prozentualer Anteil der Fixkosten erstattet. Dadurch könne sich – abhängig von den Vorjahresumsätzen – eine erheblich voneinander abweichende Förderhöhe ergeben. Die Personengruppen und Sachverhalte seien vergleichbar. Den Gewerbetreibenden sei gemein, dass sie auf Publikumsverkehr in ihren Geschäftsräumen angewiesen seien und in gleichem Maße zur Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen beitrügen, die nicht unbedingt für den täglichen Bedarf erforderlich oder lebensnotwendig seien. Zudem hätten beide Vergleichsgruppen ihre Geschäftsräume aus Gründen des Infektionsschutzes nicht für den Publikumsverkehr öffnen dürfen. Sie könnten aufgrund der hoheitlichen Schließungen ihre Waren und Dienstleistungen nur in sehr begrenztem Umfang weiter anbieten, die wirtschaftliche Betroffenheit sei daher vergleichbar.
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Sachliche Gründe für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung seien nicht ersichtlich. Dem Umstand, dass die Betriebe, die bereits am 2. November 2020 schließen mussten, ca. sechs Wochen länger von der coronabedingten Schließungsanordnung betroffen gewesen seien, könne über eine entsprechend längere Bezugsdauer der staatlichen Corona-Hilfen Rechnung getragen werden.
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Der Kläger habe einen Anspruch auf Gewährung der Dezemberhilfe. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei es zur Beseitigung der Ungleichbehandlung nicht möglich, die bisher Begünstigten im Nachhinein von der Bewilligung auszuschließen. Zwar könne sich ein Anspruch auf eine Förderleistung grundsätzlich nur aus der ständigen Förderpraxis ergeben, aber die Beklagte habe zum einen ihr „Wahlrecht infolge Selbstbindung“ durch den praktizierten Gleichheitsverstoß verloren und könne diesen nur durch eine nachträgliche Gleichbehandlung, also durch Umkehrung der bisherigen Praxis, heilen. Durch die veranlassten Abschlagszahlungen habe sich bereits eine entsprechende Verwaltungspraxis herausgebildet.
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Die Rücknahme sei aufgrund der Rechtmäßigkeit des Bescheids über die Abschlagszahlung rechtswidrig, jedenfalls habe der Kläger in schutzwürdiger Weise auf dessen Bestand vertrauen dürfen. Das Vertrauen scheitere nicht an den Ausschlusstatbeständen des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG, unrichtige Angaben habe der Kläger nicht gemacht. Auch ein ungeschriebener Ausschlusstatbestand liege nicht vor, der streitgegenständliche Bescheid sei nicht als Schlussbescheid bezeichnet worden und es sei nach objektivem Empfängerhorizont nicht erkennbar gewesen, dass der Vorbehalt auch die Frage betreffen sollte, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Dezemberhilfe überhaupt vorliegen würden, d.h. dass die Abschlagszahlung auch gänzlich entfallen könnte. Zudem dürfe eine Behörde eine vorläufig getroffene Regelung nicht unnötig lange aufrechterhalten. Der streitgegenständliche Bescheid sei ohne sachliche Gründe erst fast ein Jahr nach dem Gewährungsbescheid erlassen worden. Zudem seien die gewährten Leistungen bereits verbraucht. Unabhängig davon sei der Aufhebungsbescheid auch insofern ermessensfehlerhaft, als die Beklagte lediglich formelhaft auf den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verweise. Eine Aufhebung des Bescheids könne daher nur durch Widerruf erfolgen, dessen Voraussetzungen jedoch ebenfalls nicht vorlägen.
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Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2022 stellt sich die Beklagte der Klage entgegen und beantragt,
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Die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung bringt der Bevollmächtigte der Beklagten vor, dass sich ein Förderanspruch nur aus einer durch den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) begründeten Selbstbindung der Verwaltung ergeben könne.
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Im Rahmen der eingehenden Prüfung im Nachgang habe die Beklagte festgestellt, dass der Kläger aufgrund der Tätigkeit in der im Antrag angegebenen Branche nicht förderberechtigt für die Billigkeitsleistung sei und habe ihm im Antragsportal am 6. Mai 2021 zur beabsichtigten Rücknahme des Bewilligungsbescheides die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beklagte habe die Einwände des Klägers in der Stellungnahme vom 6. Mai 2021 berücksichtigt, sie rechtfertigten aber keine andere Entscheidung als den Erlass des hier streitgegenständlichen Ablehnungs-, Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides. Insbesondere sei die Argumentation der verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von Einzelhandelsunternehmen der Beklagten bereits aus zahlreichen anderen Verwaltungsstreitverfahren bekannt, diese werde vom Branchenverband des Einzelhandels, dem Handelsverband Deutschland – HDE e.V., aktiv unter den Mitgliedsunternehmen verbreitet.
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Die Klage sei unbegründet. Ein gesetzlicher Anspruch auf die streitgegenständliche Förderleistung in Form der Dezemberhilfe bestehe nicht, der Kläger sei nicht vom Kreis der förderberechtigten Unternehmen erfasst. Eine direkte Betroffenheit nach Ziff. 2.1 Buchst. b) aa) der Richtlinie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe), bekanntgemacht durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie am 21. Dezember 2020, Az. PGÜ-3560-3/2/251 (BayMBl. Nr. 816) (im Folgenden „Richtlinie“), liege nicht vor, da der Kläger seiner Einzelhandelstätigkeit jedenfalls bis zum 15. Dezember 2020 weiter nachgehen konnte. Dies sei nicht willkürlich und vollends ohne Sachgrund, da dem Kläger – anders als Unternehmen, die bereits ab dem 1. November 2020 direkt von Schließungsanordnungen betroffen gewesen seien – bis zum 15. Dezember 2020 das Offenhalten des stationären Verkaufsgeschäfts möglich gewesen sei. Er sei somit objektiv in einer jedenfalls weniger belastenden Situation gewesen als beispielsweise der Betreiber eines Restaurants, welchem bereits ab Anfang November eine Öffnung nicht mehr gestattet gewesen sei. Dem Einzelhandel sei zudem die Billigkeitsleistung nach der Überbrückungshilfe III zugänglich gewesen.
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Die Argumentation bezüglich der Ungleichbehandlung verkenne bereits, dass keine wesentliche Gleichheit der von den Corona-Maßnahmen doch sehr unterschiedlich betroffenen Unternehmen vorliegt. Die Annahme, der Einzelhandel befände sich wegen der pandemiebedingten Beschränkungen in einer existenzbedrohenden Situation, erscheine sehr pauschal und undifferenziert, insbesondere angesichts möglicher Umsatzzuwächse im Online-Handel und der Unterstützung durch die Leistungen nach der Überbrückungshilfe III. Eine staatliche Verpflichtung zum Ausgleich der mit den Lockdown-Beschränkungen verbundenen Grundrechtseingriffe und ihrer wirtschaftlichen Folgen bestehe gerade nicht (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2021 – 20 NE 21.478 und B.v. 21.4.2021 – 20 NE 21.1068). Die Rücknahme des Gewährungsbescheids und Rückforderung sei zurecht erfolgt, auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger insbesondere aufgrund des Vorbehalts der Nachprüfung und seiner unvollständigen bzw. unrichtigen Angaben im Förderverfahren nicht berufen.
22
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
24
I. Die Klage ist zulässig.
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1. Die Klage ist statthaft als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO gegen den Verwaltungsakt der Beklagten vom 29. März 2022, soweit der ursprüngliche Bescheid über die Gewährung einer Überbrückungshilfe zurückgenommen und aufgehoben (Ziff. 2) und der ausbezahlte Betrag unter Ankündigung der Verzinsung (Ziff. 4) zurückgefordert (Ziff. 3) wurde. Hinsichtlich der Ablehnung des Antrags vom 8. Januar 2021 auf Gewährung der Dezemberhilfe (Ziff. 1) ist die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft.
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2. Der Kläger ist klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, weil eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG nicht von vornherein auszuschließen ist.
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3. Die Klagefrist nach § 74 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2 VwGO ist gewahrt, denn gegen den Bescheid vom 29. März 2022 hat der Kläger am 27. April 2022 – und damit vor Ablauf der Klagefrist am 2. Mai 2022 um 24 Uhr – Klage erhoben.
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II. Die Klage ist jedoch unbegründet.
29
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig, der Kläger ist dadurch nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
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1. Die Rechtmäßigkeit der Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids (Ablehnung der Gewährung einer Dezemberhilfe) richtet sich allein nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis. Maßgeblich dafür sind insbesondere die Richtlinien für die Gewährung von Hilfen sowie die FAQ (dazu VG Würzburg, U.v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1263 – juris Rn. 28 ff. m.w.N.).
31
Die Förderrichtlinien stellen zwar keine Rechtsnormen dar, begründen aber als Verwaltungsvorschriften über den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 und Art. 28 GG) Außenwirkung in der Gestalt, die sie durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben (BayVGH, B.v. 3.5.2021 – 6 ZB 21.301 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris Rn. 6).
32
Die Richtlinien begründen vom Ansatz her keinen gebundenen Anspruch auf eine Billigkeitsleistung in bestimmter Höhe, sondern es besteht zusammen mit Art. 40 BayVwVfG, wonach die Behörde, wenn sie ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat, ein Anspruch eines jeden Antragstellers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde über den Antrag. Dabei ist gemäß § 114 Satz 1 VwGO die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung beschränkt, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist oder sonst ein Ermessensfehler vorliegt (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6; VG Düsseldorf, U.v. 15.9.2022 – 16 K 5167.21 – juris Rn. 29).
33
Im Rahmen des behördlich auszuübenden Ermessens kommt den Förderrichtlinien, bei denen es sich nicht um eine Rechtsnorm, d.h. nicht einen Rechtssatz mit Außenwirkung, sondern um eine (bloße) interne Verwaltungsvorschrift handelt, die Funktion zu, für die Verteilung der Fördermittel einheitliche Maßstäbe zu setzen und dadurch das Ermessen der Bewilligungsbehörde intern zu binden und zu steuern. Als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften unterliegen derartige Förderrichtlinien auch keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Entscheidend ist vielmehr, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebunden sind. Durch den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist die Bewilligungsbehörde nämlich in ihrem rechtlichen Verhältnis zum Förderempfänger – abgesehen von den sonstigen gesetzlichen Grenzen des Verwaltungshandelns – gebunden. Wenn sich die Behörde an ihre Förderrichtlinien hält, ist sie daher durch das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. Weicht sie hingegen generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende Wirkung; ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis. Dem Zuwendungsgeber steht es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese konsequent anzuwenden. Die allein relevante Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder ggf. bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung liegt nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6 und 13; VG Düsseldorf, U.v. 15.9.2022 – 16 K 5167.21 – juris Rn. 30 m.w.N.).
34
Zur Feststellung der tatsächlich ausgeübten Verwaltungspraxis kann dabei neben den Förderrichtlinien ergänzend auf öffentliche Verlautbarungen der Bewilligungsbehörde, der dieser übergeordneten Landesbehörde oder der aufgrund Verwaltungsvereinbarung in die Förderung eingebundenen zuständigen Bundesbehörde zurückgegriffen werden, wenn diese Aufschluss über die tatsächlich geübte Verwaltungspraxis geben (VG Düsseldorf, U.v. 15.9.2022 – 16 K 5167.21 – juris Rn. 32 m.w.N.). Relevant insoweit sind namentlich die gemeinsam vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesministerium der Finanzen veröffentlichten FAQs. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer möglichst bundeseinheitlichen Verwaltungspraxis ist es legitim und sachgerecht, die Entscheidungspraxis an den FAQs des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu orientieren (VG Magdeburg – U.v. 30.11.2021 – 3 A 61/21MD – juris Rn. 38). Diese führen – bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt – aus:
35
In Ziff. 1.1 der FAQs („Wer ist antragsberechtigt?“) ist geregelt:
36
„Grundsätzlich sind Unternehmen aller Größen (auch öffentliche und gemeinnützige), Selbstständige, Vereine und Einrichtungen, Soloselbstständige und selbstständige Angehörige der Freien Berufe im Haupterwerb aller Branchen antragsberechtigt (mit Ausnahme der unten explizit genannten Ausschlusskriterien), deren wirtschaftliche Tätigkeit vom coronabedingten Lockdown im November und Dezember 2020 auf eine der folgenden Weisen betroffen ist: (…)
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- Direkt Betroffene im Dezember: Unternehmen und Soloselbstständige, die aufgrund der auf Grundlage des Beschlusses von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020 erlassenen Schließungsverordnungen der Länder den Geschäftsbetrieb bereits im November einstellen mussten und auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 25. November 2020 und vom 2. Dezember 2020 auch im Dezember noch von diesen Schließungen betroffen waren. Hiervon nicht umfasst sind regionale Schließungen von Branchen oder Einrichtungen, die nicht in diesen Beschlüssen genannt werden, sowie Schließungen auf Grundlage späterer Beschlüsse (zum Beispiel der Bund-Länder Beschluss vom 13. Dezember 2020). (…)“
38
a) Für den vorliegenden Fall ergibt sich unter Zugrundelegung der Verwaltungspraxis vor dem Hintergrund der FAQ bzw. der Richtlinie keine Antragsberechtigung des Klägers. Der Kläger musste seinen Geschäftsbetrieb erst auf Grundlage des Beschlusses vom 13. Dezember 2020 einstellen.
39
b) Insofern liegt auch keine Ungleichbehandlung vor, da danach unterschieden wird, ob und aufgrund welchen Beschlusses eine staatliche Schließungsanordnung ergangen ist. Dieser Differenzierungsgrund genügt dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG.
40
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet nur, ein gleichheitsgerechtes Verteilungsprogramm zu erstellen und in diesem Rahmen einen Anspruch zu gewähren, mithin die Einhaltung einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten. Auch in der vorliegenden Subventionssituation ist es allein Sache des Richtlinien- bzw. Zuwendungsgebers, den Kreis der Antragsberechtigten unter Rückgriff auf sein eigenes autonomes Verständnis der direkten oder indirekten Betroffenheit festzulegen.
41
Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht bereits dann vor, wenn – wie vom Kläger vorgebracht – unterschiedlich behandelte Personengruppen Gemeinsamkeiten aufweisen, sondern erst, wenn keine wesentlichen Unterschiede existieren.
42
Die Beschlüsse vom 28. Oktober 2020, 25. November 2020, 2. Dezember 2020 und 13. Dezember 2020 lassen sich wie folgt gegenüberstellen:
Beschluss
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28.10.2020
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15.11.2020
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02.12.2020
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13.12.2020
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Wer?
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- Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind (Theater, Opern, Konzerthäuser, Messen, Kinos, Freizeitparks, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen, Prostitutionsstätten, Bordelle, Freizeit- und Amateursportbetrieb, Schwimm- und Spaßbäder, Saunen, Thermen, Fitnessstudios)
- Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen
- Gastronomiebetriebe sowie Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen
- Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege (Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios)
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- Einzelhandel
- Ausnahmen: Lebensmittel, Wochenmärkte für Lebensmittel, Direktvermarkter von Lebensmitteln, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Banken und Sparkassen, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons, Zeitungsverkauf, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte, Weihnachtsbaumverkauf, Großhandel
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Wann?
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ab 02.11.2020
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Verlängerung bis 20.12.2020
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Verlängerung
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ab 16.12.2020 bis 10.01.2021
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44
Aus dieser Gegenüberstellung werden zwei Anknüpfungspunkte deutlich, die einen wesentlichen – und damit Art. 3 Abs. 1 GG wahrenden – Unterschied zwischen Unternehmen, die von den Beschlüssen vom 28. Oktober 2020, 25. November 2020 und 2. Dezember 2020 betroffen sind und solchen, die vom Beschluss vom 13. Dezember 2020 betroffen sind, darstellen. Insofern wird deutlich, dass nicht lediglich nach formalen Gesichtspunkten unterschieden wird, sondern auch eine tatsächliche unterschiedliche Belastung gegeben ist.
45
Zum einen lassen sich die Unternehmen hinsichtlich der zeitlichen Betroffenheit von Schließungsanordnungen unterscheiden. Die Einstellungen der Geschäftsbetriebe auf Grundlage der Beschlüsse vom 28. Oktober 2020, 25. November 2020 und 2. Dezember 2020 erfolgte bereits ab dem 2. November 2020 und damit gegenüber dem 16. Dezember 2020 rund sieben Wochen zuvor. Neben dem längeren Ausbleiben von Umsatz kann auch zudem damit gerechnet werden, dass die Kundenbindung in Abhängigkeit von der Schließungsdauer abnimmt. Der sachliche Differenzierungsgrund in Form der zeitlich längeren und dadurch intensiveren Betroffenheit ist nicht zu beanstanden (vgl. VG Würzburg, U.v. 15.11.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 38 ff. m.w.N.).
46
Ob dieser längere Schließungs-Zeitraum auch durch einen entsprechend längeren Bezugs-Zeitraum ausgeglichen hätte werden können, kann dahinstehen. Ob für eine alternative Förderpraxis gute oder ggf. sogar bessere Gründe sprächen, ist unerheblich. Allein maßgeblich ist das Bestehen eines sachlichen Differenzierungsgrundes und das Nichtüberschreiten der allein relevanten Willkürgrenze (vgl. VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110, juris Rn. 28; VG Würzburg, U.v. 15.11.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 44 ff.).
47
Zum anderen unterscheiden sich die Unternehmen auch hinsichtlich ihrer Tätigkeit. Die Tätigkeiten, die nach den Beschlüssen vom 28. Oktober 2020, 25. November 2020 und 2. Dezember 2020 einzustellen waren, stellen sich in der Gesamtschau als zeitgebundene Dienstleistungen dar. Die Tätigkeiten, die nach dem Beschluss vom 13. Dezember 2020 einzustellen waren, sind hingegen eher dem Verkauf von Gütern/Waren zuzuordnen (so auch der Kläger mit dem Verkauf von Haushaltsgegenständen). Dabei kann der Erfahrungssatz zugrunde gelegt werden, dass zeitgebundene Dienstleistungen mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit nachgeholt werden als die Deckung des Bedarfs an Sachgütern (vgl. VG Berlin – U.v. 3.6.2022 – 26 K 129/21 – juris Rn. 23 ff.).
48
Es wird dabei nicht verkannt, dass auch Unternehmen, die erst vom Beschluss vom 13. Dezember 2020 (oder auch von keinem dieser Beschlüsse) betroffen waren, erhebliche Umsatzeinbrüche erleiden mussten. Auch ist der Vortrag des Klägers, wonach sich mit der Weihnachtsware – ähnlich wie bei zeitgebundenen Dienstleistungen – zu einem späteren Zeitpunkt (nach diesem Weihnachtsfest, aber ggf. vor dem nächsten Weihnachtsfest) keine Umsätze mehr erzielen ließen, nachvollziehbar. Diese Gemeinsamkeiten vermögen jedoch nicht die dargestellten bestehenden Unterschiede zu beseitigen.
49
Zudem kann die vom Kläger angeführte unterschiedliche Ausgestaltung beispielsweise der Überbrückungshilfe III im Vergleich zur November- bzw. Dezemberhilfe auf diese bestehenden Unterschiede zurückgeführt werden (vgl. zum spezifischen Charakter der November- und Dezemberhilfe auch VG München, U.v. 8.5.2023 – M 31 K 21.4671, juris Rn. 32). Aus der unterschiedlichen Ausgestaltung der Corona-Hilfen ergibt sich auch, dass nicht in jedem konkreten Einzelfall ein Profitieren von einer anderweitigen Hilfe (hier der Überbrückungshilfe III) sichergestellt werden kann und muss. Es obliegt allein dem Fördergeber, Vorgaben und Abgrenzungskriterien für die Förderberechtigung aufzustellen, sofern diese dem Gleichheitssatz entsprechend einheitlich eingehalten werden, woran vorliegend keine Zweifel bestehen. Dass der Kläger vorliegend tatsächlich keine Überbrückungshilfe III erhalten hat, führt daher nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
50
Hinzu kommt, dass die über Umsätze pauschalierende Erstattung von Fixkosten über einen längeren als von der November- und Dezemberhilfe erfassten Zeitraum hinaus und zudem auch branchenübergreifend insbesondere aus finanziellen Gründen nicht sachgerecht gewesen wäre (vgl. VG München, U.v. 8.5.2023 – M 31 K 21.4671, juris Rn. 37).
51
c) Auch der Argumentation im Rechtsgutachten für den Handelsverband Deutschland (HDE-Gutachten), auf das der Kläger verwiesen hat, kann nicht gefolgt werden. Dort wird die allgemeine Zielsetzung des Zuwendungsgebers, mit den Corona-Hilfen wirtschaftliche Auswirkungen der Betriebsschließungen zu kompensieren bzw. die Existenzen betroffener Unternehmen zu sichern, als Anlass gesehen, unter dem Gesichtspunkt der durch die Betriebsschließungen ggf. betroffenen Freiheitsgrundrechte strengere Maßstäbe an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung bei der Zuwendungsgewährung anzulegen (S. 33 ff. des Gutachtens). Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Die Ebene der Betriebsschließungen – welche zu einer Betroffenheit in den relevanten Freiheitsgrundrechten, insbesondere Art. 12 und Art. 14 GG führen können – sind von jenen der Zuwendungsgewährung – deren Ansatzpunkt die Gewährung bzw. Nichtgewährung einer Zuwendung und die Wahrung des Gleichheitssatzes ist – zu trennen (vgl. dazu VG München, U.v. 8.5.2023 – M 31 K 21.4671, juris Rn. 22 ff.).
52
d) Des Weiteren ist dem Zuwendungs- und Richtliniengeber bzw. der Zuwendungsbehörde ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz auch ein bestimmtes Maß an Typisierung zuzugestehen. Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen Gleichheitsgebote zu verstoßen (vgl. zuletzt etwa BVerfG, B.v. 29.1.2019 – 2 BvC 62/14 – juris Rn. 47 m.w.N.; zum Ganzen auch Boysen, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 98 f.). Gleiches gilt im Wesentlichen auch für die Bindung der Verwaltung im Bereich einer Zuwendungsgewährung (vgl. etwa VG München, U.v. 6.7.2021 – M 31 K 20.6548 – juris Rn. 38). Der Zuwendungsgeber ist daher nicht gehindert, den Förderungsgegenstand nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Dies umso mehr deswegen, weil ihm – wie bereits ausgeführt – sachbezogene Gesichtspunkte dabei in einem sehr weiten Umfang an die Hand gegeben sind (VG München, U.v. 8.5.2023 – M 31 K 21.4671, juris Rn. 35).
53
e) Eine hiervon abweichende Verwaltungspraxis der Beklagten (vgl. dazu VG München, U.v. 29.11.2021 – M 31 K 21.2819 –, juris Rn. 25) ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
54
Der Kläger hat nichts vorgebracht, was für eine andere Verwaltungspraxis der Beklagten sprechen würde. Konkrete Förderfälle, die abweichend hiervon entschieden worden wären – d.h. in denen Antragstellenden Dezemberhilfe gewährt worden wäre, welche nicht den maßgeblichen Beschlüssen (sondern erst dem Beschluss vom 13. Dezember 2020) unterfallen würden –, wurden von ihm nicht benannt und sind auch sonst nicht bekannt. Anhaltspunkte für eine gegenläufige Verwaltungspraxis der Beklagten sind auch aus anderen anhängigen Verfahren nicht ersichtlich. Es liegt im Falle der Gewährung einer Zuwendung bzw. Billigkeitsleistung gerade in der Sphäre des Leistungsempfängers, das Vorliegen der Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 18. Oktober 2021 – W8K 21.716 – juris). Dies gilt gleichermaßen soweit ein Anspruch unter Berufung auf eine Gleichbehandlung eingefordert wird. (VG Halle (Saale), U.v. 25.4.2022 – 4 A 28/22 – juris Rn. 28).
55
f) Die Ausführungen des Klägers dazu, dass bereits die Förderrichtlinie als solche gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, ändert hieran nichts. Maßgeblich für die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids ist allein die tatsächliche Verwaltungspraxis, insofern wird die Richtlinie durch die Verwaltungspraxis ausgefüllt und kann für sich genommen vom Gericht nicht auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden.
56
2. Auch die Ziffern 2, 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheides erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. dazu VG Würzburg, U.v. 15.11.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 47 ff.).
57
a) Rechtsgrundlage für die Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 29. März 2022 über die Rücknahme des Bescheides vom 15. April 2021 ist Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, weil der Zuwendungsbescheid vom 15. April 2021 zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war. Der Kläger durfte auch nicht in schutzwürdiger Weise auf den Bestand des Verwaltungsaktes, der eine einmalige Geldleistung gewährte, vertrauen (Art. 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BayVwVfG).
58
Nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Sofern es sich – wie hier – um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, ist bei der Rücknahme die Vertrauensschutzregelung des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 2 bis 4 BayVwVfG zu berücksichtigen. Ein Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG). Das Vertrauen ist dabei in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht und eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Auf Vertrauen kann sich der Betroffene nicht berufen, wenn die Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 BayVwVfG vorliegen, insbesondere wenn der begünstigte Verwaltungsakt durch im Wesentlichen unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt wurde (Nr. 2) oder der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (Art. 48 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG).
59
aa) Die Rücknahmevorschrift des Art. 48 BayVwVfG ist die korrekte einschlägige Rechtsgrundlage, da der aufzuhebende Zuwendungsbescheid mangels Vorliegens der Fördervoraussetzungen nach der einschlägigen Verwaltungspraxis – wie ausgeführt – rechtswidrig war. Denn eine Förderentscheidung unter Verstoß gegen die richtliniengeleitete Verwaltungspraxis ist rechtswidrig (VG Gießen, U.v. 3.8.2021 – 4 K 573/21.GI – juris Rn. 21 ff.).
60
bb) Der rechtswidrige Zuwendungsbescheid konnte auch ohne Verstoß gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte (Art. 48 Abs. 1 Satz 2 und Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG) zurückgenommen werden.
61
cc) Der Kläger kann sich nicht auf Vertrauen berufen, weil er die Zuwendung durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG). Ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG ist, dass die Angaben, mit Hilfe derer der Begünstigte den Verwaltungsakt erwirkt hat, objektiv unrichtig oder unvollständig waren; ob der Begünstigte dies wusste, ist unerheblich. Ebenso kommt es nicht auf ein Verschulden an (vgl. Müller in BeckOK, VwVfG, 57. Edition Stand: 1.10.2022, § 48 Rn. 78 m.w.N.). In Abgrenzung zu Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG ist zudem keine Täuschungsabsicht erforderlich.
62
Im Onlineantrag erklärte der Kläger ausdrücklich, antragsberechtigt zu sein, ohne dass dies – wie oben ausgeführt – den Tatsachen entspricht. Im Antragsformular wurde ausgeführt: „Wichtiger Hinweis: Unternehmen aus Branchen, die bundesweit erst ab Mitte Dezember 2020 schließen mussten, gelten für die Dezemberhilfe nicht als „direkt betroffen“ und sind daher grundsätzlich auch nicht antragsberechtigt. Dies gilt u.a. für Friseursalons und den Einzelhandel. Für solche Unternehmen sollte stattdessen ein Antrag auf Überbrückungshilfe geprüft werden.“ Der Antragsteller hat als Grund für die Antragstellung angegeben: „Direkt betroffen: Der Antragsteller musste aufgrund einer staatlichen Schließungsverordnung im Dezember 2020 den Geschäftsbetrieb direkt einstellen.“ (Behördenakte Bl. 2). Im Antrag wurden zudem folgende Erklärungen durch den Bevollmächtigten bestätigt: „Ich habe die Angaben des Antragstellers zu seiner Identität und Antragsberechtigung überprüft und bestätige deren Richtigkeit.“ und „Ich habe die Angaben des Antragstellers geprüft, dass eine direkte, indirekte oder Betroffenheit über Dritte durch den Coronabedingten Lockdown bestand und bestätige deren Plausibilität.“ (Behördenakte Bl. 4).
63
Der Kläger hatte dem Antrag folgende Erklärung beigefügt (Behördenakte Bl. 11): „Der Antragsteller betreibt ein Einzelhandelsgeschäft und musste seinen Betrieb aufgrund der Beschlüsse des Bundes und der Länder vom 13. Dezember 2020 schließen (11. BayIfSMV vom 15. Dezember 2020). Der Betrieb des Antragstellers war aufgrund dieser staatlichen Anordnung an 13 Tagen vom 16. Dezember 2020 bis zum 31. Dezember 2020 geschlossen (…). Der Antragsteller ist aufgrund einer ungerechtfertigten und damit verfassungswidrigen Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den Gewerbebetrieben, welche aufgrund der Beschlüsse des Bundes und der Länder vom 28. Oktober, 25. November und 3. Dezember 2020 ihren Geschäftsbetrieb einstellen mussten, antragsberechtigt.“
64
Auch wenn der Kläger seinem Antrag diese nähere Erklärung zum Grund der aus seiner Sicht bestehenden Antragsberechtigung beigefügt hat, handelt es sich bei den im Antragsformular erfolgten und insofern isoliert zu betrachtenden (standardisierten) Angaben um solche, die für sich genommen objektiv unzutreffend sind. Der Kläger war nach der Richtlinie objektiv nicht antragsberechtigt, will es subjektiv aber sein. Dabei kommt den Anforderungen an ein Masseverfahren und der gebotenen schnellen Überprüfung und Ausbezahlung besondere Bedeutung zu. Die eventuell unterbliebene Berücksichtigung der zusätzlichen Erklärung des Klägers bei der Ausbezahlung der Abschlagszahlung führt daher nicht zu einem erhöhten Vertrauensschutz des Klägers oder dazu, dass die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der standardisierten Angaben i.S.d. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG – auf welche die Beklagte für die Gewährung der Abschlagszahlungen allein abgestellt hat – entfallen würde. Es ist anzunehmen, dass die Beklagte bei isoliert zutreffender Angabe – und damit Verneinung – zur Antragsberechtigung im Antragsformular unter Beachtung der Verwaltungspraxis der Beklagten – wie sie sich aus der Richtlinie, den FAQs und Hinweisen im Antragsformular darstellt – den Bescheid über die Abschlagszahlung nicht erlassen hätte.
65
Die Beklagte hat im streitgegenständlichen Bescheid dazu nachvollziehbar ausgeführt: Die Rücknahme des Bescheids vom 15. April 2021 stütze sich auf Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BayVwVfG. Dem Kläger sei es anhand der Richtlinie sowie den FAQ mit anschaulichen Beispielen (auf die in der Antragstellung mehrfach verwiesen werde) ohne großen Aufwand möglich gewesen, herauszufinden, dass in seinem Fall die Voraussetzungen für eine Antragstellung nicht vorlägen. Dennoch sei im Antrag die Förderberechtigung angegeben worden. Der Bescheid über die Abschlagszahlung beruhe gemäß Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG auf unrichtigen Angaben, so dass von keinem schutzwürdigen Vertrauen ausgegangen werden könne.
66
Die erforderliche Kausalität ist gegeben. Denn ursächlich sind die unvollständigen bzw. unrichtigen Angaben, wenn anzunehmen ist, dass die Behörde bei vollständiger bzw. richtiger Angabe den Fehler – hier die Gewährung der Abschlagszahlung der Dezemberhilfe trotz fehlender Antragsberechtigung mangels direkter oder indirekter Betroffenheit – nicht gemacht und den Verwaltungsakt nicht mit der erlassenen oder nur mit einer ungünstigeren Regelung erlassen hätte (Schoch in Schoch/Schneider, VwVfG, Werkstand: 2. EL April 2022, § 48 Rn. 172; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 48 Rn. 154).
67
Jedenfalls wäre vor dem Hintergrund der Angaben in der Richtlinie, den FAQ und der Hinweise im Antragsformular auch Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG einschlägig, wonach sich der Begünstigte nicht auf Vertrauen berufen kann, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Dass der Antragsteller um die nicht erfüllten Anforderungen an die direkte Betroffenheit wusste, ergibt sich schon aus seinem beigefügten Erläuterungsschreiben zum Antrag, wonach er sich auf Art. 3 Abs. 1 GG berufe und die Antragsberechtigung in seinem Fall daher für gegeben erachte.
68
Ob die Vorschrift des Art. 48 BayVwVfG überhaupt herangezogen und eine „Rücknahme“ i.d.S. hätte erfolgen müssen, da schon der Bescheid ausdrücklich lediglich über eine Abschlagszahlung („Bescheid über eine Abschlagszahlung für eine Billigkeitsleistung“, Behördenakte Bl. 28 ff.) und unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags (Ziff. 2 des Bescheids) ergangen ist, kann damit dahinstehen.
69
dd) Die Beklagte hat des Weiteren auch ermessensfehlerfrei von ihrer Rücknahmebefugnis Gebrauch gemacht.
70
Das Gericht hat insoweit nur zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Die Beklagte konnte die Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen (§ 114 Satz 2 VwGO). Die angeführten Ermessenserwägungen der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Die Ermessensausübung deckt sich mit ihrer Verwaltungspraxis. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
71
Im vorliegenden Fall des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG entfällt nicht nur die Schutzwürdigkeit des Vertrauens, sondern es erfolgt zudem in der Regel eine Reduzierung des Rücknahmeermessens. Anders wäre es nur bei einem atypischen Ausnahmefall (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 48 Rn. 127b u. 127 c). Gründe, die ein Abweichen von dem gesetzlich normierten Regelfall rechtfertigen würden, sind indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Überdies erfordert der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwendung öffentlicher Mittel regelmäßig die Rücknahme rechtswidriger Subventionsbescheide, damit öffentliche Mittel sparsam und effektiv verwendet werden (vgl. BVerwG, U.v. 16.6.1996 – BVerwG 3 C 22.96 – juris, Rn. 16; vgl. auch: HessVGH, U.v. 13.5.2014 – 9 A 2289/12 – juris Rn. 44). Dies gilt auch bei einer Bewilligung einer Coronabeihilfe (vgl. VG Gießen, U.v. 3.12.2020 – 4 K 3429/20.GI – juris Rn. 39 f.). Demnach ist in der vorliegenden Fallkonstellation auch bei einer Coronabeihilfe von einem intendierten Ermessen infolge der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (VG Gießen, U.v. 3.8.2021 – 4 K 573/21.GI – juris Rn. 32 f. m.w.N.) auszugehen. Infolgedessen ist ein Vertrauensschutz im Regelfall ausgeschlossen, falls keine atypischen Umstände vorliegen, zu denen der Zuwendungsempfänger aber vor Bescheidserlass substantiierte Angaben hätte machen müssen, soweit die Rechtswidrigkeit des Bescheides durch unrichtige Angaben mitverursacht wurde (vgl. SächsOVG, U.v. 14.7.2020 – 6 A 565/18 – juris LS und Rn. 34 ff.). So ist es hier (vgl. soeben unter cc)).
72
Die Beklagte hat im Bescheid vom 29. März 2022 nachvollziehbar ausgeführt, dass Art. 7 BayHO bei haushaltsrechtlich relevanten Ermessensentscheidungen zur sorgfältigen Beachtung des Gebots der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel verpflichte und dies den Ermessensspielraum einschränke. Gründe, die gegen diese Entscheidung sprechen würden oder eine Abweichung von der regelmäßigen Entscheidungspraxis begründen würden, seien nicht ersichtlich.
73
b) Die Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung der gewährten Dezemberhilfe (Ziff. 3 des streitgegenständlichen Bescheides) ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
74
Die Rückforderung der Abschlagszahlung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, wonach im Falle der Rücknahme eines Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit (Art. 48 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG) bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Die Erstattung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen (Art. 49a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG). Wie dargestellt wurde der Bescheid vom 15. April 2021 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, weshalb die Voraussetzungen für die Rückforderung des bereits ausgezahlten Betrages vorliegen, wie er in Ziff. 3 des angegriffenen Rücknahmebescheides festgesetzt wurde. Die Behörde hat kein Ermessen bezüglich des „Ob“ der Rückforderung (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 49a Rn. 37; Falkenbach in BeckOK, VwVfG, 57. Edition Stand: 1.10.2022, § 49a Rn. 23 m.w.N.). Vielmehr besteht eine Pflicht zur Rückerstattung bei einer Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit (VG Gießen, U.v. 3.8.2021 – 4 K 573/21.GI – juris Rn. 36). Der Rückerstattungsanspruch kann mit Leistungsbescheid geltend gemacht werden (BayVGH, U.v. 10.11.2021 – 4 B 20.1961 – BeckRS 2021, 36762 Rn. 19 u. 28; OVG NRW, B.v. 16.4.2021 – 4 A 3435/20 – juris Rn. 24).
75
Der Kläger kann sich hinsichtlich der Rückforderung nicht auf einen eventuellen Wegfall der Bereicherung berufen. Für den Umfang der Erstattung gelten mit Ausnahme der Verzinsung nach Art. 49a Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entsprechend, weshalb grundsätzlich auch eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB in Frage kommt. Danach ist grundsätzlich nur noch eine im Vermögen vorhandene Bereicherung herauszugeben. Die Feststellung der Entreicherung erfolgt nach wirtschaftlichen Kriterien durch einen Vergleich des Vermögensstands beim Empfang der Leistung mit dem Vermögensstand im Zeitpunkt der Rückforderung der empfangenen Leistung (sog. Saldotheorie). Eine Entreicherung ist danach nicht eingetreten, wenn die rechtsgrundlos erlangte Leistung im Vermögen des Empfängers noch vorhanden ist. Beispiele hierfür sind die Ersparnis eigener Aufwendungen und die Befreiung von eigenen Verbindlichkeiten sowie eine Gegenleistung für den Verbrauch der empfangenen Mittel. Vermögensdispositionen wirken sich nur dann bereicherungsmindernd aus, wenn der Empfänger den Bereicherungsgegenstand zu Ausgaben verwendet hat, die er sonst nicht geleistet hätte (sog. Luxusausgaben); das Empfangene muss für außergewöhnliche Zwecke verwendet worden sein. Es obliegt dem Schuldner, hier also der Klägerin, die Umstände einer Entreicherung substantiiert vorzutragen, da ihn insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. BayVGH, U.v. 10.11.2021 – 4 B 20.1961 – BeckRS 2021, 36762 Rn. 30 ff.; Schoch in Schoch/Schneider, VwVfG, Stand 2. EL April 2022, § 49a Rn. 72 ff.).
76
Gemessen hieran vermag der Vortrag des Klägers, das Geld für geschäftliche Verbindlichkeiten ausgegeben zu haben, keine Entreicherung i.d.S. zu begründen.
77
Des Weiteren scheitert eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung bei dem Kläger, für sich selbstständig tragend, auch an Art. 49a Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte danach nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Dies gilt insbesondere dann, wenn er die zurückgeforderte Zuwendung durch in wesentlichen Punkten unzutreffende oder unvollständige Angaben erwirkt hat (vgl. OVG NW, U.v. 17.8.2018 – 1 A 2675/15 – juris Rn. 68; Falkenbach in BeckOK, VwVfG, 57. Edition Stand: 1.10.2022, § 49a Rn. 31; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 49a Rn. 15). Dies ist hier – wie bereits ausgeführt – der Fall.
78
c) Die Verzinsung des Rückforderungsbetrages (Ziff. 4 des Bescheides) ist in Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG vorgesehen und ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar ist nach der gesetzlichen Vorgabe der zu erstattende Betrag vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an zu verzinsen, wobei für den Fall der – wie hier – rückwirkenden Aufhebung des Verwaltungsakts der Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Zuwendungsbescheides bzw. der Zeitpunkt der Leistung anzusetzen wäre, so dass der Erstattungsbetrag in der Regel rückwirkend zu verzinsen wäre (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 49a Rn. 20 f.). Die Regelung in Ziff. 4 des streitgegenständlichen Bescheides, wonach eine Verzinsung erst bei Nichteinhaltung der Zahlungsfrist erfolgt, weicht hiervon zugunsten des Klägers ab und begegnet damit keinen rechtlichen Bedenken. Insoweit kann auf die Ausführungen in der Bescheidsbegründung verwiesen werden (§ 117 Abs. 5 VwGO).
79
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.