Titel:
Zur Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung eines bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruchs gegen den Insolvenzschuldner
Normenketten:
InsO § 35 Abs. 1, § 38, § 55 Abs. 1 Nr. 3, § 89 Abs. 1, § 90 Abs. 1
BGB § 407 Abs. 1, § 412, § 816 Abs. 2
ZPO § 802c Abs. 1 Nr. 1
Leitsätze:
Entsteht ein bereicherungsrechtlicher Rückgewähranspruch erst mehr als sechs Monate nach Verfahrenseröffnung, ist es für die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung unerheblich, ob die Masse unmittelbar bereichert worden ist oder das Erlangte nur in den Verfügungsbereich des Schuldners gelangt ist, da sowohl ein Neumassegläubiger als auch ein Neugläubiger insoweit keinen Vollstreckungsbeschränkungen unterliegt. (Rn. 17, 19 und 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Bereicherungsanspruch gegen den Schuldner stellt nur dann eine Masseverbindlichkeit iSd § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO dar, wenn die Insolvenzmasse aufgrund der vorangegangenen Leistungen (hier: der eigenen Kaskoversicherung und der gegnerischen Haftpflichtversicherung wegen eines Unfallschadens) unmittelbar bereichert ist, der Insolvenzverwalter also hierdurch Gelder erlangt hat, die zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger eingesetzt werden können. (Rn. 16 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Neugläubiger unterliegt – anders als ein Insolvenzgläubiger iSd § 38 InsO – nicht dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Schuldner kann die vom Gläubiger verlangte Vermögensauskunft nicht unter Verweis darauf verweigern, dass kein insolvenzfreies oder sonst pfändbares Vermögen vorhanden ist. Die Beurteilung der Frage, in welche Vermögensgegenstände vollstreckt werden bzw. was gepfändet werden darf, obliegt nicht dem Schuldner, sondern dem Gerichtsvollzieher bzw. dem Vollstreckungsgericht. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zwangsvollstreckung gegen Insolvenzschuldner, bereicherungsrechtlicher Ausgleichsanspruch, Forderungsübergang, Masseverbindlichkeit, unmittelbare Bereicherung der Insolvenzmasse, Neumassegläubiger, Neugläubiger, Vollstreckungsverbot
Vorinstanz:
AG Ebersberg, Beschluss vom 23.11.2022 – 3 M 1730/22
Fundstellen:
ZInsO 2024, 1657
DGVZ 2024, 86
ZVI 2024, 74
ZIP 2023, 2590
BeckRS 2023, 17308
NZI 2023, 704
LSK 2023, 17308
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ebersberg vom 23.11.2022, Az. 3 M 1730/22, wird zurückgewiesen.
2. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde mit Beschluss des AG München vom 12.02.2010, Aktz.: 1504 IK 898/09 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Es dauert an.
2
Die Gläubigerin als ehemalige Kaskoversicherin der Schuldnerin nahm die Schuldnerin mit Klageschrift zum AG Ebersberg vom 21.08.2019 aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung eines Betrages von 3.870,73 € in Anspruch, den sie zuvor zur Regulierung eines Schadens, der auf einem Verkehrsunfall am 18.03.2016 beruhte, an die Schuldnerin gezahlt hatte. Darüber hinaus machte die Klägerin die Zahlung von Zinsen und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten geltend. Mit Urteil vom 25.06.2020, Aktz.: 9 C 518/19, gab das AG Ebersberg der Klage in vollem Umfang statt. Die Schuldnerin legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Mit Urteil vom 29.06.2021, Aktz.: 8 S 2961/20, änderte das Landgericht München II das Urteil des AG Ebersberg dahingehend ab, dass die Beklagte einen Betrag in Höhe von 3.317,21 € zuzüglich Zinsen an die Klägerin zu zahlen habe und wies die Klage im Übrigen ab. Zur Begründung führte das LG München II in Übereinstimmung mit dem AG Ebersberg aus, dass der Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 816 Abs. 2 BGB) folge, da zunächst die Gläubigerin in Höhe der Klageforderung gegenüber der Schuldnerin reguliert habe und sodann die unfallgegnerische Haftpflichtversicherung in Unkenntnis der Leistung der Gläubigerin an die Beklagte einen übersteigenden Betrag zur Schadensregulierung gezahlt habe. Die Reduzierung auf einen zu erstattenden Betrag von 3.317,21 € beruhe auf einer von der Beklagten zu Recht geltend gemachten Aufrechnung mit Gegenforderungen. Das Urteil des LG München II ist rechtskräftig.
3
Die Gläubigerin betreibt aufgrund der genannten Urteile und aufgrund von im Verfahren des AG Ebersberg, Aktz.: 9 C 518/19, unter dem Datum des 17.09.2021 ergangener Kostenfestsetzungsbeschlüsse die Zwangsvollstreckung. Mit Antragsschrift an die Gerichtsvollzieherverteilerstelle des AG Ebersberg vom 09.03.2022 erteilte sie Vollstreckungsauftrag und beantragte zugleich die Abnahme der Vermögensauskunft.
4
Mit Schreiben der Gerichtsvollzieherin Frau ... vom 31.03.2022 wurde die Schuldnerin aufgefordert, den ausstehenden Betrag einschließlich der Kosten der Zwangsvollstreckung binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens zu bezahlen. Zugleich wurde die Schuldnerin für den Fall der Nichtbegleichung zur Abgabe der Vermögensauskunft geladen, wobei der Termin auf den 25.04.2022 im Büro der Gerichtsvollzieherin in bestimmt wurde. Dieses Schreiben wurde der Schuldnerin am 02.04.2022 zugestellt. Die Schuldnerin leistete auf das Aufforderungsschreiben vom 31.03.2022 keine Zahlung. Am 21.04.2022 hob die Gerichtsvollzieherin den Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft auf.
5
Mit Schreiben vom 14.10.2022 wurde die Schuldnerin erneut von der Gerichtsvollzieherin aufgefordert, den ausstehenden Betrag einschließlich der Kosten der Zwangsvollstreckung zu bezahlen. Zugleich wurde die Schuldnerin für den Fall der Nichtbegleichung zur Abgabe der Vermögensauskunft geladen, wobei der Termin auf den 27.10.2022 im Büro der Gerichtsvollzieherin in bestimmt wurde. Dieses Schreiben wurde der Schuldnerin am 17.10.2022 zugestellt. Die Schuldnerin erschien zu dem Termin am 27.10.2022 nicht.
6
Mit Verfügung und Schreiben vom 27.10.2022 ordnete die Gerichtsvollzieherin an, dass die Schuldnerin in das Schuldnerverzeichnis eingetragen wird. Das Schreiben wurde der Schuldnerin mit Rechtsbehelfsbelehrungam 29.10.2022 zugestellt.
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Für die weiteren Einzelheiten des Verfahrensablaufs und des Inhalts der genannten Schriftstücke wird auf die Gerichtsvollzieherakte, Aktz.: 2 DR ... Bezug genommen, welche dem Beschwerdegericht bei der Entscheidung vorlag.
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Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 14.11.2022 (Bl. 2/3 d.A. nebst Anlagen), bei dem AG Ebersberg eingegangen am 14.11.2022, widersprach die Schuldnerin der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis. Zur Begründung führte sie aus, dass die Zwangsvollstreckung aufgrund des weiterhin laufenden Verbraucherinsolvenzverfahrens und weil kein insolvenzfreies pfändbares Vermögen vorhanden sei, unzulässig sei. Für die Einzelheiten wird auf das Widerspruchsschreiben nebst Anlagen Bezug genommen.
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Mit Beschluss vom 23.11.2022, für dessen Begründung auf Bl. 7/9 d.A. Bezug genommen wird, wies das AG Ebersberg den Widerspruch als unbegründet zurück. Gegen diesen Beschluss, dessen Zustelldatum in der Akte nicht dokumentiert ist, erhob die Schuldnerin mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 12.12.2022 (Bl. 10/13 d.A.), bei dem AG Ebersberg eingegangen am 12.12.2022, sofortige Beschwerde. Zur Begründung führte sie erneut aus, dass die Zwangsvollstreckung wegen des laufenden Verbraucherinsolvenzverfahrens unzulässig sei. Für die Einzelheiten wird auf das Beschwerdeschreiben Bezug genommen.
10
Mit Beschluss vom 13.11.2022 (Bl. 17/18 d.A.) half das AG Ebersberg der sofortigen Beschwerde nicht ab. Mit Schreiben vom 19.12.2022 (Bl. 21/24 d.A.) nahm die Schuldnerin zu dem Nichtabhilfebeschluss Stellung.
11
Das Beschwerdegericht hat neben der Gerichtsvollzieherakte auch die Akte des bei dem AG Ebersberg und dem LG München II geführten Zivilverfahrens, Aktz.: 9 C 518/19 und 8 S 2961/20 und die Akte des bei dem AG München geführten Verbraucherinsolvenzverfahrens, Aktz.: 1504 IK ... beigezogen.
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Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 793 ZPO statthaft und wurde von der Schuldnerin form- und nicht widerlegbar fristgerecht (§ 569 Abs. 1 und 2 ZPO) erhoben.
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Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen.
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Das AG Ebersberg hat den Widerspruch der Schuldnerin vom 14.11.2022 gegen die Eintragungsanordnung vom 27.10.2022 zu Recht mit Beschluss vom 23.11.2022 zurückgewiesen und auch zu Recht der Beschwerde nicht abgeholfen. Denn die Voraussetzungen für den Erlass und die Vollziehung der Eintragungsanordnung liegen vor.
1. Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung
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Die von der Gläubigerin betriebene Zwangsvollstreckung ist zulässig.
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a) Die Zahlungen, welche die hiesige Gläubigerin und die unfallgegnerische Haftpflichtversicherung zur Regulierung der Schäden der Schuldnerin, die diese infolge des Unfallereignisses vom 18.03.2016 erlitten hatte, leisteten, führten in voller Höhe zu einer Mehrung der in § 35 Abs. 1 InsO definierten Insolvenzmasse. Da die Gläubigerin zuerst reguliert hatte, ist der Schadenersatzanspruch der Schuldnerin gegen die unfallgegnerische Haftpflichtversicherung (§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG) in Höhe des von der Gläubigerin regulierten Betrages, d.h. in Höhe von 3.870,73 €, nach § 86 Abs. 1 VVG auf die Gläubigerin übergegangen. Die zeitlich nachfolgende Zahlung der unfallgegnerischen Haftpflichtversicherung erfolgte daher in dieser Höhe an die Schuldnerin als Nichtberechtigte. Nach den Feststellungen des LG München II im Urteil vom 29.06.2021 war die Leistung der unfallgegnerischen Haftpflichtversicherung gegenüber der hiesigen Gläubigerin nach § 412, 407 Abs. 1 BGB wirksam. Die Gläubigerin erwarb in der Folge einen bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 816 Abs. 2 BGB gegen die Schuldnerin als Nichtberechtigte in Höhe des zuvor auf sie übergegangenen Schadenersatzanspruchs, d.h. in Höhe von 3.870,73 €. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des LG München II vom 29.06.2021 ist davon auszugehen, dass sich dieser Anspruch der Gläubigerin infolge wirksamer Aufrechnung der Schuldnerin auf 3.317,21 € reduzierte.
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b) Dieser bereicherungsrechtliche Ausgleichsanspruch der Gläubigerin stellt, da er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO eine Masseverbindlichkeit dar. Die Vorschrift ist einschränkend dahin auszulegen, dass eine Masseverbindlichkeit nur vorliegt, wenn die Insolvenzmasse unmittelbar bereichert ist. Für eine solche unmittelbare Bereicherung ist es notwendig, dass der Treuhänder aufgrund der Leistungen der Gläubigerin und der unfallgegnerischen Haftpflichtversicherung Gelder erlangt hat, die zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger eingesetzt werden können. Sind die Gelder nur formal zur Insolvenzmasse, tatsächlich aber nur in den Verfügungsbereich der Schuldnerin gelangt, handelt es sich nicht um eine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO (vgl. BGH vom 15.04.2010, NJW 2010, 1806 [Rn. 8]).
18
c) Ob eine unmittelbare Bereicherung der Masse stattgefunden hat oder aber nur ein formale, im Rahmen derer lediglich die Schuldnerin über die gezahlten Regulierungsbeträge verfügen konnte, bedarf keiner Entscheidung. Denn in keinem der beiden danach in Betracht kommenden Fallkonstellationen besteht für die hiesige Gläubigerin ein Zwangsvollstreckungsverbot.
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aa) Im Fall einer unmittelbaren Bereicherung der Masse wäre die Gläubigerin Neumassegläubigerin, da sie ihre Forderungen gegen die Schuldnerin erst in den Jahren ab 2016 und damit lange Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben hat. Für eine Neumassegläubigerin wäre die Zwangsvollstreckung nur unter den Voraussetzungen des § 90 Abs. 1 InsO, d.h. nur innerhalb der ersten sechs Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig. Nachdem das Insolvenzverfahren bereits am 12.02.2010 eröffnet wurde, greift diese Beschränkung nicht ein. Die Zwangsvollstreckung wäre danach zulässig (vgl. Cymutta, in beckOK, Insolvenzrecht, 31. Edition, Stand 15.04.2023, § 90 InsO Rn. 11). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach Einsicht des Gerichts in die beigezogene Insolvenzakte des AG München, Aktz.: 1504 ..., festzustellen ist, dass ein Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO in Ermangelung einer Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Treuhänder nicht besteht.
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bb) Im Fall einer nur formalen Bereicherung der Masse wäre die hiesige Gläubigerin Neugläubigerin, da sie ihre Forderungen gegen die Schuldnerin erst in den Jahren ab 2016 und damit lange Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben hat. Als Neugläubigerin unterliegt sie, anders als Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO, nicht dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO (vgl. Cymutta, in beckOK, Insolvenzrecht, 31. Edition, Stand 15.04.2023, § 89 InsO Rn. 8; BGH vom 09.12.2012, NZI 2012, 409 [Rn. 28 f.]). Aus dem von der Schuldnerin zitierten Beschluss des BGH vom 24.05.2012, Aktz.: IX ZB 275/10 (NJW-RR 2012, 1433) ergibt sich nichts anderes. Der BGH hat in diesem Beschluss entschieden, dass es das nach § 89 Abs. 1 InsO für Insolvenzgläubiger bestehende Zwangsvollstreckungsverbot ausschließe, dass Insolvenzgläubiger während des noch laufenden Insolvenzverfahrens die Abnahme der Offenbarungsversicherung (entspricht nach aktueller Rechtslage der Vermögensauskunft), verlangen können. Die hiesige Gläubigerin ist aber nicht Insolvenzgläubigerin. Die Entscheidung ist daher im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Im Übrigen ist aus den Regelungen des § 89 Abs. 2 InsO, der die Zwangsvollstreckung von Nichtinsolvenzgläubigern bzw. Neugläubigern in bestimmte Forderungen beschränkt, im Umkehrschluss zu entnehmen, dass die Zwangsvollstreckung dieser Gläubiger grundsätzlich zulässig ist.
21
d) Die Schuldnerin kann die Vermögensauskunft auch nicht unter Verweis darauf verweigern, dass kein insolvenzfreies oder sonst pfändbares Vermögen vorhanden ist. Denn die Beurteilung der Frage, in welche Vermögensgegenstände vollstreckt werden bzw. was gepfändet werden darf, obliegt nicht der Schuldnerin, sondern der Gerichtsvollzieherin bzw. dem Vollstreckungsgericht (vgl. Fleck, in beckOK, ZPO, 48. Edition, Stand 01.03.2023, § 802c Rn. 29). Vor diesem Hintergrund können im Rahmen der zu erteilenden Auskunft allenfalls einzelne Fragen unzulässig sein, soweit diese von vornherein erkennbar nicht geeignet sind, Erkenntnisse zu im Rahmen der Zwangsvollstreckung verwertbaren Vermögensgegenständen zu erbringen. Es ist aber nicht das Verfahren zur Abgabe der Vermögenauskunft als solcher unzulässig. Die Gerichtsvollzieherin hat daher rechtmäßig den Vollstreckungsauftrag ausgeführt und zur Abgabe der Vermögensauskunft geladen. Aus den genannten Gründen fehlt der von der Gläubigerin betriebenen Zwangsvollstreckung auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
22
e) Das von der Schuldnerin in Bezug genommene Pfändungsverbot des § 803 Abs. 2 ZPO statuiert, dass eine wirtschaftlich zwecklose, weil nicht kostendeckende Pfändung von Vermögensgegenständen zu unterbleiben hat. Im hiesigen Verfahren geht es aber nicht um eine Pfändung, sondern um die Abnahme der Vermögensauskunft. Das Verbot greift daher nicht.
23
f) Die Schuldnerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie ihre Auskunftspflichten bereits im Rahmen des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Treuhänder erfüllt hat. Die Gläubigerin betreibt in zulässiger Weise ein von dem Insolvenzverfahren getrenntes Zwangsvollstreckungsverfahren und sie ist auch nicht Insolvenzgläubigerin. Die Auskunftserteilung gegenüber dem Treuhänder ist daher nicht geeignet, den gesondert bestehenden Auskunftsanspruch der Gläubigerin zu befriedigen.
2. Voraussetzungen der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis
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Die Voraussetzungen für die Eintragung der Schuldnerin in das Schuldnerverzeichnis liegen vor.
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Für die Durchführung der Zwangsvollstreckung ist nach § 753 Abs. 1 ZPO der Gerichtsvollzieher/die Gerichtsvollzieherin zuständig. Für die Einholung der Vermögensauskunft des Schuldners (§§ 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 802e ZPO) und für die Anordnung der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (§ 882c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) ist der Gerichtsvollzieher/die Gerichtsvollzieherin bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Schuldnerin ihren allgemeinen Wohnsitz hat. Im vorliegenden Fall ist das das AG Ebersberg.
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Die Gerichtsvollzieherin hat die Eintragung der Schuldnerin in das Schuldnerverzeichnis nach § 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu Recht angeordnet, da die Schuldnerin ihrer Pflicht zur Abgabe einer Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist.
27
Die Schuldnerin war nach § 802c Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Erteilung einer Vermögensauskunft verpflichtet.
28
Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung nach § 750 Abs. 1 ZPO liegen vor. Die Vollstreckung erfolgt wegen einer Geldforderung. Die Gläubigerin hat die Zwangsvollstreckung ihrer Forderungen einschließlich der Kosten, sowie die Erholung einer Vermögensauskunft beantragt (§§ 754 Abs. 1, 788 Abs. 1, 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
29
Das Verfahren nach § 802f ZPO wurde bei Einholung der Vermögensauskunft eingehalten.
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Die Gerichtsvollzieherin hat die Schuldnerin mit Schreiben vom 31.03.2022, ihr zugestellt am 02.04.2022, eine Zahlungsfrist von zwei Wochen gesetzt (§ 802f Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für den Fall der Nichtbegleichung der Forderungen hat sie Termin nach Ende der Zahlungsfrist, nämlich am 25.04.2022 bestimmt und die Schuldnerin in ihre Geschäftsräume geladen (§ 802f Abs. 1 Satz 2 ZPO). Nachdem der Termin von der Gerichtsvollzieherin am 21.04.2022 aufgehoben wurde, war sie berechtigt, einen neuen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft zu bestimmen (vgl. Fleck, in beckOK ZPO, 48. Edition, Stand 01.03.2023, § 802f Rn. 2a).
31
Mit Schreiben vom 14.10.2022, der Schuldnerin zugestellt am 17.10.2022 hat die Gerichtsvollzieherin die Schuldnerin erneut zur Abgabe der Vermögensauskunft auf den 27.10.2022 geladen. Da die Gerichtsvollzieherin die Schuldnerin bereits mit Schreiben vom 02.04.2022 erfolglos zur Zahlung aufgefordert hatte, musste sie der Schuldnerin gem. § 802f Abs. 1 Satz 4 ZPO nicht erneut eine Zahlungsfrist von zwei Wochen setzen.
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In dem Schreiben vom 14.10.2022 wurden die nach § 802f Abs. 3 ZPO erforderlichen Belehrungen erteilt. Insbesondere wurde die Schuldnerin auch über die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis belehrt, falls sie die Vermögensauskunft nicht abgeben sollte. Das Schreiben wurde der Schuldnerin am 14.10.2022 zugestellt (§ 802f Abs. 4 ZPO). In dem Schreiben wurde das Verfahren genau bezeichnet und das Aktenzeichen angegeben. Der Verfahrensgrund, die Verfahrensbeteiligten einschließlich der Person des Gerichtsvollziehers und die Höhe der Forderungen einschließlich der Vollstreckungskosten waren benannt.
33
Die Schuldnerin hat die offenen Forderungen nicht beglichen und die Vermögensauskunft nicht abgegeben. Zum Termin am 27.10.2022 ist sie unentschuldigt nicht erschienen.
34
Die Gerichtsvollzieherin hat die Eintragungsanordnung am 27.10.2022 ordnungsgemäß gefertigt. Sie ist nach § 882c Abs. 2 Satz 1 ZPO zutreffend damit begründet, dass die Schuldnerin ihrer Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist. Die Eintragungsanordnung enthält die nach § 882c Abs. 3 Satz, 882b Abs. 2 und 3 ZPO erforderlichen Daten. Sie wurde der Schuldnerin gemäß § 882c Abs. 2 Satz 2 ZPO am 29.10.2022 zugestellt. Die Schuldnerin hat die offenen Forderungen auch seitdem nicht beglichen.
35
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
36
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 bis 3 ZPO liegen nicht vor.