Titel:
Übertragung eines gebündelten Dienstpostens unterliegt grundsätzlich nicht der Bestenauslese
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2
VwGO § 146 Abs. 4
Leitsätze:
1. Dienstpostenvergaben sind dann an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG zu messen, wenn es sich um vorgelagerte Auswahlentscheidungen handelt, durch die eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende Ämtervergabe vermittelt und die Auswahl für die Ämtervergabe damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird (stRspr BVerwG BeckRS 2013, 53574). (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Vergabe eines Dienstpostens ohne statusrechtliche Änderung unterliegt nur ausnahmsweise dann den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Beschränkungen, wenn es sich um eine vorgelagerte Auswahlentscheidung handelt, der Dienstposten sonst förderlich ist oder der Dienstherr sich freiwillig den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen hat. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bundesbeamtenrecht, Anspruch auf Fortführung des Auswahlverfahrens (verneint), Bewerbungsverfahrensanspruch, Dienstpostenvergabe, Gebündelter Dienstposten, Höherwertiger Dienstposten (verneint), Dienstposten in sonstiger Weise „förderlich“ (verneint), Freiwillige Unterwerfung unter die Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG (verneint), Willkür (verneint), gebündelter Dienstposten, höherwertiger Dienstposten (verneint), Dienstposten in sonstiger Weise "förderlich" (verneint), freiwillige Unterwerfung unter die Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG (verneint), einstweilige Anordnung
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 28.11.2022 – M 21b E.22.2931
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17244
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 28. November 2022 – M 21b E 22.2931 – wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt im Wege einstweiligen Rechtschutzes die Fortführung des Auswahlverfahrens hinsichtlich des vom Bundespolizeipräsidium im September 2021 ausgeschriebenen Dienstpostens eines Sachbearbeiters im Referat X – Projektmanagement (Besoldungsgruppe A11-13g(Z) BBesO).
2
Auf die Stellenausschreibung bewarben sich der Antragsteller und die Mitbewerberin S. Beide stehen im Dienst der Antragsgegnerin, der Antragsteller als Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A11) auf einem mit A9g bis A11 BBesO bewerteten Dienstposten, S. als Regierungsamtfrau (Besoldungsgruppe A11) auf einem mit A10 bis A12 BBesO bewerteten Dienstposten.
3
Als Anforderungen werden in der Stellenausschreibung aufgeführt:
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„konstitutiv (obligatorisch)
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a) Laufbahnbefähigung für den gehobenen Verwaltungsdienst
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b) Mindestens Regierungsamtfrau/-mann
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Anforderungsprofil II, insofern kein/-e Bewerber/-in nach I. erfüllt“:
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c) Laufbahnbefähigung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit unbegrenzter Ämterreichweite.
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d) Mindestens Polizeihauptkommissar/in“
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nicht konstitutiv (fakultativ):
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e) Erfahrungen im konzeptionellen Arbeiten
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f) Fortgeschrittene Kenntnisse und Erfahrungen in einer höheren objektorientierten Programmiersprache (z.B. Visual Basic.NET)
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g) Fortgeschrittene Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit relationalen Datenbanksystemen (z.B. Postgre SQL) und SQL
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h) Kenntnisse im Projektmanagement
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i) Qualität und Verwertbarkeit
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k) Schriftlicher Ausdruck
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m) Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln
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o) Denk- und Urteilsfähigkeit
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p) Konzeptionelles Arbeiten
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q) Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit“
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Unter „Anmerkungen“ wird u.a. ausgeführt: „Ziffer 4.1.3 der Beurteilungsrichtlinie fließt in die Auswahlentscheidung mit ein.“ Personalauswahlgespräche mit den „bestgeeigneten“ Bewerberinnen/Bewerbern bleiben vorbehalten.
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Mit Schreiben vom 29. November 2021 teilte das Bundespolizeipräsidium dem Antragsteller mit, dass vorgesehen sei, ihn im Rahmen der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Diese stehe unter dem Vorbehalt, dass keine Rechtsmittel gegen die Personalauswahl eingelegt werden. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2021 nahm das Bundespolizeipräsidium die dem Antragsteller erteilte „Zusage“ mit der Begründung zurück, dass zwischenzeitlich Rechtsmittel eingelegt worden seien. Beide Schreiben wurden der Bundespolizeidirektion 11 per E-Mail mit der Bitte um Aushändigung an den Antragsteller und Übersendung des Empfangsbekenntnisses übersandt. Ein Nachweis, dass die Schreiben dem Antragsteller zugegangen sind, findet sich in der vorgelegten Akte nicht.
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Mit Schreiben vom 7. Februar 2022 teilte das Bundespolizeipräsidium dem Antragsteller mit, dass er im Rahmen der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigt werden könne. Zur Erläuterung heißt es, der Antragsteller erfülle die Voraussetzungen des Anforderungsprofil II zur Gänze. Nach Anforderungsprofil I habe „auf Grundlage der Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung“ die Mitbewerberin S. ausgewählt werden können. Mit weiterem Schreiben vom 7. Februar 2022 wurde dieser mitgeteilt, dass vorgesehen sei, sie im Rahmen der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Auch für diese Schreiben findet sich in der Akte kein Zugangsnachweis.
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Am 14. Februar 2022 teilte die Sachbearbeiterin beim Bundespolizeipräsidium dem Antragsteller per E-Mail mit, dass die Mitbewerberin S. an dem ausgeschriebenen Posten kein Interesse mehr habe und ihre Bewerbung zurückziehe, und erkundigte sich, ob der Antragsteller weiterhin Interesse an einer Beschäftigung im Referat X habe, was dieser per E-Mail vom selben Tag bejahte. Mit E-Mail vom 21. Februar 2022 teilte sie dem Antragsteller mit, dass die Ausschreibung „mit den zuletzt versendeten Personalverfügungen“ beendet werden solle. Eine „nochmalige Zusage“ sei daher für den Antragsteller nicht vorgesehen. Sie gehe davon aus, dass der Dienstposten erneut ausgeschrieben werde. Hierauf wandte sich der Antragsteller mit E-Mail vom 28. Februar 2022 erneut an das Bundespolizeipräsidium und wies darauf hin, er habe bislang weder eine schriftliche Zu- oder Absage erhalten.
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Unter dem 21. März 2022 vermerkte die Sachbearbeiterin beim Bundespolizeipräsidium in der Akte: „S. hat abgesagt. Verfahren beendet“.
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Ausweislich des Empfangsbekenntnisses wurde dem Antragsteller am 21. April 2022 das Schreiben des Bundespolizeipräsidiums vom 7. Februar 2022 ausgehändigt. Hiergegen erhob der Antragsteller unter dem 3. Mai 2022 Widerspruch.
31
Am 5. Mai 2022 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragt, der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, das abgebrochene Auswahlverfahren über den Dienstposten „Sachbearbeiter im Referat X – Produktmanagement“ gemäß Stellenausschreibung mit dem Antragsteller als Bewerber fortzuführen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen die Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs geltend gemacht. Ausgeschrieben sei ein höherwertiger Dienstposten, der Leitungsaufgaben umfasse. Der Stellenbesetzung komme eine qualifizierende Vorwirkung zu. Der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens sei formell und materiell rechtswidrig und habe es deshalb nicht vermocht, das Verfahren mit der Folge zu beenden, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch erloschen sei. Aus der Akte erschließe sich nicht, wann und aus welchen Gründen beschlossen worden sei, das Verfahren abzubrechen. Ein sachlicher Grund für den Abbruch liege nicht vor und sei auch nicht gegenüber dem Antragsteller kommuniziert worden.
32
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2022 wies das Polizeipräsidium den Widerspruch des Antragstellers zurück. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, mit dem Stellenbesetzungsverfahren sei keine Beförderungsauswahl verbunden. Das Stellenbesetzungsverfahren sei nicht abgebrochen, sondern mit der abschließenden Bewerberauswertung und der Versendung der Zu- und Absage am 7. Februar 2022 „abgeschlossen“ worden. Das organisations- und verwaltungspolitische Ermessen der Antragsgegnerin führe zur Entscheidung, das Stellenbesetzungsverfahren, das am 7. Februar 2022 beendet worden sei, „nicht mit einer Dienstpostenbesetzung im nachrangigen Ausschreibungsprofil II abzuschließen“. Vielmehr solle der Dienstposten erneut intern für Verwaltungsbeamte ausgeschrieben werden.
33
Mit Beschluss vom 28. November 2022 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Er habe nicht glaubhaft machen können, dass er einen Anspruch auf Fortsetzung des Auswahlverfahrens habe. Bei Auswahlverfahren bezüglich eines nicht förderlichen Dienstpostens könne ein Bewerbungsverfahrensanspruch nur ausnahmsweise bestehen, wenn sich der Dienstherr freiwillig den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen und damit gebunden habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Da der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht habe, dass er einen Anordnungsanspruch habe, könne offenbleiben, ob die Antragsgegnerin das Auswahlverfahren rechtmäßig abgebrochen habe. Auch ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht worden.
34
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, mit der er sein Rechtsschutzbegehren weiterverfolgt.
35
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
36
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.
37
Die Gründe, die mit der Beschwerde fristgerecht dargelegt worden sind und auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i.V.m. Satz 1 und 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, dem mit dem Rechtsmittel weiterverfolgten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entsprechen.
38
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat. Er kann den geltend gemachten Anspruch auf Fortführung des Auswahlverfahrens nicht auf den Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG stützen. Der Vergabe des ausgeschriebenen Dienstpostens kommt keine Statusrelevanz zu. Sie ist daher nicht an den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Beschränkungen zu messen (1.). Den Anspruch kann der Antragsteller auch nicht aus einem Verstoß gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Willkürverbot herleiten (2.).
39
1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach dürfen öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinn nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Der Grundsatz der Bestenauswahl gilt für Beförderungen – also die unmittelbare Vergabe öffentlicher Ämter im statusrechtlichen Sinn – unbeschränkt und vorbehaltslos. Jeder Bewerber hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG stehen (BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – juris Rn. 15). Dem Bewerbungsverfahrensanspruch ist grundsätzlich auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen (BVerfG, B.v. 28.11.2011 – 2 BvR 1181/11 – juris Rn. 22 m.w.N.; BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – juris Rn. 18 ff.).
40
Vorliegend steht allerdings – insoweit zwischen den Beteiligten auch unstreitig – nicht die Vergabe eines öffentlichen Amtes im statusrechtlichen Sinn, sondern lediglich die Vergabe eines Dienstpostens inmitten. Dienstpostenvergaben unterliegen den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Beschränkungen nur ausnahmsweise, wenn es sich um vorgelagerte Auswahlentscheidungen handelt (a), der Dienstposten sonst förderlich ist (b) oder der Dienstherr sich freiwillig den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen hat (c). Keiner dieser Ausnahmefälle liegt hier vor.
41
a) Dienstpostenvergaben sind – ebenso wie Entscheidungen über den Abbruch eines eingeleiteten Auswahlverfahrens – ausnahmsweise dann an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG zu messen, wenn es sich um vorgelagerte Auswahlentscheidungen handelt, durch die eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende Ämtervergabe vermittelt und die Auswahl für die Ämtervergabe damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 14; U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – juris Rn. 15; U.v. 23.3.2021 – 2 VR 5.20 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 4.8.2022 – 6 ZB 22.1332 – juris Rn. 8). Dies hat das Bundesverwaltungsgericht für den Fall angenommen, dass es sich bei dem ausgeschriebenen Dienstposten für die Bewerber um einen höherwertigen Dienstposten handelt, dessen Übertragung die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung (§ 22 Abs. 2 BBG) schafft (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 15).
42
Anders als der Antragsteller meint, entfaltet die Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens hier keine Vorwirkung in diesem Sinn. Denn der ausgeschriebene, mit der Besoldungsgruppe A11-13g BBesO gebündelt bewertete Dienstposten stellt weder für den Antragsteller noch die Mitbewerberin, die beide – dem konstitutiven Anforderungsprofil I bzw. II entsprechend – bereits ein Amt der Besoldungsgruppe A11 innehaben, einen höherwertigen Dienstposten dar. Hat ein Beamter ein Statusamt einer der von der Bündelung betroffenen Besoldungsgruppe inne, stellt der Einsatz in jedem der dem Dienstposten zugeordneten Statusämter grundsätzlich eine amtsangemessene (vgl. BVerfG, B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 48) und damit zugleich keine „höherwertige“ Beschäftigung dar (BVerwG, U.v. 25.1.2007 – 2 A 2.06 – juris Rn. 11; U.v. 30.6.2011 – 2 C 19.10 – juris Rn. 30; BayVGH, B.v. 10.4.2013 – 6 ZB 12.1442 – juris Rn. 6; VGH BW, B.v. 16.12.2019 – 4 S 2980/19 – juris Rn. 14; OVG NW, B.v. 9.7.2021 – 1 A 24/18 – juris Rn. 50, 56; HessVGH, B.v. 5.7.2022 – 1 B 64/22 – juris Rn. 30).
43
Vorliegend richtet sich die Ausschreibung vielmehr ausschließlich an Bewerber, die – wie der Antragsteller und die Mitbewerberin – bereits über ein Statusamt der Besoldungsgruppe A11 („mindestens Regierungsamtsfrau/-mann“ oder „mindestens Polizeihauptkommissar/in“) verfügen und dementsprechend amtsangemessen auf dem ausgeschriebenen, gebündelt bewerteten Dienstposten eingesetzt werden können. Das Ausschreibungsverfahren war somit nicht auf Beförderungen, sondern allein auf die Dienstpostenvergabe im Wege einer ämtergleichen Umsetzung oder Versetzung ausgerichtet. Wie die Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 10. August 2022 ausführt, soll die Beförderungsentscheidung unabhängig von der Dienstpostenvergabe auf der Grundlage der Beförderungsrichtlinien erfolgen. Die Antragsgegnerin hat mithin, wie sie zu Recht hervorhebt, die Dienstpostenvergabe von der Auswahlentscheidung für die Vergabe des Statusamts entkoppelt (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.12 – juris Rn. 26). Die – den Schutzbereich des Art. 33 Abs. 2 GG – eröffnende Fallkonstellation, dass der Dienstherr in einem einaktigen Verfahren sowohl über die Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens als auch über die Vergabe des entsprechenden Statusamts für den Fall der laufbahnrechtlichen Bewährung entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2018 – 2 A 5.18 – juris Rn. 30 f.; U.v. 23.3.2021 – 2 VR 5.20 – juris Rn. 22) liegt hier somit gerade nicht vor.
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b) Einer Dienstpostenvergabe ist auch dann an den Beschränkungen des Art. 33 Abs. 2 GG zu messen, wenn der Dienstposten für den mit der Ausschreibung angesprochenen Bewerberkreis in sonstiger Weise als „förderlich“ anzusehen ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Dienstherr dies in einer speziellen Ausschreibung erkennen lässt oder in ständiger Verwaltungspraxis die Wahrnehmung von mit dem Dienstposten verbundenen Funktionen im Rahmen späterer Beförderungsentscheidungen besonders berücksichtigt oder sogar voraussetzt (vgl. BVerwG, B.v. 7.12.2016 – 1 WDS-VR 4.16 – juris Rn. 31; B.v. 1.3.2018 – 1 WB 40.17 – juris Rn. 23; VGH BW, B.v. 16.12.2019 – 4 S 2980/19 – juris Rn. 16; OVG NW, B.v. 9.7.2021 – 1 A 24/18 – juris Rn. 61; B.v. 5.9.2022 – 6 A 2306/20 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 4.8.2022 – 6 ZB 22.1332 – juris Rn. 8, 11). Dabei ist jedoch eine hinreichend enge Beziehung zwischen der Besetzung des Dienstpostens und den nachfolgenden Beförderungsentscheidungen im Sinne einer Vorprägung bzw. qualifizierten Vorwirkung erforderlich. Die Wahrnehmung des Dienstpostens muss maßgebliche Bedeutung für das weitere berufliche Fortkommen haben. Die Eröffnung lediglich einer ungewissen Chance auf Beförderung reicht mithin für die Annahme einer Statusrelevanz der Dienstpostenbesetzung nicht aus (OVG NW, B.v. 5.9.2022 – 6 A 2306/20 – juris Rn. 18). Ist der Einsatz auf dem ausgeschriebenen Dienstposten für eine spätere Beförderung zwar nützlich, aber nicht zwingend, muss die Auswahl für die Vergabe auch nicht gemäß Art. 33 Abs. 2 GG nach dem Prinzip der Bestenauslese erfolgen (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2018 – 1 WB 40.17 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 4.8.2022 – 6 ZB 22.1332 – juris Rn. 13 ff., 16).
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Der ausgeschriebene Dienstposten ist danach nicht als in diesem Sinn als in sonstiger Weise „förderlich“ anzusehen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Wahrnehmung der mit dem ausgeschriebenen Dienstposten als Sachbearbeiter im Referat X verbundenen Funktionen – etwa der damit einhergehenden Leitungsfunktion – Voraussetzung für die spätere Vergabe eines Statusamts der Besoldungsgruppe A12 wäre, liegen nicht vor. Zwar setzt die Beförderung in ein solches – höheres – Statusamt nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten voraus, dass der Bewerber bereits auf einem entsprechend bewerteten Dienstposten eingesetzt ist. Dass dies zwingend der ausgeschriebene Dienstposten (hier also eines Sachbearbeiters im Referat X) sein muss und nicht auch jeder andere (entsprechend bewertete) Dienstposten sein kann, ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass die Vergabe gerade des ausgeschriebenen Dienstpostens maßgebliche Bedeutung für das weitere berufliche Fortkommen des Antragstellers hat, ist mithin nicht glaubhaft gemacht. Sie ist keine zwingende Voraussetzung, sondern eröffnet vielmehr nur eine bloße Chance auf eine spätere Beförderung.
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c) Der Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ist auch dann eröffnet, wenn der Dienstherr sich für die Vergabe des (nicht höherwertigen) Dienstpostens ausnahmsweise freiwillig den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen hat (vgl. BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6.13 – juris Rn. 21. ff; BayVGH, B. v 25.8.2017 – 6 CE 17.1550 – juris Rn. 12; VGH BW, B.v. 16.12.2019 – 4 S 2980/19 – juris Rn. 18; OVG NW, U.v. 9.7.2021 – 1 A 24/18 – juris Rn. 63 ff.; HessVGH, B.v. 5.7.2022 – 1B 64/22 – juris Rn. 33). Für die Annahme einer solchen Sondersituation (BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – juris Rn. 21) liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.
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Die Stellenausschreibung selbst, deren Inhalt am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber zu ermitteln ist (BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – juris Rn. 22), spricht nicht dafür, dass die Antragsgegnerin sich ausnahmsweise freiwillig den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG unterwerfen wollte. Denn die Ausschreibung richtet sich, wie bereits dargelegt, ausdrücklich an Bewerber, die die zwingende Voraussetzung „mindestens Regierungsamtfrau/-mann (Anforderungsprofil I)“ oder „mindestens Polizeihauptkommissar/in“ (Anforderungsprofil II) erfüllen, also bereits der Besoldungsgruppe A11 angehören. Beförderungsbewerbungen – die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen wären – sind damit erkennbar ausgeschlossen (vgl. BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – juris Rn. 22).
48
Anders als der Antragsteller meint, folgt auch nichts anderes aus dem Umstand, dass der Ausschreibungstext unter „Anmerkungen“ den Hinweis enthält „Ziffer 4.3.1 der Beurteilungsrichtlinie fließt in die Auswahlentscheidung mit ein“. Wie schon der Wortlaut „fließt […] ein“ zeigt, soll die (Ziffer 4.3.1 der) Beurteilungsrichtlinie gerade nicht unmittelbar zur Anwendung kommen.
49
Ebenso wenig lässt sich aus den in der Stellenausschreibung genannten fakultativen Anforderungen – e) bis q) – oder den ausdrücklich vorbehaltenen Personalgesprächen mit den bestgeeigneten Bewerbern (vgl. Anmerkungen, letzter Absatz) eine freiwillige Unterwerfung unter die Maßgaben des Art. 33 Abs. 2 GG herleiten. Insoweit sind zwar neben dienstpostenbezogenen Kriterien – e) bis h) – auch solche genannt, die die Leistung – i) bis m) – und Befähigung – n) bis q) – im Allgemeinen betreffen. Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall ein Vergleich anhand dieser Kriterien schon deshalb nicht stattgefunden hat, weil nur die Mitbewerberin das (vorrangige) konstitutive Anforderungsprofil I erfüllt hat, der Antragsteller hingegen nur das Anforderungsprofil II, lässt sich eine Bindung an die Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG nicht allein aus dem Umstand herleiten, dass der Dienstherr bei einer Auswahlentscheidung zwischen mehreren, gleichermaßen dem konstitutiven Anforderungsprofil I bzw. II genügenden Bewerbern neben den aufgeführten dienstpostenbezogenen Kriterien auch solche Gesichtspunkte berücksichtigt, die gemäß Art. 33 Abs. 2 GG im Rahmen einer Entscheidung über eine Beförderung heranzuziehen wären. Dem Dienstherrn steht es frei, auch bei der statusgleichen, nicht nach den Vorgaben der Bestenauslese anhand der Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG erfolgenden Besetzung eines Dienstpostens einen Bewerber auszuwählen, der hierfür – zulässigerweise bezogen auf die Anforderungen des Dienstpostens – am besten geeignet sei, dafür ein Anforderungsprofil zu erstellen und Personalauswahlgespräche mit den bestgeeigneten Bewerbern zu führen (OVG NW, B.v. 16.2.2021 – 6 B 59/21 – juris Rn. 8; B.v. 5.9.2022 – 6 A 2306/20 – juris Rn. 25). Dass es für den Dienstherrn bei seiner Entscheidung über eine Dienstpostenvergabe darauf ankommt, welcher Beamte über die für die Aufgabenerfüllung verbundenen Kompetenzen verfügt, mithin bestmöglich für die mit dem Dienstposten verbundenen Aufgaben geeignet, versteht sich von selbst (VGH BW, B.v. 16.12.2019 – 4 S 2980/19 – juris Rn. 18).
50
Dementsprechend kann der Antragsteller auch mit dem Einwand nicht durchdringen, die Antragsgegnerin habe ihm in ihrem Schreiben vom 7. Februar 2022 ausdrücklich mitgeteilt, nach Anforderungsprofil I habe auf Grundlage der Auswahl „nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung“ die Mitbewerberin ausgewählt werden können. Eine Bestenauslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung hat hier – für den Antragsteller erkennbar – überhaupt nicht stattgefunden. Dem Antragsteller ist zuzugeben, dass die verwendete Formulierung – womöglich ein Textbaustein – insoweit irreführend ist, als sie dahingehend verstanden werden könnte, dass eine Auswahlentscheidung nach Maßgabe der Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG getroffen wurde. Allerdings ergibt sich aus der dem Schreiben beigefügten Erläuterung eindeutig, dass der Mitbewerberin deshalb der Vorzug gegeben wurde, weil sie – anders als der Antragsteller – das (vorrangige) Anforderungsprofil I erfüllt.
51
2. Den geltend gemachten Anspruch auf Fortführung des Auswahlverfahrens kann der Antragsteller auch nicht aus einem Verstoß gegen das Willkürverbot gemäß Art. 3 Abs. 1 GG herleiten (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2018 – 2 VR 4.18 – juris Rn. 17; VGH BW, B.v. 16.12.2019 – 4 S 2980/19 – juris Rn. 19).
52
Anhaltspunkte dafür, dass die im Widerspruchsbescheid vom 10. August 2022 dokumentierte Entscheidung der Antragsgegnerin, das Stellenbesetzungsverfahren nicht mit einer Dienstpostenbesetzung im nachrangigen Anforderungsprofil II abzuschließen, sondern den Dienstposten erneut intern (nur) für Verwaltungsbeamte auszuschreiben, willkürlich oder rechtsmissbräuchlich wäre. Zwar werden die Gründe hierfür nicht näher ausgeführt. Dass die Antragsgegnerin den ausgeschriebenen Dienstposten, der laut Stellenausschreibung u.a. die fachliche Leitung des Bereichs Kommunikationsdatenauswertung und die Sachbearbeitung im Produktmanagement im Bereich der Kommunikationsdatenauswertung umfasst, nicht mehr nur vorrangig, sondern ausschließlich mit Verwaltungsbeamten besetzen möchte, erscheint im Hinblick auf die hierfür erforderlichen Erfahrungen und Kenntnisse (vgl. die unter e) bis h) genannten Anforderungen) nachvollziehbar und daher von ihrem Verwaltungs- und Organisationsermessen gedeckt. Es ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Neuausschreibung mit geändertem Anforderungsprofil lediglich vorgeschoben und etwa allein aus dem Grund erfolgt, den Antragsteller von der Dienstpostenvergabe auszuschließen.
53
Auf die Frage, ob es sich um einen am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens handelt, der den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen genügt (vgl. hierzu etwa BVerfG, U.v. 28.11.2011 – 2 BvR 1181/11 – juris Rn. 22 f.; BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 2 C 6.11 – juris Rn. 18 ff., U.v. 3.12.2014 – 2 A 3/13 – juris Rn. 19 f jeweils m.w.N.), kommt es schon deshalb nicht an, weil der Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG hier nicht eröffnet ist (vgl. oben unter 1.).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2.
55
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Der Ansatz des Auffangstreitwerts ist angemessen, weil der Antrag nur auf die Fortsetzung des Auswahlverfahrens, nicht jedoch bereits auf die Vergabe des Dienstpostens gerichtet ist. Eine Halbierung des Streitwerts scheidet ungeachtet des Umstands, dass es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, schon deshalb aus, weil allein der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für das Begehren auf Fortführung des abgebrochenen Auswahlverfahrens in Betracht kommt (vgl. BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4.18 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 3 CE 18.2608 – juris Rn. 36, B.v. 31.8.2020 – 6 CE 20.1325 – juris Rn. 19).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).