Inhalt

VGH München, Beschluss v. 03.07.2023 – 3 ZB 22.2457
Titel:

Fiktive Vorverlegung des Diensteintritts als Voraussetzung der Entstehung von weitergehenden Besoldungsansprüchen

Normenkette:
BayBBesG Art. 31 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, Abs. 2, Abs. 6
Leitsatz:
Soweit das Gesetz den Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts anordnet, ist dieser für die Anspruchsentstehung erforderlich. Der Beamte, der den erforderlichen Antrag gestellt hat, ist nicht zur Überwachung verpflichtet, dass die Behörde ihren Verpflichtungen nachkommt; die Behörde kann sich nicht schon deshalb auf Verjährung berufen, weil die Erhebung einer Untätigkeitsklage möglich gewesen wäre. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fiktive Vorverlegung des Diensteintritts, Entstehung der weitergehenden Besoldungsansprüche, fiktive Vorverlegung des Diensteintritts, Antrag, Zulassung, Berufung, Anspruch, Entstehung, Verjährung, feststellender Verwaltungsakt, Anspruchsentstehung, Rechtsfolgenbescheid
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 13.10.2022 – Au 2 K 21.1860
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17237

Tenor

I. Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Oktober 2022 – Au 2 K 21.1860 – wird abgelehnt.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 8.124,80 € festgesetzt.

Gründe

1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich aus anderen Gründen als zutreffend. Der bisherige Streitstand übergeht den Umstand, dass ein Anspruch nicht verjähren kann, bevor er überhaupt entstanden ist. Darauf hat der Berichterstatter die Parteien mit Schreiben vom 19. Juni 2023 folgendermaßen hingewiesen.
2
„Der vom Landesamt für Finanzen langjährig unterlassene Erlass des vom Polizeipräsidium angekündigten Rechtsfolgenbescheids ist Voraussetzung für die Entstehung eines Anspruchs auf höhere Besoldung. Denn nur die sich aus dem tatsächlichen Diensteintritt ergebende Anfangsstufe steht dem Beamten kraft Gesetzes zu, nicht aber die höhere Besoldung, die sich aus der fiktiven Vorverlegung des Diensteintritts ergibt. Dementsprechend verlangt Art. 31 Abs. 6 BayBesG, dass Entscheidungen über die berücksichtigungsfähigen Zeiten dem Beamten schriftlich mitzuteilen sind. Dieses Erfordernis gilt für Entscheidungen nach Abs. 1 und Abs. 2 der Vorschrift (vgl. auch BayVwVBes Nr. 30.1.11.).
3
Soweit das Gesetz den Erlass eines solchen feststellenden Verwaltungsakts anordnet, ist dieser für die Anspruchsentstehung erforderlich (vgl. Kathke in Schwegmann/Summer, § 3 BBesG Rn. 57). Der Beamte, der den erforderlichen Antrag gestellt hat, ist nicht zur Überwachung verpflichtet, dass die Behörde ihren Verpflichtungen nachkommt; die Behörde kann sich nicht schon deshalb auf Verjährung berufen, weil die Erhebung einer Untätigkeitsklage möglich gewesen wäre.“
4
Wenn der Beklagte dazu meint, die Entscheidung des Polizeipräsidiums München vom 23. Mai 2012 über die Anerkennung der förderlichen Zeiten habe konstitutiven Charakter, und der Anspruch sei zu diesem Zeitpunkt entstanden, kann ihm nicht gefolgt werden. Die in Bezug genommene Kommentierung von Kuhlmey in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Art. 31 BayBesG Rn. 65 trägt die Schlussfolgerung des Beklagten nicht. Denn dort heißt es, dass nicht nur die – gegebenenfalls auch nur teilweise – Anerkennung oder Nichtanerkennung der maßgeblichen Zeiten mitgeteilt werden muss, sondern auch die damit verbundenen Rechtsfolgen. Letzteres hat der Bescheid des Polizeipräsidiums aber nicht getan, sondern auf einen Rechtsfolgenbescheid des Landesamts für Finanzen verwiesen. Erst dessen Bescheid vom 9. März 2021 regelt die Rechtsfolgen, die sich aus der gebundenen Entscheidung nach Art. 31 Abs. 1 Nr. 2a BayBesG und der Entscheidung des Polizeipräsidiums gemäß Art. 31 Abs. 2 BayBesG ergeben, nämlich die fiktive Vorverlegung des Diensteintritts vom 1. Januar 2012 auf den 1. Februar 2009 und lässt die sich daraus ergebenden weitergehenden Besoldungsansprüche entstehen. Der Abschlusssatz der Kommentierung („Gegen weitergehende Entscheidungen der Bezügestelle können nur solche Einwände vorgebracht werden, die sich aus einer fehlerhaften Berechnung der Stufe ergeben.“) ändert daran nichts.
5
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.
6
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).