Titel:
Anforderungen an die Klagebegründung nach § 18e Abs. 5 AEG
Normenkette:
AEG § 18e Abs. 5
Leitsätze:
1. Der gerichtlichen Prüfung sind nur diejenigen Einwände zugrunde zu legen, die von den Klägern unter Beachtung der Frist des § 18e Abs. 5 S. 1 AEG substantiiert vorgebracht worden sind. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Innerhalb der Begründungsfrist sind fundiert die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen zu benennen und ist der Prozessstoff dergestalt substantiiert darzulegen, dass klar und unverwechselbar feststeht, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird (vgl. BVerwG BeckRS 2020, 48541 Rn. 16). Eine nur stichwortartige Benennung oder Zusammenfassung von Kritikpunkten beigefügter Gutachten oder deren bloße wörtliche Wiedergabe erfüllt diese Anforderungen nicht. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Drittanfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses für die Änderung einer Eisenbahnüberführung (Neubau mit aufgeweiteter Straßendurchfahrt), Anforderungen an die Klagebegründung nach § 18e Abs. 5 AEG, keine Entschuldigung verspäteten Vorbringens wegen Akteneinsicht, Frage des „geringen Ermittlungsaufwands“ i.S.d. § 18e Abs. 5 Satz 4 AEG hinsichtlich des Inhalts der Behördenakten, Planrechtfertigung, Klagebegründungsfrist, Akteneinsicht, Prozessstoff, stichwortartig, Tatsachenstoff, verspätetes Vorbringen, Präklusion, Betriebsanlage
Rechtsmittelinstanz:
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 26.06.2024 – 7 B 30.23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17206
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 tragen die Kläger zu 1 und zu 2 gesamtschuldnerisch zu 1/2 sowie die Kläger zu 3 und zu 4 gesamtschuldnerisch zu 1/2. Der Beigeladene zu 2 trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Voll¬streckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren die Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses für die Änderung einer Eisenbahnüberführung.
2
Unter dem 21. Mai 2021 erließ das Eisenbahn-Bundesamt gemäß § 18 AEG den Planfeststellungsbeschluss für das Vorhaben „Änderung der Eisenbahnüberführung H. Straße bei Bahnkm 20,666 in der Gemeinde G. Ortsteil K.‘ in der Gemeinde G. im Landkreis Starnberg, Bahnkm 20,666 der Strecke 5504 München – Mittenwald“. Vorhabenträgerin ist die Beigeladene zu 1. Der Beigeladene zu 2 ist Träger der Straßenbaulast für die unterführte Kreisstraße STA 3 (H. Straße).
3
Der Planfeststellungsbeschluss sieht im Kern Folgendes vor (näher PFB S. 9, S. 32 ff., S. 63):
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- Rückbau der bestehenden Eisenbahnüberführung (lichte Höhe ca. 4,00 m; lichte Weite ca. 6,45 m, darunter Gehweg ca. 1,50 m)
- Neubau einer Eisenbahnüberführung mit geänderten Abmessungen (lichte Höhe ca. 4,50 m; lichte Weite ca. 9,00 m, darunter 6,00 m Fahrbahn und 2,50 m Gehweg)
- Anpassung und Änderung der Kreisstraße STA 3 auf einer Länge von 180 m (Gradientenabsenkung; Schaffung einer Fahrbahnbreite von 6,00 m [im Kurvenbereich 7,20 m]; Verlängerung des Gehwegs).
- Anpassung und Änderung zweier einmündender Gemeindestraßen
5
Der Planfeststellungsbeschluss enthält umfangreiche Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz (PFB S. 12 ff.), namentlich zu baubedingten Immissionen (PFB S. 14 ff.), insbesondere zum Baulärm (PFB S. 15 ff.).
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Im Planfeststellungsbeschluss wird das Vorhaben im Wesentlichen damit begründet, dass das im Jahr 1907 erbaute Überführungsbauwerk erhebliche Schäden aufweise und die Beigeladene zu 1 nachvollziehbar dargelegt habe, dass die dauerhafte Verfügbarkeit des Bauwerks durch Sanierungsmaßnahmen nicht mehr wirtschaftlich gewährleistet werden könne. Der somit gebotene Neubau der Überführung sei hinsichtlich der lichten Breite und Höhe der Durchfahrt den aktuellen Anforderungen entsprechend – welche sich u.a. aus straßenrechtlichen Richtlinien ergäben – herzustellen. Bei den Straßenbaumaßnahmen handele es sich um notwendige Folgemaßnahmen i.S.d. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.
7
Teile der Grundstücke der Kläger werden durch das Vorhaben vorübergehend, ein Teil des Grundstücks der Kläger zu 3 und zu 4 auch dauerhaft in Anspruch genommen. Die gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen der Kläger wurden im Planfeststellungsbeschluss zurückgewiesen.
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Die Kläger erhoben mit Schriftsatz vom 7. Juli 2021, eingegangen beim Verwaltungsgerichtshof am gleichen Tag, Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Mai 2021 und beantragten Einsicht in die Behördenakten, die für drei Wochen gewährt wurde (Eingang der Behördenakten bei den Klägerbevollmächtigten am 5.8.2021).
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Mit Schriftsatz vom 31. August 2021 beantragte der Klägerbevollmächtigte, die Behördenakten noch bis 29. September 2021 in den Kanzleiräumen behalten zu dürfen. Auf richterliche Anordnung wurde dem Klägerbevollmächtigten darauf mit Email der Geschäftsstelle vom 7. September 2021 mitgeteilt, dass die Frist zur Akteneinsicht entsprechend verlängert würde.
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Mit Schriftsatz vom 15. September 2021, beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen am gleichen Tag, trugen die Kläger vor, es werde davon ausgegangen, dass mit der gewährten Fristverlängerung „auch die 10-Wochen-Frist aus § 6 UmwRG entsprechend verlängert“ sei. Rein vorsorglich werde jedoch bereits jetzt zur Fristwahrung der streitgegenständliche Lebenssachverhalt mitgeteilt. Sämtliche Kläger seien von dem planfestgestellten Vorhaben durch eine dauerhafte oder zumindest vorübergehende Teil-Inanspruchnahme ihrer Grundstücke betroffen. Die Kläger hätten im Planfeststellungsverfahren form- und fristgerecht Einwendungen erhoben, die sich in den Behördenakten befänden. Diese würden vollumfassend zum Gegenstand der Sachverhaltsdarstellung gemacht. Entsprechend dem Vortrag aus den Einwendungsschriftsätzen bestünden erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung unter den Aspekten Planrechtfertigung, Alternativenplanung, straßenrechtlicher Etikettenschwindel, Umwege während der Bauzeit und Lärm. Ein Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen billige der Planfeststellungsbeschluss den Klägern nicht zu, obwohl in allen vier Bauphasen die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm überschritten würden. Eine ausführliche Klagebegründung werde nach durchgeführter Akteneinsicht nachgereicht. Die Klagebegründungsfrist betreffe nur Tatsachen und Beweismittel, nicht aber Rechtsausführungen.
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Mit Schriftsätzen vom 1. Oktober 2021, vom 7. Februar 2022 und vom 24. April 2023 begründeten die Kläger ihre Klage weiter. Sie machen im Wesentlichen geltend: Dem Vorhaben fehle die Planrechtfertigung. Es sei nicht belegt, dass der Zustand des Überführungsbauwerks so schlecht sei, dass es erneuert werden müsse. Beschränkungen für den Betrieb der Eisenbahnstrecke gebe es nicht und seien auch nicht konkret zu erwarten. Die von der Beklagten angeführten Bauzustandsberichte hätten stets eine Verschlechterung des Bauwerkszustands prognostiziert, die aber nicht eingetreten sei. Diese Berichte hätten auch nicht im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer eines solchen Bauwerks von 130 Jahren, von der auch die Beklagte ausgehe, sei noch lange nicht erreicht. Den Klägern sei die Richtlinie, nach der die Beigeladene zu 1 den Zustand ihrer Bauwerke einstufe, nicht bekannt; auch diese Richtlinie habe nicht ausgelegen. Die Planungsziele könnten auch mit einem Neubau der Überführung mit den bestehenden Abmessungen erreicht werden; diese Variante habe die Beklagte nicht ernsthaft erwogen. In Wahrheit sei das Ziel der Planung, im Gewande eines eisenbahnrechtlichen Verfahrens einen Ausbau der kreuzenden Kreisstraße zu ermöglichen; um eine bloße Folgemaßnahme handele es sich bei dem Straßenausbau daher nicht. Ob die vom Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Dimensionierung der Straße ordnungsgemäß sei, könnten die Kläger nicht überprüfen; die von der Beklagten zugrunde gelegten Richtlinien seien den Klägern nicht bekannt und hätten ebenfalls im Planfeststellungsverfahren nicht ausgelegen. Der Planfeststellungsbeschluss stelle auch nicht sicher, dass die Richtwerte der AVV Baulärm eingehalten werden könnten. Die mit der langen Sperrung der H. Straße durch Umwege einhergehenden Beeinträchtigungen und Umweltauswirkungen seien nicht zumutbar.
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Die Kläger beantragen,
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den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Mai 2021 aufzuheben.
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Der Beklagte und die Beigeladene zu 1 verteidigen den Planfeststellungsbeschluss; sie beantragen jeweils,
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Der Beigeladene zu 2 hat sich schriftsätzlich nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, insbesondere auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll über die mündliche Verhandlung, sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
18
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Mit ihrem innerhalb der Frist des § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 15. September 2021 haben die Kläger den Prozessstoff nicht in der erforderlichen Weise fixiert; aus diesem Vorbringen ergibt sich daher nicht, dass der Planfeststellungsbeschluss – wie die Kläger beantragt haben – aufzuheben ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der nach Ablauf der Klagebegründungsfrist eingegangene Vortrag ist nach § 18e Abs. 5 Satz 2 AEG innerprozessual präkludiert (1.). Aber auch die Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens zur Planrechtfertigung würde der Klage nicht zum Erfolg verhelfen (2.).
19
1. Gem. § 18e Abs. 5 Satz 1, Satz 2 AEG hat der Kläger innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn der Kläger die Verspätung genügend entschuldigt.
20
Der gerichtlichen Prüfung sind damit (nur) diejenigen Einwände zugrunde zu legen, die von den Klägern unter Beachtung der Frist des § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG substantiiert vorgebracht worden sind (vgl. zur Begrenzung der Reichweite der gerichtlichen Prüfung durch derartige Rechtsbehelfsbegründungsfristen, auch i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO: BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 – juris Rn. 14 ff.; U.v. 23.11.2022 – 7 A 9.21 – juris Rn. 13 ff. [zu § 18e Abs. 5 AEG]; U.v. 21.3.2023 – 4 A 9.21 – juris Rn. 14; U.v. 21.2.2023 – 4 A 2.22 – juris Rn. 11 ff.; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – juris Rn. 11 ff.; U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – juris Rn. 11 ff.; BayVGH, U.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40033 – juris Rn. 31 ff. [zu § 6 UmwRG]; BVerwG, B.v. 27.1.2022 – 9 A 19.21 – juris Rn. 6; SächsOVG, B.v. 10.1.2023 – 4 B 260/22 – juris Rn. 17 ff., Rn. 21 ff. [zu § 17e Abs. 5 FStrG]; BVerwG, B.v. 22.3.2023 – 4 VR 4.22 – juris Rn. 10 [zu § 43 Abs. 1 Satz 2 EnWG]). Nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Klagebegründungsfrist soll für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststehen, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird (BVerwG, U.v. 21.2.2023 – 4 A 2.22 – juris Rn. 12; U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – juris Rn. 14); indem so der Prozessstoff zu einem frühen Zeitpunkt festgelegt und damit handhabbar gehalten wird, soll zur Straffung des Gerichtsverfahrens beitragen werden (vgl. BVerwG, B.v. 17.8.2022 – 9 B 7.22 – juris Rn. 11; U.v. 9.12.2021 – 4 A 2.20 – juris Rn. 24). Dies schließt einen späteren, lediglich vertiefenden Tatsachenvortrag nicht aus (BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 – juris Rn. 16).
21
Das innerhalb der Frist des § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG erfolgte Klagevorbringen (1.1) fixiert nicht den Prozessstoff in der erforderlichen Weise (1.2). Das nach Fristablauf erfolgte Klagevorbringen ist – unabhängig davon, ob es den Anforderungen an die nötige Substantiierung entsprach – gem. § 18e Abs. 5 Satz 2 AEG innerprozessual präkludiert (1.3). Die Verspätung ist weder genügend entschuldigt (1.4), noch war es i.S.d. § 18e Abs. 5 Satz 4 AEG mit geringem Aufwand möglich, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung der Kläger zu ermitteln (1.5). Die Kläger können auch nicht mit ihrem Vorbringen durchdringen, die innerprozessuale Präklusion greife nicht, weil Rechtsausführungen von § 18e Abs. 5 AEG nicht erfasst seien (1.6).
22
1.1 Da die Klage am 7. Juli 2021 erhoben wurde, endete die Klagebegründungsfrist des § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG mit Ablauf des 15. September 2021 (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB).
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1.1.1 Eine Fristverlängerung nach § 18e Abs. 5 Satz 5 AEG war den Klägern nicht gewährt worden. Die Annahme der Kläger, mit der Verlängerung der Frist zur Akteneinsicht (Email der Geschäftsstelle vom 7.9.2021) sei „auch die 10-Wochen-Frist aus § 6 UmwRG entsprechend verlängert worden“ (Schriftsatz vom 15.9.2021), trifft nicht zu.
24
Die Kläger hatten schon keinen Fristverlängerungsantrag nach § 18e Abs. 5 Satz 5 AEG gestellt. Ihr Antrag aus dem Schriftsatz vom 31. August 2021 bezog sich eindeutig nur auf die Verlängerung der Frist zur Rücksendung der behördlichen Akten (vgl. § 100 Abs. 3 Satz 3, Satz 4 VwGO) bis 27. September 2021; (nur) eine solche Verlängerung war mit Email der Geschäftsstelle vom 7. September 2021 entsprechend der richterlichen Anordnung vom 6. September 2021 gewährt worden. Mangels Antrags nach § 18e Abs. 5 Satz 5 AEG muss auch – ungeachtet dessen, ob dies überhaupt in Betracht kommt – eine konkludente gerichtliche Verlängerung der Klagebegründungsfrist ausscheiden.
25
Zudem hatten die Kläger bei Klageerhebung vorgetragen, im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Einwendungen erhoben zu haben. Damit ergab sich aus ihrem Vortrag, dass sie i.S.d. § 18e Abs. 5 Satz 5 AEG in dem Verfahren, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen war, eine Beteiligungsmöglichkeit hatten, so dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Klagebegründungsfrist nicht vorlagen. Die vom Gericht gewährte Fristverlängerung konnte von den Klägern also schon aufgrund ihres eigenen Vortrags nicht als solche nach § 18e Abs. 5 Satz 5 AEG verstanden werden.
26
Ohnehin erfolgte weiterer Vortrag der Kläger erst ab dem 1. Oktober 2021 und daher zu einem Zeitpunkt, in dem die von den Klägern (bis 27.9.2021) als „verlängert“ angenommene Frist bereits abgelaufen war.
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1.1.2 Ein späteres Fristende als der 15. September 2021 ergibt sich auch nicht aus der von den Klägern genommenen Einsicht in die Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Der Wortlaut des § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klagebegründungsfrist erst nach der Möglichkeit zur Akteneinsicht zu laufen beginnen würde; vielmehr ist die Normfassung eindeutig („ab Klageerhebung“; zutr. OVG NW, B.v. 1.2.2022 – 11 A 2168/20 – juris Rn. 31; vgl. auch BayVGH, U.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40033 – juris Rn. 40). Ebenso wenig enthält die Norm Anhaltspunkte dafür, dass der Lauf der Klagebegründungsfrist während einer Akteneinsicht „gehemmt“ (vgl. § 209 BGB) wäre. § 18e Abs. 5 AEG bestimmt vielmehr abschließend, wann die grundsätzlich maßgebliche 10-Wochen-Frist zur Klagebegründung überschritten werden darf (Fristverlängerung bei fehlender Mitwirkungsmöglichkeit im Verwaltungsverfahren, § 18e Abs. 5 Satz 5 AEG; dazu 1.1.1) bzw. ihre Überschreitung unbeachtlich ist (genügende Entschuldigung, § 18e Abs. 5 Satz 2 AEG; geringer Aufwand der Sachverhaltsermittlung, § 18e Abs. 5 Satz 4 AEG; dazu 1.4, 1.5).
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1.2 Bis zum 15. September 2021 hatten die Kläger keine Klagebegründung eingereicht, die den Anforderungen des § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG entsprach.
29
1.2.1 Innerhalb der Begründungsfrist sind – wie bereits erwähnt – fundiert die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen zu benennen und ist der Prozessstoff dergestalt substantiiert darzulegen, dass klar und unverwechselbar feststeht, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird (vgl. BVerwG, B.v. 24.6.2021 – 9 A 11.20 – juris Rn. 4; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 – juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 4.8.2022 – 22 A 20.40012 – juris Rn. 81). Beweismittel für einen späteren förmlichen Beweisantrag sind innerhalb der Klagebegründungsfrist bereits anzugeben. Damit einher geht die Pflicht des bzw. der Klägerbevollmächtigten zur Sichtung und rechtlichen Einordnung der Tatsachen, auf welche die Klage gestützt werden soll. Eine nur stichwortartige Benennung oder Zusammenfassung von Kritikpunkten beigefügter Gutachten oder deren bloße wörtliche Wiedergabe erfüllt diese Anforderungen nicht. Der Kläger muss sich zudem mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss auseinandersetzen; eine lediglich pauschale Bezugnahme auf im Planfeststellungsverfahren erhobene Einwände oder deren Wiederholung ohne Würdigung des Planfeststellungsbeschlusses genügt ebenso wenig wie ein bloßes Bestreiten tatsächlicher Feststellungen der Planung (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – juris Rn. 12; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 19.9.2022 – 8 CS 22.1552 – juris Rn. 30; U.v. 4.8.2022 – 22 A 20.40012- juris Rn. 81). Es reicht also angesichts dieser Vorgaben nicht aus, die Einwände innerhalb der Klagebegründungsfrist lediglich kursorisch zu benennen und erst später zu präzisieren (vgl. Steinkühler, UPR 2022, 241/247).
30
1.2.2 Bis zum 15. September 2021 hatte die Kläger keine derart substantiierte Klagebegründung eingereicht.
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Insbesondere der Schriftsatz vom 15. September 2021 beschränkte sich darauf, die Grundstücksbetroffenheiten der Kläger mitzuteilen, auf die Einwendungsschriftsätze aus dem Planfeststellungsverfahren zu verweisen und diejenigen „Aspekte“ stichwortartig aufzuführen, unter denen „erhebliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Planfeststellung“ bestünden (fehlende Planrechtfertigung; unzureichende Alternativenplanung; straßenrechtlicher Etikettenschwindel zur Anpassung der Kreisstraße STA 3; erhebliche Umwege während der Bauzeit; unzumutbar hoher Lärm während der Bauzeit [Überschreitung der Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm] und des Betriebs; kein Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen).
32
Tatsächliche, zumal substantiierte, Gesichtspunkte, unter denen der Planfeststellungsbeschluss angegriffen wird, lassen sich dem Schriftsatz vom 15. September 2021 nicht entnehmen. Die von den Klägern angeführten „Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung“ „entsprechend dem Vortrag aus den Einwendungsschriftsätzen“ werden lediglich stichwortartig aufgezählt. Die Aufzählung umfasst Einwände gegen den Planfeststellungsbeschluss in unspezifischer Breite; sie betreffen beinahe sämtliche denkbaren Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des Planfeststellungsbeschlusses. An einem (substantiierten) Tatsachenvortrag zu den einzelnen Einwänden fehlt es. Nur bezüglich des Baulärms wurde – wiederum ohne nähere Darlegung – ausgeführt, in allen vier Bauphasen würden die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm deutlich überschritten; den Klägern sei kein Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen zugebilligt worden. Mit diesem Vortrag stand nicht – wie erforderlich – fest, auf welche tatsächlichen Gesichtspunkte die Kläger die von ihnen beantragte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses stützen wollten.
33
Eine Auseinandersetzung mit dem Planfeststellungsbeschluss erfolgte ebenso wenig. Der bloße Verweis auf die Einwendungen aus dem Planfeststellungsverfahren genügte, wie ausgeführt, nicht. Die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit dem Planfeststellungsbeschluss bestand umso mehr, als dieser ausführlich auf die Einwände aus der Öffentlichkeitsbeteiligung eingeht, namentlich auf solche, die die von den Klägern im Schriftsatz vom 15. September 2021 aufgezählten Bedenken betreffen (vgl. zu Einwendungen betreffend die Planrechtfertigung PFB S. 48 ff., S. 54 ff.; betreffend die Alternativenprüfung PFB S. 60 ff.; betreffend die Anpassung der Kreisstraße/“Etikettenschwindel“ PFB S. 52 ff.; zu Umwegen/Umleitungen PFB S. 126 f.; betreffend Bau- bzw. Betriebslärm PFB S. 90 ff. bzw. S. 101 ff.; zu den Sammeleinwendungen [u.a.] der Kläger PFB S. 175 ff.; vgl. auch Übersicht PFB S. 149 f. sowie nochmals gerade zur Betroffenheit der Kläger PFB S. 196 – 201 und S. 203).
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1.3 Mit der Einreichung weiterer Schriftsätze nach Ablauf des 15. September 2021 (1.10.2021, 7.2.2022, 24.4.2023) konnten die Kläger die Anforderungen an die Klagebegründung nach § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG nicht wahren. Dieser Vortrag ist vielmehr, unabhängig davon, ob damit die Anforderungen an die Einreichung einer substantiierten Klagebegründung gewahrt worden wären, nach § 18e Abs. 5 Satz 2 AEG innerprozessual präkludiert.
35
Zwar ist nach Ablauf der Klagebegründungsfrist lediglich vertiefender Tatsachenvortrag nicht ausgeschlossen (vgl. BVerwG, U.v. 17.8.2022 – 9 B 7.22 – juris Rn. 11; U.v. 9.12.2021 – 4 A 2.20 – juris Rn. 24; U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – juris Rn. 14). Dabei darf es sich aber „lediglich“ um eine Vertiefung des entsprechenden Vortrags handeln. Eine zulässige Vertiefung des Vorbringens setzt also voraus, dass der zugrunde liegende Einwand innerhalb der Begründungsfrist substantiiert erhoben worden ist; andernfalls stellt sich späterer Vortrag nicht als bloße Vertiefung fristgerecht erhobener Einwände, sondern als – verspätetes – erstmaliges Vorbringen dar (vgl. BVerwG, B.v. 22.3.2023 – 4 VR 4.22 – juris Rn. 10; B.v. 27.1.2022 – 9 VR 1.22 – juris Rn. 16; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 – juris Rn. 287). So liegt der Fall hier. Die Kläger hatten innerhalb der Klagebegründungsfrist keine substantiierten Rügen erhoben, sondern lediglich stichwortartig Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses in unspezifischer Breite und ohne erläuternden Tatsachenvortrag vorgebracht. Auch, sofern die Beklagte und die Beigeladene zu 1 vorsorglich auch auf dieses Vorbringen erwidert hatten, führt dies nicht dazu, dass klägerische Repliken hierauf von der Präklusionswirkung ausgenommen sind (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – a.a.O.; BayVGH, B.v. 4.8.2022 – 22 A 20.40012 – juris Rn. 83).
36
1.4 Die Kläger haben ihr verspätetes Vorbringen nicht i.S.d. § 18e Abs. 5 Satz 2 AEG genügend entschuldigt.
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1.4.1 Die Annahme der Kläger, ihnen sei gerichtlich eine Fristverlängerung nach § 18e Abs. 5 Satz 5 AEG gewährt worden, entschuldigt ihr verspätetes Vorbringen nicht. Wie ausgeführt, hatten die Kläger eine solche Fristverlängerung weder beantragt noch ergaben sich aus der gerichtlichen Mitteilung vom 7. September 2021 über die Verlängerung der Frist zur Akteneinsicht Anhaltspunkte dafür, dass ihnen eine Verlängerung der Klagebegründungsfrist gewährt werden sollte, zumal schon nach dem Vortrag der Kläger eine solche ausscheiden musste, weil sie im Planfeststellungsverfahren die Möglichkeit der Beteiligung hatten (vgl. auch BayVGH, U.v. 4.8.2022 – 22 A 20.40012 – juris Rn. 89). Ohnehin haben die Kläger innerhalb der von ihnen – ohne jeden Anhaltspunkt – als verlängert betrachteten Frist (bis 27.9.2021) keine weitere Klagebegründung eingereicht.
38
1.4.2 Eine Entschuldigung des verspäteten Vorbringens ergibt sich auch nicht daraus, dass das Gericht dem Vorbringen der Kläger zur Annahme, ihnen sei eine Fristverlängerung gewährt worden, nicht widersprochen hatte (vgl. Schriftsatz vom 7.2.2022 S. 28). Aus welchen (prozess-) rechtlichen Grundsätzen sich ergeben könnte, dass das Gericht, um das Entstehen eines „Vertrauenstatbestands“ in Bezug auf eine Entschuldigung zu vermeiden, einer von einem Verfahrensbeteiligten geäußerten Rechtsauffassung „widersprechen“ müsse, ist weder dargetan noch ersichtlich. Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens hat vielmehr zusammen mit der Sachentscheidung zu ergehen; das Gericht muss vor der Zurückweisung verspäteten Vorbringens weder eine „Androhung“ aussprechen noch eine besondere Zwischenentscheidung treffen (vgl. BVerwG, B.v. 16.4.2020 – 9 B 66.19 – juris Rn. 10).
39
1.4.3 Eine genügende Entschuldigung ergibt sich auch nicht aus der Erwägung, dass die Kläger erst nach Akteneinsicht ihre Klage nach Maßgabe von § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG hätten begründen können.
40
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt ein fristgerechter Vortrag voraus, dass sich der Rechtsanwalt umgehend Akteneinsicht verschafft, wenn er – was in Planfeststellungsverfahren der Regelfall ist – auch zu Abwägungsunterlagen Stellung nehmen will, die nicht zu den ausgelegten Planfeststellungsunterlagen gehören. Es ist sodann Aufgabe des Rechtsanwaltes, diese Unterlagen noch innerhalb der Klagebegründungsfrist zu sichten und rechtlich zu durchdringen. Dies erfordert bereits der Vertretungszwang nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO (BVerwG, B.v. 16.4.2020 – 9 B 66.19 – juris Rn. 25). Die mit Schriftsatz vom 31. August 2021 angeführte pauschale Angabe, aus Termingründen hätten die Unterlagen noch nicht umfassend gesichtet werden können, genügt daher für eine Entschuldigung des verspäteten Vorbringens nicht.
41
Aus der Erwägung, dass ein Entschuldigungsgrund dann gegeben sein könnte, wenn einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Akteneinsicht nicht rechtzeitig entsprochen wird (vgl. BayVGH, U.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40033 – juris Rn. 40 unter Hinweis auf BT-Drs. 18/12146 S. 16 zur Fristverlängerung nach § 6 Satz 4 UmwRG) folgt hier nichts zu Gunsten der Kläger, denn ein solcher Fall liegt nicht vor. Dem Klägerbevollmächtigten sind die Behördenakten, deren Einsicht bei Klageerhebung am 7. Juli 2021 beantragt wurde, am 5. August 2021 und damit mehrere Wochen vor Ablauf der Klagebegründungsfrist am 15. September 2021 zugegangen. Überdies ging der Gesetzgeber bei seinen Erwägungen zu einem Akteneinsichtsgesuch, dem nicht rechtzeitig entsprochen wurde, davon aus, dass im behördlichen Entscheidungsverfahren keine Beteiligungsmöglichkeit bestand, so dass die Klägerseite mit dem Prozessstoff noch nicht befasst war (BT-Drs. 18/12146 S. 16). Auch ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Vielmehr hatten die Kläger im Planfeststellungsverfahren die Möglichkeit zur Beteiligung; davon machten sie auch umfassend Gebrauch (mehrere Einwendungsschriftsätze, auch betreffend die ausgelegten Unterlagen; anwaltliche Teilnahme an den Erörterungsterminen). Sie waren mit dem Prozessstoff mithin bereits weitestgehend vertraut. Im Übrigen haben die Kläger nicht aufgezeigt, an welchem Vortrag sie durch eine verzögerte Übersendung des Verwaltungsvorgangs gehindert gewesen sein könnten (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2022 – 4 A 13.20 – juris Rn. 13).
42
Dass die Akteneinsicht neue Tatsachen erbracht hat, die die Kläger nicht fristgerecht in der erforderlichen Weise vortragen konnten, so dass der verspätete Vortrag aus diesem Grunde entschuldigt sein könnte (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.2020 – 9 B 24.20 – juris Rn. 6; B.v. 16.4.2020 – 9 B 66.19 – juris Rn. 9), ist ebenso wenig vorgebracht. Dies gilt insbesondere für die in den Behördenakten enthaltenen Unterlagen betreffend den von den Klägern im Schwerpunkt thematisierten Zustand des Überführungsbauwerks; Unterlagen hierzu waren den Klägern als Einwendungsführern überdies nach den nicht in Zweifel zu ziehenden Angaben im Planfeststellungsbeschuss (PFB S. 195) bereits noch im Planfeststellungsverfahren über die Anhörungsbehörde zugeleitet worden.
43
1.5 Die mit der Nichtbeachtung der Anforderungen an eine Klagebegründung nach § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG einhergehende innerprozessuale Präklusion der Kläger gem. § 18e Abs. 5 Satz 2 AEG ist auch nicht nach § 18e Abs. 5 Satz 4 AEG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift gilt § 18e Abs. 5 Satz 2 AEG nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Klägers zu ermitteln. Die Kläger berufen sich darauf, dass die vorgetragenen Tatsachen dem Verwaltungsverfahren, insbesondere den Einwendungsschriftsätzen und dem Planfeststellungsbeschluss, immanent seien.
44
1.5.1 Die zu § 18e Abs. 5 AEG und vergleichbaren Klagebegründungfristen ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts spricht jedoch gegen die Auffassung der Kläger. Wie ausgeführt, muss sich eine dem § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG entsprechende Klagebegründung mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss auseinandersetzen; eine lediglich pauschale Bezugnahme auf im Planfeststellungsverfahren erhobene Einwände oder deren Wiederholung ohne Würdigung des Planfeststellungsbeschlusses genügt ebenso wenig wie ein bloßes Bestreiten tatsächlicher Feststellungen der Planung. Diese Anforderungen liefen leer, wenn ein geringer Ermittlungsaufwand i.S.d. § 18e Abs. 5 Satz 4 AEG generell für Unterlagen bzw. Tatsachen angenommen würde, die sich in den Behördenakten befinden bzw. sich aus diesen ergeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Klagevorbringen zudem aus sich heraus verständlich sein; es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus den eingereichten Schriftsätzen im Wege der Auslegung den Sachvortrag sowie etwaige konkludent gestellte Anträge zu ermitteln oder zu konkretisieren (BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – juris Rn. 12; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 – juris Rn. 89). Dies muss erst recht für Tatsachen gelten, die sich aus Unterlagen ergeben, die nicht schriftsätzlich eingereicht wurden, sondern die sich lediglich in den Verwaltungsvorgängen befinden. Schließlich würde mit der Annahme, hinsichtlich des Inhalts der Verwaltungsvorgänge läge stets geringer Ermittlungsaufwand i.S.d. § 18e Abs. 5 Satz 4 AEG vor, der mit Klagebegründungsfrist verfolgte Zweck verfehlt, zur Straffung des Gerichtsverfahrens beizutragen, indem der Prozessstoff zu einem frühen Zeitpunkt handhabbar gehalten wird. Denn dann würde der Prozessstoff stets den gesamten Inhalt der – gerade in Planfeststellungsverfahren regelmäßig höchst umfangreichen – Verwaltungsvorgänge umfassen.
45
Daher geht der Senat im Einklang mit der Rechtsprechung des 8. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Obergerichte zu vergleichbaren Klagebegründungsfristen davon aus, dass § 18e Abs. 5 Satz 4 AEG als Ausnahmetatbestand eng auszulegen ist. Die Ermittlung des Sachverhalts „mit geringem Aufwand“ kommt deshalb nur in Betracht, wenn derart auf der Hand liegt, unter welchen Gesichtspunkten die Klagepartei die behördliche Entscheidung angreift, dass sich die Angabe von Klagegründen im Einzelfall als bloße Förmlichkeit erweisen würde und eine Präklusion daher unverhältnismäßig wäre (vgl. BayVGH, U.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40033 – juris Rn. 50; B.v. 16.3.2021 – 8 ZB 20.1873 – juris Rn. 17 f.; VGH BW, B.v. 10.11.2022 – 10 S 1312/22 – juris Rn. 47; U.v. 5.10.2022 – 10 S 1485/21 – juris Rn. 51; OVG NW, U.v. 4.5.2022 – 8 D 346/21.AK – juris Rn. 76 f.; B.v. 1.2.2022 – 11 A 2168/20 – juris Rn. 64 f.; OVG Hamburg, U.v. 29.11.2019 – 1 E 23/18 – juris Rn. 150). Dass diese Voraussetzungen vorlägen, haben die Kläger nicht aufgezeigt; dies ist auch nicht erkennbar. Insbesondere reicht die bloße stichpunktartige Aufzählung von Bedenken gegen den Planfeststellungsbeschluss in dem fristgerecht eingegangenen Schriftsatz vom 15. September 2021 nicht für die Annahme aus, damit hätten die Angriffspunkte der Kläger auf der Hand gelegen. Vielmehr hätten, weil die Kläger ihre Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung lediglich schlagwortartig und ohne jegliche Spezifizierung vorgebracht hatten, mögliche konkrete Angriffspunkte erst aufwändig aus dem – umfangreichen – Planfeststellungsbeschluss und den – ebenfalls umfangreichen – Verwaltungsvorgängen ermittelt werden müssen. Zudem hatte sich der Planfeststellungsbeschluss – wie ausgeführt – mit den von den Klägern im behördlichen Verfahren vorgebrachten Bedenken gegen das Vorhaben näher befasst, so dass selbst bei Lektüre der im Planfeststellungsverfahren von den Klägern erhobenen Einwendungen nicht gesichert war, unter welchen Gesichtspunkten die Kläger das Vorhaben (weiterhin) angreifen (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2021 – 8 ZB 20.1873 – juris Rn. 17; OVG NW, B.v. 1.2.2022 – 11 A 2168/20 – juris Rn. 62 f; B.v. 18.2.2020 – 11 B 13/20 – juris Rn. 48).
46
1.5.2 Aus der von den Klägern genannten Rechtsprechung ergibt sich kein anderes Verständnis des § 18e Abs. 5 Satz 4 AEG.
47
Das von den Klägern angeführte Bundesverwaltungsgerichtsverfahren Az. 9 A 6.14 wurde unstreitig erledigt (vgl. Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 45/2015 vom 10.6.2015). Die von den Klägern weiter angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 2016 (BVerwG, U.v. 22.11.2016 – 9 A 23.15 – juris) befasst sich nicht näher mit fachplanungsrechtlichen Klagebegründungsfristen oder der Frist nach § 6 UmwRG.
48
Bei der von den Klägern wohl in Bezug genommenen Entscheidung des 8. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Oktober 2019 (BayVGH, U.v. 25.10.2019 – 8 A 16.40026 – juris Rn. 24 f.; die Verfahren zu den von den Klägern genannten Aktenzeichen 8 A 16.40022, 8 A 16.20023 wurden unstreitig erledigt) hatte sich der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung Vorbringen aus einem Parallelverfahren, das zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden war, zu eigen gemacht. Für diesen Fall hat der 8. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs angenommen, dass eine Sachverhaltsermittlung für das Gericht mit geringem Aufwand möglich war, ohne dass es einer weiteren Mitwirkung der Klägerseite bedurft hätte. Diese oder eine vergleichbare Konstellation liegt hier jedoch nicht vor. Im Übrigen hat der 8. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs u.a. diese Entscheidung in einer aktuellen Entscheidung angeführt, in der ebenfalls die Auffassung vertreten wird, dass die Voraussetzungen des „geringen Aufwands der Sachverhaltsermittlung“ eng auszulegen sind (vgl. BayVGH, U.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40033 – juris Rn. 50).
49
Die von den Klägern schriftsätzlich angeführte Senatsentscheidung vom 16. Juli 2013 (BayVGH, U.v. 16.7.2013 – 22 A 12.40073 – juris) betraf eine Vorgängerfassung des § 18e Abs. 5 AEG. Der unbesehenen Heranziehung von Rechtsprechung zur früheren Ausgestaltung solcher Klagebegründungsfristen steht entgegen, dass in den entsprechenden Vorschriften (§ 18e Abs. 5 Satz 2 AEG, § 17e Abs. 5 Satz 2 FStrG a.F. sowie der aufgehobene § 4a Abs. 1 Satz 2 UmwRG) noch in vollem Umfang auf § 87b Abs. 3 VwGO verwiesen wurde, so dass eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens nur bei einer Verzögerung des Rechtsstreits in Betracht kam (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Eine solche Verzögerung ist angesichts der jetzigen Fassung des § 18e Abs. 5 AEG und vergleichbarer Klagebegründungsfristen nicht mehr erforderlich (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2021 – 9 A 8.20 – BVerwGE 171, 346 – juris Rn. 19; BayVGH, U.v. 4.8.2022 – 22 A 20.40012 – juris Rn. 91). Zudem wurden die Klagebegründungsfristen zum Ausgleich der strengeren Folgen einer Versäumung von sechs auf zehn Wochen verlängert (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2022 – 7 A 9.21 – juris Rn. 15); gerade im Hinblick hierauf verlangt das Bundesverwaltungsgericht eine grundsätzliche Festlegung des Prozessstoffs innerhalb dieser Frist (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 – juris Rn. 14).
50
In der von den Klägern ferner genannten Senatsentscheidung vom 7. Februar 2023 (BayVGH, B.v. 7.2.2023 – 22 CS 22.1908 – juris Rn. 66) wurde die Frage einer Präklusion nach § 6 UmwRG ausdrücklich offengelassen. Zudem spielte für die Erwägungen des Senats in jener Entscheidung eine Rolle, dass sich (anders als hier, s.o.) die angegriffene behördliche Entscheidung nicht mit den im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen bzw. Einwendungen auseinandergesetzt hatte.
51
Der Senatsentscheidung vom 20. Januar 2021 (BayVGH, B.v. 20.1.2021 – 22 ZB 20.1807 – juris Rn. 24) lässt sich nichts dazu entnehmen, dass eine dem § 6 Satz 1 UmwRG entsprechende Klagebegründung nicht fristgerecht eingegangen war, und auch nicht, dass die Vorinstanz die Unterlagen betreffend die dort in Rede stehende nachbarrechtlich relevante Unbestimmtheit der angefochtenen Genehmigung ohne rechtzeitige Fixierung des Prozessstoffs in der Klagebegründung durch eigenständigen Rückgriff auf die Behördenakten zum Gegenstand des Verfahren gemacht hätte.
52
Die von den Klägern schließlich angeführte Senatsentscheidung vom 22. Mai 2020 (BayVGH, B.v. 22.5.2020 – 22 ZB 18.856 – juris) betraf einen Einzelfall, in dem der Senat angenommen hatte, dass sich Tatsachen zu einer entscheidungsrelevanten Frage (Vollständigkeit eines Genehmigungsantrags i.S.d. Art. 83 Abs. 1 [nunmehr Nr. 1] BayBO; Folgen für die bauplanungsrechtliche Privilegierung des Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gem. Art. 82 Abs. 1 BayBO), die sich aus den dem Verwaltungsgericht vorliegenden Behördenakten ergaben, mit geringem Aufwand durch dieses hatten ermitteln lassen (vgl. a.a.O. Rn. 74). Dabei handelte es sich jedoch um Tatsachen, die durch eine Beschwerdeentscheidung des Senats im vorangegangenen Eilverfahren zum Streitstoff des Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht geworden waren (vgl. a.a.O. Rn. 63). Eine vergleichbare Situation ist hier nicht gegeben. Eine generelle Aussage, der sich aus den Behördenakten ergebende Sachverhalt sei stets auch ohne Mitwirkung der Klagepartei mit geringem Aufwand zu ermitteln, lässt sich dieser Entscheidung nicht entnehmen.
53
Der von den Klägern schließlich wohl in Bezug genommenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts München zu einem Planfeststellungsbeschluss betreffend einen Kreisverkehr (VG München, U.v. 26.10.2021 – M 2 K 20.2234 – juris) lässt sich ebenfalls kein von der vorliegenden Entscheidung abweichendes Verständnis zu dem erforderlichen Sachvortrag entnehmen, insbesondere nicht, dass die Planrechtfertigung auch ohne einen der jeweiligen gesetzlichen Begründungsobliegenheit entsprechenden Vortrag von Amts wegen zu prüfen ist. Vielmehr wird auch in dieser Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzung des „geringen Ermittlungsaufwands“ eng auszulegen ist (vgl. a.a.O. juris Rn. 36); die Planrechtfertigung wurde dementsprechend in jener Entscheidung nur im Hinblick auf wenige nicht präkludierte Tatsachen rudimentär geprüft (a.a.O. juris Rn. 39). Da die Kläger betreffend die Planrechtfertigung innerhalb der Klagebegründungsfrist überhaupt keine Tatsachen angeführt haben, folgt (auch) aus dieser Entscheidung, dass eine gerichtliche Prüfung der Planrechtfertigung vorliegend nicht erfolgen kann.
54
1.6 Die Kläger können auch nicht mit ihrem Vorbringen durchdringen, die innerprozessuale Präklusion greife nicht, weil Rechtsausführungen von § 18e Abs. 5 AEG nicht erfasst seien.
55
1.6.1 Richtig ist zwar, dass in § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG nur von „Tatsachen und Beweismitteln“ die Rede ist. Aber abgesehen davon, dass § 18e Abs. 5 Satz 2 AEG allgemeiner von der Nichtzulassung verspäteter „Erklärungen“ spricht, leitet das Bundesverwaltungsgericht aus dem Zusammenspiel der gesetzlichen Klagebegründungsfristen und dem – auch hier bestehenden – Vertretungszwang nach § 67 Abs. 4 VwGO ab, dass die dem Prozessbevollmächtigten aufgegebene Prüfung, Sichtung und Durchdringung des Streitstoffs auch die Sichtung und rechtliche Einordnung der Tatsachen umfasst, auf die die Klage gestützt werden soll. Denn nur so kann der Prozessbevollmächtigte seiner Aufgabe gerecht werden, rechtlich fundiert die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen fristgerecht zu benennen und den Prozessstoff festzulegen, damit für das Gericht und die übrigen Beteiligten nach Ablauf der Klagebegründungsfrist klar und unverwechselbar feststeht, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten die behördliche Entscheidung angegriffen wird (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – juris Rn. 12; U.v. 5.7.2022 – 4 A 13.20 – juris Rn. 12; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 – juris Rn. 17; U.v. 11.7.2019 – 9 A 13.18 – BVerwGE 166, 132 – juris Rn. 135). Anderenfalls sind das Gericht und die anderen Beteiligten auch nicht in der Lage, den rechtlichen Prüfungsumfang abzusehen (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Januar 2023, § 6 UmwRG Rn. 56 f., Rn. 59; Winkler in Beckmann/Kment, UVPG/UmwRG, 6. Aufl. 2023, § 6 UmwRG Rn. 4). Fehlt es daher – wie hier – an fristgerecht vorgebrachten tatsächlichen Angriffspunkten gegen den Planfeststellungsbeschluss (sondern werden ohne Substantiierung in unspezifischer Breite Bedenken gegen den Planfeststellungsbeschluss aufgezählt) und wird somit der Prozessstoff nicht in der erforderlichen Weise fixiert, mangelt es an einer Grundlage für eine Prüfung der von den Klägern vorgebrachten rechtlichen Argumente.
56
1.6.2 Im Übrigen verdeutlicht der – nach Fristablauf erfolgte – Klägervortrag, dass die Kläger den Planfeststellungsbeschluss sehr wohl unter tatsächlichen Gesichtspunkten angreifen. So bezweifeln die Kläger die Planrechtfertigung des Vorhabens insbesondere unter dem Gesichtspunkt des (tatsächlichen) Bauwerkszustands und der diesbezüglichen (tatsächlichen) Entwicklung in der Zukunft. Zur Variantenprüfung, zum Vorwurf eines „Etikettenschwindels“ und zur Frage der Folgemaßnahme i.S.d. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (straßenrechtliches Vorhaben im Gewand einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung) tragen die Kläger im Kern vor, es sei möglich und vorzugswürdig, die Überführung zu erneuern und die Straße unverändert zu lassen. Ohne Vortrag zu diesbezüglichen Tatsachen und deren Würdigung lässt sich dies indes – auch rechtlich – nicht beurteilen. Zudem haben die Kläger im Laufe des gerichtlichen Verfahrens weitere Varianten genannt (Neubau mit Geh- und Radweg; oben liegendes Tragwerk; feste Fahrbahn), auch insoweit steht Tatsachenvortrag inmitten. Die von den Klägern ferner angesprochenen Folgen des Vorhabens (Bau- und Betriebslärm; Umwege) und deren Bewertung („unzumutbar“, „erheblich“) sind ohne entsprechenden Tatsachenvortrag ebenfalls rechtlich nicht einzuordnen und zu beurteilen; dementsprechend haben die Kläger – nach Fristablauf – eine grundstücksbezogene Lärmbetrachtung beantragt.
57
Zudem enthält der Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die klägerischen Einwendungen Ausführungen auch in tatsächlicher Hinsicht. Insofern waren die Kläger der Pflicht, gem. § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG Tatsachen und Beweismittel anzugeben und den Prozessstoff zu fixieren, auch nicht deshalb enthoben, weil der Sachverhalt zwischen ihnen und den anderen Beteiligten „unstreitig“ bzw. geklärt war. Die Kläger haben auch nicht etwa selbst den Sachverhalt „unstreitig gestellt“; derartiges lässt sich insbesondere dem fristgerecht eingegangenen Schriftsatz vom 15. September 2021 nicht entnehmen. Vielmehr haben die Kläger auch noch in der mündlichen Verhandlung den Ausführungen der Beklagten zum Bauwerkszustand widersprochen (vgl. Sitzungsprotokoll S. 7 unten / S. 8 oben). Im Übrigen ist § 18e Abs. 5 Satz 1 AEG sowie der hierzu bzw. vergleichbaren Klagebegründungsfristen ergangenen Rechtsprechung nicht zu entnehmen, dass sich die Pflicht, zur Begründung der Klage fristgerecht Tatsachen und Beweismittel anzugeben, auf solche Umstände beschränkt, die zwischen den Klägern und den anderen Beteiligten „streitig“ sind.
58
2. Aber auch die Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens zur Planrechtfertigung würde der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.
59
Voraussetzung für das Vorliegen der Planrechtfertigung ist, dass für das Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes tatsächlich ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern schon dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist (vgl. etwa BVerwG, 12.11.2020 – 4 A 13.18 – juris Rn. 35; U.v. 9.11.2017 – 3 A 4.15 – BVerwGE 160, 263 – juris Rn. 34; BayVGH, B.v. 15.7.2021 – 22 AS 21.40014 – juris Rn. 44).
60
2.1 Für die Erneuerung des Bauwerks – im Sinne seines Neubaus – besteht nach Maßgabe der Zielsetzungen des AEG, wie der Planfeststellungsbeschluss zutreffend und nachvollziehbar ausführt (PFB S. 47 ff.), ein Bedarf.
61
2.1.1 Der Begriff der Betriebsanlage einer Eisenbahn nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG entspricht demjenigen der Bahnanlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EBO (vgl. BVerwG, B.v. 16.7.2008 – 9 A 21.08 – juris Rn. 7; Walter in Kühling/Otte, AEG/ERegG, § 18 AEG Rn. 5). Dazu gehören u.a. alle Bauwerke, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind, mithin auch Bauwerke, bei denen – wie hier – die Bahnstrecke über die Straße geführt wird (vgl. Walter a.a.O. Rn. 7; zum Begriff der Überführung vgl. auch § 1 Abs. 2 Alt. 2 EBKrG). Bahnanlagen, insbesondere Bauwerke, die sich in defizitärem baulichen Zustand befinden, gewährleisten – wie auf der Hand liegt – nicht i.S.d. § 1 Abs. 1 AEG einen sicheren Betrieb der Eisenbahn und ein attraktives Verkehrsangebot auf der Schiene (vgl. zur Planrechtfertigung unter dem Gesichtspunkt dieser Ziele etwa BayVGH, U.v. 18.3.2020 – 22 A 18.40036 – juris Rn. 69 m.w.N.) und stehen nicht mit dem Ziel bester Verkehrsbedienung i.S.d. § 1 Abs. 5 AEG in Einklang; der (betriebs-) sichere Zustand der Betriebsanlagen der Eisenbahn ist vielmehr Voraussetzung für die Erreichung der Ziele des § 1 Abs. 1, Abs. 5 AEG. Dementsprechend hat der Normgeber der besonderen Bedeutung, die er dem (betriebs-) sicheren Zustand der Betriebsanlagen der Eisenbahn (als Teil der Eisenbahninfrastruktur, § 2 Abs. 6 AEG) zumisst, durch § 4 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 AEG sowie § 2 Abs. 1 Satz 1 EBO Ausdruck verliehen (vgl. dazu auch BVerwG, U.v. 23.6.2021 – 7 A 9.20 – juris Rn. 13).
62
Durch § 18 Abs. 1 Satz 4 AEG hat der Gesetzgeber zudem verdeutlicht, dass der Erneuerung von Eisenbahnanlagen (vgl. § 2 Abs. 7d AEG) besondere Bedeutung zukommt. Nach dieser Vorschrift liegt, wenn eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert wird, nur dann eine (planfeststellungsbedürftige) Änderung im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Die damit bezweckte Verschlankung des Verfahrens für Ersatzneubauten steht im Zusammenhang mit dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung (vgl. BT-Drs. 19/15626 S. 8). Damit reicht die Bedeutung der Norm über den formalen Aspekt der Planfeststellungsbedürftigkeit deutlich hinaus. Für hier vorliegende Erneuerung einer Eisenbahnanlage besteht also auch insoweit nach Maßgabe der Zielsetzungen des AEG ein Bedarf.
63
2.1.2 Die Beklagte und die Beigeladene zu 1 haben den defizitären Zustand des Überführungsbauwerks schlüssig und nachvollziehbar belegt. Die Durchführung des Vorhabens ist daher vernünftiger Weise geboten. Insbesondere führt der Planfeststellungsbeschluss überzeugend aus (PFB S. 49; vgl. auch PFB S. 61), dass bereits bei Inspektionen vor Einleitung des Planfeststellungsverfahrens zahlreiche Schäden an Einzelteilen festgestellt worden waren; in den Inspektionsberichten vom 20. Dezember 2010 und 4. Dezember 2015 würden u.a. Risse, Rostkerben, hohlklingende Stellen, Betonabplatzungen, Nassstellen genannt. Auch im Inspektionsbericht von 2018 seien die Schäden bestätigt worden. Zudem müsse die Vorhabenträgerin nun durch jährliches Abklopfen und Entfernen der losen Teile die Verkehrssicherheit sicherstellen. Die weiteren Erläuterungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung (vgl. Sitzungsprotokoll S. 5 – 7) bestätigen dies. Insbesondere ist nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Einstufung des Bauwerkszustands bereits eine Tendenz zum schlechtesten Zustand nach den einschlägigen fachlichen Bewertungsregeln (DB-RL 804) aufweist (vgl. bereits PFB S. 50) und dass schon bei Untersuchungen im Jahr 1992 festgestellt worden war, dass der Beton aus dem Jahr 1907 stark porös und von minderer Festigkeit ist.
64
2.1.3 Die Einwände der Kläger zum Bauwerkszustand können die Planrechtfertigung nicht in Frage stellen.
65
Ihr Vortrag, für die Strecke gebe es bisher weder betriebliche Beschränkungen noch sei belegt, dass solche zu erwarten seien, berücksichtigt nicht, dass das Vorhaben, um über die Planrechtfertigung zu verfügen, nicht unausweichlich, sondern nur vernünftiger Weise geboten sein muss. Würde mit der Planfeststellung zugewartet, bis tatsächlich betriebliche Einschränkungen verfügt werden müssten, würden bis zur Verwirklichung des Ersatzneubaus die genannten Ziele des AEG während eines erheblichen Zeitraums verfehlt. Vielmehr entspricht es den vom AEG verfolgten Zielen, wovon auch der Planfeststellungsbeschluss zu Recht ausgeht (vgl. PFB S. 55), die Erneuerung eines Bauwerks nicht erst dann vorzunehmen, wenn es tatsächlich zu Betriebseinschränkungen kommt – insbesondere, wenn anderenfalls die Betriebssicherheit beeinträchtigt wäre – oder solche konkret absehbar sind.
66
Auch der Einwand der Kläger, die Beklagte gehe selbst von einer technischen Nutzungsdauer des Bauwerks von 130 Jahren aus, greift nicht durch. Abgesehen davon, dass dies lediglich das „Wann“, nicht das „Ob“ der Verwirklichung des Vorhabens betrifft, handelt es sich, wie die Beklagte nochmals in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, nicht um eine verallgemeinerungsfähige Nutzungsdauer. Unter Berücksichtigung dieses Werts ergibt sich überdies, dass sich das 1907 errichtete und damit bereits im Zeitpunkt der Planfeststellung etwa 114 Jahre alte Bauwerk am Ende seiner Nutzungsdauer befindet. Zu verlangen, diese Nutzungsdauer – sollte sie das vorliegende Bauwerk überhaupt erreichen – müsse ausgeschöpft werden, würde bedeuten, für die Planrechtfertigung eine Unausweichlichkeit zu fordern; dies ist jedoch, wie ausgeführt, nicht erforderlich. Im Hinblick auf die besondere Bedeutung, die der Normgeber der Betriebssicherheit von Bahnanlagen zumisst, wäre die Forderung, mit der Erneuerung müsse bis zur Unausweichlichkeit zugewartet, d.h. die technische Nutzungsdauer müsse „ausgereizt“ werden, zudem verfehlt.
67
Nicht durchzudringen vermögen die Kläger auch mit ihrem Vortrag zur Einstufung des Bauwerkszustands in die Kategorie 3 mit Tendenz zur (schlechtesten) Kategorie 4 nach der DB-RL 804. Der Senat hat keinen Anlass, die schlüssigen Angaben der Beklagten im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB S. 55 f., S. 61) und in der mündlichen Verhandlung zu bezweifeln. Aus dem Vortrag der Kläger, die in den Bauzustandsberichten prognostizierte Verschlechterung des Zustands sei nicht eingetreten, ergibt sich nichts zu ihren Gunsten. Das Bauwerk weist einen Zustand auf, der seine Erneuerung vernünftigerweise gebietet; dass vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses und auch bislang keine weitere Verschlechterung des Zustands dahin eingetreten ist, dass ein Neubau sogar zwingend wäre (Kategorie 4 nach der DB-RL 804), ist unerheblich. Überdies wurden ausweislich des jüngsten von der Beigeladenen zu 1 vorgelegten Inspektionsberichts vom 25. Dezember 2021 (Inspektion vom 24.11.2021) im Vergleich zur letzten Regelinspektion 2015 und der Sonderinspektion 2018 zum Teil weitere Verschlechterungen an den Bauteilen der Eisenbahnüberführung festgestellt. Dafür, dass die von den Klägern angeführte manuelle Korrektur einzelner Zustandsbewertungen (vgl. Sitzungsprotokoll S. 6) in dem Bericht vom 25. Dezember 2021 unzutreffend sein könnte, bestehen keine Anhaltspunkte. Das von den Klägern beanstandete fehlende Eintreten der prognostizierten Verschlechterung betrifft daher lediglich die Frage der Einstufung in die Kategorien nach der DB-RL 804, nicht aber Verschlechterungen im Einzelnen.
68
Die Planrechtfertigung für die Erneuerung fehlt auch nicht mit Blick auf die Vermutung der Kläger, der Bauwerkszustand beruhe auf mangelnden Unterhaltungsmaßnahmen der Beigeladenen zu 1 oder ihrer Rechtsvorgänger. Die die Grundlage für die Planrechtfertigung bildenden Ziele des AEG gelten objektiv-rechtlich und werden nicht durch früheres „Verschulden“ insbesondere des Vorhabenträgers in Frage gestellt. Überdies deutet der Umstand, dass das Bauwerk trotz seines Alters von deutlich über 100 Jahren noch immer genutzt werden kann, nicht darauf hin, dass mangelnde Unterhaltungsmaßnahmen Grund für den Bauwerkszustand sind. Vielmehr hat die Beigeladene zu 1 in der mündlichen Verhandlung überzeugend angegeben, dass sich in dem Bauwerksbuch, das es für jedes Bauwerk gibt, Nachweise dafür finden, dass an der Überführung Sanierungsarbeiten durchgeführt worden seien (vgl. Sitzungsprotokoll S. 7).
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2.2 Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ist auch gegeben, soweit es nicht nur um die Erneuerung des Bauwerks als solches, sondern um die Aufweitung der Durchfahrt für die Kreisstraße geht.
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2.2.1 Das Vorliegen der Planrechtfertigung ist – wovon wohl auch die Beklagte ausgeht (vgl. PFB S. 48) – auch insoweit zu prüfen; es handelt sich nicht bloß um eine – der Abwägung zuzuordnende (vgl. BayVGH, U.v. 30.11.2020 – 22 A 19.40034 – juris Rn. 195 ff. mit zahlreichen Nachweisen) – Frage der Variantenprüfung. Bei der i.S.d. § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG geänderten Betriebsanlage einer Eisenbahn handelt es sich vorliegend, wie ausgeführt, um das Überführungsbauwerk. Dieses stellt sich rechtlich – und im Übrigen auch baulich (vgl. etwa PFB S. 32 f.) – als Einheit dar (vgl. auch – für einen höhengleichen Bahnübergang – BVerwG, U.v. 12.2.1988 – 4 C 55.84 – juris Rn. 10 f.). Gegenstand des Vorhabens ist auch nicht ein bloßer Neubau der Eisenbahnüberführung mit den gleichen Ausmaßen, sondern ausdrücklich deren „Änderung“. Dementsprechend führt der Planfeststellungsbeschluss den Neubau der Überführung mit geänderten Abmessungen, auch und gerade im Hinblick auf die Durchfahrt für die Kreisstraße, als einen wesentlichen Teil des Vorhabens auf (vgl. PFB S. 9).
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2.2.2 Die Planrechtfertigung ist in dieser Hinsicht ebenfalls gegeben. Das Vorhaben dient auch insoweit den genannten Zielen nach § 1 Abs. 1, Abs. 5 AEG und ist im Hinblick hierauf vernünftigerweise geboten.
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Die Aufweitung der lichten Höhe der eigentlichen Überführung – der Durchfahrt für die Kreisstraße – begründet sich daraus, dass das bestehende Bauwerk lediglich über eine lichte Höhe von ca. 4,00 m verfügt und die zulässige Gesamtdurchfahrtshöhe auf 3,80 m beschränkt ist (vgl. PFB S. 31). Dies ist im Hinblick auf § 32 Abs. 2 StVZO ([höchst-] zulässige Höhe u.a. von Kraftfahrzeugen von 4,00 m) und die im Planfeststellungsbeschluss mehrfach genannte (PFB S. 56, 62, 64) Verfügung des Eisenbahn-Bundesamts vom 30. Januar 2017 (dort Buchst. b), welche von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde und die ebenfalls (S. 2 der Verfügung) auf § 32 Abs. 2 StVZO beruht, unzureichend. Die Schaffung einer ausreichenden lichten Höhe der Überführung dient auch den genannten Zielen des AEG. Hierdurch wird der Anprall von Kraftfahrzeugen vermieden, welche auch Schäden an der Überführung, jedenfalls aber Inspektionen und ggfs. längerfristige Reparaturzeiten zur Folge haben können (vgl. PFB S. 53, 56, 62, 64 sowie Verfügung des Eisenbahn-Bundesamts vom 30.1.2017 S. 2).
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Die nämlichen Erwägungen gelten für die Verbreiterung der lichten Weite der Durchfahrt. Bei einer derzeitigen lichten Weite von ca. 6,45 m (vgl. PFB S. 9), von der die Breite des Gehwegs von ca. 1,50 m (vgl. PFB S. 63) abzuziehen ist, ergibt sich eine Fahrbahnbreite für die Kreisstraße von unter 5 m. Schon mit Blick auf die Regelungen betreffend die höchstzulässigen Fahrzeugbreiten in § 32 Abs. 1 StVZO (nur Personenkraftwagen, § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StVZO, noch 2,50 m, ansonsten schon allgemein 2,55 m, § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StVZO, im Übrigen bis zu 3,00 m) leuchtet ein, dass diese Fahrbahnbreite für eine Kreisstraße, welche dem überörtlichen Verkehr dient (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayStrWG; hieran ändert nichts, dass der vorliegende Abschnitt der Kreisstraße innerhalb einer geschlossenen Ortschaft liegt [Ortsdurchfahrt, vgl. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG]) unzureichend ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass die Unterführung im Bestand nur mittels Lichtsignalanlage abwechselnd im Einrichtungsverkehr passierbar ist (vgl. PFB S. 32). Der Planfeststellungsbeschluss (u.a. PFB S. 35; zum Gehweg S. 11) führt zudem zur Begründung der Fahrbahnverbreiterung Vorgaben der Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06) an. Der Senat hat – auch wenn diese Richtlinie nicht Gegenstand der Antragsunterlagen war und sie den Klägern nach ihren Angaben auch nicht bekannt ist – keine Zweifel daran, dass die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss betreffend die nötige Breite für die Kreisstraße nach Maßgabe dieser Richtlinie zutreffend sind (vgl. auch zu einer Planung, die sich an den Richtlinien für die Anlage von Straßen orientiert, BVerwG, U.v. 3.5.2012 – 9 A 35.10 – juris Rn. 43 m.w.N.).
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Unerheblich ist, dass es hinsichtlich der lichten Breite – anders als für die lichte Höhe (Verfügung des Eisenbahn-Bundesamts vom 30.1.2017, s.o.) – an eisenbahnspezifischen Vorgaben für die Ausgestaltung der Durchfahrt fehlt. Vielmehr drängt sich auf, die Anforderungen an die Unterführung der Straße straßenrechtlichen bzw. -fachlichen sowie straßenverkehrsrechtlichen Grundlagen zu entnehmen. Auch die Verfügung des Eisenbahn-Bundesamts vom 30. Januar 2017 beruht letztlich, wie ausgeführt, auf einer straßenverkehrsrechtlichen Norm (§ 32 Abs. 2 StVZO). Bei einem Überführungsbauwerk sind Straße und Schiene zudem derart miteinander verbunden, dass Probleme und Schwierigkeiten, die bei einem Verkehrsträger ent- oder bestehen, auch für den anderen von Bedeutung sind. Werden bei einem solchen Kreuzungsbauwerk die Anforderungen des jeweiligen Verkehrsträgers entsprechend der für diesen bestehenden fachlichen und rechtlichen Vorgaben berücksichtigt, gewährleistet dies ein weitgehend beeinflussungs- und damit problemfreies Queren der beiden an sich inkompatiblen Verkehrsträger und damit einen ungehinderten und sicheren Eisenbahnbetrieb, so dass den genannten Zielen des AEG Rechnung getragen wird (vgl. auch BVerwG. U.v. 12.2.1988 – 4 C 55.84 – juris Rn. 12, wonach die Belange des anderen – passiven – Kreuzungsbeteiligten im Planfeststellungsverfahren zu berücksichtigen sind).
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Die Verbindung zwischen straßenspezifischen Vorgaben und eisenbahnrechtlichen Anforderungen bei einem solchen Überführungsbauwerk ergibt sich auch aus folgenden Überlegungen: Gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 EBO genügen Bahnanlagen dann i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 EBO den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung, wenn sie, soweit die EBO keine ausdrücklichen Vorschriften enthält (wofür hier nichts ersichtlich ist), den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Es spricht nichts dagegen – sondern drängt sich sogar auf (s.o.) –, bei einem Überführungsbauwerk diese Regeln in Bezug auf die Durchfahrt für die Straße straßenrechtlichen und -fachlichen Vorgaben zu entnehmen. Ferner beruht § 18 Abs. 1 Satz 4 AEG als Sonderregelung für die Erneuerung einer Betriebsanlage der Eisenbahn – Planfeststellungsbedürftigkeit nur bei wesentlicher Änderung des Grund- und/oder Aufrisses – auf der Erwägung, dass es bei Ersatzneubauten häufig einer leichten Vergrößerung der bestehen Betriebsanlage bedarf, weil bei der Anpassung aktuelle technische Standards zu beachten sein können (vgl. BT-Drs. 19/15626 S. 10; BT-Drs. 19/22139 S. 21). Hieraus lässt sich ableiten, dass die im Falle der Erneuerung einer Betriebsanlage erfolgende Anpassung an solche Standards, wie sie hier vorliegt, mit den Zielsetzungen des AEG in Einklang steht und mithin vernünftigerweise geboten ist. Dass sich solche Standards bei der Überführung einer Eisenbahnstrecke über eine Straße hinsichtlich der Ausgestaltung der Durchfahrt für die Straße aus straßenrechtlichen und -fachlichen Vorgaben ergeben, drängt sich, wie ausgeführt, auf.
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2.3 Für die vom Planfeststellungsbeschluss als Folgemaßnahme i.S.d. § 18 Abs. 1 Satz 3 AEG i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eingestufte Anpassung der Kreisstraße an die aufgeweitete Durchfahrt bedurfte es keiner (eigenen) Planrechtfertigung; die (Plan-) Rechtfertigung von Folgemaßnahmen gründet vielmehr im Gebot der Konflikt- bzw. Problembewältigung (vgl. OVG NW, B.v. 23.12.2016 – 20 B 710/16.AK – juris Rn. 67; BVerwG, U.v. 26.5.1994 – 7 A 21.93 – juris Rn. 18). Die rechtlichen Grenzen einer zulässigen Folgemaßnahme waren zudem nicht deshalb überschritten, weil es erst durch die Verbreiterung der Straße zu Eingriffen in das Grundeigentum der Kläger kommt und deshalb, wie die Kläger geltend machen (vgl. Sitzungsprotokoll S. 8), im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2015 – 7 C 10.12 – juris Rn. 30 m.w.N.) ein eigenes Planungskonzept erforderlich gewesen sei. Denn § 18 Abs. 1 Satz 3 AEG i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gestatten es gerade, auch durch Folgemaßnahmen Eingriffe in Grundeigentum vorzunehmen (vgl. § 22 Abs. 2 AEG). Zu den Folgemaßnahmen begrenzenden Kriterien, nämlich, dass solche Maßnahmen über Anschluss und Anpassung nicht wesentlich hinausgehen dürfen (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2015 – 7 C 10.12 – juris Rn. 30), tragen die Kläger nichts substantiiert vor. Sie wenden sich vielmehr auch insoweit gegen die Ausgestaltung des Überführungsbauwerks an sich, also nicht gegen die i.S.d. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG „andere“ Anlage.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 159 Satz 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.