Inhalt

VGH München, Beschluss v. 23.06.2023 – 1 NE 23.735
Titel:

Änderung eines Eilbeschlusses zur Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans

Normenkette:
VwGO § 47 Abs. 6, § 80 Abs. 7 S. 2
Leitsatz:
Ein Antrag auf Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans unter Abänderung eines vorangegangenen gerichtlichen Beschlusses hat keinen Erfolg, wenn zwar in ausreichendem Maße veränderte Umstände geltend gemacht, aber keine schweren Nachteile aufgezeigt werden. (Rn. 6 – 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Abänderung eines Beschlusses im Normenkontrolleilverfahren, Bebauungsplan, Außervollzugsetzung, veränderte Umstände, Entwässerungsplanung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17188

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt unter Abänderung der Beschlüsse des Senats vom 27. September 2021 sowie vom 14. März 2022 die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans „Hintersberg II“ bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag.
2
Der Senat hat mit Beschluss vom 27. September 2021 den Antrag auf Außervollzugsetzung des Bebauungsplans abgelehnt (Az. 1 NE 21.1820). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei nicht geboten, da die dargelegten Gründe keinen schweren Nachteil für die Antragstellerin aus dem weiteren Vollzug des Bebauungsplans aufzeigten. Die Versickerung des Niederschlagswassers werde gegenüber einem unbebauten Zustand nicht verschlechtert, da der weit überwiegende Teil des auf die Fläche auftretenden Regenwassers nicht mehr direkt versickern, sondern gesammelt und abgeleitet werden solle. Den Antrag vom 25. Oktober 2021 auf Abänderung der Entscheidung nach § 47 Abs. 6 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO (analog) hat der Senat mit Beschluss vom 14. März 2022 als unzulässig abgelehnt (1 NE 21.2651). Die Antragsgegnerin hat im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens am 22. Februar 2022 den Bebauungsplan erneut beschlossen und ihn am 25. März 2022 erneut bekannt gemacht. Gegenstand des ergänzenden Verfahrens war eine erneute Abwägung im Hinblick auf das Konzept zur Niederschlagswasserbeseitigung.
3
Am 18. April 2023 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Abänderung der Beschlüsse des Senats vom 27. September 2021 und vom 14. März 2022. Die Entscheidungsgrundlage des Beschlusses vom 27. September 2021 habe sich geändert. Die Entscheidung des Senats beruhe auf der Annahme, dass die vorgelegten Berechnungen und Erläuterungen ein vollständiges und in sich schlüssiges Konzept darstellten. Aus den vorliegenden Stellungnahmen ihres Sachverständigen ergebe sich jedoch, dass die von der Antragsgegnerin vorgelegten Berechnungsgrundlagen kein vollständiges Niederschlagswasserbeseitigungskonzept darstellten und nicht sichergestellt sei, dass der weit überwiegende Teil des auf die Fläche im Plangebiet auftretenden Regenwassers nicht mehr direkt versickere, sondern gesammelt und geordnet abgeleitet werde. Trotz Durchführung des ergänzenden Verfahrens fehle bis heute ein schlüssiges, vollständiges und dauerhaft sicher funktionierendes Niederschlagswasserbeseitigungskonzept. Dies berge Gefahren für das Anwesen der Antragstellerin durch Aufstau von Grund- und Schichtwasser.
4
Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen.
II.
5
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
6
Der Antrag ist zulässig. Ein Änderungsantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO (hier analog) setzt voraus, dass ein Antragsteller sich entweder auf veränderte Umstände oder auf im vorangegangenen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände beruft. Die Antragstellerin macht hier insbesondere geltend, dass im Rahmen des ergänzenden Verfahrens hinsichtlich der Entwässerungsthematik eine erneute Abwägung erfolgt ist, die aus ihrer Sicht (weiterhin) zu ihren Lasten fehlerhaft ist. Damit macht sie in ausreichendem Maße veränderte Umstände geltend.
7
Er hat jedoch keinen Erfolg, da die Antragstellerin keine schweren Nachteile aufzeigt, die die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans rechtfertigen würden. Die Ausführungen erschöpfen sich im Wesentlichen in der Kritik an der Entwässerungsplanung, hierdurch bedingte schwere Nachteile für ihr Anwesen werden nicht dargelegt. Die der Interessensabwägung des Beschlusses vom 27. September 2021 zu Grunde liegende Annahme, dass in Folge der Bebauung auf den Grundstücken im Planungsgebiet weniger Niederschlagswasser im Boden versickern wird als bislang (vgl. S. 13 f.), wird weiterhin nicht erschüttert. Der Senat geht daher – insbesondere auf Grund der Stellungnahme des Baugeologischen Büros B* … … vom 20. Januar 2022, vorgelegt im Verfahren 1 NE 21.2651 – weiterhin davon aus, dass das geplante Neubaugebiet in wasserwirtschaftlicher Hinsicht keine negativen Auswirkungen für die Bestandsbebauung der Antragstellerin, die oberhalb des Planungsgebiets gelegen ist, hat. Der vorgelegten Stellungnahme des von der Antragstellerin beigezogenen Sachverständigen vom 4. April 2023 lassen sich hierzu keine neuen Erkenntnisse entnehmen.
8
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.