Inhalt

VG München, Urteil v. 20.06.2023 – M 7 K 20.3708
Titel:

Keine Verlängerung der waffenrechtlichen Erlaubnis eines ehemaligen Strafrichters mangels Gefährdung

Normenkette:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Nr. 1, § 19 Abs. 1, Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 1
Leitsätze:
1. Eine "Selbstbindung" der Behörde hins. des Vorliegens eines waffenrechtlichen Bedürfnisses kann nicht angenommen werden. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Begründet ein Antragsteller ein Bedürfnis für den Erwerb einer Schusswaffe und/oder die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über sie damit, dass er sich mit der Waffe vor Angriffen auf bestimmte Rechtsgüter schützen wolle, bedarf es einer Interessenabwägung zwischen dem persönlichen Interesse des Antragstellers an der Verbesserung seiner Sicherheit durch den Besitz einer Schusswaffe und dem öffentlichen Interesse daran, dass möglichst wenige Waffen "ins Volk" kommen. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Schusswaffen, die nur für den häuslichen Bereich bestimmt sind, gefährden erfahrungsgemäß die öffentliche Sicherheit im Allgemeinen weniger stark als Schusswaffen, die auch außerhalb seines Besitztums geführt werden. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine überdurchschnittliche Gefährdung einer Person resultiert vorliegend nicht bereits aus der Tätigkeit als ehemaliger Richter in Strafsachen als solcher, um ein ausreichendes waffenrechtliches Bedürfnis iSd § 8 Nr. 1 WaffG, § 19 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 WaffG annehmen zu können. (Rn. 38 – 41) (redaktioneller Leitsatz)
5. In den in Betracht kommenden typischen Überfallszenarien dürfte kaum Zeit verbleiben, eine Schusswaffe effektiv zur Verteidigung einzusetzen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
6. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 WaffG selbst sagt nichts darüber aus, welche Voraussetzungen eine besonders gefährdete hoheitlich tätig werdende Person erfüllen muss, damit eine waffenrechtliche Erlaubnis nach § 55 Abs. 2 WaffG erteilt werden kann. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
(Wieder-)Erteilung eines Waffenscheins, Strafrichter im Ruhestand, Kein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland, Wohnsitz in Österreich, waffenrechtliche Bedürfnisse, Interessenabwägung, Schusswaffen, Gefährdungsprognose, effektive Verteidigung, hoheitliche Tätigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17169

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Mit seiner Klage richtet sich der Kläger gegen die Ablehnung seines Antrags auf Verlängerung (Neuerteilung) seiner waffenrechtlichen Erlaubnis in Form eines Waffenscheins und den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte sowie die hierzu jeweils ergangenen Folgeanordnungen mit Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom ...
2
Der Kläger, … Staatsangehöriger und wohnhaft in …, beantragte erstmals am ... beim Landratsamt die Erteilung einer Waffenbesitzkarte sowie eines Waffenscheins. Als am Landesgericht … in Strafsachen tätiger Einzelrichter und Vorsitzender in Schöffen- und Schwurgerichtssachen sei er wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe krimineller Elemente gefährdet und damit besonderen Gefahren ausgesetzt, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt begegnet werden könne. Aufgrund seiner besonderen Gefährdung an Leib und Leben sei ihm auch von der Bezirkshauptmannschaft … als zuständiger Behörde ein zum Führen von Faustfeuerwaffen und Schusswaffen überhaupt berechtigender Waffenpass (§ 17 Abs. 2 …isches Waffengesetz) ausgestellt worden. In seiner Funktion als Strafrichter am Landesgericht sei er auch immer wieder mit Strafsachen gegen internationale Täter und auch deutsche Täter befasst, denen zum Teil schwerste Delikte (schwerer Raub etc.) zur Last gelegt würden, sodass er nicht nur in …, sondern auch in Deutschland, wo er sich bedingt durch die geographische Lage … sowohl privat als auch beruflich häufig aufhalte, im waffenrechtlichen Sinne gefährdet sei.
3
Am ... stellte das Landratsamt dem Kläger die Waffenbesitzkarte Nr. … sowie einen Waffenschein Nr. …, gültig bis ..., aus. Der Waffenschein wurde in der Folge mehrmals verlängert bzw. neuerteilt, zuletzt am ... mit Waffenschein Nr. …, gültig bis ...
4
Mit Antrag vom ... beantragte der Kläger abermals die Verlängerung seines Waffenscheins Nr. …
5
Mit Schreiben vom ... bat das Landratsamt das Polizeipräsidium ..., um Stellungnahme, ob aus dortiger Sicht das Vorbringen des Antragstellers ein Bedürfnis zum Erwerb/Führen von Schusswaffen glaubhaft erscheinen lasse. Mit Schreiben vom ... teilte das Polizeipräsidium ..., daraufhin mit, das sich aus polizeilichen Unterlagen keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Klägers, auch nicht aus der Tätigkeit im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung ergäben. Gefahrenlagen in Verbindung mit der Berufsausübung und dem privaten Bereich seien nicht aktenkundig. Der Kläger sei als Strafrichter in …, … tätig. Aufgrund der Tätigkeit und der abstrakten Gefährdung sei von der zuständigen … Behörde eine entsprechende Erlaubnis erteilt worden. Eine abstrakt signifikant erhöhte Gefährdung für Deutschland sei nicht erkennbar.
6
Mit Schreiben vom ... teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass infolge der Stellungnahme der … … das erforderliche Bedürfnis zur Verlängerung des Waffenscheins fehle. Der Antrag des Klägers müsse demnach versagt werden. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
7
Der Kläger nahm mit Schreiben vom ... Stellung und führte im Wesentlichen aus, er sei seit … beim Landesgericht … als Einzelrichter, Vorsitzender in Schöffensachen und Vorsitzender in Geschworenensachen und damit auch für die schwersten Straftaten wie Mord, Organisierte Kriminalität, terroristische Straftaten, Wiederbetätigung etc. zuständig. Daneben sei er auch als Haft- und Rechtsschutzrichter sowie in Verfahren wegen bedingter Entlassungen aus Freiheitsstrafen zuständig. Seit der erstmaligen Ausstellung des Waffenscheins im Jahr … habe sich die konkrete überdurchschnittliche Gefährdungslage nicht verringert, sondern vielmehr verstärkt. Der Kläger habe in den letzten Jahren zahlreiche Strafverfahren wegen schwerster Straftaten geführt. Viele davon hätten auch Auslandsbezug gehabt, z.B. nach … (Verfahren gegen mehrere Mitglieder einer … Terrorgruppe wegen mehrfachen Mordes, schweren Raubes, erpresserischer Entführung etc.), … (Organisierte Kriminalität), … (Organisierte Kriminalität), … (Verfahren gegen … und …*) etc. Er könne naturgemäß nicht die Gerichtsakte zur Verfügung stellen, wohl aber einzelne Medienberichte mit Namensnennung, die als Anlage vorgelegt wurden. Ganz speziell von den Tätern aus den Bereichen Organisierte Kriminalität, Terrorismus, Wiederbetätigung („Neonazi-Verfahren“), „Reichsbürger“ etc. seien massive Drohungen mit dem Tode ihm gegenüber ausgesprochen worden und würden dies auch immer wieder. In … seien in den letzten Jahren im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit zwei Richter und eine Justizbeamtin (anstelle des nicht angetroffenen Richters) erschossen worden. Dem Internet könne entnommen werden, dass der „Große Waffenschein“ in Deutschland nur sehr selten ausgestellt werde, etwa für Personenschützer, Geldtransportbegleiter oder besonders gefährdete Personen wie Richter und Staatsanwälte. Dies sollte in Deutschland auch für Richter anderer EU-Mitgliedstaaten gelten. Auf die für deutsche Richter geltende Bestimmung des § 55 Abs. 2 WaffG werde hingewiesen.
8
Mit Schreiben vom ... bestellte sich der bereits im Verwaltungsverfahren Bevollmächtigte des Klägers und führte insbesondere aus, dass die Gefährdungslage für den Kläger unbefristet fortbestehe. Sie bestehe auch nach Beendigung der beruflichen Tätigkeit fort, zumal mit der Beendigung der beruflichen Tätigkeit als Strafrichter nicht automatisch die Gefährdungslage z.B. durch ehemalige, verurteilte Personen (Rachemotive etc.) wegfielen. Eine derartige Annahme wäre geradezu lebensfremd und willkürlich, jedenfalls aber mit der gesetzlichen Intention zur realistischen Einschätzung einer materiellen Gefährdungslage nicht ansatzweise in Einklang zu bringen. Bei der eingetragenen Schusswaffe des Klägers handele es sich sowohl aufgrund des Kalibers als auch aufgrund der technischen Ausführung mit kurzem Lauf um eine typische Verteidigungswaffe, welche technisch und konzeptiv auf typische Verteidigungssituationen ausgelegt sei. Aus dem Umstand, dass der Kläger genau eine solche Schusswaffe führe, werde die grundlegende Absicht bzw. der eigentliche Zweck als Schusswaffe zur Begegnung und Hintanhaltung von gefährlichen rechtswidrigen Angriffen zum Nachteil des Klägers ersichtlich und evident. Die Behörde werde im Detail darzulegen haben, warum jene trotz jahrzehntelanger rechtskräftiger Anerkennung der Bedürfnislage und gleichzeitiger Verschlechterung der Sicherheitslage seit dem Jahr 2015 – was weiter ausgeführt wurde – für den Kläger als Strafrichter und privilegierte Person i.S.d. § 55 WaffG für schwerste Straftaten nunmehr eine gegenteilige Auffassung vertreten habe. Ebenso sei dem Kläger eine deutsche Waffenbesitzkarte ausgestellt worden. Diese Berechtigung sei unbefristet erteilt und die Bedürfnislage der erhöhten Gefährdung anerkannt worden. Damit sei das erhöhte Bedürfnis bzw. die erhöhte Gefährdungslage durch das Landratsamt selbst unbefristet anerkannt worden.
9
Am ... erfolgte eine persönliche Vorsprache des Klägers beim Landratsamt. Es wurde Akteneinsicht gewährt und die derzeitige Lage bzw. die fehlenden Voraussetzungen erläutert. Es wurde u.a. mitgeteilt, dass die vorgelegten Zeitungsartikel keine konkrete Gefahr, sondern eine eher abstrakte Gefährdungslage belegten. Auch der Artikel von … sei als Nachweis zu alt. Es werde gebeten, dem Landratsamt eine konkrete Bedrohung, die in … aktenkundig sei, zukommen zu lassen.
10
Mit E-Mail vom ... legte der Kläger eine Bestätigung des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung der Landespolizeidirektion … vom ... vor. Darin wurde mitgeteilt, dass das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung … grundsätzlich keine Gefährdungseinschätzungen bei Privatpersonen durchführe und demgemäß derartige Bestätigungen nicht ausstellen könne. Ausgenommen hiervon seien Person, die nach den einschlägigen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes unter polizeilichem Personenschutz stünden oder gestellt würden. Es würden trotzdem nachfolgende Informationen, welche sich u.a. aus dem Waffenakt ergäben, mitgeteilt: Der Kläger sei seit … beim Landesgericht … als Einzelrichter, Vorsitzender in Schöffensachen und Vorsitzender in Geschworenensachen und somit auch für die schwersten Straftaten wie Mord, Organisierte Kriminalität, terroristische Straftaten und Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz zuständig. Er habe zahlreiche Strafverfahren wegen schwerster Straftaten geleitet und leite diese noch immer. Aufgrund der besonderen Gefährdungslage als Strafrichter sei der Kläger seit … im Besitz eines … Waffenpasses, welcher ihn nicht nur zum Besitz, sondern auch zum Führen von Faustfeuerwaffen berechtige. Ein derartiges waffenrechtliches Dokument werde nur nach entsprechender Einzelfallprüfung und bei Vorliegen einer besonderen Gefährdungslage ausgestellt. Aus Sicht der zuständigen Sicherheitsbehörde bzw. Waffenbehörde werde davon ausgegangen, dass beim Kläger aufgrund seiner Tätigkeit ein Bedarf zum Führen einer Schusswaffe bestehe, d.h. dass der Kläger im Zuge des Verfahrens glaubhaft gemacht habe, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt sei, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne.
11
Mit Schreiben vom ... teilte das Landratsamt dem Klägerbevollmächtigten mit, dass nach umfangreicher Prüfung des Antrags auf Verlängerung des Waffenscheins nunmehr festgestellt werde, dass das erforderliche Bedürfnis nicht gegeben sei und aufgrund dessen geplant sei, den Antrag zu versagen. Es wurde abermals Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
12
Der Klägerbevollmächtigte nahm mit Schreiben vom ... Stellung.
13
Die Kriminalpolizeiinspektion ... teilte zuletzt mit Schreiben an das Landratsamt vom ... mit – nachdem das Landratsamt u.a. die Stellungnahmen des Klägers bzw. des Klägerbevollmächtigten an diese weitergeleitet hatte, dass sich an der letzten Einschätzung nichts geändert habe. Gefahrenlagen in Verbindung mit der Berufsausübung oder dem privaten Bereich seien nicht bekannt. Eine abstrakt signifikant erhöhte Gefährdung für Deutschland sei nicht erkennbar. Das Land … habe mit Schreiben vom ... die Auffassung des Landes … (aus …*) geteilt, dass bei gleichen Voraussetzungen (nicht im Erteilungsland wohnhafter Antragsteller) keine waffenrechtliche Erlaubnis erteilt werde. Dieser Auffassung schloss sich die Landespolizeidirektion … mit E-Mail vom ... an (vgl. Bl. … … Behördenakte).
14
Mit Bescheid vom ..., dem Kläger zugestellt am ..., lehnte das Landratsamt, den Antrag des Klägers vom ... auf Verlängerung des Waffenscheins Nr. … ab (Nr. 1.1). Der Kläger wurde verpflichtet, den Waffenschein binnen einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheids dem Landratsamt zurückzugeben bzw. zurückzusenden (Nr. 1.2). Zudem widerrief das Landratsamt die dem Kläger erteilte Waffenbesitzkarte Nr. … und die damit erteilte Erlaubnis zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die eingetragene Waffe und Munition (Nr. 2.1). Dem Kläger wurde aufgegeben, die Waffenbesitzkarte binnen einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheids dem Landratsamt zurückzugeben bzw. zurückzusenden (Nr. 2.2). Die Kosten des Verfahrens wurden dem Kläger auferlegt und für den Bescheid eine Gebühr i.H.v. 200,- Euro nebst Auslagen i.H.v. 7,40 Euro festgesetzt (Nr. 3).
15
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Verlängerung des Waffenscheins sei abzulehnen gewesen, da das erforderliche Bedürfnis nicht mehr gegeben sei. Dies sei eine gebundene Entscheidung. Voraussetzung für eine waffenrechtliche Erlaubnis sei, dass der Antragsteller ein Bedürfnis nachweise (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG). Gemäß § 19 Abs. 1 WaffG werde ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz einer Schusswaffe und der dafür bestimmten Munition bei einer Person anerkannt, die glaubhaft mache, wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet zu sein (Nr. 1) und der Erwerb der Schusswaffe und der Munition geeignet und erforderlich sei, diese Gefährdung zu mindern (Nr. 2). Ein Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe werde gemäß § 19 Abs. 2 WaffG anerkannt, wenn glaubhaft gemacht sei, dass die Voraussetzungen nach Abs. 1 auch außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums vorlägen. Nach Nr. 19.2.1 WaffVwV müssten die Gründe des Antragstellers stets vollständig angegeben werden, damit eine umfassende Überprüfung durch die Behörde möglich sei. Bei der Entscheidung über die Anerkennung eines Bedürfnisses sei stets eine Abwägung der persönlichen Interessen des Antragstellers an der Verbesserung seiner Sicherheit durch den Besitz einer Schusswaffe und dem öffentlichen Interesse, möglichst wenig Waffen in Umlauf zu haben, erforderlich. Eine Gefährdung nach § 19 WaffG könne nach diesen Grundsätzen insbesondere angenommen werden bei Personen, die – abgesehen von den Fällen des § 55 Abs. 2 WaffG – aufgrund ihrer exponierten Stellung im öffentlichen Leben oder ihrer beruflichen Stellung mit Angriffen auf Leib und Leben rechnen müssten. Zur Beurteilung dieser Frage solle eine Stellungnahme der zuständigen Polizeidienststelle eingeholt werden (Nr. 19.2.5 WaffVwV). Die Berechtigung zum Führen der Waffe sei vom Landratsamt in Form eines Waffenscheins am ... erteilt worden, zuletzt gültig bis ... Nachdem bis zur Antragstellung der Verlängerung am ... seither … Jahre vergangen seien, habe es das Landratsamt für erforderlich gehalten, die vorgelegten Unterlagen des Klägers im Rahmen einer Gefährdungsanalyse durch die zuständige Polizeidienststelle prüfen zu lassen. Sämtliche vom Kläger vorgelegten Unterlagen seien daher zuständigkeitshalber an das Polizeipräsidium … … zur Prüfung der Gefährdung weitergeleitet worden. Mit Schreiben vom ... habe das Polizeipräsidium … … mitgeteilt, dass sich aus polizeilichen Unterlagen keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Klägers ergäben, auch nicht aus der Tätigkeit im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung. Gefahren in Verbindung mit der Berufsausübung und dem privaten Bereich seien nicht aktenkundig. Der Kläger sei als Strafrichter in … (* …*) tätig. Aufgrund der Tätigkeit und der abstrakten Gefährdung sei ihm von der zuständigen … Behörde eine entsprechende Erlaubnis erteilt worden. Aus Sicht des Polizeipräsidium … … sei eine abstrakt signifikant erhöhte Gefährdung des Klägers für Deutschland nicht erkennbar. Von dieser Einschätzung sei das Polizeipräsidium … … trotz der im weiteren Verlauf der Antragsprüfung vorgelegten Unterlagen des Klägers nicht abgewichen (s. Schreiben vom ... ... ... …*). Zudem verweise das Polizeipräsidium … … darauf, dass einem Antragsteller auch im Land … bei gleichen Voraussetzungen (nicht im Erteilungsland wohnhaft) keine waffenrechtliche Erlaubnis erteilt werde. Abschließend werde festgestellt, dass das Bedürfnis zum Führen der Waffe in Deutschland beim Kläger nicht (mehr) gegeben sei. Nachdem der Kläger keine aktuellen Nachweise der Gefährdung vorgelegt habe bzw. auch bei dem persönlichen Gespräch am ... keine konkreten Angaben zur Gefährdung gemacht habe, orientiere sich das Landratsamt entsprechend den Vorgaben der WaffVwV an der Gefährdungsanalyse der zuständigen Polizeidienststelle, die eine abstrakt signifikant erhöhte Gefährdung des Klägers für Deutschland nicht erkennen lasse. Die Anordnung in Nr. 1.2 des Bescheids beruhe auf § 52 VwVfG. Die Waffenbesitzkarte sei infolge des fehlenden Bedürfnisses zu widerrufen gewesen. Gemäß § 45 Abs. 2 WaffG sei eine Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung hätten führen müssen. Das fehlende Bedürfnis sei ein Grund zur Versagung (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 19 WaffG). Dies sei eine gebundene Entscheidung. Die Ausstellung der Waffenbesitzkarte sei am ... erfolgt. Dies sei zum damaligen Zeitpunkt mit der Ausstellung des Waffenscheins einhergegangen. Das Bedürfnis zum Erwerb und Besitz der Waffe sei auch hier die Anerkennung als gefährdete Person gewesen. Zur Begründung des fehlenden Bedürfnisses werde auf die obigen Ausführungen verwiesen. Nr. 2.2 des Bescheids stützte sich auf § 46 Abs. 1 WaffG. Als weitere Maßnahme des Widerrufs einer Waffenbesitzkarte sehe der Gesetzgeber die Überlassung der eingetragenen Waffe und Munition vor. Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG könne angeordnet werden, dass die Waffe und Munition einem Berechtigten zu überlassen seien oder dauerhaft unbrauchbar gemacht werden müssten und der Nachweis darüber gegenüber der Behörde zu führen sei. Diese Anordnung liege im Ermessen der Behörde. Im vorliegenden Fall sehe die Behörde von der weiteren Anordnung, die Waffe und Munition einen Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ab, da der Kläger die Waffe im Rahmen der … waffenrechtlichen Erlaubnis besitzen bzw. führen dürfe. Die Anordnung in Nr. 3 beruhe auf den – im Einzelnen zitierten – Vorschriften des Kostenrechts.
16
Daraufhin hat der Bevollmächtigte des Klägers am ... Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dem Wortlaut des Bescheids sei nicht sicher zu entnehmen, welche entscheidungsrelevanten Tatsachen festgestellt worden seien, da sich die Begründung in einer Darstellung des Verfahrens und der Erhebungsergebnisse ohne Beweiswürdigung erschöpfe. Es könne lediglich angenommen werden, dass das Landratsamt auf der Tatsachenebene davon ausgehe, dass der Kläger nicht bewiesen bzw. zumindest glaubhaft gemacht habe, dass er auch außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet sei. Als Klagegrund würden Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Tatsachenfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht, was nachfolgend im Einzelnen näher ausgeführt wurde. Insbesondere sei der Widerruf der Waffenbesitzkarte nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen und der Antragsteller sei hierzu nicht einmal angehört worden, obwohl die Voraussetzungen für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte anders seien als für die Erteilung eines Waffenscheins. Dem angefochtenen Bescheid sei zu allen Spruchpunkten 1. bis 3. keine einzige Tatsachenfeststellung zu entnehmen. Der Kläger wisse nicht, von welchem tatsachenrelevanten Sachverhalt das Landratsamt ausgegangen sei. Der gesamte Bescheid sei daher bereits mangels erkennbarer Tatsachenfeststellungen mangelhaft und nichtig. Überdies sei dem angefochtenen Bescheid keinerlei Beweiswürdigung zu entnehmen. Die Behörde habe sich offenkundig nicht mit den durch den Kläger beigebrachten Stellungnahmen und Beweisurkunden des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung der … … auseinandergesetzt. Der reine Verweis auf Rechtsvorschriften und die Darlegung des Parteienvorbringens ersetzten nicht Feststellungen und Beweiswürdigung. Der Kläger sei auch nie förmlich von der Behörde einvernommen und geladen worden, obwohl der Kläger dies ausdrücklich beantragt habe. Somit sei der Kläger auch um seine eigene Parteieinvernahme als zentrales Beweismittel zur näheren Schilderung und Erklärung wie auch zur Feststellung seiner Gefährdung und gesetzlichen Bedürfnislage durch laufende sowie über Jahrzehnte stattgefundene konkrete massive Drohungen (Morddrohungen) in seiner Funktion als Strafrichter für schwerste Straftaten mit internationalem Bezug gebracht worden. Die Behörde habe den Umstand und das Anerkennen der Bedürfnislage zugunsten des Klägers seit über … Jahren und die Gründe für das nunmehrige Abgehen von dieser anerkannten Bedürfnislage nicht einmal begründet und auch nicht erörtert. Eine aktuelle sicherheitspolizeiliche Gefährdungsanalyse betreffend die Änderung, Verbesserung oder Verschlechterung der Gefährdungslage im Verhältnis zum Jahr … als Ausstellungsjahr des Waffenscheins und Jahr der Erstanerkennung der Bedürfnislage zugunsten des Klägers sei ebenso nicht eingeholt worden, wozu die Behörde bereits von Amts wegen verpflichtet gewesen wäre, wenn sie von ihrer eigenen …-jährigen Spruchpraxis abgehe. Der Kläger sei bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand mit Vollendung des … Lebensjahres von … bis … als Richter in Strafsachen tätig gewesen und dabei auch für die schwersten Straftaten wie Mord, Organisierte Kriminalität, terroristische Straftaten, Wiederbetätigung etc. zuständig gewesen. Der Kläger habe zahlreiche Strafverfahren wegen schwerster Straftaten geführt. Viele davon hätten auch Auslandsbezug gehabt, u.a. nach Deutschland. Aufgrund dieser besonderen Gefährdung sei dem Kläger am ... der zum Führen von Faustfeuerwaffen berechtigende …ische Waffenpass erteilt worden, eine Auskunftssperre im zentralen Melderegister verfügt worden und scheine der Kläger bereits seit Beginn seiner Richterausbildung im Jahr … nicht mehr im Telefonbuch auf. Da der Kläger aus dem … Grenzgebiet im … stamme, enge Beziehungen zu dort lebenden Familienmitgliedern, Kollegen und Freunden pflege und beruflich oft über das kleine und große „… …“ nach … habe reisen müssen, sei ihm anlässlich einer Tagung in … von einem Kollegen der Generalbundesanwaltschaft empfohlen worden, wegen der auch in Deutschland bestehenden besonderen Gefährdungslage in Deutschland einen Waffenschein zu beantragen. Seit der erstmaligen Erteilung des Waffenscheins im Jahr … habe sich die konkrete überdurchschnittliche Gefährdungslage des Klägers nicht verringert, sondern vielmehr verstärkt. Auch die Bedürfnislage sei seither unverändert. Die sicherheitspolizeilichen Rahmen- und Gesamtumstände hätten sich im Verhältnis zum Jahr … nicht verbessert, sondern verschlechtert, jedenfalls aber nicht zum Vorteil für den Kläger geändert. Der Kläger sei wegen seiner Tätigkeit als Strafrichter immer wieder von Angeklagten und von deren Umfeld mit dem Tode bedroht worden. Diese Drohungen seien sowohl telefonisch als auch im Verhandlungssaal erfolgt, wobei oft auch Ermittlungen hinsichtlich des Täters geführt worden seien, welche jedoch selten erfolgreich gewesen seien, da der Anrufer nicht habe ermittelt werden können (Telefonzelle, nicht registrierte Mobiltelefone etc.) bzw. die Drohungen im Verhandlungssaal aufgrund der zahlreichen im Verhandlungssaal anwesenden Personen regelmäßig nicht sicher (auch nicht von den anwesenden Justizwache- und Polizeibeamten) einer bestimmten Person hätten zugeordnet werden können. Speziell von Tätern aus den Bereichen Organisierte Kriminalität, Terrorismus, politischer Extremismus („Neonazi-Verfahren“, „Rechte Szene“) „Reichsbürger“ etc. seien dem Kläger gegenüber immer wieder massive Drohungen mit dem Tode ausgesprochen worden. Mit Schreiben vom ... habe das für den Wohnsitz des Klägers zuständige Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus bestätigt, dass der zum Führen von Faustfeuerwaffen berechtigende … Waffenpass nur nach entsprechender Einzelfallprüfung und bei Vorliegen einer besonderen Gefährdungslage ausgestellt werde und dass der Kläger außerhalb von Wohn- und Betriebsräumen oder einer eingefriedeten Liegenschaft besonderen Gefahren ausgesetzt sei, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Diese Einschätzung gelte in einem Europa der offenen Grenzen auch für Deutschland. Wenn das Polizeipräsidium … … in seinen Schreiben vom ... und ... zum Ergebnis komme, dass sich keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Klägers ergäben, liege dies daran, dass das Landratsamt ohne Hinweis auf die vom Kläger mehrfach geschilderte und durch Unterlagen belegte besondere Gefährdungslage lediglich um Stellungnahme gebeten habe, ob eine besondere Gefährdung gegeben sei, und das Polizeipräsidium … … mangels Kenntnis der näheren Umstände und eines fehlenden Aufenthaltsortes des Klägers in … naturgemäß keine Gefahrenlage in Verbindung mit der Berufsausübung und im privaten Bereich aktenkundig habe feststellen können. Da der als Strafrichter erheblich gefährdete Kläger in Deutschland nicht hoheitlich tätig sei, komme für ihn die Erteilung einer Bescheinigung über die Berechtigung zum Führen einer Waffe für hoheitlich tätige erheblich gefährdete Personen (§ 55 Abs. 2 WaffG) nur über eine sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung bzw. über die Anwendung von Unionsrecht unter dem Blickwinkel der Gleichbehandlung in Betracht. Für in Deutschland wohnhafte oder tätige Antragsteller könne von der Waffenbehörde eine polizeiliche Gefahrenanalyse bzw. eine Stellungnahme der zuständigen Polizeidienststelle eingeholt werden. Eine solche Vorgangsweise scheide im Falle einer außerhalb Deutschlands lebenden besonders gefährdeten Person aus, sodass sich die deutsche Waffenbehörde dazu sinnvollerweise nur der Stellungnahme von mit der Gefährdungsanalyse des Antragstellers vertrauten ausländischen Sicherheitsdienststellen bedienen könne, deren Einschätzungen und Sicherheitsanalysen bereits unter dem Blickwinkel unionsrechtlicher Erwägungen und Vorgaben mit Sicherheitsanalysen deutscher Polizeidienststellen gleichzustellen seien. Bereits aufgrund der Stellungnahme des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung der … … wie auch der Auskunftssperre Melderegister habe der Kläger das in § 19 WaffG statuierte Bescheinigungserfordernis bzw. die notwendige Glaubhaftmachung erbracht. Aus unionsrechtlicher Sicht dürfe die sicherheitspolizeiliche Stellungnahme der … … nicht unterschiedlich oder geringwertiger bewertet werden als die Auskunft einer deutschen Polizeidienststelle, welche überdies über die persönliche Sicherheit und Gefährdungslage des in … aufhältigen Klägers naturgemäß nicht informiert sein könne. Im Hinblick auf § 55 Abs. 2 WaffG verbiete sich eine unterschiedliche Behandlung gegenüber deutschen Richtern mit ähnlichem Tätigkeits- und Gefährdungsumfeld bereits aus unionsrechtlicher Sicht und dem dort gebotenen Prinzip der Gleichbehandlung sowie des unionsrechtlich statuierten Diskriminierungsverbots.
17
Der Kläger beantragt,
1. Der Bescheid des Landratsamts … vom …, …, wird wegen Rechtswidrigkeit in seinem gesamten Inhalt (Punkte 1 bis 3) aufgehoben und das Landratsamt verpflichtet, den dem Kläger ausgestellten Waffenschein (zuletzt) Nr. … antragsgemäß zu verlängern sowie die am … mit der Nr. … erteilte Waffenbesitzkarte samt Erlaubnis zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die eingetragene Waffe und Munition nicht zu widerrufen und in diesem Sinn die gesamte, erstbehördliche Entscheidung abzuändern.
2. Hilfsweise: Der Bescheid des Landratsamts … vom …, …, wird wegen Rechtswidrigkeit in seinem gesamten Inhalt (Punkte 1 bis 3) aufgehoben und das Landratsamt verpflichtet, dem Kläger (neuerlich) einen Waffenschein zu erteilen und vom Widerruf der Waffenbesitzkarte mit der Nr. … vom … sowie der Erlaubnis zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die eingetragene Waffe und Munition abzusehen.
3. Hilfsweise: Der Bescheid des Landratsamts … vom …, …, wird wegen Rechtswidrigkeit in seinem gesamten Inhalt (Punkte 1 bis 3) aufgehoben und dem Landratsamt … aufgetragen, nach Verfahrensergänzung neuerlich über den Antrag des Klägers auf Verlängerung des Waffenscheins (zuletzt) Nr. … und den Widerruf der Waffenbesitzkarte Nr. … vom … und die damit erteilte Erlaubnis zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die eingetragene Waffe samt Munition, zu entscheiden.
4. Den Kostenspruch zu Pkt. 3 des angefochtenen Bescheids des Landratsamts … vom …, …, ersatzlos aufzuheben.
18
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
19
Zur Begründung wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen und ergänzend im Wesentlichen ausgeführt, es sei keinerlei Bedürfnis des Klägers als pensioniertem Strafrichter i.S.v. § 8 WaffG erkennbar. Insbesondere handele es sich bei ihm nicht um eine gefährdete Person. Hierzu werde auf die Stellungnahme der Kriminalpolizeiinspektion ... verwiesen. Die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG sei daher nicht erfüllt. Der Kläger sei …, der sich nach eigenen Angaben nur zu Freizeitzwecken gelegentlich in Deutschland aufhalte. Die Versagung könne daher auch auf § 4 Abs. 2 WaffG gestützt werden. Die Waffenbesitzkarte sei aus diesen Gründen nach § 45 Abs. 2 WaffG zu widerrufen gewesen. Die getroffenen Nebenentscheidungen seien ebenfalls rechtmäßig. Für eine Analogie oder unionsrechtliche Erwägungen biete das aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bewusst restriktiv ausgestaltete Waffenrecht keinen Raum.
20
Mit Schreiben vom ... teilte das Landratsamt dem Klägerbevollmächtigten mit, dass die Anhörung bezüglich des Widerrufs der Waffenbesitzkarte hiermit nachgeholt werde. Es werde abschließend festgestellt, dass das erforderliche Bedürfnis als in Deutschland gefährdete Person nicht gegeben sei. Dies habe zur Folge, dass die Waffenbesitzkarte des Klägers widerrufen werden müsse (§ 45 Abs. 2 WaffG). Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
21
Mit Schreiben vom ... forderte das Gericht den Klägerbevollmächtigten im Hinblick auf § 31 Abs. 1 EuRAG auf, dem Gericht gegenüber einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland (Deutschland) zu benennen. Hierauf teilte der Klägerbevollmächtigte mit E-Mail vom ... mit, dass Zustellungen künftig direkt an den Kläger vorgenommen werden könnten.
22
Am ... hat das Gericht zur Sache mündlich verhandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
23
Der Klägerbevollmächtigte vertiefte seinen Vortrag mit Schriftsatz vom ... und führte ergänzend im Wesentlichen aus, der Kläger sei – wie auch andere Berufsrichter – während seiner Tätigkeit als Untersuchungsrichter, Einzelrichter, Vorsitzender des Schöffengerichts und des Schwurgerichtshofs (vergleichbar einem deutschen Vorsitzenden einer großen Strafkammer oder eines Schwurgerichts) immer wieder von Straftätern – auch aus dem Raum der Bundesrepublik Deutschland – und deren Umfeld massiv bedroht worden. Die Drohungen seien insbesondere im Zusammenhang mit Verfahren wegen schwerster Straftaten wie bewaffneter Raub, Suchtgifthandel, Menschenhandel, Staatsverweigerern („Reichsbürger“), Terrorismus, organisierter Kriminalität erfolgt. Die Drohungen seien schriftlich und telefonisch direkt dem Kläger gegenüber im Verhandlungssaal wie auch im Büro erfolgt. Über seine Privatadresse und sein privates Telefon hätten aufgrund der verfügten amtlichen Auskunftssperren keine Bedrohungen stattgefunden. Auch sei der Kläger von der Polizei immer wieder gewarnt worden, wenn es Anhaltspunkte für aktuelle besondere Gefährdungslagen gegeben habe, wenn z.B. Personen (Zeugen, Beschuldigte, Informanten) gegenüber der Polizei angegeben hätten, dass sie von Verurteilten und deren Umfeld erfahren hätten, dass demnächst „Rache“ am Kläger verübt und er umgebracht werden solle. Die schriftlichen Drohungen seien zu den Akten gegeben und in Kopie der Polizei übermittelt worden. Sowohl wegen der schriftlichen als auch wegen der telefonischen Drohungen sei von der Polizei ermittelt worden, wobei die Ermittlungen nach der Erinnerung des Klägers nur zum Teil erfolgreich gewesen seien. Aufgrund dieser Drohungen habe der Kläger im Zuge einer Sicherheitsberatung/Warnung durch die Polizei auch amtliche Auskunftssperren im Zentralen Melderegister etc. veranlasst und weitere Vorkehrungen zu seinem Schutz und zum Schutz seiner Familie getroffen (keine Telefonbucheintragungen, wechselnde Fahrtrouten, besondere Sicherheitsvorkehrungen etc.). Was konkrete Drohungen von Straftätern aus Deutschland betreffe, könne der Kläger sich heute (vermutlich aber auch nur aufgrund des im Akt befindlichen AV vom ...*) nur noch an die Ankündigung des Umbringens des Richtersenats durch eine von den deutschen Behörden (Polizei, Staatsanwaltschaft, Verfassungsdienst, etc.) seinerzeit als extrem gefährlich eingestufte Tätergruppe (mehrfacher bewaffneter Raub, Mord an V-Mann, etc.) erinnern, welche dem Kläger durch die Polizei zur Kenntnis gebracht worden sei. Die Bedrohungslage durch diese in … (und vermutlich auch in Deutschland) zu langen Freiheitsstrafen und Sicherheitsverwahrung verurteilten Tätergruppe dauere noch an, nachdem die Tätergruppe den Zeitpunkt (nach gelungener Flucht, nach Entlassung aus langjähriger Haft bzw. Sicherheitsverwahrung) der Umsetzung der Ermordung des Richtersenats offen gelassen habe. In diesem Zusammenhang werde der Antrag auf Einholung einer ergänzenden, sicherheitspolizeilichen Stellungnahme dahingehend gestellt, die deutschen Sicherheitsbehörden mögen klären bzw. eindeutig darüber Auskunft geben, ob von der damals von den deutschen Sicherheitsbehörden als extrem gefährlich eingestuften Tätergruppe … zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidungsfindung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine konkrete Gefahr mehr für den Kläger ausgehe oder ob ein konkretes Gefährdungspotential aus dieser Tätergruppe zum Nachteil des Klägers nach wie vor bestehe. Die deutschen Sicherheitsbehörden verfügten damals wie heute über die notwendigen Akten und Erkenntnisse hierzu, zumal es gerade jene deutschen Behörden und Organe gewesen seien, welche den Kläger damals entsprechend nachhaltig im R.weg gewarnt hätten, woraufhin der Kläger einen deutschen Waffenschein beantragt habe. Eine sicherheitspolizeilich relevante Abklärung dieses konkreten, aktuellen Gefährdungspotentials gegenüber dem Kläger aus dieser konkreten Tätergruppe habe zu keiner Zeit stattgefunden und könne auch nicht durch pauschale und allgemein gehaltene, sicherheitspolizeiliche Einstufungen ersetzt werden. Konkrete Ermittlungsergebnisse zu dieser Tätergruppe bezogen auf die Gegenwart fehlten zur Gänze. Das Verfahren sei diesbezüglich mangelhaft. Diese aktuellen Gefährdungsanalysen zu dieser konkreten Tätergruppe könne auch nur von den deutschen Sicherheitsbehörden und nicht vom Kläger beigebracht werden. Vom Kläger würden nunmehr nach Jahrzehnten der anstandslosen Verlängerung des Waffenscheins konkrete Nachweise seiner Gefährdungslage eingefordert, obwohl eine solche Gefährdung seinerzeit von den deutschen Strafverfolgungsbehörden von Amts wegen nach … mitgeteilt worden sei. Nun aber würden solche nur durch die deutschen Sicherheitsbehörden eruierbaren aktuellen Gefährdungslagen zu dieser Tätergruppe nicht aktuell und tätergruppenspezifisch erhoben. Zudem stelle die Nichtanwendung des § 55 Abs. 2 WaffG auf einen … Strafrichter eine Verletzung von Unionsrecht dar, was weiter ausgeführt wurde. Eine diesbezügliche Vorlage an den Europäischen Gerichtshof im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens werde angeregt.
24
Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schriftsatz vom ... und verzichtete auf weitere mündliche Verhandlung. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, die für das Landratsamt zuständige Polizeidienststelle (Kriminalpolizeiinspektion ... sei bereits mehrfach zur Klärung der Frage, ob Erkenntnisse für eine besondere Gefährdung des Klägers sprächen, befragt worden. Eine bedarfsbegründende derzeitige/konkrete Gefährdungslage habe hierbei nicht festgestellt werden können. Im Übrigen müssten sowohl für den Waffenschein als auch für die Bescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG dieselben Antragsvoraussetzungen vorliegen, nämlich die Glaubhaftmachung einer konkreten und aktuellen Gefährdungslage. Zudem sei für den Kläger aufgrund der Freistellung ab ... für eine Tätigkeit als Verfahrensleiter bzw. ab seiner Versetzung in den Ruhestand § 55 Abs. 2 WaffG nicht (mehr) einschlägig. Laut der dem Schriftsatz beigefügten neuerlich erstellten Gefährdungsanalyse der Kriminalpolizeiinspektion ... vom ... ergäben sich aus den dortigen Unterlagen derzeit keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Klägers. Bei der Recherche in den polizeilichen Datensystemen hätten bislang keine aktuellen Ereignisse in … und im Bund festgestellt werden können, die auf eine im Sachzusammenhang relevante Gefährdung zum Nachteil des Klägers hinweisen würden. Gefahrenlagen in Zusammenhang mit der Berufsausübung und dem privaten Bereich seien nicht aktenkundig. Eine abstrakte signifikante erhöhte Gefährdung des Klägers für Deutschland sei somit nicht erkennbar.
25
Unter dem ... wurde vom Klägerbevollmächtigten mitgeteilt, dass auch klägerseits auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werde. Weiter wurde insbesondere ausgeführt, eine konkrete Beweisaufnahme zu den konkreten Tätergruppen bzw. eine Bezug habende, weiter und immer noch bestehende Gefährdungslage durch diese konkrete Tätergruppen zum Nachteil des Klägers sei polizeilich immer noch nicht ermittelt worden. Derartige Erhebungen zu den besagten konkreten Tätergruppen könnten nur die Sicherheitspolizei bzw. die Sicherheitsbehörden vor Ort und gerade nicht der Kläger liefern und beibringen. Dies sei auch seinerzeit im Rahmen der Ausstellung des Waffenscheins und der Beurteilung der damaligen Gefährdungslage so gewesen. Das Verfahren verbleibe mangelhaft. Den Beweisanträgen des Klägers sei jedenfalls nicht nachgekommen worden und jene seien unter Verweis auf allgemein gehaltene Pauschalauskünfte faktisch übergangen worden.
26
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

27
Über die Klage konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
28
Die Klage ist in ihrem Hauptantrag – einschließlich des Antrags betreffend die Aufhebung des Kostenspruchs zu Punkt 3 des angefochtenen Bescheids – zulässig, aber unbegründet. Auch die Hilfsanträge haben keinen Erfolg.
29
Der zulässige Hauptantrag ist unbegründet.
30
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung seines Waffenscheins, der ihn zum Führen einer Schusswaffe auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigen würde (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 und § 4 WaffG), sodass die Ablehnung bzw. Versagung seines Antrags mit Bescheid des Landratsamts vom ... rechtmäßig war. Der Bescheid des Landratsamts vom ... ist auch im Übrigen, insbesondere hinsichtlich des Widerrufs der Waffenbesitzkarte des Klägers, rechtmäßig und verletzt diesen nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Kostenentscheidung bestehen keine durchgreifenden Zweifel.
31
Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 18.12.1979 – I C 38.77 – juris Rn. 14) keinen Anspruch auf Erteilung eines Waffenscheins.
32
Die Erteilung eines Waffenscheins setzt voraus, dass die allgemeinen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 WaffG für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis vorliegen. Insbesondere hat der Antragsteller hierfür ein waffenrechtliches Bedürfnis im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 8 WaffG glaubhaft zu machen. Das vom Kläger geltend gemachte Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe aufgrund einer berufsbedingten Gefährdung setzt voraus, dass seine Person wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet ist (§ 8 Nr. 1, § 19 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 WaffG), dass die Waffe geeignet und erforderlich ist, die Gefährdung durch solche Angriffe zu mindern (§ 8 Nr. 2, § 19 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 WaffG), und dass glaubhaft gemacht ist, dass seine Gefährdung und die Verteidigungseignung der Waffe auch außerhalb der eigenen Wohnung, der Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums gegeben sind (§ 19 Abs. 2 WaffG).
33
Vorliegend hat der Kläger ein solches waffenrechtliches Bedürfnis indes nicht nachgewiesen, d.h. dessen Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht.
34
Ein Bedürfnis ist dabei insbesondere nicht bereits aufgrund der dem Kläger früher erteilten Waffenscheine gegeben, sondern ohne Rücksicht auf etwaige Bestands- bzw. Vertrauensschutzerwägungen zu prüfen. Insbesondere kann keine „Selbstbindung“ der Behörde hinsichtlich des Vorliegens eines waffenrechtlichen Bedürfnisses angenommen werden. In der Rechtsprechung ist seit langem geklärt, dass die Verlängerung der Geltungsdauer eines Waffenscheins von denselben materiell-rechtlichen Bedingungen wie die Neuausstellung abhängig ist und deswegen in jedem Fall eine umfassende Überprüfung der Erteilungsvoraussetzungen zu erfolgen hat, wobei auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes keine Bindung an vorausgegangene positive Entscheidungen besteht (vgl. BayVGH, B.v. 3.7. 2013 – 21 ZB 12.2503 – juris Rn. 9 m.w.N.).
35
Begründet ein Antragsteller ein Bedürfnis für den Erwerb einer Schusswaffe und/oder die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über sie damit, dass er sich mit der Waffe vor Angriffen auf bestimmte Rechtsgüter schützen wolle, bedarf es einer Interessenabwägung zwischen dem persönlichen Interesse des Antragstellers an der Verbesserung seiner Sicherheit durch den Besitz einer Schusswaffe und dem öffentlichen Interesse daran, dass möglichst wenige Waffen „ins Volk“ kommen (stRspr, vgl. z.B. VGH BW, U.v. 9.10.2018 – 1 S 2342/17 – juris Rn. 21 u.a. mit Verweis auf BVerwG, U.v. 24.6.1975 – I C 25.73 – juris Rn. 20 ff.). Hierbei ist einerseits zu berücksichtigen, dass Notwehr gegen widerrechtliche Angriffe ein legitimes menschliches Verhalten ist. Andererseits ist zu beachten, dass Schusswaffen in privater Hand zwangsläufig mit Gefahren und erheblichen Nachteilen für die öffentliche Sicherheit verbunden sind. Ergibt die Wertung der verschiedenen Belange ein überwiegendes Interesse des Antragstellers, so hat er ein Bedürfnis i.S.d. § 19 WaffG nachgewiesen. Bei der Prüfung des Bedürfnisses für das Führen einer Schusswaffe ist allerdings stets ein strenger Maßstab anzulegen. Denn es ist einer der Hauptzwecke des Waffengesetzes, dass nur in Ausnahmefällen Schusswaffen in der Öffentlichkeit geführt werden. Die Bedürfnisprüfung dient dem Ziel, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und die Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.1975, a.a.O. zu § 30 Abs. 1 Nr. 3 WaffG 1972 und unter Hinweis u.a. auf BT-Drs. VI/2678).
36
Welches der miteinander kollidierenden und abzuwägenden Interessen im Einzelfall höher zu bewerten ist, hängt auch davon ab, ob der Antragsteller die tatsächliche Gewalt über Schusswaffen außerhalb seiner Wohnung, seiner Geschäftsräume oder seines befriedeten Besitztums ausüben will und den dafür erforderlichen Waffenschein beantragt, oder ob er eine Waffenbesitzkarte begehrt, weil er die tatsächliche Gewalt nur innerhalb der genannten Räume ausüben will. Denn Schusswaffen, die nur für den häuslichen Bereich des Antragstellers bestimmt sind, gefährden erfahrungsgemäß die öffentliche Sicherheit im Allgemeinen weniger stark als Schusswaffen, die auch außerhalb seines Besitztums geführt werden. Zu Hause ordnungsgemäß aufbewahrte Schusswaffen können weniger leicht abhandenkommen oder in die Hand Unberechtigter gelangen als Schusswaffen, die der Antragsteller auch außerhalb seiner Räumlichkeiten – etwa im Anzug, in einer Tasche oder im Kraftfahrzeug – auch dann zur Verfügung haben will, wenn ihm keine dringende Gefahr im polizeirechtlichen Sinne droht. Außerdem ist innerhalb der genannten Räume die Verteidigungsmöglichkeit durch Schusswaffengebrauch günstiger als außerhalb, wo der Besitz einer Schusswaffe insbesondere gegenüber Überraschungsangriffen vielfach nichts nützt, dem Überfallenen sogar eher schaden kann. Wenn eine gefährdete Person eine Schusswaffe außerhalb des eigenen befriedeten Besitztums, der eigenen Wohnung oder Geschäftsräume führen will, gilt daher im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit des Führens von Schusswaffen im öffentlichen Bereich ein besonders strenger Maßstab bei der Prüfung dieses Bedürfnisses (vgl. VGH BW, U.v. 9.10.2018 – 1 S 2342/17 – juris Rn. 23 m.w.N. sowie mit Verweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts vom 7.12.2001, BT-Drs. 14/7758, S. 66). Ob ein Antragsteller wesentlich mehr als die Allgemeinheit gefährdet ist, bestimmt sich nicht nach dessen persönlicher Anschauung oder nach der Einschätzung der Lage durch einen besonders ängstlichen, übertrieben vorsichtigen oder phantasiereichen Menschen. Maßgebend ist vielmehr eine objektive Betrachtung, wobei auch die besonderen Umstände des Antragstellers zu berücksichtigen sind. Der Antragsteller muss bei realistischer Würdigung der gegebenen Verhältnisse, nach vernünftiger Überlegung überdurchschnittlich gefährdet sein. Dabei braucht der Eintritt des vom Antragsteller befürchteten Schadens nicht wahrscheinlich (im Sinne des polizeilichen Gefahrenbegriffs) zu sein. Andererseits genügt die bloße (theoretische) Möglichkeit einer Rechtsgüterverletzung nicht, weil diese auch für die Allgemeinheit besteht. Erforderlich ist, dass der Antragsteller auf Grund besonderer Umstände nach den Erfahrungen wesentlich mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung mit Angriffen rechnen muss, das heißt, dass sich der Gefährdungsgrad deutlich von dem der Allgemeinheit unterscheidet. Insoweit ist im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit des Führens von Schusswaffen im öffentlichen Bereich ein noch strengerer Maßstab anzulegen als er ohnehin schon für die Anerkennung einer Gefährdung gilt, die das Bedürfnis des (bloßen) Waffenbesitzes rechtfertigt (vgl. BayVGH, U.v. 21.9.2020 – 21 B 17.641 – juris Rn. 20 m.w.N.).
37
Gemessen an diesem strengen Maßstab hat der Kläger vorliegend weder glaubhaft gemacht, dass seine Person außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet ist (§ 8 Nr. 1, § 19 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 WaffG), noch, dass eine Schusswaffe erforderlich und geeignet ist, um die Gefährdung durch solche Angriffe zu mindern (§ 8 Nr. 2, § 19 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 WaffG).
38
Eine überdurchschnittliche Gefährdung des Klägers resultiert vorliegend nicht bereits aus seiner Tätigkeit als ehemaliger Richter in Strafsachen – auch im Bereich der Schwerstkriminalität – als solcher. Unter Umständen kann sich ein Indiz für eine besondere Gefährdung eines Antragstellers zwar aus seiner Zugehörigkeit zu einem Personenkreis ergeben, wenn dieser Kreis wegen seiner beruflichen Tätigkeit oder wegen anderer besonderer Umstände mehr als die Allgemeinheit gefährdet ist. Wegen der stets vorzunehmenden Würdigung der gesamten Umstände des einzelnen Falls ist jedoch mit der Zugehörigkeit des Antragstellers zu einer solchen Personengruppe allein das erforderliche Bedürfnis noch nicht ohne weiteres nachgewiesen (vgl. VGH BW, U.v. 9.10.2018 – 1 S 2342/17 – juris Rn. 26 m.w.N.).
39
Auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls ist ein ausreichendes Bedürfnis (vgl. § 8 Nr. 1, § 19 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 WaffG) vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Kläger außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet ist.
40
Unter Zugrundelegung der vom Kläger vorgetragenen Tatsachen betreffend seine richterliche Tätigkeit, im Rahmen derer er insbesondere auch mit Delikten aus dem Bereich der Schwerstkriminalität im internationalen Kontext – mitunter auch mit deutschen Angeklagten – befasst war, ergibt sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein waffenrechtliches Bedürfnis im vorstehenden Sinne. Die subjektive Einschätzung des Klägers, dass sich die konkrete überdurchschnittliche Gefährdungslage seit der erstmaligen Ausstellung des deutschen Waffenscheins im Jahr … aufgrund der seither zahlreich von ihm geführten Strafverfahren wegen schwerster Straftaten nicht verringert, sondern verstärkt habe, teilt das Gericht nicht. Eine gegenüber der Allgemeinheit signifikant erhöhte, insbesondere über den Zeitpunkt der Pensionierung hinausreichende Gefährdungssituation nach dem bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Waffe anzulegenden besonders strengen Maßstab ist vorliegend nicht hinreichend erkennbar. Mit Eintritt in den Ruhestand ist vielmehr grundsätzlich von einer verbesserten individuellen Gefährdungssituation auszugehen, da jedenfalls Angriffe zur Beeinflussung eines konkreten Verfahrensausgangs gänzlich auszuschließen sind. Auch die Umsetzung solcher Drohungen, denen ein Rachemotiv zugrundliegt, werden mit zunehmendem zeitlichen Abstand immer unwahrscheinlicher und können damit lediglich noch eine niedrigschwellige abstrakte Gefährdung des Klägers begründen. Der Kläger hat vorliegend auch keine aktuellen Bedrohungen oder konkrete Bedrohungen aus der jüngeren Vergangenheit aufgezeigt. Soweit in Richtung des Klägers ausgesprochene Drohungen schon länger zurückliegen (vgl. etwa Aktenvermerk zur Morddrohung gegen die Mitglieder des Schwurgerichtshofs – darunter der Kläger – der Tätergruppe … vom ..., Bl. … der Behördenakte; Todesdrohung gemäß Bericht der … Tageszeitung vom ..., Bl. … der Behördenakte) und nicht wieder aufgegriffen wurden, ist eine signifikant erhöhte aktuelle Gefährdungssituation allein schon aufgrund des Zeitmoments nicht mehr in gleicher Weise wie damals anzunehmen. Nichts Anderes ergibt sich auch aus der zwischenzeitlichen Freilassung einzelner in der Vergangenheit unter Mitwirkung des Klägers Verurteilter. Denn der Kläger hat weder vorgetragen, dass eine Freilassung im Zusammenhang mit einer konkreten Bedrohung erst kürzlich erfolgt sei, noch, dass in einem konkreten Fall nach der Freilassung neuerlich Bedrohungen in seine Richtung ausgesprochen worden seien. Das Gericht verkennt bei seiner Einschätzung nicht, dass die vom Kläger geschilderten Vorkommnisse während seiner beruflichen Laufbahn als Richter in Strafsachen für ihn bedrohend waren und zum damaligen Zeitpunkt geeignet waren, eine besondere überdurchschnittliche Gefährdungslage in Bezug auf den Kläger zu begründen. Allerdings ist bei der Entscheidung des Gerichts auf die Gefährdungslage zum gegenwärtigen Zeitpunkt abzustellen.
41
Gemäß der zuletzt erstellten Gefährdungsanalyse der Kriminalpolizeiinspektion ... vom ... ergeben sich derzeit jedoch keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Klägers. Bei der Recherche in den polizeilichen Datensystemen konnten keine aktuellen Ereignisse in Bayern und im Bund festgestellt werden, die auf eine im Sachzusammenhang relevante Gefährdung zum Nachteil des Klägers hinweisen würden. Gefahrenlagen in Zusammenhang mit der Berufsausübung und dem privaten Bereich seien nicht aktenkundig. Eine abstrakt signifikante Gefährdung des Klägers für Deutschland sei somit nicht erkennbar. Auch aus … liegen keine Erkenntnisse vor, die auf eine signifikant erhöhte abstrakte Gefährdungslage zum gegenwärtigen Zeitpunkt schließen lassen. Dem Kläger wurde in … aufgrund der damals festgestellten besonderen Gefährdungslage als Strafrichter im Jahr … ein unbefristeter – zum Führen von Feuerwaffen berechtigender – Waffenpass ausgestellt. Ausweislich des Schreibens der Landespolizeidirektion … vom ... werde ein derartiges waffenrechtliches Dokument nur nach entsprechender Einzelfallprüfung und bei Vorliegen einer besonderen Gefährdungslage ausgestellt. Aus Sicht der zuständigen Sicherheitsbehörde bzw. Waffenbehörde werde davon ausgegangen, dass beim Kläger aufgrund seiner Tätigkeit ein Bedarf zum Führen einer Schusswaffe besteht, d.h. dass der Kläger im Zuge des Verfahrens glaubhaft gemacht hat, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann. Gleichwohl stellt dies keine aktuelle Gefährdungseinschätzung dar, sondern bezieht sich auf die von der Behörde bereits im Jahr … der Erteilung des Waffenpasses zugrunde gelegten Prüfung. Zudem zeigt auch der Umstand, dass die Ausführungen noch an die „Tätigkeit“ des Klägers anknüpfen, die er seit Eintritt in den Ruhestand nicht mehr ausübt, deren fehlende Aktualität. Auch, dass der Kläger nach eigenen Angaben in der Vergangenheit von der Polizei immer wieder gewarnt wurde, wenn es Anhaltspunkte für aktuelle besondere Gefährdungslagen gab, der Kläger aber von solchen Warnungen aus der jüngeren Vergangenheit weder seitens der … noch seitens der deutschen Behörden berichtet hat, zeigt, dass eine an seine berufliche Tätigkeit als Strafrichter anknüpfende gegenüber der Allgemeinheit überdurchschnittliche Gefährdung tatsächlich nicht (mehr) besteht. Vor diesem Hintergrund sieht sich die Kammer auch nicht zu weitergehenden Ermittlungen betreffend die Gefährdungslage in Bezug auf konkrete Tätergruppen – insbesondere aus Deutschland – veranlasst. Denn, dass von einzelnen abgeurteilten Tätern – entgegen den vorstehenden Ausführungen – derzeit noch immer eine Gefährdung für den Kläger ausgeht, hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Vielmehr handelt es sich dabei um eine bloße Vermutung, für die Anknüpfungstatsachen in der jüngeren Vergangenheit gänzlich fehlen.
42
Die Kammer ist ferner davon überzeugt, dass das Führen einer Schusswaffe zur Minderung einer Gefährdung vorliegend nicht erforderlich ist (§ 8 Nr. 2, § 19 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 WaffG). Denn es ist nicht glaubhaft gemacht, dass sich die vorgestellte Gefahrenlage nur durch eine Bewaffnung abwenden bzw. mindern ließe und nicht bereits durch die vom Kläger ergriffenen Schutzvorkehrungen und Vorsichtsmaßnahmen (amtliche Auskunftssperren im Zentralen Melderegister, kein Telefonbucheintrag, wechselnde Fahrtrouten, besondere Sicherheitsvorkehrungen etc.) auf ein ihm zumutbares Maß reduziert ist. Denn über seine Privatadresse und sein privates Telefon fanden nach seinen Angaben aufgrund der verfügten amtlichen Auskunftssperren Bedrohungen auch in der Vergangenheit nicht statt. Dass die vom Kläger verfolgten Sicherheitsvorkehrungen mithin Wirkung zeigen, wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass es seit der Erteilung des Waffenpasses im Jahr … tatsächlich zu keinem Vorfall gekommen ist, in dem der Einsatz der Waffe erforderlich gewesen wäre.
43
Schließlich ist ein Bedürfnis auch dann nicht anzuerkennen, wenn – wie hier – nicht glaubhaft gemacht ist, dass der Erwerb der Schusswaffe zur Minderung der Gefährdung geeignet ist (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG), d.h. in einer typischen Verteidigungssituation eine erfolgreiche Abwehr zu erwarten ist. In der einschlägigen jüngeren Rechtsprechung der Obergerichte wird einhellig die Auffassung vertreten, dass in den in Betracht kommenden typischen Überfallszenarien kaum Zeit verbleiben dürfte, eine Schusswaffe effektiv zur Verteidigung einzusetzen (vgl. OVG NW, U.v. 23.4.2008 – 20 A 321/07 – juris Rn. 38). Es wird vielmehr befürchtet, dass das Führen einer Schusswaffe durch eine auf sich gestellte Einzelperson deren Gefährdung erhöht, indem etwa sich Täter auf eine ihnen bekannte Bewaffnung ihres Opfers einstellen oder diesem während der Tatausführung die Schusswaffe entwenden und sie anschließend gegen ihr Opfer richten. Das Führen einer Schusswaffe ist daher nicht geeignet eine Gefährdung bei einem realitätsgerechten Überraschungsangriff durch eine erfolgreiche Abwehr zu mindern (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2009 – 1 S 202/09 – juris Rn. 25 m.w.N.). So liegt der Fall auch hier. Zwar hat der Kläger eine Bestätigung der Firma … … vom ... vorgelegt, wonach der Kläger mit den speziellen Techniken des Verteidigungsschießens derart vertraut sei, um auch unvorhersehbare Angriffssituationen (souverän) bewältigen zu können. Neben den manuellen Fertigkeiten des Schießens verfüge der Kläger auch über die spezifischen Anforderungen beim Einsatz der Schusswaffe in einer plötzlichen (unerwarteten, unvorhersehbaren) Krisensituation. Gleichwohl erscheint es zumindest zweifelhaft, ob sich ein gezielter Anschlag durch die vom Kläger genannten Straftäter, insbesondere auch solche aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität, durch den bloßen Besitz einer Schusswaffe verhindern ließe, während andererseits der Besitz und die Sorge vor einem solchen Anschlag wiederum für den Kläger die Gefahr bergen, eine Situation falsch einzuschätzen und durch Putativnotwehrhandlungen erheblichen Schaden zu verursachen.
44
Im Übrigen ergibt sich auch im Hinblick auf § 55 Abs. 2 Satz 1 WaffG kein anderes Ergebnis. Danach wird Personen, die wegen der von ihnen wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgaben des Bundes oder eines Landes erheblich gefährdet sind, an Stelle einer Waffenbesitzkarte, eines Waffenscheins oder einer Ausnahmebewilligung nach § 42 Abs. 2 WaffG eine Bescheinigung über die Berechtigung zum Erwerb und Besitz von Waffen oder Munition sowie eine Bescheinigung zum Führen dieser Waffen erteilt. In Bezug auf den Kläger liegen diese Voraussetzungen indes nicht vor. Ungeachtet dessen, dass der Kläger bereits keine hoheitlichen Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland wahrnimmt, wären im Rahmen des § 55 Abs. 2 WaffG die Voraussetzungen für die Erteilung des begehrten Waffenscheins ebenfalls nach den Grundsätzen des § 19 Abs. 1 WaffG zu beurteilen. Auch hier reicht die Zugehörigkeit zu einem Berufsstand selbst bei Bestehen einer latenten Gefährdung nicht aus, um die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG zu begründen. Es sind vielmehr konkrete Gefährdungen erforderlich (vgl. Heinrich in Steindorf, WaffG, 11. Aufl. 2022, § 19 Rn. 11). Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 WaffG selbst sagt nichts darüber aus, welche Voraussetzungen eine besonders gefährdete hoheitlich tätig werdende Person erfüllen muss, damit eine waffenrechtliche Erlaubnis nach § 55 Abs. 2 WaffG erteilt werden kann. Bereits aus Sinn und Zweck der Vorschrift folgt, dass vom Gesetzgeber nicht die Erteilung waffenrechtlicher Erlaubnisse an hoheitlich tätig werdende Personen unter materiell erleichterten Voraussetzungen intendiert war. Zudem entspricht es dem allgemeinen Sicherheitsinteresse und auch dem Grundsatz der Gleichbehandlung, dass für die Erteilung einer waffenrechtlichen Ersatzbescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG auf Seiten des Berechtigten stets die allgemeinen Voraussetzungen für den Erwerb waffenrechtlicher Erlaubnisse vorliegen müssen (vgl. Gade, WaffG, 3. Aufl. 2022, § 55 Rn. 17). Für eine „Erteilung nach leichteren, gesetzlichen Kriterien“, die dem Kläger als … Richter unionsrechtswidrig vorenthalten bliebe, ist demnach nichts ersichtlich. Zum anderen ist die Erlaubnis nach § 55 Abs. 2 WaffG ohnehin längstens für die Zeit des Dienst- oder Amtsverhältnisses zu erteilen. Dauert die Gefährdung über die Beendigung des Dienst- oder Amtsverhältnisses fort, so richtet sich die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. Gade, WaffG, 3. Aufl. 2022, § 55 Rn. 18). Besteht in diesen Fällen die Gefährdungslage gleichwohl – als Nachwirkung der früheren Tätigkeit – fort, so ist auf der Grundlage eines Bedürfnisses i.S.d § 19 WaffG eine Besitzerlaubnis in Form der Waffenbesitzkarte, ggf. auch eine Erlaubnis zum Führen durch einen Waffenschein zu erteilen (vgl. König/Christian in Papsthart, WaffG, 2. Aufl. 2012, § 55 Rn. 3). Soweit danach auch für einen Strafrichter im Inland nach Eintritt in den Ruhestand allenfalls eine Erteilung eines Waffenscheins nach den allgemeinen Vorschriften in Betracht kommt, scheidet eine vermeintlich unionswidrige Differenzierung in Bezug auf den Kläger im Hinblick auf § 55 Abs. 2 WaffG ebenfalls von vorneherein aus.
45
Auch der in Nr. 2.1 des Bescheids vom ... angeordnete Widerruf der Waffenbesitzkarte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 19 Abs. 1 WaffG erweist sich als rechtmäßig. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier des Bescheidserlasses, abzustellen.
46
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarte nach § 10 Abs. 1 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller ein Bedürfnis i.S.v. § 8 WaffG nicht nachgewiesen hat. Wie ausgeführt, hat der Kläger vorliegend nicht glaubhaft gemacht, dass er (noch immer) wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet ist (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 WaffG). Ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz einer Schusswaffe in der Bundesrepublik Deutschland ist daher nicht anzuerkennen. Die Waffenbesitzkarte des Klägers war danach zwingend zu widerrufen, § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG.
47
Sofern klägerseits geltend gemacht wird, dass der Widerruf der Waffenbesitzkarte nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen und der Kläger dazu nicht einmal angehört worden sei, wurde dieser anfängliche Fehler (vgl. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG) durch die Nachholung der Anhörung mit Schreiben des Landratsamts vom ... mittlerweile geheilt, Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG. Die Anhörung kann gemäß Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG noch bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Zudem kann, wenn der Behörde – wie hier – bei einer Entscheidung kein Ermessensspielraum eröffnet ist, eine Verletzung der Bestimmungen über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit offensichtlich keinen Einfluss auf die Entscheidung gehabt haben (vgl. Schwarz in Fehling/Kastner/Störmer, VerwR, 5. Aufl. 2021, VwVfG § 46 Rn. 26). Die Aufhebung des Verwaltungsakts könnte mithin nicht allein auf die unterbliebene Anhörung gestützt werden, Art. 46 BayVwVfG.
48
In Bezug auf die weiteren Anordnungen in Nr. 1.2 (Rückgabe des Waffenscheins) und Nr. 2.2 (Rückgabe der Waffenbesitzkarte) – vgl. § 46 Abs. 1 Satz 2 bzw. Satz 2 WaffG – sind durchgreifende rechtliche Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Erlöschens bzw. Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigungen durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunden sicher. Soweit dem Landratsamt dabei Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht vorgetragen und im Übrigen auch nicht ersichtlich. Auch die eingeräumte Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheids ist nicht als unangemessen kurz anzusehen.
49
Auch bezüglich der Kostenentscheidung (Nr. 3 des Bescheids) sind durchgreifende rechtliche Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Klageantrag zu 4) bleibt daher ebenfalls ohne Erfolg.
50
Der zulässige Hilfsantrag auf Neuerteilung des Waffenscheins, über den hier zu entscheiden ist, da er unter der zulässigen innerprozessualen Bedingung gestellt wurde, dass der Hauptantrag unzulässig und/oder unbegründet sind, und diese Bedingungen eingetreten ist, ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuerteilung eines Waffenscheins durch den Beklagten, da er das nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG erforderliche Bedürfnis i.S.v. § 8 WaffG nicht nachgewiesen hat (s.o.).
51
Auch der zulässige (weitere) Hilfsantrag auf Neuverbescheidung in Bezug auf den Antrag auf Verlängerung des Waffenscheins, über den hier ebenfalls zu entscheiden ist, da er unter der zulässigen innerprozessualen Bedingung gestellt wurde, dass der Hauptantrag sowie der erste Hilfsantrag unzulässig und/oder unbegründet sind, und diese Bedingungen eingetreten sind, ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Verbescheidung seines Antrags auf Verlängerung seines Waffenscheins durch den Beklagten, da die Ablehnung seines Antrags mangels nachgewiesenen Bedürfnisses und damit mangels Anspruchs (s.o.) rechtmäßig war.
52
Die Klage war daher insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
53
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.