Titel:
Dienstliche Beurteilung, Probezeitbeurteilung, Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis einer rechtskräftig entlassenen Beamtin, Kein Feststellungsinteresse auf Grund eines beamtenrechtlichen Schadenersatzanspruches, Kein Schadensersatzanspruch sowie Schaden auf Grund einer Beurteilung
Normenkette:
VwGO § 42 Abs. 2
Schlagworte:
Dienstliche Beurteilung, Probezeitbeurteilung, Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis einer rechtskräftig entlassenen Beamtin, Kein Feststellungsinteresse auf Grund eines beamtenrechtlichen Schadenersatzanspruches, Kein Schadensersatzanspruch sowie Schaden auf Grund einer Beurteilung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17164
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die 1966 geborene Klägerin wendet sich gegen ihre Probezeitbeurteilung vom … Juni 2011 für den Beurteilungszeitraum … … 2008 bis … … 2011.
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Die Klägerin – Diplom- … … – wurde nach Erwerb der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien in Bayern in der Fächerverbindung Informatik und Mathematik von der Beklagten zum … … 2008 zur Studienrätin z.A. im Beamtenverhältnis auf Probe (Besoldungsgruppe A **) ernannt. Sie wurde als Lehrerin für Mathematik und Informatik nacheinander an drei städtischen Gymnasien eingesetzt.
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Mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 ersuchte die Klägerin „um Entlassung aus meinem Arbeitsverhältnis als StRin – Probezeit bis längstens … … 2012 – zum … … 2011, vorgezogen wegen der Herbstferien auf den … … 2011“.
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Deswegen entließ die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom … Oktober 2011 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Ablauf des … Oktober 2011 (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeamtStG i.V.m. Art. 56, 57 Bayer. Beamtengesetz). Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben (M 5 K 12.1351, fortgeführt unter Az. M 5 K 17.619). Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2019 (3 ZB 18.1584) wurde die Entlassung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe rechtskräftig.
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Mit Schreiben vom 18. August 2011 hat die Klägerin Widerspruch gegen ihre dienstliche Beurteilung eingelegt, über welchen mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2012 entschieden wurde.
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Hiergegen hat die Klägerin am 8. Juni 2012 Klage erhoben und beantragt,
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die Aufhebung der Probezeitbeurteilung vom … Juni 2011 und die Nichtaufnahme dieser Probezeitbeurteilung in die Personalakte
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Das Rechtschutzbedürfnis sei nach wie vor gegeben. Die Klägerin beabsichtige zudem einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch gerichtlich geltend zu machen.
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Die Beklagten beantragte,
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Nach Entlassung der Klägerin, sei auch das Rechtschutzbedürfnis der Klägerin entfallen, da die Probezeitbeurteilung allein der Feststellung diene, ob sich ein Beamter in der Probezeit in vollem Umfang bewährt habe.
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Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 12. April 2013 ruhend gestellt sowie nach Fortführung des Verfahrens mit weiterem Beschluss vom 26. Juli 2018 ausgesetzt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Gerichtsakten in den Verfahren M 5 K 18.1619 (vormals M 5 K 12.2669: dienstliche Beurteilung), M 5 K 20.297 (vormals M 5 K 18.1618, M 5 K 12.2668: Beurteilungsbeitrag), M 5 K 20.299 (vormals M 5 K 18.1621, M 5 K 12.2670: Verlängerung der Probezeit) und M 5 K 13.3350 (Dienstzeugnis) und M 5 K 17.619 (vormals, M 5 K 12.115 Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe) sowie auf die Akte der Beklagten und die von der Klägerin und deren Bevollmächtigten vorgelegten weiteren Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Die vorliegende Leistungsklage ist unzulässig. Denn für die Klage gegen die Probezeitbeurteilung vom … Juni 2011 besteht kein Rechtsschutzbedürfnis (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO analog, da eine dienstliche Beurteilung keinen Verwaltungsakt darstellt).
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a) Nach allgemeiner Auffassung fehlt einer Klage, die auf gerichtlichen Rechtsschutz gerichtet ist, das Rechtsschutzinteresse dann, wenn der Kläger seine Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb für ihn nutzlos erscheint. Dies ist hier der Fall.
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Der Klägerin fehlt die erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Es besteht keine Möglichkeit der Rechtsverletzung der Klägerin durch die Probezeitbeurteilung.
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b) Für die Klage gegen eine dienstliche Beurteilung besteht dann kein Rechtsschutzinteresse mehr, wenn die Beurteilung ihre rechtliche Zweckbestimmung verliert, Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen zu sein (BVerwG, U.v. 28.8.1986 – 2 C 26.84 – ZBR 1987, 44, juris Rn. 10 f.). So verhält es sich, wenn der beurteilte Beamte bestandskräftig aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden ist (BVerwG, U.v 13.6.1985 – 2 C 6.83 – ZBR 1985, 347, juris; BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 3 ZB 17.2128, juris Rn. 4). In diesem Fall kann die dienstliche Beurteilung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt noch als Grundlage einer künftigen, die Beamtenlaufbahn des Beurteilten betreffenden Personalentscheidung dienen (vgl. BVerwG, U.v. 28.8.1986 – 2 C 26.84 – ZBR 1987, 44, juris Rn. 10 f.; U.v. 19.12.2002 – 2 C 31/01 – ZBR 2003, 359, juris Rn.14). Die auf Abänderung der dienstlichen Beurteilung gerichtete Klage kann somit ihren Zweck nicht mehr erfüllen und ist daher mangels Rechtsschutzbedürfnis abzuweisen (BVerwG, U.v. 13.6.1985 – 2 C 6.83 – ZBR 1985, 347, juris Rn. 16 m.w.N.; BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 3 ZB 17.2128, juris Rn. 4).
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Die Klägerin ist rechtskräftig aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen worden, sodass einer Probezeitbeurteilung unter keinen denkbaren Gesichtspunkten eine Rechtsverletzung der Klägerin auf Grund der streitgegenständlichen Probezeitbeurteilung möglich erscheinen lässt.
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c) Daran ändert die Absicht der Klägerin, beamtenrechtliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, nichts. Die Klägerin kann die behauptete Rechtswidrigkeit der Probezeitbeurteilung – unabhängig davon, dass eine Umstellung der Klage in eine Feststellungsklage oder Fortsetzungsfeststellungsklage (noch) nicht erfolgt ist – nicht feststellen lassen.
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Für das besondere Feststellungsinteresse genügt jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Es wird insbesondere dann bejaht, wenn die Rechtswidrigkeitsfeststellung der Vorbereitung einer konkret ins Auge gefassten Schadensersatz- oder Amtshaftungsklage in der Zukunft dient.
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Das berechtigte Interesse an der von der Klägerin begehrten Feststellung fehlt jedenfalls schon deshalb, weil der Schadensersatzanspruch einen Schaden voraussetzt, der auf der geltend gemachten Rechtsverletzung beruhen muss. Der Klägerin ist schon kein Schaden entstanden, welcher kausal durch die Probezeitbeurteilung verursacht wurde.
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Ein Schaden ist denkbar bei einer verspäteten Beförderung. Ein solcher manifestiert sich erst im Fall einer konkreten Auswahlentscheidung, die dann fehlerhaft ist, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat und dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre (BayVGH, B.v. 3.11.2016 – 6 ZB 15.2243 – juris Rn. 8). Vorliegend stand bei der Klägerin keine Beförderung im Raum, da sie rechtskräftig aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen wurde. Ein Schaden könnte allenfalls dadurch eingetreten sein, dass die Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen wurde und keine Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erfolgte. Gegen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe hat die Klägerin um gerichtlichen Rechtschutz beim Verwaltungsgericht München (VG München U.v. 19.6.2018 – M 5 K 17.619) sowie beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof nachgesucht. Die Entlassung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wurde durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2019 (3 ZB 18.1584) rechtskräftig. Die Klägerin hat Primärrechtschutz in Anspruch genommen. Ein – gewissermaßen isolierter – auf finanziellen Ausgleich gerichteter Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Beurteilung scheidet aus, weil eine fehlerhafte Beurteilung für sich gesehen noch keinen derartigen Schaden darstellt (BayVGH, B.v. 18.2.2021 – 3 ZB 20.2670 – juris Rn. 14).
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Schließlich folgt aus der erstrebten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Probezeitbeurteilung nicht ein für eine unterlassene Ernennung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit kausaler Pflichtenverstoß des Dienstherrn gegenüber dem Beamten, zumal die Entlassung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2019 (3 ZB 18.1584) rechtskräftig ist.
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2. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).