Inhalt

VG München, Beschluss v. 22.06.2023 – M 27 S 23.1313
Titel:

Erfolglose Klage auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nach Ausweisung des Ehemannes

Normenkette:
AufenthG § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 50 Abs. 1, § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 4
Leitsätze:
1. Die Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG teilt das Schicksal des Aufenthaltstitels des Stammberechtigten. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Durch die Bekanntgabe der Ausweisung ist die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts  beendet und führt zum Entstehen einer Ausreiseverpflichtung nach § 50 Abs. 1 AufenthG; diese materielle Rechtswirkung besteht selbst dann fort, wenn die sofortige Vollziehung gerichtlich ausgesetzt wird. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug, Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Ehegatten, Vier Verurteilungen, darunter zu einer Gesamtfreiheitstrafe in Höhe von 2 Jahren wegen achtfachen Betrugs mit einem Gesamtschaden von knapp 30.000 EUR, Wiederholungsgefahr bei Strafaussetzung zur Bewährung, Ausweisungspraxis im Rahmen der Generalprävention, Kein Behandlungsbedürfnis geltend gemachter Krankheiten, Ausweisung des Ehegatten
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17158

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich einer Ablehnung der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis.
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Die 24-jährige Antragstellerin, eine indische Staatsangehörige, wurde in … … geboren und reiste am … … 2018 mit einem Visum zum Familiennachzug zu ihrem Ehemann, der zu diesem Zeitpunkt Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG war, ins Bundesgebiet ein. Ihr wurde am … … … eine bis zum … … … befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG erteilt. Am … … 2020 beantragte die Antragstellerin die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Ihr wurde eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt. Die Antragstellerin ist Mutter zweier im Bundesgebiet geborener Töchter indischer Staatsangehörigkeit, … …, geb. am … … … … …, und … … …, geb. am … … … … …
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Die Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 13. Dezember 2022 sowie 5. Januar 2023 zur beabsichtigten Ablehnung des Verlängerungsantrags aufgrund einer beabsichtigten Ausweisung des Ehemanns sowie zum beabsichtigten Setzen einer Ausreisefrist und dem Erlass einer Abschiebungsandrohung angehört. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.
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Der 30-jährige Ehemann der Antragstellerin, … …, indischer Staatsangehöriger, wurde in … geboren, wuchs dort bei seiner Familie auf und besuchte 10 Jahre lang die Schule. Nach einem Aufenthalt in Spanien hielt sich der Ehemann zunächst vom … … 2011 bis zum … … 2012 im Bundesgebiet auf. Nach seiner Wiedereinreise am … … 2014 gemeinsam mit seiner Familie wurde ihm auf seinen Antrag aufgrund einer unbefristeten spanischen Aufenthaltserlaubnis am … … 2014 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG erteilt, die zunächst laufend verlängert wurde. Zuletzt stellte der Ehemann am 20. Februar 2020 einen Antrag auf Verlängerung; in der Folge wurden ihm Fiktionsbescheinigungen ausgestellt.
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Der Ehemann arbeitete zunächst ab dem … … 2015 als Küchenhilfe in der … … … in der … in … Ab dem … … 2018 betrieb der Antragsteller das Gewerbe in der … selbst und zudem das in der … in … Vom … … 2021 bis zum … … 2021 bezog die Familie Leistungen nach dem SGB II. Seit dem … … 2022 arbeitet der Ehemann der Antragstellerin bei der … …
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Der Ehemann trat wie folgt strafrechtlich in Erscheinung:
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1. Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 25. März 2020 (...), rechtskräftig seit … … 2020, schuldig des vorsätzlichen Gestattens des Gebrauchs eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsvertrag, verurteilt zu einer Geldstrafe in Höhe von 35 Tagessätzen. Der Verurteilung liegt zugrunde, dass der Ehemann am 9. April 2019 den Gebrauch eines Pkw, dessen Halter er war, nach der Kündigung der Deckungszusage durch den Versicherer ermöglichte;
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2. Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 22. April 2020 (...), rechtskräftig seit 28. April 2021, schuldig des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 14 tatmehrheitlichen Fällen, verurteilt zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen. Der Verurteilung liegt im Wesentlichen zugrunde, dass der Ehemann im Zeitraum von Januar 2018 bis November 2018 als Arbeitgeber Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung verspätet sowie nicht abführte;
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3. Urteil des Amtsgerichts … vom 20. Januar 2022 (...), rechtskräftig seit 20. Januar 2022, schuldig des Betrugs in acht Fällen, verurteilt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verurteilung liegen im Wesentlichen unberechtigte Untervermietungen bzw. -verpachtungen im Zeitraum zwischen August 2019 und Juli 2020 zugrunde, im Rahmen deren sich der Ehemann Mietkautionen und z.T. Provisionen zahlen ließ. In dieser Sache befand sich der Ehemann von … … 2021 bis 29. Juli 2021 in Untersuchungshaft;
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4. Strafbefehl des Amtsgericht … vom 9. September 2022 (...), rechtskräftig seit 21. September 2022, schuldig des Diebstahls, verurteilt zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen. Der Verurteilung liegt das Entwenden einer Flasche Wodka im Wert von 12,99 EUR aus einem E.-Markt am 1. März 2022 zugrunde.
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Weitere Ermittlungsverfahren wegen Betrugs sowie Diebstahls wurden nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt.
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Nach einer Anhörung wurde der Ehemann der Antragstellerin mit Bescheid der Beklagten vom … … 2023 aus der Bundesrepublik ausgewiesen (Nr. 1). Gegen ihn wurde eine Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen und bei Nachweis der Straffreiheit auf fünf, andernfalls auf sieben Jahre ab Ausreise befristet (Nr. 2). Der Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis wurde abgelehnt (Nr. 3) und ihm wurde unter Setzen einer Ausreisefrist die Abschiebung nach Indien oder in einen anderen Staat angedroht, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist (Nr. 4). Die sofortige Vollziehung der Nummer 2 wurde angeordnet (Nr. 5). Zur Begründung der Ausweisung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sie sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen erfolge. Es liege ein besonders schweres Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor. Es bestehe eine Wiederholungsgefahr. Der Ehemann habe serienmäßig Betrugsdelikte begangen; sein Vorgehen zeuge von hoher Professionalität und der Schaden für die Geschädigten sei ihm gleichgültig gegenüber dem Eigeninteresse an schnellem und einfachem Geld gewesen. Bereits einen Monat nach der Verurteilung habe der Ehemann einen Diebstahl begangen, sodass eine große Gefahr hinsichtlich einer erneuten Straffälligkeit bezüglich Eigentums- und Betrugsdelikten bestehe. Die Ausweisung sei in Anbetracht der Begehung der Taten, der grundrechtlichen Verankerung der Schutzgüter, der Häufigkeit der Begehung der abgeurteilten Straftaten und der konsequenten Ausweisungspraxis bei vergleichbaren Straftaten derzeit auch generalpräventiv gerechtfertigt. Bei einer Abwägung überwiege das Ausweisungsinteresse die Bleibeinteressen. Es liege aufgrund des Personensorgerechts für zwei minderjährige Kinder zwar ein schwerwiegendes Bleibeinteresse gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG vor. Auch unter Berücksichtigung der privaten und familiären Interessen, insbesondere des Aufenthalts der Antragstellerin und der zwei gemeinsamen Kinder, deren Aufenthalt jedoch vom Aufenthaltsstatus des Ehemanns abhänge, überwiege aufgrund der Begehung von Straftaten das Ausweisungsinteresse. Die Ausweisung sei damit verhältnismäßig.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2023, ausweislich der Postzustellungsurkunde am 18. Februar 2023 zugestellt, wurde der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis vom … … 2020 abgelehnt (Nr. 1). Der Antragstellerin wurde eine Ausreisefrist bis zum 31. März 2023 gesetzt (Nr. 2). Im Falle einer schuldhaften und erheblichen Überschreitung der Ausreisefrist könne ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von bis zu einem Jahr angeordnet werden (Nr. 3). Der Antragstellerin wurde die Abschiebung nach Indien oder in einen anderen Staat angedroht, in den die Antragstellerin einreisen darf oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist (Nr. 4). Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass die Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs erhalten habe, um eine Eheführung im Bundesgebiet zu ermöglichen. Nach der Ausweisung des Ehemanns der Antragstellerin mit Bescheid vom … … 2023 seien die Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts der Antragstellerin entfallen. Ein eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht habe die Antragstellerin nicht erworben: Weder liege aufgrund der reinen besitzstandswahrenden Wirkung der Fiktionsbescheinigung ein mindestens dreijähriger rechtmäßiger Aufenthalt vor noch bestehe eine besondere, eine kürzere Dauer genügen lassende Härte. Eine Rückkehr und Wiedereingliederung sowie eine Fortführung der Familiengemeinschaft mit ebenfalls ausreisepflichtigen Mann und ausreisepflichtigen Töchtern in Indien sei möglich. Ein Vertrauensschutz bestehe nicht.
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Dagegen hat die Antragstellerin am 16. März 2023 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben (M 27 K …*) und beantragen lassen, die Beklagte unter Bescheidsaufhebung zur Verlängerung bzw. Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zu verpflichten. Zugleich wird beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ausweisung des Ehemanns rechtswidrig und dagegen Klage erhoben sowie Eilantrag gestellt worden sei. Auch hinsichtlich der gemeinsamen Kinder seien Klagen gegen die Ablehnungsbescheide hinsichtlich der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse erhoben worden.
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In den beigezogenen Gerichtsverfahren des Ehemanns (...) wird bezüglich der Ausweisung im Wesentlichen geltend gemacht, dass eine Wiederholungsgefahr aufgrund der Bewährungsaussetzung im Urteil vom 20. Januar 2022 nicht vorliege. Eine Auseinandersetzung mit der strafgerichtlichen Bewährungsentscheidung sei nicht erfolgt. Die spätere Verurteilung habe nicht zu einem Bewährungswiderruf, sondern nur zu einer Verlängerung der Bewährungszeit geführt. Hinsichtlich der Generalprävention sei die dargestellte Ausweisungspraxis nicht hinreichend dargelegt bzw. belegt worden. Die Absicht einer Neuetablierung einer Ausweisungspraxis in vergleichbaren Fällen sei nicht geltend gemacht worden und zudem unverhältnismäßig. Zudem überwiege das Bleibeinteresse. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausweisungsbescheides sei noch nicht über den Aufenthalt der Antragstellerin sowie der gemeinsamen Kinder entscheiden worden. Eine Trennung sei unzumutbar, zumal für die jüngere Tochter eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis im Raum stehe. Nach der Geburt seien bei ihr zwei kleine muskuläre Ventrikelseptumdefekte diagnostiziert worden, zudem sei im Dezember 2022 aufgrund einer Influenza-A-Erkrankung mit Lungenentzündung eine fünftägige stationäre Behandlung im Krankenhaus erforderlich gewesen. Auch sei hinsichtlich des Wachstums ein Perzentilenknick festgestellt worden. Außerdem sei bei der Antragstellerin eine Alpha-Thalassämie festgestellt worden, die mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auch bei den Kindern vorliege.
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Die Antragsgegnerin beantragt
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Antragsabweisung.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ausweisung des Ehemannes wirksam verfügt worden sei. Anhängige Rechtsmittel würden daran nichts ändern.
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In den Verfahren des Ehemanns äußerte sich die Antragsgegnerin nicht.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren, im Hauptsacheverfahren (...) und in den beigezogenen Verfahren des Ehemanns (M ...) sowie auf die vorgelegte und die hinsichtlich des Ehemanns beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
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1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und der Klage gegen die Abschiebungsandrohung ist nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG aufgrund der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG (vgl. BayVGH, B.v. 12.10.2006 – 24 CS 06.2576 – juris Rn. 8) bzw. nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG statthaft und auch sonst zulässig, aber unbegründet.
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Die Kammer ist nach Nr. 1 Buchst. a der Geschäftsverteilung und Besetzung der Kammern des Bayerischen Verwaltungsgerichts München für das Geschäftsjahr 2023 in der Fassung vom 14. Dezember 2022, zuletzt geändert durch Beschluss vom 26. Mai 2023, (lediglich) für das Verfahren der Antragstellerin zuständig.
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Im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist bei einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse und dem privaten Suspensivinteresse vorzunehmen. Dabei nimmt das Gericht eine eigene, originäre Interessensabwägung vor, für die in erster Linie die Erfolgsaussichten in der Hauptsache maßgeblich sind. Im Falle einer voraussichtlich aussichtslosen Klage besteht dabei kein überwiegendes Interesse an einer Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Wird dagegen der Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich erfolgreich sein, so wird regelmäßig nur die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Bei offenen Erfolgsaussichten ist eine Interessensabwägung vorzunehmen, etwa nach den durch § 80 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO getroffenen Grundsatzregeln, nach der Gewichtung und Beeinträchtigungsintensität der betroffenen Rechtsgüter sowie der Reversibilität im Falle von Fehlentscheidungen.
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Demnach überwiegt das Vollzugsinteresse. Denn die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin wird sich voraussichtlich als rechtmäßig und nicht rechtsverletzend erweisen, da die Antragstellerin keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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a. Die Voraussetzungen des § 30 AufenthG für eine Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin liegen nach der wirksam ergangenen Ausweisung des Ehemanns nicht mehr vor. Er ist als Stammberechtigter nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG.
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Daran ändern auch Klage und Eilantrag, hinsichtlich der Ausweisungsverfügung gegen den Ehemann nichts, über die derzeit noch nicht entschieden ist.
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Das Nachzugsrecht des Ehegatten aus § 30 AufenthG ist zweckgebunden und akzessorisch; es wird zur Erfüllung des Zwecks des § 27 Abs. 1 AufenthG gewährt und lehnt sich an das Aufenthaltsrecht des Ehegatten bzw. Lebenspartners an (vgl. Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 14. Auflage 2022, § 30 AufenthG Rn. 4). Die Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG teilt somit das Schicksal des Aufenthaltstitels des Stammberechtigten.
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Der Aufenthaltstitel des Ehemanns der Antragstellerin erlischt nach § 51 Abs. 1 Halbs. 1 Nr. 5 AufenthG durch die Ausweisung. Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG lassen Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit (unter anderem) der Ausweisung unberührt. Durch die Bekanntgabe der Ausweisung ist die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Ehemanns beendet und führt zum Entstehen einer Ausreiseverpflichtung nach § 50 Abs. 1 AufenthG (vgl. Zimmerer in: BeckOK MigR, Stand 15.4.2023, § 84 Rn. 22). Die innere Wirksamkeit der Ausweisung, das heißt ihre materielle Rechtswirkung, besteht selbst dann fort, wenn die sofortige Vollziehung gerichtlich ausgesetzt wird (vgl. BayVGH, B.v. 12.5.2009 – 19 CS 09.934 – juris Rn. 4).
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b. Das Vorliegen der Voraussetzungen einer anderweitigen Aufenthaltserlaubnis, insbesondere eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nach § 31 AufenthG, ist weder vorgetragen nicht sonst ersichtlich. Die Abschiebungsandrohung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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c. Auch der effektive Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) gebietet die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht.
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Da sich die Ausweisung des Ehemanns der Antragstellerin nach summarischer Prüfung jedenfalls als voraussichtlich rechtmäßig und nicht rechtsverletzend erweist, kann es dahinstehen, ob es für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes für die Antragstellerin im Eilrechtsschutz nicht nur darauf ankommt, ob die Ausweisung des Ehemanns wirksam ergangen ist, sondern auch maßgeblich ist, ob sich die Ausweisung voraussichtlich als rechtmäßig erweist (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2015 – 10 CS 14.2656 – juris Rn. 22; B.v. 24.7.2017 – 19 CS 16.2376 – juris Rn. 4 m.w.N. und BaWüVGH, B.v. 21.1.2020 – 11 S 3477/19 – juris Rn. 30, 76 f. zum Erfordernis der Prüfung der Rechtsmäßigkeit der Ausweisung im Rahmen des Erlasses des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, wenn aufgrund der sich daraus ergebende Titelerteilungssperre eine Aufenthaltserlaubnis abgelehnt wird und damit die Ausweisung den eigentlichen Grund für das Entstehen der Ausreisepflicht darstellt). Dafür spricht, dass letztlich auch das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin allein aufgrund der Ausweisung beendet wird, da ihr Aufenthalt wie dargestellt akzessorisch zum Aufenthaltsrecht ihres Ehemanns ist und dessen Aufenthaltsrecht aufgrund der gegenüber ihm ergangenen Ausweisung beendet wird. Die Antragstellerin hat bei alleinigem Abstellen auf die Wirksamkeit der Ausweisungsverfügung gleichwohl keine Möglichkeit, im Hinblick auf die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des eigentlichen Grundes der Aufenthaltsbeendigung zumindest die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht zu hindern.
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Die Ausweisung findet ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 1 AufenthG. Danach wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 1 C 21.18 – juris Rn. 13).
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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisungsentscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 1 C 21.18 – juris Rn. 11 m.w.N.).
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Im Fall des Ehemanns besteht aus spezial- und generalpräventiven Gründen eine noch im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (vgl. aa.) und bei einer Abwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der Ausreise die Bleibeinteressen (vgl. bb.).
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aa. Bei einer spezialpräventiven Ausweisungsentscheidung und ihrer gerichtlichen Überprüfung haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 18; B.v. 21.2.2023 – 1 B 76.22 – juris Rn. 11). Bei der Prognose, ob die Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 12.10.2020 – 10 B 20.1795 – juris Rn. 28 m.w.N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11 – juris Rn. 18; BayVGH, U.v. 12.10.2020 – 10 B 20.1795 – juris Rn. 28 m.w.N.).
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Eine Ausweisung nach § 53 Abs. 1 AufenthG kann auch (alleine) auf generalpräventive Gründe gestützt werden. Vom maßgeblichen weiteren „Aufenthalt“ eines Ausländers, der eine Straftat begangen hat, kann auch dann eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen, wenn von ihm selbst keine (Wiederholungs-)Gefahr ausgeht, im Fall des Unterbleibens einer ausländerrechtlichen Reaktion auf sein Fehlverhalten andere Ausländer aber nicht wirksam davon abgehalten werden, vergleichbare Delikte zu begehen (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 1 C 21.18 – juris Rn. 17). Dabei bedarf es keiner Verurteilung wegen besonders schwerwiegender Delikte für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wie etwa Drogendelikten oder Delikten im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität oder Terrorismus. Erforderlich ist lediglich, dass die Ausweisung an Straftaten oder Verhaltensweisen anknüpft, bei denen sie nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet erscheint, andere Ausländer von Taten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Darüber hinaus sind Art und Schwere der jeweiligen Anlasstat lediglich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, U.v. 12.10.2020 – 10 B 20.1795 – juris Rn. 33 m.w.N.). Angeknüpft werden kann dabei nur an ein Ausweisungsinteresse, dass zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung noch aktuell ist. Dabei ist für die gefahrabwehrrechtliche Beurteilung eines eintretenden Bedeutungsverlustes eines strafrechtlich relevanten Handelns die einfache Verjährungsfrist des § 78 Abs. 3 StGB eine untere Grenze, die absolute Verjährungsfrist des § 78c Abs. 3 Satz 2 AufenthG eine obere Grenze. In diesem Zeitrahmen ist der Fortbestand des Ausweisungsinteresses an generalpräventiven Erwägungen zu ermitteln. Bei abgeurteilten Straftaten bilden die Tilgungsfristen des § 46 BZRG eine absolute Obergrenze für die Annahme eines noch bestehenden generalpräventiven Ausweisungsinteresses (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2018 – 1 C 16.17 – juris Rn. 22 f.; U.v. 9.5.2019 – 1 C 21.18 – juris Rn. 18 f.).
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Daran gemessen besteht sowohl eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass es in absehbarer Zeit wieder zu Straftaten des Antragstellers kommen wird, als auch ein aktuelles generalpräventives Ausweisungsinteresse. Das Gericht sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folgt der ausführlichen und zutreffenden Prognose (S. 6 f. des Bescheids des Ehemanns) und den nicht zu beanstandenden generalpräventiven Erwägungen (S. 7 f. des Bescheids des Ehemanns) der Antragsgegnerin (§ 117 Abs. 5 VwGO entsprechend).
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Ergänzend ist auszuführen: Von einem Entfallen der Wiederholungsgefahr kann nicht ausgegangen werden. Der Ehemann wurde in den letzten drei Jahren aufgrund von in den letzten fünf Jahren begangenen Straftaten viermal strafrechtlich verurteilt, wobei den Verurteilungen teils auch tatmehrheitliche Begehungen zugrunde liegen. Dabei wurde der Ehemann mit dem Urteil des Amtsgerichts München vom 20. Januar 2022 (* … … … … …*) auch zu einer nicht unerheblichen Freiheitstrafe verurteilt. Mit den dabei abgeurteilten Taten ging ausweislich der Einziehung eines Wertersatzes in Höhe von 29.790,00 EUR gegen den Ehemann auch ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden einher. Das Strafgericht ging auch von einer gewerbsmäßigen Begehung aus. Der antragstellerseitige Einwand hinsichtlich der – soweit vorgetragen nicht widerrufenen – Bewährungsaussetzung greift nicht durch. Zwar kommt straf- oder strafvollstreckungsrechtlichen Entscheidungen über die Aussetzung der (Rest-)Freiheitsstrafe eine Indizwirkung im Hinblick auf die Wiederholungsgefahr zu; die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte sind aber weder an diese Entscheidung noch an die der Entscheidung zugrundeliegende Prognose gebunden (vgl. BayVGH, U.v. 12.10.2020 – 10 B 20.1795 – juris Rn. 30 m.w.N.). Im Strafurteil vom 20. Januar 2022 (* … … … … …*) mit einer Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe zu 2 Jahren, somit einer Verurteilung an der oberen Grenze der Aussetzbarkeit zur Bewährung, wird die Bewährungsaussetzung damit begründet, dass es die erste Freiheitsstrafe des Ehemanns sei, Untersuchungshaft in der Sache verbüßt worden sei, der Ehemann in geordneten sozialen Verhältnissen lebe und wieder Arbeit gefunden habe und der Ehemann von Anfang an ein Geständnis angekündigt und abgelegt habe. Durch die erneute Begehung einer Straftat bereits sechs Wochen nach Verurteilung sind mangels Rechtstreue geordnete soziale Verhältnisse nicht anzunehmen, sodass der positiven Sozialprognose mitsamt besonderer Umstände sicherheitsrechtlich jedenfalls teilweise die Grundlage entzogen ist. Auch die strafrechtliche Berücksichtigung der erlittenen Untersuchungshaft stellt weniger eine sicherheitsrechtliche, als vielmehr eine retrospektive Beurteilung der besonderen Umstände dar. Soweit strafrechtlich davon ausgegangen wurde, dass die Verbüßung der Untersuchungshaft zu einer zukünftigen Abschreckung beiträgt, ging diese Einschätzung aufgrund des schnellen Rückfalls in die Straffälligkeit offensichtlich fehl. Somit ist ein – vorgetragenes, den Akten nicht zu entnehmendes und nicht glaubhaft gemachtes – Ausreichenlassen einer Bewährungsverlängerung gem. § 56f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB zumindest aus rein sicherheitsrechtlicher Perspektive jedenfalls nicht nachvollziehbar. Die Wiederholungsgefahr ist auch noch aktuell. Eine bereits eingetretene Tilgung der Strafen ist nicht vorgetragen und aufgrund der regelmäßigen Verurteilungen im Hinblick auf § 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG auch nicht ersichtlich.
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Davon unabhängig und selbstständig tragend besteht im konkreten Fall des Ehegatten auch ein aktuelles generalpräventives Ausweisungsinteresse. Jedenfalls die von August 2019 bis Juli 2020 gewerbsmäßig begangenen Betrugsdelikte mit Erwirken von nicht unerheblichen Kautions- und Provisionszahlungen im Zusammenhang mit unberechtigten Untervermietungen bzw. -verpachtungen sind nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet, ohne ausländerrechtliche Reaktion mit vergleichbaren Delikten von anderen Ausländerinnen und Ausländern nachgeahmt zu werden. Der Einwand, dass die Antragsgegnerin eine konsequente Ausweisungspraxis nicht nachgewiesen habe, verfängt nicht. Nach der dargestellten Rechtsprechung ist für eine Ausweisung aus generalpräventiven Gründen nicht der Nachweis einer allgemeinen Ausweisungspraxis erforderlich, sondern nur die konkrete Eignung zur Abschreckung. Eine Ausweisungspraxis ist weniger Voraussetzung, als vielmehr denklogische Folge dieser Eignung. Hinsichtlich der der Verurteilung vom 20. Januar 2022 zugrundeliegenden Taten das generalpräventive Ausweisungsinteresse zum Entscheidungszeitpunkt auch noch aktuell. Selbst hinsichtlich der ersten prozessualen Tat vom 26. August 2019 ist noch nicht einmal die einfache Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 5, Abs. 4, § 78a StGB) und damit die untere Grenze der generalpräventiven Verwertbarkeit überschritten.
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bb. Die von § 53 Abs. 1 AufenthG geforderte Abwägung der Interessen an der Ausweisung mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers in Deutschland erfolgt auf der Tatbestandsseite einer in der Rechtsfolge gebundenen Ausweisungsentscheidung und ist damit gerichtlich voll überprüfbar. Der Grundtatbestand des § 53 Abs. 1 AufenthG erfährt durch die weiteren Ausweisungsvorschriften mehrfache Konkretisierungen. So wird einzelnen in die Abwägung einzustellenden Ausweisungs- und Bleibeinteressen durch den Gesetzgeber in den §§ 54, 55 AufenthG von vornherein ein spezifisches, bei der Abwägung zu berücksichtigendes Gewicht beigemessen. Neben den explizit in den §§ 54, 55 AufenthG aufgeführten Interessen sind weitere, nicht ausdrücklich benannte sonstige Bleibe- oder Ausweisungsinteressen denkbar (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017 – 1 C 3.16 – juris Rn. 23 f.; U.v. 25.7.2017 – 1 C 12.16 – juris Rn. 15). Bei der Abwägung sind gemäß § 53 Abs. 2 AufenthG nach den Umständen des Einzelfalls insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen. Die in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Umstände sollen sowohl zugunsten als auch zulasten des Ausländers wirken können und sind nicht als abschließend zu verstehen (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2017 – 1 C 3.16 – juris Rn. 25).
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An der umfangreichen Abwägung im Bescheid ist nichts zu erinnern. Es liegt ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor. Aufgrund der Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis der Töchter liegt mangels rechtmäßigem Aufenthalt zwar kein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG mehr vor, jedoch sind die Belange der Töchter dennoch nach § 55 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG sowie im Rahmen der Abwägung allgemein zu berücksichtigen, wie auch der Aufenthalt der Antragstellerin. Bei einer Gesamtabwägung aller konkreten Einzelfallumstände überwiegt auch bei Berücksichtigung der Aufenthaltszeiten des Ehemanns in der Bundesrepublik, der wiederholten und nach Aktenlage derzeit bestehenden Integration in den Arbeitsmarkt, des Nachweises des Sprachniveaus B2, der noch im Bundesgebiet aufhältigen Familienangehörigen und deren geltend gemachten Erkrankungen das Ausweisungsinteresse. Denn der Ehemann der Antragstellerin wurde wiederholt strafrechtlich verurteilt, insbesondere auch zu einer nicht unerheblichen Freiheitsstrafe aufgrund gewerbsmäßig begangener Betrugsstraftaten mit einem Vermögensschaden von knapp 30.000 EUR. Im Hinblick auf die seit Januar 2018 begangenen und abgeurteilten Straftaten kann von einem rechtstreuen Verhalten und damit im Ergebnis trotz wirtschaftlicher nicht von einer integrativen Bindung ans Bundesgebiet ausgegangen werden. Aufgrund der Abhängigkeit des Aufenthaltsrechts der Familie vom Aufenthaltsrecht des Ehemanns ist eine Trennung und somit ein Eingriff in die nach Art. 6 GG, Art. 7 GRCh und Art. 8 EMRK geschützte familiäre Lebensgemeinschaft nicht zu befürchten. Allein die Hoffnung auf ein humanitäres Aufenthaltsrecht für die jüngere Tochter genügt zur Begründung gewichtiger Bleibeinteressen nicht. Die Ausweisung hätte auch für die übrigen Familienmitglieder keine unverhältnismäßigen Folgen. Aus den vorgelegten Attesten ist ein aktueller medizinischer Behandlungsbedarf nicht entnehmbar. Nach dem Attest von … … … … vom … … 2022 ergibt sich bezüglich der diagnostizierten zwei kleinen muskulären Ventrikelseptumdefekte kein Behandlungsbedarf bei der jüngsten Tochter; vielmehr wird von einem – zu diesem Zeitpunkt – baldigen Verschließen ausgegangen. Es ist somit schon zweifelhaft, ob derzeit überhaupt noch ein pathologischer Gesundheitszustand vorliegt. Im Übrigen wurde bereits zum Zeitpunkt der Diagnose eine Behandlung nicht verschrieben. Nach dem Attest von … …, … … … … …, mit diagnostizierter Influenza-A-Infektion – Pneumonie mit respiratorischer Globalinsuffizienz –, Mykoplasmenpneumonie und Perzentilenknick – Verdacht auf nutritive Genese – wurde die jüngere Tochter am … … 2022 in gutem Allgemeinzustand entlassen und eine erforderliche Medikation nur bis spätestens zum 24. Dezember 2022 verordnet. Auch hinsichtlich der bei der Antragstellerin am 21. November 2021 festgestellten α+-Thalassämie, aus der sich eine erhöhte Wahrscheinlichkeit – ohne tatsächlich erbrachten Nachweis – für eine α-Thalassämie bei den Kindern ergeben könne, ist ein medizinischer Bedarf nicht ersichtlich und auch sonst nicht geltend gemacht. Im Übrigen ist der Ehemann in Indien geboren und aufgewachsen und hat dort die Schule besucht. Nach den Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts … vom 20. Januar 2022 sind auch die Eltern des Ehemanns wieder in Indien aufhältig. Somit ist davon auszugehen, dass er und auch die in Indien geborene, dort bis zu ihrer Einreise im Dezember 2018 aufhältige Antragstellerin sowie die gemeinsamen Kinder sich in Indien niederlassen und zurechtfinden können.
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Damit wird sich die Ausweisung des Ehemanns im gegen ihn erlassenen Bescheid vom … … 2023 voraussichtlich als rechtmäßig erweisen, sodass eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls auch nicht aufgrund des Gebots des effektiven Rechtsschutzes ergehen muss.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nrn. 8.1, 8.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Berücksichtigung von Nr. 8.2 erfolgt im Hinblick auf die mittelbare Bedeutung der Rechtsmäßigkeit der Ausweisungsverfügung für das streitgegenständliche Einreise- und Aufenthaltsverbot.