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VG München, Urteil v. 02.03.2023 – M 27 K 21.631
Titel:

Gebührenbescheid, Nichteinhaltung der Klagefrist von einem Monat, Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe

Normenketten:
IHKG § 3 Abs. 6
GebO § 4 Abs. 1
Schlagworte:
Gebührenbescheid, Nichteinhaltung der Klagefrist von einem Monat, Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17157

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen einen Gebührenbescheid der Beklagten betreffend eine Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe.
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Die Beklagte erhielt am 3. Dezember 2020 eine elektronische Anmeldung des Klägers zur Sachkundeprüfung für besondere Bewachungstätigkeiten nach § 34a GewO.
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Mit als „Einladung zur Sachkundeprüfung für besondere Bewachungstätigkeiten nach § 34a GewO“ bezeichnetem Schreiben vom 23. Dezember 2020 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die schriftliche Prüfung am … … 2021 stattfinden werde. Bei Rückfragen werde gebeten, sich an die Beklagte zu wenden.
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Mit Gebührenbescheid vom … … 2020 setzte die Beklagten die Gebühren für die Sachkundeprüfung auf 170,00 Euro fest. Ein Versand- oder Zustellnachweis findet sich in der Behördenakte nicht.
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Mit Bescheid vom 21. Januar 2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er die Sachkundeprüfung nicht bestanden habe. Der Bescheid enthält die Begründung, dass der Kläger zu der Sachkundeprüfung nicht erschienen sei. Die Prüfung gelte daher als nicht abgelegt. Die Prüfungsgebühr sei trotzdem in voller Höhe zu entrichten.
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Am 8. Februar 2021 hat der Kläger beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erhoben. Ein Klageantrag wurde nicht gestellt. Zur Begründung brachte er vor, dass er den von seinem Arbeitgeber abgeschlossenen Vertrag über die Eintragung in die schriftliche Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe nach § 34a GewO widerrufe. Die IHK fordere von ihm, eine Prüfung zu bezahlen, für die er sich nicht eingeschrieben habe. Ohne „sein Verständnis dazu, dass er die Gebühren dazu zahlen solle, sei er in die Prüfung eingeschrieben worden“. Da dies ohne seine Zustimmung passiert sei, sehe er nicht ein, diesen Betrag bezahlen zu müssen. Zudem sei er nicht in der Lage gewesen, die Prüfung anzutreten oder zu stornieren, da „ihm dies unbewusst zugeteilt worden“ sei.
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Die Beklagte legte am 10. März 2021 die Behördenakte vor und beantragte mit Schreiben vom selben Tag,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Beklagte allen Prüfungsteilnehmern die Möglichkeit biete, sich auf ihrer Homepage über den Prüfungsanmeldungs-Manager zur Sachkundeprüfung für besondere Bewachungstätigkeiten nach § 34a GewO online anzumelden. Dabei müssten eine Variantenauswahl (Gesamtprüfung oder Wiederholungsprüfung) und eine Terminauswahl getroffen werden, wie auch Kontaktdaten angegeben werden. Des Weiteren würde auf ein Formular zur Gebührenübernahme wie auch auf eine Gebührenübersicht verlinkt. Schließlich würden auch Kontaktdaten abgefragt. Verbindlich sei neben den gängigen personenbezogenen Daten auch die Angabe einer E-Mail-Adresse für die Bestätigung der Anmeldung. Alle angegebenen Daten würden im letzten Schritt der Zusammenfassung abgebildet. Diese könne dann nach einer Verifizierung abgeschickt werden. Der Anmeldeprozess funktioniere nur, wenn innerhalb von 24 Stunden der an die angegebene E-Mail-Adresse versandte Bestätigungslink angeklickt werde. Der Kläger habe sich am … … 2020 zum Prüfungstermin … … 2021 angemeldet. Angegeben worden sei die E-Mail-Adresse des Klägers. An diese E-Mail-Adresse sei entsprechend des beschriebenen Automatismus der Bestätigungslink versandt und von dem E-Mail-Adressen-Inhaber durch das Anklicken des Links bestätigt worden. Dadurch seien zwei weitere E-Mails (die Prüfung der Anmeldung wie auch die Anmeldebestätigung) ausgelöst und an die gleiche E-Mail-Adresse versandt worden. Im Anschluss daran habe die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom … … 2020 an seine Privatadresse zum Prüfungstermin … … 2021 geladen. Als Anlage zur Ladung habe die Beklagte den streitgegenständlichen Gebührenbescheid versandt. In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass die Klage mangels Einhaltung der Klagefrist bereits unzulässig sei. Der Gebührenbescheid sei von der Beklagten mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrungam … … 2020 zur Post gegeben worden. Gemäß Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG gelte ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt werde, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Im Fall des Klägers sei dies mithin der … … 2020 gewesen. Das Fristende, welches sich nach § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2 BGB bestimme, falle vorliegend auf den … … 2021. Die laut Eingangsstempel am 8. Februar 2021 eingegangene Klage sei damit verfristet. Dies gelte auch für den Fall, dass der Kläger, wie er vortrage, den Gebührenbescheid erst am 2. Januar 2021 erhalten haben sollte. Hilfsweise sei die Klage aber auch mangels allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Jedenfalls sei sie aber unbegründet. Der Kläger habe sich nach § 4 Abs. 2 der Prüfungsordnung für die Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe zur streitgegenständlichen Prüfung angemeldet. Mit der Anmeldung zur Prüfung sei ein Anspruch der Beklagten auf Begleichung der Prüfungsgebühr in Höhe von 170,00 Euro entstanden. Da der Kläger weder schriftlich zurückgetreten sei, noch sich schriftlich von der Prüfung abgemeldet habe, sondern lediglich dem Prüfungstermin habe verstreichen lassen, liege kein Grund zur Ermäßigung der Prüfungsgebühr gemäß § 2 Abs. 3 der Gebührenordnung vor.
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Die Verwaltungsstreitsache wurde am 2. März 2023 mündlich verhandelt. Der Kläger nahm an der mündlichen Verhandlung nicht teil. Die Vertreterin der Beklagten legte in der mündlichen Verhandlung Unterlagen vor, wonach der Kläger nach Klageerhebung die streitgegenständliche Summe von 170,00 Euro an die Beklagte bezahlt hat.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

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I. Die Klage bleibt ohne Erfolg.
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1. Das Rechtsschutzbegehren des Klägers ist dahingehend auszulegen (§ 88 VwGO), dass er die Aufhebung des Gebührenbescheids der Beklagten vom … … 2020 begehrt.
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2. Die erhobene Anfechtungsklage ist bereits mangels Einhaltung der Klagefrist unzulässig.
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Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt nach Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies gilt nach Art. 41 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
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Zwar findet sich in der Behördenakte den streitgegenständlichen Bescheid betreffend kein Versendungsvermerk, sodass die Zugangsfiktion des Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG vorliegend nicht greift. Allerdings hat der Kläger in seiner Klageschrift erklärt, die Rechtsbehelfsbelehrungam 2. Januar 2021 erhalten zu haben, sodass dieser Zeitpunkt für den Zugang maßgeblich ist (vgl. Art. 41 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 BayVwVfG). Die einmonatige Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO) begann daher nach § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB am 3. Januar 2021 zu laufen und endete nach § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB am 2. Februar 2021 um 24.00 Uhr. Die beim Verwaltungsgericht am 8. Februar 2021 erhobene Klage ist daher verfristet und damit unzulässig.
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3. Die Klage ist im Übrigen auch unbegründet. Der streitgegenständliche Gebührenbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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a) Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung ist Art. 3 Abs. 6 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 25. Juli 2013 – IHKG – i.V.m. § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern vom 22. März 1983 (iuh Nr. 5/1983) – GebO.
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b) Der Gebührenanspruch der Beklagten ergibt sich aus § 4 Abs. 1 GebO i.V.m. Nr. 6b des Gebührentarifs der Beklagten (Anlage zur Gebührenordnung) vom 17. Dezember 2018 (IHK-Magazin 1/2019). Die Online-Anmeldung ist dem Kläger zuzurechnen. Durch Anklicken des an die private E-Mail-Adresse des Klägers versandten Bestätigungslinks wurde der Anmeldeprozess verbindlich in Gang gesetzt. Anhaltspunkte dafür, dass dies dem Kläger nicht zuzurechnen wäre, bestehen nicht. Der Kläger hat hierzu auch nichts substantiiert vorgebracht. Die streitgegenständliche Gebühr bewegt sich auch in dem von Nr. 6b des Gebührentarifs der Beklagten aufgestellten Rahmen von 70,00 bis 170,00 Euro.
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II. Aus diesen Gründen ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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III. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.