Inhalt

VG München, Beschluss v. 30.06.2023 – M 18 E 23.1161
Titel:

Kita-Finder, Ingolstadt

Normenketten:
SGB VIII § 24 Abs. 3
SGB I § 16
Schlagworte:
Kita-Finder, Ingolstadt
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17144

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

1
Die Antragspartei hat am 23. Juni 2023 die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Gegenseite hat am 27. Juni 2023 der Erledigung zugestimmt.
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Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden.
3
Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten der Antraggegnerin aufzuerlegen.
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Die Verfahrenskosten sind grundsätzlich demjenigen aufzuerlegen, der bei der Fortsetzung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre. Bleiben die Erfolgsaussichten offen, sind die Kosten in der Regel gegeneinander aufzuheben. Darüber hinaus entspricht es in der Regel der Billigkeit, denjenigen Verfahrensbeteiligten mit den Kosten zu belasten, der durch eigenen Willensentschluss die Erledigung veranlasst hat (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 161 Rn. 18 m.w.N.). Nach Eingang der Erledigungserklärungen sind dem Gericht weitere Sachverhaltsaufklärungen verwehrt (vgl. BayVGH, B.v. 24.6.2016 – 20 B 16.1178 – juris).
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Vorliegend hat die Antragsgegnerin das erledigende Ereignis durch Nachweis eines geeigneten Kindertagesbetreuungsplatzes herbeigeführt. Der Antrag wäre voraussichtlich auch erfolgreich gewesen, so dass die Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen sind.
6
Insoweit kann im Ergebnis offenbleiben, ob die Anmeldung bei dem Kita-Finder der Antragsgegnerin bereits eine hinreichende Geltendmachung des Anspruchs auf einen Betreuungsplatz darstellt (vgl. ebenso bereits VG München, B.v. 25.1.2023 – M 18 E 23.5844 – juris Rn. 27). Zwar hat das Gericht insoweit in Bezug auf den Kita-Finder der LHSt München entschieden, dass eine dortige Anmeldung hierfür nicht genügt (vgl. VG München, U.v. 4.7.2018 – M 18 K 17.3244 – juris Rn. 36 ff. m.w.N.). Allerdings bestehen erhebliche Zweifel, ob eine Anmeldung bei dem Kita-Finder der Antragsgegnerin entsprechend einzustufen ist. Denn dieser dürfte nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen, dass ausschließlich durch die Anmeldung dort der Anspruch nach § 24 Abs. 2 und 3 SGB VIII nicht geltend gemacht wird. Zumindest soweit für das Gericht ersichtlich, erfolgt ein solcher Hinweis in Rahmen einer Anmeldung dort nicht. Zwar wird in der Anmeldung der Hinweis gegeben, dass das Kind „nun auf der Warteliste der gewünschten Einrichtungen(en) geführt“ werde, allerdings erfolgt keinerlei weiterer Hinweis, dass diese einrichtungsbezogenen Anmeldungen damit keine Geltendmachung des Anspruchs nach § 24 Abs. 2 und 3 SGB VIII darstellen. Zudem wird bei den FAQ zu dem Kita-Finder der Antragsgegnerin ausgeführt, dass dem „vom Gesetzgeber festgelegten Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz (…) mit dem Angebot eines Betreuungsplatzes entsprochen“ werde. Dementsprechend geht offenbar die Antragsgegnerin davon aus, dass sie sich eine solche einrichtungsbezogene Zusage erfüllend zurechnen lassen kann. Damit dürfte sie jedoch auch die Anmeldung ausschließlich bei dem Kita-Finder als Bedarfsmeldung gegen sich gelten lassen müssen. Hierfür spricht auch, dass die Antragsgegnerin – soweit ersichtlich – keinerlei Angaben dazu macht, wie und wo eine Geltendmachung des Anspruchs nach § 24 Abs. 3 und 3 SGB VIII ihr gegenüber wirksam erfolgen könne, sondern vielmehr ausschließlich auf den Kita-Finder verweist.
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Soweit die Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme vom 4. April 2023 von einer Kita-Platzkoordinationsstelle spricht und auf eine Aufnahme in eine interne Liste im September 2022 verweist, bleibt unklar, welche Reaktion gegenüber der Antragstellerseite insoweit erfolgte und welche Wirkung der Aufnahme in die Liste zukommen soll.
8
Zudem bedarf es entgegen der Argumentation der Antragsgegnerin in Bezug auf ihre Verpflichtung des Nachweises eines geeigneten Betreuungsplatzes keiner Dringlichkeitserklärung durch die Antragstellerseite. Der Anspruch ist vielmehr ohne weiter Anforderungen durch die Antragsgegnerin zu erfüllen.
9
Unabhängig davon hatte die Antragsgegnerin jedoch spätestens am 17. Januar 2023 Kenntnis von dem dringenden Bedarf auf einen Betreuungsplatz, da in der von der Bevollmächtigten der Antragsseite vorgelegten E-Mail der zuständigen Arbeitsvermittlerin der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2023 ausgeführt wird, dass sie am 17. Januar 2023 dem Vater der Antragstellerin Informationen zur Anmeldung für eine Kinderbetreuung übersandt habe. Unabhängig davon, dass das Gericht davon ausgeht, dass auch diese Informationen ausschließlich auf eine Anmeldung bei dem Kita-Finder der Antragsgegnerin gerichtet waren und daraufhin wohl die weitere Anmeldung am 14. Februar 2023 erfolgte, hatte die Antragsgegnerin damit Wissen von dem Bedarf und Wunsch auf den Nachweis eines geeigneten Betreuungsplatzes. Die rein interne Zuständigkeitsregelung ist insoweit irrelevant, vielmehr müsste sich die Antragsgegnerin selbst Bedarfsmeldungen bei anderen Sozialträgern ggf. gemäß § 16 Abs. 2 SGB I zurechnen lassen (vgl. VG Mainz, B.v. 9.3.2020 – 1 L 76/20.MZ – juris Rn. 10; VG München, U.v. 4.7.18 – M 18 K 17.324 – juris Rn. 37; SächsOVG, U.v. 14.3.2017 -4 A 280/16 – juris Rn. 36).
10
Da zudem entgegen der Ansicht der Parteien für den, vorliegend geltend gemachten, Anspruch nach § 24 Abs. 3 SGB VIII die 3-Monatsfrist nach Art. 45a AGSG keine Anwendung findet, war die Antragsgegnerin spätestens ab diesem Zeitpunkt zum Nachweis eines geeigneten Platzes verpflichtet.
11
Zudem kann sich die Antragsgegnerin nicht befreiend darauf berufen, dass sie auf Grund der – zudem erst am 11. März 2023 – erfolgten Annahme eines Betreuungsplatzes für den 1. September 2023 nicht mehr von einer weiteren Bedarfsmeldung ausgehen musste. Denn die Dringlichkeit des vorherigen Bedarfs war der Antragstellerin hinlänglich bekannt.
12
Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.
13
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2, § 158 Abs. 2 VwGO).
14
Nachdem die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, erledigt sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, sodass über diesen nicht mehr zu entscheiden war (BVerfG, B.v. 24.7.2019 – 2 BvR 686/19 – juris Rn. 48; B.v.17.1.2017 – 2 BvR 2013/16 –, juris 25; BayVGH B.v. 13.12.2016 – 12 CE 16.2333 – juris Rn. 45).