Titel:
Herausgabe eines rechtskräftigen Strafbefehls an einen Journalisten, Anonymisierungsumfang bei Herausgabe eines Strafbefehls, Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin, Antragsbefugnis, Grundsatz der Selbstwiderlegung
Normenketten:
BayPrG Art. 4 Abs. 2 S. 2
GG Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3
VwGO § 123 Abs. 1
Schlagworte:
Herausgabe eines rechtskräftigen Strafbefehls an einen Journalisten, Anonymisierungsumfang bei Herausgabe eines Strafbefehls, Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin, Antragsbefugnis, Grundsatz der Selbstwiderlegung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17142
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die beabsichtigte Herausgabe eines rechtskräftigen Strafbefehls durch den Antragsgegner an den Beigeladenen.
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Gegen einen der derzeitigen Geschäftsführer der Antragstellerin wurde am 19. Mai 2020 durch das Amtsgericht München ein Strafbefehl erlassen (Az.: 1123 Cs 313 Js 142804/20), der rechtskräftig wurde. Der im Strafbefehl dem Geschäftsführer der Antragstellerin zur Last gelegte Sachverhalt bezieht sich in zeitlicher Hinsicht auf Taten aus den Jahren 2013 bis 2016. Der Beigeladene, ein Redakteur des Handelsblatts, hat vom Antragsgegner – vertreten durch das Amtsgericht München – mit E-Mail vom 11. Januar 2023 die Übersendung einer anonymisierten Kopie dieses Strafbefehls erbeten. Mit Beschluss vom 3. Mai 2023 hat das Verwaltungsgericht München einen Antrag des damaligen Antragstellers nach § 123 Abs. 1 VwGO, dem Antragsgegner die Herausgabe des Strafbefehls vom 19. Mai 2020 an den Beigeladenen vorläufig zu untersagen, abgelehnt (B.v. 3.5.2023 – M 10 E 23.1929 – juris). Auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen.
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Mit Beschluss vom 29. Juni 2023 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Antragstellers im Verfahren M 10 E 23.1929 zurückgewiesen (B.v. 29.6.2023 – 7 CE 23.820). Auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen.
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Bereits mit Schreiben vom 3. Mai 2023 hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin die Präsidentin des Amtsgerichts München unter Fristsetzung bis zum 4. Mai 2023 aufgefordert zu erklären, dass der streitbefangene Strafbefehl sehr viel umfassender als angekündigt geschwärzt werde. Nur durch die vollständige Schwärzung auch der juristischen Personen und Personengesellschaften könne verhindert werden, dass die natürlichen Personen, seien sie anderweitig verfolgt gewesen oder nicht, identifiziert und auf diese Weise deren Persönlichkeitsrechte verletzt werden.
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Mit am 27. Juni 2023 beim Verwaltungsgericht München eingegangenem Schriftsatz beantragt der Antragsteller (sinngemäß),
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dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, hilfsweise bis zur Rechtskraft eines ergehenden Beschlusses in diesem Verfahren, zu untersagen, dem Beigeladenen Auskunft durch Herausgabe einer vollständigen oder einer anonymisierten Kopie des Strafbefehls vom 19. Mai 2020 gegen den Antragsteller im Verfahren 1123 Cs 313 Js 142804/20 in Gestalt des Faxschreibens der Präsidentin des Amtsgerichts München vom 19. April 2023 zu erteilen.
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Zur Begründung wird zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass die beabsichtigte Herausgabe des anonymisierten Strafbefehls vom 19. Mai 2020 an den Beigeladenen die Antragstellerin in ihren eigenen Unternehmenspersönlichkeitsrechten verletze. Ebenso seien die Unternehmenspersönlichkeitsrechte der im Strafbefehl bezeichneten, verbundenen Unternehmen sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht der als „anderweitig Verfolgte“ bezeichneten Mitarbeiter bzw. Angestellten verletzt. Für letztere folge die Berechtigung zur Prozessstandschaft bzw. die Aktivlegitimation der Antragstellerin aus der allgemeinen Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin zum Schutz ihrer Arbeitnehmer. Die Antragstellerin habe neben einem Anordnungsgrund auch einen Anordnungsanspruch. Die vom Amtsgericht München zur Herausgabe vorgesehene Entscheidung sei nicht hinreichend anonymisiert. Die im Strafbefehl bezeichneten natürlichen und juristischen Personen ließen sich mit überschaubarem Aufwand eindeutig identifizieren.
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Der Antragsgegner beantragt mit Schriftsatz vom 28. Juni 2023,
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den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch nicht vorliege. Dem Beigeladenen stehe ein Anspruch auf Herausgabe in der derzeit anonymisierten Form zu. Eine Anonymisierung persönlicher Angaben oder Umstände von Grundrechtsträgern sei in dem Strafbefehl erfolgt. Das Amtsgericht München sehe keine Aufgabe darin, durch Anonymisierung jedweder weiteren journalistischen Recherche unter Einsatz anderer Quellen vorzubeugen. Ohnehin erfolge durch das Amtsgericht München keine Veröffentlichung des Strafbefehls, sondern lediglich eine Herausgabe an einen Medienvertreter. Die Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen lasse die Prüfung der allgemeinen gesetzlichen wie verfassungsrechtlichen Anforderungen an den weiteren Umgang mit der Entscheidung durch die Medien dabei unberührt. Medien hätten insoweit gesteigerte Sorgfaltspflichten zu beachten. Die Verantwortung für die Beachtung dieser Sorgfaltspflichten liege dabei grundsätzlich bei den Medien selbst. Diese Sorgfaltspflichten könnten nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen der gerichtlichen Entscheidungen seitens der Gerichtsverwaltung gemacht werden (unter Verweis auf BVerfG, B.v. 14.9.2015 – 1 BvR 857/15 – juris Rn. 21 f.).
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Der Beigeladene hat sich mit Schriftsatz vom 29. Juni 2023 geäußert, ohne einen Antrag zu stellen. Auf die Ausführungen im Schriftsatz wird Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Vorgänge des Amtsgerichts München Bezug genommen.
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Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg.
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1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Regelung eines vorläufigen Zustandes, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Dabei hat ein Antragsteller sowohl die Dringlichkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
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2. Die Antragstellerin hat weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
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a) Es bestehen im Hinblick auf das prozessuale Verhalten der Antragstellerin bereits durchgreifende Bedenken gegen die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Die vorliegende Prozesslage mit der nun geltend gemachten Dringlichkeit ist maßgeblich auf das Prozessverhalten der Antragstellerin zurückzuführen, welche diese durch eigenes Zuwarten verursacht hat.
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Nach dem Grundsatz der Selbstwiderlegung gibt ein Antragsteller zu erkennen, dass eine einstweilige Anordnung für ihn nicht „nötig“ ist, wenn er die im Falle einer Versagung des Eilrechtsschutzes zu erwartenden Nachteile selbst herbeigeführt oder versäumt hat, diese rechtzeitig abzuwenden (vgl. BayVGH, B.v. 15.5.2023 – 7 CE 23.666 – juris Rn. 21; Beutling/Niesler in Brandt/Domgörgen, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 5. Aufl. 2023, § 123 VwGO Rn. 203; Dombert in Finkelnburg/Dombert/Külpann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, § 123 VwGO Rn. 132). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn ein Antragsteller eine zeitliche Zwangslage durch eigenes Verschulden selbst herbeigeführt hat, was auch der Fall ist, wenn er mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in schuldhaft vorwerfbarer Weise zu lange zugewartet hat (vgl. VG Berlin, B.v. 25.8.2020 – 12 L 236/20 – juris Rn. 18; BayVGH, B.v. 1.8.2002 – 21 CE 02.950 – juris Rn. 7).
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Eine solche Situation ist vorliegend gegeben. Aus der Verfahrenshistorie sowie dem Antragsvorbringen ergibt sich, dass die Antragstellerin mit dem vorliegend gestellten Antrag so lange zugewartet hat, bis die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs über die Beschwerde des damaligen Antragstellers gegen den Beschluss der Kammer vom 3. Mai 2023 (M 10 E 23.1929) nach ihren eigenen Worten „unmittelbar bevorstand“, obwohl es ihr möglich und zumutbar war, diesen Antrag bereits zeitnah nach Ablauf der gegenüber der Präsidentin des Amtsgerichts München gesetzten Frist vom 4. Mai 2023 zu stellen. Diese prozesstaktische Vorgehensweise zielt erkennbar darauf ab, die Kammer unter erheblichen zeitlichen Entscheidungsdruck zu setzen und damit zugleich eine verantwortbare Sachprüfung zu erschweren. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin eine unzureichende Anonymisierung des streitbefangenen Strafbefehls durch das Amtsgericht München geltend macht, während sie zugleich davon absieht, der Kammer die beabsichtigte anonymisierte Fassung des Strafbefehls vorzulegen und so eine beschleunigte Nachprüfung der sachlichen Einwände gegen die Anonymisierung zu ermöglichen. Auch wenn es dem Gericht über die Vorlage der einschlägigen Verfahrensvorgänge des Amtsgericht München möglich ist, die Einwände der Antragstellerin nachzuprüfen (insbesondere auch unter Ausschluss der Kenntnisnahme des Beigeladenen vom Inhalt des Strafbefehls zum jetzigen Zeitpunkt), ist dies mit weiterem Zeitverlust verbunden, was der Antragstellerin auch bewusst sein dürfte. Im Ergebnis widerlegt sich damit die Antragstellerin selbst, wenn sie die gerichtsseitige Prüfung ihrer Einwände gegen die aus ihrer Sicht unzureichende Anonymisierung des Strafbefehls mehr als sieben Wochen hinauszögert und nun die besondere Dringlichkeit ihrer Eingabe geltend macht, nachdem sie erfahren hat, dass die Beschwerdeentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gegen den Beschluss der Kammer vom 3. Mai 2023 unmittelbar bevorstand.
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b) Die Antragstellerin hat auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
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Nach dem Antragsvorbringen steht der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner kein Anspruch auf Unterlassung zu, dass dieser dem Beigeladenen gem. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG eine anonymisierte Abschrift des Strafbefehls vom 19. Mai 2020 im Verfahren 1123 Cs 313 Js 142804/20 übermittelt.
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a) Gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG hat die Presse gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft. Die Auskunft darf nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht (Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayPrG). Verschwiegenheitspflichten können nicht nur aus (generellen) „Geheimhaltungsvorschriften“ folgen. Grenzen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs können sich auch ergeben, wenn die Beantwortung einer Anfrage Grundrechte Dritter, etwa das allgemeine Persönlichkeitsrecht, berührt. In einem solchen Fall sind die widerstreitenden Grundrechtspositionen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen und abzuwägen, ob dem verfassungsrechtlich aufgrund der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gewährleisteten Informationsinteresse oder dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht der Vorzug zu geben ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 7 CE 21.1531 – juris Rn. 11 m.w.N.).
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b) Unter Berücksichtigung der einfach- und verfassungsrechtlichen Maßgaben hat der Antragsgegner die Herausgabe einer anonymisierten Version des Strafbefehls vom 19. Mai 2020 an den Beigeladenen nicht zu unterlassen. Der Beigeladene ist als Redakteur aktivlegitimiert im Hinblick auf den presserechtlichen Auskunftsanspruch, § 4 Abs. 1 Satz 2 BayPrG. Er hat den presserechtlichen Auskunftsanspruch jedenfalls auch gegenüber der Direktorin des Amtsgerichts München und damit der Behördenleitung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayPrG geltend gemacht. Die Kammer hat das Auskunftsbegehren des Beigeladenen in der Sache auch bereits bestätigt, wenn auch bislang nur unter Berücksichtigung der geltend gemachten Rechte des damaligen Antragstellers (VG München, B.v. 3.5.2023 – M 10 E 23.1929 – juris). Die Herausgabe des Strafbefehls an den Beigeladenen hat vorliegend auch nicht gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG unter Berücksichtigung des geltend gemachten Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Antragstellerin zu unterbleiben.
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Der pauschale Verweis der Antragstellerin auf ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht, das als solches in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (vgl. etwa OLG Hamm, U.v. 30.3.2023 – I-4 U 130/21, 4 U 130/21 – juris Rn. 80; KG Berlin, U.v. 21.12.2020 – 10 U 59/19 – juris Rn. 67; die grundrechtliche Fundierung in Abgrenzung zu Art. 12 und Art. 14 GG offenlassend: BVerfG, B.v. 8.9.2010 – 1 BvR 1890/08 – juris Rn. 25), ist nicht ausreichend, einen Anordnungsanspruch gerichtet auf Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG zu begründen. Unabhängig von der Frage, ob die das Anordnungsbegehren stützenden schriftsätzlichen Ausführungen überhaupt geeignet sind, einen Unterlassungsanspruch gerichtet gegen die Herausgabe des Strafbefehls zu tragen, weil sie in der Sache lediglich auf eine umfassendere Anonymisierung des Strafbefehls abzielen (vgl. dazu aus der bayerischen Rechtsprechung auch LG München I, B.v. 1.6.2021 – 7 O 14276/20 = GRUR-RS 2021, 19818), wird eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Antragstellerin lediglich behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt. Da dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht aufgrund der fehlenden grundrechtlichen Fundierung auf Art. 1 Abs. 1 GG tendenziell eine geringere Schutzwirkung als dem Persönlichkeitsrecht einer natürlichen Person zukommt (KG Berlin, U.v. 21.12.2020 – 10 U 59/19 – juris Rn. 68), wären seitens der Antragstellerin substantiierte Darlegungen dazu erforderlich gewesen, wie und warum in welche konkreten schützenswerten Belange der Antragstellerin durch die Veröffentlichung des Strafbefehls eingegriffen würde (vgl. etwa zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen: VG Ansbach, B.v. 12.10.2016 – AN 5 S 16.01749 – juris Rn. 35 ff.) und warum diesen der Vorrang vor der grundrechtlich geschützten Pressefreiheit des Beigeladenen zukommen soll. Die Antragstellerin setzt sich insofern auch in keiner Weise mit der Pressefreiheit des Beigeladenen bzw. dem bestehenden grundsätzlichen öffentlichen Interesse und dem Gegenwartsbezug des Rechercheansatzes des Beigeladenen auseinander (vgl. dazu bereits VG München, B.v. 3.5.2023 – M 10 E 23.1929 – juris Rn. 39). Diese Darlegungsanforderungen für die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs hat die Antragstellerin vorliegend verfehlt, da sich ihr schriftsätzliches Vorbringen einerseits weitgehend in der Referierung abstrakter Rechtssätze erschöpft und andererseits lediglich eine aus ihrer Sicht unzureichende Anonymisierung des Strafbefehls moniert. Abgesehen davon, dass es ihr ohne weiteres möglich gewesen wäre, ein weitergehendes isoliertes Schwärzungsbegehren im Strafbefehl rechtzeitig gerichtlich durchzusetzen (vgl. LG München I, B.v. 1.6.2021 – 7 O 14276/20 = GRUR-RS 2021, 19818; vgl. allg. zu den datenschutzrechtlichen Anforderungen bezüglich der Anonymisierung von Gerichtsentscheidungen: VG Stuttgart, U.v. 31.3.2022 – 1 K 6043/20 – juris Rn. 23 ff.), zeigt sie damit nicht auf, dass die Herausgabe des anonymisierten Strafbefehls aufgrund Überwiegen ihrer eigenen Rechtspositionen presserechtlich unzulässig wäre. Der Verweis auf die zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe (B.v. 1.4.2020 – 2 VAs 1/20 – juris Rn. 28) bzw. des Verwaltungsgerichts Leipzig (U.v. 18.5.2016 – 1 K 1720/14 – juris) ersetzt keine substantiierte Darlegung der Eingriffsqualität in das geltend gemachte Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin, da insbesondere der Hintergrund des zitierten Urteils des Verwaltungsgerichts Leipzig – dort ging es um das allgemeine Persönlichkeitsrecht natürlicher Personen – nicht mit der vorliegenden Fallkonstellation vergleichbar ist.
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Unbehelflich ist schließlich auch der Verweis auf die Rechte der ihr verbundenen Unternehmen bzw. die Persönlichkeitsrechte der „anderweitig Verfolgten“, da hiermit entsprechend dem Erfordernis des § 42 Abs. 2 VwGO keine Verletzung eigener Rechte dargelegt wird. Die Geltendmachung fremder Rechte in Prozessstandschaft sieht das einstweilige Anordnungsverfahren nicht vor (vgl. Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn. 69).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten billigerweise selbst; er hat keinen Sachantrag gestellt und sich mithin keinem Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von 2013. Da mit der Entscheidung eine Vorwegnahme der Hauptsache verbunden ist, wird der Streitwert auf die Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts angehoben.