Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 26.01.2023 – RO 2 K 19.42
Titel:

Gemeindeklage gegen bergrechtlichen Abschlussbetriebsplan – Präklusion

Normenketten:
BBergG § 48 Abs. 2, § 54 Abs. 2
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 6
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 28 Abs. 2 S. 1
BayWG Art. 22 Abs. 1 Nr. 3
VwGO § 42 Abs. 2, § 87b Abs. 3 S. 3
Leitsätze:
1. Ein Verstoß gegen die durch § 6 UmwRG dem Kläger auferlegte Obliegenheit führt zur Unbegründetheit der Klage. Die innerprozessuale Präklusion nach § 6 S. 2 UmwRG tritt als zwingende Rechtsfolge kraft Gesetzes ein und hängt nicht von einer richterlichen Ermessensentscheidung ab. Sie steht damit nicht zur Disposition des Gerichts; das Gericht ist durch die Vorschrift gehindert, verspätetes Vorbringen zuzulassen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Klagebegründung muss sich mit den Gründen einer streitgegenständlichen Zulassung insbesondere auch im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der Einwendungen im Verwaltungsverfahren auseinandersetzen und im Fall eines Individualklägers alle Tatsachen benennen, die aus seiner Sicht zu seiner unmittelbaren Betroffenheit oder zu einer adressatengleichen Beeinträchtigung seiner rechtlich geschützten Belange führen. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die gerichtliche Auswertung und Durchdringung von in den Akten befindlichen Gutachten oder Stellungnahmen nach Schlüssigkeit oder methodischen Fehlern kann nicht ohne Substantiierungsleistung des Klägers ergehen. Denn zur „ungefragten Fehlersuche“ ist das Gericht auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 6 UmwRG nicht verpflichtet. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zulassung eines bergrechtlichen Abschlussbetriebsplans, Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden, innerprozessuale Präklusion, Klagebegründung, Vorlage des angefochtenen Bescheids, ungefragte Fehlersuche, Bagatellvorbehalt, Verfahrensverzögerung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 17010

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.    Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe  leistet. 

Tatbestand

1
Der Kläger, eine Gemeinde, wendet sich gegen die Zulassung eines bergrechtlichen Abschlussbetriebsplans.
2
Auf dem Gemeindegebiet des Klägers fand in den vergangenen Jahrhunderten Bergbau statt, bei dem Blei gewonnen wurde. Belegt ist ein sog. Uraltbergbau, wonach spätestens seit dem 15. Jahrhundert auf der F.er Lagerstätte in nennenswertem Umfang Bergbau betrieben wurde. Nach den vorliegenden Unterlagen ist aus dieser Zeit ein Bergbau belegt, der in Form von dicht nebeneinander abgeteuften Schächten und Kurzstrecken erfolgt und als Tagebau bzw. Pingenbau zu kennzeichnen sei. Eine genaue Zuweisung der durch diesen Bergbau beeinflussten Bereiche ist nach den vorliegenden Gutachten nicht möglich, da entsprechende Kartierungen fehlen. Angenommen wird ein einfacher und oberflächennaher Bergbau bis zum Erreichen einer Teufe von rund 20 m.
3
Im Sommer 1877 begann mit dem Einrichten der sog. „Grube V.“ die industrielle Bleierzgewinnung im Raum F. im Bereich der Lagerstätte. Im Jahr 1878 wurde die Berechtsame an die englische „… co. Limited“ verkauft, die ab 1881 einen kontinuierlichen Grubenbetrieb bis zur Aufgabe im September 1890 führte. Die Grube V. erschloss zuletzt über drei Hauptschächte (Schächte I, II und III) auch tiefere Lagerstättenteile bis in eine Teufe von etwa 100 m. Ende 1890 erfolgte die Stilllegung des Betriebs, danach ruhte der Bergbau. Der Bergbau wurde verschlossen, die Zechengebäude wurden abgerissen.
4
Im Anschluss an das „Gesetz über die Übertragung der Verwaltung und Ausbeutung des staatlichen Bergwerks-, Hütten- und Salinenbesitzes an eine Aktiengesellschaft“ vom 1.4.1927 errichtete der Freistaat Bayern die Bayerische Berg-, Hütten- und Salzwerke AG (im Folgenden: B. AG) und übertrug dieser mit Vertrag vom 23.4.1927 die Verwaltung und Ausbeutung des Staatlichen Bergwerks-, Hütten- und Salinenbesitzes. Am Standort des Bleierzbergwerks „F.“ wurden ab dem Jahr 1936 im Auftrag des Deutschen Reiches durch die B. AG umfangreiche Erkundungsarbeiten mit dem Ziel ausgeführt, die Abbauwürdigkeit der Bleierzlagerstätte zu bewerten (nachfolgend „Bergwerk F.“, „Erkundungsbergwerk F.“, „Grube F.“). Im Verlauf der Arbeiten wurde ein neuer Schacht (Versuchsschacht, Abteufbeginn im Juli 1940) geteuft, zahlreiche alte Grubenbaue aufgewältigt (z.B. Schächte I und III) und Untersuchungsstrecken auf alten Solen neu aufgefahren, insbesondere in nördlicher Richtung. Ein planmäßiger Erzabbau fand jedoch nicht statt. Das Bergwerkseigentum wurde im Jahr 1937 dem Freistaat Bayern verliehen. Nach einem Abschlussbericht der Betriebsleitung über den Aufschluss und die Untersuchung der Bleierzlagerstätte von F. vom 31.8.1945 („Bericht H.“) wurden ausgehend von Solen der Grube V. 12 Schürfschächte niedergebracht. Nach diesem Bericht wurde zur Ableitung der Betriebs- und Grubenabwasser eine Kanalisationsanlage geschaffen und durch einen rund 1000 m langen verrohrten Abwasserkanal mit dem R.bach verbunden. Die B.-Generaldirektion bat den Landrat von A. um die Genehmigung zur Einleitung der Wässer, eine behördliche Genehmigung der Einleitung ist jedoch nicht bekannt.
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Die bergbaulichen Erkundungsarbeiten kamen im April/Mai 1945 bei bevorstehendem Kriegsende zum Erliegen und sämtliche Grubenbaue waren bis September 1945 vollständig abgesoffen. Nach dem Krieg gab es Ende der 1950er bzw. Anfang der 1960er Jahre noch einmal Überlegungen, das Bergwerk aufzuwältigen, es kam in diesem Zusammenhang jedoch zu keinen Abbautätigkeiten. In diesem Zeitraum wurde die Tagesoberfläche des Bergwerksgeländes offenbar noch bewirtschaftet (z.B. Einebnen von Pingenfeldern, Schachtverfüllungen etc.), während anschließend ab Ende der 1960er Jahre nur noch mehr oder weniger regelmäßige Standortbefahrungen stattfanden. Bei entsprechender Notwendigkeit wurden kleinere Instandhaltungsarbeiten und Tagesbruchverfüllungen ausgeführt. Die bis dahin noch verbliebenen Tagesanlagen am Versuchsschacht wurden im Jahr 1985 auf Grundlage eines Betriebsplans zurückgebaut. Dabei wurde auch der Versuchsschacht mit Bauschutt der Rückbaumaßnahmen verfüllt und anschließend abgedeckt.
6
Die Beigeladene ist Rechtsnachfolgerin der B. AG. Alleiniger Inhaber der B. AG war bis Mitte 1991 der Freistaat Bayern. Im Jahre 1991 erwarb die S. AG die B. AG. Die B. AG wurde sodann 1997 auf die S. AG verschmolzen. Im Jahr 2001 wurde die S. AG auf die E. GmbH verschmolzen, diese trägt heute den im Rubrum aufgeführten Firmennamen.
7
Der ehemalige Bleierzbergbau mit den Gruben „V.“ bzw. „F.“ sowie den Flächen des Uraltbergbaus befindet sich im Südosten des Hauptortes des Klägers und erstreckt sich dort etwa in Nord-Süd-Richtung in einem Bereich von rund 2,2 km Länge und bis zu 0,5 km Breite. Im nördlichen Bereich des ehemaligen Abbaugebietes verläuft der sog. R.bach, ein Gewässer 3. Ordnung, für den der Kläger nach Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 BayWG unterhaltspflichtig ist. Der Kläger ist auch Eigentümer des Gewässergrundstücks (FlNr. 1. der Gemarkung T.*).
8
Im Jahr 2005 wurde dem Wasserwirtschaftsamt A. durch ein Forschungsvorhaben bekannt, dass im Bereich des früheren Bleierzbergbaues F. Wasser in den R.bach ablaufe, das einen Bleiwert von 1400 µg/l aufwies. Dies sei sehr hoch, der Sanierungsschwellenwert im Grundwasser betrage 100 µg/l. Nachfolgend mahnte das Bergamt Nordbayern die Vorlage eines Abschlussbetriebsplanes bei der Beigeladenen an.
9
Mit Bescheid vom 4.7.2007 ordnete das Bergamt gegenüber der Beigeladenen an, für die Tagesöffnungen des Bleierzbergwerkes F. und für die potenziellen Verbruchbereiche im Einwirkungsbereich des Bergwerkes eine Gefährdungsbeurteilung für das Schutzgut Mensch durchzuführen. Des Weiteren sei für den Bereich des ehemaligen Betriebsgeländes des Bleierzbergwerkes F. einschließlich der Ableitung des aus dem Versuchsschacht zutage fließenden Grubenwassers eine Gefährdungsbeurteilung für die Schutzgüter Gewässer und Boden durchzuführen. Die Beigeladene ließ hiergegen Klage erheben. Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 27.11.2008 wurde der Bescheid vom 4.7.2007 aufgehoben (Az. RO 2 K 07.1082). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil sich die alleinige Inanspruchnahme der Beigeladenen im Hinblick auf die Störerauswahl als ermessensfehlerhaft erweise. Als verantwortliche Person komme auch der Freistaat Bayern in Betracht. Unbeschadet dessen würden sich die getroffenen Anordnungen teils auch als unbestimmt und nicht vollstreckbar erweisen, teils fehle es an einer Rechtsgrundlage. Das Gericht unterstellte dabei die von der Beigeladenen bestrittene Frage, dass die Beigeladene als Störerin in Anspruch genommen werden könne.
10
Nachfolgend beauftragte die Immobilien Freistaat Bayern die T. I. GmbH mit der Begutachtung der Gefährdungslage für die Schutzgüter Mensch, Boden und Wasser anhand einer geotechnischen-markscheiderischen Untersuchung und einer historischen Erkundung. Im Abschlussbericht vom 30.6.2011 kommt die T. I. GmbH zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die von der Bergbaufläche über das Grundwasser bzw. über Gräben und eine Direkteinleitung aus dem Versuchsschacht in den Vorfluter R.bach gelangenden Bleifrachten deutlich oberhalb der hier maßgebenden regionalen Hintergrundbelastung und der relevanten Grenzwerte lägen. Hier sei in Verbindung mit den Anforderungen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie eine Zustandsverbesserung zu erreichen. Gefährdungen für den Menschen gingen insbesondere von einem Direktkontakt mit den auf der ehemaligen Betriebsfläche vorhandenen bleihaltigen Haldensanden aus. Da die Haldensande auch ursächlich für die Bleifracht in die Vorflut seien, seien hier Abwehrmaßnahmen zu bevorzugen, die eine umfassende Wirkung auf beide Schutzgüter entfalteten. Die Standsicherheit der Tagesoberfläche sei im Bereich des alten Bergbauschachtes III derzeit nicht gegeben, so dass dieser gesichert werden müsse. Weitere bestehende Risiken aus dem Altbergbau könnten durch vergleichsweise einfache Schutzmaßnahmen (z.B. Einzäunen der relevanten Standorte Schacht I und Schacht II) behoben werden.
11
Im Rahmen eines Erweiterungsgutachtens vom 31.10.2011 führt die T. I. GmbH zusammenfassend aus, dass am Standort F. eine enge Verzahnung der unterschiedlichen Bergbauperioden vorliege und eine entsprechende Aufteilung der Einflüsse zumeist nur qualitativ bzw. halbqualitativ erfolgen könne. Entsprechend ließen sich die konkreten Verursachungsbeiträge der einzelnen Bergbauperioden an den bestehenden Gefährdungen nicht immer scharf voneinander abgrenzen. Dies werde insbesondere beim durch die Grube F. angelegten Versuchsschacht deutlich, über den stark bleihaltige Grubenwässer gelöst würden und in die Vorflut gelangten, die ihre Bleifracht durch Kontakt mit den durch die Grube V. abgelagerten bleihaltigen Haldensanden erhalten hätten. Nur in wenigen Teilbereichen (z.B. Standsicherheit der Tagesoberfläche im Bereich von Tagesöffnungen) sei eine eindeutige Zuordnung der Verursachung möglich. Weiter kommt die T. I. GmbH in einem Nebengutachten vom 17.2.2012 (Fassung v. 27.7.2012) u.a. zu dem Fazit, dass die bisher getroffenen Maßnahmen im Hinblick auf die Anforderungen an einen geregelten Abschluss der Bergwerkstätigkeit zum Schutz der Tagesoberfläche und der Gesundheit Dritter Defizite aufweisen würden. Die nach 1945 durchgeführten Sanierungs- bzw. Rückbaumaßnahmen der B. AG seien nachweislich nicht auf die Einrichtung des Bergwerks F. beschränkt gewesen. Bei Aufnahme der Tätigkeit der B. AG seien auch die Hinterlassenschaften des alten Bergbaus zum Teil noch betrieblich mitgenutzt worden (z.B. Schächte I und III zur Wasserlösung beim Abteufen des Versuchsschachtes).
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Mit Schreiben vom 25.11.2015 legte die Beigeladene dem Bergamt Nordbayern einen Abschlussbetriebsplan vom 16.11.2015, aufgestellt vom Ingenieurbüro G., …, zum Zwecke der Zulassung vor. Die technischen Maßnahmen zum Betriebsabschluss sehen im Wesentlichen die dauerstandsichere Verwahrung der Schächte I bis III, die Erkundung und bedarfsweise Verwahrung der Überhauen, die Rekultivierung vegetationsfreier Flächen auf der Halde am Schacht III sowie die Sanierung der Grubenwasserleitung und die Offenlegung des Altarm-Oberlaufs im Bereich der Halde am Versuchsschacht vor. Zur Grubenwasserleitung wird ausgeführt, Abflussmessungen am Versuchsschacht und am Auslauf der Grubenwasserleitung hätten ergeben, dass die Leitung offenbar zusätzliche Wassermengen über Undichtigkeiten oder bisher nicht bekannte Zuläufe aufnehme. Die Leitung solle daher saniert und möglicherweise bestehende Zuläufe abgedämmt werden. Vorgesehen sei entweder ein Ersatzneubau in der bestehenden Trasse in offener Bauweise oder alternativ eine Sanierung durch den Einbau eines thermisch oder mit UV-Licht auszuhärtenden Kunststoffschlauchs, einem sog. Inliner.
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Im weiteren Verfahren legte die Beigeladene eine gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigenbüros Dr. S. vom 9.1.2018 vor. Darin wird abschließend ausgeführt, dass die örtlichen geologischen, hydrogeologischen, wasserwirtschaftlichen und Umweltverhältnisse im untersuchten Bereich auf Grund der vielfältigen bergbaulichen Aktivitäten und Wechselwirkungen äußerst komplex seien. Aus Sicht des Gutachters sei jedoch die derzeitige Situation insofern günstig zu bewerten, als durch den Versuchsschacht die bleibelasteten Grundwässer kontrolliert abgeführt würden, die ansonsten in nicht vorhersehbarer Weise im Bereich der Aue des R.baches oberflächlich austreten und zu Folgeproblemen durch zunehmende Versumpfung führen würden. Ferner werde durch den Abfluss aus dem Versuchsschacht vermutlich der Grundwasserspiegel im Bereich des Bergwerksgeländes abgesenkt. Bei einem evtl. Stilllegen des Schachtes und nachfolgendem Anstieg des Grundwassers könnten unter Umständen historische Verfüllungen mit Haldensanden (z.B. Pingenverfüllungen der Grube V.*) verstärkt vom Grundwasser durchströmt werden und so zu einer Verschlechterung der Situation beitragen. Ungeachtet evtl. Maßnahmen zur Verbesserung der Belastungssituation sollen aus Sicht des Gutachters an den derzeitigen hydraulischen Verhältnissen möglichst keine Eingriffe erfolgen.
14
Mit Bescheid des Bergamts vom 5.12.2018 wurde der Abschlussbetriebsplan unter Nebenbestimmungen zugelassen. Mit der Abschlussbetriebsplanzulassung wurde gleichzeitig die gemäß Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 39 Abs. 4 des Bayerischen Waldgesetzes erforderliche Gestattung der Beseitigung von Wald zu Gunsten einer anderen Bodennutzungsart für die Durchführung der Abschlussmaßnahmen erteilt. In den Gründen wird u.a. ausgeführt, die Zulassung diene im Rahmen der endgültigen Einstellung des Betriebes der abschließenden Sicherung und Wiedernutzbarmachung der Tagesoberfläche im Bereich des ehemaligen Bleierz-Erkundungsbergwerks F. Die Beigeladene sei als Rechtsnachfolgerin nur für solche Tätigkeiten und Einrichtungen verantwortlich, die der B. AG in Bezug auf ihren Bergbaubetrieb F. zuzurechnen seien. Hierzu gehörten weder das 1890 eingestellte Bleierzbergwerk V. (Altbergbau) noch der ältere Bergbau (Uraltbergbau). In bergrechtlicher Hinsicht seien die Hinterlassenschaften des Alt- und Uraltbergbaus keine Bergbaubetriebe, da hierfür die Bergaufsicht nicht mehr bestehe. Hinsichtlich der Hinterlassenschaften des Alt- und Uraltbergbaus obliege die Gewässeraufsicht anderen Behörden. Eine neben der Betriebsplanzulassung zu erteilende wasserrechtliche Gestattung sei nicht erforderlich. Soweit im Verfahren auf die starke Bleibelastung des Grubenwassers hingewiesen und eine Abreinigung der Grubenwässer bzw. eine Reduktion der Bleigehalte gefordert worden sei, könne der Forderung nach Ergänzung des Betriebsplans um Möglichkeiten der Reduzierung der Bleigehalte im Grubenwasser nicht entsprochen werden, da es an einem relevanten Verursachungsbeitrag des Bleierz-Erkundungsbergwerks F. an der Bleibelastung fehle. Sollte im Hinblick auf das Bleiinventar der alten Bergbauhalden Handlungsbedarf bestehen, falle dies nicht in die Zuständigkeit der Bergbehörde, sondern in die Zuständigkeit der Kreisverwaltungsbehörde.
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Gegen den auch dem Kläger zugesandten Bescheid (nach einem Vermerk in den Akten zur Post gegeben am 7.12.2018) ließ der Kläger am 8.1.2019 Klage erheben. Die Klage diene vorerst der Fristwahrung. Einen konkreten Antrag enthielt die Klageschrift nicht. Der angefochtene Bescheid wurde in Kopie beigefügt.
16
Mit am 4.10.2019 eingegangenem Schriftsatz wurde die Klage begründet und ein konkreter Antrag gestellt. Es wird zusammengefasst vorgebracht, der Kläger sei Eigentümer des Gewässergrundstückes FlNr. 1. der Gemarkung T., über das bleihaltiges Grubenwasser aus dem Bergwerksgelände der „Grube F.“ mittels einer verrohrten Kanalleitung in den R.bach eingeleitet werde. Infolge der Undichtigkeit dieser Rohrleitung gelange auch unkontrolliert aus dem gesamten Bergbaugebiet der Leitung zufließendes bleibelastetes Grundwasser aus Herkunftsbereichen früherer Bergbautätigkeit in den R.bach. Auch über Entwässerungsgräben werde bleibelastetes Wasser aus dem Bergbaugebiet unmittelbar in den R.bach eingeleitet. Der R.bach sei ein Gewässer dritter Ordnung, wofür der Kläger Träger der allgemeinen Unterhaltungslast im Gemeindegebiet (Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 BayWG) sei. Dies stelle eine Pflichtaufgabe der Gemeinde im eigenen Wirkungskreis dar (Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 BayWG). Der Kläger habe im bergwerkrechtlichen Verfahren mit Schreiben vom 5.4.2016 und 16.12.2016 Einwendungen gegen den vorgelegten Abschlussbetriebsplan vom 16.11.2015 erhoben. Der Kläger wende sich gegen die Beschränkung der Sanierungsmaßnahmen des Abschlussbetriebsplans auf die darin enthaltenen Teilmaßnahmen. Er bestehe auf einer umfassenden Sanierung des gesamten Bergwerksgeländes gemäß den vorgeschlagenen Maßnahmen des Erweiterungsgutachtens der T. I. GmbH vom 31.10.2011 und des Nebengutachtens vom 27.7.2012. Die Beigeladene sei auch für Verursachungsbeiträge aus den Hinterlassenschaften des Altbergbaus und des Uraltbergbaus verantwortlich, u.a. wegen vorgenommener Sanierungen wie Umlagerungen von Haldensanden und Betriebstätigkeit im Bereich des Altbergbaus, die Verursachungsbeiträge seien auch kaum zu trennen. Mit dem Abschlussbetriebsplan wolle sich die Unternehmerin der Bleibelastungen ihrer ungereinigten Grubenwässer zu Lasten des Klägers entledigen. Die darin enthaltenen Schadstoffe würden im Bachbett des R.bachs abgelagert. Es lägen wasserrechtlich erlaubnispflichtige Benutzungstatbestände vor. Anstelle der Zulassung hätte der Beklagte eine Ergänzung des Abschlussbetriebsplans um die im T.-Nebengutachten vom 27.7.2012 als zwingend erforderlich vorgesehenen Maßnahmen zur Reduzierung der Bleifracht im R.bach fordern müssen. Auf die ausführliche Begründung, ergänzt mit Schriftsatz vom 17.7.2020, wird im Übrigen Bezug genommen.
17
Der Kläger beantragt,
1. Der Zulassungsbescheid Nr. 01/2018 „Bleierz-Erkundungsbergwerk F.
- Abschlussmaßnahmen“ des Beklagten vom 5.12.2018 wird aufgehoben.
2. Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, den Zulassungsbescheid vom 5.12.2018 durch folgende Auflagen zu ergänzen:
„Die über die sog. Kanalleitung vom Versuchsschacht auf das im Eigentum des Klägers stehende Gewässergrundstück FlNr. 1. der Gemarkung T. geleiteten Grubenwässer und die weiteren aus dem Bergwerksgelände der „Grube F.“ dorthin gelangenden bleihaltigen Wässer sind so zu reinigen, dass die nach den Vorgaben des Wasserwirtschaftsamtes W. als amtlichem Sachverständigen zulässigen Umweltqualitätsnormen nicht mehr überschritten werden.
Die über die sog. Kanalleitung vom Versuchsschacht in den R.bach gelangten und weiterhin gelangenden gewässerschädlichen Ablagerungen im Bachsediment des R.bachs im Geltungsbereich des Klägers sind vom Unternehmer auf eigene Kosten zu beseitigen, soweit sie nach den Vorgaben des Wasserwirtschaftsamtes W. als amtlichem Sachverständigen die geltenden Umweltqualitätsnormen überschreiten.
Für die weitere Einleitung von Grubenwässern aus dem Bergbaugebiet der „Grube F.“ wird dem Unternehmer die Sonderunterhaltungslast für den R.bach im Gemeindebereich des Klägers auferlegt.“
3. Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, über die Einwendungen des Klägers im Verfahren zur Aufstellung des Zulassungsbescheids vom 5.12.2018 zur Einleitung und Reinigung der bleihaltigen Grubenwässer aus der „Grube F.“ in den in der Unterhaltungslast des Klägers stehenden R.bach und zur Beseitigung hieraus stammender gewässerschädlicher Bachsedimente unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
18
Die Regierung der Oberpfalz, die die Vertretung des Beklagten angezeigt hat, beantragt,
die Klage abzuweisen.
19
Der Hauptantrag des Klägers sei bereits unzulässig. Im hypothetischen Falle des Erfolgs dieses Antrages sei die Zulassung des Abschlussbetriebsplanes zwar „aus der Welt“; bescheidsmäßige Maßnahmen des Wasserschutzes wären damit jedoch nicht getroffen. Die Bergaufsicht beziehe sich auf die betrieblichen Belange des Erkundungsbergwerks F., soweit sie (noch) unter Bergaufsicht stehen. Nicht der Bergaufsicht unterliegende Belange seien im Bedarfsfall außerbergrechtlich zu behandeln. Hinsichtlich des 1890 eingestellten Bergwerks V. und der davor älteren Bergwerke sei die Bergaufsicht seit langer Zeit beendet. Die ggf. erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren aus verlassenen Grubenbauen, die nicht mehr der Bergaufsicht unterliegen würden, seien nach allgemeinem Sicherheitsrecht zu regeln. Auch wenn die nach 1945 durchgeführten Sanierungs- und Rückbaumaßnahmen der B. AG nicht auf die Einrichtungen des Erkundungsbergwerks F. beschränkt gewesen seien, könne hieraus keine Verpflichtung der Beigeladenen nach dem Bundesberggesetz abgeleitet werden. Auf die ausführliche Klageerwiderung wird im Übrigen verwiesen.
20
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
21
Die B. AG sei nie Eigentümerin des Erkundungsbergwerks F., d.h. der Grubenfelder und der Bergwerksanlagen, gewesen. Das Bergwerkseigentum für die Erkundung der Bleierzlagerstätte sei im Jahr 1937 an den Freistaat Bayern verliehen worden, der auch heute noch Bergwerkseigentümer der Grubenfelder sei. Bei Annahme einer Unternehmereigenschaft der B. AG hinsichtlich des Bergwerks F. bestehe eine Verantwortung der Beigeladenen als Rechtsnachfolgerin der B. AG allein für das von der B. AG untersuchte Bergwerk F. und nicht auch für die Hinterlassenschaften des davon getrennten Uraltbergbaus bzw. des Bergbaus der Grube V. Die Bleifracht des R.bachs sei nicht Folge des Erkundungsbergbaus, sondern Folge der geogenen Bleierzlagerstätte und des früheren Uraltbergbaus und des Bergbaus der Grube V. Dies sei das Ergebnis der Gutachten des Ingenieurbüros T. GmbH, des Gutachtens des Sachverständigen Dr. S. vom 19.1.2018 und der behördlichen Bewertung durch das Bergamt Nordbayern. Auch das Landgericht A. habe auf Grundlage der gutachterlichen Erkenntnisse den geringen Verursachungsbeitrag des Erkundungsbergwerks F. als unwesentlich und nicht haftungsbegründend ausgeschlossen. Ein Beitrag des Erkundungsbergwerks F. durch Umlagerung bleihaltiger Haldensande werde bestritten. Letztlich komme es darauf nicht an, da auch nach Auffassung des Ingenieurbüros T. dieser Verursachungsbeitrag durch Abdeckungen von Flächen des Uraltbergbaus mit bleifreiem Abraum durch das Erkundungsbergwerk F. ausgeglichen werde. Aus der Ableitung der Grubenwässer über den Versuchsschacht des Erkundungsbergwerks F. in den R.bach ergebe sich kein erhöhter Anteil des Erkundungsbergwerks F. an der Bleifracht des R.baches. Die bleihaltigen Grubenwässer würden dem R.bach ohne Austrittsmöglichkeit am Versuchsschacht in gleicher Menge über den Grundwasserabfluss zuströmen. In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig. Der Klagevortrag sei insgesamt verspätet und damit auf Grund der Präklusion nicht berücksichtigungsfähig, da die 10-Wochen-Frist des § 6 Satz 1 UmwRG nicht gewahrt worden sei. Bei der streitgegenständlichen Abschlussbetriebsplanzulassung handele es sich um eine Entscheidung i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG.
22
Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der 10-Wochen-Frist vorgebracht werden, seien gemäß § 6 Satz 2 UmwRG nur zuzulassen, wenn die Verspätung entschuldigt sei. Entsprechendes sei nicht vorgetragen. Auf die Frage, ob eine Zulassung verspäteten Vorbringens das Verfahren konkret verzögere, komme es nicht an. Zudem sei der Kläger durch die Abschlussbetriebsplanzulassung nicht in eigenen Rechten verletzt. Die Gewässerunterhaltungspflicht des Klägers aus § 40 Abs. 1 Satz 1 WHG i.V.m. Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 BayWG stelle eine Pflicht in Abgrenzung zu einem Recht dar. Drittgeschützte Rechte resultierten aus der Pflicht nicht. Eine Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts sei nicht substantiiert vorgetragen worden. Auf den grundgesetzlichen Eigentumsschutz könne sich der Kläger als Gemeinde nicht berufen. Der unbeeinflusste Anstieg von Grubenwasser aus einem Bergwerk nach Beendigung eines Aufsuchungs- oder Gewinnungsbetriebs und der Austritt von Grubenwasser an die Tagesoberfläche sei nach einhelliger Meinung auch keine zweckgerichtete und damit wasserrechtlich erlaubnispflichtige Benutzung i.S.d. § 9 WHG. Nichts Anderes ergebe sich aus der von dem Kläger angeführten Leitung zwischen dem Versuchsschacht und dem R.bach. Eine Reduzierung der Bleilast im R.bach möge wünschenswert sein. Sie sei aber nicht Aufgabe der Beigeladenen. Auf die ausführliche Klageerwiderung wird im Übrigen Bezug genommen.
23
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auf die vorgelegten Behördenvorgänge sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Die Gerichtsakte aus dem Verfahren RO 2 K 07.1082 sowie die in diesem Verfahren vorgelegten Behördenakten wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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1. Die Klage ist zulässig.
26
a) Der Kläger ist insbesondere klagebefugt. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist eine Klage nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Verletzung eigener Rechte muss nach ständiger Rechtsprechung auf der Grundlage des Klagevorbringens zumindest als möglich erscheinen (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 5.3.2019 – 7 B 3.18 – juris Rn. 8). Dabei ist auch bei Klagen von Kommunen anerkannt, dass sich eine Kommune weder zum Kontrolleur anderer staatlicher Behörden in Bezug auf die Wahrung des objektiven öffentlichen Rechts aufschwingen noch als Sachwalter des Gemeinwohls Belange ihrer Bürger vertreten kann (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 23.6.2022 – 7 C 1/21 – juris Rn. 20 m.w.N.).
27
Vorliegend erscheint es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Kläger in seinem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht, das den Gemeinden das Recht gibt, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung selbst zu regeln, verletzt wird. Es spricht insoweit zumindest viel dafür, dass die die Zulassung des Abschlussbetriebsplans regelnden Vorschriften – sei es z.B. § 54 Abs. 2 oder § 48 Abs. 2 Bundesberggesetz (BBergG) – hinsichtlich des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts grundsätzlich Drittschutz vermitteln (vgl. BVerwG, B.v. 15.7.1994 – 4 B 102/94 – juris Rn. 10).
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Die durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung umfasst nach ständiger Rechtsprechung den Schutz der Planungshoheit, die Funktionsfähigkeit kommunaler Einrichtungen und das Selbstgestaltungsrecht der Gemeinde. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Planungshoheit kommt nur dann in Betracht, wenn durch das zugelassene Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht. Das Vorhaben darf ferner von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbauen. Eine Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts mit Bezug auf den Betrieb kommunaler Einrichtungen kommt in Betracht, wenn solche Einrichtungen durch das Vorhaben in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigt werden. Aus dem Selbstgestaltungsrecht erwachsen einer Gemeinde Abwehransprüche allenfalls dann, wenn die Gemeinde durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 23.3.2022 – 7 C 1/21 – juris Rn. 11 m.w.N.). Eine in diesem Sinne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der kommunalen Planungshoheit ist weder vorgebracht noch ersichtlich. Auch eine mögliche erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit kommunaler Einrichtungen ergibt sich nicht, insbesondere ergibt sich aus den vorliegenden Gutachten, dass die kommunale Trinkwasserversorgung nicht gefährdet ist, nachdem das Grundwasservorkommen, das dafür genutzt wird, nach den vorliegenden Gutachten von den Bleibelastungen des Grundwassers im Bereich des früheren Bergbaus wohl eindeutig nicht nachteilig betroffen ist. Auch das gemeindliche Selbstgestaltungsrecht ist ersichtlich nicht verletzt.
29
Neben diesen – hier nicht einschlägigen – Ausprägungen des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts erscheint vorliegend aber eine Rechtsverletzung insoweit nicht von vornherein ausgeschlossen, als sich der Kläger auf die Rechtswidrigkeit der Einleitungen von bleibelastetem Grundwasser in den R.bach beruft und auch die Gefahr von Bleiablagerungen in den Bachsedimenten vorbringt. Denn der Kläger ist für den R.bach als Gewässer dritter Ordnung (vgl. Art. 2 Abs. 1 Bayerisches Wassergesetz – BayWG) nach Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 BayWG im Rahmen der eigenen Aufgaben unterhaltspflichtig, d.h. es handelt sich um eine Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis im Sinne des Art. 57 Gemeindeordnung. Aufgaben des eigenen Wirkungskreises sind dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden zugeordnet. Soweit sich eine Gemeinde gegen eine Beeinträchtigung oder Erschwerung dieser Aufgabenwahrnehmung wendet, nimmt sie eigene Rechte wahr (vgl. z.B. VG Ansbach U.v. 4.8.2016 – AN 9 K 15.961 – BeckRS 2016, 51448, Nr. 2.1 der Entscheidungsgründe). Zur Unterhaltungslast als öffentlich-rechtliche Verpflichtung gehört insoweit auch die Erhaltung des Gewässerbettes (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz – WHG) und die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers insbesondere als Lebensraum von wild lebenden Tieren und Pflanzen (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WHG). Soweit die Beigeladene insoweit in der mündlichen Verhandlung eingewendet hat, es sei schon nicht ausreichend substantiiert dazu vorgetragen worden, dass der Kläger seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommen könne – Kernargument sei nur, dass er ggf. mit Kosten belastet werde, was aber nicht entscheidend sei – so überzeugt das nicht. Dass die Bleibelastung des Wassers aus der Leitung vom Versuchsschacht sowie des aus dem ehemaligen Abbaugebiet in Richtung R.bach abfließenden Grundwassers in gewässerökologischer Hinsicht problematisch ist und Auswirkung auf Unterhaltungsmaßnahmen haben kann, ist zumindest nicht vornherein auszuschließen. Soweit hierdurch mit Kosten verbundener zusätzlicher Unterhaltungsaufwand entstehen kann, ist dies im Hinblick auf das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde nicht irrelevant, nachdem die Finanzhoheit, das heißt das Recht der Gemeinde, ihre Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines geordneten Haushaltswesens selbständig zu führen, ein Kernelement der kommunalen Selbstverwaltung ist.
30
Nach alledem erscheint eine Rechtsverletzung des Klägers nicht von vornherein und unter jedem denkbaren Gesichtspunkt ausgeschlossen.
31
b) Die Klage ist im Hauptantrag als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft. Das Gericht teilt nicht die Einwände des Beklagten gegen die Zulässigkeit des Hauptantrags, mit dem der Kläger die (isolierte) Aufhebung des Zulassungsbescheides verfolgt. Der Beklagte wendet insoweit ein, dass im Erfolgsfall bescheidsmäßige Maßnahmen des Wasserschutzes im Sinne des Klägers noch nicht getroffen wären und er mit der Anfechtung alleine daher sein Klageziel nicht erreichen könne.
32
Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BBergG dürfen bergbauliche Aufsuchungsbetriebe, Gewinnungsbetriebe und Betriebe zur Aufbereitung nur aufgrund von Plänen (Betriebsplänen) errichtet, geführt und eingestellt werden, die vom Unternehmer aufgestellt und von der zuständigen Behörde zugelassen worden sind. Auch die Zulassung eines Abschlussbetriebsplans hebt damit für die mit der Einstellung der Bergbautätigkeit verbundenen Maßnahmen ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt auf und erlaubt der Beigeladenen die im Abschlussbetriebsplan vorgesehenen Maßnahmen. Voraussetzung für die Zulassung ist, dass die vorgesehenen Maßnahmen ausreichend sicherstellen, dass die in § 55 Abs. 2 i.V.m.
33
Abs. 1 Nr. 2 bis 13 BBergG sowie in § 48 Abs. 2 BBergG genannten Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind, deren Nichteinhaltung der Kläger rügt. Es handelt sich demnach um eine typische Anfechtungssituation. Der Kläger macht geltend, dass die getroffenen Maßnahmen nicht ausreichend sind, um die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung zu erfüllen und dass dadurch seine Rechte verletzt werden. Es bestehen deshalb keine durchgreifenden Bedenken gegen die Zulässigkeit der (isolierten) Anfechtungsklage. Hinzu kommt, dass nach Durchführung des Abschlussbetriebsplanes die Bergaufsicht (vgl. § 69 Abs. 2 BBergG) endet.
34
2. Die Klage ist aber im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag unbegründet.
35
Der Kläger ist mit seinem Klagevortrag nach § 6 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) präkludiert.
36
Gemäß § 6 Satz 1 UmwRG hat eine Person (erfasst ist insoweit auch der Kläger als juristische Person, vgl. § 6 Satz 1 UmwRG i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG, § 61 Nr. 1 VwGO) innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung ihrer Klage gegen eine Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Bei dem streitgegenständlichen Bescheid handelt es sich um eine Entscheidung in diesem Sinne und die Klage wurde nicht innerhalb dieser Frist begründet. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind grundsätzlich nur zuzulassen, wenn die Verspätung genügend entschuldigt ist (§ 6 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Präklusion tritt nicht ein, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Klägers zu ermitteln (vgl. § 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO), was hier nicht eingreift. Ob eine Zulassung verspäteten Vorbringens das Verfahren verzögern würde, ist unerheblich (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 = juris Rn. 13).
37
Die Voraussetzungen der Präklusion sind vorliegend gegeben, deshalb sind die vom Kläger vorgebrachten Erklärungen und Beweismittel von Gesetzes wegen nicht mehr zuzulassen, sondern ausgeschlossen und können der Klage nicht mehr zum Erfolg verhelfen. Ein Verstoß gegen die durch § 6 UmwRG dem Kläger auferlegte Obliegenheit führt zur Unbegründetheit und nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Die innerprozessuale Präklusion nach § 6 Satz 2 UmwRG tritt als zwingende Rechtsfolge kraft Gesetzes ein und hängt nicht von einer richterlichen Ermessensentscheidung ab. Sie steht damit nicht zur Disposition des Gerichts; das Gericht ist durch die Vorschrift vielmehr gehindert, verspätetes Vorbringen zuzulassen (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2021 – 8 ZB 20.1873 – juris Rn. 20 m.w.N.; OVG Hamburg, U.v. 29.11.2019 – 1 E 23/18 – juris Rn. 137).
Im Einzelnen:
38
a) Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist vorliegend anzuwenden, da der angefochtene Bescheid eine Entscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG darstellt.
39
Danach ist das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz auf Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte anzuwenden, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden. Der vorliegend angefochtene Bescheid vom 5.12.2018 ist ein Verwaltungsakt, mit dem ein Vorhaben in diesem Sinne zugelassen wird.
40
Für den Vorhabensbegriff des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist nach dem Willen des Gesetzgebers die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) – jedoch ohne die dort enthaltene Bezugnahme auf die Anlage 1 zum UVPG – maßgeblich (vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 36; s.a. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 86. EL, April 2018, § 1 UmwRG Rn. 103). Der durch den Bescheid zugelassene Abschlussbetriebsplan zur Einstellung des Bleierz-Erkundungsbergwerks F. lässt Maßnahmen zu, die in der Summe zumindest ein Änderungsvorhaben im Sinne von § 2 Abs. 4 Nr. 2 UVPG darstellen. So sind technische Maßnahmen zum Betriebsabschluss wie die dauerstandsichere Verwahrung von Schächten durch Einbringung von mehreren hundert Kubikmetern zementhaltiger Verfüllungen in bis zu 100 m Tiefe, die Sanierung bzw. der Ersatzbau einer Wasserleitung vom Versuchsschacht zum R.bach zur Ableitung von Grubenwasser, die Offenlegung der Verrohrung eines Gewässers und die Rodung von Wald sowie die Rekultivierung der Halde am Schacht III durch Andeckung mit Oberboden vorgesehen (vgl. S. 23 bis 33 des zugelassenen Abschlussbetriebsplans). Es handelt sich damit jedenfalls um die Änderung bzw. um die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme nach § 2 Abs. 4 Nr. 2 c) UVPG (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 86. EL, April 2018, § 1 UmwRG Rn. 108).
41
Wir bereits vorstehend unter 1. b) ausgeführt, darf die Beigeladene als Rechtsnachfolgerin des Bergbautreibenden dieses Vorhaben erst umsetzen, wenn der Abschlussbetriebsplan nach § 55 Abs. 2 BBergG zugelassen ist. Es handelt sich dabei auch um eine Zulassungsentscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG (vgl. auch Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 1 UmwRG Rn. 35 und 109; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 29.7.2016 – OVG 11 N 137.12 – juris Rn. 18).
42
Das planfestgestellte Vorhaben wird auch nicht von einer anderen Nummer des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 2b UmwRG erfasst, da Abschlussbetriebspläne nicht der UVP-Pflicht oder einer Vorprüfungspflicht unterliegen, was unter den Parteien unstrittig ist (vgl. auch Nr. 15 der Anlage 1 zum UVPG und § 57c BBergG i.V.m. der UVP-V Bergbau).
43
Schließlich wird das Vorhaben „unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften“ zugelassen. Umweltbezogene Rechtsvorschriften sind nach § 1 Abs. 4 UmwRG Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 des Umweltinformationsgesetzes (Nr. 1) oder Faktoren im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 des Umweltinformationsgesetzes (Nr. 2) beziehen. Umweltbestandteile sind hiernach u.a. Luft, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume, die Artenvielfalt sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen. Faktoren sind u.a. Stoffe, die sich auf die Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken. „Unter Anwendung“ solcher Bestimmungen wird ein Vorhaben durch Verwaltungsakt zugelassen, wenn diese von der zuständigen Behörde zu prüfen waren, unabhängig davon, ob sie tatsächlich geprüft wurden (vgl. VG München, U.v. 17.5.2021 – M 8 K 19.6030 – juris Rn. 31; U.v. 6.5.2022 – M 2 K 20.3842 – juris Rn. 27). Dabei dürfen die Anforderungen an den notwendigen Umweltbezug nicht überspannt werden. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Umweltbezug bereits aus der gesetzlichen Überschrift oder ihrem ausdrücklichen Vorlaut ergibt oder der Umweltschutz Zweck der Bestimmung ist. Es dürfte vielmehr genügen, wenn die Bestimmungen wahrscheinlich unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen auf die Umwelt haben (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 1 UmwRG Rn. 161).
44
Zum Prüfungsmaßstab bei der Zulassung des Abschlussbetriebsplans gehört nach § 55 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 9 BBergG („gemeinschädliche Einwirkungen“, vgl. z.B. BVerwG, U.v. 9.11.1995 – 4 C 25/94), zumindest aber nach § 48 Abs. 2 BBergG (zur Anwendbarkeit auch auf den Abschlussbetriebsplan vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2005 – 7 C 26/03 – juris Rn. 20, 21) z.B. auch das Wasserrecht und das Bodenschutzrecht (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 14.4.2005. a.a.O.; OVG Münster, U.v. 18.11.2015 – 11 A 3048/11 – juris; OVG Saarland, U.v. 10.12.2019 – 2 A 185/18 – juris). Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG können auch Umweltbelange der Betriebsplanzulassung entgegengehalten werden (Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, a.a.O., § 1 UmwRG Rn. 163). Betroffen sind vorliegend durch die zugelassenen Maßnahmen in besonderer Weise die Umweltbestandteile Boden und Wasser. Mit dem Abschlussbetriebsplan wird auch die Rodung von Wald und die Rekultivierung von vegetationsfreien Flächen zugelassen, so dass sich die Maßnahmen auch auf die Umweltfaktoren Landschaft und natürliche Lebensräume oder auch die Artenvielfalt auswirken können und die insoweit einschlägigen Schutzvorschriften etwa des Wald- und Naturschutzrechts über § 48 Abs. 2 BBergG (bzw. § 55 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 9 BBergG) zu prüfen sind. Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gerade dagegen, dass bleihaltige Grubenwasser über Gräben und die Leitung vom Versuchsschacht in den R.bach eingeleitet werden, dies aber rechtlich nicht zulassungsfähig sei, weil das Wasser die einschlägigen Umweltqualitätsnormen nicht einhalte und deshalb das Vorhaben den Vorschriften zum Gewässerschutz nicht entspreche. Der Kläger beruft sich demnach selbst darauf, dass umweltbezogene Vorschriften anzuwenden sind.
45
Nach alledem handelt es sich vorliegend bei der Zulassung des Abschlussbetriebsplans mit Bescheid vom 5.12.2018 um eine Zulassungsentscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG (vgl. z.B. auch das Gutachten im Auftrag des Umweltbundesamts „Recht der Rohstoffgewinnung – Reformbausteine für eine Stärkung des Umwelt- und Ressourcenschutzes im Berg-, Abgrabungs- und Raumordnungsrecht – Instrumente zur umweltverträglichen Steuerung der Rohstoffgewinnung – INSTRO Abschlussbericht Teil 1, Seite 248; abrufbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-07-04-texte_71-2019_instro-1.pdf).
46
b) Der Kläger hat die zehnwöchige Begründungsfrist des § 6 UmwRG ab dem Zeitpunkt der Erhebung der Klage gegen den Zulassungsbescheid nicht eingehalten. Die Frist begann mit Erhebung der Klage nach § 81 Abs. 1 VwGO, d. h. mit Eingang der Klage beim Verwaltungsgericht am 9.1.2019, zu laufen und endete gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB mit dem 20.3.2019. Innerhalb dieser Frist erfolgte kein Tatsachenvortrag des Klägers. Es wurde bei Klageerhebung lediglich darauf hingewiesen, dass die Klage vorerst der Fristwahrung diene. Eine Klagebegründung, Anträge oder eine anderweitige Verdeutlichung des Klageziels und die Angabe von Umständen oder Tatsachen, die geltend gemacht werden, enthielt der Klageschriftsatz nicht. Dem Gericht wurde zur Bestimmung des Klagegegenstands allein der mit der Klageerhebung eingegangene streitgegenständliche Bescheid vorgelegt. Eine nähere Klagebegründung erfolgte dann erst mit Schriftsatz vom 2.10.2019, eingegangen bei Gericht am 4.10.2019, und damit deutlich nach der 10-Wochen-Frist.
47
Damit ist der Kläger seiner Begründungsobliegenheit nach § 6 Satz 1 UmwRG nicht nachgekommen. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Einlassung des Klägers, aus dem mit Klageerhebung vorgelegten Bescheid ergebe sich, welche Einwände der Kläger im Verwaltungsverfahren gegen das Vorhaben vorgebracht habe und es läge auf der Hand, dass dies auch die tragenden Gründe für die Klage seien.
48
Der BayVGH hat dazu folgendes ausgeführt (B.v. 16.3.2021 – 8 ZB 20.1873 – juris Rn. 13; vgl. auch GB v. 12.4.2021 – 8 A 19.40009 – juris Rn. 17; U.v. 1.12.2022 – 8 A 21.40033 – juris Rn. 34):
„Die Anforderungen an den innerhalb der Frist zu liefernden Tatsachenvortrag richten sich nach Sinn und Zweck von § 6 UmwRG. Dieser besteht darin, zur Straffung des Gerichtsverfahrens beizutragen, indem der Prozessstoff zu einem frühen Zeitpunkt handhabbar gemacht wird (vgl. BT-Drs. 18/12146 S. 16). Die Klagepartei hat den Prozessstoff grundsätzlich innerhalb der Begründungsfrist festzulegen. Damit soll für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststehen, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird, was späteren lediglich vertiefenden Tatsachenvortrag nicht ausschließt (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – NVwZ 2019, 1202 = juris Rn. 14 m.w.N.). Die klagende Partei muss alle Tatsachenkomplexe benennen, die aus ihrer Sicht die Klage begründen (vgl. OVG HH, U.v. 29.11.2019 – 1 E 23/18 – VRS 137, 281 = juris Rn. 142 m.w.N.; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, UmweltR, Stand: August 2020, § 6 UmwRG Rn. 59). Der erforderliche Tatsachenvortrag muss zwar nicht erschöpfend sein. Aus Sinn und Zweck der Norm wird jedoch gefolgert, dass die Klagepartei die maßgeblichen Tatsachen mit einem Mindestmaß an Schlüssigkeit und Substanz vortragen muss. Der Vortrag muss geeignet sein, dem Gericht und den übrigen Verfahrensbeteiligten einen hinreichenden Eindruck von dem jeweiligen Tatsachenkomplex zu verschaffen und ihnen zu ermöglichen, bei verbleibenden Unsicherheiten gezielt nachzuforschen (vgl. OVG HH, U.v. 29.11.2019 a.a.O. juris Rn. 142). Bei einer Anfechtungsklage muss sich die Klagebegründung mit der angegriffenen Entscheidung selbst auseinandersetzen. Nur diese ist Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens. Es genügt regelmäßig nicht, wenn die Klagepartei allein pauschal auf Einwände verweist, die sie im behördlichen Verfahren zur Sprache gebracht hat (vgl. Bunge, UmwRG, 2. Aufl. 2019, § 6 Rn. 19 m.w.N.; OVG HH U.v. 29.11.2019 a.a.O. juris Rn. 145 f.).“
49
Aus dem skizzierten Zweck des § 6 UmwRG ergibt sich, dass eine Klageerhebung allein unter Vorlage des angefochtenen Bescheids ohne Begründung nicht genügt (vgl. BayVGH, GB v. 12.4.2021 – 8 A 19.40009 – juris Rn. 16; B.v. 16.3.2021 – 8 ZB 20.1873 – juris Rn. 14; VG München, U.v. 6.5.2022 – M 2 K 20.3842 – juris 31; VG Ansbach, U.v. 8.2.2021 – AN 9 K 19.01265 – juris Rn. 52). Noch viel weniger genügt es, dass die Einwendungen im Anhörungsverfahren aktenkundig geworden sind. Andernfalls würde § 6 UmwRG, der Rechtssicherheit für das Gericht und die Verfahrensbeteiligten durch frühzeitige Fixierung des Prozessstoffes erreichen und so zur Straffung des Gerichtsverfahrens beitragen soll (vgl. BayVGH, GB v. 12.4.2021 – 8 A 19.40009 – juris Rn. 18 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – NVwZ 2019, 1202 = juris Rn. 14; OVG NW, B.v. 18.2.2020 – 11 B 13/20 – juris Rn. 17 ff.), faktisch leerlaufen. Die Klagebegründung muss sich vielmehr mit den Gründen der streitgegenständlichen Zulassung insbesondere auch im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der Einwendungen im Verwaltungsverfahren auseinandersetzen und im Fall eines Individualklägers alle Tatsachen benennen, die aus seiner Sicht zu seiner unmittelbaren Betroffenheit oder zu einer adressatengleichen Beeinträchtigung seiner rechtlich geschützten Belange führen (Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 6 UmwRG Rn. 59). Ferner sind – das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut – Beweismittel für einen späteren förmlichen Beweisantrag innerhalb der Klagebegründungsfrist anzugeben (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8/17 – juris Rn. 14; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 6 UmwRG Rn. 63). Im Übrigen ist anzumerken, dass der Kläger bei Klageerhebung im Klageschriftsatz, der auch noch keinen konkreten Antrag zur Festlegung des Streitgegenstands enthielt, darauf hingewiesen hat, dass die Klage vorerst der Fristwahrung diene, womit offenkundig die Klagefrist des § 74 VwGO gemeint war. Dem ist zu entnehmen, dass der beigefügte Zulassungsbescheid noch nicht der Klagebegründung diente, sondern der Kläger sich eine weitere Äußerung zur Aufrechterhaltung der Klage und zu deren Inhalt noch vorbehalten hat.
50
Eine den Anforderungen des § 6 UmwRG genügende Klagebegründung wurde demnach vorliegend nicht innerhalb der dort genannten Frist vorgelegt.
51
b) Die Präklusionswirkung ist nicht nach § 6 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO ausgeschlossen. Ein Entschuldigungsgrund ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
52
c) Die Ausnahme von der Präklusionswirkung nach § 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO greift ebenfalls nicht. Danach tritt die Präklusion nicht ein, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.
53
Bei der Auslegung von § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO, der eine klarstellende einfachgesetzliche Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellt, ist der Regelungszweck des § 6 UmwRG maßgeblich zu berücksichtigen. Es handelt sich um einen Bagatellvorbehalt, der lediglich eine im Einzelfall unverhältnismäßige Präklusion ausschließen soll und deshalb eng auszulegen ist (OVG Hamburg, U.v. 29.11.2019 – 1 E 23/18 – juris Rn. 140). Ziel des § 6 UmwRG ist es, wie bereits ausgeführt, Rechtssicherheit für das Gericht und die Verfahrensbeteiligten durch frühzeitige Fixierung des Prozessstoffes zu erreichen und so zur Straffung des Gerichtsverfahrens beizutragen. Eine Ausnahme von der Präklusionsregelung liegt daher nach § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO regelmäßig vor, wenn deutlich zu Tage tritt, unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten der Kläger die Entscheidung angreift, und die Klagebegründungsobliegenheit eine bloße Förmlichkeit wäre. Dagegen kann eine Präklusion nicht für jeglichen Sachverhalt ausgeschlossen sein, der sich aus den Verfahrensakten ergibt, vor allem dann nicht, wenn die Einwendungen die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung betreffen. Ein solches Verständnis ließe die Obliegenheit des Klägers zur Fixierung des Streitstoffes innerhalb der Frist des § 6 Satz 1 UmwRG im Ergebnis leerlaufen und verpflichtete das Gericht sowie die anderen Beteiligten zur Spekulation, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten der Kläger subjektiv gegen die Entscheidung vorgehen will (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2021 – juris Rn. 17 m.w.N.; OVG Hamburg, U.v. 29.11.2019 – 1 E 23/18 – juris Rn. 149 f.).
54
Auch wenn zu berücksichtigen ist, dass die Behördenakten generell Grundlage der Urteilsfindung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind und deshalb die Ermittlung des Sachverhalts durch Aktenstudium nicht von vornherein als Aufwand für das Gericht verstanden werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2020 – 22 ZB 18.856 – juris Rn. 73), kann jedenfalls die Auswertung und Durchdringung von in den Akten befindlichen Gutachten oder Stellungnahmen nach Schlüssigkeit oder methodischen Fehlern nicht ohne Substantiierungsleistung des Klägers ergehen. Denn zur „ungefragten Fehlersuche“ ist das Gericht auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 6 UmwRG nicht verpflichtet (vgl. VG München, U.v. 6.5.2022 – M 2 K 20.3842 – Rn. 41).
55
Dies zugrunde legend ergibt sich nicht, dass Umstände gegeben wären, dass die Angabe der Klagegründe sich als bloße Förmelei erweisen würde. Dies zeigt die Klagebegründung, die nicht nur erstmals die nähere Festlegung des Streitgegenstands durch die darin enthaltenen Anträge und damit des Klageziels enthält; darin wird auch auf im Rahmen eines 39-seitigen Schriftsatz, ergänzt durch einen weiteren Schriftsatz, der streitgegenständliche Zulassungsbescheid eingehend angegriffen und näher dargelegt, aufgrund welcher Tatsachen die Entscheidung des Bergamts den Kläger in seinen Rechten verletze. Die Klagebegründung ist allerdings, wie angesprochen, nicht innerhalb der Frist des § 6 UmwRG, sondern erst knapp neun Monate nach Klageerhebung vorgelegt worden.
56
d) Soweit der Kläger einwendet, die verspätete Klagebegründung habe letztlich zu keiner Verfahrensverzögerung geführt, was im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG zu beachten sei, folgt dem das Gericht nicht. Eine Verzögerung des Rechtsstreits durch die Verspätung oder eine Pflicht zur Belehrung über die Folgen der Fristversäumung hat der Gesetzgeber als Voraussetzung für die Präklusion nicht vorgesehen, da § 6 Satz 2 UmwRG nicht auf § 87b Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 3 VwGO verweist. Auf die Frage, ob eine Zulassung verspäteten Vorbringens das Verfahren konkret verzögern würde, kommt es deshalb nicht an (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – juris Rn. 13). Dies begegnet aber keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. § 6 UmwRG ist nicht in erster Linie eine Verfahrensbeschleunigungsnorm, sondern dient dazu, dass gerade bei komplexen Vorhaben eine frühzeitige Fixierung des Prozessstoffes stattfindet, die im Rahmen der Dispositionsmaxime nur vom Kläger zu leisten ist. Es soll für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststehen, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird, was späteren lediglich vertiefenden Tatsachenvortrag nicht ausschließt (BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – juris Rn. 14). Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht gehindert, innerprozessuale Präklusionsvorschriften zum Zwecke der Prozessförderung einzuführen, soweit sichergestellt ist, dass die Verfahrensbeteiligten ausreichend Gelegenheit haben, sich in der Sache zu äußern und die Präklusion auf einem vorwerfbaren Verhalten des präkludierten Beteiligten beruht. Einseitige Begründungsfristen existieren auch in anderen Rechtsbereichen wie etwa im Rechtsmittelrecht, z.B. in § 124a Abs. 3 und 6 VwGO (vgl. zum Ganzen Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 6 UmwRG Rn. 19 ff).
57
Nach alledem war die Klage im Haupt- als auch im Hilfsantrag abzuweisen.
58
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da sich die Beigeladene durch eine Antragstellung selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entsprach es der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.
59
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).