Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 21.06.2023 – AN 3 S 23.1013
Titel:

Beseitigungsanordnung hinsichtlich Reitplatz im Außenbereich

Normenketten:
GG Art. 14 Abs. 1
BayBauO Art. 76 S. 1
BauGB § 35
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3
Leitsätze:
1. Grundmerkmal der Landwirtschaft ist die „unmittelbare Bodenertragsnutzung“, also die Gewinnung pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse durch die Bewirtschaftung des Bodens auf Äckern, Wiesen und Weiden. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege iSd § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB ist nicht entscheidend, dass der zu bebauende Grundstücksbereich in einem nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz förmlich unter Schutz gestellten Bereich liegt. Vielmehr beeinträchtigt die Errichtung von baulichen Anlagen im Außenbereich diese Belange in der Regel auch ohne förmliche Inschutznahme. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Belang des Schutzes der natürlichen Eigenart der Landschaft iSd § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB verfolgt den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit zu erhalten. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Bestandsschutz für rechtswidrige bauliche Anlagen kann allein durch Zeitablauf nicht entstehen. Ein durch Art. 14 Abs. 1 GG bewirkter Bestandsschutz liegt vielmehr nur dann vor, wenn der bauliche Bestand zu irgendeinem Zeitpunkt genehmigt worden oder jedenfalls genehmigungsfähig gewesen ist. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beseitigungsanordnung, Außenbereich, Reitplatz, Sofortvollzug, bauliche Anlage, Landwirtschaft, Naturschutz, Eigenschaft der Landschaft, Ermesssen, Bestandsschutz
Fundstelle:
BeckRS 2023, 16908

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die durch den Antragsgegner erlassene Beseitigungsanordnung hinsichtlich eines Reitplatzes samt Einfriedung und Pferdeunterstand.
2
Die Antragstellerin ist Pächterin des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung … Das Grundstück ist mit einem Elektrozaun eingefriedet und wird im südlichen Bereich als Reitplatz und Koppel für Pferde genutzt. Das Grundstück ist von landwirtschaftlich genutzten Flächen umgeben. Die nächstgelegene Wohnbebauung findet sich etwa 300 m südöstlich des Grundstücks.
3
Das Grundstück liegt im Landschaftsschutzgebiet … (Rechtsverordnung des Landkreises … über das Landschaftsschutzgebiet … vom 15. November 1994). Der Flächennutzungsplan weist für das Grundstück eine Fläche für die Landwirtschaft (Acker) aus.
4
Die Antragstellerin pachtete das Grundstück mit Landpachtvertrag vom 3. Dezember 2019 von der Grundstückseigentümerin (Erbengemeinschaft) für zehn Jahre zum Zwecke der Nutzung als Pferdekoppel. Ausweislich des Vertrags verpflichtete sich die Antragstellerin – unter Übernahme der Kosten für gewöhnliche Ausbesserungen – zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Grundstücks. Im Vertrag wurde zwischen den Parteien zudem vereinbart, dass Änderungen der Nutzungsart, welche über die Pachtdauer hinauswirken, der schriftlichen Genehmigung der Verpächterin bedürfen.
5
Mit Schreiben vom 17. Februar 2020 machte ein Jäger den Antragsgegner darauf aufmerksam, dass das von der Antragstellerin gepachtete Grundstück eingezäunt und ein Reitbetrieb mit Pferdekoppel errichtet worden sei. Es seien sieben Pferde untergebracht und ein Unterstand installiert worden. Zusätzlich würden verschiedenste Gegenstände, beispielsweise Gartenmöbel, Baumaterial, Bauschutt und alte Autoreifen, auf dem Grundstück gelagert. Auf dem Grundstück finde täglich eine Pferdepflege und ein Reitbetrieb statt. Durch diese geänderte Nutzung des Grundstücks werde die Jagdausübung erheblich beeinträchtigt. Vorher vorhandenes Wild sei mittlerweile in andere Gebiete abgewandert. Es könne im Umkreis derzeit keine Jagdausübung mehr stattfinden, da nicht prognostiziert werden könne, wie die Pferde auf Schussgeräusche reagieren würden. Aufgrund des Reitbetriebs, vornehmlich durch Kinder und Jugendliche, könne der Schusswaffengebrauch wegen möglicher abprallender Projektile nicht mehr verantwortet werden. Dem gesetzlichen Auftrag zur Jagdausübung könne folglich nicht mehr nachgekommen werden und auch die festgesetzten Abschusszahlen würden verfehlt. Es werde um eine Prüfung der Situation gebeten.
6
Mit Schreiben vom 19. Februar 2020 wandte sich der Antragsgegner zunächst an die Eigentümerin des verpachteten Grundstücks. Diese erwiderte, dass das Grundstück an die Antragstellerin verpachtet sei und diese angegeben habe, Landwirtin zu sein und das Grundstück ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Der von der Antragstellerin angegebene Zweck, das Grundstück als Unterstand für Therapiepferde für Menschen mit Behinderung zu nutzen, sei der Grundstückseigentümerin als sinnvoll erschienen. Es werde darum gebeten, sich für die Klärung des Sachverhalts an die Antragstellerin zu wenden.
7
Mit Schreiben des Antragsgegners vom 28. Februar 2020 an die Antragstellerin wurde dieser mitgeteilt, dass auf dem verpachteten Grundstück ein Reitplatz, eine Einfriedung (Elektrozaun) und zwei Pferdeunterstände errichtet worden seien. Das Vorhaben sei im Außenbereich grundsätzlich nur zulässig, wenn das Vorhaben einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb diene und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehme. Sollte es sich nicht um ein privilegiertes Vorhaben handeln, so sei der Reitplatz samt Einfriedung und den Unterständen zu beseitigen. Hierzu wurde der Antragstellerin eine Frist bis zum 24. April 2020 gesetzt und ihr die Gelegenheit der Stellungnahme im Rahmen einer Anhörung gewährt.
8
Die Antragstellerin nahm mit Schreiben vom 11. März 2020 Stellung und teilte mit, dass sie einen landwirtschaftlichen Betrieb im Bereich Viehzucht und Futtermittelgewinnung betreibe. Sie habe sich vor der Inbetriebnahme des Reitplatzes bei einem Mitarbeiter des Antragsgegners erkundigt, welcher ihr mitgeteilt habe, dass es als landwirtschaftlicher Betrieb verfahrensfrei möglich wäre, einen Unterstand mit bis zu 100 qm Fläche zu errichten. Die Antragstellerin habe sich in der Folge für einen Unterstand mit einer Fläche von 60 qm entschieden. Im Übrigen seien noch zwei Futterraufen auf dem Grundstück vorhanden. Es werde darum gebeten, sich die Situation gemeinsam vor Ort anzusehen und eine Lösung zu finden.
9
Mit Schreiben vom 4. Juni 2020 gab das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forst in … (AELF) eine Stellungnahme zum Vorhaben der Antragstellerin ab. Die Antragstellerin halte auf dem Grundstück derzeit sieben private Pferde. Eine weitere Flächenbewirtschaftung finde nicht statt. Die Antragstellerin sei auch nicht im Besitz einer Hofstelle. Sie sei als Taxifahrerin und Pferdewirtschaftsmeisterin in der Fachrichtung Zucht und Haltung tätig. Auf dem Grundstück seien ein Pferdeunterstand (68 qm), ein Gerätehaus und Koppelzäune errichtet worden. Der Reitplatz sei auf der Grünfläche angelegt und mit Holzstämmen begrenzt. Bodenveränderungen seien nicht vorgenommen worden. Außerhalb des Reitplatzes befänden sich Sprunghindernisse. Die Antragstellerin verfüge über die nötige Sachkunde zur Haltung von Pferden. Es handele sich baurechtlich um eine private Pferdehaltung. Bei den Unterständen könne es sich nicht um baurechtlich verfahrensfreie Unterstände handeln, nachdem die Pferde dort dauerhaft untergebracht seien. Eine Pferdekoppel sei aus Tierschutzgesichtspunkten notwendig und die Einzäunung in dieser Ausführung üblich. Die Wasserversorgung der Pferde sei gesichert. Eine Erschließung mit Strom sei nicht vorhanden. Ein landwirtschaftlicher Betrieb nach Baurecht sei nicht vorhanden. Die Mistentsorgung sei nicht geregelt. Laut Auskunft werde der Pferdemist von Privatleuten abgenommen. Zusammenfassend sei zu sagen, dass es sich weder um eine Landwirtschaft nach § 201 BauGB noch um einen landwirtschaftlichen Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB handele. Die Antragstellerin sei keine Vollerwerbslandwirtin.
10
Mit Schreiben des Antragsgegners vom 18. Juni 2020 wurde die Antragstellerin über die Stellungnahme des AELF in Kenntnis gesetzt und aufgefordert, den Reitplatz bis zum 14. August 2020 zu beseitigen. Der Antragstellerin wurde zudem die Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt.
11
Hierauf erwiderte die Antragstellerin, dass sie ihren landwirtschaftlichen Betrieb erst seit Dezember 2019 betreibe und sich eine Vergrößerung aufgrund der Pandemie als schwierig gestalte. Sie sei durch den Mitarbeiter des Antragsgegners nicht darüber informiert worden, dass es sich bei dem landwirtschaftlichen Betrieb um einen Großbetrieb handeln müsse und habe daher den Reitplatz in gutem Glauben errichtet. Der Reitplatz stelle zudem ihre Existenzgrundlage dar. Es handele sich in keiner Weise um eine private Pferdehaltung. Es müsse auch für einen Kleinbetrieb die Möglichkeit der Erhaltung geben. Die Antragstellerin bat um das Finden einer gemeinsamen Lösung in der Angelegenheit.
12
In einer weiteren Stellungnahme des AELF vom 13. Oktober 2020 wurde ausgeführt, dass sich die Sachlage zwischenzeitlich nicht wesentlich verändert habe. Es werde nach wie vor davon ausgegangen, dass es sich bei dem Vorhaben nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb handele.
13
Der Antragsgegner forderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 23. Dezember 2020, 19. Februar 2021, 27. April 2021, 2. September 2021, 7. Oktober 2021 und 9. Mai 2022 erneut zur Beseitigung des Reitplatzes bzw. alternativ zur Stellung eines Bauantrags auf und gewährte die Gelegenheit zur Stellungnahme.
14
Die Antragstellerin erwiderte hierauf jeweils mit mehreren Schreiben und E-Mails. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass sie sich nach einem Stallgebäude und Pachtflächen in der Umgebung umsehe. Dies gestalte sich jedoch auch aufgrund der Pandemie als schwierig. So sei beispielsweise eine zwischenzeitlich erhaltene Zusage für ein Stallgebäude leider durch den Eigentümer wieder zurückgezogen worden. Im Übrigen sei die Situation nicht ihr anzulasten, da sie sich vorher bei den verschiedenen Ämtern erkundigt habe. Es sei nicht ihr Fehler, wenn sich nunmehr herausstelle, dass sie unvollständig informiert worden sei. Trotz dieses Umstands versuche die Antragstellerin nun nachträglich den Ansprüchen des Bauamts gerecht zu werden, was sich jedoch als schwierig gestalte. Sie stehe in ständigem Kontakt mit dem Landwirtschaftsamt und versuche eine Lösung zu finden. Die Antragstellerin habe zudem bereits etliche Investitionen in die Pferdehaltung investiert und erwarte nun aufgrund der Falschberatung durch den Antragsgegner, dass ihr die notwendige Zeit zur Erfüllung der Anforderungen gegeben und eine Fristverlängerung gewährt werde. Außerdem seien die Heuraufen und Unterstände mittlerweile abgebaut und durch genehmigungsfreie Weidezelte ersetzt worden. Der Zaun habe noch nicht entfernt werden können, da wegen der Einschlaghülsen, die nicht mit der Hand aus dem Boden gezogen werden könnten, eine Fachfirma benötigt werde. Ein Reitplatz als solcher sei nie errichtet worden und habe auch keine Einfriedung. Hier lägen lediglich ein paar Baumstämme am Boden. Mittlerweile hätten sich die Halter der Pferde auch nach anderen Einstellmöglichkeiten umgesehen, sodass die Koppel derzeit ohne Pferdebestand sei.
15
Mit Schreiben vom 22. Mai 2022 teilte die Antragstellerin mit, dass mittlerweile über das Landwirtschaftsamt … die Möglichkeit einer verfahrensfreien Genehmigung als akzeptable Lösung zur gemeinsamen Unterbringung der Pferde gefunden worden sei, solange die Antragstellerin nicht über ein festes Gebäude verfüge. Diese Lösung beinhalte die Nutzung der Koppel für die Zeit von Mitte/Ende März bis Anfang/Mitte November. In der Zeit von November bis März würden die Pferde in einem festen Stallgebäude untergebracht. Hierfür habe die Antragstellerin bereits zwei Möglichkeiten gefunden. Hierzu legte die Antragstellerin nicht unterschriebene Pferdeeinstellverträge vor. Aufgrund dieser geänderten Umstände werde erneut um Fristverlängerung gebeten.
16
Mit Schreiben des Antragsgegners vom 5. Dezember 2022 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass bei einer Baukontrolle am 1. Dezember 2022 festgestellt worden sei, dass der Reitplatz nach wie vor betrieben werde. Die Antragstellerin wurde unter Androhung einer kostenpflichtigen Anordnung letztmalig aufgefordert, diesen zu beseitigen. Die Gelegenheit zur Stellungnahme wurde gewährt.
17
Mit Schreiben vom 31. Januar 2023 zeigte sich der Bevollmächtigte der Antragstellerin beim Antragsgegner an und führte aus, dass das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB genehmigungsfähig sei. Öffentliche Belange würde nicht beeinträchtigt, die Erschließung sei gesichert und die Pferdehaltung füge sich in das Landschaftsbild ein. Die Pferdehaltung sei in der Regel im Bereich einer Bebauung regelmäßig störender als in der freien Landschaft. Zudem handele es sich nicht um einen dauerhaften pferdehaltenden Betrieb. Die sockellose Zaunanlage sei in einer Form errichtet worden, die keinen dauerhaften Betrieb gestatte. Es handele sich um Holzpfosten, die lediglich in den Boden gesteckt worden seien. Die Stallung sei kein auf Dauer errichtetes Gebäude, sondern jederzeit leicht und ohne großen Aufwand zu verrücken und zu beseitigen. Bei dem Reitplatz handele es sich um eine reine Wiesenfläche, ohne dass hier fremdes Material eingebracht oder Bodenveränderungen vorgenommen worden seien. Vielmehr wäre die Wiese bei einer Verlagerung wieder wie vorher vorhanden. Die Antragstellerin erziele mit den streitgegenständlichen Pferden steuerpflichtige Einkünfte gewerblicher Art. Es handele sich dabei nicht um eine Pensionspferdehaltung. Die Pferde stünden allesamt im Eigentum der Antragstellerin. Die Mistentsorgung sei durch ortsansässige Landwirte ebenso wie die Versorgung der Pferde mit Wasser und Futter gesichert. Ein Antrag zur Genehmigung werde eingereicht.
18
Am 10. Februar 2023 nahm das Veterinäramt des Antragsgegners zum Sachverhalt Stellung. Es wurde in der Stellungnahme ausgeführt, dass es sich bei der beschriebenen Pferdehaltung um eine erlaubnispflichtige Tätigkeit nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 TierSchG handele. Der Antragstellerin sei eine solche Erlaubnis nicht erteilt worden. Ein Antrag auf Erlaubnis sei bisher nicht gestellt worden. Das Veterinäramt werde in dieser Angelegenheit selbst den Kontakt mit der Antragstellerin aufnehmen. Zudem sei im Bereich der Pferdeunterstände zumindest für den Winter ein Witterungsschutz durch das Einbringen entsprechenden Materials herzustellen, um den Anforderungen an die Pferdehaltung zu genügen.
19
Mit Schreiben vom 24. März 2023 ließ die Antragstellerin vortragen, dass sie mit der Pferdehaltung durchschnittlich ca. 3.000,00 EUR pro Jahr an Einkünften erziele. Die Wiesenfläche sei bereits durch den mittlerweile verstorbenen, früheren Eigentümer als Weidefläche und Springplatz für Pferde genutzt worden. Die entsprechende Fläche sei von Hecken und Büschen eingewachsen, sodass sie von außen nicht weiter einsehbar sei. Die Antragstellerin habe bewusst auf das Einbetonieren des Stallzeltes verzichtet und auch keinen Reitplatz durch bauliche Maßnahmen oder der Verwendung von Zusatzstoffen angelegt. Der Zulassung der derzeitigen Nutzung gemäß § 35 Abs. 2 BauGB stehe folglich nichts im Wege, zumal die Nutzung eine Fortsetzung der früheren Nutzung durch den früheren Eigentümer darstelle. Nach Beendigung der Nutzung werde die Antragstellerin den ursprünglichen Zustand wiederherstellen.
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Am 6. April 2023 nahm das Sachgebiet Naturschutz des Antragsgegners zum Sachverhalt Stellung. In der Stellungnahme wurde ausgeführt, dass sich das Vorhaben innerhalb des Landschaftsschutzgebiets … befinde. Nach der entsprechenden Schutzverordnung sei für die Errichtung von baulichen Anlagen aller Art die Erlaubnis der Unteren Naturschutzbehörde erforderlich. Aus naturschutzfachlicher Sicht könnte eine Genehmigung des Reitplatzes im Landschaftsschutz erfolgen, wenn eine Privilegierung vorliege, eine umfangreiche Eingrünung bestehe, als Trennschicht zwischen Reitbelag und Trennschicht kein Plastik oder Fleece verwendet und ggf. eine Eingriffs-/ Ausgleichsberechnung vorgelegt werde. Eine Errichtung ohne die notwendige Erlaubnis stelle eine Ordnungswidrigkeit dar. Eine Erlaubnis sei vorliegend nicht erteilt worden.
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Mit Bescheid vom 11. April 2023 – der Antragstellerin am 19. April 2023 zugestellt – erließ der Antragsgegner folgende Anordnung:
1. Die Antragstellerin wird verpflichtet, den auf dem Grundstück mit der Flurnummer … der Gemarkung … widerrechtlich errichteten Reitplatz sowie die Einfriedung (Elektrozaun) und die zwei Pferdeunterstände vollständig zu beseitigen.
2. Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 dieses Bescheids wird angeordnet.
3. Zwangsgeld
3.1. Für den Fall, dass die Verpflichtung aus Nr. 1 dieses Bescheids nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht innerhalb von 3 Monaten ab Zustellung dieses Bescheids erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR angedroht.
3.2. Für den Fall, dass die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden sollte, tritt bei Nr. 3.1 dieses Bescheids an Stelle des Zeitpunkts der Zustellung dieses Bescheids als Fristbeginn, der Zeitpunkt der Bestandskraft des vorliegenden Bescheids.
5. Kostenentscheidung
5.1. Die Kosten des Verfahrens hat als Veranlasserin die Antragstellerin zu tragen.
5.2. Für diese Anordnung wird eine Gebühr in Höhe von 811,06 EUR festgesetzt.
22
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Beseitigungsanordnung auf Art. 76 Satz 1 BayBO stütze. Der Tatbestand der Rechtsgrundlage sei erfüllt. Der Reitplatz, die Einfriedung (Elektrozaun) und die zwei Pferdeunterstände seien trotz der Erforderlichkeit einer Baugenehmigung ohne eine solche errichtet worden. Es handele sich dabei auch um eine bauliche Anlage, was sich bereits daraus ergebe, dass der Reitplatz zusammen mit der Umzäunung, die eine bauliche Anlage bilde, als ein einheitliches Vorhaben anzusehen sei. Diese bauliche Anlage stehe dabei im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Sie sei formell und materiell rechtswidrig. Es könne auch nachträglich keine Genehmigung für das Vorhaben erteilt werden. Eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO liege nicht vor, da die Antragstellerin nicht privilegiert sei. Es handele sich auch mangels Vorliegens einer Landwirtschaft nicht um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB, was das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mehrfach bestätigt habe. Vielmehr habe der Bevollmächtige der Antragstellerin mitgeteilt, dass die Antragstellerin mit den Pferden Einkünfte erziele, die zumindest gewerblicher Art seien. Es handele sich also bauplanungsrechtlich um eine gewerbliche Pferdehaltung und damit um ein sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB. Eine Begünstigung nach § 35 Abs. 4 BauGB könne nicht angenommen werden. Durch das Vorhaben würden öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beeinträchtigt werden. So widerspreche das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), welcher eine Fläche für die Landwirtschaft ausweise. Auch werde die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) beeinträchtigt, da der gewerbliche Reitplatz samt Einfriedung und Unterständen das Eindringen einer wesensfremden Nutzung in den Außenbereich darstelle, welche in der Landschaft einen Fremdkörper bilde. Die Belange des Naturschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) seien ebenfalls beeinträchtigt. Das Grundstück befinde sich innerhalb des Landschaftsschutzgebiets … Laut § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 3 der entsprechenden Schutzverordnung bedürfe der Erlaubnis des Antragsgegners als Unterer Naturschutzbehörde wer beabsichtige, bauliche Anlagen aller Art zu errichten, zu ändern oder ihre Nutzung zu ändern, auch wenn sie einer baurechtlichen Genehmigung nicht bedürften. Hierzu würden insbesondere Gebäude, Einfriedungen aller Art und Veränderungen der Erdoberfläche durch Abgrabungen oder Aufschüttungen sowie Straßen, Wege, Plätze, Park-, Camping-, Sport-, Badeplätze oder ähnliche Einrichtungen zählen. Ebenso sei eine Erlaubnis für das Reiten außerhalb von öffentlichen Verkehrsflächen (Straßen, Wegen, Plätzen), die auch dem Reiten gewidmet seien, notwendig. Eine Ausnahme oder Befreiung von den Verboten sei weder beantragt noch könnten solche erteilt werden.
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Nachdem das Vorhaben nicht genehmigungsfähig sei, könnten nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden, sodass das eingeräumte Ermessen nur dahingehend ausgeübt werden könne, als dass eine Beseitigung gefordert und somit auf die Wiederherstellung baurechtskonformer Zustände hingewirkt werde. Das öffentliche Interesse gebiete grundsätzlich das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände im Wege der Beseitigungsanordnung bei nicht genehmigungsfähigen Anlagen. Gerade auch aufgrund der Lage im Außenbereich schaffe das Bauvorhaben Bezugsfälle. Darüber hinaus ergebe sich durch den Reitplatz, die Einfriedung und die zwei Pferdeunterstände sowie die hinzukommende Lagerung von z.B. Festmist hier ein hohes Interesse an der Beseitigung des Zustandes, um mögliche Gefährdungen zu vermeiden. Der Bescheid stehe daher mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang. Die Beseitigungsanordnung sei geeignet, erforderlich und angemessen, um den baurechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Mildere Mittel seien insbesondere aufgrund mangelnder nachträglicher Genehmigungsfähigkeit nicht ersichtlich. Die Beseitigungsanordnung sei auch angemessen. Das Interesse der Antragstellerin an der weiteren Nutzung des Reitplatzes habe hinter dem öffentlichen Interesse an gesetzeskonformen Zuständen und am Erhalt der natürlichen Eigenart der Landschaft sowie des Orts- und Landschaftsbilds zurückzustehen. Die Antragstellerin habe trotz der bereits 2020 ausgesprochenen Aufforderung, das Grundstück zu räumen, keine veränderte Verhaltensweise gezeigt. Der durch die Maßnahme zu erwartende wirtschaftliche Schaden stehe ferner nicht außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg. Die Anordnung stelle auch keine übermäßige Belastung dar, sondern eine Aufforderung zu einem Handeln, welches sich von einem durchschnittlich verantwortungsbewussten Pächter erwarten lasse und welches der Antragstellerin seit 2020 bekannt sei.
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Die Antragstellerin sei als Pächterin des Grundstücks und Errichterin des Reitplatzes als Verhaltensstörerin richtige Adressatin des Bescheids. Ein Heranziehen der Eigentümerin als Zustandsstörerin trete somit zurück und scheide aus, weil eben die Bescheidsadressatin durch ihr Verhalten die rechtswidrigen Zustände verursacht habe.
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Die sofortige Vollziehung sei im Hinblick auf die Wahrnehmung und zügige Wiederherstellung baurechtskonformer Zustände und die Verhinderung der andauernden Beeinträchtigung des Außenbereichs, den der Gesetzgeber unter besonderen Schutz gestellt habe und der grundsätzlich von jedermann genutzt werden könne, angeordnet worden. Ein weiteres Zuwarten bis zur Rechtskraft der Anordnung hätte zur Folge, dass die Antragstellerin das Grundstück weiterhin ohne die entsprechende Baugenehmigung nutze und hier auch der hoch anzusetzende Schutz sowie Schonung des Außenbereichs durch die baurechtswidrige Nutzung als Reitplatz keine Berücksichtigung fänden. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung müsse das Interesse der Antragstellerin am uneingeschränkten Weiterbetrieb des Reitplatzes hinter den öffentlichen Interessen zurückstehen. So könne für den Zeitraum bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit dieser Anordnung nicht ausgeschlossen werden, dass die ohne Baugenehmigung genutzte Fläche weiterhin und ggf. umfangreicher genutzt werde und sich der Eindruck der rechtswidrigen Nutzung verfestige. Weiter habe das Bauen ohne Baugenehmigung Vorbildwirkung für Dritte, sodass eine zeitnahe Beseitigung der rechtswidrigen Anlage erforderlich sei.
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Die Höhe des Zwangsgelds sei dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin auf Fortbestand des rechtswidrigen Zustands angemessen. Da die Antragstellerin bislang keinerlei Anstrengungen unternommen habe, den Reitplatz sowie die weiteren Anlagen zu beseitigen, seien die Zwangsgelder zur Durchsetzung der getroffenen Anordnungen anzudrohen gewesen. Die festgesetzte Frist sei auch angemessen. Innerhalb dieser sei es möglich, die geforderten Maßnahmen sachgerecht durchzuführen.
27
Die Antragstellerin hat am 17. Mai 2023 Klage gegen diesen Bescheid erhoben und einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.
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Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Antragstellerin Pächterin des streitgegenständlichen Grundstücks sei und dort auf der Wiesenfläche seit 2019 sechs eigene Pferde halte. Aus der teilweisen Überlassung der Pferde im Rahmen von Reitbeteiligungen erziele die Antragstellerin Einkünfte. Innerhalb des kommenden Monats werde die Antragstellerin einen Bauantrag über die Standortgemeinde einreichen und eine Genehmigung der Nutzung nach § 35 Abs. 2 BauGB beantragen. Auf dem Grundstück seien keine festen Baulichkeiten errichtet worden. Die Pferde seien in mobilen Zelten untergebracht. Ein Wiesenteilstück diene als Reitfläche. Eine Bodenveränderung durch Zuschlagsstoffe sei nicht vorgenommen worden und auch nicht beabsichtigt. Die Lage des Grundstücks in einem Landschaftsschutzgebiet stehe einer Nutzung als Pferdewiese nicht entgegen. Die entsprechende Fläche sei von außen kaum einsehbar und sei bereits durch den früheren Eigentümer lange Zeit als Reit- und Springplatz sowie zur zeitweisen Unterbringung von Pferden genutzt worden. Das Grundstück sei aufgrund seiner geschützten Lage und der Bodenverhältnisse für die Haltung von Pferden geradezu ideal geeignet. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen sei nicht gegeben. Die Mistentsorgung sei in kurzen zeitlichen Intervallen durch benachbarte Landwirte gesichert. Anfallender Pferdemist werde zuverlässig alle ein bis zwei Wochen abgeholt. Auch sei die Versorgung der Pferde durch Futter und Wasser jederzeit gewährleistet.
29
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei in jedem Fall unverhältnismäßig. Zum einen sei es für die Antragstellerin schwierig, ihre sechs Pferde in einem anderen geeigneten Stall in der Kürze der Zeit einzustellen. Zum anderen gehe von der derzeitigen Pferdehaltung weder eine Gefahr für den Boden noch für die Umwelt aus. Auch sei kein Schaden entstanden und werde auch in Zukunft nicht entstehen. Dies habe das von der Antragstellerin von Anfang an eingeschaltete Landwirtschaftsamt bestätigt.
30
Die Antragstellerin beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung der Beseitigung wird wiederhergestellt.
31
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
32
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Bauantragstellung keine Aussicht auf Erfolg habe. Dies sei bereits ausführlich im streitgegenständlichen Bescheid dargestellt worden. Die weiteren Ausführungen der Antragstellerin brächten keine neuen Erkenntnisse, die zu einer Genehmigungsfähigkeit führen könnten. Soweit ausgeführt worden sei, dass keine festen Baulichkeiten vorhanden seien, so sei diese Aussage unzutreffend. Überdies sei es irrelevant, ob der Reitplatz von außen einsehbar sein. Eine Unverhältnismäßigkeit der sofortigen Vollziehung sei nicht gegeben. Die Voraussetzungen lägen vor. Außerdem sei der Antragstellerin die Situation seit dem 28. Februar 2020 und damit mehr als drei Jahre bekannt. Es sei mehrmals auf die Rechtswidrigkeit hingewiesen worden. Im Sinne der Antragstellerin sei ausreichend Zeit gewährt worden, um alternative Unterbringungsmöglichkeiten zu finden. Außerdem seien der Antragstellerin in der streitgegenständlichen Anordnung nochmals drei Monate zur Beseitigung der Anlage eingeräumt worden. Aus diesen Gründen habe die Antragstellerin mehr als genug Zeit, um geeignete Möglichkeiten zur Unterbringung der Pferde zu finden. Im Übrigen nimmt der Antragsgegner auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids Bezug.
33
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu den Verfahren AN 3 S 23.1013 und AN 3 K 23.1014 sowie auf die Behördenakte Bezug genommen.
II.
34
Der Antrag hat keinen Erfolg.
35
1. Der Antrag ist zulässig als er sich gegen die Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids richtet, insbesondere statthaft. Die Klage der Antragstellerin gegen den sie belastenden streitgegenständlichen Bescheid stellt eine Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO dar. Diese Klage entfaltet gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO in Bezug auf die Ziffern 1 und 2 des Bescheids keine aufschiebende Wirkung. Folglich ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderlich, um die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
36
2. Der Antrag ist unbegründet.
37
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen bzw. wiederherstellen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob diejenigen Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten, oder diejenigen, die für die aufschiebende Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Neben den formellen Anforderungen an die Anordnung des Sofortvollzugs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sind im Rahmen der Interessenabwägung die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches Indiz zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall nur die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos.
38
Der Antrag hat keine Aussicht auf Erfolg, da die Anordnung des Sofortvollzugs formell rechtmäßig ist und im Rahmen der summarischen Prüfung keine Erfolgsaussichten der Hauptsache gegeben sind. Auch ein besonderes Vollzugsinteresse liegt vor.
39
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit trägt dem Begründungserfordernis ausreichend Rechnung.
40
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind regelmäßig die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe anzugeben, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2018 – 9 CS 18.996 – juris Rn. 14). An dieses Begründungserfordernis sind jedoch inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet.
41
Der Antragsgegner hat auf den besonders schützenswerten Außenbereich und die Gefahr von Bezugnahmen abgestellt und ist damit auf die Besonderheiten des konkreten Falles eingegangen. Den gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist damit Genüge geleistet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, spielt für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs keine Rolle (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2).
42
b) Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass die erhobene Anfechtungsklage – soweit sie sich gegen die Ziffern 1 und 2 des Bescheids richtet – keinen Erfolg haben wird.
43
In formeller Hinsicht begegnet der Bescheid keinen Bedenken, hierzu trägt auch die Antragstellerin nichts vor. Die Antragstellerin wurde mittels diverser Schreiben – zuerst am 28. Februar 2020 und zuletzt am 5. Dezember 2022 – zur beabsichtigten Beseitigungsanordnung angehört (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG). Im Übrigen könnten Mängel der Anhörung noch bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeholt werden (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG).
44
aa) Die in Ziffer 1 des Bescheids verfügte Beseitigungsanordnung erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.
45
Rechtsgrundlage für die Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Hiernach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn Anlagen (Art. 2 Abs. 1 BayBO) im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Tatbestandlich ist daher Voraussetzung, dass die Anlage formell und materiell illegal ist.
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(1) Es handelt sich bei dem zu beseitigenden Reitplatz samt Einfriedung und der zwei Pferdeunterstände um eine Anlage i.S.v. Art. 76 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 Satz 4 BayBO. Die Eigenschaft als Anlage ergibt sich bereits daraus, dass der Reitplatz und die Unterstände zusammen mit der Umzäunung, die eine bauliche Anlage i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO darstellt, ein einheitliches Vorhaben bildet (so auch VG München, U.v. 5.7.2018 – M 11 K 16.4838 – juris Rn. 22). Soweit der Vertreter der Antragstellerin ausführt, dass es sich bei der Einfriedung lediglich um Holzpfosten handele, die in den Boden gesteckt worden seien, so ist dem zu entgegnen, dass nach eigener Aussage der Antragstellerin (vgl. Bl. 83 der Behördenakte) für die Beseitigung des Zauns eine Firma benötigt werde, da die Einschlaghülsen der Pfosten nicht mit bloßer Hand herausgezogen werden könnten, was deutlich für das Vorliegen einer mit dem Erdboden verbundenen aus Bauprodukten hergestellten Anlage spricht. Im Übrigen wären die Pferdeunterstände als solche ebenfalls als Anlagen einzustufen, nachdem die Eigenschaft der baulichen Anlage nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass die Anlage zerlegbar, zusammenklappbar oder transportabel ist sowie jederzeit abgebaut und an anderer Stelle wieder aufgestellt werden kann (vgl. Dirnberger in Busse/Kraus, 149. EL Januar 2023, BayBO Art. 2 Rn. 40).
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(2) Der Reitplatz samt Einfriedung und Unterständen ist formell illegal.
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Die Antragstellerin verfügt unstreitig nicht über eine Baugenehmigung für ihr Vorhaben. Eine solche wäre jedoch gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO erforderlich. Eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 BayBO ist nicht gegeben.
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So ist Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 7 Buchst. a BayBO nicht einschlägig, da sich das Vorhaben im Außenbereich befindet. Das Vorhaben der Antragstellerin ist auch nicht privilegiert nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BauGB, was durch das AELF festgestellt wurde und zuletzt wohl auch zwischen den Beteiligten weitgehend unstreitig war, sodass auch Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c und Nr. 7 Buchst. b BayBO keine Anwendung finden. Im Übrigen scheidet Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO bereits aus, nachdem die Pferde der Antragstellerin dauerhaft auf dem gepachteten Grundstück untergebracht sind.
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(3) Das Vorhaben ist auch materiell illegal.
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Der Reitplatz samt Einfriedung und Unterständen ist als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB im Außenbereich nicht genehmigungsfähig, da öffentliche Belange beeinträchtigt sind.
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Das Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), welcher für das gepachtete Grundstück eine Fläche für die Landwirtschaft (Acker) vorsieht. Welche Nutzung dem Flächennutzungsplan entspricht, ergibt sich bei der Darstellung von Flächen für die Landwirtschaft (§ 5 Abs. 2 Nr. 9 Buchst. a BauGB) aus § 201 BauGB, worin der Begriff der Landwirtschaft im Sinn des Baugesetzbuchs definiert ist. Danach ist Landwirtschaft insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei. Grundmerkmal der Landwirtschaft in diesem Sinn ist jedenfalls die „unmittelbare Bodenertragsnutzung“, also die Gewinnung pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse durch die Bewirtschaftung des Bodens auf Äckern, Wiesen und Weiden (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 15 ZB 13.2647 – juris Rn. 31 m.w.N). Daran fehlt es vorliegend, was auch bereits das AELF festgestellt hat.
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Dem Vorhaben stehen außerdem Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) entgegen. Dabei ist es nicht entscheidend, dass der zu bebauende Grundstücksbereich in einem nach dem Bayer. Naturschutzgesetz förmlich unter Schutz gestellten Bereich liegt (vgl. BayVGH, U.v. 6.11.2007 – 14 B 06.1933 – juris Rn. 28). Die Errichtung von baulichen Anlagen im Außenbereich beeinträchtigt diese Belange in der Regel auch ohne förmliche Inschutznahme (BayVGH, B.v. 11.6.2012 – 9 ZB 09.271 – juris Rn. 11). Die wichtige Bedeutung für Naturschutz und Landschaftspflege wird hier jedoch durch die förmliche Inschutznahme bestätigt (Rechtsverordnung des Landkreises … über das Landschaftsschutzgebiet … vom 15. November 1994). Eine Befreiung von den Verboten der Verordnung wurde nicht erteilt und käme auch nicht in Betracht. Dass im hier maßgeblichen Bereich die Ziele des Natur- und Landschaftsschutzes nicht mehr erreicht werden könnten, kann nicht angenommen werden.
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Das Vorhaben beeinträchtigt zusätzlich die natürliche Eigenschaft der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Der Belang des Schutzes der natürlichen Eigenart der Landschaft verfolgt den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit zu erhalten. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Deshalb sollen bauliche Anlagen abgewehrt werden, die der Landschaft wesensfremd sind. Vorhaben mit anderer als land- oder forstwirtschaftlicher Bestimmung sind deshalb zumeist unzulässig. Es kommt dabei nicht maßgeblich darauf an, ob das Vorhaben mehr oder weniger auffällig in Erscheinung tritt. Der Belang der natürlichen Eigenart der Landschaft beinhaltet nämlich nicht nur eine optisch-ästhetische Komponente, sondern dient insbesondere auch der Bewahrung der funktionellen Bestimmung der Landschaft. Eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft kommt nur dann nicht in Betracht, wenn sich das Baugrundstück wegen seiner natürlichen Beschaffenheit weder für die Bodennutzung noch für Erholungszwecke eignet oder es seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt hat (BayVGH, U.v. 17.1.2011 – 15 B 10.1445 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 11.8.2011 – 15 ZB 11.1214 – juris Rn. 5; vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, U.v. 15.5.1997 – 4 C 23.95 – NVwZ 1998, 58 ff. = juris Rn. 21, wo die Eigenständigkeit des öffentlichen Belangs der natürlichen Eigenart der Landschaft gegenüber den Belangen des Landschaftsbilds sowie des Erholungswerts hervorgehoben wird). Es ist im vorliegenden Fall nichts dafür ersichtlich, dass sich das gepachtete Grundstück nicht mehr zu Erholungszwecken eignen würde oder seine Schutzwürdigkeit eingebüßt hätte. Nach der Beseitigung des Reitplatzes samt der Einfriedung und der Unterstände kann das Grundstück vielmehr seinem im Flächennutzungsplan zugedachten Zweck zurückgeführt werden.
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Schließlich macht das Vorhaben den in der Bayerischen Verfassung garantierten Zugang zur freien Natur und die Erholung in der freien Natur im betroffenen Bereich unmöglich (Art. 141 Abs. 3 BV). Im konkreten Fall ist die umfassende Einfriedung großer Außenbereichsflächen mit der Verfassungsgarantie des Art. 141 Abs. 3 BV nicht vereinbar (vgl. auch Art. 26 BayNatSchG). Alle Teile der freien Natur können grundsätzlich von jedermann unentgeltlich - auch auf Privatwegen – betreten werden (vgl. Art. 27 Abs. 1 BayNatSchG). Das Betretungsrecht der freien Natur kann vom Grundeigentümer nur unter den Voraussetzungen des Art. 33 BayNatSchG verweigert werden. Bei den Außenbereichseinfriedungen der Antragstellerin handelt es sich jedoch nicht um zulässige Sperren im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Sieht man Art. 141 Abs. 3 BV und die Vorgaben des BayNatSchG nicht als eigenständigen öffentlichen Belang i.S.v. § 35 Abs. 3 BauGB an, wäre jedenfalls eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) anzunehmen. Zu dieser natürlichen Eigenart gehört es, dass die Außenbereichslandschaft von Anlagen, die nicht der Natur der freien Landschaft entsprechen, frei bleibt. Auch Einfriedungen, soweit sie nicht, wie z.B. Weidezäune oder Zäune für Forstkulturen, einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen, sind der freien Natur wesensfremd. Der Außenbereich soll für die naturgegebene Bodennutzung freigehalten werden, die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Dies erfordert die Abwehr aller Anlagen, die der Landschaft wesensfremd sind oder die der Allgemeinheit Möglichkeiten der Erholung entziehen. Es ist hier ohne weiteres – insbesondere auch ohne Durchführung eines gerichtlichen Augenscheins – ersichtlich, dass die Einfriedung des großräumigen Grundstücksareals der Landschaft wesensfremd ist, darin als Fremdkörper erscheint und eine Parzellierung bewirkt, die einen Teil aus der freien Außenbereichslandschaft herausschneidet und ihn seiner natürlichen Funktion entzieht (so auch VG Würzburg, U.v. 10.11.2022 – W 5 K 21.1118 – juris Rn. 37).
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(4) Der Antragsgegner hat auch das ihm in Art. 76 Satz 1 BayBO eingeräumte Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Nach Art. 40 BayVwVfG hat eine Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Ein gem. § 114 VwGO seitens des Gerichts zu berücksichtigender Ermessensfehler ist nicht gegeben. Die Ermessenserwägungen im streitgegenständlichen Bescheid sind zwar knapp, aber ausreichend. Bei der Ermessensentscheidung über das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände genügt es regelmäßig, dass die Behörde – so wie hier – zum Ausdruck bringt, der beanstandete Zustand müsse wegen seiner Rechtswidrigkeit beseitigt werden (vgl. BayVGH U.v. 13.4.2015 – 1 B 14.2319 – juris Rn. 31 unter Bezug auf BVerwG U.v. 18.4.1996 – 4 C 22.94 – BVerwGE 110, 64; B.v. 17.8.2022 – 15 ZB 22.1402 – juris Rn. 13 m.w.N). Insbesondere geht aus dem Bescheid hervor, dass dem Antragsgegner bewusst war, dass ihm im Rahmen der Entscheidung nach Art. 76 Satz 1 BayBO ein Ermessen zusteht. Ein Ermessensausfall scheidet daher aus. Auch stellte der Antragsgegner zurecht darauf ab, dass ein milderes Mittel – namentlich die nachträgliche Genehmigung des Lagerplatzes – mangels Genehmigungsfähigkeit nicht in Betracht kam.
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Auch wurde seitens des Antragsgegners bei der Ausübung des Ermessens der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Nach Auffassung der Kammer scheidet ein milderes Mittel – namentlich die nachträgliche Genehmigung des Lagerplatzes – mangels Genehmigungsfähigkeit aus.
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Die Anordnung der Beseitigung erscheint nach summarischer Prüfung auch nicht als unangemessen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wurde gewahrt.
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Dieser Grundsatz beinhaltet, dass der durch die behördliche Maßnahme zu erwartende Schaden nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen darf. Zwischen Erfolg und Schaden muss ein angemessenes Verhältnis bestehen. Abzuwägen ist dabei zwischen dem Schaden des Betroffenen und dem Vorteil, welcher der Allgemeinheit durch die behördliche Maßnahme erwächst, und umgekehrt. So müsste gegebenenfalls von einer rechtlich zulässigen und vielleicht sogar gebotenen Maßnahme Abstand genommen werden, wenn ihre Wirkung einen materiellen oder ideellen Schaden hervorrufen würde, der, gemessen an dem Gesamtvorgang, unverhältnismäßig ist. Haben jedoch Gebote oder Verbote Eingang in öffentlich-rechtliche Vorschriften gefunden, so besteht damit ein hinreichend öffentliches Interesse an ihrer Einhaltung (vgl. Decker in Busse/Kraus, 149. EL Januar 2023, BayBO Art. 76 Rn. 243 m.w.N.).
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Im Rahmen der Abwägung kommt den Gemeinwohlbelangen vorliegend ein größeres Gewicht zu und das Interesses der Antragstellerin am Erhalt ihres Reitplatzes muss zurücktreten. Entscheidend ist hierbei die Lage im schützenswerten Landschaftsschutzgebiet und im Außenbereich zu berücksichtigen. Auch im Übrigen ist weder von der Antragstellerin vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, weshalb die Belange der Antragstellerin ausnahmsweise das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Baugesetze überwiegen sollten. Soweit die Antragstellerin vortragen ließ, dass das Grundstück geradezu ideal für die Haltung von Pferden geeignet sei, so kann dies kein zu berücksichtigender Belang zugunsten der Antragstellerin sein. Gleiches gilt für die Ausführungen hinsichtlich der ordnungsgemäßen Versorgung der Pferde und Entsorgung des anfallenden Pferdemistes. Auch ist nicht erforderlich, dass ein Schaden an Natur oder Tier entstanden sein muss, um eine Beseitigungsanordnung zu rechtfertigen.
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Soweit die Antragstellerin pauschal darauf verweist, dass das Grundstück bereits früher durch den vormaligen Eigentümer als Reitplatz und für die zeitweise Pferdehaltung genutzt worden sei, so kann dies dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Antragstellerin kann sich nicht auf einen Bestandsschutz des Reitplatzes berufen. Ein Bestandsschutz für rechtswidrige bauliche Anlagen kann nämlich allein durch Zeitablauf nicht entstehen. Ein durch Art. 14 Abs. 1 GG bewirkter Bestandsschutz liegt vielmehr nur dann vor, wenn der bauliche Bestand zu irgendeinem Zeitpunkt genehmigt worden oder jedenfalls genehmigungsfähig gewesen ist (vgl. BVerfG, B.v. 24.7.2000 – 1 BvR 151/99 – juris Rn. 8). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Reitplatz oder eine Pferdehaltung auf dem von der Antragstellerin gepachteten Grundstück jemals baurechtlich genehmigt worden wären. Nach obigen Ausführungen wären solche Anlagen auch zu keinem Zeitpunkt genehmigungsfähig gewesen, da stets öffentliche Belange beeinträchtigt gewesen wären.
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Auch einen etwaigen Vertrauensschutz musste der Antragsgegner bei seinen Ermessenerwägungen nicht berücksichtigen. Es wurde durch den Antragsgegner seit dem Bekanntwerden der illegalen Errichtung des Reitplatzes samt Einfriedung und Unterständen zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Antragstellerin signalisiert, dass die Anlagen geduldet würden. So konnte bei der Antragstellerin kein Vertrauen in den Bestand ihres Reitplatzes entstehen.
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Die Antragstellerin wurde voraussichtlich auch in rechtmäßiger Weise als Störer in Anspruch genommen. Als Pächterin und Bauherrin ist sie als Handlungsstörerin anzusehen.
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bb) Ein besonderes Vollzugsinteresse ist ausnahmsweise in diesem besonders gelagerten Fall gegeben.
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Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist für die Anordnung des Sofortvollzugs ein besonderes Vollzugsinteresse erforderlich. Die Vollziehung des Verwaltungsakts muss wegen öffentlicher oder überwiegender privater Interessen besonders dringlich sein und keinen Aufschub bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens dulden (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2012 – 15 CS 12.130 – juris Rn. 12). Eine baurechtliche Beseitigungsanordnung ist in aller Regel eine schwerwiegende Maßnahme, deren Vollzug dem Betroffenen hohe Kosten verursacht und nur mehr schwer rückgängig zu machende Zustände schafft. Ihr Gewicht wird durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung verstärkt, weil dadurch die Entscheidung in der Hauptsache im Kern vorweggenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 – 2 CS 98.2373 – juris Rn. 16). Erforderlich ist deshalb ein besonderes Vollzugsinteresse, das im Falle der Baubeseitigung grundsätzlich nicht mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist und regelmäßig im Hinblick auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 80 Abs. 1 und 2 VwGO grundsätzlich zu verneinen sein wird (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 149. EL Januar 2023, BayBO, Art. 76 Rn. 332 ff.). Bei Beseitigungsanordnungen ist deshalb regelmäßig ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2007 – 1 CS 06.3006 – juris Rn. 27). Selbst die offensichtliche Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung genügt in der Regel nicht, um deren sofortige Vollziehung zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – BayVBl 2019, 391 – juris Rn. 25).
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Von dem Grundsatz, dass der Sofortvollzug einer Beseitigungsanordnung die Hauptsache in unangemessener Weise vorwegnimmt, hat die Rechtsprechung jedoch Ausnahmen zugelassen und Fallgruppen gebildet (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 149. EL Januar 2023, BayBO, Art. 76 Rn. 334 ff.). Ein besonderes öffentliches Interesse für die sofortige Beseitigung wird bei einfachen Anlagen (wie z.B. Feldstadel, Werbeanlagen etc.), die problemlos und ohne großen Aufwand, vor allem ohne Substanzverlust, ab- und ggf. später, sollte sich die Beseitigungsanordnung als rechtswidrig erweisen, wiederaufgebaut werden können, zu bejahen sein, weil durch die Beseitigung keine endgültigen, nicht wieder umkehrbaren Verhältnisse geschaffen werden. Damit läuft auch der effektive Rechtsschutz nicht leer. Außerdem wurde die Anordnung des Sofortvollzugs bei Bauwerken, die in besonders schützenswerten Landschaften, in einem Landschaftsschutz- oder Naturschutzgebiet liegen und deshalb besonders störend wirken, anerkannt (vgl. bspw. BayVGH, B.v. 15.3.2006 – 25 CS 05.2410 – juris Rn. 5).
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Gemessen an diesen Maßstäben ist hier ausnahmsweise vom Vorliegen eines besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses auszugehen. Der zu beseitigende Reitplatz samt Einfriedung und Unterständen ist im Landschaftsschutzgebiet … sowie im grundsätzlich von Bebauung freizuhaltenden Außenbereich situiert und liegt damit in einer besonders schützenswerten Landschaft, wo er als besonders störend wahrgenommen wird. Hinzu kommt, dass der Antragstellerin nach Ansicht der Kammer durch die sofortige Vollziehung der Beseitigung weder ein großer Aufwand noch ein wesentlicher Substanzverlust droht. Die von der Beseitigungsanordnung umfassten Anlagen können ohne größeren Aufwand bis zur Entscheidung in der Hauptsache abgebaut und anderweitig zwischengelagert werden. Sollte sich die Beseitigungsanordnung schließlich doch als rechtswidrig erweisen, so wäre die ursprüngliche Nutzung als Reitplatz mit geringem Aufwand wiederherzustellen. Auch geht die Kammer davon aus, dass es der Antragstellerin möglich sein wird, ihre Pferde vorübergehend anderweitig unterzubringen. Der pauschale Hinweis des Vertreters der Antragstellerin, dass dies für die Antragstellerin schwierig wäre, genügt nicht, um die Kammer vom Gegenteil zu überzeugen.
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3. Angesichts ihres Unterliegens trägt die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens, § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Dabei wird für das Hauptsacheverfahren der Auffangstreitwert zugrunde gelegt, der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes halbiert wird (vgl. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).