Titel:
Verpflichtungsklage, beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis, Befristung, Bewirtschaftungsermessen, Selbstbindung der Verwaltung
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
WHG § 12 Abs. 2
BayWG Art. 15 Abs. 1
BayVwVfG Art. 31 Abs. 7 S. 1
BayVwVfG Art. 36 Abs. 2 Nr. 1
GG Art. 3
Schlagworte:
Verpflichtungsklage, beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis, Befristung, Bewirtschaftungsermessen, Selbstbindung der Verwaltung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 16846
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis mit einer Laufzeit von 20 Jahren zur Grundwasserentnahme (Feldbewässerung von Hackfrüchten) in sommerlichen Trockenzeiten auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (Landkreis ...).
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Der Kläger bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb im Haupterwerb mit einer Ackerfläche von insgesamt 132 ha (Anbau von Zuckerrüben und Kartoffeln). Er ist Eigentümer der landwirtschaftlich genutzten, unbebauten Grundstücke der Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... mit einer Größe von 6,7123 ha (Fl.Nr. ...) bzw. 3,52 ha (Fl.Nr. ...). Auf den beiden Grundstücken plant der Kläger die Errichtung von zwei Brunnen zur Grundwasserentnahme für die Feldbewässerung von Feld- und Hackfrüchten in sommerlichen Trockenzeiten.
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Unter dem 3. Juli 2017 bzw. 26. April 2018 beantragte der Kläger die wasserrechtliche Erlaubnis zur Errichtung von zwei Brunnen zur Feldbewässerung.
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Mit Bescheid des Landratsamts ... vom 26. Februar 2021 (Gz. ...) wurde der Antrag des Klägers auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis (beschränkte Erlaubnis nach Art. 15 Abs. 1 Bayerisches Wassergesetz – BayWG) für die Entnahme von Grundwasser auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen abgelehnt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass das Entnehmen und Zutagefördern von Grundwasser zur Feldbewässerung den Benutzungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 5 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) erfülle. Für die Vorhaben seien nichtförmliche Verfahren durchgeführt worden. Entsprechend § 1 der Verordnung über Pläne und Beilagen in wasserrechtlichen Verfahren (WPBV) seien für Vorhaben, für die ein wasserrechtliches Verfahren durchzuführen sei, in Plänen und Beilagen die Vorhaben so darzulegen, dass das Vorhaben selbst und seine Auswirkungen, insbesondere auf den Wasserhaushalt, die Gewässereigenschaften, den Zustand der Gewässer und andere Umweltbereiche ersichtlich seien. Vorliegend sei durch unzählige Änderungen und Korrekturen insbesondere die beantragte Entnahmemenge des Klägers für die beiden beantragten Grundwasserentnahmen zur Feldbewässerung nicht mehr ersichtlich. Mangels Mitwirkung des Klägers lägen keine erlaubnisfähigen Antragsunterlagen vor.
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Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Landratsamts ... vom 26. Februar 2021 wird ergänzend verwiesen.
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Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Schriftsatz vom 31. März 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die wasserrechtlichen Erlaubnisse im beantragten Umfang zu gewähren (Az.: Au 9 K 21.781). In dieser Verwaltungsstreitsache fand am 7. Juli 2022 ein Erörterungstermin statt, in dem unter den Beteiligten vereinbart wurde, dass eine nochmalige sachliche Überprüfung der Grundwasserentnahme durch das zuständige Wasserwirtschaftsamt ... aufgrund der im Dezember 2018 vom Kläger angeführten Grundwasser-Gesamtwasserentnahmemengen erfolgen solle. Einer Genehmigung solle der Bearbeitungsstand aus dem Jahr 2018 zugrunde gelegt werden. In einem zu erteilenden wasserrechtlichen Bescheid werde nicht mehr gefordert, dass die ausführende Firma namentlich benannt werden müsse. Vom Kläger werde jedoch nach Genehmigung eine entsprechende Fertigstellungsanzeige vorgelegt. Auf das Protokoll über den nicht-öffentlichen Erörterungstermin vom 7. Juli 2022 wird ergänzend verwiesen.
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Mit Formblättern vom 2. Februar 2023, eingegangen bei der Behörde am 14. Februar 2023, machte der Kläger ergänzende Angaben zu der von ihm beabsichtigten Grundwasserentnahme. Hierzu nahm das Wasserwirtschaftsamt ... mit Gutachten vom 11. April 2023 Stellung und erteilte die Zustimmung zu der vom Kläger beantragten Entnahmemenge von 32.496 m3/a bzw. einer maximalen Entnahmeintensität von 11 s/l = 39,6 m3/a. Es dürfe nur die beantragte Menge entnommen werden. Das zutage geförderte Wasser dürfe nur für den vom Kläger beantragten Zweck verwendet werden. In Anbetracht der Abhängigkeit des Ernteertrages auf den beregnungsbedürftigen Flächen von der Ressource Grundwasser müssten Inhalts- und Nebenbestimmungen festgesetzt werden. Diese hätten den Zweck, rechtzeitig Veränderungen an den Brunnenanlagen und am genutzten Grundwasserleiter zu erkennen und damit einem Ausfall der Grundwasserentnahmeeinrichtung vorzubeugen. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht könne dem Kläger eine wasserrechtliche Erlaubnis nach Art. 15 BayWG zur Entnahme von Grundwasser aus den beantragten Brunnen erteilt werden. Es werde eine Befristung der wasserrechtlichen Erlaubnis von fünf Jahren vorgeschlagen. Die Entnahmemenge an Grundwasser werde für die Fl.Nr. ... der Gemarkung . auf insgesamt 28.272 m3/a und für die Fl.Nr. ... der Gemarkung ... auf 4.224 m3/a festgesetzt. Die maximale Bewässerungsgabe betrage 1.200 m3/a.
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Auf den weiteren Inhalt des Gutachtens des Wasserwirtschaftsamts ... vom 11. April 2023 wird ergänzend Bezug genommen.
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Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... hat zu den wasserrechtlichen Vorhaben des Klägers unter dem 21. Dezember 2022 ausgeführt, dass die Anbaufläche des Klägers im Jahr 2018 7,41 ha Zuckerrüben und 8,09 ha Kartoffeln betragen habe. Für das Jahr 2022 sei von einer Anbaufläche von Zuckerrüben von 11,43 ha und von 12,47 ha Kartoffeln auszugehen. Seit dem Jahr 2019 seien beim Kläger jährlich über 22 ha Hackfrüchte angebaut worden.
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Mit Bescheid des Landratsamts ... vom 25. April 2023 (Gz. ...) wurde dem Kläger die stets widerrufliche beschränkte Erlaubnis nach § 10 WHG i.V.m. Art. 15 BayWG für das Entnehmen und Zutagefördern von Grundwasser auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... erteilt. Das Grundwasser werde entnommen, um bei wachstumsschädlichen Witterungsbedingungen im Feldfruchtanbau (Kartoffeln, Zuckerrüben) eine ausreichende Wasserversorgung der Pflanzen sicherzustellen. Der Erlaubnis liege der Antrag auf wasserrechtliche Erlaubnis für das Zutagefördern von Grundwasser zur Bewässerung vom 3. Juli 2017, geändert am 26. April 2018 und neu ergänzt vom 2. Februar 2023 zugrunde. In den Nebenbestimmungen (Ziffer II. des Bescheids) wurde die Erlaubnis u.a. bis zum 31. Dezember 2027 befristet erteilt (Nr. 1.). Der Umfang der erlaubten Benutzung werde für das Grundstück Fl.Nr. ... auf 28.272 m3/a und für das Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... auf 4.224 m3/a begrenzt (Nr. 2.). Nr. 3 der Nebenbestimmungen regelt, dass das entnommene Wasser nur für den beantragten Zweck (Beregnung von Kartoffeln und Zuckerrüben) verwendet werden dürfe. Es dürften lediglich genehmigte Brunnen bzw. Entnahmeeinrichtungen betrieben werden.
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In den Gründen des Bescheids ist ausgeführt, dass der wasserrechtliche Tatbestand des Entnehmens und Zutageförderns von Grundwasser zur Feldbewässerung der beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnispflicht nach § 8 Abs. 1, § 10 WHG i.V.m. Art. 15 Abs. 1 BayWG unterliege. Die beschränkte Erlaubnis sei mit Nebenbestimmungen versehen worden, um eine nachteilige Veränderung des mengenmäßigen und chemischen Zustands des Grundwassers zu vermeiden, sowie eine sparsame Verwendung sicherzustellen (§ 13 Abs. 1 und 2 WHG i.V.m. § 47 Abs. 1 WHG). Die Befristung auf eine Dauer von 5 Jahren solle eine erneute Überprüfung insbesondere im Hinblick auf klimatische Veränderungen und Veränderungen in der Genehmigungspraxis sicherstellen. In Anbetracht der Abhängigkeit des Ernteertrages auf den beregnungsbedürftigen Flächen von der Ressource Grundwasser müssten Inhalts- und Nebenbestimmungen festgesetzt werden. Diese hätten den Zweck, rechtzeitig Veränderungen an den Brunnenanlagen und am genutzten Grundwasserleiter zu erkennen, um einem Ausfall der Grundwasserentnahmeeinrichtung vorzubeugen. Mit dem genutzten Grundwasser sei sparsam umzugehen. Insbesondere dürfe die Bewässerung nur bei nachgewiesenem Bedarf erfolgen, der sich aus der nutzbaren Feldkapazität des Bodens, der Wurzeltiefe der angebauten Kultur und der tatsächlichen Bodenfeuchte ergebe. Sperrfristen für die Beregnung beim Einsatz von Trommelregnern o.Ä. seien erforderlich, um Verdunstungsverluste zu vermeiden und einen ressourcenschonenden Umgang mit Grundwasser zu gewährleisten. Die festgesetzten Nebenbestimmungen seien in Absprache mit dem zuständigen Wasserwirtschaftsamt unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens getätigt worden. Sie seien geeignet, den Schutz des Grundwassers zu gewährleisten. Ebenso seien sie erforderlich, da anderweitig die beantragte wasserrechtliche Erlaubnis nicht hätte erteilt werden können.
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Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Landratsamts ... vom 25. April 2023 wird ergänzend verwiesen.
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Nach Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis im Bescheid vom 25. April 2023 wurde das ursprüngliche Klageverfahren Az. Au 9 K 21.781 nach Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 31. Mai 2023 eingestellt.
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Der Kläger hat gegen den Bescheid des Landratsamts ... vom 25. April 2023 mit Schriftsatz vom 19. Mai 2023 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und zuletzt in der mündlichen Verhandlung beantragt,
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Der Bescheid des Beklagten vom 25. April 2023, Az. ... wird dahingehend geändert, dass dem Kläger die beantragte Genehmigung im beantragten Umfang mit einer Laufzeit von 20 Jahren bewilligt wird.
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Zur Begründung wurde zunächst auf die Vereinbarungen im Erörterungstermin vom 7. Juli 2022 verwiesen.
17
Das Landratsamt ... hat mit Schriftsatz vom 25. Mai 2023 zur Klage Stellung genommen. Der Umfang der wasserrechtlichen Erlaubnis sei dem Bescheid unter Ziffer II. Nebenbestimmungen – Umfang der erlaubten Benutzung – zu entnehmen. Sowohl bei den erlaubten Entnahmemengen als auch bei den zu bewässernden Flächen sei die Erlaubnis wie beantragt erteilt worden. Beim genehmigten Umfang sei dem Kläger entgegengekommen worden, da der flächenabhängigen Beregnungsmenge die bewirtschafteten Flächen im Jahr 2022 zugrunde gelegt worden seien.
18
Am 26. Juni 2023 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen. Beigezogen wurde auch die Gerichtsakte des Verfahrens Au 9 K 21.781.
Entscheidungsgründe
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Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
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1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig.
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Dies gilt unabhängig davon, ob man die Festlegung der Geltungsdauer der dem Kläger erteilten beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis in Ziffer II.1 bis zum 31. Dezember 2027 als Inhaltsbestimmung der wasserrechtlichen Gestattung oder als rechtlich auflösende Befristung i.S.d. Art. 36 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG einstuft, da dem Kläger eine Begünstigung ausgesprochen wurde, die mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunktes (31. Dezember 2027) endet.
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Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung zur Konstellation der Anfechtungsklage ist eine solche isoliert gegen sämtliche Formen von belastenden Nebenbestimmungen eines Verwaltungsakts zulässig (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.2019 – 8 C 14.18 – juris Rn. 13; U.v. 17.10.2012 – 4 C 5.11 – juris Rn. 5; U.v. 21.6.2007 - 3 C 39.06 – juris Rn. 20; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 23. Aufl. 2022, Rn. 88 ff.). Ausgehend hiervon ist vorliegend jedoch die Verpflichtungsklage i.S.d. § 42 Abs. 1 VwGO der statthafte Rechtsbehelf, wenn der Betroffene nicht die Aufhebung einer belastenden Nebenbestimmung als solcher, sondern nur eine Verbesserung seiner Rechtsstellung dergestalt erstrebt, dass im Rahmen der verfügten Nebenbestimmung eine längere Gestattung als die vom Beklagten ausgesprochene gewährt wird (vgl. OVG Saarl, U.v. 3.6.2015 – 1 A 276/14 – juris Rn. 33).
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Nichts anderes ergibt sich, sofern man die gegenüber dem Kläger ausgesprochene Befristung bis zum 31. Dezember 2027 als Inhaltsbestimmung begreift. Eine solche liegt immer dann vor, wenn der Verwaltungsakt mit einem anderen Inhalt ergeht als beantragt, der ergangene Verwaltungsakt also im Vergleich zum beantragten Verwaltungsakt ein aliud darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2012 – 8 ZB 11.528 – juris Rn. 15; Kopp/Ramsauer, VwVfG, a.a.O., § 36 Rn. 9 ff.; VG Regensburg, B.v. 27.8.2015 – RN 5 E 15.1234 – juris Rn. 27). Diese Auffassung begegnet hier jedoch gewissen rechtlichem Bedenken, da der Kläger in seinen Formblattanträgen auf Erteilung einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis keine Dauer der von ihm begehrten wasserrechtlichen Gestattung beantragt hat, so dass keine davon abweichende Entscheidung des Beklagten vorliegt. Da jedoch in beiden genannten Fällen die Verpflichtungsklage i.S.d. § 42 Abs. 1 VwGO statthaft ist, bedarf dies jedoch keiner abschließenden gerichtlichen Entscheidung.
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger besitzt keinen gerichtlich einklagbaren Anspruch auf Erteilung einer wasserrechtlich beschränkten Erlaubnis über den 31. Dezember 2027 hinaus.
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a) Ein Anspruch auf Verlängerung des Zeitraums der dem Kläger gewährten beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis über den 31. Dezember 2027 hinaus ergibt sich zunächst nicht aus Art. 31 Abs. 7 Satz 1 BayVwVfG. Nach dieser Vorschrift können Fristen, die von einer Behörde gesetzt sind, verlängert werden. Die Regelung in Art. 31 Abs. 7 Satz 1 BayVwVfG erfasst jedoch nur verfahrensrechtliche Fristen, nicht aber Fristen mit materiell-rechtlichem Charakter, also Fristen, die die Entstehung, den Inhalt oder den Verlust von Rechtspositionen betreffen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 31 Rn. 7).
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Bei der Festlegung des Zeitraums der Geltung einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis handelt es sich um eine materiell-rechtliche Frist. Während verfahrensrechtliche Fristen sich darauf beschränken, den Ablauf des jeweiligen Verwaltungsverfahrens zu ordnen, berühren materiell-rechtliche Fristen die materiell-rechtliche Position der Beteiligten und ihr Ablauf wirkt rechtsvernichtend (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.1993 – 6 C 10.92 – juris Rn. 16; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 31 Rn. 7; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 10. Aufl. 2023, § 31 Rn. 8). Mit Ablauf der wasserrechtlichen Gestattung zum 31. Dezember 2027 erlischt das dem Kläger eingeräumte Recht zur Grundwasserentnahme, sodass eine materiell-rechtliche Frist vorliegend in Streit steht, für die Art. 31 Abs. 7 Satz 1 BayVwVfG keine Geltung beansprucht.
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b) Der Kläger besitzt aber auch auf anderer rechtlicher Grundlage keinen Anspruch auf Erlass eines wasserrechtlichen Erlaubnisbescheids mit einer Geltungsdauer von 20 Jahren (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Das Vorhaben des Klägers bedarf nach §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 5, 10 Abs. 1 WHG einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Nach § 8 Abs. 1 WHG bedarf die Benutzung eines Gewässers der Erlaubnis oder der Bewilligung, soweit nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften etwas anderes bestimmt ist. Gewässerbenutzung i.S.d. Wasserhaushaltsgesetzes ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG auch das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser. Nach § 10 Abs. 1 WHG gewährt die Erlaubnis die Befugnis, die Bewilligung das Recht, ein Gewässer zu einem bestimmten Zweck in einer nach Art und Maß bestimmten Weise zu benutzen.
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Die grundsätzliche wasserrechtliche Genehmigungspflicht des Vorhabens des Klägers – Entnahme und Zutagefördern von Grundwasser zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen auf zwei Betriebsgrundstücken – wird vom Kläger nicht in Zweifel gezogen. Allerdings ist eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der wasserrechtlich beschränkten Erlaubnis in dem vom Kläger begehrten Umfang mit einer Laufzeit von 20 Jahren über die ihm erteilte Gestattung bis zum 31. Dezember 2027 hinaus, nicht gegeben.
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Gem. § 12 Abs. 1 WHG ist eine wasserrechtliche Erlaubnis zu versagen, wenn schädliche Gewässerveränderungen zu erwarten sind (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG) oder andere Anforderungen an öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht erfüllt werden (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG). Im Übrigen steht die Erteilung der Erlaubnis im pflichtgemäßen Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der Behörde (§ 12 Abs. 2 i.V.m. § 6 WHG). Bei Entscheidungen, die nach der gesetzlichen Ermächtigung in das Ermessen der Behörde gestellt sind, kann sich jedoch im Einzelfall aus dem Zusammenhang mit anderen Rechtsvorschriften oder angesichts der besonderen Umstände des konkreten Falls ergeben, dass aus rechtlichen Gründen nur eine einzige Entscheidung in Betracht kommt (vgl. hierzu allgemein Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 40 Rn. 30 ff.; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 40 Rn. 102a). Der Kläger hätte somit nur dann einen Anspruch auf Erteilung einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis mit einer Laufzeit von 20 Jahren, wenn sich das Bewirtschaftungsermessen zu seinen Gunsten insoweit auf Null reduziert hat.
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Anhaltspunkte für eine solche Konstellation sind hier weder ersichtlich noch dargetan. Insbesondere spricht auch nichts dafür, dass nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung ein Anspruch auf die Erteilung der Erlaubnis mit einer Geltungsdauer von 20 Jahren bestehen könnte (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, Kommentar, 12. Aufl. 2019, § 12 Rn. 35). Das wäre nur der Fall, wenn feststünde, dass der Beklagte ansonsten in ständiger Verwaltungspraxis wasserrechtliche Erlaubnisse mit der vom Kläger begehrten Geltungsdauer über 20 Jahre erteilen würde und kein sachlicher Grund für die im streitgegenständlichen Bescheid vom 25. April 2023 dem Kläger für die wasserrechtliche Benutzung eingeräumte Frist von fünf Jahren bestehen würde. Maßgeblich für die zu beurteilende Verwaltungspraxis ist dabei der Zeitpunkt der behördlichen Verbescheidung bzw. im Rahmen der hier statthaften Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 28. Aufl. 2022, § 113 Rn. 217).
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Die im streitgegenständlichen Bescheid in Ziffer II.1 erfolgte Befristung der dem Kläger erteilten beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis (Art. 15 BayWG) mit einer Geltungsdauer bis zum 31. Dezember 2027 begegnet keinen rechtlichen Bedenken, sodass der Kläger keinen weitergehenden Anspruch auf die von ihm begehrte Laufzeit von 20 Jahren besitzt. Nach Art. 15 Abs. 1 BayWG kann eine Erlaubnis i.S.d. § 10 Abs. 1 WHG (beschränkte Erlaubnis) erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 WHG nicht vorliegen oder nur eine beschränkte Erlaubnis beantragt wird. Zur vorgenommenen Befristung auf die Dauer von fünf Jahren hat das Wasserwirtschaftsamt . als wasserwirtschaftliche Fachbehörde i.S.d. Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG und in seiner Funktion als amtlicher Sachverständiger in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2023 ausgeführt, dass eine derartige Befristung auf die Dauer von fünf Jahren mittlerweile gängiger Verwaltungspraxis bei Grundwasserentnahmen entspricht. Das Wasserwirtschaftsamt folgt hierbei bei der Erstellung der erforderlichen hydrogeologischen Gutachten zur Grundwasserentnahme den vom Bayerischen Landesamt für Umwelt als wasserwirtschaftliche Fachbehörde erstellten Rahmenbedingungen für „Wasserentnahmen für die Bewässerung“ vom Oktober 2019 (https://www.....htm). In den dort festgelegten Rahmenbedingungen zur Begutachtung ist ausgeführt, dass im Jahr 2019 für den amtlichen Sachverständigen die bayernweit anzuwendenden Begutachtungsvorgaben für Bewässerungsentnahmen aus Oberflächengewässern und dem Grundwasser angesichts des Klimawandels und der zunehmenden Trockenheit überarbeitet wurden. Wesentliche Inhalte seien nunmehr der Einsatz von Wasserzählern oder eine Laufzeit der wasserrechtlichen Genehmigung von standardmäßig fünf Jahren für Entnahmebescheide sowie tageszeitliche Einschränkungen für verdunstungsanfällige Beregnungstechniken. Durch diese Rahmenbedingungen werde ein möglichst einheitlicher Vollzug in Bayern erreicht. Das örtlich zuständige Wasserwirtschaftsamt in seiner Funktion als amtlicher Sachverständiger lege die Rahmenbedingungen aufgrund der örtlichen Situation im konkreten Einzelfall fest.
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Diesen inhaltlichen Vorgaben ist das Wasserwirtschaftsamt nach seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung bei Erstellung des hydrogeologischen Gutachtens für die wasserrechtliche Gestattung des Klägers zur Grundwasserentnahme (Gutachten vom 11. April 2023) gefolgt. Es hat hierbei insbesondere auf die maßgebliche Gebietskulisse im D.tal und die dort vorhandenen vielfachen Grundwasserentnahmen zur Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen abgestellt. Eine den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzende Beurteilung vergleichbarer beantragter wasserrechtlicher Gestattungen ab dem Jahr 2019 bzw. nach Aussage der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung jedenfalls seit dem Jahr 2021 ist für die Kammer nicht ersichtlich. Den vom B. Landesamt für Umwelt im Jahr 2019 aufgestellten Rahmenbedingungen für die Grundwasserentnahme für die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen kommt ermessenslenkende Wirkung i.S.d. § 12 Abs. 2 WHG für die Begutachtung beantragter Grundwasserentnahmen zu, so dass ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorliegt. Soweit vor diesem Zeitraum wohl eine abweichende Verwaltungspraxis bestanden haben mag, kann dieser im jetzigen, maßgeblichen Zeitpunkt keine anspruchsbegründende Wirkung mehr zukommen. Aufgrund neuer Erkenntnisse ist eine Änderung der Verwaltungspraxis stets möglich, insbesondere in der dynamischen Materie des Wasserrechts.
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Weiter besteht bei wasserrechtlichen Streitigkeiten, in denen – wie hier – auf staatlicher Seite ein amtliches Gutachten des Wasserwirtschaftsamts vorliegt, die Besonderheit, dass diesem wegen dessen Fachkunde eine hervorgehobene Bedeutung zukommt. Will ein Beteiligter die fachlichen Aussagen des Wasserwirtschaftsamts ernsthaft erschüttern, bedarf es daher eines qualifizierten Vortrags, der sich nicht nur in ausreichendem Maß mit dem behördlichen Gutachten auseinandersetzt, sondern auch schlüssig aufzeigt, warum das dort gefundene Ergebnis nicht als vertretbar angesehen werden kann. Deren Richtigkeit kann nicht lediglich durch fachlich nicht fundierte Behauptungen in Zweifel gezogen werden (BayVGH, B.v. 7.4.2022 – 8 M 22.584 – juris Rn. 12; B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47; Drost, Das neue Wasserrecht, Stand: März 2023, Art. 63 BayWG, Rn. 30 m.w.N.).
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Darüber hinaus hat das Wasserwirtschaftsamt ... in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2023 überzeugend darauf hingewiesen, dass die fünfjährige Befristung in der hier streitgegenständlichen Gebietskulisse auch deshalb als sachgerecht und praktikabel erachtet werde, da dieser Zeitraum auch der landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsplanung der betroffenen Grundstücke entspreche. Auch vor diesem Hintergrund ist ein Verstoß gegen das Gebot der sachlichen Gleichbehandlung zulasten des Klägers vorliegend nicht ersichtlich.
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c) Ein Anspruch auf eine längere Befristung, wie sie der Kläger begehrt, ergibt sich auch nicht aus einer behördlichen Zusicherung (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Zwar ist es auch in wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren denkbar, Zusicherungen zu erteilen (vgl. die Regelung in Art. 68 Satz 3 BayWG; Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 12 Rn. 35), jedoch liegt eine solche hier zugunsten des Klägers nicht vor. Weder die zuständige Wasserrechtsbehörde des Beklagten noch das Wasserwirtschaftsamt ... als wasserwirtschaftliche Fachbehörde i.S.d. Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG haben dem Kläger eine längere als die im streitgegenständlichen Bescheid eingeräumte 5-Jahres-Frist für die beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zur Grundwasserentnahme in der für eine Zusicherung erforderlichen Schriftform in Aussicht gestellt.
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d) Eine Selbstbindung der Verwaltung ergibt sich auch nicht aus den Vereinbarungen der Beteiligten im nichtöffentlichen Erörterungstermin vom 7. Juli 2022. Insoweit wurde lediglich eine Übereinstimmung dahingehend erzielt, auf der Grundlage der Angaben des Klägers in dessen Antrag aus den Jahren 2017/ 2018 das wasserrechtliche Verfahren nach dessen vorläufigem ablehnenden Abschluss im Bescheid des Landratsamts ... vom 26. Februar 2021 erneut aufzunehmen und durch das zuständige Wasserwirtschaftsamt ein hydrogeologisches Gutachten zur Genehmigungsfähigkeit der beabsichtigten Grundwasserentnahme erstellen zu lassen. Die Befristung einer dem Kläger aufgrund des Fachgutachtens des Wasserwirtschaftsamts zu erteilenden wasserrechtlichen beschränkten Erlaubnis zur Grundwasserentnahme war hingegen nicht Gegenstand des nichtöffentlichen Erörterungstermins. Dies hat auch der anwaltliche Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2023 auf Nachfrage eingeräumt.
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e) Schließlich ergibt sich auch kein Anspruch des Klägers auf eine über den Zeitraum von fünf Jahren hinausgehende Befristung der ihm erteilten beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis aufgrund seines Vortrags in der mündlichen Verhandlung, dass der ihm lediglich eingeräumte 5-jährige Gestattungszeitraum -ungeachtet der Möglichkeit einer späteren erneuten wasserrechtlichen Gestattung der Benutzung – die von ihm beabsichtigten Investitionen in Brunnen und technische Ausstattung in Frage stellen würden. Zum einen betrifft dieser Einwand sämtliche in der entsprechenden Gebietskulisse vom Beklagten erteilten Erlaubnisse zur Grundwasserentnahme jedenfalls seit Änderung der wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch das Bayerische Landesamt für Umwelt ab dem Jahr 2019 in gleicher Weise. Zum anderen ist es nicht Aufgabe des hier streitgegenständlichen gerichtlichen Verfahrens, dem Kläger das jeweilige unternehmerische Risiko durch eine entsprechend verlängerte wasserrechtliche Erlaubnis abzunehmen. Vom Kläger selbst ist vielmehr die Entscheidung zu treffen, ob er das von ihm vorgetragene Investitionsrisiko trotz der eingeräumten Laufzeit bis zum 31. Dezember 2027 eingeht, oder entsprechende Einbußen in den Erntemengen aufgrund Trockenheit und fehlender Notbewässerung durch den Zukauf externer Ware zur Erfüllung seiner kaufmännischen Verpflichtungen kompensiert. Die hier streitgegenständliche wasserrechtlich beschränkte Erlaubnis gibt dem Kläger lediglich das Recht zur Grundwasserentnahme im eingeräumten Umfang, begründet aber nicht dessen Pflicht, die notwendigen Investitionen aufzuwenden, um von der Genehmigung Gebrauch zu machen zu können.
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3. Nach allem besitzt der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer wasserrechtlich beschränkten Erlaubnis zur Grundwasserentnahme mit einer Laufzeit von 20 Jahren (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Zwar mag der Kläger bei seiner Antragstellung in den Jahren 2017/2018 nach seiner subjektiven Vorstellung davon ausgegangen sein, einen Anspruch auf eine damals übliche 20-jährige wasserrechtliche Gestattung zu haben. Dabei hat es sich aber allenfalls um eine bloße „Chance“ gehandelt, zumal zum damaligen Zeitpunkt auch noch keine hydrogeologische Begutachtung durch das zuständige Wasserwirtschaftsamt stattgefunden hat. Für eine längere Befristung findet sich aber keine gesetzliche Grundlage. Auch stehen einer solchen die im maßgeblichen Zeitpunkt die Fachbehörde in ihrem Ermessen bindenden fachlichen Vorgaben des Bayerischen Landesamts für Umwelt entgegen.
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4. Nachdem die Befristung in Ziffer II.1 bis zum 31. Dezember 2027 nach den Darlegungen des Wasserwirtschaftsamts ... in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2023 dem Bewirtschaftungsermessen aus § 12 Abs. 2 WHG folgt und keinen im gerichtlichen Verfahren beachtlichen Ermessensfehlern i.S.d. § 114 VwGO unterliegt, besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Neuverbescheidung gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
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5. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).