Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 06.04.2023 – Au 9 K 22.30968
Titel:

Übergriffe gegenüber arabischen Sunniten – Alleinstehende und alleinerziehende Frauen im Irak

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
AsylG § 3, § 3b Abs. 1 Nr. 1, § 3c Nr. 3, § 3d, § 3e, § 4, § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 1
AufenthG § 59, § 60 Abs. 5, Abs. 7
Leitsätze:
1. Nur Alleinstehende und alleinerziehende Frauen im Irak, welche nicht auf den Schutz eines (männlich dominierten) Familienverbandes zurückgreifen können, bilden eine soziale Gruppe iSd § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG, weil die Verfolgung insoweit allein an das weibliche Geschlecht anknüpft (vgl. hierzu VGH München BeckRS 2022, 29751 für eine Asylbewerberin aus dem Jemen). (Rn. 26 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die dokumentierten Vorfälle von Übergriffen gegenüber Sunniten (insbesondere durch schiitische Milizen) weiten sich im Irak nicht derart aus, dass daraus für jeden sunnitischen Araber die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Vielmehr bleibt es bei "vereinzelten" Vorfällen. (Rn. 28 – 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Obwohl die Sicherheitslage im Irak prekär ist, liegt keine allgemeine Situation einer solchen extremen allgemeinen Gewalt vor, die es rechtfertigt, Rückkehrern generell Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 5 AufenthG iSv Art. 3 EMRK zu gewähren. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Irak, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (verneint), innerstaatliche Fluchtalternative, subsidiärer Schutz (verneint), Abschiebungsverbote (verneint), Rückkehr im Familienverband zumutbar, alleinstehende und alleinerziehende Frauen, Sunniten, Sicherheitslage, soziale Gruppe, geschlechtsspezifische Verfolgung, zumutbare Schutzalternative, Rückkehr im Familienverband
Fundstelle:
BeckRS 2023, 16610

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.  

Tatbestand

1
Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Gewährung subsidiären Schutzes bzw. hilfsweise die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten in den Irak bzw. einen anderen aufnahmebereiten Staat.
2
Die Kläger sind sämtlich irakische Staatsangehörige mit kurdischer Volkzugehörigkeit und muslimisch-sunnitischem Glauben.
3
Die Kläger reisten nach ihren eigenen Angaben am 18. September 2021 erstmalig auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie unter dem 1. Dezember 2021 Asylerstanträge stellten. Eine Beschränkung der Asylanträge gemäß § 13 Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) auf die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) erfolgte im Verfahren nicht.
4
Die persönliche Anhörung der Kläger zu 1) und 2) beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) erfolgte am 23. Februar 2022. Der Kläger zu 1) trug vor, am 13. Mai 2021 habe seine Ehefrau, die Klägerin zu 2), eine Party mit Freundinnen gefeiert und er sei nicht Zuhause gewesen. Der Vater des Klägers zu 1) und sein ältester Bruder seien zum Haus der Kläger gekommen und hätten gesehen, dass die Klägerin zu 2) und ihre Freundinnen in westlicher Kleidung und ohne Schleier gefeiert hätten. Der Vater des Klägers zu 1) habe die Klägerin zu 2) daraufhin heftig kritisiert und beleidigt. Der Vater des Klägers zu 1) habe von der Klägerin zu 2) verlangt, sich zu verschleiern und traditionell bzw. religiös zu leben. Der Vater des Klägers zu 1) habe weiter vom Kläger zu 1) verlangt, sich von seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2), zu trennen und damit einverstanden zu sein, dass die Klägerin zu 3) einen Sohn des ältesten Bruders des Klägers zu 1) heiraten solle. Die Zwangsverheiratung der Klägerin zu 3) habe verhindert werden sollen. Der Kläger zu 1) sei daraufhin einige Tage später mit seiner Ehefrau und den Kindern nach Sulaimaniyya umgezogen und habe dort eine Wohnung als Rückzugsort angemietet. Wegen seiner Arbeit und der Beantragung der Reisepässe bzw. Visa habe er nach Kirkuk zurückkehren müssen. Er sei dort von seinem Vater angefeindet worden. Die Familie habe den Irak verlassen, um die Klägerin zu 3) vor einer Zwangsheirat zu schützen. Der Vater des Klägers zu 1) habe weiter verlangt, dass die Klägerin zu 3) nicht mehr die Schule besuchen solle. Da die Ausstellung der Reisepässe und der Visa mehrere Wochen in Anspruch genommen habe, sei die Familie erst am 1. August 2021 legal per Flugzeug in die Türkei ausgereist. Auch vor dem 13. Mai 2021 habe es bereits Meinungsverschiedenheiten mit dem Vater und dem Bruder bezüglich der Zwangsheirat und des Schulbesuches der Klägerin zu 3) gegeben. Der Kläger zu 1) gab weiter an, im Irak eine eigene Werkstatt besessen zu haben und als Schmied gearbeitet zu haben. Die Ausreise aus dem Irak habe 60.000,00 US-Dollar für die Kläger gekostet, die er aus den Ersparnissen aus seiner Arbeit als Schmied finanziert habe. Ein Teil des Geldes stamme auch aus dem Verkauf des Haushaltes. Im Irak würden noch die Eltern, zwei Brüder, drei Schwestern und die Großfamilie des Klägers zu 1) leben. Zu seiner Mutter und zu seinen Schwestern stehe der Kläger zu 1) nach wie vor in Kontakt. Die Klägerin zu 2) trug bei ihrer Anhörung vor, dass sie Angst habe, dass der Schwiegervater und der Schwager die Klägerinnen zu 2) und 3) zwingen würden, nach ihrer Art zu leben und die Zwangsheirat der Klägerin zu 3) durchsetzen würden. Die Klägerin zu 2) habe im Irak als Friseurin gearbeitet. Sie sei im Friseursalon ihrer Cousine beschäftigt gewesen. Im Irak würden noch ihre Mutter, Onkel und Tanten leben.
5
Für das weitere Vorbringen der Kläger zu 1) und 2) wird auf die vom Bundesamt über die Anhörungen gefertigten Niederschriften verwiesen.
6
Mit Bescheid des Bundesamts vom 9. September 2022 (Gz.: *) wurden die Anträge der Kläger auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt (Nrn. 1 und 2 des Bescheids). Nr. 3. des Bescheids bestimmt, dass den Klägern auch der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wird. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen nicht vor (Nr. 4.). In Nr. 5. werden die Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung wurde den Klägern die Abschiebung in den Irak bzw. einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht. Nr. 6. des Bescheids ordnet das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristet es auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
7
Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Bundesamt aus, dass bei den Klägern die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte nicht vorlägen. Die Kläger seien keine Flüchtlinge im Sinne des § 3 AsylG. Aus dem Sachvortrag der Kläger sei bereits keine flüchtlingsschutzrelevante Verfolgungshandlung ersichtlich, die mit einem der in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe in direkter Verbindung stehe. Die innerfamiliären Auseinandersetzungen, die der Kläger zu 1) geschildert habe, seien hierfür nicht ausreichend. In Bezug auf die Gefahr einer Zwangsverheiratung der Klägerin zu 3) seien die Kläger auf die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative zu verweisen. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) lägen nicht vor. Gleiches gelte für das Vorliegen von Abschiebungsverboten. Eine Abschiebung sei gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig, wenn sich dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergebe. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen im Irak führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung der Kläger eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Zudem sei auch auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von diversen Rückkehrprogrammen zu verweisen, die zur Reintegration im Heimatland beitragen würden. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände der Kläger sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch eine Abschiebung nicht beachtlich. Besondere, gefahrerhöhende Umstände seien durch die Kläger bereits nicht vorgetragen worden. Auch die Verletzung anderer Menschenrechte oder Grundfreiheiten der EMRK komme nicht in Betracht. Es drohe den Klägern schließlich auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führe. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von 30 Tagen ergebe sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnet und nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Diese Befristung sei vorliegend auch angemessen. Die Kläger verfügten im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen gewesen seien.
8
Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Bundesamts vom 9. September 2022 wird ergänzend verwiesen.
9
Der vorbezeichnete Bescheid wurde den Klägern mit Postzustellungsurkunde am 16. September 2022 bekanntgegeben.
10
Die Kläger haben gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 20. September 2022 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragen,
11
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 9. September 2022, Gz.:, wird in Ziffern 1, 3 bis 6 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
12
Eine Begründung der Klage ist nicht erfolgt.
13
Das Bundesamt ist für die Beklagte der Klage mit Schriftsatz vom 26. September 2022 entgegengetreten und beantragt,
14
die Klage abzuweisen.
15
Zur Begründung wurde auf den mit der Klage angegriffenen Bescheid Bezug genommen.
16
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. Februar 2023 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
17
Am 6. April 2023 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der die Kläger zu 1) bis 4) informatorisch angehört wurden, wird auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19
Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage der Kläger verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2023 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung vom 6. April 2023 form- und fristgerecht geladen worden.
20
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 9. September 2022 (Gz.: *) ist rechtmäßig und nicht geeignet, die Kläger in ihren Rechten zu verletzen. Die Kläger besitzen keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), auf Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) bzw. auf Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zur Begründung wird auf die umfassenden und zutreffenden Gründe des Bescheids des Bundesamts Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt.
21
1. Die Kläger besitzen keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG.
22
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
23
Die Tatsache, dass der Ausländer bereits verfolgt oder von Verfolgung unmittelbar bedroht war, ist dabei ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, wenn nicht stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass er neuerlich von derartiger Verfolgung bedroht ist. Hat der Asylbewerber seine Heimat jedoch unverfolgt verlassen, kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm auf Grund von Nachfluchttatbeständen eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dabei ist es Sache des Ausländers, die Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Dabei genügt für diesen Tatsachenvortrag auf Grund der typischerweise schwierigen Beweislage in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
24
Wer bereits Verfolgung erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei der Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus (vgl. BVerfG, B.v. 12.2.2008 – 2 BvR 2141/06 – juris Rn. 20; VG Köln, U.v. 26.2.2014 – 23 K 5187/11.A – juris Rn. 26).
25
In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben ist den Klägern die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen.
26
Die von den Klägern angeführte Gefahr einer Zwangsheirat für die Klägerin zu 3) ist nicht geeignet, zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu führen. Zwar kann eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (§ 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG) auch dann vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht anknüpft. Allerdings bilden nur alleinstehende und alleinerziehende Frauen im Irak, welche nicht auf den Schutz eines (männlich dominierten) Familienverbandes zurückgreifen können, eine derart bestimmte soziale Gruppe, weil die Verfolgung insoweit allein an das weibliche Geschlecht anknüpft (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 4.10.2022 – 15 ZB 22.30779 für eine Asylbewerberin aus dem Jemen; VG des Saarlandes, U.v. 15.11.2022 – 6 K 323/21 – juris Rn. 26; VG Hannover, U.v. 24.3.2022 – 6 A 3392/17 – juris; VG Greifswald, U.v. 16.2.2022 – 6 A 894/20 HGW – juris; VG Bayreuth, U.v. 7.6.2022 – B 3 K 21.30696 – juris).
27
Eine derartige geschlechtsspezifische Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3b Abs. 1 Nr. 4 letzter Halbs. AsylG kann vorliegend ausgeschlossen werden, da die Kläger bei einer Rückkehr in den Irak als intakte geschlossene Familie zurückkehren werden, sodass die geltend gemachte Verfolgungsfurcht für die Klägerin zu 3) bereits durch den männlich dominierten Familienverband ausgeschlossen werden kann. Der Einzelrichter ist überdies der Überzeugung (§ 108 Abs. 1 VwGO), dass der Kläger zu 1) in der Lage ist, für einen entsprechenden Schutz der weiblichen Familienangehörigen zu sorgen. Überdies besteht für die Familie bei einer Rückkehr in den Irak die zumutbare Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative i.S.v. § 3e AsylG. Eine solche liegt für das erkennende Gericht nahe, zumal die Kläger im Verfahren selbst vorgetragen haben, bereits als Familienverbund von Kirkuk nach Sulaimaniyya umgezogen zu sein, um der von ihnen geltend gemachten Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure (§ 3c Nr. 3 AsylG) auszuweichen. Es ist nicht ersichtlich, warum den Klägern bei einer Rückkehr in den Irak die erneute Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative innerhalb der autonomen Region Kurdistan (RKI) nicht erneut gelingen könnte. Eine solche innerstaatliche Migration ist hier für die klägerische Familie auch durchaus unschwer möglich, da Kirkuk als der gewöhnliche Aufenthaltsort der Kläger seit Juli 2014 unter kurdischer Kontrolle ist und beispielsweise Sulaimaniyya im Gebiet der Autonomen Region Kurdistan (RKI) liegt.
28
Eine begründete Furcht der Kläger vor Verfolgung wegen ihrer Zugehörigkeit zur muslimisch-sunnitischen Religion kann das Gericht ebenfalls nicht feststellen.
29
Den Klägern ist zunächst nicht in Folge der allgemeinen Lage für Sunniten die Flüchtlingseigenschaft einzuräumen (vgl. § 3 b Abs. 1 Nr. 1 AsylG). Es trifft zwar zu, dass Sunniten immer wieder wegen ihrer Glaubensrichtung stigmatisiert werden (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 25.10.2021, S. 11, 17). Die dokumentierten Vorfälle von Übergriffen gegenüber Sunniten (insbesondere durch schiitische Milizen) weiten sich aber im Irak nicht derart aus, dass daraus für jeden sunnitischen Araber die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht (vgl. VG Berlin, U.v. 17.11.2021 – 25 K 634.17 A – juris), vielmehr bleibt es bei „vereinzelten“ Vorfällen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 25.10.2021, S. 17). Der Umfang der Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter, die alleine an die sunnitische Religionszugehörigkeit anknüpfen, rechtfertigt insbesondere in Relation zu der Größe dieser Gruppe nicht die Annahme einer alle Mitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung. Ein flächendeckendes Vorgehen gegen arabische Sunniten – welche 17 bis 22 Prozent der irakischen Bevölkerung ausmachen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 25.10.2021, S. 8) – ist nicht erkennbar (vgl. BayVGH, B. v. 29.4.2020 – 5 ZB 20.30994 – juris Rn. 3 ff.). Die Verfolgungshandlungen, denen die sunnitische Bevölkerungsgruppe – alleine wegen der sunnitischen Religionszugehörigkeit – im Irak ausgesetzt ist, weisen mithin die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte nicht auf (vgl. NdsOVG, B.v. 5.11.2020 – 9 LA 107/20 – juris Rn. 9 ff.).
30
Nach allem besitzen die Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. §§ 3 ff. AsylG. Die insoweit im angegriffenen Bescheid erfolgte Ablehnung ist mithin rechtmäßig und nicht geeignet, die Kläger in ihren Rechten zu verletzen.
31
2. Die Kläger haben aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung eines subsidiären Schutzstatus i.S.v. § 4 AsylG. Ein solcher kommt insbesondere nicht im Hinblick auf die schlechte humanitäre Lage der Kläger bei einer Rückkehr in ihre Herkunftsregion in Betracht.
32
Für eine mögliche Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte und haben die Kläger auch nichts dargetan (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG).
33
Des Weiteren begründet die allgemeine humanitäre Situation im Irak nicht die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Es fehlt vorliegend bereits an dem erforderlichen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur, von dem insoweit eine zielgerichtete unmenschliche oder erniedrigende Behandlung ausgehen müsste. Für die Zuerkennung subsidiären Schutzes infolge einer allgemein schlechten humanitären Lage bedarf es einer direkten oder indirekten Aktion eines staatlichen oder nichtstaatlichen Akteurs i.S.d. § 3c i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG – die ein auf die bewirkten Effekte gerichtetes Handeln oder gar Absicht jenseits nicht intendierter Nebenfolgen erfordert –, auf deren Basis der (nicht-)staatliche Akteur die unmenschliche Lebenssituation im Sinne einer Zurechenbarkeit zu verantworten hat (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.2020 – 1 C 11.19 – juris Rn. 13 m.w.N.). Die im Irak vorherrschende insgesamt schwierige humanitäre Lage wird durch die langanhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen, die Sicherheitslage, die fragliche Staatlichkeit, die innerstaatlichen Territorialkonflikte, die fortbestehenden konfessionellen bzw. ethnischen Auseinandersetzungen, die weiterhin unbefriedigende wirtschaftliche Entwicklung und die herrschenden Umweltbedingungen beeinflusst und bestimmt. Es ist aber nicht festzustellen, dass einem der in Betracht kommenden staatlichen oder nichtstaatlichen Akteure im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung ein solcher Beitrag hieran anzulasten wäre, der nach den dargestellten Maßstäben zur Zurechenbarkeit im Rahmen der Gewährung subsidiären Schutzes führte. Es liegt fern, dass die die humanitäre Situation bestimmenden Umstände von einem solchen Akteur gezielt herbeigeführt worden wären bzw. aufrechterhalten würden.
34
Es ist ferner auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger eine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG). Dabei kann die Qualifizierung der fortbestehenden Auseinandersetzungen im Irak als ein solcher Konflikt dahinstehen, da jedenfalls keine beachtliche Schadenswahrscheinlichkeit für die Kläger besteht. Gefahrerhöhende Umstände sind für den Kläger nicht ersichtlich. Das quantifizierbare Risiko, allein durch die Anwesenheit im Nordirak Opfer eines Konflikts zu werden, ist daher so gering, dass nicht von einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgegangen werden kann. Auch eine wertende Gesamtbetrachtung der aktuellen Situation unter umfassender Berücksichtigung der weiteren, die Situation des Iraks bzw. der betroffenen Region kennzeichnenden Umstände, rechtfertigt keine abweichende Einschätzung im Vergleich zu dieser quantitativen Ermittlung des Tötungs- oder Verletzungsrisikos (vgl. zu diesen Kriterien EuGH, U.v. 10.6.2021 – C-901/19 – juris Rn. 43).
35
3. Abschiebungsverbote zugunsten der Kläger bestehen ebenfalls nicht.
36
Gründe für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht erkennbar. Danach darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) – EMRK – ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Eine Verletzung des Art. 3 EMRK kommt in besonderen Ausnahmefällen auch bei „nichtstaatlichen“ Gefahren aufgrund prekärer Lebensbedingungen in Betracht, bei denen ein „verfolgungsmächtiger Akteur“ (§ 3c AsylG) fehlt, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ mit Blick auf die allgemeine wirtschaftliche Situation und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung sind (BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – juris Rn. 12). Das für Art. 3 EMRK erforderliche „Mindestmaß an Schwere“ (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – juris Rn. 13) kann erreicht sein, wenn die Personen ihren existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern können, kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten. Die Unmöglichkeit der Sicherung des Lebensunterhalts kann auf der Verhinderung eines Zugangs zum Arbeitsmarkt oder auf dem Fehlen staatlicher Unterstützungsleistungen beruhen (vgl. BVerwG, B.v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 – juris Rn.11). In seiner jüngeren Rechtsprechung stellt der Gerichtshof der Europäischen Union darauf ab, ob sich die betroffene Person „unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not“ befindet, „die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre“ (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17 – juris Rn. 90). Im Ergebnis kommt es auf eine Würdigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls an (EGMR, U.v. 5.11.2019 – 32218/17 – NVwZ 2020, 538 Rn. 40; BVerwG, B.v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 – juris Rn. 11), wobei neben der Bewertung der tatsächlichen Lage in der Heimatregion des Rückkehrers zahlreiche weitere Faktoren zu berücksichtigen sind, etwa dessen Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Gesundheitszustand, Familienanschluss und mögliche beziehungsweise zu erwartende Unterstützungsleistungen.
37
Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger in extreme materielle Not geraten könnten. Die Versorgungslage im Irak ist grundsätzlich angespannt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 25.10.2021, S. 24). Die Erkenntnismittel beschreiben einen deutlichen Hilfsbedarf, aber keine flächendeckende Extremsituation in dem Sinne, dass die Menschen ihre elementarsten Bedürfnisse nicht mehr befriedigen könnten. Dies gilt bereits unabhängig von dem Lebensmittelsubventionsprogramm des irakischen Staates für Familien mit geringem Einkommen und den internationalen Unterstützungsleistungen an Rückkehrer (vgl. hierzu VG Berlin, U.v. 13.1.2022 – 29 K 120.17 A – UA S. 10 f.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 25.10.2021, S. 25). Obwohl die Sicherheitslage im Irak prekär ist, liegt keine allgemeine Situation einer solchen extremen allgemeinen Gewalt vor, die es rechtfertigt, Rückkehrern generell Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 5 AufenthG i.S.v. Art. 3 EMRK zu gewähren (vgl. NdsOVG, U.v. 24.9.2019 – 9 LB 136/19 – juris Rn. 128 ff).
38
Den Klägern ist es durchaus zumutbar, in ihr Heimatland zurückzukehren. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Überlegungen. Vor der Ausreise aus dem Irak sind innerhalb der Familie der Kläger sowohl der Kläger zu 1) als auch die Klägerin zu 2) einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen. Auch waren die gemeinsamen Kinder, die Kläger zu 3) bis 5) zu diesem Zeitpinkt ebenfalls bereits vorhanden. Die Klägerin zu 2) war vor ihrer Ausreise im Irak als Friseurin im Ladengeschäft ihrer Cousine tätig. Der Kläger zu 1) verfügt über eine Ausbildung als Schmied und war zuletzt über mehrere Jahre als Inhaber eines kleinen Geschäftes, das Fensterrahmen hergestellt hat, selbstständig tätig. In diesem Geschäft verfügte der Kläger zu 1) auch über zwei Angestellte. Darüber hinaus sind die Kläger auf die Inanspruchnahme staatlicher Rückkehrhilfen zu verweisen.
39
Damit liegt ein außergewöhnlicher Fall, in dem die humanitären Gründe gegen eine Abschiebung „zwingend“ sind, nicht vor. Die Kläger dürften aufgrund ihrer persönlichen Situation in der Lage sein, ihre elementaren Bedürfnisse trotz der im Allgemeinen schwierigen Bedingungen sicherstellen zu können.
40
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenso nicht feststellbar.
41
Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Dieser Vorschrift setzt eine individuelle und konkrete zielstaatsbezogene Gefahr voraus (BVerwG, U.v. 25.11.1997 – 9 C 58.96 – juris Rn. 3 ff.). Die befürchtete Verschlechterung muss zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führen, also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besondere Intensität erwarten lassen (vgl. BVerwG, B.v. 24.5.2006 – 1 B 118.05 – juris Rn. 4). Solange diese Grenzen nicht überschritten sind, ist es wiederrum unerheblich, sofern die medizinische Versorgung im Zielstaat nicht mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG).
42
Anhand dieser Maßstäbe lässt sich aus dem klägerischen Vortrag nicht auf ein Abschiebungsverbot schließen. Die Kläger haben im Verfahren keine gesundheitlichen Einschränkungen geltend gemacht. Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) haben sich selbst als gesund und durchaus erwerbsfähig bezeichnet. Für die von der Klägerin zu 2) angeführte Mandelerkrankung (Unterfunktion) wurden im Verfahren bereits keine ärztlichen Unterlagen vorgelegt.
43
Damit liegen im Ergebnis keine Gründe vor, welche die hilfsweise beantragte Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Irak rechtfertigen.
44
4. Die Ausreiseaufforderung und die gleichzeitig erfolgte Abschiebungsandrohung gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG, § 38 Abs. 1 AsylG begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Gleiches gilt für die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf der Grundlage des § 11 Abs. 1, 2 AufenthG. Das Bundesamt hat insoweit das ihm zukommende Ermessen erkannt und dieses im Rahmen der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung nach § 114 VwGO ordnungsgemäß ausgeübt.
45
5. Nach allem war die Klage daher mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen haben die Kläger die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
46
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.