Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 15.05.2023 – B 5 E 23.251
Titel:

Konkurrenteneilverfahren, Leistungsvergleich eines Beamten eines höheren Statusamtes mit einem Beamten eines niedrigeren Statusamtes im Rahmen eines Auswahlverfahrens

Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 2
Schlagworte:
Konkurrenteneilverfahren, Leistungsvergleich eines Beamten eines höheren Statusamtes mit einem Beamten eines niedrigeren Statusamtes im Rahmen eines Auswahlverfahrens
Fundstelle:
BeckRS 2023, 16377

Tenor

1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den am 08.09.2022 ausgeschriebenen Dienstposten des Schulleiters/der Schulleiterin (A16) für das staatliche berufliche Schulzentrum … mit staatlicher Berufsschule, mit staatlichen Berufsfachschulen für Kinderpflege, für Sozialpflege, für Ernährung und Versorgung und mit staatlicher Berufsfachschule für Assistenten für Hotel- und Tourismusmanagement mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 23.587,41 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die Entscheidung des Antragsgegners, den Dienstposten des Schulleiters für das berufliche Schulzentrum … mit dem Beigeladenen zu besetzen.
2
In der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 08.09.2022 (…) wurde unter Ziffer 1.3 die Stelle des Schulleiters/der Schulleiterin (A16) für das staatliche berufliche Schulzentrum … mit staatlicher Berufsschule, mit staatlichen Berufsfachschulen für Kinderpflege, für Sozialpflege, für Ernährung und Versorgung und mit staatlicher Berufsfachschule für Assistenten für Hotel- und Tourismusmanagement mit Wirkung vom 18.02.2023 ausgeschrieben (BayMBl. 2022 Nr. 550). Auf die Ausschreibung hin sind bei der Regierung von Oberfranken sieben Bewerbungen eingegangen, u.a. die des Antragstellers und des Beigeladenen.
3
Der am ...1965 geborene Antragsteller ist als Lehrer am staatlichen beruflichen Schulzentrum … beschäftigt. Er steht im Statusamt eines Studiendirektors mit Amtszulage (A15+AZ) im Dienst des Antragsgegners. Seit 01.12.2011 hat der Antragsteller die Funktion des Ständigen Vertreters des Schulleiters des beruflichen Schulzentrums … inne. Die Beförderung zum Studiendirektor erfolgte im Mai 2011 aufgrund seiner damaligen Funktion als Mitarbeiter in der Schulleitung. Die Verleihung des Amtes eines Studiendirektors mit Amtszulage fand am 01.07.2014 statt. Im Rahmen seiner periodischen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2018 wurde dem Antragsteller im Statusamt eines Studiendirektors mit Amtszulage (A15+AZ) im Gesamturteil das Prädikat BG (Leistung, die die Anforderungen besonders gut erfüllt) sowie die Verwendungseignung „Schulleiter“ zuerkannt. Der Antragsteller erfüllt die in der Bekanntmachung des Kultusministeriums (KMBek) vom 19.12.2006 vorgeschriebene Anzahl an Führungsfortbildungen mit 22 Halbtagen. Ein aktuell gültiges Praktikum im Umfang von acht Tagen hat er nachgewiesen und im Zeitraum vom 16.08. bis 25.08.2021 absolviert.
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Der am … geborene Beigeladene ist als Lehrer an der staatlichen Berufsschule … beschäftigt. Er steht im Statusamt eines Studiendirektors mit Amtszulage (A15+AZ) im Dienst des Antragsgegners. Seit August 2021 hat der Beigeladene die Funktion des Ständigen Vertreters des Schulleiters der Berufsschule … inne. Im Dezember 2012 wurde er aufgrund der seit 01.10.2010 ausgeübten Funktion als Mitarbeiter der Schulverwaltung zum Studiendirektor befördert. In der periodischen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2018 wurde dem Beigeladenen im Statusamt eines Studiendirektors (A15) das Gesamturteil BG zuerkannt. Unter Verwendungseignung (Ziffer 4) wurde ausgeführt, dass der Beigeladene die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen für Führungsaufgaben erfülle. Er eigne sich besonders für die Funktion des Ständigen Vertreters des Schulleiters oder für eine Tätigkeit in der Schulaufsicht. Eine Anlassbeurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 01.10.2019 bis 11.11.2020 – im Statusamt eines Studiendirektors (A15) – lautete im Gesamturteil auf das Prädikat BG: Darüber hinaus heißt es unter Ziffer 4 (Verwendungseignung), dass sich der Beigeladene besonders für die Funktion des Schulleiters oder für eine Tätigkeit in der Schulaufsicht eigne. Zudem erfüllt er die in der KMBek vom 19.12.2006 vorgeschriebene Anzahl an Führungsfortbildungen mit 40 Halbtagen. Ein aktuell gültiges Praktikum im Umfang von acht Tagen hat er nachgewiesen und im Zeitraum vom 19.04. bis 01.09.2022 absolviert.
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Im Rahmen eines Schreibens vom 15.12.2022 an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus führt die Regierung von Oberfranken aus, dass die Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen fortgeschrieben würden, sofern Anlassbeurteilungen zu erstellen seien. Beigeladener und Antragsteller seien vom Leistungsbild her nahezu identisch. Der Antragsteller verfüge – im Gegensatz zum Beigeladenen – über eine langjährige Erfahrung in der Funktion des Ständigen Vertreters, dies könne der Beigeladene aber zum großen Teil durch seine ebenfalls langjährige Tätigkeit als Mitarbeiter in der Schulleitung kompensieren. Bei dem Bewerberportfolio „Führungskräfte“ falle auf, dass der Antragsteller über 50% der Fortbildungen aus dem Bereich Schulverwaltung und Schulorganisation besucht habe. Bezogen auf eine wünschenswerte breite Streuung der Fortbildungsthemen sei das Portfolio der Lehrkraft damit sehr einseitig angelegt und nicht unbedingt zielführend für die angestrebte Funktion. Dagegen habe der Beigeladene fast doppelt so viele Halbtage an Führungsfortbildungen eingebracht und dabei den Fokus auf die Bereiche Führung, Kommunikation, Umgang mit Konflikten sowie Qualitätsmanagement und Evaluation gelegt. Dabei handele es sich um Fortbildungsbereiche, die aus Sicht der Regierung von Oberfranken wichtig für eine erfolgreiche Ausübung der Funktion eines Schulleiters seien. Auch vor dem Hintergrund, dass Bewerberinnen und Bewerber vorrangig berücksichtigt würden, wenn sie im Laufe der letzten fünf Jahre bei ansonsten im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht mindestens während der Hälfte ihrer individuellen Unterrichtspflichtzeit an dieser Schule eingesetzt gewesen seien, spreche aus Sicht der Regierung von Oberfranken für den Beigeladenen. Der Antragsteller sei seit 1994 am Beruflichen Schulzentrum … als Lehrkraft tätig, auch der im Februar 2023 ausscheidende Schulleiter stamme aus dem eigenen Kollegium. Insofern würde der Schule für ihre Weiterentwicklung ein Impuls von außen sehr guttun.
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Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 07.03.2023 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass seine Bewerbung nicht habe berücksichtigt werden können und der Beigeladene für die Stelle vorgesehen sei.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 24.03.2023, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, beantragt der Antragsteller,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Stelle des Schulleiters des staatlichen beruflichen Schulzentrums … mit staatlicher Berufsschule, mit staatlichen Berufsfachschulen für Kinderpflege, für Sozialpflege, für Ernährung und Versorgung und mit staatlicher Berufsfachschule für Assistenten für Hotel- und Tourismusmanagement zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.
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Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 28.04.2023 ausgeführt, dass die Beurteilungslage bei Antragsteller und Beigeladenem nicht im Wesentlichen gleich sei. Der Antragsteller habe in der periodischen Beurteilung vom 02.01.2019 im Statusamt eines Studiendirektors mit Amtszulage (A15+AZ) das Gesamtprädikat BG erhalten. Demgegenüber sei dem Beigeladenen in der Anlassbeurteilung vom 12.11.2020 das Prädikat BG im Statusamt eines Studiendirektors (A15) zuerkannt worden. Mithin wiesen die Beurteilung des Antragstellers vom 02.01.2019 und die Anlassbeurteilung des Beigeladenen vom 12.11.2020 zwar das identische Beurteilungsprädikat aus, sie bezögen sich jedoch auf unterschiedliche Statusämter. Denn bei Ämtern gleicher Besoldungsgruppe mit und ohne Amtszulage handele es sich um zwei statusrechtlich verschiedene Ämter. Um die Zulage zu erhalten, bedürfe es zumindest eines ernennungsähnlichen Verwaltungsakts; die bloße Übertragung eines entsprechenden Dienstpostens genüge hierfür nicht. So sei auch im Fall des Beigeladenen zu berücksichtigen, dass dieser mit Wirkung vom 03.08.2021 zwar zum Ständigen Vertreter des Schulleiters der staatlichen Berufsschule … bestellt worden sei, die Beförderung zum Studiendirektor mit Amtszulage sei jedoch erst im November 2021 erfolgt. Ebenso sei unzutreffend, dass die langjährige Erfahrung des Antragstellers in der Funktion des Ständigen Vertreters durch die langjährige Tätigkeit des Beigeladenen als Mitarbeiter in der Schulleitung kompensiert werden könne. Bei der Tätigkeit als Ständiger Vertreter des Schulleiters des beruflichen Schulzentrums …, welche dem Antragsteller im Dezember 2011 verliehen worden sei, handele es sich um Aufgaben, die nach A15+AZ bewertet seien. Demgegenüber sei der Dienstposten als Mitarbeiter in der Schulverwaltung dem Statusamt A15 zuzuordnen. Es handele sich mithin um Tätigkeiten unterschiedlicher Wertigkeit. Zudem sei die Feststellung der Regierung von Oberfranken, dass die Anlassbeurteilung des Beigeladenen fortgeschrieben werden würde, wenn zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung eine Anlassbeurteilung erstellt werden müsste, nicht nachvollziehbar. Insofern sei zu beachten, dass sich der Beigeladene zu diesem Zeitpunkt im Dezember 2022 gerade ein Jahr im höheren Statusamt befunden habe. Diesbezüglich gelte der Erfahrungssatz, dass das im vorherigen Amt vergebene Gesamturteil bei der erstmaligen Beurteilung nach einer Beförderung in der überwiegenden Zahl der Fälle herabzustufen sei. Dies bedeute nicht, dass an den nach einer Beförderung erstmals Beurteilten strengere Maßstäbe anzulegen wären als an die übrigen Angehörigen der neuen Vergleichsgruppe, sondern dass die für alle der Vergleichsgruppe zugehörigen Beamten gleichen Anforderungen des Beförderungsamtes höher seien als diejenigen des niedrigeren Statusamtes vor der Beförderung, sodass im Regelfall nur eine weitere Leistungssteigerung das Absinken in der Benotung verhindern könne. Dass eine solche Leistungssteigerung beim Beigeladenen innerhalb eines Jahres erfolgt sei, erscheine höchst fraglich. Da eine im Wesentlichen gleiche Beurteilungslage zwischen Antragsteller und Beigeladenem nicht vorgelegen habe, habe die Auswahl nicht nach weiteren Merkmalen getroffen werden können. Im Übrigen sei im Hinblick auf die weiteren Ausführungen der Regierung von Oberfranken zu berücksichtigen, dass der Beigeladene in der Regelbeurteilung 2018 beim Einzelmerkmal „Führungsverhalten“ die Bewertung UB erhalten habe und ein Großteil der vom Beigeladenen absolvierten Führungsfortbildungen in den Zeitraum vor der Anlassbeurteilung vom 12.11.2020 gefallen sei. Insofern seien die absolvierten Fortbildungen in diesem Bereich durch die Vergabe der höheren Bewertung BG für das Einzelmerkmal Führungsverhalten in der Anlassbeurteilung vom 12.11.2020 honoriert worden. Dagegen verfüge der Antragsteller seit Übertragung der Funktion des Ständigen Vertreters des Schulleiters im Dezember 2011, somit seit über zehn Jahren, über tatsächliche Führungserfahrung, wobei er in dieser Funktion für das Einzelmerkmal „Führungsverhalten“ in der Regelbeurteilung vom 02.01.2019 die Bewertung BG erhalten habe.
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Der Antragsgegner sicherte am 24.03.2023 fernmündlich sowie mit Schriftsatz vom 05.04.2023 zu, die streitbefangene Stelle vorläufig nicht zu besetzen. Weiter wird ausgeführt, dass laut der Ausschreibung Bewerberinnen und Bewerber für die Besetzung der Stelle eines Schulleiters vorrangig berücksichtigt würden, wenn sie im Laufe der letzten fünf Jahre bei ansonsten im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht mit mindestens der Hälfte ihrer individuellen Unterrichtspflichtzeit an der zu leitenden Schule eingesetzt gewesen seien. Gerade dieses Kriterium habe die Regierung von Oberfranken bei der Bewertung der eingegangenen Bewerbungen herangezogen. Auch wenn sich zunächst ein nahezu identisches Leistungsbild bei dem Antragsteller und dem Beigeladenen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ergebe (Auswahlgespräch, Bewertung in den Superkriterien und vorhandene Erfahrung als Ständiger Vertreter bzw. als Mitarbeiter in der Schulleitung), sei ein für die Auswahlentscheidung entscheidender Vorsprung des Beigeladenen deshalb auszumachen, weil dieser bislang nicht am staatlichen beruflichen Schulzentrum …, sondern an der staatlichen Berufsschule … Dienst getan habe, also ein Bewerber „von außen“ sei. Im Gegensatz dazu falle die fast dreißigjährige Tätigkeit des Antragstellers an derselben Schule ins Gewicht, für deren Leitung er sich beworben habe.
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Mit Beschluss vom 13.04.2023 wurde der erfolgreiche Bewerber zum Verfahren beigeladen. Er hat sich weder geäußert noch Anträge gestellt.
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Mit Schriftsatz vom 09.05.2023 beantragt der Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass die periodische dienstliche Beurteilung des Antragstellers, auf deren Grundlage die Regierung von Oberfranken als für die dienstlichen Beurteilungen der staatlichen Lehrkräfte im Statusamt A15 mit Amtszulage zuständige Behörde festgestellt habe, dass diese im Falle der Erstellung einer Anlassbeurteilung fortzuschreiben wäre, und die fortgeschriebene Anlassbeurteilung des Beigeladenen tatsächlich in unterschiedlichen Statusämtern erstellt worden seien. Dies begegne materiell jedoch keinen Bedenken, da zum Zeitpunkt der Fortschreibung Antragsteller wie Beigeladener das Statusamt A15 mit Amtszulage innegehabt hätten und die Regierung für die dienstliche Beurteilung beider zuständig gewesen sei (Abschnitt A Nr. 4.6.1.1 der Richtlinie für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte sowie der Schulleiterinnen und Schulleiter an Schulen in Bayern vom 27. April 2021 [BayMBl. Nr. 331]). Dabei stehe der Regierung – wie jedem anderen Beurteiler auch – zu, im Rahmen der gelichmäßigen Anwendung der Beurteilungsgrundsätze in den Richtlinien die Einzelmerkmale und das Gesamtprädikat festzulegen. Erwägungen, wie die seitens des Antragstellers vorgetragenen, wonach erste Beurteilungen in einem neuen Statusamt immer schlechter ausfallen müssten als im bisher innegehabten Amt, mögen theoretisch interessant seien, sie würden jedoch den konkreten Beurteiler nicht binden. Jedenfalls sei weder ersichtlich noch habe dargelegt werden können, dass die Erwägungen der Regierung auf unsachlicher Grundlage erfolgt seien. Sicherlich wäre es formal vorzuziehen gewesen, die Regierung hätte förmliche Anlassbeurteilungen erstellt. Dies sei Mitte Dezember 2022, als die Regierung ihre Fortschreibung vorgenommen habe, unterblieben, auch im Hinblick auf die zum 31.12.2022 erfolgte periodische dienstliche Beurteilung beider Beamter, da diese Verfahren zu diesem Zeitpunkt bereits weit fortgeschritten gewesen seien. Die beiden periodischen Beurteilungen, die dem Auswahlvermerk leider nicht hätten zugrunde gelegt werden können, da die des Antragstellers Ende Februar 2023 noch nicht eröffnet gewesen sei, bestätigten die von der Regierung vorgenommenen Fortschreibungen voll inhaltlich. Somit bleibe es bei der Feststellung der im Wesentlichen gleichen Eignung der beiden Bewerber im Hinblick auf Beurteilung und Auswahlgespräch. Die konkrete Auswahl könne damit weiter auf die stellenbezogene Anforderung des Vorzugs eines Außenbewerbers gestützt werden.
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In Erwiderung hierauf führt der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 11.05.2023 aus, dass der getroffenen Auswahlentscheidung allein die periodische Beurteilung des Antragstellers vom 02.01.2019 und die Anlassbeurteilung des Beigeladenen vom 12.11.2020 zugrunde gelegt worden seien. Hypothetische bzw. künftige Beurteilungen spielten keine Rolle.
14
Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
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1. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in der Sache Erfolg.
16
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Ist die geltend gemachte materielle Rechtsposition grundsätzlich sicherungsfähig, hängt die Bejahung eines Anordnungsanspruchs regelmäßig davon ab, welche Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren bestehen. Die gerichtliche Überprüfung der hier streitgegenständlichen Auswahlentscheidung ist im Hauptsacheverfahren – verfassungsrechtlich unbeanstandet – grundsätzlich darauf beschränkt, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über die Bewerbung entschieden hat. Dagegen kann der unterlegene Bewerber – von dem unwahrscheinlichen Fall einer Reduzierung des Beurteilungsspielraumes bzw. des Ermessens auf Null abgesehen – unter Berufung aufArt. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) nicht gerichtlich feststellen lassen, dass er an Stelle des ihm vorgezogenen Konkurrenten hätte ausgewählt werden müssen. Streitgegenstand ist mithin nicht ein möglicher Anspruch auf den fraglichen Dienstposten, sondern allein das dahinter zurückbleibende Recht auf fehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung. Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, das heißt wenn seine Auswahl möglich erscheint. Derselbe Maßstab wie im Hauptsacheverfahren ist auch anzulegen, wenn der bei der Auswahl eines Beförderungsbewerbers unterlegene Beamte verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz zur vorläufigen Sicherung seines Anspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG begehrt. Da hier effektiver Rechtsschutz letztlich nur im Wege einer einstweiligen Anordnung zu leisten ist, dürfen die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen des unterlegenen Bewerbers im Hauptsacheverfahren gefordert werden könnte (BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – BayVBl 2003, 240).
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Gemessen daran hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund (dazu unter a) als auch einen Anordnungsanspruch (dazu unter b) glaubhaft gemacht.
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a) Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO glaubhaft gemacht, der es rechtfertigt, dem Dienstherrn einstweilen zu untersagen, die Stelle des Schulleiters für das staatliche berufliche Schulzentrum … mit dem Beigeladenen zu besetzen. Denn dem Antragsteller geht es um die Verhinderung einer nach dem Grundsatz der Ämterstabilität irrevisiblen Ernennung. Eine vorläufige Vergabe des Funktionsamts an den ausgewählten Bewerber kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die Vergabe des vorgenannten Amtes entsprechend der Ausschreibung des Antragsgegners, wonach die Stelle in Besoldungsgruppe A16 ausgebracht ist, zwingend die endgültige Ernennung eines Bewerbers erfordert (BayVGH, B.v. 24.4.2017 – 3 CE 17.434 – juris Rn. 31).
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b) Dem Antragsteller steht auch der notwendige Anordnungsanspruch, hier in der Form des sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruchs, zur Seite. Das vom Antragsgegner durchgeführte Stellenbesetzungsverfahren lässt nicht in genügendem Maße erkennen, dass die Grundsätze der Bestenauslese in einer die Prognose rechtfertigenden Weise eingehalten wären, der Antragsteller werde in dem Hauptsachverfahren ohne Erfolg bleiben (dazu unter aa). Bei einer erneuten Auswahl erscheint seine Bestellung möglich (dazu unter bb). Weitergehende Anforderungen sind angesichts des Gebots effektiven Rechtsschutzes nicht zu stellen (vgl. BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/05 – NVwZ 2003, 200/201; VGH BW, B.v. 16.10.2007 – 4 S 2020/07; BayVGH, B.v. 22.11.2007 – 3 CE 07.2274 – juris).
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aa) Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Grundsatzes der Bestenauslese zu besetzen. Jeder Bewerber hat damit einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung des dargelegten Grundsatzes trifft und nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746/747; B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194).
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Anhand dieser Vorgaben hat der Dienstherr unter mehreren Bewerbern den am besten Geeigneten ausfindig zu machen. Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenstellen, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Ein Bewerber hat daher Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (BVerwG, U. v. 25.8.1988 – 2 C 51/86 – BVerwGE 80, 123/124; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565/566). Der Beamte kann dabei sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein, als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung des ausgewählten Konkurrenten rügen (BVerwG, U.v. 17.8.2005 – 2 C 37.04 – BVerwGE 124, 99/102 f.; VG Augsburg, B.v. 28.2.2018 – Au 2 E 17.1880 – juris Rn. 43). Der Fehler kann daher sowohl in der Qualifikationsbeurteilung des Beamten als auch in derjenigen des erfolgreichen Bewerbers oder im Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern liegen (BVerfG, B.v. 20.9.2007 – 2 BvR 1972/07 – ZBR 2008, 167/168).
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Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle sind in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3/11 – NVwZ-RR 2012, 71/72 f.; vgl. auch: BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – BayVBl 2013, 335/340). Besteht hiernach ein Qualifikationsgleichstand aufgrund des gleichen Gesamturteils, ist der Dienstherr zunächst verpflichtet, die Beurteilungen inhaltlich umfassend auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen, sog. „Binnendifferenzierung“ (BVerwG, U.v. 30.6.2011 – 2 C 19/10 – BVerwGE 140, 83/87; OVG Bremen, B.v. 22.9.2016 – 2 B 123/16 – juris Rn. 54). Zur abgerundeten Bewertung ist es darüber hinaus zulässig, in die Auswahlentscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen (BVerwG, B.v. 27.8.2015 – 1 WB 59/14 – juris Rn. 38). Hilfskriterien darf erst dann Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand unmittelbar leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung eines Bewerbers ergibt, da Hilfskriterien leistungsfremde Zwecke wie beispielsweise die Förderung bestimmter Gruppen oder der personalwirtschaftlichen Zweckmäßigkeit verfolgen (BVerwG, U.v. 30.6.2011 – 2 C 19/10 – BVerwGE 140, 83/87 f.; OVG Bremen, B.v. 14.10.2015 – 2 B 158/15 – juris Rn. 43; B.v. 22.9.2016 – 2 B 123/16 – juris Rn. 55).
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Liegen der Auswahlbehörde im Falle der Konkurrenz um einen Beförderungsdienstposten nicht unmittelbar vergleichbare Beurteilungen vor, ist sie befugt und verpflichtet, die gebotene Gleichheit der Beurteilungsmaßstäbe auf geeignete Weise herzustellen, um zu miteinander vergleichbaren Aussagen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung zu gelangen. Das geschieht durch eine gewichtende, die Umstände des Einzelfalls betrachtende, verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Entscheidung. Das gilt unter anderem auch dann, wenn die dienstlichen Beurteilungen der konkurrierenden Bewerber sich – wie hier – auf unterschiedliche Statusämter beziehen. In einem solchen Fall ist von dem Grundsatz auszugehen, dass bei formal gleichlautenden Gesamturteilen die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt besser ist als diejenige des für ein niedrigeres Statusamt beurteilten Konkurrenten. Das beruht auf der Überlegung, dass der Maßstab für die dienstlichen Anforderungen mit Blick auf das innegehabte Amt im statusrechtlichen Sinne zu bestimmen ist, dass mit einem verliehenen höheren Statusamt im Allgemeinen gegenüber dem niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen und ein größeres Maß an Verantwortung verbunden sind und an einen Inhaber eines höheren statusrechtlichen Amtes von vornherein höhere Erwartungen zu stellen sind als an den Inhaber eines niedrigeren Statusamtes. Diese Erwägung kann jedoch nicht schematisch auf jeden Fall der Beförderungskonkurrenz zwischen zwei Beamten unterschiedlicher Statusämter angewendet werden. Vielmehr hängt das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch lässt sich ein Rechtssatz, dass dem Inhaber des höheren Statusamtes auch bei formal schlechterer Beurteilung grundsätzlich der Vorzug gegeben werden muss, aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht entnehmen. Die grundsätzliche Höhergewichtung der statushöheren Beurteilung schließt nicht aus, dass ein Statusrückstand durch leistungsbezogene Kriterien (insbesondere einen Beurteilungsvorsprung) ausgeglichen werden kann. Die Gewichtung der in dem höheren Statusamt erbrachten Leistungen ist daher konkret, einzelfallbezogen und sachangemessen vorzunehmen (vgl. OVG Bremen, U.v. 20.3.2019 – 2 B 294/18 – juris Rn. 26; OVG NW, B.v. 7.1.2019 – 1 B 1792/18 – juris Rn. 17; BVerfG, B.v. 20.3.2007 – 2 BvR 2470/06 – juris Rn. 17, 18ff.; B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11 – juris Rn. 11).
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Gemessen daran erweist sich die in Rede stehende Auswahlentscheidung jedenfalls deshalb als fehlerhaft, weil sich aus ihrer Begründung nicht in nachvollziehbarer Weise ergibt, wie das den herangezogenen Beurteilungen der Bewerber zugrunde gelegte höhere Statusamt des Antragstellers gegenüber dem Beigeladenen berücksichtigt wurde und dass damit allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht verletzt wurden.
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Ausweislich des Schreibens der Regierung von Oberfranken an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus vom 15.12.2022 wurden der Auswahlentscheidung die periodische Beurteilung des Antragstellers vom 02.01.2019, der am maßgeblichen Beurteilungsstichtag (31.12.2018) das Statusamt eines Studiendirektors mit Amtszulage (A15+AZ) innehatte, sowie die Anlassbeurteilung des Beigeladenen vom 12.11.2020, welcher sich zum maßgeblichen Beurteilungsstichtag (11.11.2020) im Statusamt eines Studiendirektors (A15) befand, zugrunde gelegt. Beiden Bewerbern wurde im Rahmen ihrer vorgenannten Beurteilungen das Gesamturteil BG zuerkannt, wobei der Antragsteller dieses Prädikat in einem gegenüber dem Beigeladenen höheren Statusamt erzielte.
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Denn die Amtszulage gilt als Bestandteil des Grundgehalts (Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 des Bayerischen Besoldungsgesetzes – BayBesG). Mit ihrer Gewährung erhält der Beamte daher ein gegenüber seiner bisherigen Besoldung erhöhtes Grundgehalt. Damit handelt es sich bei Ämtern gleicher Besoldungsgruppe mit und ohne Amtszulage um zwei statusrechtlich verschiedene Ämter. Um in den Genuss der Zulage zu kommen, bedarf es daher wenn schon keiner Ernennung so doch zumindest eines ernennungsähnlichen Verwaltungsakts; die bloße Übertragung eines entsprechenden Dienstpostens (also eines Amtes im konkret-funktionellen Sinne) genügt hierfür nicht, ebenso wenig die lediglich dem haushaltstechnischen Vollzug einer solchen Übertragung dienende Einweisung in eine entsprechende Planstelle (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.1972 – VI C 11.70 – BVerwGE 40, 229/230ff.; B.v. 16.4.2007 – 2 B 25/07 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 14.3.2018 – 6 CE 17.2444 – juris Rn. 14; B.v. 19.2.2009 – 3 CE 08.3027 – juris Rn. 30).
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Eine Begründung, weshalb der Antragsteller trotz seines höheren Statusamtes und des formal gleichen Gesamturteils nach seinem Status und Rang lediglich als im Wesentlichen gleichrangig mit dem Beigeladenen angesehen wurde, lässt sich der Auswahlentscheidung nicht entnehmen. Vielmehr heißt es in dem vorgenannten Schreiben der Regierung von Oberfranken vom 15.12.2022 lediglich, dass der Beigeladene und der Antragsteller vom Leistungsbild her nahezu identisch seien. Der Antragsteller verfüge – im Gegensatz zum Beigeladenen – über eine langjährige Erfahrung in der Funktion des Ständigen Vertreters, dies könne der Beigeladene aber zum großen Teil durch seine ebenfalls langjährige Tätigkeit als Mitarbeiter in der Schulleitung kompensieren. Bei dem Bewerberportfolio „Führungskräfte“ falle auf, dass der Antragsteller über 50% der Fortbildungen aus dem Bereich Schulverwaltung und Schulorganisation besucht habe. Bezogen auf eine wünschenswerte breite Streuung der Fortbildungsthemen sei das Portfolio der Lehrkraft damit sehr einseitig angelegt und nicht unbedingt zielführend für die angestrebte Funktion. Dagegen habe der Beigeladene fast doppelt so viele Halbtage an Führungsfortbildungen eingebracht und dabei den Fokus auf die Bereiche Führung, Kommunikation, Umgang mit Konflikten sowie Qualitätsmanagement gelegt. Dabei handele es sich um Fortbildungsbereiche, die aus Sicht der Regierung von Oberfranken wichtig für eine erfolgreiche Ausübung der Funktion eines Schulleiters seien. Auch vor dem Hintergrund, dass Bewerber und Bewerberinnen vorrangig berücksichtigt würden, wenn sie im Laufe der letzten fünf Jahre bei ansonsten im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht mit mindestens der Hälfte ihrer individuellen Unterrichtspflichtzeit an dieser Schule eingesetzt gewesen seien, spreche aus Sicht der Regierung von Oberfranken für den Beigeladenen. Der Antragsteller sei seit 1994 am Beruflichen Schulzentrum … als Lehrkraft tätig, auch der im Februar 2023 ausscheidende Schulleiter stamme aus dem eigenen Kollegium. Insofern würde der Schule für ihre Weiterentwicklung ein Impuls von außen sehr guttun.
28
Mit diesen Ausführungen hat der Antragsgegner nicht dargelegt, weshalb der Grundsatz, ein im höheren Statusamt befindlicher Beamter weise bei formal gleichem Gesamturteil einen Leistungsvorsprung auf, vorliegend keine Geltung beanspruchen kann. Es ist nicht ersichtlich, dass sich der Antragsgegner überhaupt des Umstandes, dass sich der Antragsteller zum Stichtag der der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten Beurteilungen im höheren Statusamt befand, bewusst war. Geschweige denn finden sich Ausführungen dazu, wie der Statusamtsverschiedenheit der auf das identische Gesamturteil lautenden Beurteilungen Rechnung getragen wurde.
29
Zwar wurde der Beigeladene nach dem Stichtag der von Antragsgegnerseite zugrunde gelegten Anlassbeurteilung (11.11.2020) und vor der streitigen Auswahlentscheidung mit Wirkung vom 11.11.2021 zum Studiendirektor mit Amtszulage befördert. Allerdings lag die Annahme, der Beigeladene werde das im Rahmen der Anlassbeurteilung im niedrigeren Statusamt A15 erzielte Gesamtprädikat BG auch nach seiner Beförderung halten können, jedenfalls nicht nahe. Zwar führte die Regierung von Oberfranken – als zuständige Beurteilerin i.S.v. Ziffer 4.6.1.1 Satz 3 der einschlägigen Beurteilungsrichtlinien – im Rahmen ihres Vorlageschreibens vom 15.12.2022 aus, dass die Beurteilungen von Antragsteller und Beigeladenem fortzuschreiben seien. Allerdings hätte dies mit Blick auf den Beigeladenen, der nach dem Stichtag seiner Anlassbeurteilung befördert wurde und sich damit im Rahmen einer Fortschreibung einer neuen Vergleichsgruppe stellen musste, näherer Plausibilisierung bedurft.
30
Wie bereits ausgeführt müssen dienstliche Beurteilungen – zumal hinsichtlich der Leistungsbeurteilung – auf das jeweilige Statusamt des zu beurteilenden Beamten bezogen sein, denn Beurteilungen treffen eine Aussage, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amtes und dessen Laufbahn verbunden sind (BVerwG, U.v. 1.3.2018 – 2 A 10/17 – juris Rn. 44). Der Beurteilungsmaßstab sind dabei die Anforderungen des innegehabten Statusamts. Für den Fall einer Beförderung während des Beurteilungszeitraums hat die Rechtsprechung eine sog. Regelabsenkung für zulässig erachtet. Denn es besteht der allgemeine Erfahrungssatz, dass mit einem höheren Statusamt die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben verbunden ist, die im allgemeinen gegenüber einem niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen beinhalten und mit einem größeren Maß an Verantwortung verbunden sind (vgl. BVerfG, B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 59; BayVGH, U.v. 20.8.2020 – 6 B 18.2657 – juris Rn. 22; OVG RP, B.v. 12.9.2000 – 10 A 11056/00 – juris; OVG NW, B.v. 4.8.2010 – 6 B 603/10 – juris Rn. 7ff.; NdsOVG, U.v. 9.2.2010 – 5 LB 497/07 – juris Rn. 11). Hieraus folgt, dass eine Absenkung der Leistungsbeurteilung gegenüber einer vorherigen Beurteilung im Fall einer Beförderung grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Ein Automatismus, der stets zu einer Regelabsenkung führt, ist hierdurch gleichwohl nicht zulässig (ThürOVG, B.v. 30.5.2012 – 2 EO 890/11 – juris Rn. 31).
31
Ein Beamter fällt, sobald er befördert worden ist, aus dem Kreis der vor der Beförderung mit ihm zu vergleichenden Beamten heraus und tritt in den Kreis der nunmehr mit ihm zu vergleichenden Beamten des Beförderungsamtes ein. Daraus folgt zum einen, dass bei einem Wechsel im Statusamt infolge einer Beförderung ein höherer, anspruchsvollerer Bewertungsmaßstab anzulegen ist. Denn an den Inhaber eines höheren statusrechtlichen Amtes sind von vornherein höhere Erwartungen im Hinblick auf dessen Leistung und Befähigung zu stellen als an den Inhaber eines niedrigeren statusrechtlichen Amtes. Nur daraus rechtfertigt sich auch seine höhere Einstufung im Statusamt. Zum anderen ist auch eine andere Vergleichsgruppe in den Blick zu nehmen, die überwiegend aus im Beförderungsamt schon erfahreneren Beamten besteht. Diese neue Vergleichsgruppe wird regelmäßig auch leistungsstärker sein als die bisherige, da gemäß dem Leistungsprinzip nur die leistungsstärksten Beamten befördert werden. Hat der beförderte Beamte seine bisher gezeigten Leistungen nicht weiter gesteigert, so führt dies grundsätzlich dazu, dass die Beurteilung im neuen Amt schlechter ausfällt als diejenige im vorangegangenen niedriger eingestuften Amt (vgl. auch OVG RhPf, B.v. 20.6.2000 – 10 B 11025/00 – juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 22.6.1999 – M 5 K 97.1717 – DRiZ 2000, 61). Das gilt auch dann, wenn der Beamte auf demselben Dienstposten befördert worden ist und dieselben Aufgaben wie zuvor wahrnimmt. Denn die Bewertung der Leistungen orientiert sich nicht allein am Dienstposten und an den auf diesem zu erledigenden Aufgaben, sondern in erster Linie an den Anforderungen der jeweiligen Laufbahn- und Besoldungsgruppe und damit des jeweiligen innegehabten statusrechtlichen Amtes (VGH BW, U.v. 23.3.2004 – 4 S 1165/03 – juris Rn. 15).
32
Zwar darf das Beurteilungssystem eine Absenkung der Note nicht für alle Fälle der Beförderung als Automatismus vorschreiben, sondern es muss offen sein für die Ausnahmefälle. Gleichwohl kann der Erfahrungssatz, dass das im vorherigen Amt vergebene Gesamturteil bei der erstmaligen Beurteilung nach einer Beförderung in der überwiegenden Zahl der Fälle herabzustufen ist, als allgemeiner Bewertungsmaßstab formuliert werden. Denn dieser bedeutet nicht, dass an die nach einer Beförderung erstmals Beurteilten strengere Maßstäbe anzulegen wären als an die übrigen Angehörigen der neuen Vergleichsgruppe – was rechtlich nicht zulässig wäre –, sondern beinhaltet nur, dass die für alle Vergleichsgruppenangehörigen gleichen Anforderungen des Beförderungsamtes höher sind als die Anforderungen des niedrigeren Statusamtes vor der Beförderung, so dass im Regelfall nur eine weitere Leistungssteigerung das Absinken in der Benotung verhindern kann (VGH BW, U.v. 23.3.2004 – 4 S 1165/03 – juris Rn. 16). Mithin hätte nur eine Leistungssteigerung des Beigeladenen nach seiner Beförderung zum Studiendirektor mit Amtszulage die abermalige Vergabe des Beurteilungsprädikats BG rechtfertigen können. Dass eine solche tatsächlich gegeben war kann dem Vorlageschreiben der Regierung von Oberfranken vom 15.12.2022 nicht entnommen werden. Dort wird lediglich – ohne weitere Begründung – ausgeführt, dass die Beurteilung des Beigeladenen fortzuschreiben sei. Auf dessen Beförderung nach dem Stichtag seiner letzten Beurteilung wird mit keinem Wort eingegangen, so dass sich bereits die Frage stellt, ob sich die Regierung dieses Umstands bei der erklärten Fortschreibung seines früheren Gesamturteils überhaupt bewusst war.
33
Soweit die Antragsgegnerseite darauf verweist, dass die zwischenzeitlich eröffneten Regelbeurteilungen von Antragsteller und Beigeladenem für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.12.2022, die sich nunmehr für beide Bewerber auf das Statusamt A15+AZ bezögen, die Ausführungen der Regierung von Oberfranken im Vorlageschreiben vom 15.12.2022 bestätigten, kann sie damit nicht durchdringen. Denn maßgeblicher zeitlicher Bezugspunkt ist derjenige der streitigen Auswahlentscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.2017 – 2 VR 2/16 – juris Rn. 44, 51), der hier ausweislich der eigenen Einlassungen der Antragsgegnerseite vor der Eröffnung der Regelbeurteilungen zum Stichtag 31.12.2022 lag.
34
Selbst wenn die Bewerber vorliegend mit dem gleichen Gesamturteil im identischen Statusamt bewertet worden wären, hätte der Dienstherr zunächst die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe inhaltlich auswerten und Differenzierungen in den Bewertungen einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen müssen. Ergibt der Vergleich der Gesamturteile, dass mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Die Entscheidung des Dienstherrn, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Jedoch muss er die dienstliche Beurteilung heranziehen, um festzustellen, ob und inwieweit die Bewerber mit gleichem Gesamturteil diese Anforderungen erfüllen. Weitere Erkenntnisquellen können nur ergänzend herangezogen werden (vgl. BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris Rn. 46ff.). Vorliegend hat der Antragsgegner – soweit ersichtlich – ohne eine Binnendifferenzierung der in den Blick genommenen Beurteilungen der Konkurrenten vorzunehmen direkt auf den – nicht leistungsbezogenen – Umstand rekurriert, dass der Beigeladene im Gegensatz zum Antragsteller im Laufe der letzten fünf Jahre nicht mit mindestens der Hälfte seiner individuellen Unterrichtspflichtzeit an der Schule eingesetzt war, deren Schulleiterstelle nunmehr zu besetzen ist. Dieser Gesichtspunkt sollte ausweislich der Ausschreibung jedoch erst bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung berücksichtigt werden, die hier seitens des Antragsgegners jedoch nicht anhand der vorgenannten Maßstäbe festgestellt wurde. Vielmehr hätte es zur Feststellung eines Leistungsgleichstandes zwischen Antragsteller und Beigeladenem zunächst einer umfassenden inhaltlichen Auswertung der Beurteilungen bedurft. Der sofortige Rekurs auf nicht-leistungsbezogene Auswahlkriterien verletzt Art. 33 Abs. 2 GG. Soweit die Regierung von Oberfranken weiterhin auf die Themenkreise der von Antragsteller und Beigeladenem besuchten Fortbildungsveranstaltungen abstellte, ist in Rechnung zu stellen, dass diese Umstände bereits bei der Bewertung der Einzelmerkmale der Beurteilungen – insbesondere des Merkmals 2.3 Berufskenntnisse und ihre Erweiterung – Berücksichtigung gefunden haben dürften.
35
bb) Auch erscheint die Auswahl des Antragstellers bei einer erneuten rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung jedenfalls möglich. Dabei besteht bei wertender Betrachtung im Verhältnis zum Beigeladenen eine nicht nur theoretische Chance, dass der Antragsteller ausgewählt wird (vgl. BVerfG; B.v. 25.11.2015 – 2 BvR 1461/15 – juris Rn. 19; OVG NW, B.v. 23.5.2017 – 1 B 99/17 – juris Rn. 9ff.). Der Beigeladene weist unter Berücksichtigung der oben genannten Erwägungen keinen uneinholbaren Leistungsvorsprung gegenüber dem Antragsteller auf, der es dem Gericht ohne Eingriff in den dem Antragsgegner im Rahmen der Auswahlentscheidung zukommenden Ermessensspielraum ermöglicht, festzustellen, dass der Antragsteller chancenlos ist.
36
2. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene, der sich mangels eigener Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO), seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
37
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 6 Sätze 2 bis 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Der Streitwert in einem beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren, das auf die vorläufige Freihaltung der zu besetzenden Beförderungsstelle durch Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet ist, beträgt – wie bei einer auf Neuverbescheidung des Beförderungsbegehrens gerichteten Hauptsacheklage – ein Viertel der für ein Kalenderjahr in dem angestrebten Amt nach Maßgabe von § 52 Abs. 6 Sätze 1 bis 3 GKG zu zahlenden Bezüge. Auszugehen ist von den Bezügen der Besoldungsgruppe A16, Stufe 11 (3 x 7.862,47 Euro = 23.587,41 Euro).