Titel:
fehlender Anspruch auf Verlängerung einer Abordnung, weites Ermessen des Dienstherrn, Vorliegen dienstlicher Gründe, kein Anspruch auf konkreten Dienstposten, lediglich Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung
Normenketten:
BayBG Art. 47
VwGO § 123 Abs. 1 S. 2
Schlagworte:
fehlender Anspruch auf Verlängerung einer Abordnung, weites Ermessen des Dienstherrn, Vorliegen dienstlicher Gründe, kein Anspruch auf konkreten Dienstposten, lediglich Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 16376
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verlängerung ihrer Abordnung an die PI …-Land, hilfsweise im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes den Einsatz auf ihrem Dienstposten als „Dienstgruppenleiterin (A11/12)“ bei der VPI … bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens.
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1. Die im Jahr … geborene Antragstellerin steht als Polizeivollzugsbeamtin im Status einer Polizeihauptkommissarin der Besoldungsgruppe A12 im Dienst des Antragsgegners und ist seit dem 01.08.2019 als Dienstgruppenleiterin bei der VPI … tätig.
3
Mit Verfügung des Polizeipräsidiums … vom 17.01.2022 wurde die Antragstellerin aus dienstlichen Gründen zunächst bis zum 16.04.2022 zur PI …-Stadt unter Aufrechterhaltung ihrer Bestellung auf den Dienstposten „Dienstgruppenleiterin (A11/12)“ bei der VPI … abgeordnet.
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Mit Bescheid vom 13.04.2022 wurde die Abordnung der Antragstellerin zur PI …-Stadt nach deren vorheriger Anhörung über den 16.04.2022 hinaus bis zum 31.08.2022 aus dienstlichen Gründen verlängert. Dienstliche Gründe für die Verlängerung der Abordnung gemäß Art. 47 Abs. 1 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) ergäben sich aus folgenden Umständen: Aufgrund eines außerdienstlichen Zwischenfalls am 02.01.2022, durch den es auch zu innerdienstlichen Spannungen gekommen sei, seien strafrechtliche Ermittlungen gegen die Antragstellerin eingeleitet worden. Wegen Auseinandersetzungen mit dem Ex-Ehemann der Antragstellerin um das Sorgerecht für die drei Kinder sowie aufgrund coronabedingter familiärer Schwierigkeiten habe die Antragstellerin zuletzt unter starken psychischen Belastungen gelitten. Die Dienststelle habe sie hierbei aber im Rahmen von Arbeitszeitausgleich oder Dienstplanänderungen unterstützt. Aus Sicht des Dienststellenleiters habe sich die Situation aber zwischenzeitlich wieder entspannt, sodass der Vorfall vom 02.01.2022 überraschend gekommen sei. Aufgrund des Vorfalls habe man der Antragstellerin am 14.01.2022 die Dienstwaffe entzogen und gleichzeitig um eine notwendige polizeiärztliche Untersuchung gebeten. Ohne Dienstwaffe habe die Antragstellerin ihren Dienstposten als Dienststellenleiterin vorübergehend nicht weiter ausüben können und eine weitere Verwendungsmöglichkeit für sie habe bei der VPI … nicht bestanden. Zwar dürfe die Antragstellerin nach zwischenzeitlicher polizeiärztlicher Untersuchung wieder Dienstwaffe und Dienst-KFZ führen, allerdings sprächen das laufende Ermittlungsverfahren sowie die gegebenenfalls nachfolgenden disziplinarrechtlichen Ermittlungen derzeit gegen eine Wiederverwendung auf der Stammdienststelle. Die Abordnung solle daher bis zum Abschluss sämtlicher gegen die Antragstellerin eingeleiteten Ermittlungen aufrecht erhalten bleiben. Zusätzlich bestehe bei der PI …-Stadt auch tatsächlicher Bedarf an Führungskräften der 3. QE.
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Mit Schreiben vom 15.08.2022 wurde die Antragstellerin aus dienstlichen Gründen mit ihrem Einverständnis mit Wirkung vom 01.09.2022 bis zunächst 28.02.2023 aus dienstlichen Gründen zur PI …-Land zur weiteren Erprobung ihrer künftigen Verwendung unter Aufrechterhaltung ihrer Bestellung auf den Dienstposten „Dienstgruppenleiterin (A11/12)“ bei der VPI … abgeordnet.
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Der Antragsgegner wies auf entsprechende Anfrage des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 27.09.2022 darauf hin, dass man der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt eine Verwendung als Dienstgruppenleiterin oder die Zielsetzung einer Übertragung dieses Dienstpostens bei der PI …-Land nach Ende der Abordnung kommuniziert habe.
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Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 10.02.2023 bat die Antragstellerin den Antragsgegner um Mitteilung, wie ihre Verwendung ab 28.02.2023 erfolgen solle, und wies darauf hin, dass ihr nach wie vor ein Dienstposten als Dienstgruppenleiterin bei der VPI … übertragen sei und sie einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung habe.
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Im Rahmen eines Telefonats am 15.02.2023 wurde der Antragstellerin der freie und besetzbare Dienstposten einer Dienstgruppenleitung bei der PI … angeboten, den die Antragstellerin ablehnte.
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Mit Schreiben vom 17.02.2023 wies das Polizeipräsidium … darauf hin, dass die Antragstellerin nach dem Auslaufen der Abordnung zur PI …-Land, mithin am 01.03.2023, zur VPI … auf einen amtsangemessenen Dienstposten der Wertigkeit A11/12 zurückkehren werde, wobei der Leiter der VPI … für eine amtsangemessene Verwendung Sorge tragen werde. Hinsichtlich des von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10.02.2023 angesprochenen freien Dienstpostens als Dienstgruppenleiterin bei der PI …-Land bestehe ein weiter Ermessensspielraum, ob eine Besetzung mit einer Umsetzungsbewerberin oder einem Beförderungsbewerber erfolge. Eine endgültige Entscheidung sei insoweit noch nicht getroffen worden.
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Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 24.02.2023 hat die Antragstellerin Widerspruch gegen die im Schreiben des Antragsgegners vom 17.02.2023 enthaltene Entscheidung eingelegt, über den nach Aktenlage bislang noch nicht entschieden ist.
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2. Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 24.02.2023 hat die Antragstellerin in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiterhin bei der PI …-Land einzusetzen,
hilfsweise den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
die Antragstellerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens bei der VPI … auf ihrem Dienstposten als „Dienstgruppenleiterin (A11/12)“ einzusetzen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Entscheidungen des Antragsgegners seien rechtsfehlerhaft. Es würden keine Gründe genannt, warum die Antragstellerin nicht zur weiteren Erprobung ihrer künftigen Verwendung bei der PI …-Land eingesetzt werden könne. Es sei nicht ersichtlich, warum der ihr angebotene Einsatz als Dienstgruppenleiterin bei der PI … vorzugswürdig sei. Die Auswirkungen ihrer vorgeschlagenen Verwendung bei der PI … seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Auch widerspreche eine Rückkehr der Antragstellerin an die VPI … der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dem Schreiben des Antragsgegners vom 17.02.2023 sei nicht zu entnehmen, dass die dienstlichen Gründe, insbesondere die innerdienstlichen Spannungen, die zur damaligen Abordnung der Antragstellerin weg von der VPI … geführt hätten, vollständig entfallen seien. Es sei nicht absehbar, welche unwiederbringlichen Folgen, insbesondere Nachteile, die Rückkehr der Antragstellerin zur VPI … habe.
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Auch sei eine amtsangemessene Beschäftigung der Antragstellerin bei einer Rückkehr zur VPI … nicht sichergestellt. Nach Auskunft des Personalrates des Polizeipräsidiums … seien bei der VPI … vier Dienstgruppenleiter vorgesehen und im Stellenhaushaltsplan ausgewiesen. Die Stelle bzw. der Aufgabenbereich der Antragstellerin sei zum 01.01.2023 neu besetzt worden, sodass die Antragstellerin bei einer Rückkehr zur VPI … mangels zugewiesenem Personal faktisch keine Führungsfunktion habe und die Einbringung der 40 Wochenstunden nicht möglich sei.
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Der Antragsgegner hat beantragt,
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Einen expliziten Antrag auf weitere Abordnung zur PI …-Land habe die Antragstellerin bisher nicht gestellt. Für eine weitere – nach Art. 47 Abs. 1 BayBG grundsätzlich auch ohne ausdrücklichen Antrag mögliche – Abordnung bestehe auch kein dienstliches Bedürfnis, wobei der Dienstherr hier einen noch weitergehenden Ermessensspielraum als bei einer Versetzungsverfügung habe. Sämtliche Strafverfahren betreffend die Antragstellerin seien zwischenzeitlich eingestellt. Die für die angestrebte Regelungsanordnung erforderliche Ermessensreduzierung auf Null sei nicht ersichtlich. Der Antragstellerin sei ein zumutbarer Dienstposten als Dienstgruppenleiterin bei der PI … wohnortnah angeboten worden. Die vormaligen Abordnungen basierten vordergründig auf damals laufenden Ermittlungsverfahren, die zwischenzeitlich allesamt eingestellt seien. Etwaig fortbestehende Spannungsverhältnisse zu einzelnen Kollegen begründeten nicht ohne Weiteres einen Abordnungsgrund. Schließlich habe die Antragstellerin lediglich Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung. Der Antragsgegner habe bereits zugesichert, auf eine amtsangemessene Verwendung der Antragstellerin zu achten.
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Die Antragstellerin ergänzte mit Schriftsatz vom 03.03.2023, dass der stellvertretende Dienststellenleiter der VPI … gegenüber den Angehörigen der VPI … die Verlängerung der Abordnung der Antragstellerin offen kommuniziert habe, insbesondere unter Hinweis auf die noch laufenden Verfahren beim Landeskriminalamt. Wie bereits dargestellt sei in die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ein Kollege der Antragstellerin bei der VPI … involviert gewesen. Noch in der E-Mail des Antragsgegners vom 13.07.2022 habe dieser kommuniziert, dass eine aktuelle Verwendung der Antragstellerin bei der Stammdienststelle aufgrund der bestehenden Spannungsverhältnisse ausscheide. Die Antragstellerin sehe trotz Abschluss der Ermittlungsverfahren das Verhältnis zu den Kollegen weiterhin als belastet an. Insbesondere mit dem Kollegen, der in die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren involviert gewesen sei, würden sich bei einer Rückkehr der Antragstellerin an die Stammdienststelle immer wieder dienstliche Überschneidungen ergeben. Am 19.12.2022 habe die Antragstellerin ein persönliches Gespräch mit dem Leiter der VPI … geführt. In diesem habe man die Neubesetzung ihres Dienstpostens bei der VPI … als Dienstgruppenleiterin thematisiert, auf dem die Antragstellerin ausdrücklich gemäß Verfügung vom 15.08.2022 bestellt geblieben sei. Der Leiter der VPI … habe ihr hier mitgeteilt, dass man ihren Dienstposten neu besetzen werde, weil das Präsidium mitgeteilt habe, dass die Antragstellerin nicht mehr zur VPI … zurückkehren würde. Daraufhin habe man bei der VPI … den Spind der Antragstellerin geräumt und ihr ihre persönlichen Gegenstände übergeben. In einem weiteren Telefonat der Antragstellerin mit dem Leiter der VPI … am 30.01.2023 teilte dieser ihr mit, dass er am Freitag, 27.01.2023, per E-Mail darüber informiert worden sei, dass beabsichtigt sei, die Antragstellerin wieder an ihrer Stammdienststelle einzusetzen. Aufgrund der Kurzfristigkeit könne er ihr keine Auskunft über ihre künftige Verwendung geben, weil ihr bisheriger Dienstposten besetzt sei. Auch am 27.02.2023 habe die Antragstellerin erneut ein Gespräch mit dem Leiter der VPI … geführt, der selbst an diesem Tag weder eine Eintragung für sie im Dienstplan mitteilen noch Informationen über ihre geplante Verwendung habe geben können.
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Eine Vorwegnahme der Hauptsache liege hier nicht vor, weil der Antrag nicht auf eine weitere unbefristete Verwendung der Antragstellerin abziele. Vielmehr handle es sich um eine Sicherungsanordnung. Es sei nicht absehbar, ob das bestehende Spannungsverhältnis tatsächlich nicht mehr bestehe. Dies bedeute einen schweren und unzumutbaren Nachteil für die Antragstellerin. Die bisherige Absicht des Antragsgegners, die Antragstellerin weiterhin bei der PI …-Land einzusetzen, ergebe sich insbesondere aus dem Zeitpunkt der Verfügung vom 15.08.2022, mit der die streitgegenständliche Abordnung verlängert worden sei, obwohl die damals laufenden Ermittlungsverfahren bereits abgeschlossen gewesen seien. Der Antragsgegner bleibe eine substantiierte Darlegung schuldig, wie eine amtsangemessene Verwendung der Antragstellerin bei der VPI … tatsächlich erfolgen solle.
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Mit abschließendem Schriftsatz vom 07.03.2023 wiederholte der Antragsgegner im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und ergänzte, dass auch im Fall von Kettenabordnungen die Abordnung den Charakter als vorübergehende Maßnahme behalte. Die Abordnungen, die vorliegend auf unterschiedlichen Gründen basierten, enthielten somit lediglich Momentaussagen. Etwaig fortbestehende Spannungsverhältnisse zu Kollegen auf der Stammdienststelle begründeten zudem keine unwiederbringlichen Folgen bzw. schwerwiegenden Nachteile im rechtlichen Sinne für die Antragstellerin. Zudem könne durch den Schichtbetrieb weitestgehend auf diese Belange Rücksicht genommen werden.
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Hinsichtlich der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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1. Der zulässige Antrag hat in der Sache weder im Haupt- noch im Hilfsantrag Erfolg.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
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§ 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen,§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Ist die geltend gemachte materielle Rechtsposition grundsätzlich sicherungsfähig, hängt die Bejahung eines Anordnungsanspruchs regelmäßig davon ab, welche Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren bestehen.
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Anordnungen nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, die – wie hier – durch vorläufige Befriedigung des erhobenen Anspruchs die Entscheidung im Hauptsacheverfahren zumindest in zeitlicher Hinsicht vorwegnehmen, setzen voraus, dass die Vorwegnahme der Hauptsache zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, um andernfalls zu erwartende schwere und unzumutbare Nachteile oder Schäden vom Antragsteller abzuwenden (Anordnungsgrund), und dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache spricht (Anordnungsanspruch). Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 920 Abs. 2 ZPO). Daran fehlt es hier.
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a) Die Abordnung eines Polizeivollzugsbeamten, das heißt die vollständige oder teilweise vorübergehende Übertragung einer seinem Amt entsprechenden Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle bei Vorliegen dienstlicher Gründe, liegt nach Art. 47 Abs. 1 BayBG im Ermessen des Dienstherrn. Ein darauf bezogenes gesetzlich normiertes Antragsrecht steht dem Beamten – im Unterschied zu der die Versetzung betreffenden Regelung (Art. 48 Abs. 1 BayBG) – nicht zu. Damit hat der Dienstherr für den Erlass oder die Ablehnung einer Abordnungsverfügung einen noch weitergehenden Ermessensspielraum als bei einer Versetzungsverfügung (BVerwG, B.v. 27.4.2021 – 2 VR 3/21 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 20.11.2014 – 6 ZB 14.1550 – juris Rn. 10 m.w.N.). Das Fehlen eines einfachgesetzlich normierten Antragsrechts des Beamten schließt entsprechende Anträge eines Beamten weder aus noch entbindet es den Dienstherrn von der Pflicht, einen auf eine Abordnung gerichteten Antrag in pflichtgemäßer Ermessensausübung entsprechend dem Zweck der Ermächtigung zu bescheiden. Allerdings bewirkt das Fehlen eines gesetzlich normierten Antragsrechts, dass die Ausübung des Abordnungsermessens vorrangig dienstlichen Interessen dient. Daraus folgt, dass die Ermessenserwägungen des Dienstherrn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bei Abordnungen und Versetzungen grundsätzlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie Ermessensfehler im Sinn von § 114 VwGO aufweisen; nur dann käme bei einer Ermessensreduktion auf Null der Erlass der angestrebten Regelungsanordnung in Betracht (vgl. zu insoweit inhaltsgleichen bundesrechtlichen Regelung BayVGH, B.v. 22.2.2022 – 6 CE 21.2766, Rn. 14 – BeckRS 2022, 3152).
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Gemessen an diesen Grundsätzen kann das erkennende Gericht nicht der Argumentation der Antragstellerseite folgen, der Antragstellerin sei zur Vermeidung schwerer und unzumutbarer Nachteile effektiver Rechtsschutz dadurch zu gewähren, dass sie über den 28.02.2023 hinaus bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache weiterhin bei der PI …-Land eingesetzt wird.
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Zunächst käme der Erlass der angestrebten Regelungsanordnung nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null in Betracht (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2021 – 2 VR 3/21 – juris Rn. 16 a.E.). Dass sich die Handlungsmöglichkeiten des Dienstherrn aber auf eine einzige – nämlich die (weitere) Abordnung der Antragstellerin an die PI …-Land – verdichtet hätten, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Insbesondere greift die Argumentation der Antragstellerin nicht, die ihr angebotene Tätigkeit als Dienststellenleiterin bei der PI … sei u.a. aufgrund der dann anfallenden Fahrzeit nicht diskutabel. Einer Fahrtstrecke von 29 km vom Wohnort … der Klägerin nach …, verbunden mit einer Fahrzeit von ca. 22 Minuten, steht eine Entfernung des Wohnorts der Antragstellerin zur PI …-Land von 20 km, verbunden mit einer Fahrzeit von 18 Minuten gegenüber. Aus einem Unterschied von 4 Minuten Fahrzeit eine Unzumutbarkeit ableiten zu wollen, dürfte eher fern liegen.
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Steht der Antragstellerin daher aber allenfalls ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag auf Verlängerung der Abordnung zu, kommt der Erlass der beantragten, auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Verlängerung der Abordnung gerichteten einstweiligen Anordnung auch unter Berücksichtigung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine zulässige Vorwegnahme der Hauptsache liegen hier – wie der Antragsgegner zu Recht einwendet – nicht vor.
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Ob oder inwieweit ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie behördliche Entscheidung durch eine Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder – wie hier – eine Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO gesichert werden kann, ist im Einzelnen umstritten. Auch nach derjenigen Auffassung, die einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung für sicherungsfähig, mithin den Erlass einer Regelungsanordnung auch ohne Ermessensreduzierung auf Null für zulässig hält, setzt der Erlass einer Regelungsanordnung neben der Glaubhaftmachung eines Ermessensfehlers bei der Ablehnung der begehrten Behördenentscheidung die gerichtliche Prognose voraus, dass die ermessensfehlerfreie (Neu-)Bescheidung durch die Behörde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zur Erteilung der vom Antragsteller begehrten Verwaltungsmaßnahme führt. Eine solche Prognose lässt sich hier nicht treffen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die ermessensfehlerfreie Bescheidung des Antrags auf erneute Abordnung – unterstellt, die bereits erfolgte Ablehnung sei ermessensfehlerhaft – mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zur (weiteren) Abordnung der Antragstellerin führen würde. Die in die Ermessensentscheidung einzustellenden Gesichtspunkte erscheinen weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit als hinreichend gewichtig, um die Ermessensausübung in Richtung Verlängerung der Abordnung zu verschieben (BayVGH, B.v. 22.02.2022, a.a.O., Rn. 17 f., m.w.N.).
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Die mehrfache Verlängerung der Abordnung in der Vergangenheit (Kettenabordnung) genügt hierfür nicht, zumal die Antragstellerin an zwei unterschiedliche Dienststellen abgeordnet war. Auch wenn die Abordnung mit dem Ziel ausgesprochen wird, den Beamten später zu versetzen, behält sie ihren Charakter als vorübergehende Maßnahme. Der Kettenabordnung kann daher auch im vorliegenden Fall, in dem zumindest die aufnehmende Behörde eine der Abordnung nachfolgende Versetzung zunächst nicht ausgeschlossen hatte (vgl. die vom Antragsgegner der letzten Abordnung beigefügte Begründung, die Abordnung zur PI …-Land erfolge zur weiteren Erprobung ihrer künftigen Verwendung), nicht ausreichen, um die Verlängerung der Abordnung durch die Antragsgegnerin als überwiegend wahrscheinlich zu erachten (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 22.02.2022, a.a.O., Rn. 19).
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Entsprechendes gilt für die von der Antragsgegnerin angeführten persönlichen Belange in Form von fortbestehenden Spannungsverhältnissen an der Stammdienststelle. Wie der Antragsgegner zu Recht einwendet, basierten die früheren Abordnungen weg von der VPI … auf den damals gegen die Antragstellerin laufenden Ermittlungsverfahren. Wie die Antragstellerin in dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.02.2023 an die Antragsgegnerin jedoch selbst vorträgt, sind zwischenzeitlich sämtliche Strafverfahren eingestellt. Insoweit ist nach der gebotenen summarischen Prüfung davon auszugehen, dass der dienstliche Grund für die Abordnung zwischenzeitlich entfallen ist. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass mit dem BayVGH „das Vorliegen erheblicher und bereits längere Zeit andauernder innerdienstlicher Spannungen […] regelmäßig die Abordnung einer an diesem Spannungsverhältnis beteiligten Beamtin [rechtfertigt], um im Interesse der reibungslosen Zusammenarbeit innerhalb der öffentlichen Verwaltung den behördlichen Frieden wiederherzustellen“ (BayVGH, B.v. 30.9.2022 – Az. 3 CS 22.1607 – BeckRS 2022, 29819 Rn. 8). Soweit die Antragstellerin sich darauf beruft, es sei nicht absehbar, welche unwiederbringlichen Folgen – insbesondere Nachteile – die Rückkehr der Antragstellerin zur VPI … habe, bleibt der Vortrag insoweit allerdings gänzlich unsubstantiiert. Zudem hat der Antragsgegner zu Recht darauf hingewiesen, dass durch den Schichtbetrieb weitestgehend auf diese Belange Rücksicht genommen werden könne.
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Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung des Antragsgegners willkürlich ist. Vielmehr hat sich der Antragsgegner zur Begründung seiner Entscheidung der eben dargestellten und nach summarischer Prüfung nachvollziehbaren Sachargumente bedient.
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b) Auch hinsichtlich des Hilfsantrags hat die Antragstellerin das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin besteht nach der gebotenen summarischen Prüfung kein Anspruch auf Rückkehr auf denselben Dienstposten als „Dienstgruppenleiterin (A11/12)“ bei der VPI …, sondern lediglich ein Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung. Es steht dem Antragsgegner frei, die Antragstellerin aus jedem sachlichen Grund auf einen anderen als den vormals innegehabten Dienstposten bei der VPI … umzusetzen.
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Eine Umsetzung ist eine innerdienstliche Weisung, die im Ermessen des Dienstherrn steht und der der betroffene Beamte aufgrund seiner Gehorsamspflicht Folge zu leisten hat (BVerwG, U.v. 28.2.2008 – 2 A 1.07 – NVwZ-RR 2008, 547 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 17.10.2014 – 3 CE 14.724 – juris Rn. 21). Bei ihr handelt es sich um die Zuteilung eines anderen Aufgabenkreises innerhalb derselben Behörde, also die Zuweisung eines anderen Dienstpostens (konkret-funktionelles Amt) (BayVGH, B.v. 13.12.2013 – 3 CE 13.1374 – juris Rn. 19). Der Dienstherr kann durch Umsetzung den Aufgabenbereich eines Beamten aus jedem sachlichen Grund verändern, solange dem Beamten ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt (st. Rspr, vgl. BVerwG, U.v. 22.5.1980 – 2 C 30.78 – BVerwGE 60, 144 – juris; U.v. 28.11.1991 – 2 C 41.89 – BVerwGE 89, 199 – juris; B.v. 26.11.2004 – 2 B 72.04 – Buchholz 235 § 9 BDO Nr. 41 – juris; U.v. 26.5.2011 – 2 A 8.09 – Buchholz 232 § 55 BBG Nr. 16 – juris; B.v. 21.6.2012 – 2 B 23.12 – NVwZ 2012, 1481 – juris; BayVGH, B.v. 18.12.2009 – 3 CE 09.1986 – juris; B.v. 17.10.2014 – 3 CE 14.724 – juris Rn. 22 m.w.N.). Bei der Umsetzung im Rahmen einer statusgemäßen Verwendung hat der Dienstherr ein sehr weites Ermessen. Die Ermessenserwägungen können deshalb von den Verwaltungsgerichten nach § 114 Satz 1 VwGO im Allgemeinen lediglich daraufhin überprüft werden, ob sie durch Ermessenmissbrauch maßgebend geprägt sind. Die Prüfung ist grundsätzlich darauf beschränkt, ob die Gründe des Dienstherrn nur vorgeschoben oder sonst willkürlich sind. Daneben sind die Belange des Betroffenen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Besonderheiten des bisher innegehabten Amtes im konkret-funktionellen Sinn, wie etwa Vorgesetztenfunktion, Beförderungsmöglichkeiten oder gesellschaftliches Ansehen haben in der Regel keine das Ermessen des Dienstherrn einschränkende Bedeutung. Die Beschränkung des Ermessens des Dienstherrn bei einer Umsetzung ist vielmehr auf besonders gelagerte Verhältnisse begrenzt (BVerwG, B.v. 26.11.2004 – 2 B 72.04 – Buchholz 235 § 9 BDO Nr. 41 – juris Rn. 5). Einschränkungen können sich unter anderem aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergeben (VG Bayreuth Beschluss vom 3.3.2021 – B 5 E 21.130, BeckRS 2021, 49544 Rn. 27-29, beck-online).
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Sofern der Antragsgegner bei der – nach unwidersprochenem Sachvortrag – bislang noch nicht konkret festgelegten Verwendung der Antragsgegnerin an ihrer Stammdienststelle dieser einen anderen als den bisher innegehabten Dienstposten als Dienstgruppenleiterin zuzuweisen gedenkt, etwa weil der durch die lange Abordnungszeit der Antragstellerin bisher zugewiesene Dienstposten eines Dienstgruppenleiters zwischenzeitlich anderweitig besetzt wurde, ist hiergegen nichts zu erinnern. Zudem sind Anhaltspunkte dafür, dass der Leiter der VPI … entgegen der entsprechenden Zusicherung seitens des Polizeipräsidiums … nicht für eine amtsangemessene Verwendung Sorge tragen werde, bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich.
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Soweit sich die Antragstellerin auf die Schreiben des Polizeipräsidiums … vom 17.01.2022 sowie 15.08.2022 dahingehend beruft, dass sie weiterhin auf ihrem Dienstposten als „Dienstgruppenleiterin (A11/12)“ bei der VPI … bestellt ist, stellt dies keine Zusicherung i.S.d. Art. 38 Abs. 1 S. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) dar. Vielmehr folgt aus Art. 48 Abs. 2 S. 1 BayBG, dass Beamte aus dienstlichen Gründen auch ohne ihre Zustimmung in ein Amt mit demselben Endgrundgehalt versetzt werden können. So liegt der Fall auch hier, da mit Schreiben des Polizeipräsidiums … vom 17.02.2023 die Rückkehr der Antragstellerin auf einen amtsangemessenen Dienstposten der Wertigkeit A11/12 angekündigt wurde. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermessensausübung sind insoweit nicht ersichtlich.
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Der Antrag war daher abzulehnen.
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2. Die Antragstellerin hat als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen.
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3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).