Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 17.04.2023 – W 8 K 21.735
Titel:

Rückforderung von Fördermitteln nach dem Kulturlandschaftsprogramm (KULAP)

Normenketten:
VO (EU) 1305/2013 Art. 2 Abs. 1 Buchs. f, Art. 28,
VO (EU) 1306/2013 Art. 64 Abs. 2 Buchst. b
VO (EU) 1307/2013 Art. 4 Abs. 1 Buchst. g
Delegierte VO (EU) 639/2014 Art. 6
Delegierte VO (EU) 640/2014 Art. 16, Art. 19, Art. 35
VO (EU) 809/2014 Art. 7
BayVwVfG Art. 37, Art. 48, Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Art. 49a
VwGO § 74 Abs. 1
Leitsätze:
1. Zwar ist die einmonatige Klagefrist nach § 74 Abs. 1 VwGO bei der Einbeziehung eines Bescheides im Wege der Klageänderung grundsätzlich einzuhalten. Die Klagefrist muss in einem solchen Fall aber dann nicht eingehalten werden, wenn die nach der Änderung oder Ersetzung verbleibenden Bestandteile des ursprünglich und fristgerecht angefochtenen Bescheides und die Regelungsbestandteile des Änderungs- oder Ersetzungsbescheides nach materiellem Recht unteilbar sind. (Rn. 76) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Aufhebung von landwirtschaftlichen Zuwendungsbescheiden richtet sich wegen Fehlens einer umfassenden unionsrechtlichen Rücknahmeregelung grundsätzlich nach nationalem Recht, wobei jedoch die durch das Unionsrecht gezogenen Grenzen zu beachten sind. (Rn. 81) (redaktioneller Leitsatz)
3. Subventionsrichtlinien sind nicht wie eine Rechtsnorm aus sich heraus, sondern gemäß der von ihrem Urheber gebilligten oder geduldeten tatsächlichen Verwaltungspraxis auszulegen, sodass sich die Rechtswidrigkeit eines Bewilligungsbescheids nur aus einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ergeben kann. (Rn. 86) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Verordnungsgeber hat die Beihilfefähigkeit von landwirtschaftlichen Flächen nicht allein daran geknüpft, dass diese als Weide- oder Futterflächen genutzt werden; vielmehr werden insoweit allein die Flächen als beihilfefähig anerkannt, die „zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen“ genutzt werden. (Rn. 101) (redaktioneller Leitsatz)
5. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist, wobei im Landwirtschaftsrecht für die Förderung aufgrund von nationalen Verwaltungsvorschriften die gleichen Grundsätze wie sonst im Subventionsrecht auf Basis von Richtlinien gelten. (Rn. 146) (redaktioneller Leitsatz)
6. Im Fall des indirekten Vollzugs des Unionsrechts werden berechtigtes Vertrauen und Rechtssicherheit ohne Widerspruch zum Unionsrecht dergestalt geschützt, als die Rechtsordnung der Europäischen Union selbst die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit anerkennt; allerdings muss im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Vertrauen des Betroffenen und dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme auch dem Interesse der Union in vollem Umfang Rechnung getragen werden. (Rn. 174) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schriftform des Verwaltungsaktes, Klagefrist bei Änderungsbescheid, Rückforderung einer landwirtschaftlichen Subvention, Kürzung landwirtschaftlicher Subvention, Bayerisches Kulturlandschaftsprogramm, KULAP, KULAP-Maßnahme B20, Extensive Grünlandnutzung für Raufutterfresser, KULAP-Maßnahme B57, Streuobst, Dauergrünland, Einhaltung der Fördervoraussetzungen, Auflagenverstoß, Verwaltungssanktion, Sanktionsmatrix, Fördermittel, Rückforderung, landwirtschaftliche Subvention, Klagefrist, Subventionsrichtlinien, Gleichbehandlungsgrundsatz, Vertrauensschutz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 19.10.2023 – 6 ZB 23.1430
Fundstelle:
BeckRS 2023, 16342

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
...

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Fördermitteln nach dem Kulturlandschaftsprogramm (KULAP).
2
1. Aufgrund seines Antrags vom 25. Februar 2015 (mit Änderungen vom 26. Februar 2015) auf Förderung von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) wurden dem Kläger mit Grundbescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) B... vom 18. August 2015 für den Verpflichtungszeitraum 2015 bis 2019 u. a. die Maßnahme „B20 – Extensive Grünlandnutzung für Raufutterfresser“ auf 1,6217 ha in Höhe von 169 EUR/ha LF für bis max. 1,40 GV/ha HFF sowie 80 EUR/ha LF auf Almen/Alpen (NC 455) sowie die Maßnahme „B57- Streuobst“ für 153 Bäume in Höhe von 8 EUR pro Baum bewilligt. Der Bescheid enthielt den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass alle Verpflichtungen während des Verpflichtungszeitraums ab 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2019 einzuhalten seien (Nebenbestimmung Nr. 4), dass zu Unrecht gewährte Fördermittel gemäß Art. 7 VO (EU) 809/2014 i.V. m. Art. 49a BayVwVfG zu erstatten seien und dass darüber hinaus Abweichungen zwischen beantragter und ermittelter Fläche bzw. Verstöße gegen Bewirtschaftungsauflagen gem. Art. 16 und Art. 19 sowie Art. 35 der Delegierten VO (EU) 640/2014 zu zusätzlichen Sanktionen führen könnten (Hinweise Nrn. 9.3.und 9.4).
3
Mit Online-Mehrfachantrag von 14. Mai 2015 beantragte der Kläger u. a. die Auszahlung 2015 für das KULAP. Mit Auszahlungsmitteilungen vom 11. Dezember 2015, 15. Juni 2016 und 10. August 2016 wurden dem Kläger für das Verpflichtungsjahr 2015 für die Maßnahme B20 eine Förderung für 3,10 ha beihilfefähige Fläche i. H. v. 523,90 EUR und für die Maßnahme B57 eine Förderung für 152 Streuobstbäume (umgerechnet 1,52 ha) i. H. v. 1.216,00 EUR gewährt.
4
Mit Online-Mehrfachantrag vom 17. Mai 2016 beantragte der Kläger u. a. die Auszahlung 2016 für das KULAP. Im Flächen- und Nutzungsnachweis (FNN) 2016 gab der Kläger u.a. nachfolgende Flächengrößen, Nutzungscodes (NC), Nutzungen und Maßnahmen an:

FS Nr.

ha

NC

Nutzung

B/N

AUM

Verpflichtungszeitraum

Anzahl Bäume

0,43

Wiesen

B

B20, B57

2015 – 19

8

0,25

Mähweiden

B

B20, B57

2015 – 19

24

0,51

Mähweiden

B

B20

2015 – 19

47

0,05

Streuobst (ohne Wiesennutzung)

N

0,31

Mähweiden

B

B20

2015 – 19

0,11

958

Naturschutzfläche (keine landw. Verwertung)

N

5
Mit Auszahlungsmitteilung vom 5. Dezember 2016 wurde dem Kläger für das Verpflichtungsjahr 2016 für die Maßnahme B20 eine Förderung für 4,49 ha beihilfefähige Fläche i. H. v. 758,81 EUR und für die Maßnahme B57 eine Förderung für 147 Streuobstbäume (umgerechnet 1,47 ha) i. H. v. 1.176,00 EUR gewährt.
6
Aufgrund seines Antrags vom 17. Februar 2017 auf Förderung von AUM im Rahmen des KULAP wurden dem Kläger mit Grundbescheid des AELF B... vom 30. Juli 2017 für den Verpflichtungszeitraum 2017 -2021 u.a. die Maßnahme B57 (Streuobst) in Höhe von 8 EUR/Baum für das Feldstück Nr. 47 für eine Fläche von 0,05 ha/ 5 Bäume, für das Feldstück Nr. 52 für eine Fläche von 0,31 ha/ 31 Bäume, für das Feldstück Nr. 62 für eine Fläche von 0,11 ha/ 11 Bäume, für das Feldstück Nr. 70 für eine Fläche von 0,05 ha/ 5 Bäume sowie für das Feldstück Nr. 92 (Teilfläche aus Feldstück 59) für eine Fläche von 0,14 ha/ 14 Bäume genehmigt. Der Bescheid enthielt den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass alle Verpflichtungen während des Verpflichtungszeitraums ab 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2021 einzuhalten seien (Nebenbestimmung Nr. 4), dass zu Unrecht gewährte Fördermittel gemäß Art. 7 VO (EU) 809/2014 i.V. m. Art. 49a BayVwVfG zu erstatten seien und dass darüber hinaus Abweichungen zwischen beantragter und ermittelter Fläche bzw. Verstöße gegen Bewirtschaftungsauflagen gem. Art. 16 und Art. 19 sowie Art. 35 der Delegierten VO (EU) 640/2014 zu zusätzlichen Sanktionen führen könnten (Hinweise Nrn. 9.3.und 9.4).
7
Mit Online-Mehrfachantrag vom 15. Mai 2017 beantragte der Kläger u. a. die Auszahlung 2017 für das KULAP. Im FNN 2017 gab der Kläger u. a. nachfolgende Flächengrößen, Nutzungscodes (NC), Nutzungen und Maßnahmen an:

FS Nr.

ha

NC

Nutzung

B/N

AUM

Verpflichtungszeitraum

Anzahl Bäume

0,43

Mähweiden

B

B20, B57

2015 – 19

8

0,25

Mähweiden

B

B20, B57

2015 – 19

24

0,51

Mähweiden

B

B20

2015 – 19

47

0,05

Streuobst (ohne Wiesennutzung)

N

B57

2017 – 21

5

0,31

Mähweiden

B

B20

B57

2015 – 19

2017 – 21

55

0,13

822

Streuobst (ohne Wiesennutzung)

B

0,15

452

Mähweiden

B

0,37

958

Naturschutzflächen (keine landw. Verwertung)

N

0,11

822

Streuobst (ohne Wiesennutzung)

B

B57

2017 – 21

11

70

0,05

822

Streuobst (ohne Wiesennutzung)

N

B57

2017 – 21

5

8
Mit Auszahlungsmitteilung vom 11. Dezember 2017 wurden dem Kläger für das Verpflichtungsjahr 2017 für die Maßnahme B20 eine Förderung für 5,10 ha beihilfefähige Fläche i. H. v. 861,90 EUR und für die Maßnahme B57 eine Förderung für 357 Streuobstbäume (umgerechnet 3,57 ha) i. H. v. 2.856,00 EUR gewährt.
9
Mit Online-Mehrfachantrag vom 14. Mai 2018 beantragte der Kläger u. a. die Auszahlung 2018 für das KULAP. Im FNN 2018 gab der Kläger u. a. nachfolgende Flächengrößen, Nutzungscodes (NC), Nutzungen und Maßnahmen an:

FS Nr.

ha

NC

Nutzung

B/N

AUM

Verpflichtungszeitraum

Anzahl Bäume

0,43

Mähweiden

B

B20, B57

2015 – 19

8

0,25

Mähweiden

B

B20, B57

2015 – 19

24

0,51

Mähweiden

B

B20

2015 – 19

47

0,05

Streuobst (ohne Wiesennutzung)

N

B57

2017 – 21

5

0,32

Mähweiden

B

B20

B57

2015 – 19

2017 – 21

31

0,11

822

Streuobst (ohne Wiesennutzung)

B

B57

2017 – 21

11

70

0,05

822

Streuobst (ohne Wiesennutzung)

N

B57

2017 – 21

5

92

0,14

452

Mähweiden

B

B20

B57

2015 – 19

2017 – 21

14

10
Mit Auszahlungsmitteilung vom 10. Dezember 2018 wurden dem Kläger für das Verpflichtungsjahr 2018 u. a. für die Maßnahme B20 eine Förderung für 6,86 ha beihilfefähige Fläche i. H. v. 1.159,34 EUR und für die Maßnahmen B57 eine Förderung für 464 Streuobstbäume (umgerechnet 4,64 ha) i. H. v. 3.712,00 EUR gewährt.
11
Am 25. November 2019 erfolgte eine Vorortkontrolle des Betriebs des Klägers. Hierbei stellte das Kontrollteam u. a. Flächenabweichungen bei den Feldstücken Nr. 36 i. H. v. 0,23 ha, Nr. 47 i. H. v. 0,05 ha, Nr. 62 i. H. v. 0,11 ha und Nr. 70 i. H. v. 0,05 ha fest. Ferner wurden in diesem Zusammenhang auf den Feldstücken Nr. 6, Nr. 30, Nr. 52 und Nr. 92 weniger förderfähige Obstbäume festgestellt, als der Kläger für die Maßnahme B57 „Streuobst“ gemeldet hatte. Dies wurde dem Kläger am gleichen Tag mündlich erläutert und mit Schreiben des AELF Kitzingen vom 17. Januar 2020 schriftlich mitgeteilt.
12
Mit Schreiben vom 11. Februar 2020 hörte das AELF B... den Kläger zu der beabsichtigten teilweisen Rückforderung der KULAP-Zahlungen in Höhe von 2.796.97 EUR aufgrund der Feststellungen der Vorortkontrolle an.
13
Mit Schreiben vom 26. Februar 2020 äußerte der Kläger mehrere Fragen, insbesondere zur Lage von nicht berücksichtigten Flächen und Streuobstbäumen, zur Ermittlung der Sanktionsbeträge und des Rückforderungsbetrags und den jeweiligen gesetzlichen Grundlagen.
14
Mit Bescheid vom 9. März 2020 nahm das AELF B... die Bewilligungsbescheide vom 18. August 2015 und 30. Juni 2017 für die Maßnahmen B20 und B57 teilweise zurück (Nr.1) und forderte die für diese Maßnahmen zu viel gewährten Zuwendungen in Höhe von 2.796,97 EUR zurück (Nr. 2). Die Rückforderung sei bis zum 14. April 2020 zu erstatten gewesen. Bei verspätetem Zahlungseingang werde der Rückforderungsbetrag für den Zeitraum zwischen dem 14. April 2020 und der Rückzahlung mit drei Prozesszinsen über dem Basiszinssatz jährlich verzinst (Nr. 3). Für den Bescheid würden Gebühren gemäß der Gebührenordnung i. H. v. 150,00 EUR sowie Auslagen i. H. v. 5,00 EUR verrechnet (Nr. 4). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der bei der Vorortkontrolle festgestellten Abweichungen komme es zu Kürzungen bei den Förderabrechnungen der einzelnen Jahre, weshalb die zu viel gewährte Förderung i. H. v. insgesamt 2.796,97 EUR auf Grundlage der Art. 48 und 49 BayVwVfG i.V. m. Art. 7 Abs. 1 VO (EU) 809/2014 zwingend zurückgenommen werden müsse. Die Verzinsung richte sich nach Art. 49a BayVwVfG i.V. m. Art. 7 Abs. 2 VO (EU) 809/2014, wonach der Rückforderungsbetrag für den Zeitraum zwischen dem gesetzten Zahlungsziel und der tatsächlichen Rückforderung mit 3 v. H. über dem Basiszins jährlich zu verzinsen sei.
15
Hiergegen legte der Kläger am 14. April 2020 Widerspruch ein.
16
Das AELF B... half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 23. April 2020 der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor.
17
Mit E-Mail vom 17. März 2021 trug der Kläger im Wesentlichen vor, das Feldstück Nr. 6 würde in seiner Gesamtfläche beweidet. Bei dem Feldstück Nr. 30 sei die festgestellte, reduzierte Anzahl der Bäume sowie die Historie zur Reduzierung der Anzahl der Bäume falsch und nicht belegt. Es seien durch Sturmschäden im Herbst in 2019 Bäume beschädigt und die abgebrochenen Teile erst nach der Vorortkontrolle weggeräumt worden. Aufgrund von Trockenschäden und der Entnahme eines Baumes durch die Gemeinde H. habe sich die Anzahl der Bäume in den Folgejahren reduziert. Die Flächenreduzierung des Feldstücks Nr. 36 sei nicht belegt. Es werde eine noch größere Fläche beweidet. Es gebe auf der gesamten Fläche Grünaufwuchs. Ein Teil der Fläche werde seit 2020 als Hutung bezeichnet, vorher sei diese aufgrund eines möglichen Beratungsfehlers durch das Amt ggf. unzutreffend als Mähweiden bezeichnet worden. Der Hinweis, dass ein AUM-Verstoß B20 vorliege, sei nicht nachvollziehbar. Etwaige Ablagerungen auf nicht förderfähigen Teilflächen müssten gegen die zusätzlich zur Beweidung abgezäunte Fläche in Aufrechnung gehen. Hinsichtlich des Feldstücks Nr. 47 sei es unzutreffend und nicht belegt, dass es sich um eine Waldfläche handle. Die Fotos würden Bäume des Nachbargrundstücks Flurnummer 2498 zeigen. Ferner sei die Historie zur Reduzierung der Anzahl der Bäume falsch und nicht belegt. Gleiches gelte für das Feldstück Nr. 52. Dieses Feldstück bestehe aus mehreren kleineren Grundstücken und es sei unklar, wie viele Bäume pro Grundstück durch die Kontrolle definiert worden seien. Im Vorjahr sei ein Baum wegen Windbruchs entfernt worden, was nicht gemeldet worden sei, da dies keinen Einfluss auf die Anzahl der gemeldeten Bäume gehabt habe. Bei der Vorortkontrolle habe man sicherlich den Baumstumpf gesehen. Das Feldstück Nr. 62 werde seit Jahren beweidet. Da es sich bei diesem Grundstück um eine in Vergessenheit geratene Streuobstwiese handle, sei dort ein gewisser Aufwand erforderlich gewesen. Es sei nicht klar, wie der Ausdruck „komplett zugewachsen“ definiert werde. Auf dem Grundstück stünden zwar mehr als die angegebenen elf Streuobst-Bäume, es sei aber trotzdem zur Reduktion vom Grünaufwuchs entsprechend beweidet worden und nicht komplett zugewachsen. Ferner sei die Historie zur Reduzierung der Anzahl der Bäume falsch und nicht belegt. Das Feldstück Nr. 70 würde keine Waldfläche darstellen. Das Foto zeige vorhandene Obstbäume.
18
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2021 wies die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das AELF B... habe die Bewilligungsbescheide vom 18. August 2015 und 30. Juni 2017 für die Maßnahme B20 und B57 gem. Art. 49 BayVwVfG zurecht teilweise zurückgenommen und den Rückforderungsbetrag gem. Art. 49a BayVwVfG korrekt auf 2.796,97 EUR festgesetzt. Der Kläger sei gem. Art. 7 Abs. 1 VO (EU) 809/2014 zur Rückzahlung von zu Unrecht gezahlten Beträgen zzgl. etwaiger Zinsen verpflichtet. Durch diese abschließende gemeinschaftsrechtliche Rückabwicklungsvorschrift werde das Aufhebungsermessen der Art. 48 und 49 BayVwVfG verdrängt, sodass vorliegend grundsätzlich eine Rückforderung auszusprechen sei. Gründe, wegen denen eine Rückforderung unverhältnismäßig wäre, seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe der Kläger keine atypischen Umstände vorgetragen. Zahlungen im Rahmen des KULAP würden Betriebsinhaber für landwirtschaftlich genutzte, aktiv bewirtschaftete Flächen Art. 28 VO (EU) 1305/2013 i.V. m. der Gemeinsamen Richtlinie der Bayerischen Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) und für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) zur Förderung von Agrarumwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen (AUM) in Bayern (Gemeinsame Richtlinie) vom 18. Dezember 2014 und 2. Januar 2017 (in der Folge: AUM-Richtlinie) erhalten. Als landwirtschaftlich genutzte Fläche sei gemäß der AUM-Richtlinie i.V. m. Art. 2 Abs. 1 Buchst. f) VO (EU) 1305/2013 jede Fläche zu verstehen, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen gemäß der Begriffsbestimmung in Art. 4 VO (EU) 1307/2013 genutzt werde. Es seien dahingehend Abweichungen zwischen den Angaben des Klägers in den FNN und den tatsächlichen Gegebenheiten auf den Feldstücken Nr. 36, 47, 62 und 70 festgestellt worden, welche Flächenreduzierungen und damit einhergehend Rückforderungen zur Folge hätten.
19
Der Kläger habe das Feldstück Nr. 36 im FNN seiner jeweiligen Mehrfachanträge als Mähweide (NC 452), mithin als Dauergrünland bezeichnet. Das Feldstück erfülle jedoch nicht die Eigenschaft von Dauergrünland und könne daher nicht als landwirtschaftliche Fläche anerkannt werden. Unmittelbar nördlich des Feldstücks befinde sich ein ehemaliges Sägewerk, aus dem ein mit Schotter unterlegtes Gleis auf den nördlichen Teil des Feldstücks Nr. 36 verlaufe. Die gesamte beanstandete Teilfläche sei mit altem Baumaterial aufgefüllt worden, im Westen falle das Gelände zum Bachgrund hin ab. Der Großteil der Fläche enthalte keinen organischen Mutterboden und es befänden sich Bauschuttablagerungen, Bauholz sowie ein befestigter Straßenrand auf dem ebenen, östlichen Teil der Fläche zur Straße hin. Zwischen den Ablagerungen und am Hang würden Unkräuter wachsen, was auf den Fotos der Vorortkontrolle gut zu erkennen sei. Deren Wuchsstadium lasse erkennen, dass auf diesem Teil des Feldstücks keine nennenswerte landwirtschaftliche Nutzung oder zumindest keine ausreichende Pflege des Bewuchses stattfinde. Jedenfalls würden Gras oder andere Grünfutterpflanzen gemäß der Definition von Dauergrünland auf dem beanstandeten Teil der Fläche (0,23 ha) gerade nicht vorherrschen, da es sich bei dem vorgefundenen Aufwuchs überwiegend nicht um Gras und andere Grünfutterpflanzen handle, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen seien oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Grünland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat seien. Eine insbesondere von Unkräutern beherrschte Fläche, wie vorliegend, könne nicht mehr als Dauergrünlandfläche angesehen werden. Da auf dieser Teilfläche offensichtlich keine, jedenfalls keine ausreichende, landwirtschaftliche Nutzung stattfinde, sei diese Teilfläche von der im Übrigen landwirtschaftlich genutzten Fläche abzuziehen. Da auf dem Luftbild 2017 derselbe Zustand festzustellen sei, sei diese Flächenabweichung auch für die Vergangenheit zu berücksichtigen. Dem Vorbringen des Klägers, ein Teil der Fläche werde seit 2020 als Hutung geführt und sei vorher nur aufgrund eines möglichen Beratungsfehlers durch das Amt als Mähweiden bezeichnet worden, sei zu entgegnen, dass der Kläger als Antragsteller für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Erklärungen sowie das Vorliegen der förderrechtlichen Voraussetzungen selbst verantwortlich sei und einer entsprechenden Sorgfaltspflicht unterliege – was der Kläger durch Unterschrift auf seinen jeweiligen Anträgen auch dokumentiert habe.
20
Für das Feldstück Nr. 47 habe der Kläger im FNN zu seinen Mehrfachanträgen 2016 – 2018 jeweils den NC 822 Streuobst (ohne Wiesennutzung) und damit den Status Dauerkultur angegeben. Bei der Vorortkontrolle sei der Zugang zu dem Feldstück von Seiten der im Norden angrenzenden Lichtung aufgrund des dichten Sträucherbewuchs des Feldstücks nicht überall möglich gewesen. Dies sei auch aus den Lichtbildern der Kontrolle ersichtlich. Bei den Lichtbildern handle es sich auch um Bilder des Feldstücks Nr. 47 und nicht um solche des Nachbarflurstücks Nr. 2498, welches östlich an das Feldstück Nr. 47 angrenze. Die Ausrichtung der gelben Pfeile auf den Luftbildern zeige die Aufnahmerichtung der Fotos an. Diese Pfeile seien vom Prüfdienst auf dem eingesetzten GPS-Gerät erstellt und gespeichert worden; gleichzeitig mit der Aufnahme des Fotos setze dazu der Prüfer automatisiert einen GPS-Messpunkt und bewege sich anschließend einige Schritte in Richtung des Aufnahmeobjekts, wo ein zweiter Messpunkt gesetzt werde. Beide Pfeile auf dem Luftbild von Feldstück Nr. 47 seien eindeutig auf das Feldstück Nr. 47 ausgerichtet und nicht auf das östlich davon gelegene Nachbargrundstück. Nach den Feststellungen des Prüfteams habe es sich zum Zeitpunkt der Vorortkontrolle am 6. September 2019 um ein verwaldetes Feldstück mit Kiefern und Hecken gehandelt. Auch die Nachkontrollen am 15. November 2019 und 25. November 2019 hätten die Feststellung, dass es sich um eine Waldfläche und nicht um eine landwirtschaftliche Fläche handle, bestätigt. Da auf dem Luftbild 2017 derselbe Zustand festzustellen sei, sei diese Flächenabweichung auch für die Vergangenheit zu berücksichtigen.
21
Für das Feldstück Nr. 62 habe der Kläger im FNN zu seinen Mehrfachanträgen 2017 und 2018 jeweils den NC 822 Streuobst (ohne Wiesennutzung) mit dem Status Dauerkultur angegeben. Bei der Vorortkontrolle sei die Fläche eingezäunt gewesen und sei insbesondere am 9. August 2019 mit fünf Ziegen beweidet worden. Zwar seien entlang des Zaunes Trittspuren zu erkennen gewesen und die Verbuschung sei etwas zurückgedrängt gewesen, innerhalb dieses Randbereichs sei die Verbuschung des Feldstücks allerdings so massiv gewesen, dass kein Grasbewuchs für eine landwirtschaftliche Nutzung zu erkennen gewesen sei. Auch eine Nutzung (wie beantragt) als Dauerkultur mit wiederkehrenden Erträgen bei Streuobstbäumen sei aufgrund der erheblichen Verbuschung nicht gegeben. Da auf dem Luftbild 2017 derselbe Zustand festzustellen sei, sei diese Flächenabweichung auch für die Vergangenheit zu berücksichtigen.
22
Für das Feldstück Nr. 70 habe der Kläger im FNN zu seinen Mehrfachanträgen 2017 und 2018 ebenfalls den NC 822 Streuobst (ohne Wiesennutzung) mit dem Status Dauerkultur angegeben. Bei der Vorortkontrolle 2019 habe das Feldstück den gleichen Waldbestand wie das Feldstück Nr. 47 aufgewiesen. Dies sei auch auf dem Lichtbild der Kontrolle ersichtlich. Es habe sich zum Zeitpunkt der Vorortkontrolle um ein bewaldetes Feldstück mit Kiefern und Hecken gehandelt. Es handle sich um eine Waldfläche und nicht um eine landwirtschaftliche Fläche. Da auf dem Luftbild 2017 derselbe Zustand festzustellen sei, sei diese Flächenabweichung auch für die Vergangenheit zu berücksichtigen.
23
Ausweislich der AUM Merkblätter 2015 – 2019 und 2017 – 2022 Abschnitt C Nr. 5 sei im Rahmen der Maßnahme B57 der Erhalt von bestehenden oder neu gepflanzten Streuobstbäumen förderfähig. Gefördert würden Hochstamm-Baumarten, die mindestens einen Kronendurchmesser von drei Metern erreichen und eine Stammhöhe von mindestens 1,4 Metern hätten. Hiergegen habe der Kläger verstoßen.
24
Auf dem Feldstück Nr. 6 seien bei der Vorortkontrolle 2019 anstelle der acht angegebenen Bäumen lediglich sechs Bäume vorgefunden worden, die den Vorgaben der Maßnahme B57 entsprochen hätten. Außerdem hätten sich zwei Baumstümpfe auf der Fläche befunden.
25
Auf dem Feldstück Nr. 30 seien bei der Vorortkontrolle 2019 anstelle von 24 angegebenen Bäume lediglich 19 Bäume, die den Vorgaben der Maßnahme B57 entsprochen hätten sowie drei dürre Bäume vorgefunden worden. Der Kläger habe selbst angegeben, dass sich die Anzahl der Bäume auf dem Feldstück aufgrund von Trockenschäden und der Entnahme eines Baumes durch die Gemeinde H. reduziert habe.
26
Auf dem Feldstück Nr. 52 seien bei der Vorortkontrolle 2019 am 6. September 2019 anstelle von 31 angegebenen Bäumen lediglich 19 Obstbäume vorgefunden worden, die den Vorgaben der Maßnahme B57 entsprochen hätten. Zwölf Bäume hätten gefehlt oder es habe sich um Baumarten unter einer Stammhöhe von 1,40 m gehandelt, die nicht den Vorgaben der Maßnahme B57 entsprochen hätten. Diese Feststellung hätten sich bei der Nachkontrolle am 25. November 2019 bestätigt. Bei der Vorortkontrolle sei das gesamte Feldstück, welches sich über mehrere Flurnummern erstrecke, im Umfang von 0,32 ha kontrolliert worden.
27
Auf dem Feldstück Nr. 92 seien bei der Vorortkontrolle 2019 anstelle von 14 angegebenen Bäumen lediglich neun Obstbäume vorgefunden worden, die den Vorgaben der Maßnahme B57 entsprochen hätten.
28
Diese Flächenabweichungen und Verstöße gegen die Fördervorgaben der Maßnahmen B20 und B57 seien nach Nr. 6.7 der AUM-Richtlinie nach Art. 19 der VO (EU) 640/2014 bzw. Art. 35 der VO (EU) 640/2014 i.V. m. der Sanktionsmatrix zu ahnden.
29
Da auf dem Feldstück Nr. 6 nur 6 von 8 und auf dem Feldstück 30 nur 19 von 24 beantragten B57 Bäumen vorgefunden worden seien, hätten insgesamt sieben der 152 Bäume gefehlt, für die der Kläger 2015 die Verpflichtung B57 „Erhalt von bestehenden oder neu gepflanzten Streuobstbäumen“ beginnend mit dem Jahr 2015 bis 31. Dezember 2019 eingegangen sei und für die er im Jahr 2015 eine Förderung erhalten habe, ohne diese Verpflichtung eingehalten zu haben. Hierbei komme es nicht darauf an, ob die B57-Streuobstbäume im Jahr 2015 tatsächlich vorhanden gewesen seien. Dadurch, dass sie bei der Vorortkontrolle 2019 nicht mehr in dem beantragten Umfang vorhanden gewesen seien, sei die eingegangene B57-Verpflichtung im Zeitraum 1. Januar 2015 – 31. Dezember 2019 nicht eingehalten. Dieser Verstoß sei gem. Nr. 6.7.2. der AUM-Richtlinie Art. 35 Abs. 4 i.V. m. Abs. 3 der VO (EU) 640/2014 nach der Sanktionsmatrix in Anlage 7 der Gemeinsamen Richtlinie mit einer Regelkürzung in Höhe von 10% zu sanktionieren. Da der Kläger 2015 für die Maßnahme B57 1.216,00 EUR erhalten habe, belaufe sich die Sanktionierung auf 121,60 EUR.
30
Auch im Jahr 2016 habe der Kläger die Förderung für die Maßnahme B57 für dieselbe Anzahl an Bäumen für die Feldstücke Nr. 6 und 30 beantragt. Da wiederum sieben Bäume (von insg. 147 beantragten) gefehlt hätten und er mit-hin die eingegangene B57-Verpflichtung im Zeitraum 1. Januar 2015 – 31. Dezember 2019 nicht eingehalten habe, habe er 2016 für diese Bäume zu Unrecht eine Förderung erhalten. Gem. der auch für das Jahr 2016 geltenden Sanktionsmatrix sei der Verstoß ebenfalls mit einer Regelkürzung in Höhe von 10% zu sanktionieren. Da der Kläger 2016 für die Maßnahme B57 1.176,00 EUR erhalten habe, belaufe sich die Sanktionierung auf 117,60 EUR.
31
Es liege eine Flächenabweichung bzgl. der Maßnahme B20 für das Jahr 2017 vor. Der Kläger habe für dieses Jahr solche Zuwendungen für eine Fläche von 5,13 ha beantragt, bei der Vorortkontrolle sei jedoch auf dem Feldstück Nr. 36 eine Abweichung im Umfang von 0,23 ha (NLF) festgestellt worden. Da diese bereits auf dem Luftbild des Jahres 2017 ersichtlich sei, sei die beihilfefähige Fläche für die Maßnahme B20 für das Jahr 2017 hierum zu reduzieren. Darüber hinaus habe auf dem Feldstück Nr. 26 auf 0,03 ha eine Doppelbelegung vorgelegen, weshalb eine B20-Förderung nur für 0,53 ha gewährt worden sei. Die diesbezügliche, privatrechtliche Streiterei über die Nutzungsrechte sei weiterhin ungeklärt. Da zum Zeitpunkt der Abrechnung 2017 lediglich die Flächenabweichung i. H. v. 0,03 ha aufgrund der Doppelbelegung bekannt gewesen sei und diese unter 3% gelegen habe (beantragt seien 0,56 ha gewesen), seien die 0,03 ha zwar von der beihilfefähigen Fläche abgezogen worden, jedoch sei keine Sanktion verhängt worden. Unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse überschreite die Flächenabweichung bzgl. B20 nunmehr die 3% Grenze für eine Sanktionierung. Der Kläger habe eine Fläche von 5,13 ha beantragt. Nach Abzug der 0,03 ha Doppelbelegung und der 0,23 ha NLF ergebe sich eine ermittelte Fläche von 4,87 ha. Die Abweichung betrage mit 5,34% mehr als 3%, weshalb eine Sanktion zu verhängen gewesen sei. Diese bestehe aus einem weiteren Flächenabzug, der sich gem. Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 VO (EU) 640/2014 aus dem Doppelten der festgestellten Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche ergebe und mithin 2 x 0,26 ha = 0,52 ha betrage. Die Gesamtkürzung betrage daher 0,23 ha Flächenabweichung aufgrund der Kontrollergebnisse 2019 sowie 0,52 ha Sanktion und mithin insgesamt 0,75 ha. Der für diese Fläche zu viel gewährte Betrag in Höhe von 126,75 EUR (0,75 ha mal 169,00 EUR/ha) sei daher zurückzufordern.
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Darüber hinaus habe 2017 auch bzgl. der Maßnahme B57 eine Flächenabweichung vorgelegen. Der Kläger habe 2017 für 360 Bäume eine B57-Förderung beantragt, was einer beihilfefähigen Fläche von 3,6 ha entspreche. Bei der Vorortkontrolle 2019 seien auf den Feldstücken Nrn. 47, 62 und 70, auf denen die Maßnahme B57 durchgeführt worden sei, 21 Bäume auf NLF festgestellt worden, mithin eine Flächenabweichung von 0,21 ha.
33
Darüber habe der Kläger bzgl. des Feldstücks Nr. 26 2017 Förderung für 56 B57-Bäume beantragt. Da bei diesem auf 0,03 ha eine Doppelbelegung vorgelegen habe und daher nur 0,53 ha hätten anerkannt werden können, liege auch bzgl. der Maßnahme B57 eine relevante Flächenabweichung vor, da die physische Fläche des Feldstücks, auf der die Maßnahme in Form von Bäumen beantragt worden sei, eine Abweichung aufweise. Auch wenn sich die B57- Förderung förderrechtlich auf Grundlage der Anzahl der Bäume bemesse, sei diese Flächenabweichung förderrechtlich relevant, da die angemeldete Fläche, die sich aus der beantragten Baumanzahl (0,01 ha pro Baum) ergebe, größer sei als die tatsächlich ermittelte Fläche. Für die ermittelte Fläche von 0,53 ha könnten nur 53 Bäume anerkannt werden. Es seien daher nur 53 Bäume förderfähig. Diese Flächenabweichung von 0,03 ha sei bereits im Jahr 2017 festgestellt und zum damaligen Zeitpunkt bei der Auszahlung berücksichtigt worden. Da diese Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche bzw. beantragten und ermittelten Bäumen weniger als 3% betragen habe, sei damals jedoch noch keine Sanktion erforderlich gewesen. Dies habe sich jedoch aufgrund der 2019 festgestellten zusätzlichen Flächenabweichungen geändert, die ausweislich der Luftbilder bereits im Jahr 2017 bestanden hätten. Aufgrund dieser Abweichungen würden auf 0,24 ha NLF insgesamt 24 Bäume (21 Bäume auf 0,21 ha der Feldstücke Nr. 47, 62 und 70 sowie drei Bäume auf 0,03 ha des Feldstücks Nr. 26) als nicht vorhanden gelten. Anstelle der beantragten 3,6 ha seien daher im Rahmen der Maßnahme B57 nur 3,36 ha förderfähig. Da diese Abweichung von 0,24 ha auf die tatsächlich förderfähige Fläche von 3,36 ha bezogen 7,14% betrage, sei die 3%-Schwelle für die Sanktionierung gem. Art. 19 Abs. 1 VO (EU) 640/2014 im Jahr 2017 überschritten. Die Abweichungen seien daher jeweils um das Doppelte (2 x 0,24 ha) zu sanktionieren, was in einer Auszahlungsfläche von 2,88 ha (3,36 ha – 0,48 ha) resultiere. Die Baumanzahl errechne sich entsprechend. Im Rahmen der Vorortkontrolle seien 21 Bäume aberkannt worden. Aufgrund der Abweichung von über 3% ergebe sich somit ein Baumabzug in Höhe von 63 Bäumen (21 Bäume Abweichung + 42 Bäume Sanktion). Dazu kämen noch die drei Bäume, die aufgrund der Doppelmeldung bzgl. des Feldstücks Nr. 26 bereits im Jahr 2017 aberkannt worden seien. Bei diesen drei Bäumen werde nur die zusätzliche Sanktion zurückgefordert (sechs Bäume), da der ursprüngliche Abzug (3 Bäume) bereits in der ersten Abrechnung berücksichtigt worden sei. Insgesamt seien also 69 Bäume abzuziehen. Wegen des Abzugs der NLF seien diese 24 Bäume nicht nochmals als Auflagenverstoß zu sanktionieren, sondern seien wie eine reguläre Flächenabweichung zu behandeln und direkt von der Förderungssumme abzuziehen. Rechnerisch ergebe sich für die Flächenabweichung bzgl. der Maßnahme B57 daher eine Rückforderung i. H. v. 69 Bäume x 8,00 EUR/Baum = 552,00 EUR.
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Es seien auch im Jahr 2017 Förderungen wegen des Verstoßes gegen die Förderbedingungen zurückzufordern. Der Kläger habe 2017 die Förderung für die Maßnahme B57 für dieselbe Anzahl an Bäumen wie 2015 und 2016 für die Feldstücke Nr. 6 und 30 beantragt. Da wiederum sieben Bäume fehlten und er mithin die eingegangene B57-Verpflichtung im Zeitraum 1. Januar 2015 – 31. Dezember 2019 nicht eingehalten habe, habe er 2017 für diese Bäume zu Unrecht eine Förderung erhalten. Darüber hinaus seien bei der Vorortkontrolle 2019 auf Feldstück Nr. 52 nur 19 von 31 und auf Feldstück Nr. 92 nur neun von 14 für den Förderzeitraum 2017 bis 2021 beantragten B57-Bäumen aufgefunden worden, für die der Kläger im Jahr 2017 ebenfalls eine B57-Förderung erhalten habe. Der Kläger habe daher 2017 zu Unrecht für 24 Bäume eine Förderung erhalten. Nach der Sanktionsmatrix für das Jahr 2017 sei hierfür eine Regelsanktionierung in Höhe von 10% vorgesehen. Diese Kürzung sei jedoch nicht von der tatsächlich gewährten Fördersumme, sondern nach Berücksichtigung der Flächenabweichungen einschließlich der Sanktionierung hierfür vorzunehmen. Da hiernach eine Auszahlungsfläche von 2,88 ha anzusetzen gewesen sei, die mit 800,00 EUR/ha zu fördern gewesen sei, sei eine Fördersumme von 2.304,00 EUR anzusetzen. Die Sanktionierung hierfür belaufe sich daher auf 230,40 EUR.
35
Das AELF B... a. d. Saale habe daher für 2017 zu Recht insgesamt 909,15 EUR zurückgefordert.
36
Der Kläger habe 2018 für die Maßnahme B20 Förderungen für eine Fläche von 6,86 ha beantragt. Ebenso wie für das Jahr 2017 sei eine Flächenabweichung i. H. v. 0,23 ha auf dem Feldstück Nr. 36 sowie die Doppelbelegung des Feldstücks Nr. 26 i. H. v. 0,03 ha zu berücksichtigen. Im Gegensatz zu 2017 sei die Doppelbelegung jedoch nicht bereits im Auszahlungsbescheid 2018 berücksichtigt worden, da diese eine sog. Kleinstabweichung darstelle, die sich nicht auf den Auszahlungsbetrag auswirke. Bei der Auszahlung für 2018 sei daher weder eine Flächenabweichung noch eine Sanktion aufgrund der Doppelbelegung berücksichtigt worden. Aufgrund der erst 2019 festgestellten weiteren Flächenabweichung bei dem Feldstück Nr. 36 i. H. v. 0,23 ha, würden diese Abweichungen zusammen keine Kleinstabweichung mehr darstellen und darüber hinaus den Sanktions-Schwellenwert von 3% überschreiten. Denn der Kläger habe Förderung für eine Fläche von 6,86 ha beantragt. Nach Abzug der 0,26 ha (Doppelbelegung 0,03 ha + NLF 0,23 ha) ergebe sich eine ermittelte Fläche von 6,6 ha und mithin eine Abweichung i. H. v. 5,45%. Diese bestehe aus einem weiteren Flächenabzug, der sich gem. Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 VO (EU) 640/2014 aus dem Doppelten der festgestellten Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche ergebe und mithin 2 x 0,26 ha = 0,52 ha betrage. Die Gesamtkürzung betrage daher 0,23 ha Flächenabweichung aufgrund der Kontrollergebnisse 2019, 0,03 ha Flächenabweichung aufgrund der Doppelbelegung sowie 0,52 ha Sanktion und mithin insgesamt 0,78 ha. Der für diese Fläche zu viel gewährte Betrag in Höhe von 131,82 EUR (0,78 ha x 169,00 EUR/ha) sei daher zurückzufordern.
37
Darüber hinaus habe 2018 auch bzgl. der Maßnahme B57 eine Flächenabweichung vorgelegen. Der Kläger habe 2018 für 464 Bäume, mithin für eine beihilfefähige Fläche von 4,64 ha eine B57- Förderung beantragt. Bei der Vorortkontrolle 2019 seien auf den Feldstücken Nrn. 47, 62 und 70, auf denen die Maßnahme B57 durchgeführt worden sei, 21 Bäume auf NLF festgestellt worden, mithin eine Flächenabweichung von 0,21 ha. Darüber hinaus habe der Kläger 2018 bzgl. des Feldstücks Nr. 26 Förderung für 56 B57-Bäume und mithin 0,56 ha beantragt. Aufgrund der festgestellten 0,03 ha Doppelbelegung seien jedoch nur 0,53 ha und mithin 53 förderfähig. Im Gegensatz zu 2017 sei diese Flächenabweichung von 0,03 ha jedoch nicht bei der Auszahlung 2018 berücksichtigt worden, da sie eine sog. Kleinstabweichung darstelle, die sich nicht auf den Auszahlungsbetrag auswirke. Bei der Auszahlung für 2018 sei daher weder eine Flächenabweichung noch eine Sanktion aufgrund der Doppelbelegung berücksichtigt worden. Aufgrund der erst 2019 festgestellten weiteren Flächenabweichung, bei dem Feldstück Nr. 36 i. H. v. 0,23 ha, welche ausweislich des Luftbilds von 2017 auch schon 2018 vorgelegen habe, liege nunmehr keine Kleinstabweichung mehr vor und auch der Sanktions-Schwellenwert von 3% sei überschritten. Es würden auf 0,24 ha NLF insgesamt 24 Bäume (21 Bäume auf 0,21 ha der Feldstücke Nr. 47, 62 und 70 sowie drei Bäume auf 0,03 ha des Feldstücks Nr. 26) als nicht vorhanden gelten.
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Anstelle der beantragten 4,64 ha seien daher im Rahmen der Maßnahme B57 nur 4,4 ha förderfähig. Da diese Abweichung von 0,24 ha auf die tatsächlich förderfähige Fläche von 4,4 ha bezogen 5,45% betrage, sei die 3%-Schwelle für die Sanktionierung gem. Art. 19 Abs. 1 VO (EU) 640/2014 im Jahr 2018 überschritten. Die Abweichungen seien daher jeweils um das Doppelte (2 x 0,24 ha) zu sanktionieren, was in einer Auszahlungsfläche von 3,92 ha (4,4 ha – 0,48 ha) resultiere. Die Baumanzahl errechne sich entsprechend 2017. Im Rahmen der Vorortkontrolle seien 21 Bäume aberkannt worden. Aufgrund der Abweichung von über 3% ergebe sich somit ein Baumabzug in Höhe von 63 Bäumen (21 Bäume Abweichung + 42 Bäume Sanktion). Dazu kämen noch die drei Bäume, die aufgrund der Doppelmeldung bzgl. des Feldstücks Nr. 26 bereits im Jahr 2017 aberkannt worden seien. Im Gegensatz zu 2017 seien diese drei Bäume jedoch nicht bereits bei der Auszahlung 2018 berücksichtigt worden, da sich die Abweichung als Kleinstabweichung nach damaligem Kenntnisstand nicht auf die Auszahlung ausgewirkt habe. Da nunmehr jedoch eine Abweichung von insgesamt über 3% bekannt sei, sei diese nun gem. Nr. 6.7.1 der Gemeinsamen Richtlinie i.V. m. Art. 19 Abs. 1 VO (EU) 640/2014 zu sanktionieren. Es ergebe sich nunmehr insgesamt ein Baumabzug von 72 Bäumen (21 Bäume Abweichung + doppelte Anzahl hiervon als Sanktion wegen der Abweichung, 42 Bäume + 3 Bäume Abweichung wegen Doppelmeldung + doppelte Anzahl hiervon als Sanktion wegen der Doppelmeldung, 6 Bäume). Rechnerisch ergebe sich für die Flächenabweichung bzgl. der Maßnahme B57 daher eine Rückforderung i. H. v. 72 Bäume x 8,00 EUR/Baum = 576,00 EUR.
39
Es seien auch im Jahr 2018 Förderungen wegen des Verstoßes gegen die Förderbedingungen zurückzufordern. Der Kläger habe 2018 die Förderung für die Maßnahme B57 für dieselbe Anzahl an Bäumen wie in den Vorjahren für die Feldstücke Nr. 6 und 30 beantragt. Da wiederum sieben Bäume fehlten und er mithin die eingegangene B57-Verpflichtung im Zeitraum 1. Januar 2015 – 31. Dezember 2019 nicht eingehalten habe, habe er 2018 für diese Bäume zu Unrecht eine Förderung erhalten. Darüber hinaus seien bei der Vorortkontrolle 2019 auf den Feldstück Nr. 52 nur 19 von 31 und auf Feldstück Nr. 92 nur neun von 14 für den Förderzeitraum 2017 bis 2021 beantragten B57-Bäumen aufgefunden worden, für die der Kläger im Jahr 2017 ebenfalls eine B57-Förderung erhalten habe. Der Kläger habe daher 2017 zu Unrecht für 24 Bäume eine Förderung erhalten. Da dies angesichts der beantragten 464 B57-Bäume eine Abweichung von 5,54% darstellte, sei der Verstoß nach der neuen Sanktionsmatrix für das Jahr 2018 mit 30% zu sanktionieren. Diese Kürzung sei jedoch nicht von der tatsächlich gewährten Fördersumme, sondern nach Berücksichtigung der Flächenabweichungen einschließlich der Sanktionierung hierfür vorzunehmen. Da hiernach eine Auszahlungsfläche von 3,92 ha anzusetzen gewesen sei, die mit 800,00 EUR/ha zu fördern gewesen sei, sei eine Fördersumme von 3.136,00 EUR anzusetzen. Die Sanktionierung belaufe sich daher auf 940,80 EUR.
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Das AELF B... habe daher für 2018 zu Recht insgesamt 1.648,62 EUR zurückgefordert.
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2. Am 25. Mai 2021 erhob der Kläger hiergegen Klage und trug mit Schriftsatz vom 10. April 2022 zur Begründung im Wesentlichen vor, er habe an der Vor-Ort-Kontrolle teilnehmen wollen, was er dem AELF im Vorfeld auch mitgeteilt habe. Man habe ihn weder über die Kontrolle, noch über die Erkenntnisse hieraus informiert. Auf dem Feldstück Nr. 6 befänden sich weit mehr als acht Obstbäume. Der Abzug von zwei Bäumen sei nicht belegt worden. Er könne sich den Abzug der zwei Bäume nur dadurch erklären, dass davon ausgegangen werde, dass sich diese in sog. Landschaftselementen befänden. Zwei Obstbäume würden sich in „Ausschlägen“ oder Gestrüppansätzen befinden, welche jedoch in regelmäßigen Abständen immer wieder auf Stock gesetzt worden seien. Unter den Bäumen sei freigeschnitten gewesen, da sonst die Ernte erschwert gewesen sei. Auf dem Feldstück Nr. 30 stünden auch nach der Entnahme einiger Bäume noch mehr als 24 Bäume. Er gehe davon aus, dass fünf Bäume im unteren Bereich nicht aufgenommen worden seien. Auf dem Feldstück Nr. 36 finde jährlich ein bis zwei Mal eine Beweidung statt. Im nordwestlichen Teil des Feldstücks befinde sich eine Böschung und davor eine ebene Stelle, auf welcher ein Stapel Bauholz liege. Daneben habe sich in 2019 ein vorübergehender Haufen mit Bauschutt befunden. Auf der ganzen Fläche finde sich Grünaufwuchs, der je nach Jahreszeit, auch abhängig davon wie lange die klägerischen Kamerun-Schafe dort geweidet hätten, unterschiedlich ausgeprägt sei. Die Teilfläche könne wohl als Hutung angesehen werden, sodass anstatt einer Streichung der Teilfläche eine Umcodierung in die Nutzung Hutung mit dem Code 454 erfolgen solle und auch möglich sei. Dies beantrage er hiermit. Die Fotos in der Behördenakte würden nicht die wirkliche Situation darstellen. Auf dem Feldstück Nr. 47 habe ab 2017 eine Bewirtschaftung stattgefunden. Der Vortrag, dass diese Fläche mit Waldbäumen wie Kiefern bewachsen und verbuscht sei, sei falsch. Die Fotos würden keine klare Aussage treffen, da dort Gehölze abgebildet seien, die auch heute noch auf dem Nachbargrundstück stehen würden. Zudem sei es allgemein bekannt, dass die GPS-Geräte, die im Amt Verwendung fänden, im Gelände mit Baumbestand nicht ordnungsgemäß funktionieren würden. Diese Einschränkungen seien dem Kläger mehrfach und von verschiedenen Stellen berichtet worden. Zudem sei Anfang 2020 nach einer Aussage des Landschaftspflegeverbandes Rhön-Grabfeld durch den örtlich zuständigen Förster der Status „kein Wald“ definiert worden. Die Fotos in der Behördenakte würden nicht die wirkliche Situation darstellen. Gleiches gelte für das Feldstück Nr. 70. Auf dem Feldstück 52 hätten sich im Dezember 2021 31 Bäume, die den Bedingungen entsprochen hätten, befunden sowie einige zusätzliche Streuobstbäume, welche eine Stammhöhe von unter 1,40 m aufweisen würden sowie drei dürre Bäume, deren Status im Jahre 2017 heute unbekannt sei. Auch das Feldstück Nr. 62 sei ab 2017 bewirtschaftet worden. Bei der Vor-Ort-Kontrolle 2019 seien auf dem Grundstück Kamerun-Schafe gewesen, welche binnen kürzester Zeit den gesamten Grasbewuchs des relativ kleinen Feldstücks reduziert hätten. Der Hinweis auf die Verbuschung sei nicht zutreffend, denn dort stünden auch heute noch viele alte, hohe Obstbäume. So sehe das Feldstück auch heute noch auf Luftbildern stark bewachsen aus. Auch würde eine Schattenbildung die Situation verwischen. Es sei unklar, was die Aussage, dass „Bäume mit einem Kronendurchmesser der Baumart unter 3,00 m“ vorgefunden worden seien, bedeute. Die jeweilige Baumart sei nicht bezeichnet worden, es sei nicht nachvollziehbar, welche Bäume auf welchen Feldstücken fehlen sollten. Ebenso sei unklar, auf welchen Feldstücken welche und wie viele Bäume mit einer Stammhöhe von unter 1,40 m eingestuft worden seien. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Bäume im Prinzip zweimal zuzüglich einer Sanktion abgezogen worden seien.
42
Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2020 erwiderte die Beklagte, sie verweise auf den Rückforderungsbescheid vom 9. März 2020 sowie den Widerspruchsbescheid vom 26. April 2021.
43
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 11. April 2022 trug der Kläger in Bezug auf das Feldstück 26 vor, dass am 12. Februar 2020 ein Vergleich geschlossen worden sei, nach dem die Nutzung von 2017 bis 2019 seinem Betrieb zuzuordnen sei. Er übergab dem Gericht eine Kopie eines Protokolls der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts B... vom 12. Februar 2020, in dem der angesprochene Vergleich enthalten sei, sowie einen weiteren Schriftsatz aus dem damaligen amtsgerichtlichen Verfahren, in dem die Ansprüche benannt seien, die dem Vergleich zugrunde lägen. Die mit dem Vergleich erledigten streitgegenständlichen Ansprüche hätten die Jahre 2016 bis 2018 betroffen.
44
Weiter wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 11. April 2022 seitens des Gerichts eine erneute Besichtigung der Feldstück Nrn. 6, 30, 52, 92, 47 und 70 angeregt, welche am 22. Juni 2022 in Anwesenheit des Klägers durchgeführt wurde.
45
Hierbei wurden – laut Beklagtem – auf dem Feldstück Nr. 6 im Gegensatz zur Kontrolle 2019, bei der sechs Bäume vorgefunden wurden nur noch drei statt wie beantragt acht förderfähige Bäume vorgefunden, auf dem Feldstück Nr. 30 im Gegensatz zur Kontrolle 2019, bei der 19 Bäume vorgefunden wurden, nur noch 18 statt wie beantragt 24 förderfähige Bäume vorgefunden, auf dem Feldstück 52 ebenso wie bei der Kontrolle 2019 nur noch 19 statt wie beantragt 31 förderfähige Bäume vorgefunden. Auf den Feldstücken 47 und 70 bestätigte sich, dass es sich im streitgegenständlichen Zeitraum nicht um Dauerkulturen gehandelt habe. Auf dem Feldstück Nr. 92 wurden im Gegensatz zur Kontrolle von 2019 bei der lediglich 9 förderfähige Bäume vorgefunden wurden, 16 förderfähige Bäume festgestellt, obwohl lediglich 14 beantragt waren. Im Übrigen bestätigten sich die Feststellungen der Vorort-Kontrolle 2019.
46
Mit Schreiben der FüAk vom 3. August 2022 wurde der Kläger über das Ergebnis der Nachkontrolle vom 22. Juni 2022 informiert.
47
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022 hob die FüAk ihren Widerspruchsbescheid vom 26. April 2021 (1.) und den Bescheid des AELF B*. … … vom 9. März 2020, insoweit darin für das Förderjahr 2017 ein Betrag von mehr als 829,14 EUR und für das Förderjahr 2018 ein Betrag von mehr als 941,41 EUR zurückgefordert wurden, auf (2.) Im Übrigen wies es den Widerspruch zurück (Nr.3), und legte die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Widerspruchsverfahrens dem Kläger zu 72% und dem Beklagten zu 28% auf (Nr.4).
48
Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Ergebnisse der Nachkontrolle vom 22. Juni 2022 sowie den durch den Kläger vorgelegten amtsgerichtlichen Vergleich verwiesen. Der Widerspruch sei zulässig und begründet, soweit er sich gegen Rückforderungsbeträge in Höhe von 787,22 EUR richte.
49
Im Übrigen sei der Widerspruch unbegründet. Das AELF B*. … … habe die Bewilligungsbescheide vom 18. August 2015 und 30. Juni 2017 im Übrigen zurecht teilweise zurückgenommen. Dies hätten die Erkenntnisse aus der Nachkontrolle vom 22. Juni 2022 ergeben.
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Bei der Kontrolle 2022 sei auf dem Feldstück Nr. 47 die Genauigkeit der GPS-Messung des Luftbilds des FS durch wiederholte georeferenzierte Fotoaufnahmen und Grenzfeststellungen bestätigt worden. Es handle sich bei den Fotos daher nicht um Aufnahmen des Nachbargrundstücks.
51
Die Feststellung, dass es sich bei dem Feldstück Nr. 70 um eine Waldfläche und keine landwirtschaftliche Fläche handle, habe sich bei der Nachkontrolle 2022 bestätigt (Stümpfe und Wurzelausschläge).
52
Es sei anzumerken, dass auf den Feldstücken Nrn. 47, 62 und 70 inzwischen die Rekultivierung der Flächen abgeschlossen sei und bei der Kontrolle 2022 ein deutlicher Grasbewuchs habe vorgefunden werden können.
53
Auf dem Feldstück Nr. 6 seien bei der Nachkontrolle 2022 lediglich drei Bäume vorgefunden worden. Die festgestellte Anzahl an Bäumen bilde die Zahl an Bäumen ab, die tatsächlich innerhalb der Feldstückgrenze lägen. Bei der Nachkontrolle sei der Standort eines jeden am Rand des Feldstücks befindlichen Streuobstbaumes durch Einsatz des GPS-Gerätes ermittelt worden. Auf diese Weise habe festgestellt werden können, dass elf Bäume außerhalb der Feldstückgrenze lägen und somit nicht förderfähig seien. Von den auf der Böschung im Osten stehenden Bäumen liege nur ein Baum innerhalb der beantragten Grenze. Die Feldstückgrenze habe in identischer Form und Größe 2015 bis 2019 bestanden, sodass die Feststellungen der Nachkontrolle rückwirkend auch für diese Jahre gelten würden. Der Kläger habe bei Antragstellung augenscheinlich angenommen, die Grenze im Osten sei auf der Böschungsoberkante. Die ursprünglichen Feststellungen der VOK 2019, bei der sich die Anzahl von förderfähigen Bäumen auf sechs belaufen habe, sei dementsprechend auf drei zu korrigieren.
54
Auf dem Feldstück Nr. 30 seien bei der Nachkontrolle am 22. Juni 2022 lediglich 19 Bäume vorgefunden worden. Hinsichtlich der Bäume im Westen des FS habe der Kläger angegeben, dass ein verdorrter Baum im Jahr der VOK 2019 noch grün gewesen sei. Er habe zudem angegeben, dass zwei weitere Bäume, bei denen zum Zeitpunkt der Nachkontrolle nur der Baumstumpf sowie der ausgegrabene Wurzelstock zu finden gewesen seien, im Jahr 2019 ebenfalls grün gewesen seien. Aufgrund der im Vergleich zum noch anerkannten dürren Baum deutlich weiter fortgeschrittenen Verrottung des Baumstumpfes und Wurzelstocks seien die diesbezüglichen klägerischen Angaben nicht plausibel. Zudem könnten sie durch Vergleich der Lichtbildaufnahmen aus der VOK 2019 mit den Aufnahmen der Nachkontrolle 2022 eindeutig widerlegt werden. Von den jungen Bäumen im Osten des Feldstücks seien zwei aufgrund der unzureichenden Stammhöhe nicht förderfähig. Bei diesen beiden Bäumen sei eindeutig erkennbar gewesen, dass kurz zuvor Äste entfernt worden seien, um auf diesem Weg die erforderliche Stammhöhe zu erreichen. Im Rahmen der Nachkontrolle teilte der Kläger auch mit, dass auf der Ostseite des FS zwei Bäume wegen Trockenheit eingegangen und daher nachgepflanzt worden seien. Zu dem tatsächlichen Pflanzzeitpunkt der jungen Bäume im Osten habe der Kläger keine Angaben machen können. Der Streuobstbestand auf der Ostseite des Feldstück und dessen Zustand im Jahr 2019 könne daher nicht vollumfänglich rekonstruiert bzw. nachvollzogen werden. Zu Gunsten des Klägers werde deshalb davon ausgegangen, dass im Jahr der VOK 2019 19 förderfähige Bäume auf dem FS vorhanden gewesen seien.
55
Auf dem Feldstück Nr. 52 seien bei der Nachkontrolle 2022 anstelle von 31 angegebenen Bäumen lediglich 19 Obstbäume vorgefunden worden, die den Vorgaben der Maßnahme B57 entsprochen hätten. Es sei insbesondere das gesamte FS im Umfang von 0,32 ha, das sich über mehrere Flurnummern erstrecke, kontrolliert worden.
56
Die Kosten des Widerspruchsverfahrens seien dem Kläger zu 72% aufzuerlegen, da sein Widerspruch zu 72% in Bezug auf den monetären Gesamtstreitwert in Höhe von 2.796,97 EUR (= Gesamtrückforderungsbetrag; erfolgreicher Teil betreffend die Förderjahre 2017 und 2018 in Höhe von 787,22 EUR) erfolglos sei.
57
Der Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022 wurde laut Postzustellungsurkunde am 3. Dezember 2022 um 11:45 Uhr dem Kläger zu übergeben versucht. Weil die Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung nicht möglich gewesen sei, sei das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt worden.
58
Mit Schriftsatz des Gerichts vom 12. Dezember 2022 wurde dem Kläger eine Kopie des Widerspruchbescheids vom 1. Dezember 2022 übersandt.
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Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2023 teilte die FüAK mit, der Kläger habe mit E-Mail und Telefax vom 30. Dezember 2022 mitgeteilt, er sei im Dezember 2022 aufgrund eines Klinikaufenthalts nicht erreichbar gewesen. Damit Vorgänge nicht in eine Verfristung liefen, seien entsprechende Schreiben durch einen vom Kläger beauftragten Dritten ohne Prüfung des Inhaltes an den Absender zurückgeschickt worden. Darunter sei auch ein Schreiben der FüAk gewesen. Der Kläger habe um erneute Übermittlung des Schreibens gebeten und eine „Rücksetzung in den vorherigen Stand und neue Terminierung“ beantragt. Mit Schreiben der D. P2. AG vom 6. Januar 2023 sei der Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022 rückgesandt worden. Das beiliegende Kuvert sei mit dem Vermerk „… … ist zur Zeit auf unbestimmte Zeit abwesend -> zurück an Absender“ versehen gewesen. Mit E-Mail vom 10. Januar 2023 habe man den Kläger darauf hingewiesen, dass der Widerspruchsbescheid am 3. Dezember 2022 ordnungsgemäß zugestellt worden sei und somit auch die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 VwGO zu laufen begonnen habe. Zudem sei dem Kläger in der Anlage der E-Mail wunschgemäß eine Kopie des Bescheides vom 1. Dezember 2022 samt Kostenrechnung zur nochmaligen Möglichkeit der Kenntnisnahme übermittelt worden.
60
Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2023 trug der Kläger weitergehend im Wesentlichen vor, indem er einen Dritten beauftragt habe, Schreiben ohne Prüfung des Inhalts an den Absender zurückzusenden, habe er seiner Sorgfaltspflicht genüge getan. Das Schreiben der FüAK sei ihm daher nicht zugestellt worden. Er habe um erneute Übermittlung des Schreibens gebeten und eine Rücksetzung in den vorherigen Stand beantragt. Bis heute sei ihm das Schreiben vom 1. Dezember 2022 nicht im Original übermittelt worden. Hätte die FüAK sofort auf sein Schreiben vom 30. Dezember 2022 reagiert, hätte er fristgerecht Widerspruch einlegen können. Er beantrage daher Widereinsetzung in den vorherigen Stand, betreffend den Bescheid vom 1. Dezember 2022. Erst wenn ihm der Inhalt des Originalbescheids vorliege, könne er entscheiden, ob er einen Widerspruch entsprechend verfolgen werde. Vorsorglich erhebe er jedoch Widerspruch gegen den Bescheid vom 1. Dezember 2022.
61
Mit weiterem Schriftsatz vom 29. Januar 2023, bei Gericht eingegangen am 30. Januar 2023, trug der Kläger vor, es fehle ihm weiterhin der Original-Bescheid vom 1. Dezember 2022. Er beantrage ferner aufgrund gesundheitlicher Probleme eine Einsetzung in den vorherigen Stand, eine Fristverlängerung für die Einreichung einer Klage sowie für die Begründung einer Klage. Er erhebe vorsorglich gegen den Bescheid – mit ihm unbekannten Inhalt – der FüAk vom 1. Dezember 2022 Klage.
62
Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2023 trug die FüAk für den Beklagten vor, die am 30. Januar 2023 erhobene Klage sei unzulässig, da sie nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchbescheids am 3. Dezember 2022 erhoben worden sei. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, da die Versäumung nicht unverschuldet gewesen sei. Der Kläger habe gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen. Auch sei der Widerspruchsbescheid durch die Ersatzzustellung am 3. Dezember 2022 derart in den Machtbereich des Klägers gelangt, dass die Möglichkeit zur Kenntnisnahme bestanden habe und diese auch habe erwartet werden können. Darüber hinaus sei ihm, da er nicht den gesamten Dezember hospitalisiert gewesen sei, die Erhebung der Klage Ende Dezember 2022 selbst möglich gewesen.
63
Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2023 legte der Kläger eine Aufenthaltsbescheinigung des … Klinikums … vom 10. Dezember 2022 über einen stationären Aufenthalt vom 2. bis 10. Dezember 2022, einen Entlassbrief vom 3. Dezember 2022 des … Klinikums … sowie ein ärztliches Attest vom 15. Februar 2023 vor.
64
Mit Schreiben vom 8. März und 12., 14. und 17. April 2023 (letztere eingegangen um 7:23 Uhr) wiederholte der Kläger seinen bisherigen Vortrag und trug weitergehend im Wesentlichen vor, es seien weder die Widerspruchsbescheide vom 26. April 2021 und 1. Dezember 2022 noch das Protokoll der Nachkontrolle vom 3. August 2022 formalrechtlich korrekt unterzeichnet, da sie nicht vom Unterzeichner eigenhändig unterschieben seien. Zur Schriftform gehöre grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift, vgl. BVerwG Urteil vom 6. Dezember 1988 Az.: 9 C 40.87. Der Grund für fehlende Unterschriften der tatsächlich Verantwortlichen sei in der fehlenden Staatshaftung zu suchen. Die rechtlich zwingende Grundlage für die eigenhändige Unterschrift finde sich in den § 126 BGB, § 315 Abs. 1 ZPO, § 275 Abs. 2 StPO, § 12 RPflG, § 117 Abs. 3 VwGO und § 37 Abs. 3 VwVfG. Zwar habe der gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entschieden, dass bei der Übermittlung bestimmter Schriftsätze auf elektronischem Wege dem gesetzlichen Schriftformerfordernis unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne eigenhändige Unterschrift genüge getan sei (B.v. 5.4.200 GmS.OBG 1/98), dies gelte aber nur in den Fällen, in denen aus technischen Gründen die Beifügung einer eigenhändigen Unterschrift unmöglich sei und nicht für die durch normale Briefpost übermittelten Schriftsätze, deren Unterzeichnung möglich und zumutbar sei (vgl. BFH, U.v. 10.7.2002 – VIII B 06/02 – BFH/NV 2022, 1597). Die als Widerspruchsbescheid benannten Schreiben seien daher nichtig und die Angelegenheit daher verfristet. Er beantrage die Vorlage von Daten zu den bei der VOK 2019 verwendeten Gerätschaften zur genauen Positionsermittlung in der Fläche durch die FüAK. Darüber hinaus sei unklar, mit welcher Genauigkeit bzw. Abweichung die Feld- bzw. Feldstücksgrenzen im System iBALIS bzw. dem vom Beklagten verwendeten Kartenmaterial angenommen würden. Es sei nicht ersichtlich, weshalb sich bei der Vor-Ort-Kontrolle 2019 auf dem Feldstück Nr. 6 sechs förderfähige Bäume innerhalb der Feldstückgrenzen befunden haben sollen, 2022 jedoch nur noch drei, obwohl insgesamt 14 (3 + 11) förderfähige Bäume innerhalb der Nutzungsgrenzen vorhanden gewesen seien. Anhand von Schattenwurf auf den Luftbildern von 2015, 2019 sowie 2022 sei zu erkennen, dass jeweils die gleiche Anzahl von Bäumen vorhanden gewesen sei. Seine Familie sei irrtümlich jahrzehntelang davon ausgegangen, dass sich die Bewirtschaftungs-/Nutzungsgrenze oberhalb der Böschungskante befunden habe. Diese sei eindeutig zu erkennen. Er habe die Böschung daher auch beweidet und die dortigen Bäume gepflegt. Die Bedingungen seien daher erfüllt, weshalb der Irrtum im Unterschied zwischen der Feldstückgrenze vor Ort und im System bereinigt werden solle. Außerdem sei nicht klar, ob er wegen seines Irrtums mit Sanktionen belegt werden könne. Auf dem Luftbild des Feldstücks 52 auf Seite 3 des Schreibens vom 3. August 2022 sei nicht das gesamte Feldstück abgebildet. Im oberen linken Bereich seien auch vor Ort noch Streuobstbäume vorhanden, welche sich nicht auf der Darstellung befänden. Bezüglich der Feldstücke 47 und 70 sei komisch, dass, wenn eine Fläche vollkommen verwaldet sein solle, nur wenige angeblich georeferenzierte Fotos erstellt worden seien, wenn die Gesamtsituation mit einem Rundumblick mit mehreren Fotos dargestellt hätte werden können. Wenn wenige Büsche und Bäume vorhanden gewesen wären, stelle dies noch keinen Wald dar. Zu einem Wald gehöre auch ein Waldklima und eine typische Waldvegetation. Der zuständige Revierförster 2018 bzw. 2019 habe – obwohl vereinzelt Kiefern stehen würden – keinen Wald festgestellt. Dies sei bei einer aktuellen Vor-Ort-Besichtigung durch den aktuellen Revierleiter und dem zuständigen Abteilungsleiter nochmals bestätigt worden. Hierzu legte der Kläger ein Schreiben des AELF B*. … … vom 21. Februar 2023 vor, in welchen bestätigt wird, dass es sich bei den Feldstücken 2492/0, 2494/0 und 2497/0 mangels Waldinnenklimas und fehlender typischer Waldvegetation nicht um Wald i. S. d. Art. 2 BayWaldG handle. Auch bzgl. des Feldstücks Nr. 62 habe die Forstdirektion dem Kläger bestätigt, dass es sich um eine Streuobstwiese handle. Es handle sich hierbei daher ebenfalls nicht um Wald im Sinne des BayWaldG. Hierzu legte der Kläger ein Schreiben des AELF B*. … … vom 13. April 2023 vor, indem ausgeführt ist, dass das Feldstück 1776 locker mit Obstbäumen bestockt sei. Weder die vorhandenen Baumarten noch der Schlussgrad oder der allgemeine Eindruck erinnere an Wald nach Art. 2 BayWaldG. Die Bestockung sei vielmehr als Streuobstwiese zu bezeichnen. Die Bestockung sei schätzungsweise 30 Jahre alt und sei im Jahr 2015 sicher identisch mit der des Jahres 2023 gewesen. Auf dem Feldstück Nr. 36 befinde sich lediglich an verschiedenen Stellen abgestelltes Baumaterial sowie ein Holzstapel. Dies störe bei der Beweidung des Grundstücks nicht. Wäre ihm geraten worden, die Fläche als Hutung zu codieren, hätte er dies getan und es gäbe sicherlich keine Probleme. Weiterhin legte er Fotos der Fläche vom 28. April 2016 vor, auf denen der Grün-Aufwuchs der Fläche zu erkennen sei. Insoweit vorgetragen werde, bei einigen Bäumen seien erst kürzlich Äste unterhalb der Höhe von 1,40 m abgesägt worden, sei dies korrekt, es handle sich hierbei jedoch um ein im Streuobstbau übliches Aufasten. Dies sei geschehen, da tiefer stehende Äste die Pflege der Wiese beeinträchtigen und die Durchlüftung negativ beeinflussen würden. Zur Einordnung als Hochstamm zähle die erste intakte Seitentrieb-Ebene. Um den Bäumen nicht allzu sehr zu schaden, habe er die Äste beim ersten Schnitt nicht direkt am Stamm abgesägt, sondern habe einen Stummel stehen gelassen. Beim Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau sei dazu zu erfahren, dass die Stummel nicht zur Stammhöhe zählten, da sie kein kronenbildendes Element seien. Aufgrund dessen seien 7 + 19 Bäume auf dem Feldstück Nr. 30 zu berücksichtigen. Auf dem Feldstück Nr. 30 seien bei der Vor-Ort-Kontrolle 2019 19 förderfähige Bäume und drei dürre Bäume festgestellt worden, aber die junge Baumreihe im Osten des Feldstückes nicht beachtet worden. Man sehe auf dem in den Schreiben vom 3. August 2022 einkopierten Foto schemenhaft die der Garage des Nachbarn im südwestlichen Teil des Grundstücks vorgelagerten Bäume. Bzgl. des Feldstückes Nr. 52 sei bei der Nachkontrolle 2022 vergessen worden, zwei Bäume im Osten des Grundstücks aufzunehmen, sieben Bäume im Nordwesten seien komplett vergessen und im Norden (Mitte) sei ein Baum vergessen worden. In der Baumgruppe befänden sich anstatt der sechs berücksichtigten Bäume sieben Bäume. Auf den Fotos der Kontrolle sei eindeutig ein Baumstumpf zu sehen und auf dem Luftbild von 2017 dort ein Baum zu erkennen. Dieser sei 2019 umgebrochen, sei aber noch grün gewesen und daher erst 2020 entfernt worden. Anstatt 19 Bäumen seien daher 30 Bäume festzustellen. Aufgrund der Ungenauigkeit der Grenzen des Feldstückes müssten aber die beantragten 31 Bäume berücksichtigt werden. Es handle sich bei der Feldstückgrenze um eine nicht festgestellte Feldstückgrenze. Es sei daher unklar, wo sich die im iBALIS eingezeichnete Grenzen im Gelände wirklich befänden. Aufgrund dessen könnten ihm Irrtümer nicht angelastet werden. Gelichzeitig legte der Kläger zahlreiche Lichtbilder und Luftbilder der streitgegenständlichen Feldstücke vor.
65
3. Im Rahmen der fortgesetzten mündlichen Verhandlung am 17. April 2023 beantragte der Kläger, den Bescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bad Neustadt an der Saale vom 9. März 2020 in Gestalt des Widerspruchbescheids der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 1. Dezember 2022 aufzuheben.
66
Die Beklagtenvertreterin beantragte,
die Klage abzuweisen.
67
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte und die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen am 17. April 2023 und 11. April 2022 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

68
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
69
Zunächst wurde der Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022 im Rahmen einer Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO wirksam einbezogen, da die Einbeziehung jedenfalls sachdienlich ist.
70
Bei verständiger Würdigung des gesamten Vorbringens des Klägers (§ 88 VwGO) ist sein Klagebegehren dahingehend auszulegen, dass er die Aufhebung des Bescheids des AELF B*. … . vom 9. März 2020 in Gestalt des Widerspruchbescheids der FüAk vom 1. Dezember 2022 und nicht die Feststellung der Nichtigkeit dieser Bescheide begehrt. Zwar hat der anwaltlich nicht vertretene Kläger vorgetragen, der Widerspruchbescheid vom 1. Dezember 2022 sei ihm nicht bekanntgegeben worden und außerdem sei er mangels handschriftlicher Unterschrift unwirksam, allerdings erschöpfte sich seine Klagebegründung nicht im Vortrag bezüglich der Bekanntgabe und der Unterschrift, sondern richtete sich im Schwerpunkt vielmehr gegen die Rechtmäßigkeit der Bescheide. In Verbindung mit dem Wortlaut seines Klageantrags ist daher von einem Begehren auf Aufhebung der Bescheide auszugehen, soweit sie ihn belasten.
71
Die so verstandene Klage, ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
72
Der Bescheid vom 9. März 2020 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 1. Dezember 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Im Einzelnen:
73
Die Klage ist als Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO gegen den Bescheid vom 9. März 2020 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 1. Dezember 2022 statthaft, da der Widerspruchsbescheid nicht bereits mangels Zustellung bzw. Bekanntgabe sowie mangelnder handschriftlicher Unterschrift unwirksam ist.
74
Der Widerspruchsbescheid ist gegenüber dem Kläger gem. Art. 43 Abs. 1 BayVwVfG i.V. m. Art. 41 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 BayVwVfG i.V. m. § 73 VwGO i.V.m. Art. 3 VwZVG i.V. m. § 180 ZPO mit seiner Zustellung am 3. Dezember 2022 bekanntgegeben worden und hierdurch wirksam geworden. Soweit der Kläger davon ausgeht, der Widerspruchsbescheid sei ihm, da er sich zu diesem Zeitpunkt im Krankenhaus befunden und er den Brief durch einen beauftragten Dritten ungeöffnet mit der der Beschriftung „… … ist zur Zeit auf unbestimmte Zeit abwesend -> zurück an Absender“ an die FüAk zurückschicken lassen habe, weder zugestellt noch bekanntgeben worden, steht dem entgegen, dass weder die Bekanntgabe noch die Zustellung eine tatsächliche Kenntnisnahme erfordern. Denn die Bekanntgabe umfasst lediglich die Abgabe eines erlassenen Verwaltungsaktes und dessen Zugänglichmachen zum Zwecke der Kenntnisnahme durch denjenigen, an den sich die Bekanntgabe richtet. Der Zugang erfolgt, wenn der Verwaltungsakt so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser bei gewöhnlichem Verlauf und unter normalen Umständen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Möglichkeit hat, von ihm Kenntnis zu nehmen. Die tatsächliche Kenntnisnahme ist nicht erforderlich (vgl. Baer in: Schoch/Schneider, VwVfG, 3. EL August 2022, § 41 Rn. 14 u. Rn. 59). Vorliegend ist die Bekanntgabe des Widerspruchbescheids vom 1. Dezember 2022 daher bereits dadurch erfolgt, dass der Widerspruchsbescheid laut der Postzustellungsurkunde am 3. Dezember 2022 in den Briefkasten des Klägers eingelegt wurde, er mithin in den Machtbereich des Klägers gelangt ist und der Kläger daher bei einem gewöhnlichen Verlauf und unter normalen Umständen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Möglichkeit hatte von dem Widerspruchsbescheid Kenntnis zu nehmen. Dass er sich im Krankenhaus befand, könnte lediglich dazu führen, dass ihm, falls er deshalb daran gehindert gewesen wäre, eine gesetzliche Frist einzuhalten, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzgl. dieser Frist zu gewähren wäre. Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Bescheides kommen einem Krankenhausaufenthalt jedoch nicht zu.
75
Ebenso wenig ist der Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022 mangels handschriftlicher Unterschrift nichtig. Entgegen der Auffassung des Klägers genügt der ohne Unterschrift, aber mit Namenswiedergabe versehene Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022 den sich aus Art. 37 BayVwVfG ergebenden Anforderungen an die Schriftform. Er enthält am Ende das Kürzel „gez.“ und die Namenswiedergabe der erstellenden Regierungsrätin. Dies entspricht den Anforderungen des Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG, wonach ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten muss. Wird auf eine eigenhändige Unterschrift verzichtet, genügt daher die bloße Namenswiedergabe, ohne dass es zusätzlicher Anforderungen wie z.B. einer Beglaubigung bedarf (vgl. BVerwG U.v. 7.7.2022 – 2 A 4/21 – NVwZ 2022, 1916,1917; B.v. 28.3.2013 – 2 B 113.12 – juris Rn. 14 f.; BayVGH, B.v. 30.3.2011 – 6 CS 11.234 – juris Rn. 9; B. v. 6.11.2019 – 10 ZB 19.378 – juris Rn. 7). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber in Art. 37 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG sogar ausdrücklich bestimmt, dass bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erlassen wird, Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen können. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem, durch den Kläger vorgebrachten, Urteil des BVerwG vom 6. Dezember 1988 – 9 C 40/87 –, da sich in diesem lediglich Ausführungen bezüglich des Erfordernisses der Schriftlichkeit der Klageerhebung gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO, jedoch keine Ausführungen bezgl. Formerfordernissen von Verwaltungsakten finden. Gegenteiliges folgt auch nicht aus den anderen, durch den Kläger vorgetragenen Urteilen. Diese beziehen sich insbesondere auf eine veraltete Rechtslage. Auch sind die anderen durch den Kläger angeführten Normen vorliegend nicht anwendbar. Entspricht daher der Bescheid – wie vorliegend – den gesetzlichen Bestimmungen, ist er insoweit rechtmäßig, leidet also nicht an einem (Rechts-)Fehler und kann somit schon begrifflich nicht nichtig im Sinn des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG sein.
76
Des Weiteren bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung der Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO, obwohl der Kläger seine Klage erst mit Schriftsatz vom 29. Januar 2022 um die Anfechtung des Widerspruchbescheids vom 1. Dezember 2022 erweitert hat. Ob die Klagefrist – wie der Kläger wohl annimmt – aufgrund dessen, dass der Kläger die Postsendung mit dem Widerspruchbescheid vom 1. Dezember 2022 ungeöffnet durch einen Dritten an den Absender hat zurückschicken lassen, möglicherweise erst zu einem späteren Zeitpunkt als dem 3. Dezember 2022 zu laufen begann oder ob eine Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu gewähren wäre, kann vorliegend dahinstehen, da die Klageänderung vorliegend ohne Einhaltung der Klagefrist möglich gewesen ist. Zwar ist die einmonatige Klagefrist nach § 74 Abs. 1 VwGO bei der Einbeziehung eines Bescheides im Wege der Klageänderung grundsätzlich einzuhalten. Die Klagefrist muss in einem solchen Fall aber dann nicht eingehalten werden, wenn die nach der Änderung oder Ersetzung verbleibenden Bestandteile des ursprünglich und fristgerecht angefochtenen Bescheides und die Regelungsbestandteile des Änderungs- oder Ersetzungsbescheides nach materiellem Recht unteilbar sind (BVerwG, U.v. 11.11.2020 – 8 C 22/19 – juris Rn. 25). Eine solche Unteilbarkeit ist im vorliegenden Fall anzunehmen, da der Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022 die Regelungen des Bescheids des AELF B... a. d Saale vom 9. März 2020 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26. April 2021 beibehält und lediglich einem Teil zu Gunsten des Klägers abhilft. Es ist somit eine einheitliche und unteilbare Regelung der Rückforderung von 2.009,75 EUR erfolgt. Deshalb ist hier ungeachtet einer etwaigen Überschreitung der Klagefrist bei der Einbeziehung des Widerspruchbescheids vom 1. Dezember 2022 davon auszugehen, dass sich der Abwehrwille des Klägers unverändert auf die gesamte unteilbare Regelung erstreckt; weder die Behörde noch etwa betroffene Dritte können daher mit dem Eintritt der Bestandskraft des Änderungsbescheides rechnen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.2020 – 8 C 22/19 – juris Rn. 25). Der Sinn und Zweck der Fristbestimmung, das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Prinzip der Bestandskraft staatlicher Entscheidungen zu sichern und für Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu sorgen (Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 43. EL Aug. 2022, § 74 Rn. 2, 5), muss daher zurückstehen.
77
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des AELF B... vom 9. März 2020 in Gestalt des Widerspruchbescheids der FüAK vom 1. Dezember 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
78
Dass die Voraussetzungen für die Rückforderung von 2.009,75 EUR im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) zu den Agrarumweltmaßnahmen (AUM) für die Jahre 2015 bis 2018 vorliegen, hat der Beklagte im Bescheid vom 9. März 2020 und dem Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022, auf deren Gründe, die sich das Gericht nach eingehender Sachprüfung zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO), zutreffend begründet.
79
Das Vorbringen des Klägers führt zu keiner anderen Beurteilung.
80
Die teilweise Aufhebung der Bewilligungsbescheide vom 18. August 2015 und 30. Juni 2017 sowie die Rückforderung der auf diesen basierenden Auszahlungen durch den Bescheid vom 9. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2022 stützt sich bezüglich der Rückforderungen bzgl. der Flächenabweichungen bzw. Bäumen außerhalb der Feldstückgrenze auf den Feldstücken Nrn. 6, 36, 47, 62 und 70 auf Art. 48 Abs. 1, 49a BayVwVfG i.V.m. Art. 7 DurchführungsVO (EU) 809/2014 i.V.m. den AUM-Richtlinie und bzgl. Abweichung der Anzahl förderfähiger Bäume auf den Feldstücken Nrn. 30 und 52 auf Art. 49 Satz 1 Abs. 2a Nr. 2 BayVwVfG i.V. m. Art. 49a BayVwVfG i.V.m. Art. 7 DurchführungsVO (EU) 809/2014 i.V.m. den AUM-Richtlinie.
81
Obwohl Art. 35 Delegierte Verordnung (EU) 640/2014 aufgrund der Ermächtigung in Art. 63 Abs. 4 VO (EU) 1306/2013 zwangsweise die vollständige oder teilweise Ablehnung bzw. Rücknahme der Förderung anordnet, wenn mit der landwirtschaftlichen Förderung Verpflichtungen oder Auflagen nicht oder nicht vollständig eingehalten werden, enthält das Unionsrecht keine Rechtsvorschriften, die die Befugnis der Behörde regeln, Bewilligungsbescheide über landwirtschaftliche Subventionen, die in Durchführung des Unionsrechts gewährt worden sind, zurückzunehmen oder zu widerrufen. Auch soweit Zuwendungen auf der Grundlage von Unionsrecht gewährt und aus Unionsmitteln kofinanziert werden, richtet sich die Aufhebung der Zuwendungsbescheide wegen Fehlens einer umfassenden unionsrechtlichen Rücknahmeregelung grundsätzlich nach nationalem Recht, wobei jedoch die durch das Unionsrecht gezogenen Grenzen zu beachten sind (EuGH, U.v. 21.9.1983 – Rs. C-215/82 – Slg. 1983, 2633; U.v. 17.5.1993 – Rs. C-290/91 – NVwZ 1993, 973; BVerwG, U.v. 1.10.2014 – 3 C 31.13 – juris; VGH BW, U.v. 7.4.2014 – 10 S 870/13 – juris).
82
Gemäß Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des Art. 48 BayVwVfG zurückgenommen werden.
83
Art. 7 Abs. 1 DurchführungsVO regelt, dass bei zu Unrecht bezahlten Beträgen der Begünstigte zur Rückzahlung der betreffenden Beträge zuzüglich etwaiger Zinsen, verpflichtet ist.
84
Art. 49a BayVwVfG regelt die Erstattung und Verzinsung von bereits erbrachten Leistungen.
85
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat sowohl im Rahmen der Maßnahme B20 – Extensive Grünlandnutzung für Raufutterfresser – für 0,23 ha Fläche auf dem Feldstück Nr. 36 als auch im Rahmen der Maßnahme B57 – Streuobst – für jeweils 5 Bäume/ 0,05 ha auf den Feldstücken Nr. 47 und 70 sowie jeweils 11 Bäume/ 0,11 ha auf den Feldstücken Nr. 62 und Nr. 6 rechtswidrig Förderung erhalten, da er von vorneherein gegen die jeweiligen Fördervoraussetzungen verstoßen hat.
86
Zwar macht allein der Verstoß gegen Subventionsrichtlinien einen Bewilligungsbescheid nicht rechtswidrig i. S. d. Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG. Subventionsrichtlinien sind keine Rechtsnormen, sondern verwaltungsinterne Weisungen, die eine gleichmäßige Ermessensausübung der zur Verteilung von Fördermitteln berufenen Stelle regeln. Sie entfalten Außenwirkung für den einzelnen Antragsteller nur mittelbar über dessen in Art. 3 Abs. 1 GG geschütztes Recht, gemäß der in der „antizipierten Verwaltungspraxis“ zum Ausdruck kommenden Ermessensbindung der Verwaltung gleichmäßig behandelt zu werden. Die Subventionsrichtlinien sind daher nicht wie eine Rechtsnorm aus sich heraus, sondern gemäß der von ihrem Urheber gebilligten oder geduldeten tatsächlichen Verwaltungspraxis auszulegen (vgl. hierzu etwa BVerwG, U.v. 24.3.1977 – II C 14/75 – BVerwGE 52, 193 – juris; U.v. 23.4.2003 – 3 C 25.02 – NVwZ 2003, 1384; VGH BW, U.v. 19.3.2009 – 10 S 1578/08 – juris). Die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids kann sich daher nur aus einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ergeben. Dabei kann das Gleichbehandlungsgebot auch zu Lasten von Subventionsbewerbern Bedeutung gewinnen. Versagt eine Behörde in Anwendung der einschlägigen Richtlinien unter bestimmten Voraussetzungen regelmäßig die Gewährung einer Zuwendung, so verletzt sie das Gleichbehandlungsgebot in seiner objektiv-rechtlichen Funktion, wenn sie sich im Einzelfall ohne rechtfertigende Gründe über diese Praxis hinwegsetzt und trotz des Fehlens ansonsten geforderter Voraussetzungen die Leistung gewährt. Damit ist auch die verwaltungsinterne Nichtbeachtung einer Verwaltungsvorschrift ein unmittelbarer Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und führt zur Rechtswidrigkeit des darauf beruhenden Verwaltungsakts. Dies setzt im Regelfall die Feststellung einer ansonsten abweichenden Praxis voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.4.2003 – 3 C 25.02 – NvwZ 2003, 1384; BayVGH, U.v. 5.11.2013 – 19 B 09.1559 – juris Rn. 26; vgl. analog auch VG Regensburg, Gb.v. 11.4.2018 – RN 5 K 18.525 – juris Rn. 43).
87
Bei Anwendung obiger Grundsätze verstoßen die ursprünglichen Bewilligungsbescheide teilweise gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und sind demnach insoweit rechtswidrig i. S. d. Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG, als der Kläger sowohl im Rahmen der Maßnahme B20 – Extensive Grünlandnutzung für Raufutterfresser – als auch B57 – Streuobst – Förderung für Flächen, bei denen es sich nicht um landwirtschaftlich genutzte Flächen handelte, bzw. für Bäume, welche sich außerhalb eines förderfähigen Feldstückes befanden, erhielt.
88
Dem Kläger wurde rechtswidrig eine Förderung im Rahmen der Maßnahme B20 – Extensive Grünlandnutzung für Raufutterfresser – für 0,23 ha Fläche auf dem Feldstück Nr. 36 bewilligt, obwohl es sich hierbei seit Beginn der Maßnahme um nicht förderfähige Flächen i. S. d. Maßnahme handelte.
89
Gem. Art. 28 VO (EU) 1305/2013 i.V. m. der AUM-Richtlinie erhalten Betriebsinhaber für landwirtschaftlich genutzte, aktiv bewirtschaftete Flächen Zahlungen im Rahmen des KULAP, welches Teil der Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) ist. Als landwirtschaftlich genutzte Fläche ist gemäß der AUM-Richtlinie i.V. m. Art. 2 Abs. 1 Buchst. f) VO (EU) 1305/2013 jede Fläche zu verstehen, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen gemäß der Begriffsbestimmung in Art. 4 VO (EU) 1307/2013 genutzt wird.
90
Gem. Abschnitt I Nr. 3 sind Förderkriterien, Verpflichtungen und sonstige Auflagen in den Merkblättern zur Richtlinie aufgeführt.
91
Im Rahmen der Maßnahme B20 – Extensive Grünlandnutzung für Raufutterfresser – gem. Abschnitt C Nr. 2. des Merkblatt Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) 2015 bis 2019 wird eine betriebszweigbezogene Bewirtschaftung der gesamten Dauergrünlandfläche des Betriebs entsprechend den nachfolgenden Auflagen gefördert: Maximaler Viehbesatz von 1,40 GV/ha HFF im gesamten Betrieb. Förderfähig sind Wiesen, Mähweiden, Weiden, auch soweit sie neu eingesät sind, sowie Hutungen, Sommerweiden für Wanderschafe, anerkannte Almen und Alpen.
92
Dauergrünland (Dauergrünland und Dauerweideland zusammen) sind gem. Art. 4 Abs. 1 Buchst. h) VO (EU) 1307/2013 Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs sind; es können dort auch andere Pflanzenarten wachsen wie Sträucher und/oder Bäume, die abgeweidet werden können, sofern Gras und andere Grünfutterpflanzen weiterhin vorherrschen; sowie ferner – wenn die Mitgliedstaaten dies beschließen – Flächen, die abgeweidet werden können und einen Teil der etablierten lokalen Praktiken darstellen, wo Gras und andere Grünfutterpflanzen traditionell nicht in Weidegebieten vorherrschen.
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Gem. Art. 4 Abs. 1 Buchst. i) VO (EU) 1307/2013 sind „Gras oder andere Grünfutterpflanzen“ alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Weideland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind, unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden.
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Da es sich bei 0,23 ha der in der Maßnahme B20 geförderten Fläche des Feldstücks Nr. 36 des Klägers nicht um Dauergrünland handelt, erfolgte die Förderung für diese 0,23 ha rechtswidrig.
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Bei der Ermittlung der förderfähigen Flächen ist das Gericht weitgehend darauf beschränkt zu prüfen, ob diese durch die Behörde nachvollziehbar anhand der einschlägigen Richtlinien bzw. der allgemeinen Verwaltungspraxis erfolgt ist und ob ggf. Vorgaben des höherrangigen Rechts von der Verwaltung eingehalten worden sind.
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Hierbei ist zur Frage der Abgrenzung einer förderfähigen Fläche zu berücksichtigen, dass landwirtschaftsfachliche Feststellungen der Fachbehörde von einem besonderen Sachverstand getragen sind und diesen im Rahmen der Beweiswürdigung insofern ein besonderes Gewicht zukommt, als solche fachbehördlichen Aussagen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen. Landwirtschaftsfachliche Wertungen dürfen ohne weiteren Sachverständigenbeweis vom Gericht der Überzeugungsbildung zugrunde gelegt werden, sofern sie im Einzelfall (landwirtschafts-)fachlich vertretbar sind und auch nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. BVerwG, U. v. 9.11.2012 – 9 A 17/11 – juris Rn. 145; BayVGH, B.v. 22.7.2015 – 15 ZB 14.1285 – juris). Die Notwendigkeit einer Abweichung von fachbehördlichen Wertungen und Beweiserhebung durch das Gericht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) ist erst dann geboten, wenn sich dem Gericht der Eindruck aufdrängen muss, dass die fachliche Äußerung tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft ist. Will ein Beteiligter die sachverständigen Aussagen der Fachbehörde ernsthaft erschüttern, bedarf es zumindest eines qualifizierten Vortrags, der sich nicht nur in ausreichendem Maß mit den fachbehördlichen Aussagen bzw. Feststellungen auseinandersetzt, sondern auch schlüssig aufzeigt, warum das dort gefundene Ergebnis nicht als vertretbar angesehen werden kann (vgl. VG Augsburg, U.v. 14.2.2023 – Au 8 K 20.2081 – juris Rn. 44; für das Wasserwirtschaftsamt BayVGH, B.v. 23.2.2016 – 8 CS 15.1096 – juris; vgl. zu naturschutzfachlichen Stellungnahmen BayVGH, B.v. 17.8.2017 – 19 ZB 16.164 – juris).
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Ausgehend hiervon hat der Beklagte anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle 2019 zur Überzeugung des Gerichts zutreffend festgestellt, dass es sich bei 0,23 ha des Feldstücks Nr. 36 im ausschlaggebenden Förderzeitraum nicht um Dauergrünland und mithin eine nicht förderfähige Fläche handelte.
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Nach den Feststellungen der Vor-Ort-Kontrolle 2019 befanden sich im Norden der beanstandeten 0,23 ha des Feldstücks Nr. 36 ein mit Schotter unterlegtes Gleis. Die gesamten 0,23 ha seien im Laufe der Jahre mit altem Baumaterial aufgefüllt worden. Auf dem Großteil der Fläche befand sich kein organischer Mutterboden. Außerdem befanden sich Bauschuttablagerungen, Bauholz und auf dem ebenen östlichen Teil der Fläche ein befestigter Straßenrand. Zwischen den Ablagerungen und am Hang waren Unkräuter gewachsen, aus deren Wuchsstadium keine nennenswerte landwirtschaftliche Nutzung bzw. jedenfalls keine ausreichende Pflege des Bewuchses ersichtlich war. Gras oder andere Grünfutterpflanzen herrschten auf den streitgegenständlichen 0,23 ha nicht vor. Dieser Zustand ist auf den Fotos, die im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle 2019 angefertigt wurden (Behördenakte Bl. 506-510) sowie bereits auf dem Luftbild von 2017 (Behördenakte Bl. 268) ersichtlich. In der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2022 erklärte der Vertreter des AELFs abermals, dass der Boden der streitgegenständlichen 0,23 ha schon nicht dafür geeignet sei, dass dort überwiegend Gras wachsen könnte.
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Diese Feststellungen wurden durch den Kläger, obwohl ihn die Beweislast für das Vorliegen einer beihilfefähigen Fläche trifft, da er hieraus eine für ihn günstige Rechtsfolge ableiten will (vgl. BVerwG, U.v. 30.3.2021 – 3 C 7/20 –, juris Rn. 38; VG Ansbach Urt. v. 12.4.2023 – AN 14 K 20.190, BeckRS 2023, 11207; VG Cottbus U.v. 21.12.2021 – VG 3 K 1526/17, BeckRS 2021, 42685), nicht erschüttert. Allein daraus, dass auf der Fläche ein bis zwei Mal jährlich eine Beweidung durch die klägerischen Kamerunschafe stattfinde, die Fläche dauernd grün sei und die Schafe die dortigen Pflanzen fräßen, folgt nicht, dass es sich um Dauergrünland handelt.
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Soweit der Kläger anführt, es handle sich bei dem Bewuchs um Gras oder anderen Grünfutterpflanzen, da er grün sei, und dies auf den durch ihn vorgelegten Fotos zu erkennen sei, genügt dieser Vortrag nicht, um die Feststellung der Fachbehörde, dass auf den streitgegenständlichen 0,23 ha nicht überwiegend Gras oder andere Grünfutterpflanzen wachsen, zu erschüttern. Wie ausgeführt darf das Gericht deren landwirtschaftlichen Wertungen ohne weiteren Sachverständigenbeweis der Überzeugungsbildung zugrunde legen. Es ist vorliegend nicht ersichtlich, dass die Feststellung, auf den streitgegenständlichen 0,23 ha würden nicht überwiegend Gras oder Grünfutterpflanzen wachsen, fachlich nicht vertretbar wäre, insbesondere drängt sich weder aufgrund des klägerischen Vortrags noch aus den Feststellungen des AELFs oder der FüAk der Eindruck auf, dass deren fachliche Äußerung tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft ist. Allein, weil Pflanzen grün sind, handelt es sich nicht automatisch um Gras oder andere Grünfutterpflanzen.
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Auch genügt es für das Vorliegen von Dauergrünland nicht allein, dass die betreffende Fläche tatsächlich zeitweise zur Beweidung durch Vieh genutzt wird. Der Verordnungsgeber hat die Beihilfefähigkeit von landwirtschaftlichen Flächen nicht allein daran geknüpft, dass diese als Weide- oder Futterflächen genutzt werden. Vielmehr werden insoweit allein die Flächen als beihilfefähig anerkannt, die „zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen“ genutzt werden (vgl. hierzu näher Nds OVG, B.v. 13.8.2012 – 10 LA 93/11 – AuR 2013, 138). Unter Gras oder anderen Grünfutterpflanzen, fallen gemäß 4 Abs. 1 Buchst. i) VO (EU) 1307/2013 alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Weideland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind, unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden. An diese – im Übrigen hergebrachtem landwirtschaftlichen Verständnis entsprechende – Definition des Dauergrünlands knüpft die einschlägige Förderrichtlinie an, konkretisiert und schränkt diese entsprechend der agrarumweltschutzlichen Zielrichtung der Richtlinie ein. Grünland entsteht erst, wenn die Fläche überwiegend mit grünlandtypischen Pflanzen bewachsen ist und die Fläche dem Anbau von Gras oder anderen Grünlandfutterpflanzen dient. Nach Einschätzung des AELF B*. … … sind die auf den streitgegenständlichen 0,23 ha überwiegend wachsenden Pflanzen jedoch nicht grünlandtypisch. Allein dadurch, dass sie möglicherweise auch von z. B. Kamerunschafen gefressen werden, werden Pflanzen nicht automatisch grünlandtypisch (vgl. VG Regensburg, Gerichtsbescheid v. 11.4.2018 – RN 5 K 18.525 – juris Rn. 38, 39) und die Fläche dient somit nicht dem Anbau von Gras oder anderen Grünlandfutterpflanzen.
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Auch die durch den Kläger beantragte Umcodierung der Fläche von Mähweide (452) auf Hutung (454) würde, wobei schon zweifelhaft ist, ob eine solche rückwirkend überhaupt möglich wäre, nichts daran ändern, dass die streitgegenständliche Fläche des Feldstückes Nr. 36 kein Dauergrünland darstellt.
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Darüber hinaus wurde dem Kläger rechtswidrig Förderung im Rahmen der Maßnahme B57 – Streuobst gem. dem jeweiligen Abschnitt C Nr. 4. der Merkblätter Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) 2015 bis 2019 und 2017 bis 2021 für 5 Bäume/ 0,05 ha auf dem Feldstück Nr. 47, 11 Bäume/ 0,11 ha auf dem Feldstück Nr. 62 und 5 Bäume/ 0,05 ha auf dem Feldstück Nr. 70, obwohl sich die Bäume von Beginn an auf nicht förderfähigen Flächen i. S. d. Maßnahme befanden sowie für 11 Bäume/ 011 ha auf dem Feldstück Nr. 6, obwohl sie sich außerhalb der Grenzen des Feldstückes befanden, gewährt.
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Gem. Art. 28 VO (EU) 1305/2013 i.V. m. der AUM-Richtlinie erhalten Betriebsinhaber für landwirtschaftlich genutzte, aktiv bewirtschaftete Flächen Zahlungen im Rahmen des KULAP, welches Teil der Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) ist. Als landwirtschaftlich genutzte Fläche ist gemäß der Gemeinsamen Richtlinie i.V. m. Art. 2 Abs. 1 Buchst. f) VO (EU) 1305/2013 jede Fläche zu verstehen, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen gemäß der Begriffsbestimmung in Art. 4 VO (EU) 1307/2013 genutzt wird.
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Im Rahmen der Maßnahme B57 – Streuobst ist gem. dem jeweiligen Abschnitt C Nr. 4 der Merkblätter Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) 2015 bis 2019 und 2017 bis 2021 der Erhalt von bestehenden oder neu gepflanzten Streuobstbäumen förderfähig. Zu Streuobst (Kernobst, Steinobst, Nussbäume) auf landwirtschaftlich genutzter Fläche zählen Hochstamm-Obstbäume als Einzelbäume, kleine Baumgruppen, Baumzeilen entlang von Wegen und Straßen sowie extensiv genutzte Streuobstbestände mit oder ohne Unternutzung. Gefördert werden Hochstamm-Baumarten, die mindestens 3 m Kronendurchmesser erreichen und eine Stammhöhe von mind. 1,4 m haben.
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Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. g) VO (EU) 1307/2013 sind Dauerkulturen nicht in die Fruchtfolge einbezogene Kulturen außer Dauergrünland und Dauerweideland, die für die Dauer von mindestens fünf Jahren auf den Flächen verbleiben und wiederkehrende Erträge liefern, einschließlich Reb- und Baumschulen und Niederwald mit Kurzumtrieb.
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Die Bewilligung der Maßnahme B57 bzgl. der Feldstücke Nr. 47 und Nr. 70 war jeweils hinsichtlich 5 Bäumen/0,05 ha und bzgl. des Feldstückes Nr. 62 hinsichtlich 11 Bäumen /0,11 ha rechtswidrig, da es sich bei den Flächen im Förderzeitraum jeweils nicht um landwirtschaftliche Flächen i. S. d. Art. 4 Abs. 1 Buchst. e) VO (EU) 1307/2013 und mithin nicht um förderfähige Flächen handelte.
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Der Kläger hatte in seinen Anträgen sowie den Flächennutzungsnachweisen diese Feldstücke jeweils mit dem Code NC 822 als Streuobst (ohne Wiesennutzung) und mithin als Dauerkulturen angegeben, obwohl es sich bei den Feldstücken Nr. 47, 62 und 70 im streitgegenständlichen Förderzeitraum nicht um Dauerkulturen – und ebenso wenig um Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland – und mithin nicht um landwirtschaftliche Flächen handelt.
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Das Gericht hatte keine durchgreifenden Zweifel, dass die Feldstücke Nrn. 47 und 70 im streitgegenständlichen Förderzeitraum erheblich verbuscht und mit Kiefern und Hecken bewachsen waren und es sich daher weder um Dauerkulturen noch um Ackerland oder Dauergrünland und Dauerweideland und mithin nicht um förderfähige landwirtschaftliche Flächen handelte.
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Dies ergibt sich aus den Feststellungen während der Vor-Ort-Kontrollen, den bei der Vor-Ort-Kontrolle angefertigten Lichtbildern und den Luftbildern der Feldstücke aus den Jahren 2017, 2018 und 2022.
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Das Gericht geht hierbei davon aus, dass das AELF B*. … … bei den Vor-Ort-Kontrollen die streitgegenständlichen Feldstücke und nicht die Nachbargrundstücke kontrolliert hat sowie dass es sich bei den Lichtbildern um Abbildungen der streitgegenständlichen Feldstücke und nicht um solche benachbarter Feldstücke handelt. Dies ergibt sich insbesondere aufgrund der georeferenzierten Fotoaufnahmen.
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Der Beklagte konnte das Vorgehen bei den Kontrollen 2019 und 2022, insbesondere den Einsatz genormter GPS-Geräte, schlüssig und nachvollziehbar darlegen, sodass aus Sicht des Gerichts keine Zweifel an der Genauigkeit der Abmessungen bestehen. In der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2023 erklärte der Beklagtenvertreter, es sei ein Trimble GeoXH 3.5G …00 Series verwendet worden. Dieses messe auf 10 cm genau, werde bayernweit verwendet und sei von der EU zertifiziert. Im Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022 führte der Beklagte überdies aus, dass die verwendeten Geräte jährlich im Rahmen einer Mess-Validierung auf ihre Genauigkeit überprüft würden und hierbei im vorgegebenen Raster des Joint Research Cente (JCR), einer der Generaldirektionen der Europäischen Kommission, liegen müssten. Dass die durch das AELF B*. … … eingesetzten Geräte bekannterweise ungenau messen und die Messergebnisse fehlerhaft seien, wird vom Kläger lediglich unsubstantiiert behauptet, sodass weder die Richtigkeit der durch das fragliche GPS-System ermittelten Messergebnisse und mithin, ob die georeferenzierten Fotos tatsächlich die streitgegenständlichen Feldstücke zeigen, in Frage gestellt ist, noch sich weitere Sachverhaltsaufklärung aufdrängt. Auf den durch das AELF B*. … … bei der Vor-Ort-Kontrolle 2019 angefertigten Lichtbilden (Behördenakte Bl. 511 ff.) zeigt sich der von dem Beklagten vorgetragene waldähnliche Bewuchs sowie die vorgetragene Verbuschung der beiden Feldstücke. Überdies lassen auch die Lichtbilder der Kontrolle 2022 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 4. August 2022, konkret S. 85 ff. und S. 146 ff. der elektronischen Gerichtsakte), auf denen Stümpfe und Wurzelausschläge, welche auf den vormaligen Bewuchs zurückzuführen sind, zu erkennen sind, darauf schließen, dass ein solcher Bewuchs im streitgegenständlichen Förderzeitraum vorhanden war.
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Insbesondere ist aber aufgrund der Luftbilder der Feldstücke Nr. 47 und 70 aus den Jahren 2017, 2018 und 2022 erkennbar, dass sich auf beiden Feldstücken in den Jahren 2017 und 2018 ein dichter Bewuchs befand, welcher bis 2022 deutlich zurückgegangen war. Dies entspricht der durch den Beklagten dargestellten Situation, dass die Flächen zunächst verbuscht und verwaldet waren, inzwischen aber derart bewirtschaftet sind, dass ein deutlicher Grasbewuchs bestünde.
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Dem klägerischen Vortrag, die Flächen seien nicht verbuscht gewesen, sondern 2019 vielmehr deutlich mit Gras bewachsen gewesen, was schon feststehe, da im Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022 ausgeführt sei, dass im Jahr 2020 ein deutlicher Grasaufwuchs auf der Fläche zu sehen gewesen sei und ein deutlicher Grasbewuchs nicht über Nacht entstehe, steht entgegen, dass sich die Situation auf den Lichtbildern von 2019 offenkundig anders darstellt.
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Soweit der Kläger vorträgt, es handle sich bei den Flächen mangels Waldinnenklimas und fehlender typischer Waldvegetation nicht um Wald i. S. d. Art. 2 BayWaldG und hierfür ein Schreiben des AELF B*. … … vom 21. Februar vorlegt, in welchem dies bestätigt wird, führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung. Die Eigenschaft als Dauerkultur ist bei einer verbuschten und mit waldtypischer Vegetation bewachsenen Fläche, ohne dass ein Wald i. S. d. Art. 2 BayWaldG vorliegt, bereits ausgeschlossen, wenn keine Nutzung als landwirtschaftliche Fläche im Sinne einer Dauerkultur, mithin von nicht in die Fruchtfolge einbezogener Kulturen außer Dauergrünland und Dauerweideland, die für die Dauer von mindestens fünf Jahren auf den Flächen verbleiben und wiederkehrende Erträge liefern, möglich ist.
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Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger die Flächen nach eigenem Vortrag beweidet habe, da dies keine Nutzung im Sinne einer Dauerkultur nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. g) VO (EU) 1307/2013 darstellt.
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Auch soweit der Kläger bzgl. des Feldstücks Nr. 47 vorbringt, dass die Flurstücksgrenzen laut Unterlagen der Vermessungsverwaltung nicht festgelegt seien und es sich um eine Flurstücksgrenze mit einer möglichen Abweichung von 5 m handle, führt dies zu keiner Förderfähigkeit im Rahmen der Maßnahme B57. Für die Feldstückgrenzen im Rahmen der Förderung ist maßgeblich, was der Landwirt im Rahmen der Beantragung der Förderung angibt. Die durch den Kläger angegebenen Grenzen des Feldstücks Nr. 47 wurden der Kontrolle 2022 unter Verwendung des GPS-Gerätes des AELF B*. … …, dessen Messergebnisse wie erläutert nicht anzuzweifeln sind, zugrunde gelegt und sind maßgeblich für die Förderfläche.
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Ebenso ist das Gericht davon überzeugt, dass das Feldstück Nr. 62 im streitgegenständlichen Förderzeitraum erheblich verbuscht war und es sich daher weder um Dauerkulturen noch um Ackerland oder Dauergrünland und Dauerweideland und mithin nicht um eine förderfähige landwirtschaftliche Fläche handelte.
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Dies ergibt sich aus den Feststellungen während der Vor-Ort-Kontrolle 2019 und den Luftbildern der Feldstücke aus den Jahren 2017, 2018 und 2022.
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Das AELF B... stellte bei der Vor-Ort-Kontrolle 2019 fest, dass die Fläche zwar eingezäunt und beweidet war und die Verbuschung entlang des Zaunes etwas zurückgedrängt gewesen sei, die Verbuschung des Feldstückes davon abgesehen allerdings so massiv gewesen sei, dass kein Grasbewuchs für eine landwirtschaftliche Nutzung zu erkennen gewesen sei. Auch die beantragte Nutzung als Dauerkultur mit wiederkehrenden Erträgen bei Streuobstbäumen sei aufgrund der erheblichen Verbuschung nicht möglich gewesen.
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Diese Feststellungen als landwirtschaftsfachliche Feststellungen und Wertungen der Fachbehörde können – wie ausgeführt – zugrunde gelegt werden.
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Insbesondere ist aufgrund der Luftbilder des Feldstücks Nr. 62 aus den Jahren 2017, 2018 und 2022 erkennbar, dass sich dem Feldstück in den Jahren 2017 und 2018 ein dichter Bewuchs befand, welcher 2022 deutlich zurückgegangen war. Dies entspricht der durch den Beklagten dargestellten Situation, dass die Flächen zunächst verbuscht waren, inzwischen aber derart bewirtschaftet sind, dass ein deutlicher Grasbewuchs bestünde.
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Der Vortrag des Klägers, der Hinweis auf die Verbuschung sei nicht zutreffend, es stünden dort viele alte, hohe Obstbäume und deshalb sehe das Feldstück auf den Luftbildern auch heute noch stark bewachsen aus und Schattenbildungen würden die Situation verwischen, verfängt nicht, da gerade auf den Luftbildern eine deutliche Änderung des Bewuchses ersichtlich ist, was sich mit dem Vortrag des Beklagten deckt.
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Die Feststellungen der Fachbehörde werden auch nicht durch das durch den Kläger vorgelegte Schreiben des AELF B*. … … vom 13. April 2023, in dem ausgeführt ist, dass das Flurstück 1776 locker mit Obstbäumen bestockt sei, die Bestockung schätzungsweise 30 Jahre alt sei, im Jahr 2015 sicher identisch mit der des Jahres 2023 gewesen sei und dass weder die vorhandenen Baumarten noch der Schlussgrad oder der allgemeine Eindruck an Wald nach Art. 2 BayWaldG erinnere und es vielmehr als Streuobstwiese zu bezeichnen sei, erschüttert. Dass Steuobstbäume auf der Fläche vorhanden waren und es sich nicht um Wald handelte, hat die Fachbehörde nicht in Frage gestellt. Ausschlaggebend dafür, dass die Fläche von Anfang an nicht förderfähig war, war der sich ebenfalls auf der Fläche befindliche Strauchbewuchs, durch den die Fläche derart verbuscht war, dass eine landwirtschaftliche Nutzung der Streuobstbäume als Dauerkultur unmöglich war. Hierzu verhält sich das durch den Kläger vorgelegte Schreiben jedoch nicht.
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Da das Feldstück im streitgegenständlichen Zeitraum verbuscht war, handelte es sich auch nicht um Dauergrünland und mithin auch deshalb um keine förderfähige landwirtschaftlich genutzte Fläche. Es fehlt an dem überwiegenden Bewuchs mit grünlandtypischen Pflanzen. Büsche und Sträucher sind nicht grünlandtypisch, auch wenn die Kamerunschafe des Klägers sie möglicherweise fressen. Dies stellt mangels des gründlandtypischen Bewuchses keine Beweidung, sondern lediglich einen Verbiss dar.
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Die Bewilligung der Maßnahme B57 bzgl. dem Feldstück Nr. 6 war hinsichtlich 11 Bäumen /0,11 ha rechtswidrig, da sie sich unstrittig außerhalb der Grenzen des Feldstückes und mithin nicht auf der förderfähigen Fläche des Feldstückes Nr. 6 befanden.
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Eine Rechtmäßigkeit der Förderung für diese 11 Bäume/ die 0,11 ha Fläche ergibt sich auch nicht daraus, dass diese Fläche und die Bäume nach klägerischem Vortrag aufgrund eines Irrtums darüber, wo die Grenze verlaufe, von ihm beweidet und gepflegt wurden, weshalb nach seiner Ansicht im Prinzip die Bedingungen der Förderungen durch ihn erfüllt worden seien.
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Zunächst ist vorliegend eine Anpassung der Feldstückgrenze an die vom Kläger vorgetragene Bewirtschaftung aufgrund des klägerischen Irrtums über den Grenzverlauf nicht möglich, da für diese Fläche bereits ein Dritter gefördert wird und eine Doppelnutzung nicht förderfähig wäre, da gem. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b), Art. 32 Abs. 2 Buchst. a VO (EU) 1307/2013 eine Förderung nur für die landwirtschaftliche Flächen des Betriebes, die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt werden, gewährt werden kann. Hierfür muss der Betriebsinhaber in der Lage sein, die Fläche mit hinreichender Selbständigkeit für seine landwirtschaftliche Tätigkeit zu nutzen und die Fläche darf nicht dem Betrieb eines anderen Landwirts zuzuordnen sein. Damit soll verhindert werden, dass mehrere Landwirte eine Fläche für ihren Betrieb geltend machen (vgl. EuGH, U.v. 14.10.2010 – C-61/09 – juris Rn. 65 ff.). Soweit der Kläger vorträgt, er – und damit nicht der Dritte – habe die Fläche bewirtschaftet, fehlt es diesbezüglich jedoch am notwendigen Nutzungsrecht des Klägers. Ein solches ist notwendig, um eine hinreichende Selbständigkeit bei der Ausübung der landwirtschaftlichen Tätigkeit anzunehmen, da der Betriebsinhaber hierzu in der Lage sein muss, bei der Nutzung der Fläche eine gewisse Entscheidungsbefugnis auszuüben (vgl. EuGH, U.v. 14.10.2010 – C-61/09 – juris; OVG Lüneburg, U.v. 20.5.2014 – 10 LB 206/11 – BeckRS 2015, 5890). Ohne ein Nutzungsrecht könnte ihm die landwirtschaftliche Tätigkeit jederzeit untersagt werden. Eine bestimmte Form der rechtlichen Beziehung des Betriebsinhabers zu den Flächen ist zwar keine Voraussetzung; die Parteien können das der Nutzung der betreffenden Fläche zugrundeliegende Rechtsverhältnis frei gestalten und auch eine unentgeltliche Überlassung der Fläche vereinbaren (vgl. EuGH, a.a.O.). Dass überhaupt eine Vereinbarung über die Nutzung der streitgegenständlichen Fläche getroffen war, ist jedoch weder ersichtlich noch durch den Kläger vorgetragen.
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Somit war die Gewährung der Förderungen im Rahmen der Maßnahme B20 – Extensive Grünlandnutzung für Raufutterfresser – für 0,23 ha Fläche auf dem Feldstück Nr. 36 als auch im Rahmen der Maßnahme B57 – Streuobst – für jeweils 5 Bäume/ 0,05 ha auf den Feldstücken Nr. 47 und 70 sowie jeweils 11 Bäume/ 0,11 ha auf den Feldstücken Nr. 62 und Nr. 6 durch die Bescheide vom 18. August 2015 und 30. Juni 2017 i.V. m. den jeweiligen Auszahlungsmitteilungen rechtswidrig und insoweit Art. 48 BayVwVfG einschlägig.
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Im Übrigen waren die Förderbescheide rechtmäßig.
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Nach Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht erfüllt hat. Nach Art. 49 Abs. 2a Satz 2, Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG darf der Widerruf nur innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt, an dem die Behörde von Tatsachen, welche den Widerruf des Verwaltungsaktes rechtfertigen, Kenntnis erlangt hat, erfolgen.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Widerruf nach Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG liegen vor.
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Die Bewilligungsbescheide vom 18. August 2015 und 30. Juni 2017 i.V. m. den jeweiligen Auszahlungsmitteilungen stellen rechtmäßige leistungsgewährende Verwaltungsakte dar.
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Mit ihnen waren Auflagen verbunden, die der Kläger nicht erfüllt hat.
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Nach den jeweiligen Nrn. 4 der Bewilligungsbescheide vom 18. August 2015 und 30. Juni 2017 war der Kläger verpflichtet, die in den Merkblättern Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) 2015 bis 2019 sowie 2017 bis 2021 enthaltenen Auflagen und Bewirtschaftungsverpflichtungen während des Verpflichtungszeitraumes bis 31. Dezember 2019 bzw. 31. Dezember 2021 (vgl. Abschnitt A Nr. 4 des jeweiligen AUM-Merkblattes) einzuhalten. Insbesondere war er dazu verpflichtet, jede Änderung mit Auswirkungen auf die Förderberechtigung unverzüglich mitzuteilen (Abschnitt A Nr. 10 des jeweiligen AUM-Merkblattes).
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Gem. 3.3 der AUM-Richtlinie sind die sonstigen Auflagen zu den einzelnen Maßnahmen in den Merkblättern zur Richtlinie aufgeführt.
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In der Maßnahme B57 – Streuobst ist gem. Abschnitt C Nr. 5 der Merkblätter Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) 2015 bis 2019 sowie 2017 bis 2021 jeweils als sonstige Auflage aufgeführt, dass Hochstamm-Baumarten, die mindestens 3 m Kronendurchmesser erreichen und eine Stammhöhe von mind. 1,4 m haben, gefördert werden.
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Nach Abschnitt B Nr. 2 Buchst. b) der Merkblätter Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUM) 2015 bis 2019 sowie 2017 bis 2021 muss der Antragsteller die Flächen für die Dauer des Verpflichtungszeitraums nach den ortsüblichen Normen bewirtschaften (z.B. Aussaat, Pflege). Darüber hinaus ist eine Bewirtschaftung bzw. Pflege entsprechend der jeweiligen Maßnahmen durchzuführen.
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Nach Abschnitt I Nr. 3 der AUM-Richtlinie verpflichtet sich der Antragsteller mit der Antragstellung, während des Verpflichtungszeitraums die insbesondere im Merkblatt festgelegten Förderkriterien, Verpflichtungen und sonstige Auflagen einzuhalten. Nach Abschnitt I Nr. 2 der AUM-Richtlinie beginnt der Bewilligungs- und Verpflichtungszeitraum unabhängig vom Tag der Antragstellung stets am 1. Januar des ersten Verpflichtungsjahres und endet grundsätzlich zum 31. Dezember des letzten Verpflichtungsjahres. Bei flächenbezogenen Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen umfasst er fünf Kalenderjahre.
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Hiergegen hat der Kläger verstoßen, da 17 Bäume auf den Feldstücke Nrn. 30 und 52, für die eine Förderung gewährt wurde, nicht über den jeweiligen gesamten Förderzeitraum, 2015 bis 2019 sowie 2017 bis 2021 den Anforderungen entsprachen.
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Das Gericht ist davon überzeugt, dass auf dem Feldstück Nr. 30 fünf Bäume nicht über den gesamten Förderzeitraum den Anforderungen der Maßnahme B57 entsprachen.
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Bei der Vor-Ort-Kontrolle 2019 fand der Beklagte anstelle der 24 im Antrag angegebenen Bäumen lediglich 19 Obstbäume, die den Vorgaben der Maßnahme B57 entsprachen, und drei dürre Bäume vor. Im Rahmen der Nachkontrolle 2022 wurden lediglich 18 Bäume, die den Vorgaben der Maßnahme B57 entsprachen, vorgefunden. Insbesondere seien von den jungen Bäumen im Osten des Feldstücks zwei aufgrund der unzureichenden Stammhöhe nicht förderfähig. Da der Zustand der Bäume im Jahr 2019 im Osten des Grundstücks während der Nachkontrolle 2022 nicht nachvollzogen werden konnte, da der Kläger angab, auf der Ostseite des Feldstückes seien zwei Bäume wegen Trockenheit eingegangen und daher nachgepflanzt worden, jedoch keine Angaben machen konnte, wann die Bäume eingegangen waren, geht der Beklagte zu seinen Gunsten davon aus, dass 2019 19 förderfähige Bäume vorhanden waren.
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Der klägerische Vortrag führt zu keinen durchgreifenden Zweifeln an den Feststellungen der Fachbehörde im Rahmen der beiden Kontrollen.
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Die Angabe des Klägers gegenüber dem Beklagten, dass ein vertrockneter Baum ebenso wie zwei Bäume, von denen bei der Kontrolle nur noch der Baumstumpf sowie der ausgegrabene Wurzelstock vorzufinden war, 2019 noch grün gewesen seien und diese daher den Fördermaßgaben entsprochen hätten, ist zweifelhaft. Nach der Fachbehörde sei dies, aufgrund der im Vergleich zum noch anerkannten dürren Baum deutlich weiter fortgeschrittenen Verrottung des Baumstumpfes und Wurzelstocks nicht plausibel. Insoweit folgt das Gericht der fachlichen Einschätzung der Fachbehörde, die allein durch den Einwand, 2019 seien die Bäume noch grün gewesen, nicht in Zweifel gestellt werden kann. Insbesondere hinsichtlich des vertrockneten Baumes liegen Fotos von der Vor-Ort-Kontrolle 2019 (AS. 140 f.) vor, auf dem eindeutig erkennbar ist, dass der Baum bereits 2019 vertrocknet war.
145
Soweit der Kläger weitergehend vorträgt, bei der Kontrolle 2019 sei die gesamte Reihe mit jungen Bäumen im Osten des Feldstückes nicht beachtet worden und es hätten sich deshalb fünf mehr förderfähige Bäume auf dem Feldstück befunden, ist aufgrund der Fotos der Vor-Ort-Kontrolle 2019 (AS. 141 f.) für das Gericht nicht ersichtlich, wie der Beklagte ohne die Bäume auf der Ostseite des Grundstückes 21 (19 förderfähige und 3 dürre) Bäume auf dem Feldstücke hätte feststellen können. Auf den Fotos der Westseite des Grundstücks sind schon inklusive der auf den Bildern eindeutig vertrockneten oder abgebrochenen Bäume sowie des Baumes vor der Garage des Nachbarn nur 18 Bäume und nicht 21 Bäume sichtbar. An dem Vortrag der Mitarbeiter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, man habe 2019 das gesamte Feldstück überprüft und mithin auch die Ostseite des Feldstückes, bestehen daher keine Zweifel.
146
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Kläger davon ausgeht, dass von den Bäumen auf der Ostseite sieben Bäume die Förderbedingungen erfüllt hätten und die Förderung daher nicht um zwei Bäume gekürzt werden dürfte, da die zwei Bäume im Osten des Feldstücks, für die der Beklagte festgestellt hat, dass ihre Stammhöhe trotz dessen, dass eindeutig erkennbar kurz zuvor Äste entfernt worden waren (siehe Fotos Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 4. August 2022, konkret S. 71 ff. der elektronischen Gerichtsakte), unzureichend sei – unter 1,4 m – berücksichtigt werden müssten, da zur Einordnung als Hochstamm die erste intakte Seitentrieb-Ebene zähle. Beim Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau sei dazu zu erfahren, dass die Stummel nicht zur Stammhöhe zählen, da sie kein kronenbildendes Element seien. Dem steht entgegen, dass nach nachvollziehbarem Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Stammhöhe nach ihrer Verwaltungspraxis der Abstand zwischen dem Boden und der Stelle, an der der Baum seinen untersten Kronenast ausbildet, ist. Diese Verwaltungspraxis des Beklagten ist auch ausschlaggebend. Denn bei der streitgegenständlichen Zuwendung handelt es sich – wie sich bereits aus dem Haushaltsvorbehalt in Nr. B der AUM-Richtlinie ergibt – um eine Förderung nach Maßgabe der Bayerischen Haushaltsordnung, insbesondere Art. 23 und 44 BayHO, die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Die Zuwendung erfolgt auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie. Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. allgemein BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 365 – juris Rn. 26; vgl. auch ausführlich VG Würzburg, U.v. 13.2.2023 – W 8 K 22.1507; U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.1124 – BeckRS 2022, 34296 Rn. 21 m.w.N.). Im Landwirtschaftsrecht gelten für die Förderung aufgrund von nationalen Verwaltungsvorschriften die gleichen Grundsätze wie sonst im Subventionsrecht auf Basis von Richtlinien (vgl. etwa NdsOVG, U.v. 2.12.2022 – 10 LC 76/21 – juris Rn. 27 ff.; U.v. 6.12.2022 – 10 LB 112/21 – juris Rn. 21 ff.; U.v. 5.5.2021 – 10 LB 201/20 – juris; U.v. 24.3.2021 – 10 LC 251/20 – juris; U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – AUR 2021, 98; VG Würzburg, U.v. 21.6.2021 – W 8 K 20.1302 – juris Rn. 26). Die in der AUM-Richtlinie genannten europarechtlichen Bestimmungen setzen lediglich den rechtlichen und strategischen Rahmen, dessen Ausfüllung den Mitgliedsstaaten, konkret in Deutschland dem jeweiligen Bundesland, überlassen bleibt. Damit gilt das vorstehend zu den landwirtschaftlichen Subventionen auf Basis von Richtlinien Gesagte auch in der streitgegenständlichen Konstellation für die Förderung im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) für die Agrarumweltmaßnahmen (AUM) (vgl. BayVGH, B.v. 17.3.2022 – 6 ZB 21.2057 – juris Rn. 11 und 13; VG Würzburg, U.v. 16.1.2023 – W 8 K 21.1594 – juris Rn. 28 f. m.w.N.).
147
Dabei verbleibt den Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Modalitäten der vorgesehenen Förderung ein Gestaltungsspielraum (EuGH, U.v. 1.12.2022 – C-409/21 – juris Rn. 27, 30, 33). Es kommt daher bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien oder Merkblätter an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.2015 – 4 BV 15.1830 – juris Rn. 42 m.w.N.). Der Zuwendungsgeber bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben er dem Fördergegenstand zuordnet und wer konkret begünstigt werden soll. Außerdem obliegt ihm allein die Ausgestaltung des Förderverfahrens. Insoweit hat er auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19 m.w.N.), so dass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde (NdsOVG, U.v. 12.12.2022 – 10 LC 76/21 – juris Rn. 29; U.v. 6.12.2022 – 10 LB 112/21 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 und 6 ZB 21.2023 – jeweils juris). Es ist allein Sache des Zuwendungsgebers, die Modalitäten einer Förderung festzulegen, seine Richtlinien auszulegen und den Förderzweck zu bestimmen sowie seine Förderpraxis nach seinen Vorstellungen entsprechend auszurichten (vgl. etwa NdsOVG, U.v. 15.9.2022 – 10 LC 151/20 – juris Rn. 41 ff.; U.v. 21.4.2022 – 10 LC 204/20 – juris Rn. 31; BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 -juris Rn. 19; B.v. 3.5.2021 – 6 ZB 21.301 – juris Rn. 8; B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; jeweils m.w.N.). Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinie (vgl. NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris; SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 – 2 A 480/17 – NVwZ-RR 2019, 219).
148
Nach der demnach ausschlaggebenden Verwaltungspraxis des Beklagten ist die Stammhöhe daher der Abstand zwischen dem Boden und der Stelle, an der der Baum seinen untersten Kronenast ausbildet. Diese Verwaltungspraxis ist auch angesichts dessen, dass die vom Beklagten berücksichtigungsfähigen, aber entfernten Äste, wenn sie nicht entfernt worden wären, den Kronenansatz hätten bilden können und mithin auch nach klägerischem Vortrag ein kronenbildendes Element wären, plausibel. Auch könnte sonst jederzeit durch das Entfernen von niedrigeren Kronenästen, wie auch durch das durch den Kläger vorgetragene Abasten, eine Förderfähigkeit hergestellt werden. Die beiden Bäume sind mangels einer Stammhöhe von 1,40 m daher nicht förderfähig. Hinzu kommt, dass ohnehin die Stammhöhe im Förderzeitraum ausschlaggebend ist und der Kläger selbst vorträgt, dass er bei beiden Bäumen erst kürzlich die niedriger als 1,40 m befindlichen Äste entfernt habe, und die beiden Bäume daher auch nach seinem Vortrag im Förderzeitraum nicht die notwendige Stammhöhe hatten.
149
Der Kläger hat daher auf dem Feldstück Nr. 30 nur bei 19 statt wie beantragt 24 Bäumen im gesamten Förderzeitraum die sonstigen Auflagen erfüllt.
150
Das Gericht ist weitergehend davon überzeugt, dass auf dem Feldstück Nr. 56 zwölf Bäume, für die eine Förderung gewährt worden war, nicht über den gesamten Förderzeitraum den Anforderungen der Maßnahme B57 entsprachen.
151
Der Beklagte stellte bei der Vor-Ort-Kontrolle 2019 anstelle der 31 beantragten Bäume lediglich 19 Bäume, die den Vorgaben der Maßnahme B57 entsprachen, vor. Zwölf Bäume fehlten oder es handelte sich um Baumarten unter einer Stammhöhe von 1,4 m, die nicht den Vorgaben der Maßnahme B57 entsprachen. Diese Feststellung bestätigte sich bei der Kontrolle 2022, bei der ebenfalls lediglich 19 förderfähige Bäume vorgefunden wurden.
152
Diese Feststellungen der Fachbehörde konnte der Kläger nicht erschüttern.
153
Soweit der Kläger vorträgt, es sei ein Baum mehr zu berücksichtigen, da sich in der Baumgruppe im Norden (Mitte) anstatt der sechs berücksichtigten Bäume, sieben Bäume befunden hätten, dies auf dem Luftbild von 2017 zu erkennen sei und auch auf den Fotos der Kontrolle 2022 eindeutig den Baumstumpf des Baumes zu erkennen sei, steht dem entgegen, dass dieser Baum nach seinem eigenen Vortrag 2019 umgebrochen und 2020 entfernt worden sei. Denn der Kläger war gem. Nr. 4 des Bewilligungsbescheids vom 30. Juni 2017 i.V. m. Abschnitt A Nr. 4 des AUMMerkblattes 2017- 2021 sowie Abschnitt I Nr. 3 und Nr. 2 der AUM-Richtlinie dazu verpflichtet, den Anforderungen der Maßnahme B57 entsprechende Bäume über den gesamten Förderzeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2021 vorzuhalten. Da der Baum unstrittig 2021 nicht mehr vorhanden war, der Kläger den Beklagten über die Entnahme des Baumes nicht informiert und den Baum auch nicht ersetzt hat, hat der Kläger die Auflage bzgl. dieses Baumes nicht eingehalten.
154
Bezüglich der Bäume, welche der Beklagte von der Förderung ausgenommen hat, da sie eine Stammhöhe unter 1,4 m hatten, der Kläger aber davon ausgeht, dass diese aufgrund seines Beschnittes eine ausreichende Stammhöhe hätten, wird auf die obigen Feststellungen im Zusammenhang mit Feldstück Nr. 70 verwiesen.
155
Dass zwei Bäume im Osten des Feldstücks und sieben im Nordwesten komplett vergessen worden sein sollten, ist angesichts des Vortrages der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2023, in dem diese glaubhaft ausführten, dass sie mit dem GPS-Gerät die vom Kläger im Antrag angegebenen und damit ausschlaggebenden Feldstückgrenzen abgelaufen seien und alle Bäume innerhalb dieser Grenze kontrolliert hätten und abermals mit dem GPS-Gerät verortet hätten, für das Gericht nicht plausibel. Aufgrund dessen ist auch sein Vortrag hinsichtlich ungenauer Grenzverläufe ohne Auswirkungen. Überdies zeigen die Fotos der Kontrolle vom 2022 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 4. August 2022, konkret S. 98 ff. der elektronischen Gerichtsakte) mehrere Bäume unter einer Stammhöhe von 1,40 m und das mit Markierungen versehene Luftbild im Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 3. August 2022, dass elf Bäume innerhalb des Feldstücks als nicht förderfähig eingeordnet wurden. Das Gericht geht daher und insbesondere auch, weil der Kläger bei der Kontrolle 2022 anwesend war und gegenüber dem Prüfteam dahingehend nichts angemerkt hat, nicht davon aus, dass neun förderfähige Bäume innerhalb der Feldstückgrenze nicht kontrolliert wurden.
156
Der Kläger hat daher auf dem Feldstück Nr. 52 nur bei 19 statt wie beantragt 31 Bäumen im gesamten Förderzeitraum die sonstigen Auflagen erfüllt.
157
Die vom Beklagten nach den festgestellten Flächenabweichungen und Auflagenverstößen vorgenommenen Kürzungen und Sanktionierungen erfolgten rechtsfehlerfrei.
158
Ausgehend von den festgestellten und dokumentierten Verstößen des Klägers gegen seine eingegangenen Verpflichtungen ist gem. Art. 35 und 19 Delegierte VO (EU) 640/2014 die Rückforderung samt Sanktion im Landwirtschaftsrecht die zwangsläufige Folge.
159
Bezüglich der Flächenabweichungen war entsprechend dem Umfang der tatsächlich ermittelten landwirtschaftlichen Fläche gemäß Nr. 6.7.1. der AUM-Richtlinie i.V. m. Art. 18 Abs. 6 und Art. 19 Delegierte VO (EU) 640/2011 eine Kürzung der zu viel gewährten Fördermittel vorzunehmen. Liegt gemäß Art. 19 Abs. 1 Delegierte VO (EU) 640/2011 die beantragte Fläche über der tatsächlich ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet, gekürzt um das Doppelte der festgestellten Differenz, falls die Differenz über 3% oder 2 ha liegt, jedoch nicht mehr als 20% der ermittelten Fläche ausmacht, sodass zusätzlich – wie vom Beklagten in rechtlich nicht zu beanstandender Weise – auch eine Sanktionierung zu verhängen war.
160
Im Einzelnen kann hierfür auf die auf die detaillierte Darstellung des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022 Bezug genommen werden.
161
Insbesondere ist bezüglich der rechtswidrigen Gewährung der Förderung im Rahmen der Maßnahme B57 bzgl. des Feldstücks Nr. 6 hinsichtlich 11 Bäumen /0,11 auch nicht aufgrund des durch den klägerseits vorgetragenen Irrtums darüber, wo die Grenzen des Feldstücks verlaufen und aufgrund dessen, dass die Fläche von ihm beweidet und gepflegt wurde, auch nicht nach Art. 64 Abs. 2 Buchst. b) VO (EU) 1306/2013 von der Verwaltungssanktion abzusehen. Der Verstoß ist schon nicht auf einem offensichtlichen Irrtum gemäß Art.59 Abs. 6 VO (EU) 1306/2013 zurückzuführen. Ein offensichtlicher Irrtum liegt vor, wenn sich die Unrichtigkeit der Angabe im Antrag auf Flächenzahlungen aus dem Zusammenhang der Erklärung oder aus den Vorgängen bei ihrer Abgabe auch für jeden Dritten ohne weiteres zweifelsfrei ergibt und wenn der Antragsteller in gutem Glauben gehandelt hat (vgl. BVerwG, U.v. 26.8.2009 – 3 C 15/08 – BeckRS 2009, 39206). Da der Irrtum des Klägers für die Behörde erst beim Kontrolltermin 2022 und mithin erst beim zweiten Kontrolltermin anhand der Grenzsteine und unter Verwendung der GPS Geräte und nicht bereits aus den Antragsunterlagen und den Vorgängen bei der Antragsabgabe erkennbar war, handelt es sich nicht um einen offensichtlichen Irrtum.
162
Die Verstöße gegen die sonstigen Auflagen, mithin, dass nicht die beantragte Anzahl der Bäume den gesamten Förderzeitraum hinweg den Förderanforderungen entsprach, werden gem. Nr. 6.7.2 der gemeinsamen Richtlinie unter Anwendung der Regelungen des Art. 35 Delegierte VO (EU) 640/2014 entsprechend der Sanktionsmatrix in Anlage 7 der gemeinsamen Richtlinie sanktioniert. Hierbei bestimmt sich die Sanktionshöhe nach den in Art. 35 Abs. 3 Delegierte VO (EU) 640/2014 genannten Kriterien: Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit des festgestellten Verstoßes (vgl. dazu. – auch zu den nachfolgenden Absätzen – Schulze/Schulte im Busch in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl. 2022, VO (EU) 640/2014 Art. 35 Rn. 26-31).
163
Die Schwere eines Verstoßes ergibt sich insbesondere aus dem Umfang der Auswirkungen des Verstoßes unter Berücksichtigung der Ziele der in Rede stehenden Verpflichtungen und Auflagen. Für die Prüfung dieses Kriteriums ist es somit zunächst notwendig, die Bedeutung der in Rede stehenden Verpflichtungen oder Auflagen für das Ziel der Förderung zu bestimmen. Vor dem Hintergrund dieser Bedeutung muss dann die Auswirkung des konkreten Verstoßes für das Erreichen dieses Ziels bestimmt werden. Hieraus ergibt sich dann das Ausmaß der Schwere des Verstoßes.
164
Der Umfang des Verstoßes bestimmt sich nach Art. 35 Abs. 3 Satz 3 Delegierte Verordnung (EU) 640/2014 insbesondere anhand der Auswirkungen des Verstoßes auf das Vorhaben insgesamt. Im Unterschied zum Kriterium der Schwere des Verstoßes geht es hier nicht um die rechtlichen, sondern um die tatsächlichen Auswirkungen des Verstoßes. Ist somit durch den Verstoß nur eine geringe Teilfläche der von der Förderung insgesamt erfassten Gesamtfläche betroffen, hat der Verstoß nur einen geringen Umfang.
165
Die Dauer des Verstoßes nach Art. 35 Abs. 3 Satz 4 Delegierte Verordnung (EU) 640/2014 betrifft die zeitlichen Auswirkungen des Verstoßes. Wirken diese über das Antragsjahr hinaus – z.B. bei dem Einsatz von Pestiziden auf einer für die Förderung des ökologischen Anbaus angemeldeten Fläche – so muss von einer erheblichen Dauer ausgegangen werden.
166
Die Häufigkeit des Verstoßes nach Art. 35 Abs. 3 Satz 5 Delegierte Verordnung (EU) 640/2014 bestimmt sich sowohl nach der Anzahl der Verstöße in dem Antragsjahr als auch nach dem Umfang von ähnlichen Verstößen in der Vergangenheit. Insoweit nennt Abs. 3 zunächst einen Zeitraum von 4 Jahren. Dieser Zeitraum ist unabhängig von der Frage, ob eine Förderung nach einem mehrjährigen Förderprogramm vorliegt, anzuwenden. Darüberhinausgehend sollen auch frühere Verstöße während zurückliegender Programmplanungszeiträume bei einem erneuten Verstoß zu einer Verschärfung der Sanktion führen.
167
Sanktionen im Rahmen von Art. 35 Delegierte VO (EU) 640/2014 werden nach den Förderrichtlinien der einzelnen Bundesländer durch eine prozentuale Kürzung des eigentlichen Förderbetrages verhängt.
168
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagtenseite bei der konkreten Festsetzung der Sanktion ein Ermessen eingeräumt ist, so dass eine Überprüfung nur auf Ermessensfehler möglich wäre oder ob eine volle gerichtliche Überprüfung vorzunehmen ist (vgl. dazu Schulze/Schulte im Busch in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl. 2022, VO (EU) 640/2014 Art. 35 Rn. 31 m.w.N.), weil die vom Beklagten anhand der Sanktionsmatrix ermittelte Höhe der Sanktion unter jedem Blickwinkel nicht zu beanstanden ist.
169
Die Sanktionsmatrix gemäß Anlage 7 der Richtlinie ist ein anerkanntes Instrument. Sie leitet bayernweit die Handhabung der Sanktion im Einzelfall. Die gleichförmige Handhabung in vergleichbaren Fällen dient der Gleichbehandlung.
170
In den Ausführungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren, insbesondere im Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022, wird hinreichend deutlich, dass es sich hinsichtlich der Kürzung und der Höhe der Verwaltungssanktion um eine Entscheidung handelt, die durch eine Sanktionsmatrix für den Regelfall gesteuert wird, und dass hier kein Fall vorliegt, der eine Abweichung der Regelbewertung rechtfertigen würde. Ein Ermessensfehler ist nicht ersichtlich (vgl. VG Würzburg U. v. 12.10.2020 – W 8 K 20.563 – juris Rn. 32), ebenso wenig ein sonstiger Rechtsverstoß.
171
Im Einzelnen kann auf die detaillierte Darstellung im Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2022 Bezug genommen werden.
172
Die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG ist bereits nicht anwendbar, soweit die Rückforderung einer unionsrechtswidrigen Beihilfe in Rede steht (vgl. EuGH, U.v. 20.3.1997 -Rs. C-24/95, NJW 1998, 47). Im Übrigen war sie im maßgeblichen Zeitpunkt der Rücknahme noch nicht abgelaufen. Der Beklagte hatte eine vollständige Kenntnis des für die Entscheidung über die Rücknahme erheblichen Sachverhaltes erst nach Mitteilung des Ergebnisses der Vor-Ort-Kontrolle vom 25. November 2019 durch den Prüfdienst am 17. Januar 2020 (vgl. Behördenakte Bl. 25 f.) erhalten. Der Beklagte erließ daraufhin die angegriffenen Ausgangsbescheide innerhalb der Jahresfrist als „Entscheidungsfrist“ am 9. März 2020 (vgl. zum Ganzen Müller in: BeckOK, VwVfG, 59. Edition, Stand: 1.10.2022, § 48 Rn. 111 ff. m.w.N.).
173
Der Kläger kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.
174
Im vorliegenden Fall des indirekten Vollzugs des Unionsrechts werden berechtigtes Vertrauen und Rechtssicherheit ohne Widerspruch zum Unionsrecht dergestalt geschützt, als die Rechtsordnung der Europäischen Union selbst die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit anerkennt. Allerdings muss im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Vertrauen des Betroffenen und dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme auch dem Interesse der Union in vollem Umfang Rechnung getragen werden (Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 48 Rn. 277). Nach diesen Maßgaben kann sich der Kläger nicht auf den Vertrauensschutztatbestand des Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG berufen. Zuvörderst liegt ein Widerspruch zum Unionsrecht vor, weil die streitgegenständlichen Flächenabweichungen keine landwirtschaftlich genutzte Fläche im Sinne der Richtlinie i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Buchst. f) VO (EU) 1305/2013 darstellen und gem. Art. 28 VO (EU) 1305/2013 nur solche gefördert werden. Des Weiteren regelt Art. 35 Abs. 2 Delegierten VO (EU) 640/2014, dass eine Förderung ganz oder teilweise zurückgenommen wird, wenn die im Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum festgelegte Verpflichtungen oder sonstige für das Vorhaben geltende Auflagen, die in Unionsvorschriften oder einzelstaatlichen Vorschriften oder im Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum festgelegt sind, insbesondere die Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe, für staatliche Beihilfen sowie sonstige verbindliche Standards und Anforderungen, nicht eingehalten werden. Außerdem ist ein Landwirt gem. Art. 7 DurchführungsVO (EU) 809/2014 bei zu Unrecht gezahlten Beträgen zur Rückzahlung dieser Beträge verpflichtet. Um diesem Unionsinteresse vollumfänglich Rechnung tragen zu können, muss das Vertrauen des Klägers hinter dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme zurückstehen. Darüber hinaus wurde der Kläger in den AUM-Merkblättern als auch den Bewilligungsbescheiden darauf hingewiesen, dass alle Verpflichtungen während des Verpflichtungszeitraums einzuhalten seien (Nebenbestimmung Nr. 4), dass zu Unrecht gewährte Fördermittel gemäß Art. 7 VO (EU) 809/2014 i.V. m. Art. 49a BayVwVfG zu erstatten seien und dass darüber hinaus Abweichungen zwischen beantragter und ermittelter Fläche bzw. Verstöße gegen Bewirtschaftungsauflagen gem. Art. 16 und Art. 19 sowie Art. 35 der Delegierten VO (EU) 640/2014 zu zusätzlichen Sanktionen führen könnten (Hinweise Nrn. 9.3.und 9.4). Für einen sich aus Art. 7 Abs. 4 DurchführungsVO (EU) 809/2014 ergebenden Vertrauensschutz des Klägers ist nichts ersichtlich. Die Auszahlung der Fördermittel erfolgte nicht wegen eines Irrtums, der vom Kläger nicht erkannt werden konnte. Die Rückzahlungsverpflichtung beruht ausschließlich auf den unzutreffenden Angaben des Klägers im Rahmen seiner Antragsstellung (Einordnung als landwirtschaftliche Flächen, Verortung von Bäumen auf Feldstücken) bzw. seinen Auflagenverstößen.
175
Die festgesetzte Zinszahlungspflicht findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. Art. 7 Abs. 2 DurchführungsVO (EU) 809/2014 und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Kostenfestsetzung des Bescheids vom 9. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2022. Gesonderte Bedenken sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
176
Die am 18. April, 21. April, 26. April, 9. Mai, 15. Juni, 25. Juni 2023 eingegangenen EMails und Schreiben des Klägers gingen nach Übermittlung der Entscheidungsformel an die Geschäftsstelle am 18. April 2023 und Abruf des Tenors durch den Beklagten am 18. April 2023 ein und konnten der Entscheidung daher nicht zugrunde gelegt werden, hätten jedoch auch keine abweichende Entscheidung begründet.
177
Auch bei einem Eingehen der E-Mails/Schreiben vor diesem Zeitpunkt wäre mangels wesentlich neuen Vorbringens eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO) nicht angezeigt gewesen (vgl. BVerwG, B.v. 5.11.2001 – 9 B 50/01 – juris).
178
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
179
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
180
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.