Titel:
Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung, Tiefgarage, (kein) selbstständiger Gebäudeteil
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS-EWS) § 5 Abs. 2
Schlagworte:
Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung, Tiefgarage, (kein) selbstständiger Gebäudeteil
Fundstelle:
BeckRS 2023, 15696
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.567,45 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Beitrags für die Herstellung der Entwässerungsanlage, soweit darin auch die Geschossfläche für die Tiefgarage einberechnet worden ist.
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Die Antragstellerin hat als Bauträgerin auf dem Grundstück Fl.Nr. ... in der Gemarkung der Antragsgegnerin ein Wohnhaus mit neun Wohneinheiten und einer darunterliegenden Tiefgarage mit einem Technikraum (Pelletheizung) und einem weiteren Raum errichtet.
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Mit Bescheid vom 20. Februar 2023 erhob die Antragsgegnerin einen Herstellungsbeitrag für die Entwässerungsanlage i.H.v. 36.801,40 EUR. Abgerechnet wurde dabei eine Geschossfläche von 1.840,07 m² (1.993,39 m² – 153,32 m² bereits abgerechnet) x 20,00 EUR unter Einbeziehung der gesamten Tiefgaragenfläche.
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Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist, und beantragte bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung. Diese lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 24. März 2023 ab, da weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen würden noch davon auszugehen sei, dass die Vollziehung für den Beitragspflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegend öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
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Mit Schriftsatz vom 6. April 2023 ließ die Antragstellerin beantragen,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 20. Februar 2023 anzuordnen.
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Die Antragsgegnerin habe nicht berücksichtigt, dass die Tiefgarage ein selbstständiger Gebäudeteil sei, welcher nach der Art ihrer Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die Schmutzwasserableitung auslöse. Die Tiefgarage habe Außenmaße von 33,24 m x 21 m und damit eine Grundfläche von 698,04 m². Die vorhandene Geschossfläche betrage insgesamt 879,90 m² – bereits abgerechnet 153,32 m², was eine nachzuberechnende Fläche von 726,58 m² ergebe. Somit ergebe sich ein Beitrag i.H.v. 14.531,60 EUR. Somit weiche der Beitragsmaßstab nach der genehmigten Geschossfläche wesentlich von dem Rechenergebnis der Antragsgegnerin ab. Das Gebäude sei nicht mit Kellergeschoss geplant und genehmigt. Zudem sei ein Fahrradraum nicht genehmigt und die Pelletheizung im Technikraum löse keinen Bedarf nach Anschluss an die Schmutzwasserableitung aus. Art. 2 BayBO definiere Gebäude als selbstständig benutzbare, überdachte bauliche Anlagen. In den Bauplänen werde die Tiefgarage als offene Mittelgarage nach § 1 Abs. 7 GaStellV angegeben. Der Zugang zu der Garage sei selbstständig und von dem Wohngebäude getrennt. Als selbstständig nutzbare bauliche Anlage sei eine Tiefgarage anzusehen, die über einen eigenen Zugang verfüge. Die Tiefgarage verfüge über eine eigenständige Zu- und Ausfahrt. Nach der Definition und den Bauplänen handle es sich um zwei unterschiedliche Gebäude. Jedes Gebäude sei selbstständig nutzbar und könne ihre Funktion unabhängig von anderen baulichen Anlagen erfüllen. Die Unabhängigkeit der baulichen Anlagen werde nicht dadurch gefährdet, dass die Gebäude gemeinsame Bauteile aufweisen würden. Eine selbstständige Benutzbarkeit erfordere keine Abtrennung. Die Zugänge der Tiefgarage zu der Wohnanlage würden der Tiefgarage nicht die bauliche und funktionale Selbstständigkeit nehmen. Die Tiefgarage mit eigener Zufahrt und selbstständig funktionaler Nutzbarkeit stelle einen selbstständigen Gebäudeteil dar. Weder im Technikraum noch im Aufzugs- und Treppenbereich bestehe Bedarf nach Anschluss an die Schmutzwasserableitung oder ein tatsächlicher Anschluss. An der sofortigen Vollziehung rechtswidriger Verwaltungsakte bestehe kein öffentliches Interesse.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Es werde auf die ausführliche Begründung verwiesen, mit der die Abhilfe des Widerspruchs abgelehnt worden sei. Es liege kein selbstständiger Gebäudeteil vor, nachdem der Zugang zu der Tiefgarage, in der sich der Technikraum, die Kfz-Stellplätze sowie der Fahrradabstellraum befinden würden, durch den Treppenraum mit integriertem Aufzug erfolge. Eine bauliche und funktionelle Abgrenzung zu den darüber liegenden Geschossen sei nicht gegeben. Durch den vorhandenen Technikraum (Pelletheizung) löse die Tiefgarage nach der Art ihrer Nutzung einen Bedarf nach Anschluss an die Schmutzwasserableitung aus. Ob Abwasser tatsächlich vorgehalten werde, sei unbeachtlich. Somit seien die Flächen der Tiefgarage mit den Maßen 33,365 m x 21,015 = 701,15 m² Geschossfläche beitragspflichtig.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
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Der Antrag, mit dem die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Februar 2023 begehrt, ist zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 VwGO), jedoch nicht begründet. Soweit der Herstellungsbeitrag hinsichtlich der Geschossfläche der Tiefgarage angefochten worden ist, erweist sich der Widerspruch voraussichtlich als unbegründet.
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1. Der Eilantrag ist statthaft, insbesondere wurde ein von der Antragstellerin gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO von der Antragsgegnerin am 24. März 2023 abgelehnt.
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2. Die grundsätzlich mit dem Widerspruch verbundene aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) tritt kraft Gesetzes nicht ein, wenn ein Verwaltungsakt die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten betrifft (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Das Gericht kann in der Hauptsache gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag jedoch die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs anordnen, was bei entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO dann zu geschehen hat, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen und deshalb seine Aufhebung oder Abänderung im Hauptsacheverfahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (a), oder wenn die sofortige Vollziehung des Bescheides für den Abgabeschuldner eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge (b). Diese Anforderungen sind vorliegend nicht erfüllt.
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a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Herstellungsbescheids. Die Geschossfläche des Kellergeschosses (Tiefgarage, Technikraum, ein weiterer Raum) wurde voraussichtlich zu Recht miteinberechnet, da es sich nicht um selbstständige Gebäudeteile handelt.
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aa) Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Hierzu zählen auch öffentlich-rechtlich betriebene Entwässerungsanlagen. Nach Art. 5 Abs. 2 Satz 3 KAG soll in der Beitragssatzung für leitungsgebundene Einrichtungen bestimmt werden, dass Gebäude oder selbstständige Gebäudeteile, die nach der Art ihrer Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die gemeindliche Einrichtung auslösen oder nicht angeschlossen werden dürfen, nicht zum Beitrag herangezogen werden; das gilt nicht für Gebäude oder Gebäudeteile, die tatsächlich angeschlossen sind.
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bb) Von dieser Ermächtigung hat die Antragsgegnerin durch den Erlass ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS-EWS) vom 11. Dezember 2020 wirksam Gebrauch gemacht. Im Eilverfahren, in dem nur eine summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage stattfinden kann, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich von der Gültigkeit einer Norm auszugehen, sofern nicht deren Unwirksamkeit offensichtlich ist (BayVGH, B.v. 6.9.2005 – 23 CS 05.2024 – juris; B.v. 10.6.2005 – 23 CS 05.927 – juris; B.v. 6.11.2002 – 23 CS 02.2091 – juris). Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit liegen nicht vor und wurden auch nicht geltend gemacht.
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cc) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BGS-EWS wird der Beitrag nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude berechnet. Nach § 5 Abs. 2 BGS-EWS ist die Geschossfläche nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Geschossen zu ermitteln. Keller werden mit der vollen Fläche herangezogen. Gebäude oder selbstständige Gebäudeteile, die nach der Art ihrer Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die Schmutzwasserableitung auslösen oder die nicht angeschlossen werden dürfe, werden nicht herangezogen; das gilt nicht für Gebäude oder Gebäudeteile, die tatsächlich an die Schmutzwasserableitung angeschlossen sind (§ 5 Abs. 2 Satz 6 BGS-EWS).
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(1) Nach der Rechtsprechung können als selbstständige Gebäudeteile nur solche Gebäudeteile angesehen werden, die baulich und funktionell vom restlichen Gebäude abgegrenzt sind. Der selbstständige Gebäudeteil kann sowohl vertikal wie auch horizontal vom Rest des Gebäudes abgegrenzt sein. Selbstständig sind danach jedenfalls funktionell unterschiedlich genutzte Gebäudeteile, die etwa durch Brandwände abgeteilt sind und über einen eigenen Zugang verfügen. In allen anderen Fällen ist die Frage nach den konkreten baulichen Gegebenheiten zu entscheiden (BayVGH, U.v. 28.11.2000 – 23 B 00.2053 – juris Rn. 32, 33).
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In dieser Entscheidung führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof weiter aus, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass es sich bei einer Tiefgarage in jedem Fall um einen „selbstständigen Gebäudeteil“ handeln müsse, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass im Einzelfall – eher ausnahmsweise – die Tiefgarage in einer Form in das Kellergeschoss eines Gebäudes integriert sei, dass sie weder baulich noch funktionell abgegrenzt werden könne. Dies könnte z.B. bei Kleingaragen von nicht mehr als 20 m² Grundfläche in Betracht kommen in Verbindung zu Räumen oder Gebäuden, die nur Abstellzwecken dienen würden (vgl. § 11 Abs. 4 Nr. 2 der Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen – GaV – vom 30.11.1993, GVBl S. 910). Andererseits würden Tiefgaragen, bei denen es sich um Mittel- oder Großgaragen im Sinne des § 1 Abs. 8 GaV handle, in Ansehung der besonderen baulichen Vorschriften für diese Anlagen (§ 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 und 2, § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 1 und 2 GaV) im Regelfall selbstständige Gebäude oder Gebäudeteile im Sinne des Abgabenrechts darstellen, weil sie baulich und funktionell, vertikal oder auch horizontal vom restlichen Gebäude abgegrenzt seien (BayVGH, U.v. 28.11.2000 – 23 B 00.2053 – juris Rn. 38, 39). Eine Tiefgarage, die über eine eigenständige Zu- und Auffahrt, die gleichzeitig als Zu- und Abgang benutzt werden könne und über einen zusätzlichen selbstständigen Zu- und Abgang ins Freie verfüge, grenze sich baulich von den umliegenden Wohngebäuden vollständig ab, wobei der Umstand, dass die Tiefgarage gleichzeitig einen direkten Zugang über eine Sicherheitsschleuse zum Wohngebäude habe, nichts an der baulichen und funktionellen Selbstständigkeit der Tiefgarage ändere.
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Die Besonderheiten dieses der Rechtsprechung des BayVGH zugrundeliegenden Tiefgarageneinzelfalles waren jedoch vor allem, dass sich die Tiefgarage vollständig außerhalb des Grundrisses von Wohngebäuden befand, die Tiefgarage als funktionell eigenständiges Gebäude mehreren Wohngebäuden zugeordnet war, es sich nicht um eine Kleingarage gehandelt hat und diese ausschließlich über sogenannte Sicherheitsschleusen mit den Wohnnutzungen verbunden war (Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Stand Juni 2022, Teil IV, Frage 27, Ziff. 3.3.7).
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Nach einer weiteren Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu einer (oberirdischen) Garage (U.v. 1.3.2012 – 20 BV 11.2535 – juris) wäre es eine zu enge Betrachtungsweise, wollte man das Wohnen einerseits und das Unterstellen von Kraftfahrzeugen andererseits jeweils unterschiedlichen Lebensbereichen dergestalt zuordnen, dass sich der eine zum anderen nicht in relevanter Weise verhält. Denn die Vorhaltung eines Kraftfahrzeuges im eigenen Anwesen sei ebenso Ausdruck einer üblichen persönlichen Lebensgestaltung wie die Einrichtung von Räumen für Geräte zur Ausübung eines Hobbys oder zur sportlichen Betätigung. Entscheidend sei vielmehr, ob ihre Einrichtung gegenseitig ineinander so verwoben sei, dass die Annahme von deren Eigenständigkeit nicht mit einer praktischen Betrachtungsweise übereinstimme. Dem entspreche die erleichterte Verbringung von Einkaufsgut aus der Garage in den Vorratsraum, sowie der insbesondere bei ungünstiger Witterung, bei nach außen gesicherten Räumlichkeiten oder auch bei Dunkelheit der durch die Tür leichterer Zugang und schließlich einfacherer Weg zwischen Wohnräumen und Garage. Die (von den Beigeladenen) vorgenommene Bauausführung erweise sich mit der Verbindung von Garage und Wohnbereich als sinnvoll und es bedürfe keiner lebensfremden Erwägungen, um so einen funktionalen Zusammenhang zwischen Wohnhaus und Garage zu erkennen. In dieser Entscheidung betont der Bayerische Verwaltungsgerichtshof auch, dass einem früher entschiedenen Fall (BayVGH, U.v. 28.11.2000 – 23 B 00.2053 – juris) eine abweichende Konstellation zugrunde gelegen habe. Dort sei die vollständig außerhalb der Grundrisse von Wohngebäuden gelegene Tiefgarage nicht in ein Kellergeschoss der umliegenden Wohngebäude integriert und von ihr aus der Keller eines Hauses nur über eine Sicherheitsschleuse erreichbar gewesen.
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In einer neueren Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 10.3.2015 – 20 ZB 14.2287 – juris Rn. 3) führt dieser aus, dass durch die Verbindung der Tiefgarage und der Kellerräume mit den Wohnungen durch eine Treppe und einen Aufzug im Haus kein gegenüber dem Wohnbereich selbstständiger Gebäudeteil vorliegt. Denn durch die gewählte Konstruktion würden die Stellplätze in das Haus integriert, indem der Weg dorthin möglichst kurzgehalten und ohne größere Schwierigkeiten überwindbar gemacht werden solle.
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(2) Ausgehend von diesen in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ergibt sich nach einer Bewertung der vorgelegten Unterlagen, dass die strittige Fläche kein selbstständiger Gebäudeteil ist.
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Das Kellergeschoss besteht nach Aktenlage aus einer Tiefgarage mit 16 Stellplätzen, einem Technikraum für die Pelletheizung des gesamten Gebäudes und einem Raum, der in den Unterlagen zur Baugenehmigung als „Anschlussraum“ (Bl. 54 der Gerichtsakte), in der Grundflächenberechnung zum Bauantrag als „Fahrradstp.“ (Bl. 15 hinten der Gerichtsakte) bezeichnet wird. Der Technikraum wird von den darüber liegenden Wohneinheiten über eine Treppe und einen Aufzug erreicht. Die Stellplätze und der weitere Raum sind ebenfalls über die Treppe und den Aufzug zu erreichen, jedoch getrennt durch eine Sicherheitsschleuse („Tür-Gang-Tür“), die offensichtlich wegen der Anforderungen des Brandschutzes (vgl. S. 9 des Brandschutznachweises vom 10.12.2020, Bl. 47 der Gerichtsakte) errichtet werden musste. Die Tiefgarage verfügt des Weiteren über eine Zu- und Abfahrt (Rampe) mit einer eigenständigen Zu- und Abgangsmöglichkeit. Im Dachgeschoss befinden sich abgetrennte Lagerräume, die den jeweiligen Wohneinheiten zugeordnet sind.
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Aus den vorgelegten Plänen ergibt sich, dass die Tiefgarage sowie die weiteren Räume durch die Wohneinheiten baulich und funktionell derart miteinander verbunden sind, dass diese das Anlagenschicksal der Wohneinheiten teilen. So können die Wohneinheiten von jedem Stellplatz aus (und umgekehrt) trockenen Fußes erreicht werden. Die Tiefgarage und die weiteren Räume im Untergeschoss sind mit den weiteren Geschossen durch ein Treppenhaus und einen Aufzug verbunden. Der (Um-)Weg über den Zu- und Abgang über die Rampe ist zwar ebenfalls möglich, aber nicht naheliegend, da hier die für einen Fußgänger unbequeme Rampe (wohl als Treppe neben der Fahrspur ausgestaltet) benutzt werden müsste, welche aufgrund ihrer Hauptfunktion als Zufahrtsweg für Fahrzeuge ins Freie führt und einen längeren Umweg darstellt (BayVGH, U.v. 1.3.2012 – 20 BV 11.2535 – juris; VG Ansbach, U.v. 30.10.2020 – AN 19 K 20.00962 – juris; VG Ansbach, B.v. 6.4.2006 – AN 1 S 05.03254 – juris Rn. 26). Des Weiteren befindet sich die Tiefgarage mit den Kellerräumen unterhalb der Wohneinheiten und überwiegend im gleichen Grundriss (im Gegensatz zu der Konstellation in der Entscheidung vom BayVGH vom 28.11.2000 a.a.O.).
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Es ist auch kein sachlicher Differenzierungsgrund ersichtlich, weshalb Tiefgaragen bei der Frage der funktionellen Abgrenzung anders zu beurteilen sein sollten wie Garagen. Soweit auf Tiefgaragen besondere bauliche Vorschriften der Garagen- und Stellplatzverordnung anwendbar sind, rechtfertigt dies beitragsrechtlich keine andere Behandlung, da diese Vorschriften zwar brandschutztechnische, aber keine beitragsrechtlichen Auswirkungen haben (Wuttig/Thimet, a.a.O., Teil IV, Frage 27, Ziff. 3.2.2 am Anfang). Eine unterschiedliche Behandlung würde gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und des Äquivalenzprinzips verstoßen (Wuttig/Thimet, a.a.O., Teil IV, Frage 27, Ziff. 3.3.7 a.E.). Bei Garagen wird regelmäßig von einem funktionalen Zusammenhang ausgegangen, wenn Garage und Wohnhaus durch eine Tür direkt verbunden sind (so BayVGH, U.v. 1.3.2012 – 20 BV 11.2535 – juris hins. einer Garage und BayVGH, U.v. 10.3.2015 – 20 ZB 14.2287- juris hins. einer Tiefgarage).
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Im Gegensatz zu der Entscheidung über die Beitragspflicht eines Parkdecks (BayVGH, B.v. 14.11.2005 – 23 ZB 05.2520 – juris) ist auch insoweit von einer funktionellen Einheit auszugehen, als die Stellplätze nicht für Dritte vorgehalten werden, sondern den jeweiligen Wohneinheiten zuzuordnen sind und insoweit die Situation vergleichbar ist mit der „Vorhaltung eines Kraftfahrzeugs im eigenen Anwesen“ in einer Garage (vgl. BayVGH, U.v. 1.3.2012 – 20 BV 11.2535 – juris Rn. 18).
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Auch die sog. Sicherheitsschleuse („Tür-Gang-Tür“) stellt nach Auffassung des Gerichts keinen, die Selbstständigkeit der Tiefgarage indizierenden Gesichtspunkt dar. Vielmehr handelt es sich dabei um eine brandschutzrechtliche Notwendigkeit, welche jedoch nicht zu einer Selbstständigkeit der dahinterliegenden Räumlichkeiten führt. Ein Durchgang ist ohne weiteres möglich und in funktioneller Hinsicht auch naheliegend und gewünscht (VG Ansbach, U.v. 30.10.2020 – AN 19 K 20.00962 – juris Rn. 59, 71)
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Dass der Technikraum mit der Pelletheizung für die gesamte Wohnanlage keinen selbstständigen Gebäudeteil darstellt, sondern im funktionellen Zusammenhang steht, bedarf keiner näheren Ausführungen.
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Da somit bereits kein selbstständiger Gebäudeteil vorliegt, kommt es auf die Frage, ob die Tiefgarage und die (Keller-)Räume tatsächlich eine Schmutzwasserableitung haben oder objektiv einen Bedarf dafür auslösen, nicht mehr an.
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Gegen die konkrete Ermittlung der Geschossflächen durch die Antragsgegnerin gibt es entgegen der Ansicht der Antragstellerin nichts zu erinnern. Sie erfolgte auf der Grundlage der vorgelegten Pläne. Soweit die Antragstellerin sich auf eine geringfügige Abweichung beruft, wurde dies nicht substantiiert geltend gemacht.
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b) Eine Aussetzung der Vollziehung kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unbilligen Härte i.S.v. § 80 Abs. 5, Abs. 4 Satz 3 VwGO in Betracht.
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Geht es – wie hier – um die Durchsetzung der Verpflichtung zur Zahlung öffentlicher Abgaben, droht wegen deren Rückzahlbarkeit grundsätzlich nicht der Eintritt irreversibler Zustände oder schwerer, irreparabler Nachteile (vgl. SächsOVG, B.v. 18.11.2016 – 5 B 282/16 – und v. 28.12.2012 – 4 B 171/12 – jeweils juris). Hierauf beruht auch die Entscheidung des Gesetzgebers, bei der Anforderung öffentlicher Abgaben und Kosten gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO generell den Sofortvollzug anzuordnen. Etwas Anderes kann bei Hinzutreten besonderer Umstände gelten, etwa wenn die Vollstreckung der Abgabenforderung eine wirtschaftliche Existenzgefährdung des Abgabenschuldners oder Insolvenz zur Folge hätte (vgl. VGH BW, B.v. 26.9.2017 – 2 S 1916/17 – juris Rn. 7 f. m.w.N.).
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Weder nach dem Vorbringen der Antragstellerin noch nach Aktenlage sind hinreichende Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass durch die sofortige Vollziehung des angefochtenen Herstellungsbeitragsbescheids irreversible Zustände eintreten oder der Antragstellerin irreparable Nachteile entstehen könnten.
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3. Danach war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG, wobei nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs (BayVGH, B.v. 15.1.2001 – 23 CS 00.3350 – juris) bei der Streitwertfestsetzung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren von einem Viertel der Hauptsacheforderung auszugehen ist. Nachdem die Antragstellerin davon ausgeht, dass der Beitrag i.H.v. 14.531,60 EUR zurecht erfolgt ist, ist ein Betrag i.H.v. 22.269,80 EUR strittig. Ein Viertel davon beträgt 5.567,45 EUR.