Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 08.02.2023 – B 8 E 22.1101
Titel:

BAföG-Anspruch eines anerkannten Flüchtlings aus dem Iran für in Deutschland aufgenommene andere Ausbildung (Studium der Biologie)

Normenkette:
BAföG § 7
Leitsätze:
1. Bricht ein Auszubildender im tertiären Bereich an einer Höheren Fachschule, Akademie oder Hochschule seine Ausbildung erst nach Beginn des vierten Fachsemesters ab oder wechselt er nach diesem Zeitpunkt die Fachrichtung, muss dies nach § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BAföG auf einem unabweisbaren Grund beruhen, um die Förderfähigkeit einer anderen Ausbildung zu erhalten. (Rn. 45) (red. LS Clemens Kurzidem)
2. Unabweisbar ist nur ein Grund, der die Wahl zwischen der Fortsetzung der bisherigen Ausbildung und ihrem Abbruch oder dem Wechsel in eine andere Fachrichtung nicht zulässt oder der es bei der gebotenen Interessenabwägung jedenfalls schlechterdings unerträglich erscheinen ließe, den Auszubildenden unter den gegebenen Umständen an der zunächst aufgenommenen Ausbildung festzuhalten (VGH München BeckRS 2015, 53752). (Rn. 46) (red. LS Clemens Kurzidem)
3. Treten wichtige oder unabweisbare Gründe für einen Ausbildungswechsel ein, muss dieser unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Zögern des Auszubildenden erfolgen. Dies gilt auch innerhalb der Vermutungsfrist des § 7 Abs. 3 S. 4 BAföG. (Rn. 48) (red. LS Clemens Kurzidem)
4. Die förderungsrechtliche Unbeachtlichkeit einer nicht berufsqualifizierend abgeschlossenen Ausbildung im Ausland kann allenfalls dann anzunehmen sein, wenn die ausländische Ausbildungsstätte den inländischen Ausbildungsstätten nach Zugangsvoraussetzungen, Art und Inhalt der Ausbildung sowie dem vermittelten Ausbildungsabschluss nicht vergleichbar wäre. (Rn. 55) (red. LS Clemens Kurzidem)
5. Wird ein Fachrichtungswechsel erst im Bundesgebiet vollzogen, können Gründe für die Beendigung der Ausbildung im Heimatland sowie für die Ausreise und auch die Innehabung des Flüchtlingsstatus hierfür keine Bedeutung erlangt haben (BVerwG BeckRS 2020, 38537). (Rn. 60) (red. LS Clemens Kurzidem)
Schlagworte:
unabwendbarer Grund, Studienplatzwechsel, anerkannter Asylbewerber, iranischer Staatsangehöriger, Ausbildungsabbruch, iranisches Tiermedizinstudium, Fachrichtungswechsel, unabweisbarer Grund, unverzüglicher Ausbildungswechsel
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 31.05.2023 – 12 CE 23.432
Fundstelle:
BeckRS 2023, 15602

Tenor

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt …, …, …, wird abgelehnt.
2. Der Antrag, den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsrecht zu bewilligen, wird abgelehnt.
3. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antraggegners, ihm vorläufig bis zum Ende des Bewilligungszeitraumes im September 2023 Leistungen nach dem BAföG in gesetzlicher Höhe zu bewilligen und hierfür unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu gewähren.
2
Der am ... 1994 geborene Antragsteller ist iranischer Staatsangehöriger. Er hat im Iran [nach der in der Verwaltungsakte befindlichen und in die deutsche Sprache übersetzten Notenübersicht mit dem Ausstellungsdatum 29.09.2016 (beglaubigtes „Transcript of Grades“)] an der … Universität, … vom Studienjahr 2012/2013 – 1. Halbjahr, 1. Semester – bis zum Studienjahr 2015/2016 – 2. Halbjahr, 8. Semester – Veterinärmedizin studiert. Für das Studienjahr 2016/2017 – 1. Halbjahr, 9. Semester – sind keine Leistungsbewertungen mehr erfasst. Der Verwaltungsakte ist auch ein beim Antragsgegner am 10.10.2022 eingegangenes Schreiben vom MigraNet – IQ Landesnetzwerk Bayern ohne Datum an den Antragsteller (offenbar eine E-Mail) zu entnehmen. Dem Antragsteller wurde darin mitgeteilt, dass eine Anerkennung (bzw. eine Approbation als Tierarzt) und eine offizielle Zeugnisbewertung leider nicht möglich sei, da er sein Tiermedizinstudium im Iran nicht abgeschlossen habe.
3
Nach seiner Flucht aus Iran Ende 2016 stellte das Verwaltungsgericht Regensburg mit rechtskräftigem Urteil vom 31.07.2019 (Az. RN 4 K 17.35781) die Flüchtlingseigenschaft aufgrund von Nachfluchtgründen (Konversion) fest. Im Urteil ist ausgeführt, dass es dahingestellt bleiben könne, ob der Antragsteller den Iran vorverfolgt verlassen hat. Nach eigenen Angaben ist der Antragsteller im Besitz einer bis zum 07.10.2025 gültigen Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 2 AufenthG.
4
Seit dem Wintersemester 2022/2023 ist der Antragsteller im Fach Biologie mit dem Abschluss Bachelor of Science an der Universität … eingeschrieben.
5
Für dieses Studium beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner am 21.07.2022 die Bewilligung von Ausbildungsförderung.
6
Mit Bescheid vom 27.10.2022 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Zur Begründung ist ausgeführt:
„Nach den vorliegenden Unterlagen hat der Antragsteller das Studium Veterinärmedizin im Wintersemester 2012/2013 begonnen und im Wintersemester 2016/2017 nach insgesamt mehr als drei Semestern beendet. Eine Förderung nach einem abgebrochenen oder gewechselten Hochschulstudium ist jedoch nur möglich, wenn der Abbruch oder Fachrichtungswechsel vor Beginn des 4. Fachsemesters vollzogen worden ist. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, da der Antragsteller sein Studium nachweislich erst nach mehr als drei Semestern – auch unter Einbeziehung der nicht zu berücksichtigenden Auslandszeit von einem Jahr gemäß § 5a BAföG – aufgegeben hat. Aus der Begründung seines Fachwechsels sind keine Gründe ersichtlich, die das Vorliegen eines unabweisbaren Grundes nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG rechtfertigen. Eine Förderung des nunmehr betriebenen Studiums ist daher nach der derzeit bestehenden Gesetzeslage nicht möglich.“
7
Dieser Bescheid wurde ausweislich des aufgebrachten Stempels am 28.10.2022 zur Post gegeben.
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Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Schriftsatz vom 31.10.2022 und 17.11.2022, eingegangen beim Antragsgegner am gleichen Tag, Widerspruch.
9
Der Antragsteller erklärte, dass das Wissenschaftsministerium im Iran entscheide, welches Studium aufgenommen werden könne. Seinem Wunsch sei entsprochen worden. Er habe im Iran 4,5 Jahre Tiermedizin studiert und sei dann aus dem Iran geflüchtet. In Deutschland erfordere das Studienfach Tiermedizin einen Sprachkurs von mindestens C1; er habe einen B2 Abschluss. Es sei keiner seiner Universitätsabschlüsse in Deutschland anerkannt. Seine Abiturnote von umgerechnet 2,4 reiche für die Zulassung zum Studium der Tiermedizin nicht aus. In Deutschland könne er zum Studium der Tiermedizin nicht zugelassen werden. Er bewerbe sich in Deutschland zum ersten Mal um Ausbildungsförderung.
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Mit Schreiben vom 28.11.2022 zeigte sich der Prozessbevollmächtigte an und wiederholte die Widerspruchseinlegung.
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Mit Schreiben vom 02.12.2022 bat der Antragsgegner den Antragsteller um Vorlage folgender Unterlagen: 1. Bescheinigung der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB), ob der vom Antragsteller im Iran angestrebte Abschluss im Fach Veterinärwesen einem Abschluss in Deutschland materiell gleichwertig wäre. 2. Nachweis, dass sich der Antragsteller bereits an mehreren Universitäten/Hochschulen für die Weiterführung seines Studiums der Veterinärmedizin beworben hat und Absagen erteilt wurden.
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Über den Widerspruch wurde noch nicht entschieden.
13
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 28.11.2022, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, beantragt der Antragsteller:
1. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung gem. § 123 VwGO zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig bis zum Ende des Bewilligungszeitraums im September 2023 Leistungen nach dem BAföG in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
2. dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
3. dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm den Unterzeichnenden zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte als Rechtsanwalt beizuordnen.
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Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Studienabbruch des Antragstellers im Iran ein unabweisbarer Grund zugrunde gelegen habe, da ihm die Fortsetzung der Ausbildung im Iran subjektiv unmöglich gewesen sei. Denn der Antragsteller sei unabwendbar aufgrund seiner Verfolgung im Iran geflohen. Er verwies auf ein Urteil des VG Karlsruhe vom 23.06.2016 – 5 K 2654/16 -: „Ein anerkannter syrischer Flüchtling kann sich auf einen unabweisbaren Grund im Sinne des § 7 Abs. 3 S. 3 BAföG berufen, wenn er sein Studium in Syrien aufgrund der Verfolgungsgefahr unterbrochen hat“.
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Der Anspruch auf Ausbildungsförderung bemesse sich deshalb nach den Regeln für einen Ausbildungsabbruch, für den ein unabweisbarer Grund vorgelegen habe. Eine ausbildungsförderungspolitische Rechtfertigung erfahre die Bewertung des fluchtbedingten Ausbildungsabbruchs dadurch, dass die Entscheidung für ein neues Studienfach nach erzwungenem Studienabbruch und jahrelanger Unterbrechung der Hochschulausbildung sowie dem Wechsel des kulturellen Kontextes mit neuer Sprache und modifizierten Ausbildungsinhalten zielgerichteter sein kann als das Festhalten am alten Fach (Schriftsatz vom 12.12.2022).
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Ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung sei dem Antragsteller nicht zuzumuten, da sein Lebensunterhalt ohne BAföG-Leistungen nicht gesichert sei und damit mittelfristig eine erzwungene Aufgabe des Studiums drohe. Er habe zuletzt für den Monat September 2022 Leistungen nach dem SGB II erhalten. Für Oktober und November 2022 habe er sich Geld von Verwandten und Bekannten geliehen.
17
Der Antragsteller legte als Anlage die Kopie des iranischen Abschlusszeugnisses mit deutscher Übersetzung vor. Danach hatte er eine Gesamtdurchschnittsnote von 18,20 erreicht.
18
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
19
Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass die Flucht als solche, für sich alleine betrachtet, kein unabweisbarer Grund für einen Fachrichtungswechsel bei Wiederaufnahme eines Studiums in Deutschland sei. Die Anerkennung als Flüchtling führe zur Anwendbarkeit der privilegierenden Regelungen in den Verwaltungsvorschriften, weil mit der Anerkennung als festgestellt gelte, dass dem Auszubildenden/Antragsteller die Fortsetzung einer noch nicht abgeschlossenen Ausbildung im Herkunftsland durch Rückkehr dorthin nicht zumutbar sei. Der Antragsteller müsse sich dann aber auch grundsätzlich an seiner im Ausland getroffenen Ausbildungswahl festhalten lassen. Wäre die Flucht allein ein unabweisbarer Grund, so wäre dies ein Freibrief, im Inland jede gewünschte Ausbildung auch bei im Ausland bereits weit fortgeschrittenem Studienstand oder sogar bereits erworbenem Abschluss in einer anderen Fachrichtung aufnehmen zu können, ohne an die im Ausland ursprünglich getroffenen Fachrichtung gebunden zu sein. Dies sei weder mit dem Gesetzeswortlaut – auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerwG – zu vereinbaren noch sei ein ausbildungsförderungspolitischer Grund erkennbar, insoweit Flüchtlinge besserzustellen als andere auf BAföG angewiesene Studierende.
20
Einen solchen Grund habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Dieser Frage und der Frage der materiellen Gleichwertigkeit (angestrebte Abschlüsse im Ausland und in Deutschland) werde im anhängigen Widerspruchsverfahren nachgegangen.
21
Der Antragstellerbevollmächtigte erwiderte, dass die Abschlussnote des Antragstellers für ein Studium der Tiermedizin in Deutschland nicht gut genug sei. Der Numerus Clausus für das Studium der Tiermedizin liege derzeit zwischen 1,2 und 1,5. Die Abschlussnote des Antragstellers betrage nach der sog. modifizierten bayerischen Formel umgerechnet 2,3. Er übersandte als Anlage die iranischen Schulabschlusszeugnisse sowie die von einem Dolmetscher in die deutsche Sprache übersetzten Schulabschlusszeugnisse des Antragstellers.
22
Auf das rechtliche Hinweisschreiben des Gerichts vom 19.01.2023 ergänzte er mit Schriftsatz vom 28.01.2023, dass der Antragsteller sich bereits im Jahr 2018 mit Unterstützung des Jugendmigrationsdienstes … um die Klärung der Zulassungsvoraussetzungen für die Zulassung zum Studium der Tiermedizin gekümmert habe. Dabei habe der Studiendekan der Tierärztlichen Fakultät der L. M., Prof. Dr. … einerseits die Einschätzung vertreten, dass der Antragsteller wahrscheinlich vier Fachsemester angerechnet erhalten könnte, habe aber andererseits mitgeteilt, dass für die Anerkennung „die Unterlagen in beglaubigter Schriftform benötigt“ würden und dabei auf das International Office der LMU verwiesen. Der Homepage der LMU sei zu entnehmen, dass für einen Quereinstieg eine Anrechnung von im Ausland erbrachten Studienleistungen und Fachsemestern im Studiengang Tiermedizin oder aus einem anderen Studiengang erforderlich sei. Hierzu sei der Stundenplan (Studienordnung) mit Inhaltsangabe der einzelnen Fächer, aus dem die vom Antragsteller belegten Lehrveranstaltungen ersichtlich seien, und eine Prüfungsordnung der Institution, in der die Prüfungen abgelegt worden seien, erforderlich. Außerdem sei die Vorlage von beglaubigten Kopien von Nachweisen über die regelmäßige und erfolgreiche Teilnahme an den in dem Studiengang vorgeschriebenen Lehrveranstaltungen und Pflichtpraktika notwendig.
23
Über diese Unterlagen verfüge der Antragsteller aufgrund seiner Flucht aus dem Iran allerdings nicht und könne sie aus Deutschland auch nicht beschaffen.
24
Dem Antragsteller sei vom International Office der LMU fernmündlich mitgeteilt worden, dass für einen Quereinstieg seine Unterlagen nicht ausreichend seien und er aufgrund seiner Noten auch keine reguläre Zulassung erhalte. Im Übrigen habe der Antragsteller sein Studium erst zum Wintersemester 2022/2023 aufnehmen können, weil seine Sprachkenntnisse vorher nicht ausreichend gewesen seien. Er habe erstmals 2019 an einem Sprachkurs teilnehmen können und dann vor der Aufnahme des Studiums an einem, studienvorbereitenden Sprachkurs der … teilgenommen.
25
Als Anlage wurde dem Gericht der E-Mail-Verkehr zwischen Frau Diplom-Pädagogin … vom Jugendmigrationsdienst in … und Prof. Dr. …, Studiendekan der Tierärztlichen Fakultät der L. M., sowie der Ausdruck der Homepage der LMU zum Quereinstieg nachgereicht. Diesem E-Mail-Verkehr ist zu entnehmen, dass sich Frau … vom Jugendmigrationsdienst … am 09.05.2018 an Herrn … von der LMU gewandt hat. Der Antragsteller habe in seiner Heimat Tiermedizin studiert und sein Studium (vermutlich auf Bachelor-Niveau) abgeschlossen. Er habe seit etwa 4-5 Jahren mit einer interdisziplinären Arbeitsgruppe bestehend aus zwei Tiermedizinern, zwei Pharmazeuten und einem weiteren Mitglied zu verschiedenen Themen geforscht, u.a. zu MRSA, HIV-Medikamenten, antibakteriellen Zigaretten und Axolotl. Er würde in der Bundesrepublik Deutschland gerne weiterlernen bzw. an der L. M. Tiermedizin studieren. Sie übersandte den Lebenslauf des Antragstellers, sein Studienabschlusszeugnis, ein persisches Dokument mit der Studienordnung sowie eine Kurzinformation über sein Forschungsprojekt (E-Mail vom 29.05.2018). Herr … erklärte mit E-Mail vom 04.07.2018, dass nach einer nicht sehr gründlichen Prüfung eine Anrechnung von 4 Fachsemestern möglich erscheine. Für eine echte Anerkennung benötige er Unterlagen in beglaubigter Schriftform und eine genaue Studienbeschreibung. Ansonsten sei es nicht möglich, das Studium und die Inhalte auf Gleichwertigkeit zu prüfen. Außerdem bat er, einen Antrag auf Anerkennung von Studienleistungen zu stellen. Zudem solle sich der Antragsteller beim International Office der LMU erkundigen, wie es sich bei Bewerbung ausländischer Studierender in höhere Fachsemester verhalte und was zu beachten sei. Letztlich handele es sich um ein zweistufiges Verfahren: 1. Bewerbung in ein höheres Fachsemester bei der LMU unter Beachtung der Bewerbungsfristen bei der Studentenkanzlei und 2. parallel oder vorher Beantragung der Anrechnung von Studienleistungen. Dies alles gelte natürlich nur dann, wenn nicht, wie zuvor besprochen, versucht werden solle, die Approbation anerkennen zu lassen.
26
Der Antragsgegner übersandte mit Schriftsatz vom 25.01.2023 die Behördenakten.
27
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenunterlagen Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend.
II.
I.
28
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts hat keine hinreichende Erfolgsaussicht.
29
Gemäß § 166 VwGO, §§ 114 ff. ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Wird Prozesskostenhilfe bewilligt, so ist in Verfahren ohne Anwaltszwang nach § 121 Abs. 2 ZPO ein Anwalt beizuordnen, wenn die Vertretung durch einen Anwalt erforderlich ist.
30
Hinreichende Erfolgsaussicht für Rechtsverfolgung oder -verteidigung liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (Zöller/Philippi, ZPO, 21. Auflage, § 114, Rdnr. 19, m.w.N.).
31
Aus den unten näher ausgeführten Gründen hat der Antrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Darauf wird Bezug genommen.
II.
32
1. Der Antrag ist zulässig.
33
Der Antrag ist auch bereits vor der Anhängigkeit des Hauptsacheverfahrens statthaft. Eine etwaige Rechtskraft des ablehnenden Bescheids des Antragsgegners vom 27.10.2022 steht wegen der Erhebung des Widerspruches vom 31.10.2022 nicht entgegen (§ 80 Abs. 1 VwGO).
34
Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Bayreuth ergibt sich aus § 52 Nr. 3 i.V.m. Nr. 5 VwGO. Nach Überzeugung der Kammer ist § 52 Nr. 3 VwGO so auszulegen, dass sich § 52 Nr. 3 Satz 3 (mit dem Verweis auf Nr. 5, wenn wie hier ein Sitz oder Wohnsitz des Beschwerten innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde fehlt) auch auf die Verpflichtungsklage bezieht. Grund hierfür sind die nachvollziehbaren Gründe, wie sie im Aufsatz von Dr. Martin Stuttmann („Das örtlich zuständige Gericht bei der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage [§ 52 Nr. 3 VwGO, in DVBl 19, 2011]) zu lesen sind.
35
Gemäß § 1 Nr. 4, § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die bayerischen Studentenwerke (StudWV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.01.1990 (GVBl. S. 42, BayRS 2210-1-1-7-1-WK), zuletzt geändert durch § 1 der Verordnung vom 27.08.2019 (GVBl. S. 554), erstreckt sich die Zuständigkeit des Antragstellers über mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke.
36
2. Der Antrag hat keinen Erfolg.
37
Gemäß § 123 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern die Maßnahme unerlässlich erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Beide Arten einer vorläufigen Anordnung setzen ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten streitbefangenen Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist von der Antragspartei glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO), wobei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend sind. Über den Erfolg des Antrags ist aufgrund einer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und auch nur möglichen summarischen Prüfung zu entscheiden. Ergibt die überschlägige rechtliche Beurteilung auf der Grundlage der verfügbaren und von der Antragspartei glaubhaft gemachten Tatsachenbasis, dass von überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszugehen ist, besteht regelmäßig ein Anordnungsanspruch. Ein Anordnungsgrund setzt voraus, dass es der Antragspartei unter Berücksichtigung ihrer Interessen unzumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl., § 123 Rn. 26 m.w.N.).
38
2.1. Es kann dahingestellt bleiben, ob das vorgelegte iranische Schulabschlusszeugnis als allgemeinbildender Schulabschluss anerkannt worden ist. Auch wenn offenbar eine Anerkennung erfolgt sein könnte, da eine Umrechnung in das deutsche Notensystem angegeben worden ist, wurde die Anerkennung nicht vorgelegt.
39
Der geltend gemachte Anspruch scheitert allerdings unabhängig hiervon und von dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes an der notwendigen, aber fehlenden Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsanspruchs.
40
Nach § 7 Abs. 3 BAföG wird Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung geleistet, wenn der Auszubildende entweder (1.) aus wichtigem Grund oder (2.) aus unabweisbarem Grund die Ausbildung abgebrochen oder die Fachrichtung gewechselt hat; bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen gilt Nummer 1 nur bis zum Beginn des vierten Fachsemesters. Beim erstmaligen Fachrichtungswechsel oder Abbruch der Ausbildung wird in der Regel vermutet, dass die Voraussetzungen nach Nummer 1 erfüllt sind; bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen gilt dies nur, wenn der Wechsel oder Abbruch bis zum Beginn des dritten Fachsemesters erfolgt. Bei der Bestimmung des nach den Sätzen 1 und 4 maßgeblichen Fachsemesters wird die Zahl der Semester abgezogen, die nach Entscheidung der Ausbildungsstätte aus der ursprünglich betriebenen Fachrichtung auf den neuen Studiengang angerechnet werden.
41
Damit unterliegt die grundsätzliche Förderfähigkeit des begonnenen Studiums nach dem Wortlaut des Gesetzes nur bei Vorliegen eines unabweisbaren Grundes keiner zeitlichen Einschränkung.
42
2.1.1 Es kann dahingestellt bleiben, ob ein wichtiger Grund im oben genannten Sinn vorliegt, da die Frist in § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG (bis zum Beginn des 4 FS) nicht erfüllt ist, selbst wenn gemäß § 5a Satz 1 BAföG die höchstmögliche Zeit von 1 Jahr nicht angerechnet werden würde. Da der Antragsteller im Iran bereits acht Fachsemester absolviert hat und bislang keine Anrechnung von Semestern im Erststudium erfolgt ist, kann zumindest nach derzeitigem Stand die Frist „bis zum Beginn des 4. FS“ nicht mehr erfüllt werden. Ob Fachsemester noch nachträglich für das begonnene Studium der Biologie angerechnet werden, ist für das Gericht derzeit nicht erkennbar.
43
2.1.2 Auch das Vorliegen eines unabweisbaren Grundes vermochte der Antragsteller im vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nicht ausreichend glaubhaft zu machen.
44
Eine endgültige Entscheidung muss – gegebenenfalls nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens, in dem ausweislich des Schreibens der Widerspruchsbehörde vom 02.12.2022 noch weitere Prüfungsschritte vorgesehen sind (s.o.) – letztendlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
45
Wenn ein Auszubildender im tertiären Bereich an einer Höheren Fachschule, Akademie oder Hochschule erst nach Beginn des vierten Fachsemesters seine Ausbildung abbricht oder die Fachrichtung wechselt, muss dies nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG auf einem unabweisbaren Grund beruhen, um die Förderungsfähigkeit einer anderen Ausbildung zu erhalten.
46
Unabweisbar ist nur ein Grund, der die Wahl zwischen der Fortsetzung der bisherigen Ausbildung und ihrem Abbruch oder dem Wechsel in eine andere Fachrichtung nicht zulässt oder der es bei der auch hier gebotenen Interessenabwägung jedenfalls schlechterdings unerträglich erscheinen ließe, den Auszubildenden unter den gegebenen Umständen an der zunächst aufgenommenen Ausbildung fest zu halten (zustimmend VGH München, B.v. 14.10.2015 – 12 C 14.2417 – BeckRS 2015, 53752). Anknüpfungspunkt hierfür kann sowohl die Ausbildung selbst als auch die angestrebte berufliche Betätigung sein (Ramsauer/Stallbaum/Steinweg, 7. Aufl. 2020, BAföG § 7 Rn. 162). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 6.02.2020 – 5 C 10.18 – NVwZ-RR 2020, 885 Rn. 33 m.w.N.) ist geklärt, dass ein unabweisbarer Grund dann vorliegt, wenn Umstände eintreten, die die Fortführung der bisherigen Ausbildung objektiv und subjektiv unmöglich machen. Die Umstände müssen dergestalt sein, dass sie die Wahl zwischen der Fortsetzung der bisherigen Ausbildung und dem Überwechseln in eine andere Fachrichtung nicht zulassen. Es können nur solche Umstände berücksichtigt werden, die zu einem Wegfall der Eignung des Auszubildenden für die künftige Ausübung des bisher angestrebten Berufs und die dahin zielende noch zu absolvierende Ausbildung geführt haben (BVerwG, B.v. 23.10.2020 – 5 B 18/20 –, Rn. 6, juris). Voraussetzung für eine weitere Förderung ist also ein Umstand, der so zwingend ist, dass er eine Wahl zwischen Fortsetzung der bisherigen Ausbildung und ihrem Abbruch und/oder dem Überwechseln in eine andere Fachrichtung nicht zulässt.
47
Der fragliche Grund muss im Zeitpunkt des Fachrichtungswechsels vorgelegen haben und hierfür ursächlich gewesen sein (BVerwG, B.v. 23.10.2020 – 5 B 18/20 –, Rn. 7, juris). Dies ist die Aufnahme des neuen Studienganges der Biologie.
48
Als zusätzliche Voraussetzung wird von der Rechtsprechung verlangt, dass der Ausbildungswechsel unverzüglich erfolgt, sobald wichtige oder unabweisbare Gründe für einen Ausbildungswechsel eintreten. Das gilt insbesondere auch innerhalb der Vermutungsfrist nach § 7 Abs. 3 S. 4 BAföG. Der Auszubildende ist gehalten, seine Eignung und seine Neigung für das fragliche Studium gerade im Anfangsstadium kritisch zu überprüfen und sich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob er das Studium wird erfolgreich fortsetzen können. Stellt sich bereits vor Ablauf der Frist heraus, dass das Studium nicht seinen Fähigkeiten oder Neigungen entspricht, ist er gehalten, gegebenenfalls auch bereits vor Ablauf von drei Semestern entsprechende Konsequenzen zu ziehen (GK-SRB/Nolte, 3. Aufl. 2023, BAföG § 7 Rn. 27 m.w.N.).
49
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Antragsteller das Vorliegen der o.g. Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht.
50
Soweit der Prozessbevollmächtigte argumentiert, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt des Fachstudienwechsels, d.h. der Aufnahme des Studiums der Biologie in der Bundesrepublik Deutschland zum Wintersemester 2022/2023, keine Zulassung für den Studiengang der Tiermedizin mangels Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen erhalten hätte können und ihm deshalb die Eignung für das Studium in der Bundesrepublik Deutschland fehlt, hat er dies durch die Vorlage von Ablehnungsbescheiden oder zumindest verbindlichen Auskünften o.ä. nicht im ausreichenden Umfang glaubhaft gemacht. Dem Gericht steht im vorliegenden Verfahren weder eine Entscheidungsbefugnis über die Zulassung zu besagtem Studium (z.B. als Quereinsteiger in ein höheres Fachsemester gemäß § 65 TAppV (Verordnung zur Approbation von Tierärztinnen und Tierärzten vom 27.07.2006 (BGBl. I S. 1827), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 15.08.2019 [BGBl. I S. 1307])), zu noch kann eine fehlende Zulassungsmöglichkeit/Eignung für das Tiermedizinstudium als offensichtlich angesehen werden.
51
Der inzwischen vorgelegte E-Mail-Verkehr mit dem Studiendekan für das Studienfach Tiermedizin der L. M. und der Ausdruck der Homepage der LMU ersetzt die o.g. Voraussetzung einer Glaubhaftmachung der fehlenden Eignung z.B. durch Vorlage von Ablehnungen einer Zulassung als Quereinsteiger o.ä. nicht. Den vorgelegten Unterlagen ist nicht zu entnehmen, dass sich der Antragsteller im örtlichen Vergabeverfahren für ein Studium der Tiermedizin bei der für ihn zuständigen Studentenkanzlei (Referat III. 2) der LMU (vgl. Leitfaden für die Bewerbung in Pharmazie, Human-, Zahn- und Tiermedizin – L. M., abgerufen am 31.01.2023) oder einer anderen Universität (z.B. Hochschulwechsel & Quereinstieg – Fachbereich Veterinärmedizin [fu-berlin.de]) überhaupt offiziell beworben hat, geschweige denn abgelehnt worden ist.
52
Darüber hinaus ist den vorgelegten Unterlagen auch nicht zu entnehmen, dass der Antragsteller die Anrechnung von Studienleistungen tatsächlich beantragt hat. Insbesondere erfüllt die bloße Mitteilung, dem Antragsteller sei vom International Office der LMU lediglich telefonisch mitgeteilt worden, dass seine Unterlagen für einen Quereinstieg nicht ausreichten, die Anforderungen an eine Glaubhaftmachung einer endgültigen Ablehnung nicht. Wenn ein entsprechender offizieller Antrag gestellt wurde, so läge darüber hinaus eine schriftliche Entscheidung hierüber nahe.
53
Eine gerichtliche Beweiserhebung zur Feststellung der Fördervoraussetzungen im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist nicht angezeigt, auch wenn Ausbildungsförderung ein soziales Teilhaberecht gemäß Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG ist (BVerwG, B.v. 20.05.2021 – 5 C 11.18 – beck-online) und deshalb einer gründlicheren Prüfung bedarf, die über eine bloße summarische Prüfung hinausgeht. Denn auch diese Amtsermittlungspflicht ersetzt nicht die dem Antragsteller im einstweiligen Anordnungsverfahren (§ 123 VwGO) obliegende besondere Mitwirkungspflicht, die insbesondere die Vorlage der nur ihm selbst zur Verfügung stehenden Erkenntnisse und Unterlagen umfasst. Von der Pflicht zur Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ist er zumindest insoweit nicht befreit, als entsprechende Nachweismöglichkeiten (nur) in seinem Verantwortungsbereich liegen. Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m § 920 Abs. 2 ZPO ist er ausdrücklich gehalten, die maßgeblichen Tatsachen für eine Anordnung glaubhaft zu machen (§ 294 ZPO). Damit begrenzt hier die qualifizierte Darlegungslast des Antragstellers die Amtsermittlungspflicht des Gerichts und erlegt dem Antragsteller die besondere Mitwirkungspflicht auf, den entscheidungserheblichen Sachverhalt substantiiert darzulegen und präsente Beweismittel vorzubringen (PeKuRiHdbBeweis, Teil A. Erkenntnisverfahren und Amtsermittlung Rn. 86, beck-online).
54
Dieser Pflicht ist der Antragsteller trotz des Hinweisschreibens des Gerichts vom 19.01.2023 nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen. Insbesondere fehlt eine Glaubhaftmachung, dass er sich um einen Studienplatz für Tiermedizin zumindest ernsthaft und offiziell beworben hat und/oder eine Anerkennung von Studienleistungen hierfür beantragt hat. Es ist der Entscheidung der Universität vorbehalten, an der sich der Antragsteller um die Aufnahme für das Studium der Tiermedizin bewirbt, welche Studienleistungen sie anerkennt, welche Nachweise sie dafür für notwendig erachtet und ob unter Umständen Ausnahmen zugelassen werden können. Im Verfahren der Ausbildungsförderung kann dies auch im Rahmen einer Beweiserhebung nicht ersetzt werden.
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Auch für die Annahme, dass die vorliegend nicht berufsqualifizierend abgeschlossene Ausbildung im Ausland (Studium der Tiermedizin) nicht als bisherige Ausbildung i.S.d. § 7 BAföG anzusehen und damit unbeachtlich sein könnte, fehlen jegliche Anhaltspunkte, so dass sich eine weitere Amtsermittlung hierzu nicht aufdrängt. Solche Anhaltspunkte wurde vom Antragsteller, obwohl er bereits im Widerspruchsverfahren (vgl. Schreiben des Antragsgegners vom 02.12.2022) darum gebeten worden ist, auch nicht vorgelegt bzw. glaubhaft gemacht. Eine Unbeachtlichkeit könnte allenfalls dann anzunehmen sein, wenn die Ausbildungsstätte im Iran den inländischen Ausbildungsstätten nach Zugangsvoraussetzungen, Art und Inhalt der Ausbildung sowie dem vermittelten Ausbildungsabschluss nicht vergleichbar wäre, d.h. wenn die ausländische Ausbildungsstätte nicht mit den in § 2 Abs. 1 und 2 BAföG bezeichneten oder nach § 2 Abs. 3 BAföG bestimmten Ausbildungsstätten i.S.d § 5 Abs. 4 BAföG gleichwertig ist (Ramsauer/Stallbaum/Steinweg, 7. Aufl. 2020, BAföG § 7 Rn. 113).
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Auch der Umstand, dass der Antragsteller derzeit weder Leistungen nach dem SGB II (§ 7 Abs. 5 SGB II) noch Ausbildungsförderung erhält, bewirkt keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung.
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Sollte allerdings ein Zulassungsantrag des Antragstellers für das Studium der Tiermedizin umfassend abgelehnt werden oder ergibt sich aus sonstigen nachvollziehbaren Erkenntnissen, dass ein Antrag auf Zulassung in der Bundesrepublik Deutschland unter keinen erdenklichen Umständen Aussicht auf Erfolg hat, so ist das Vorliegen eines unabdingbaren Grundes gegebenenfalls erneut zu prüfen.
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Nur ergänzend ist anzumerken, dass die oben ausgeführten Voraussetzungen für die Bewilligung von Ausbildungsförderung jeden Studierenden, der im Ausland ein Studium begonnen hat, in gleicher Weise treffen.
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2.1.3 Aus den oben genannten Gründen kommt es auf die Frage, ob ein unverzüglicher Fachrichtungswechsel vorliegt, nicht mehr an.
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2.1.4 Entscheidungsunerheblich ist im Übrigen die Frage, ob es für den Abbruch des Studiums im Iran einen unabweisbaren Grund gegeben hat, da der Fachrichtungswechsel (von Tiermedizin zu Biologie), auf den es nach dem Gesetzeswortlaut allein ankommt, zweifelsfrei erst im Bundesgebiet vollzogen wurde. Deshalb können Gründe für die Beendigung der Ausbildung im Heimatland sowie für die Ausreise und auch die Innehabung eines Flüchtlingsstatus für den Fachrichtungswechsel keine Bedeutung erlangt haben (vgl. BVerwG, B.v. 23.10.2020 – 5 B 18/20 – juris Rn. 7).
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Ergänzend ist anzumerken, dass ein solcher Grund für die Aufgabe des Studiums im Iran zumindest den Entscheidungsgründen des Urteils des VG Regensburg vom 31.07.2019 nicht entnommen werden könnte. Vielmehr erfolgte eine Entscheidung hierzu ausdrücklich nicht.
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3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegener Beteiligter hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO in Angelegenheiten der Ausbildungsförderung gemäß § 188 Satz 1 VwGO nicht erhoben (vgl. BVerwG, B.v. 24.07.2014 – 5 B 17/14 – juris Rn. 21).