Inhalt

VG München, Urteil v. 24.04.2023 – M 26a K 22.4911
Titel:

Entschädigung für Verdienstausfall, Selbständiger HellipDienstleister (* Hellip-Gutachter, Teilweise fehlende Absonderungsanordnungen, Kein Verdienstausfall bei arbeitsunfähiger Erkrankung, Würdigung unterschiedlicher Angaben des Klägers zum Gesundheitszustand

Normenkette:
IfSG § 56
Schlagworte:
Entschädigung für Verdienstausfall, Selbständiger HellipDienstleister (* Hellip-Gutachter, Teilweise fehlende Absonderungsanordnungen, Kein Verdienstausfall bei arbeitsunfähiger Erkrankung, Würdigung unterschiedlicher Angaben des Klägers zum Gesundheitszustand
Fundstelle:
BeckRS 2023, 15547

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Tatbestand

1
Der Kläger, der als …Dienstleister seit … Januar 2021 selbständig tätig ist, begehrt mit seiner Klage Verdienstausfallentschädigung für den Zeitraum vom … Januar 2022 bis einschließlich … Februar 2022.
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Am … Februar 2022 stellte er bei der Regierung von Oberbayern einen Entschädigungsantrag für Selbständige nach §§ 56 Abs. 1 und 58 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in Höhe von 5.767,00 EUR für den Quarantänezeitraum vom … Januar 2022 bis einschließlich … Februar 2022. Die ausgeübte Tätigkeit (* …-Gutachter, …-Beratung) habe nicht im Homeoffice ausgeübt werden können, da für die Beratung zu …Security-Themen und als …-Gutachter zwangsweise Termine vor Ort ausgeführt werden müssten. Der Wert seiner eigenen Arbeitsleistung zum Betriebserfolg liege bei 100%, da er keine Mitarbeiter beschäftige. Während der Quarantäne sei er nicht erkrankt gewesen. Die Absonderung sei nicht als enge Kontaktperson erfolgt. Einen Steuerbescheid könne er nicht vorlegen, da das Unternehmen zu jung sei bzw. ein Steuerbescheid noch nicht durch den Steuerberater fertig gestellt worden sei.
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Vorgelegt wurde hingegen eine Quarantänebescheinigung des Landratsamtes R* … vom … Februar 2022, in der ihm bescheinigt wurde, dass er sich vom … Februar 2022 bis … Februar 2022 gemäß AV Isolation vom 31. August 2021, zuletzt geändert am 14. Januar 2022, als symptomfreie positiv getestete Person (Ausscheider) in Quarantäne befand.
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Mit E-Mail vom 23. August 2022 bat die Regierung von Oberbayern den Kläger um Erläuterung des von der Quarantänebestätigung abweichenden Zeitraumes im Entschädigungsantrag und um ausführlichere Begründung, weshalb bei einer objektiv betrachtet zumindest teilweise homeoffice-fähigen Tätigkeit keinerlei Aufgaben (z.B. Telefonate, E-Mails, Videokonferenzen, Erstellen von Gutachten) im Homeoffice hätten erledigt werden können.
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Hierauf teilte der Kläger ebenfalls mit E-Mail vom … August 2022 mit, dass nach Ablauf des Zeitraumes weitere Corona-Schnelltests nach wie vor ein positives Testergebnis ergeben hätten. Die gesundheitlichen Auswirkungen dieser Corona-Infektion seien nach Ablauf des Zeitraumes nach wie vor in dem Ausmaß vorhanden gewesen, dass eine Wiederaufnahme seiner Tätigkeit nicht möglich gewesen wäre. Er sei den kompletten Zeitraum und darüber hinaus gesundheitlich so angeschlagen gewesen, dass an eine Tätigkeit (egal welcher Art) überhaupt nicht zu denken gewesen wäre. Zugleich wurde die Gewinnermittlung des Steuerberaters nach § 4 Abs. 3 Einkommenssteuergesetz vom 1. Januar 2021 bis 21. Dezember 2021 vorgelegt.
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Mit Bescheid vom 5. September 2022 lehnte der Beklagte den Antrag auf Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG ab, da es an der Alleinursächlichkeit der Absonderung für den erlittenen Verdienstausfall fehle, da der Kläger während der Absonderung arbeitsunfähig krank gewesen sei und deshalb seiner Erwerbstätigkeit nicht habe nachgehen können.
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Am 5. Oktober 2022 erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten gegen diesen Bescheid Klage mit dem Antrag,
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den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 5. September 2022, Az. …, aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG für die Zeit vom … Januar 2022 bis … Februar 2022 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen,
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hilfsweise: dem Kläger die beantragte Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG für die Zeit vom … Februar 2022 bis … Februar 2022 zu bewilligen,
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erneut hilfsweise: über den Antrag des Klägers auf Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG erneut zu entscheiden unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
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Der Kläger sei freiberuflich selbständig als …Dienstleister tätig. Als solcher besuche er im Schwerpunkt seine Kunden und überprüfe deren PC-Anlagen/Netzwerke auf Cybersicherheit und ertüchtige diese vor Ort, soweit erforderlich. Anfang 2022 sei der Kläger an einer Corona-Infektion erkrankt. Aufgrund dieser Infektion sei ihm durch das Gesundheitsamt R* … vom … Februar 2022 bis … Februar 2022 eine Quarantäne auferlegt worden. Wegen vorhandener und andauernder erheblicher gesundheitlicher, corona-bedingter Einschränkungen und weiterer positiven Schnelltests habe der Kläger diese um ein paar Tage verlängern müssen. Der Anspruch des Klägers auf Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG beruhe darauf, dass der Kläger im Geltungszeitraum dieser Vorschrift an einer Corona-Infektion erkrankt gewesen sei und deshalb im Antragszeitraum vom … Januar 2022 bis einschließlich … Februar 2022 seiner beruflichen Tätigkeit bei seinen Kunden wegen behördlich angeordneter Quarantäne und vorhandener Krankheitssymptome und positiver Schnelltests nicht habe nachgehen können und so einen Verdienstausfall erlitten habe. Im Homeoffice könnten die geschilderten beruflichen Tätigkeiten des Klägers nicht ausgeführt werden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG seien erfüllt. Aufgrund der durch den Kläger eingereichten Unterlagen könne die Höhe durch den Beklagten ohne weiteres in gesetzlicher Höhe ermittelt werden. Sollte wegen der Abweichung des Antragszeitraums vom behördlich angeordneten Quarantänezeitraums eine Bewilligung der Verdienstausfallentschädigung nicht für den vollständigen Antragszeitraum möglich sein, so stehe dem Kläger eine solche zumindest für den behördlich angeordneten Zeitraum zu. Die vollständige Ablehnung des Antrags des Klägers (ohne nähere Begründung) sei jedoch rechtswidrig. Für den Fall, dass eine Ermessensbetätigung der Behörde vorzunehmen sei, werde erneut hilfsweise die Neuentscheidung über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts geboten sein.
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Mit Schreiben vom 22. November 2022 beantragte der Beklagte unter Vorlage der Behördenakte,
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die Klage abzuweisen.
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Für den beantragten Zeitraum vom … Januar 2022 bis … Februar 2022 sowie … Februar 2022 bis … Februar 2022 fehle es bereits an einer Absonderung des Klägers. Absonderungsanordnungen für diese Zeiträume lägen nicht vor. Andere Nachweise, aus welchen sich eine entsprechende Absonderungsverpflichtung ergeben würde, seien weder konkret vorgetragen noch nachgewiesen worden. Für den gesamten beantragten Zeitraum lägen die Voraussetzungen der §§ 56ff. IfSG wegen Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht vor. Die infektionsschutzrechtliche Billigkeitsentschädigung sei subsidiär; ein Entschädigungsbedürfnis sei nicht gegeben, wenn der Verdienstausfall nicht alleine durch die Absonderung eintrete (Kümper in Kießling, IfSG, 3. Aufl. 2022, § 56 Rn. 25). Nach dem Wortlaut des § 56 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 IfSG müsse die Absonderungsanordnung allein kausal für den Verdienstausfall sein. Wenn eine Krankheit zur Arbeitsunfähigkeit führe, beruhe der Verdienstausfall nicht alleine auf der Anordnung der Absonderung. Der Kläger sei nach eigenem Vortrag unbestritten objektiv aufgrund der Erkrankung nicht arbeitsfähig gewesen, so dass die Absonderungsanordnung nicht alleine ursächlich für den Verdienstausfall gewesen sei. Für den Ausfall der Arbeitsleistung sei die Erkrankung des Klägers zumindest mitursächlich gewesen.
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Hierauf replizierte der Bevollmächtigte des Klägers im Schriftsatz vom 6. April 2023, dass richtig sei, dass eine Quarantäneanordnung des Landratsamtes R* … gegen den Kläger für den Zeitraum vom … Februar 2022 bis … Februar 2022 ergangen sei. Am … Februar 2022 habe dann auch die Lebensgefährtin des Klägers als ebenfalls Coronapositiv getestete Person gleichfalls eine Quarantäneanordnung seitens des Landratsamtes erhalten. Als gemeldete enge Bezugsperson sei der Kläger somit auch an diese Anordnung gegen die Lebensgefährtin gebunden gewesen. Dem Beklagten sei dies auch bekannt. Es erscheine daher mehr als verwunderlich, dass man sich dort daran nicht zu erinnern vermöge. Wie schon in der Klageschrift angegeben, sei dem Kläger daher aufgrund der angeordneten Quarantäne eine Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit nicht möglich gewesen. Eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers aus Krankheit habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen und sei seinerseits auch nicht durch den Besuch eines Arztes eingefordert worden. Der Kläger habe sich zwar wegen seiner Corona-Infektion subjektiv „angeschlagen“ gefühlt. Eine Krankschreibung nach objektiver Einschätzung hätte dies jedoch zu keiner Zeit gerechtfertigt und sei entsprechend auch nicht erfolgt. Damit sei aber eben auch keine Arbeitsunfähigkeit gegeben gewesen. Wenn der Beklagte hier eine solche krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit einwende, möge er dies durch entsprechende Unterlagen (vorgelegtes ärztliches Attest, Krankschreibung o.ä.) über den seinerzeitigen Gesundheitszustand des Klägers belegen. Solange dies nicht erfolgt sei, bleibe jedenfalls eine durch den Beklagten eingewandte Arbeitsunfähigkeit des Klägers bestritten. Eine anderweitige Lohnfortzahlung käme allein schon wegen der fehlenden ärztlichen Krankschreibung nicht in Betracht. Ohnehin sei eine solche für den Kläger als freiberuflich tätiger Selbständiger nicht gegeben. Vor diesem Hintergrund sei alleine die Absonderungsanordnung und diejenige der Lebensgefährtin des Klägers mit Wirkung für ihn als enge Kontaktperson ab dem … Februar 2022 einzig und allein ausschlaggebend für den Ausfall der Arbeitsleistung des Klägers und seinen erlittenen Verdienstausfall.
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Mit Schreiben vom 19. April 2023 erwiderte der Beklagte auf den Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 6. April 2023. Die im Vergleich zu den Angaben des Klägers in der E-Mail vom … August 2022 nunmehr gegenteilige Behauptung des Klägers, er sei arbeitsfähig gewesen, sei eine reine Schutzbehauptung, um einen Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung zu erlangen.
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In der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2023 erklärte der Bevollmächtigte des Klägers, dass der Kläger wahrscheinlich bereits vor dem … Februar 2022 Symptome gezeigt habe. Zugleich übergab er eine Bestätigung des Landratsamtes R* … vom … Februar 2022, wonach sich die Lebensgefährtin des Klägers von 4. Februar 2022 bis 14. Februar 2022 als symptomatisch positiv getestete Person (Erkrankte) in Quarantäne befunden habe. Der Kläger habe ihm gesagt, dass er zwar positiv getestet, aber nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei; dieser habe sich lediglich angeschlagen gefühlt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen.
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1. Gegenstand der Klage ist die Gewährung einer Verdienstausfallentschädigung für die Zeit von … Januar 2022 bis … Februar 2022. Die Erstattung von Aufwendungen zur sozialen Sicherung hat der Kläger weder im Antrag vom … Februar 2022 gegenüber der Regierung von Oberbayern noch im Klageverfahren geltend gemacht.
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2. Die am 5. Oktober 2022 fristgerecht erhobene Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Halbs. 2 Alt. 1 VwGO statthaft, da sich der Kläger gegen die Ablehnung seines Entschädigungsantrags im Bescheid vom 5. September 2022 wendet und den Erlass eines für ihn günstigeren Bescheides begehrt.
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Dass der Klageantrag hinsichtlich der begehrten Entschädigungshöhe nicht beziffert ist, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, da der anspruchsbegründende Sachverhalt, hier der Entschädigungsantrag für Selbständige nach §§ 56 Abs. 1 und 58 IfSG vom 7. Februar 2022, benannt wurde, so dass das Gericht den mit der Klage begehrten Entschädigungsbetrag ermitteln kann (vgl. hierzu VG Bayreuth, U.v. 17.01.2022 – B 7 K 21.425 – juris Rn. 37, VG Münster, U.v. 19.05.2022 – 5a K 854/21 – beck-online, Rn. 33).
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3. Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Verdienstausfallentschädigung hat und sich der streitgegenständliche Bescheid vom 5. September 2022 somit als rechtmäßig erweist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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3.1 Anspruchsgrundlage für den Anspruch des Klägers ist § 56 IfSG in der von 12. Dezember 2021 (BGBl. 2021 I S. 5162) bis 18. März 2022 (BGBl. 2022 I S. 473), mithin im Zeitraum der angeordneten Absonderung bzw. des geltend gemachten Zeitraumes, gültigen Fassung (vgl. hierzu VG München, U.v. 23.01.2023 – M 26a K 21.82 – juris Rn. 15ff., VG Bayreuth, U.v. 21.06.2021 – B 7 K 21.110 – juris Rn. 21ff.).
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3.2 Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG in der maßgeblichen Fassung enthält eine Entschädigung in Geld, wer aufgrund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Das Gleiche gilt gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG für eine Person, die nach § 30 IfSG, auch in Verbindung mit § 32 IfSG, abgesondert wird oder sich auf Grund einer nach § 36 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 IfSG erlassenen Rechtsverordnung absondert. Eine Entschädigung in Geld kann auch einer Person gewährt werden, wenn diese sich bereits vor der Anordnung einer Absonderung nach § 30 IfSG oder eines beruflichen Tätigkeitsverbots nach § 31 IfSG vorsorglich absondert oder vorsorglich bestimmte berufliche Tätigkeiten ganz oder teilweise nicht ausgeübt hat und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, wenn eine Anordnung einer Absonderung nach § 30 IfSG oder eines beruflichen Tätigkeitsverbots nach § 31 IfSG bereits zum Zeitpunkt der vorsorglichen Absonderung oder der vorsorglichen Nichtausübung beruflicher Tätigkeiten hätte erlassen werden können (§ 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG in der maßgeblichen Fassung).
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3.3 Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG in der maßgeblichen Fassung sind vorliegend nicht erfüllt.
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3.3.1 Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 IfSG ist das Vorliegen einer Absonderungsanordnung. Der Kläger befand sich ausweislich der vorgelegten Quarantänebescheinigung des Landratsamtes R* … vom … Februar 2022 bis … Februar 2022 in Quarantäne. Für den davorliegenden Zeitraum vom … Januar 2022 bis … Februar 2022 und für den danach liegenden Zeitraum vom … Februar 2022 bis … Februar 2022 fehlt es somit bereits an einer behördlichen Absonderungsanordnung.
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Dass sich der Kläger vorsorglich bereits vor dem 2. Februar 2022 abgesondert hätte und sich ein Entschädigungsanspruch aus § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG ergeben könnte, hat dieser weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Im Übrigen setzt ein Entschädigungsanspruch bei „vorsorglicher Selbstisolation“ voraus, dass eine behördliche Anordnung der Absonderung nachgeholt wird und damit auch tatsächlich nachträglich ergeht, da anderenfalls nahezu jeder Erstattungsansprüche wegen angeblich vorsorglicher Selbstisolierung geltend machen könnte (vgl. hierzu VG Bayreuth, U.v. 21.06.2021 – B 7 K 21.110 – juris Rn. 26 zur Fallgestaltung der Verdienstausfallentschädigung eines Arbeitnehmers). Eine Quarantäneanordnung für die Zeit vor dem 2. Februar 2022 hat der Kläger aber gerade nicht vorgelegt.
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Gleiches gilt für die Zeit von … Februar 2022 bis … Februar 2022. Der Kläger kann sich für diesen Zeitraum auch nicht auf die von seinem Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung am 24. April 2023 vorgelegte Bestätigung des Landratsamtes R* … vom … Februar 2022 berufen, da sich aus dieser nur ergibt, dass sich die Lebensgefährtin des Klägers von 4. Februar 2022 bis 14. Februar 2022 als symptomatisch positiv getestete Person (Erkrankte) in Quarantäne befunden hat. Eine Quarantäneanordnung gegenüber dem Kläger lässt sich dieser Bestätigung nicht entnehmen.
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3.3.2 Für die Zeit von … Februar 2022 bis … Februar 2022 verfügt der Kläger zwar über eine Bestätigung des Landratsamt R* …, dass er sich in Quarantäne befunden hat. Dem Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 IfSG steht jedoch entgegen, dass der Kläger im angeordneten Quarantänezeitraum keinen Verdienstausfall allein durch die Quarantäneanordnung erlitten hat, da er nach Auffassung des Gerichts in diesem Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt war. Der Verdienstausfall muss kausal durch das Verbot der Ausübung der bisherigen Erwerbstätigkeit verursacht worden sein – vgl. den Wortlaut „dadurch“ (Gerhardt, 6. Aufl. 2022, IfSG § 56 Rn. 11), woran es vorliegend fehlt.
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Zwar wurde dem Kläger vom Landratsamt R* … am … Februar 2022 bestätigt, dass er sich als symptomfrei positiv getestete Person (Ausscheider) in Quarantäne befand. Zudem hat der Kläger in seinem Antrag vom … Februar 2022 gegenüber der Regierung die Frage, ob er während der Quarantäne erkrankt war, verneint.
32
Zur Möglichkeit der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Homeoffice von der Regierung von Oberbayern befragt hat der Kläger mit E-Mail vom … August 2022 jedoch ausgeführt, dass die gesundheitlichen Auswirkungen der Corona-Infektion nach Ablauf des Zeitraumes (vom … Februar bis … Februar 2022) nach wie vor in dem Ausmaß vorhanden gewesen seien, dass eine Wiederaufnahme seiner Tätigkeit nicht möglich gewesen wäre. Er sei den kompletten Zeitraum und darüber hinaus gesundheitlich so angeschlagen gewesen, dass an eine Tätigkeit (egal welcher Art) überhaupt nicht zu denken gewesen wäre.
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Bestätigt wird dies auch durch die Angaben seines Bevollmächtigten in der Klageschrift vom 5. Oktober 2022, wonach der Kläger wegen vorhandener und andauernder erheblicher gesundheitlicher, corona-bedingter Einschränkungen und weiterer positiven Schnelltests die vom … Februar bis … Februar 2022 angeordnete Quarantäne um ein paar Tage habe verlängern müssen. Der Anspruch des Klägers auf Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG beruhe darauf, dass der Kläger im Geltungszeitraum dieser Vorschrift an einer Corona-Infektion erkrankt gewesen sei und deshalb im Antragszeitraum vom … Januar 2022 bis einschließlich … Februar 2022 seiner beruflichen Tätigkeit bei seinen Kunden wegen behördlich angeordneter Quarantäne und vorhandener Krankheitssymptome und positiver Schnelltests nicht habe nachgehen können und so einen Verdienstausfall erlitten habe.
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Aufgrund dieser Angaben des Klägers in der E-Mail vom … August 2022 und im Klageschriftsatz vom 5. Oktober 2022 geht das Gericht davon aus, dass der Kläger während des Quarantänezeitraumes (und sogar darüber hinaus bis 11. Februar 2022, worauf es wegen der fehlenden Absonderungsanordnung, wie oben unter Nr. 3.3.1 ausgeführt, jedoch doch nicht streitentscheidend ankommt) arbeitsunfähig erkrankt war. Gerade bei den Angaben gegenüber der Regierung von Oberbayern zur Möglichkeit des Homeoffice wäre es – soweit der Kläger nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen wäre – naheliegend gewesen, auszuführen, ob und ggf. weshalb keine Möglichkeit der Ausübung der Tätigkeit im Homeoffice gegeben war, anstatt sich darauf zu berufen, dass an eine Tätigkeit (egal welcher Art) aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht zu denken gewesen war.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Bevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 6. April 2023, wonach eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers aus Krankheit zu keinem Zeitpunkt vorgelegen habe, seinerseits auch nicht durch den Besuch eines Arztes eingefordert worden sei und der Kläger sich zwar wegen seiner Corona-Infektion subjektiv „angeschlagen“ gefühlt habe, dies eine Krankschreibung nach objektiver Einschätzung jedoch zu keiner Zeit gerechtfertigt hätte und entsprechend auch nicht erfolgt sei. Denn diese Ausführungen wurden zeitlich nach und in Kenntnis der Klageerwiderung des Beklagten vom 22. November 2022 vorgenommen, in der die rechtlichen Auswirkungen einer Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung erörtert wurden, so dass diese Ausführungen die aufgrund der vom Kläger selbst im August 2022 und noch in der Klageschrift vom 5. Oktober 2022 gemachten Angaben gewonnene Überzeugung des Gerichts, dass der Kläger arbeitsunfähig erkrankt war, nicht erschüttern konnte.
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4. Da die Klage sowohl im Haupt- als auch in den Hilfsanträgen keinen Erfolg hat und abzuweisen war, hat der Kläger nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO).