Inhalt

LG Augsburg, Beschluss v. 23.02.2023 – 042 S 641/23
Titel:

Hinweis auf eigene Unzuständigkeit wegen Eingreifens der wohnungseigentumsrechtlichen Zuständigkeit nach § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG

Normenketten:
WEG § 43 Abs. 2 Nr. 1
GVG § 23 Nr. 2 lit. c, § 72 Abs. 2
AGBGB § 46b
BGB § 904, § 1004
Leitsatz:
Stellt der Kläger auf das wohnungseigentumsrechtliche Gemeinschaftsverhältnis und die damit einhergehenden Treuepflichten ab, ist eine Betroffenheit der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer gegeben und eine Zuständigkeit nach § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG begründet. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
sachliche Zuständigkeit, wohnungseigentumsrechtliches Gemeinschaftsverhältnis, innerer Zusammenhang
Rechtsmittelinstanz:
BayObLG, Beschluss vom 14.06.2023 – 102 AR 21/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 14942

Tenor

Das Landgericht Augsburg ist nach vorläufiger Würdigung nicht zuständig.
Die Zuständigkeit für WEG-Streitigkeiten iSv. § 43 II WEG bestimmt § 23 Nr. 2c GVG bzw. § 72 II S. 1 GVG. Danach umfasst die Zuständigkeit des Landgerichts M… als das für den Sitz des Oberlandesgerichts zuständige Landgericht das hiesige Berufungsverfahren.
Nach Sinn und Zweck fallen Rechtsstreitigkeiten von Wohnungseigentümern untereinander unter § 43 II Nr. 1 WEG, soweit die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer betroffen sind.
Entscheidend für die Frage, ob eine Wohnungseigentumssache oder eine allgemeine Zivilsache vorliegt, ist die Klagebegründung; maßgebend ist hierbei allerdings nicht die jeweilige Anspruchsgrundlage, aus der die Ansprüche geltend gemacht werden, sondern ob das von Klägerseite in Anspruch genommene Recht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit steht, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen ist (vgl. Elzer/Fritsch/Meier, Wohnungseigentumsrecht, 3. Auflage, § 4, Rn. 3).
Wie sich aus dem Tatbestand des angegriffenen Endurteils des Amtsgerichts Augsburg vom 12.12.2022 ergibt, stellt die Verfügungsklägerin u.a. auf das wohnungseigentumsrechtliche Gemeinschaftsverhältnis und die damit einhergehenden Treuepflichten ab (vgl. Seite 6 des Endurteils).
Damit ist eine Betroffenheit der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer hier anzunehmen. Geltend gemacht werden nach den Gründen des amtsgerichtlichen Endurteils vom 12.12.2022 Duldungsansprüche der WEG (Verfügungsklägerin) gegen ein WEG-Mitglied (Verfügungsbeklagte), die sich aus Art. 46 b AGBGB bzw. aus Duldungs- und Treuepflichten eines Miteigentümers nach WEG bzw. aus § 1004 BGB bzw. aus § 904 BGB ergeben sollen.
Zwischen Wohnungseigentümern besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis, in dem das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme ebenso gilt wie im Nachbarverhältnis von Grundstückseigentümern. Es besteht daher auch eine vergleichbare Interessenlage und bedeutet zugleich, dass es sich – angesichts der deshalb zu prüfenden Verletzung der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Treue- und Rücksichtnahmepflichten – um eine WEG-Sache handelt.
Entgegen der Ansicht in der Verfügung vom 24.01.2023 im Verfahren 1 S 498/23 vor dem Landgericht M… stehen sich die hiesigen Parteien nicht wie Dritte gegenüber; die Entscheidung des BayObLG, Beschluss vom 16.01.1990, ist auf hiesiges Verfahren deswegen nicht übertragbar.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Tagen.