Titel:
Erforderlicher Anwaltswechsel bei VKH-Bewilligung
Normenkette:
FamFG § 76, § 78
Leitsatz:
Dem verfahrenskostenhilfeberechtigten Beteiligten steht das Recht zu, einen Vertreter für den krankheitsbedingt ausscheidenden Verfahrensbevollmächtigten selbst zu wählen. (Rn. 8) (red. LS Axel Burghart)
Schlagworte:
Verfahrenskostenhilfe, Entpflichtung, Beiordnung, Beiordnungswechsel, Anwaltswechsel
Vorinstanz:
AG Landshut, Beschluss vom 05.05.2023 – 1 F 548/22
Fundstellen:
FamRZ 2023, 1563
BeckRS 2023, 14623
LSK 2023, 14623
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Mutter vom 07.06.2023 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Landshut vom 05.05.2023, Az. 1 F 548/22, aufgehoben.
2. Rechtsanwältin A wird entpflichtet.
3. Rechtsanwalt H wird der Mutter für das Verfahren erster Instanz als Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet.
Gründe
1
Unter dem Az. 1 F 548/22 ist beim Amtsgericht – Familiengericht – Landshut ein Verfahren wegen elterlicher Sorge betreffend das Kind K, geboren am ... 2022, anhängig. Mutter dieses Kindes ist die Beschwerdeführerin, Frau H. Durch Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Landshut vom 09.11.2022 wurde der Beschwerdeführerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin F als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet.
2
Rechtsanwältin F ist längerfristig schwer erkrankt. Durch Beschluss vom 14.12.2022 wurde deswegen Frau Rechtsanwältin A als Vertreterin für Frau Rechtsanwältin F bestellt.
3
Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin die Verfahrenskostenhilfe dahingehend zu ändern, dass Rechtsanwältin A entbunden wird und ihr Rechtsanwalt H als Verfahrensbevollmächtigter für die erste Instanz beigeordnet wird. Diesen Antrag hat das Amtsgericht – Familiengericht – Landshut durch Beschluss vom 05.05.2023 zurückgewiesen, da ein triftiger Grund für die Entpflichtung von Rechtsanwältin A und die Beiordnung von Rechtsanwalt H nicht bestehe und durch den Anwaltswechsel Mehrkosten entstehen. Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde vom 07.06.2023.
4
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
5
Gemäß §§ 78, 76 FamFG ist der Beschwerdeführerin Rechtsanwalt H. als Verfahrensbevollmächtigter für die erste Instanz beizuordnen und Rechtsanwältin A. zu entpflichten.
6
Es trifft zwar zu, dass einem Verfahrenskostenhilfeberechtigten ein anderer Anwalt anstelle des bisher beigeordneten Anwalts nur beigeordnet werden kann, wenn hierfür ein wichtiger Grund besteht. Die Gründe für den Anwaltswechsel dürfen nicht in der Person des Vertretenen liegen oder durch diesen veranlasst werden (vgl. hierzu Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 44. Auflage 2023, § 121 Rn. 3 m.w.N.).
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Maßstab ist, ob auch ein verständiger Beteiligter, der anstelle des Verfahrenskostenhilfeberechtigten die Mehrkosten der Bestellung eines anderen Anwalts selbst zu tragen hätte, sich dazu entschieden hätte, einen anderen Anwalt zu beauftragen.
8
Ein wichtiger Grund in diesem Sinn liegt insbesondere dann vor, wenn der bisherige Verfahrensbevollmächtigte den Verfahrenskostenhilfeberechtigten nicht mehr vertreten kann (MüKo/Wache, ZPO, 6. Auflage 2020, § 121 Rn. 27).
9
Insoweit trifft es zwar zu, wie das Amtsgericht – Familiengericht – Landshut ausführt, dass Rechtsanwältin A als amtlich bestellte Vertreterin keinerlei Versäumnis vorzuwerfen ist und sie geeignet und in der Lage ist, das Mandat fortzuführen. Entscheidender Maßstab ist jedoch, dass auch dem verfahrenskostenhilfeberechtigten Beteiligten das Recht zusteht, primär einen Anwalt seines Vertrauens zu wählen und zu beauftragen. Dieses Recht wird nicht dadurch gewahrt, dass die Kammer einen geeigneten Vertreter bestellt; denn auch ein Beteiligter, der die Mehrkosten eines Anwaltswechsels selbst zu tragen hätte, würde einen Verfahrensbevollmächtigten seines Vertrauens mit der Weiterführung des Mandats beauftragen, wenn der bisherige Verfahrensbevollmächtigte krankheitsbedingt das Mandat nicht mehr wahrnehmen kann.
10
Rechtsanwalt H ist bereit und in der Lage, die Beschwerdeführerin im Verfahren erster Instanz zu vertreten.