Titel:
Anforderungen für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte für Bewachungsunternehmen
Normenkette:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 5 Abs. 4, § 8, § 10 Abs. 1 S. 1, § 28 Abs. 1 S. 1, S. 2
Leitsätze:
1. Die Aussetzung des Verfahrens für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte nach § 5 Abs. 4 WaffG scheidet unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten mangels Erforderlichkeit und unter Berücksichtigung des Regelungszwecks dann aus, wenn, abgesehen von der infrage stehenden Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG, noch andere Erteilungsvoraussetzungen (hier: Nachweis eines Bedürfnisses iSd § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG) nicht erfüllt sind. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Bewachungsunternehmen muss für den Nachweis für das Bedürfnis nach Ausstellung einer Waffenbesitzkarte sowohl für den Erwerb als auch für den Besitz und das Führen einer Schusswaffe nach § 28 Abs. 1 S. 1 WaffG einen konkreten Bewachungsauftrag angeben, für den der Besitz einer Waffe erforderlich ist. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aus § 28 Abs. 2 S. 1 WaffG ergibt sich nicht, dass ein konkreter Bewachungsauftrag nur für das Führen und nicht für den bloßen Besitz einer Waffe erforderlich ist. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
4. Aus § 8 WaffG lässt sich nichts dafür ableiten, dass die Erteilung einer Waffenbesitzkarte für Bewachungsunternehmer an weniger strenge Maßstäbe gebunden wäre, insbesondere neben der Geltendmachung eines wirtschaftlichen Interesses die Angabe von konkreten Bewachungsaufträgen zum Nachweis des Bedürfnisses für eine Waffenbesitzkarte nicht erforderlich ist. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erteilung einer Waffenbesitzkarte für Bewachungsunternehmen, Bedürfnis nicht glaubhaft gemacht
Vorinstanz:
VG München, Gerichtsbescheid vom 01.12.2022 – M 7 K 20.3265
Fundstelle:
BeckRS 2023, 13831
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Waffenbesitzkarte für Bewachungsunternehmen durch das Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt).
2
Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom … … … gegründet und am … … … in das Handelsregister * des Amtsgerichts … unter der Nummer … … eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist laut Registerauszug vom … … … die Ausführung von Bewachungsdienstleistungen gemäß § 34a Gewerbeordnung – GewO – sowie die geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen nach dem Personenbeförderungsgesetz – PBefG. Als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin ist Frau *. im Handelsregister eingetragen.
3
Mit Bescheid des Landratsamts – Gewerbeamt – vom … … … wurde der Klägerin die Erlaubnis nach § 34a Abs. 1 Satz 1 GewO erteilt, gewerbsmäßig Leben und Eigentum fremder Personen zu bewachen (Bewachungsgewerbe). Die für die Ausübung des Bewachungsgewerbes notwendige Sachkunde wurde in der Person des Betriebsleiters Herr *. nachgewiesen. Der Bescheid wurde daher mit der Auflage versehen, der zuständigen Erlaubnisbehörde binnen drei Tagen mitzuteilen, wenn die Betriebsleiter-Person aus dieser Funktion ausscheide.
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Am … … … stellte der Betriebsleiter der Klägerin für diese einen Antrag beim Landratsamt auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte für Bewachungsunternehmen. Als verantwortliche Person war der Betriebsleiter benannt. Dem Antrag waren folgende Unterlagen beigefügt: (i) vom Betriebsleiter der Klägerin unterschriebenes Formularblatt des Landratsamts „Nachweis über die Aufbewahrung von Lang- und Kurzwaffen“ vom … … … nebst Rechnungsausdruck für einen Kurzwaffenschrank (Widerstandsgrad 1) vom … … … sowie drei Fotos des Waffenschranks in Farbe, (ii) Kopie des auf die Klägerin ausgestellten Erlaubnisbescheids nach § 34a GewO vom … … …, (iii) Kopie einer auf den Betriebsleiter der Klägerin ausgestellten Bescheinigung über die erfolgreiche Ablegung einer Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 und Abs. 1a Satz 2 GewO vom … … …, (iv) eidesstaatliche Versicherung des Betriebsleiters der Klägerin vom … … … („[…] Es ist beabsichtigt, Bewachungsaufträge im Bereich des Personenschutzes und des Objektschutzes wahrzunehmen, die Schusswaffen erfordern. […]“), (v) Kopie eines auf die Klägerin ausgestellten Versicherungsscheins vom … … … über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung „KuBuS Betriebshaftpflichtversicherung XL“ mit besonderen Vereinbarungen zur Bewachungshaftpflichtversicherung (fünf Seiten) nebst einseitigem Ausdruck (wohl) aus den weiteren Versicherungsbedingungen; die weiteren als Vertragsgrundlagen im Versicherungsschein referenzierten Versicherungsbedingungen wurden nicht vorgelegt, (vi) auf den Betriebsleiter der Klägerin ausgestellte Sachkundebescheinigung gemäß § 7 WaffG i.V.m. §§ 2, 3 AWaffV.
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Mit Schreiben des Landratsamts vom … … … wurde die Klägerin aufgefordert, für die weitere Sachbearbeitung mitzuteilen, ob von der Klägerin Geld- und Werttransporte, Objekte (einschließlich Alarmverfolgung) und/oder Personen geschützt werden sollten, sowie Nachweise über Aufträge, (Sub-)Unternehmerverträge und Bewachungsverträge vorzulegen. Dies sei erforderlich, um ein besonderes Bedürfnis i.S.d. § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG zu belegen.
6
Mit Schreiben des Betriebsleiters der Klägerin vom … … … wurde dem Landratsamt mitgeteilt, dass die Klägerin als noch junges Unternehmen beabsichtige, Bewachungsaufträge (zunächst) als Subunternehmer anzunehmen und auszuführen, die den bewaffneten Schutz sowohl von Geld- und Werttransporten als auch von gefährdeten Objekten und gefährdeten Personen zum Gegenstand hätten. Die Forderung des Landratsamts, auch für den Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte konkrete Verträge oder Aufträge vorzulegen, setze die Erlaubnisvoraussetzungen für einen Waffenschein mit denen einer Waffenbesitzkarte unrechtmäßig gleich. Das Bedürfnis zum Erwerb bzw. Besitz einer Waffe sei trotz des sachlichen Zusammenhangs im Rahmen der Tätigkeit als Bewachungsunternehmen nicht deckungsgleich mit dem Bedürfnis zum Führen einer Waffe. Die beantragte Waffenbesitzkarte solle die Klägerin erst in die Lage versetzen, konkrete Bewachungsaufträge annehmen zu können. Um die konkrete Ausführung von Bewachungsaufträgen gehe es vorliegend noch nicht. Die Klägerin habe ihren Willen zur Wahrnehmung von bewaffnet durchzuführenden Bewachungsaufträgen durch Vorlage der Genehmigung nach § 34a GewO, den Sachkundenachweis, der den Einsatz von Schusswaffen abdeckenden Haftpflichtversicherung sowie einer eidesstattlichen Versicherung hinreichend glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens vom … … … Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom … … … erwiderte das Landratsamt, dass die gestellten Anträge nicht von der Geschäftsführerin der Klägerin als deren gesetzlichem Vertretungsorgan unterzeichnet worden seien. Zur weiteren Bearbeitung sei neben dem schriftlichen Nachweis der Vertretungsmacht noch die Vervollständigung der eingereichten Unterlagen erforderlich. Insbesondere teile das Landratsamt die Einschätzung nicht, dass der Besitz einer Schusswaffe Voraussetzung für die Akquirierung von Aufträgen sei. Die weitere Bearbeitung erfolge erst nach Eingang der Unterlagen.
8
Mit Schreiben vom … … … reichte der Betriebsleiter der Klägerin eine auf ihn lautende Vollmacht zur Vertretung der Geschäftsführerin der Klägerin in allen Geschäften und Rechtshandlungen der Gesellschaft beim Landratsamt ein. Es wurde zudem gebeten, die aus Sicht des Landratsamts für die weitere Bearbeitung erforderlichen Unterlagen konkret und abschließend zu benennen.
9
Mit E-Mail vom … … … erkundigte sich der Betriebsleiter der Klägerin beim Landratsamt nach dem Verfahrensstand, da sein Schreiben vom … … unbeantwortet geblieben war. Mit E-Mail vom … … … teilte das Landratsamt mit, dass sich infolge der Coronapandemie und der Tätigkeit in der Führungsgruppe Katastrophenschutz die Bearbeitung von Anträgen verzögert habe. Aufgrund neuer Richtlinien der Regierung von Oberbayern für die Erteilung von waffenrechtlichen Erlaubnissen für Bewachungsunternehmen werde zudem darum gebeten, anliegende Formulare ausgefüllt an die Waffenbehörde zurückzusenden, bevor eine weitere Bearbeitung des Antrags erfolgen könne. Nach Angaben des Betriebsleiters der Klägerin habe es sich dabei um ein Formular mit der Bezeichnung „Fragebogen zum Antrag auf Erteilung eines Waffenscheins“ sowie die Datenschutzhinweise gehandelt.
10
Mit E-Mail vom … … … fragte der Betriebsleiter der Klägerin nach, ob bereits die in § 5 Abs. 5 WaffG und § 6 Abs. 1 Satz 3 WaffG benannten Erkundigungen eingeholt worden seien. Hierauf antwortete das Landratsamt mit E-Mail vom … … …, dass eine Überprüfung derzeit nicht vorgenommen werden könne, da widersprüchliche Angaben bezüglich der Wohnanschrift des Betriebsleiters vorlägen. Es wurde darum gebeten, einen Scan der Aufenthaltstitel bzw. Ausweisdokumente vorzulegen, um feststellen zu können, unter welchem Namen der Betriebsleiter und die Geschäftsführerin der Klägerin bei den deutschen Behörden geführt würden.
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Daraufhin hat die Geschäftsführerin der Klägerin am … … … Untätigkeitsklage für die Klägerin erhoben und zugleich Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (* * * …*).
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass das Landratsamt ohne zureichenden Grund nicht innerhalb einer angemessenen Frist sachlich entschieden habe. Ein zureichender Grund könne insbesondere nicht in der mit E-Mail vom … … … behaupteten Verhinderung des Fachgruppenleiters wegen „Corona“ oder seiner Tätigkeit in der Führungsgruppe Katastrophenschutz liegen. Als Fachgruppenleiter müsse er in der Lage sein, die Bearbeitung von Erlaubnisanträgen auf seine Mitarbeiter zu delegieren. Der Klägerin bliebe der Zugang zu bewaffneten Bewachungsaufträgen verwehrt, solange sie nicht über eine eigene Waffe verfüge, weil die eigene Ausrüstung, zu der auch die Waffe zähle, Voraussetzung für die Annahme bewaffneter Bewachungsaufträge sei. Sie könne ohne eigene Waffe noch nicht einmal für sich als bewaffnetes Bewachungsunternehmen werben. Zudem könne die Klägerin ihr Personal durch das Fehlen einer eigenen Waffe nicht angemessen auf zukünftige bewaffnete Bewachungsaufträge vorbereiten. Bei der Entscheidung über einen Antrag auf eine waffenrechtliche Erlaubnis handele es sich um eine gebundene Entscheidung, auf deren Erteilung die Klägerin stets einen Anspruch habe, wenn die in § 4 Abs. 1 WaffG benannten Voraussetzungen erfüllt seien. Zwar sei fraglich, ob der Klägerin als juristischer Person grundsätzlich eine waffenrechtliche Erlaubnis erteilt werden könne. Der Gesetzgeber habe aber mit § 10 Abs. 2 Satz 2 und 3 WaffG eine Möglichkeit geschaffen, auch juristischen Personen eine waffenrechtliche Erlaubnis zu erteilen, soweit diese eine verantwortliche Person benennen würden, die die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 WaffG erfülle. Hier müsse eine analoge Anwendung des § 10 Abs. 2 Satz 2 und 3 WaffG auf Bewachungsunternehmen möglich sein, zumal der Gesetzgeber mit § 28 WaffG ausdrücklich von der Möglichkeit der Erteilung waffenrechtlicher Erlaubnisse an Bewachungsunternehmer ausgehe. Für den Fall, dass die Kammer diese Rechtsauffassung nicht teile, trete der entsprechende Hilfsantrag an die Stelle des Hauptantrags, sodass dem Betriebsleiter als natürliche Person die waffenrechtliche Erlaubnis zu erteilen sei, weil dieser die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 WaffG erfülle. Weil sich das Landratsamt ohne sachlichen Grund weigere, die erforderlichen Erkundigungen nach § 5 Abs. 5 WaffG und § 6 Abs. 1 Satz 3 WaffG einzuholen, obliege es dem Verwaltungsgericht zur Wahrung des Anspruchs der Klägerin auf effektiven Rechtsschutz, diese Erkundigungen selbst einzuholen, um dann eine Entscheidung über den Erlaubnisantrag zu treffen. Soweit die Kammer diese Erkundigungen nicht selbst einholen wolle, so sei entsprechend des weiteren Hilfsantrags das Landratsamt unter Fristsetzung zu verpflichten, eine Entscheidung über den Erlaubnisantrag zu treffen, in dessen Rahmen die erforderlichen Erkundigungen zur Beurteilung der Zuverlässigkeit und der persönlichen Eignung eingeholt werden müssten. Auch ein Bedürfnis im Sinne des § 8 WaffG sei durch die mit dem Erlaubnisantrag eingereichten Unterlagen nachgewiesen worden. Entgegen der Auffassung des Landratsamts seien konkrete Bewachungsaufträge zum Nachweis des Bedürfnisses einer Waffenbesitzkarte nicht erforderlich. Der Nachweis eines Bedürfnisses sei nach § 8 WaffG erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennende wirtschaftliche Interessen als Bewachungsunternehmer und die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffe für den beantragten Zweck glaubhaft gemacht seien. Diese Glaubhaftmachung sei hier erfolgt.
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Die Klägerin beantragt,
I. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine auf ein Jahr befristete Erlaubnis zum Erwerb und eine unbefristete Erlaubnis zum Besitz einer Waffe gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG zu erteilen.
II. Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, dem Betriebsleiter der Klägerin eine auf ein Jahr befristete Erlaubnis zum Erwerb und eine unbefristete Erlaubnis zum Besitz einer Waffe gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG zu erteilen.
III. Äußerst hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf eine Erlaubnis zum Erwerb und Besitz einer Waffe gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts unverzüglich zu entscheiden.
die Berufung gegen eine Entscheidung zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Landratsamt habe die Klägerin mit Schreiben vom … … … aufgefordert, darzulegen, warum sie als Bewachungsunternehmen erheblich mehr gefährdet sei als die Allgemeinheit. Mit Schreiben vom … … … sei der Waffenbehörde mitgeteilt worden, dass dies nicht erforderlich sei, da nur eine Waffenbesitzkarte erteilt werden solle. Die Fragestellung der Waffenbehörde des Landratsamts sei somit nicht beantwortet worden und auch eine Konkretisierung des Verwendungszwecks für eine Schusswaffe sei nicht dargelegt worden. Auch der Verweis auf die Subunternehmertätigkeit habe nicht hinreichend erklärt bzw. nachgewiesen werden können. Die Waffenbehörde habe daraufhin die Sachbearbeitung im genannten Fall am … … … fortgeführt. Auch seien unter anderem Unterlagen vorgelegt worden, die als unzusammenhängend eingestuft worden seien. Nachträglich sei am … … … die erforderliche Vertretungsvollmacht nachgereicht worden. Eine Untätigkeit von Seiten der Waffenbehörde des Landratsamts könne erst nach Ablauf einer dreimonatigen Frist angenommen werden, welche aber in diesem Fall nicht vorliege. Im Rahmen der durchzuführenden Überprüfung der Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung habe das Bundeszentralregister mitgeteilt, dass der Betriebsleiter der Klägerin mit seit … … … rechtskräftigem Urteil wegen Missbrauchs von Notrufen vom Amtsgericht … am … … … zu … … verurteilt worden sei. Des Weiteren habe das Finanzamt … * gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Mit Schreiben vom … … … seien deshalb die Geschäftsführerin und der Betriebsleiter der Klägerin aufgefordert worden, sich zum Sachverhalt zu äußern und mitzuteilen, ob Einverständnis mit der Aussetzung des Antrags bestehe oder aber der Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte zurückgenommen werde, was der Betriebsleiter der Klägerin mit Fax vom … … … beides verneint habe. Die Erteilung einer Waffenbesitzkarte sei infolge der rechtlichen Voraussetzungen derzeitig nicht möglich. Dem Betroffenen würden durch die nicht getroffene Entscheidung über die Erteilung einer Waffenbesitzkarte keine unzumutbaren oder irreparablen Folgen entstehen. Auch würden keine vollendeten Tatsachen von Seiten der Waffenbehörde geschaffen. Von Seiten des Betriebsleiters und der Klägerin seien keine Gründe in tatsächlicher Hinsicht glaubhaft vorgetragen worden, um eine Waffenbesitzkarte erteilen zu können. Die Aussetzung der Entscheidung über die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bestehe bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens des Finanzamts München I nach § 5 Abs. 4 WaffG. Eine Dringlichkeit der Sache werde von Seiten der Waffenbehörde im oben genannten Fall nicht festgestellt. Eine unangemessene Verzögerung der Entscheidung sei nicht ersichtlich. Eine Verschlechterung der Rechtsposition der Klägerin sei nicht erkennbar, da unter anderem der Betriebsleiter und die Klägerin selbst die Fragen des Landratsamts nicht beantwortet hätten. Warum das Bewachungsunternehmen an sich bzw. die Beteiligten erheblich mehr als die Allgemeinheit gefährdet seien und die Schusswaffen für den Schutz von Leib und Leben benötigt würden (Gefährdungsanalyse), sei durch die Klägerin nicht hinreichend dargestellt worden. Auf Grund der fehlenden Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 WaffG, die aus den oben genannten Erkenntnissen des Landratsamts resultiere, könne eine waffenrechtliche Erlaubnis nicht erteilt werden.
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Hierauf erwiderte der Betriebsleiter der Klägerin mit Schreiben vom … … … im Wesentlichen, die von dem Landratsamt behaupteten „unvollständigen Versicherungspolicen“ würden nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 WaffG nur für die dort aufgeführten Erlaubnisse vorausgesetzt und seien für die Waffenbesitzkarte nicht entscheidungsrelevant. Der Betriebsleiter der Klägerin sei nicht unzuverlässig im Sinne des § 5 WaffG. Zwar treffe es zu, dass er wegen einer Straftat seit dem … … … rechtskräftig zu … … verurteilt worden sei. Dies allein könne eine Unzuverlässigkeit nicht begründen. Das Landratsamt könne eine Regelunzuverlässigkeit auch nicht aus einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen ihn ableiten. Zwar könne die zuständige Behörde nach § 5 Abs. 4 WaffG die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter bestimmten Voraussetzungen aussetzen. Für eine solche Entscheidung habe das Landratsamt das bestehende Ermessen aber nicht oder zumindest nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt. Der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat habe sich aufgrund der Klarstellungen seines Steuerberaters bislang nicht bestätigt. Zudem dürfte sich die Vorschrift des § 5 Abs. 4 WaffG lediglich auf gerichtliche Strafverfahren beziehen, also auf Verfahren, die bereits nach § 199 Abs. 1 StPO durch das zuständige Gericht zugelassen worden seien. Die Klägerin habe zudem ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz einer Waffe ausreichend glaubhaft gemacht. Es komme entgegen der Auffassung des Landratsamts in Zusammenhang mit dem Bedürfnis für eine Waffenbesitzkarte keineswegs darauf an, ob das Bewachungsunternehmen bzw. die Beteiligten erheblich mehr als die Allgemeinheit gefährdet sei bzw. seien und die Schusswaffen für den Schutz von Leib und Leben benötigt würden. Eine solche Gefährdungsanalyse der Schutzpersonen mache erst bei einem konkreten Bewachungsauftrag und dem damit einhergehenden Bedürfnis zum Führen einer Waffe im öffentlichen Raum einen Sinn. Für ein Bedürfnis zum Erwerb von Schusswaffen reichten von der Rechtsordnung gebilligte persönliche oder wirtschaftliche Interessen aus.
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Mit Schreiben vom … … …, eingegangen bei Gericht am … … …, wurde eine auf den bevollmächtigten Betriebsleiter lautende Prozessvollmacht vorgelegt.
19
Mit Beschluss vom … … … (* * * …*) lehnte das Gericht den Antrag im einstweiligen Rechtsschutz ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom … … … (** … …*) mangels fristgerechter Begründung zurück. Auf Anhörungsrüge der Klägerin hin wurde das Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom … … … fortgeführt und der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom … … … aufrechterhalten (** … …*).
20
Mit Schreiben vom … … … bestellten sich die zuletzt Bevollmächtigten für die Klägerin.
21
Mit Gerichtsbescheid vom … … …, den Bevollmächtigten der Klägerin am … … … zugestellt, hat das Gericht die Klage nach Anhörung der Parteien abgewiesen. Daraufhin haben die Bevollmächtigten der Klägerin am … … … Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
22
Am … … … hat das Gericht zur Sache mündlich verhandelt.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte im hiesigen Verfahren, im Verfahren * * * …, die vorgelegte Behördenakte sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
24
Die Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg.
25
Der zulässige Hauptantrag ist unbegründet.
26
Der Hauptantrag ist als Verpflichtungsklage in Gestalt einer Untätigkeitsklage zulässig, weil die Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO verstrichen ist. Ein zureichender Grund i.S.d. § 75 Satz 3 VwGO dafür, dass über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte für Bewachungsunternehmen noch nicht entschieden ist, liegt nach Auffassung der Kammer nicht vor. Insbesondere stellt die vom Beklagten mit Schriftsatz vom … … … im Eilverfahren * * * … mitgeteilte Aussetzung des Verfahrens nach § 5 Abs. 4 WaffG keinen zureichenden Grund dar, da gegen diese im vorliegenden Fall mangels Erforderlichkeit rechtliche Bedenken bestehen. Zwar kann die zuständige Behörde dann, wenn ein (Straf-)Verfahren wegen Straftaten i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 WaffG noch nicht abgeschlossen ist, das waffenrechtliche Verfahren, insbesondere die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens aussetzen, um nicht eine waffenrechtliche Erlaubnis zu erteilen, die alsbald wegen des folgenden Strafausspruchs zurückgenommen werden müsste (vgl. Heller/Soschinka/Rabe in Waffenrecht, Stand: 4. Auflage 2020, Rn. 742). Da die Entscheidung über die Aussetzung ins pflichtgemäße Ermessen der Behörde gestellt ist, scheidet die Aussetzung des Verfahrens nach § 5 Abs. 4 WaffG unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten mangels Erforderlichkeit und unter Berücksichtigung des Regelungszwecks aber jedenfalls dann aus, wenn, abgesehen von der infrage stehenden Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG, noch andere Erteilungsvoraussetzungen – wie vorliegend der Nachweis eines Bedürfnisses i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG (dazu unten) – nicht erfüllt sind. Denn die Gefahr der Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis, die alsbald wegen des folgenden Strafausspruchs zurückgenommen werden müsste, besteht in diesem Fall nicht.
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Die Klage ist in ihrem Hauptantrag jedoch unbegründet. Die Klägerin hat das nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis erforderliche Bedürfnis nicht in einer den für Bewachungsunternehmer geltenden Anforderungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG genügenden Weise glaubhaft gemacht.
28
Voraussetzung für die Erteilung der von der Antragstellerin begehrten Waffenbesitzkarte (§ 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG) ist insbesondere der Nachweis eines Bedürfnisses im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG. Der Nachweis eines Bedürfnisses ist nach § 8 WaffG erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen, unter anderem als Bewachungsunternehmer, sowie die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffe für den beantragten Zweck glaubhaft gemacht sind. Bei einem Bewachungsunternehmer im Sinne des § 34a GewO wird nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG ein Bedürfnis zum Erwerb, Besitz und Führen von Schusswaffen anerkannt, wenn er glaubhaft macht, dass Bewachungsaufträge wahrgenommen werden oder wahrgenommen werden sollen, die aus Gründen der Sicherung einer gefährdeten Person im Sinne des § 19 WaffG oder eines gefährdeten Objekts Schusswaffen erfordern. Unter Anlegung der Maßstäbe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 11.11.2015 – 6 C 67/14 – juris) ist zu fordern, dass ein Bewachungsunternehmen sowohl für den Erwerb, wie auch für den Besitz und das Führen einer Schusswaffe nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG einen konkreten Bewachungsauftrag angeben muss, für den der Besitz einer Waffe erforderlich ist. Diese Auslegung des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG ergibt sich sowohl aus dem eindeutigen Wortlaut wie auch aus dem Ziel des Waffengesetzes. Die Vorschrift lässt es insbesondere nicht zu, dem Bewachungsunternehmer eine allgemeine Erlaubnis zu erteilen, die sich auf sein Unternehmen bezieht und es ihm überlässt, zu entscheiden, ob bei einem konkreten Auftrag die Schusswaffe geführt werden soll, weil nach seiner Einschätzung die zu sichernde Person oder das zu sichernde Objekt gefährdet ist und die mitgeführte Schusswaffe erforderlich ist, diese Gefährdung zu mindern (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.2015 – 6 C 67/14 – juris Rn. 10). Auch wenn es in dem der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall nicht um die Erteilung einer Waffenbesitzkarte, sondern um die Verlängerung eines Waffenscheins eines Bewachungsunternehmens ging, müssen die dortigen Ausführungen zur Begründung der restriktiven Auslegung des § 28 Abs. 1 WaffG auch für die Fälle gelten, in denen ein Bewachungsunternehmer die Erteilung einer Waffenbesitzkarte gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG begehrt. So stützt sich das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Auslegung des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG insbesondere auf dessen Wortlaut, aus dem sich ergebe, dass bereits übernommene oder demnächst zu übernehmende Bewachungsaufträgen nicht stets und schon für sich ein waffenrechtliches Bedürfnis begründen. Die dafür verlangte Glaubhaftmachung beziehe sich nicht auf die Tätigkeit als Bewachungsunternehmer allgemein, sondern auf seine Bewachungsaufträge, deren Gegenstand ihrerseits mit gefährdeten Personen oder Objekten umschrieben wird (BVerwG, U.v. 11.11.2015 – 6 C 67/14 – juris Rn. 11). Da der Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG nicht zwischen dem Erwerb, dem Besitz und dem Führen einer Waffe unterscheidet, gelten diese Ausführungen gleichermaßen für das Bedürfnis nach Ausstellung einer Waffenbesitzkarte. Im Übrigen gelten die in § 4 WaffG formulierten Anforderungen grundsätzlich für alle waffenrechtlichen Waffen- und Munitionserlaubnisse in gleichem Maß, sodass es nicht auf eine Unterscheidung zwischen Waffenbesitzkarte einerseits und Waffenschein andererseits ankommen kann. Schließlich fordert auch das allgemeine Ziel des Waffengesetzes, § 28 Abs. 1 WaffG dahin auszulegen, dass Waffenbesitzkarten für Bewachungsunternehmer nur für konkrete Bewachungsaufträge erteilt werden dürfen. Zu den Zielen des Waffengesetzes gehört, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken, die Verbreitung von Schusswaffen einzudämmen und die Ausnahmen streng zu regulieren (vgl. BayVGH, B.v. 14.4.2021 – 24 CE 21.795 – juris Rn. 19 f. m.w.N.). Zwar genügt zur Anerkennung eines Bedürfnisses auch die geplante Wahrnehmung von Bewachungsaufträgen, da ansonsten ein „closed shop“ der bereits auf dem Markt befindlichen Bewachungsunternehmer entstünde. Das Geplantsein setzt aber mehr als die bloße Geschäftsidee des Betriebs eines Bewachungsunternehmens oder vage erste Kontakte zu potenziellen Auftraggebern voraus. Vielmehr müssen sich die Auftragsanbahnungen bereits in einer Phase der Konkretisierung befinden, die es hinreichend wahrscheinlich erscheinen lässt, dass es zur Wahrnehmung von Bewachungsaufträgen mit Waffen kommen wird (vgl. König/Papsthart, WaffG, 2. Aufl. 2012, § 28 Rn. 2). Dass losgelöst hiervon der Erwerb und Besitz einer Waffe durch einen Bewachungsunternehmer auch ohne Vorliegen hinreichend konkretisierter Bewachungsaufträge möglich sein sollte, findet im Gesetz – das in § 28 Abs. 1 WaffG zwischen Besitz, Erwerb und Führen gerade nicht unterscheidet – keinen Anhalt. Dass die hinreichend konkretisierte Auftragsanbahnung für konkrete Bewachungsaufträge wesentlich dadurch erschwert würde, dass der Erwerb der Schießfähigkeit nicht vorab an der eigenen Waffe erfolgen könne, erscheint vor dem Hintergrund der vom Bewachungsunternehmer zwingend nachzuweisenden Sachkunde (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 7 WaffG) wenig plausibel. Für den Sachkundenachweis ist im Hinblick auf die besonderen Anforderungen an Erlaubnisinhaber im Bewachungsgewerbe eine Lehrgangsdauer von 24 Vollzeitstunden (dies entspricht 32 Unterrichtseinheiten) Voraussetzung. In der zusätzlichen Unterrichtszeit sind über die Grundqualifikation hinaus vertiefte Rechtskenntnisse (insbesondere zu Notwehr, Notstand) sowie besondere Fertigkeiten im Schießen (insbesondere mit Kurzwaffen) zu vermitteln (vgl. Nr. 7.5.1. WaffVwV). Dieselben Anforderungen an die Sachkunde gelten für Wachpersonen, die auf Grund eines Arbeitsverhältnisses Schusswaffen des Erlaubnisinhabers nach dessen Weisung besitzen oder führen sollen (vgl. § 28 Abs. 3 Satz 3 WaffG). Mithin dürfte bei Erlangung des erforderlichen Sachkundenachweises grundsätzlich auch von einer zur Wahrnehmung von bewaffneten Bewachungsaufträgen ausreichenden Schießfertigkeit auszugehen sein. Hinzukommt, dass das regelmäßige Training der Schießfertigkeit auch mit einer modellgleichen Waffe und identischer Munitionsart auf dem Schießstand erfolgen könnte, sodass selbst bei einem erst kurzfristig vor Auftragsdurchführung erfolgendem Umstieg auf eine eigene Waffe nicht davon auszugehen sein dürfte, dass eine sachkundige, im Umgang mit vergleichbaren Waffen geübte Person in ihrer Schießfertigkeit und Handhabung der konkreten Waffe merklich beeinträchtigt wäre. Die bloße Behauptung, das regelmäßige Training könne nicht mit Leihwaffen, sondern müsse ausschließlich mit der eigenen Waffe erfolgen, die für den konkreten Bewachungsauftrag zur Verfügung stehe, um die Gefährdung der Wachperson und der Öffentlichkeit im Anwendungsfall zu minimieren, genügt insoweit nicht. Insbesondere ist auch nicht substantiiert vorgetragen oder ersichtlich, dass Aufträge regelmäßig so kurzfristig übernommen werden müssten, dass ein ausreichender zeitlicher Vorlauf für den Erwerb einer eigenen Waffe sowie die Durchführung eines konkret erforderlichen Schießtrainings nicht gegeben wäre.
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Auch aus der Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 1 WaffG ergibt sich nicht, dass ein konkreter Bewachungsauftrag nur für das Führen und nicht für den bloßen Besitz einer Waffe erforderlich ist. Diese Vorschrift bestätigt vielmehr zum einen die bereits genannte einschränkende Auslegung des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG und will zum anderen in dessen Ergänzung, die Einhaltung dieser Beschränkung absichern, indem sie den notwendigen Anknüpfungspunkt für die Strafvorschrift des § 52 Abs. 3 Nrn. 5 WaffG bildet (vgl. BayVGH, B.v. 14.4.2021 – 24 CE 21.795 – juris Rn. 21 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 11.11.2015 – 6 C 67/14 – juris Rn. 17). § 28 Abs. 2 Satz 1 WaffG konkretisiert anders als § 28 Abs. 1 WaffG nicht das waffenrechtliche Bedürfnis für eine Erlaubnis zum Erwerb, Besitz und Führen von erlaubnispflichtigen Schusswaffen durch einen Bewachungsunternehmer, sondern stellt lediglich klar, dass Schusswaffen nur bei der tatsächlichen Durchführung eines konkreten Bewachungsauftrags geführt werden dürfen. Bei Aufträgen, die Schusswaffen aus Gründen der Sicherung nicht erfordern, dürfen also – ungeachtet dessen, dass grundsätzlich ein Bedürfnis i.S.d. § 28 Abs. 1 WaffG für den konkreten Bewachungsunternehmer zur Durchführung bewaffneter Bewachungsaufträge anerkannt wurde – keine Wachpersonen mit Schusswaffen eingesetzt werden (vgl. König/Papsthart, WaffG, 2. Aufl. 2012, § 28 Rn. 3).
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Auch aus § 8 WaffG lässt sich nichts dafür ableiten, dass die Erteilung einer Waffenbesitzkarte für Bewachungsunternehmer an weniger strenge Maßstäbe gebunden wäre, insbesondere neben der Geltendmachung eines wirtschaftlichen Interesses die Angabe von konkreten Bewachungsaufträgen zum Nachweis des Bedürfnisses für eine Waffenbesitzkarte nicht erforderlich sei. Die Grundnorm des § 8 WaffG enthält nur die übergreifenden Regelungen, also den allgemeinen Teil für Waffen- und Munitionserlaubnisse, was sich bereits aus der Überschrift „Bedürfnis, allgemeine Grundsätze“ entnehmen lässt, weshalb die in den §§ 13 ff. WaffG besonders geregelten Gründe für ein Bedürfnis – hier § 28 WaffG – Vorrang vor dieser Auffangnorm haben (vgl. hierzu auch vor Nr. 8.1. WaffVwV). Demzufolge hat ein Bewachungsunternehmen nicht nur sein wirtschaftliches Interesse im Sinne des § 8 WaffG, sondern darüber hinaus die oben dargestellten Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG glaubhaft zu machen, um ein Bedürfnis nachzuweisen (vgl. BayVGH, B.v. 14.4.2021 – 24 CE 21.795 – juris Rn. 22 m.w.N.).
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Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin nach wie vor nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass Gegenstand der geplanten künftigen Bewachung gefährdete Personen oder Objekte im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG sind, zu deren Sicherung sie Schusswaffen benötigt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in der Entscheidung vom … … … (** … …*) unter Rn. … Bezug genommen, denen sich die Kammer anschließt. Seitdem haben sich keinerlei neuen Erkenntnisse ergeben, zumal die Klägerin in ihren Ausführungen auch selbst klarstellt, dass sie lediglich allgemein beabsichtige, derartige Bewachungsaufträge als Subunternehmerin auszuführen. Um die konkrete Ausführung von Bewachungsaufträgen gehe es vorliegend noch nicht.
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Über den Hilfsantrag zu II. war nicht mehr zu entscheiden. Er wurde sinngemäß unter der zulässigen innerprozessualen Bedingung gestellt, dass das Gericht im Rahmen der Entscheidung über den Hauptantrag die Rechtsfrage, ob nach dem geltenden Waffenrecht eine waffenrechtliche Erlaubnis für Bewachungsunternehmer auch einer juristischen Person erteilt werden kann, verneint. Da es auf die Klärung dieser Rechtsfrage bei der Entscheidung über den Hauptantrag nicht entscheidungserheblich ankam, war hierüber nicht zu entscheiden. Die Bedingung ist damit nicht eingetreten. Die Rechtshängigkeit des Antrags ist damit rückwirkend entfallen.
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Über den Hilfsantrag zu III. war ebenfalls nicht mehr zu entscheiden. Er wurde sinngemäß unter der zulässigen innerprozessualen Bedingung gestellt, dass das Gericht im Rahmen der Entscheidung über den Hauptantrag bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. §§ 5, 6 WaffG zu dem Ergebnis kommt, dass noch keine Entscheidungsreife gegeben ist. Da es hierauf bei der Entscheidung über den Hauptantrag nicht entscheidungserheblich ankam, war hierüber jedoch ebenfalls nicht zu entscheiden. Die Bedingung ist damit nicht eingetreten. Damit ist die Rechtshängigkeit auch für diesen Antrag rückwirkend entfallen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Gründe nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO hierfür nicht vorliegen. Weder weicht das erkennende Gericht im Hinblick auf die zu stellenden Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Bedürfnisses für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte an Bewachungsunternehmer von obergerichtlicher Rechtsprechung ab (vgl. BayVGH, B.v. 14.4.2021 – 24 CE 21.795 – juris) noch handelt es sich aus Sicht der Kammer angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung um eine Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint.