Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 22.03.2023 – W 2 K 22.133
Titel:

Verbesserungsbeitrag, Entwässerung, Globalkalkulation, unterschiedlicher Verteilungsschlüssel in Verbesserungsbeitragssatzung und Herstellungsbeitragssatzung, Differenzrechnung, umlagefähiger Verbesserungsaufwand

Normenketten:
KAG Art. 5 Abs. 1 S. 1
Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung für die Stadt Marktsteft vom 11. September 2013 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 30. Oktober 2019
Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Marktsteft vom 18. Juni 2013 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 29. Oktober 2019
Schlagworte:
Verbesserungsbeitrag, Entwässerung, Globalkalkulation, unterschiedlicher Verteilungsschlüssel in Verbesserungsbeitragssatzung und Herstellungsbeitragssatzung, Differenzrechnung, umlagefähiger Verbesserungsaufwand
Fundstelle:
BeckRS 2023, 13816

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu voll-streckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
I. Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung eines Verbesserungsbeitrags für eine öffentliche Entwässerungseinrichtung.
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung M* …, das an die als öffentliche Einrichtung betriebene Entwässerungseinrichtung der Beklagten angeschlossen ist.
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Mit Bescheid vom 27. November 2019 setzte die Beklagte für dieses Grundstück einen Verbesserungsbeitrag in Höhe von 3.467,20 EUR fest. Der Bescheid stützt sich auf die Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung der Beklagten (VBS-EWS) vom 11. September 2013 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 30. Oktober 2019.
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Am 16. Dezember 2019 ließ die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. November 2019 einlegen und zur Begründung vortragen, die Verbesserungsbeitragssatzung vom 11. September 2013 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 30. Oktober 2019 sei nichtig, da die (neu kalkulierten) Beitragssätze in der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. Juni 2013 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 29. Oktober 2019 nicht exakt um die Verbesserungsbeitragssätze erhöht worden seien. Ferner sei es unzulässig, dass zwei eigenständige Globalberechnungen zum Nachweis der Angemessenheit der Verbesserungsbeitragssätze und der (neuen) Herstellungsbeitragssätze erfolgt seien. Es dürfe für eine Einrichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt stets nur eine Globalkalkulation geben. Mit Abschluss einer Verbesserungsmaßnahme seien die Verbesserungsbeitragssätze und neuen Herstellungsbeitragssätze für zukünftige Neuanschließer aus einer einzigen und in sich stimmigen Globalkalkulation heraus zu ermitteln. Des Weiteren sei fraglich, ob ausschließlich der notwendige Verbesserungsaufwand in die Kalkulation der Beitragssätze eingestellt worden sei. In der M* … S* … sei während der Verbesserungsmaßnahmen ein sehr großes Betonbauwerk errichtet worden, um den Kreuzungsbereich zwischen der Entwässerungseinrichtung der Beklagten und den Fernwasserleitungen eines Drittanbieters technisch auszugestalten. Für die Klägerin stelle sich die Frage, ob im Vorfeld der Verbesserungsmaßnahmen, welche die Beklagte bereits seit über einem Jahrzehnt beschäftigten, eine Abstimmung mit dem Drittanbieter der Fernwasserleitungen erfolgt sei, dass Bauarbeiten an den Fernwasserleitungen zur Erhöhung und Vergrößerungen der Rohrleitungen, die vor den durchgeführten Verbesserungsmaßnahmen stattgefunden hätten, so ausgestaltet worden seien, dass im Zuge der Verbesserungsmaßnahmen Mehrkosten zur Sicherung des Kreuzungsbereichs zwischen den Fernwasserleitungen und der städtischen Entwässerungseinrichtung minimiert würden.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2022, am 24. Januar 2022 zugestellt, wies das Landratsamt Kitzingen den Widerspruch der Klägerin zurück.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Verbesserungsbeitrag stelle nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die Differenz zwischen dem von Altanschließern geforderten Beitrag für die erstmalige Herstellung einer öffentlichen Entwässerungseinrichtung und dem von Neuanschließern zu fordernden Herstellungsbeitrag für eine bereits hergestellte, mittlerweile verbesserte Anlage dar. Damit habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck bringen wollen, dass der Verbesserungsaufwand nicht nur auf die Altanschließer, sondern vielmehr auf alle im Einrichtungsgebiet liegenden erschlossenen bzw. erschließbaren Grundstücke zu verteilen sei. Ein einfaches Aufsummieren der Beitragssätze (also Herstellungsbeitrag alt + Verbesserungsbeitrag = Herstellungsbeitrag neu) sei im gegebenen Fall rechtlich unzulässig gewesen, da als Grundlage für die Kalkulation der Herstellungsbeiträge immer der aktuelle Anlagennachweis verwendet werden müsse. So müssten zwar im Anlagennachweis die verbesserten Anlagenteile mit dem Nominalwert neu eingestellt, allerdings auch die Anlagenteile herausgenommen werden, die durch die Verbesserungsmaßnahme entfernt worden seien und somit den Grundstückseigentümern keinen weiteren Vorteil böten. Der Investitionsaufwand für die Verbesserungsanlage sei bei der Kalkulation der neuen Herstellungsbeiträge vollumfänglich berücksichtigt worden. Auch seien die Herstellungsbeitragssätze (neu) in einer einzigen Globalkalkulation berechnet worden. Erforderlich sei, dass der Herstellungsaufwand (neu) und der Verbesserungsaufwand dieselben Flächen beträfen. Sowohl bei der Globalkalkulation für die Verbesserungsbeiträge als auch bei der Globalkalkulation für die Herstellungsbeiträge (neu) seien Grundstücksflächen von 596.303 m² und Geschossflächen von 234.296 m² berücksichtigt worden. Eine Gleichbehandlung der Alt- und Neuanschließer sei damit kalkulatorisch erreicht worden. Die Verbesserungsmaßnahmen seien auch erforderlich. Für die Beurteilung der Erforderlichkeit hätten Kommunen einen breiten Ermessensspielraum, der erst überschritten werde, wenn die gewählte Lösung sachlich schlechthin unvertretbar sei. Dies treffe im vorliegenden Fall nicht zu.
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II. Am 26. Januar 2022 ließ die Klägerin beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage erheben.
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Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen vorgetragen: Es dürfe grundsätzlich nur eine einzige Globalkalkulation geben, die zu einem bestimmten Zeitpunkt der beitragsrechtlichen Situation, sei es des Herstellungsbeitrages als auch eines Verbesserungsbeitrages, zugrunde gelegt werden könne und müsse. Der Verbesserungsbeitragssatzung der Beklagten und der geänderten Herstellungsbeitragssatzung liege ausweislich der vorgelegten Globalberechnung für die Verbesserungsbeitragssatzung, Stand Oktober 2019, und der Globalberechnung für die geänderte Herstellungsbeitragssatzung, ebenfalls Stand Oktober 2019, jedoch nicht die gleiche Kalkulation zugrunde. Die beiden Globalkalkulationen wiesen unterschiedliche Umlegungsschlüssel auf. Es sei rechtlich geboten, den beitragsfähigen Verbesserungsaufwand in gleichem Umfang auf die Grundstücks- und Geschossflächen zu verteilen, wie es der Verteilung des Gesamtinvestitionsaufwandes bei der Festlegung der Beitragssätze für den Herstellungsbeitrag entspreche. Mithin müsse der Umlegungsschlüssel zur Bestimmung des auf die Summe der Grundstücksflächen einerseits und die Summe der Geschossflächen andererseits zu verteilenden Anteils am Investitionsaufwand für die Herstellungsbeitragssatzung und für die Verbesserungsbeitragssatzung gleich sein, was vorliegend nicht der Fall sei. Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom … … 2007, Az. … * …, zeige plakativ auf, wie sich der Gleichklang zwischen Verbesserungsbeitrag und geändertem Herstellungsbeitrag unter Zugrundelegung einer gleichen Kalkulation ganz einfach und effektiv nachweisen bzw. überprüfen lasse: Dort seien die Beitragssätze in der geänderten Beitragssatzung genau um die Beitragssätze der Verbesserungsbeitragssatzung erhöht worden. Eine vergleichbare äquivalente Anpassung der geänderten Herstellungsbeiträge sei im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben.
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Die Klägerin lässt beantragen,
Der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2019 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Kitzingen vom 14. Januar 2022 werden aufgehoben.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie eine Stellungnahme des Kommunalberatungsunternehmens D*. S* …R* … vom 13. Juni 2022 ausgeführt: Der Investitionsaufwand für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung sei vollumfänglich und rechtsfehlerfrei im Rahmen der Kalkulation der Herstellungsbeiträge für Neuanschließer berücksichtigt worden. Bei der Kalkulation der neuen Herstellungsbeiträge und der Verbesserungsbeiträge sei ein identisches Flächenverzeichnis als Berechnungsgrundlage verwendet worden; auch seien gleiche Beitragsmaßstäbe angewandt worden. Es treffe nicht zu, dass es innerhalb einer Entwässerungseinrichtung angemessen sei, den Aufwand für die Verbesserung und Erneuerung der Einrichtungseinheit im gleichen Umfang auf die Grundstücks- und Geschossflächen umzulegen wie bei der Verteilung des Gesamtinvestitionsaufwandes bei der Kalkulation der Herstellungsbeitragssätze. Die Verwendung eines gleichen Verteilungsverhältnisses auf Grundstücks- und Geschossflächen finde lediglich in einer Einrichtungseinheit der Wasserversorgung Anwendung. Bei der Abwasserbeseitigung seien hingegen aufgrund der Rechtsprechung zur Beitragsabstufung andere Maßstäbe anzulegen. Kosten der Schmutzwasserbeseitigung seien auf die Geschossflächen und Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung auf die Grundstückflächen umzulegen. Daher sei es zwingend notwendig, sowohl für die Kalkulation der Verbesserungsbeiträge als auch für die Kalkulation der Herstellungsbeiträge separate Aufteilungen der Kostenmassen in Abhängigkeit von den jeweils vorliegenden Anlagegütern vorzunehmen und das Verteilungsverhältnis individuell zu berechnen. Die Ermittlung der Verbesserungsbeiträge und Herstellungsbeiträge nach einem einheitlichen, starren Verteilungsverhältnis, wie von der Klägerseite gefordert, würde zur Nichtigkeit der Beitragssätze führen. Auch könne der vereinfachten Darstellung nicht zugestimmt werden, dass eine reine Differenzrechnung (Herstellungsbeitrag alt + Verbesserungsbeitrag = Herstellungsbeitrag neu) den gesetzlichen Vorgaben ausreichend Rechnung trage. Dieser Merksatz passe kalkulatorisch nur dort exakt, wo seit der Kalkulation der alten Herstellungsbeiträge sämtliche angefallenen vermögenswirksamen Investitionen über den berechneten Verbesserungsbeitrag eingehoben, keine alten Anlagegüter aus dem Anlagevermögen genommen worden und sich weder die aktuell angeschlossenen Grundstücks- und Geschossflächen noch die Vorhalteflächen verändert hätten, wenn also die Zeit in der Einrichtungseinheit stillgestanden habe. Dies treffe im vorliegenden Fall jedoch nicht zu. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte für Kalkulationsfehler.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, den Inhalt der beigezogenen Behördenakte und Widerspruchsakte sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 22. März 2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2019 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Kitzingen vom 14. Januar 2022 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
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Gemäß Art. 5 Abs. 1 KAG können Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Hierzu zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungsanlagen.
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Auf dieser Rechtsgrundlage hat die Beklagte die Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung ihrer Entwässerungseinrichtung (VBS-EWS) vom 11. September 2013 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 30. Oktober 2019 erlassen. In formell-rechtlicher Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Verbesserungsbeitragssatzung und ihrer Änderungssatzung. Auch materiell-rechtlich erweisen sich diese als wirksam.
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1.1. Mit der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS-EWS) vom 18. Juni 2013 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 29. Oktober 2019 verfügt die Beklagte neben der Verbesserungssatzung vom 11. September 2013 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 30. Oktober 2019 über eine nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes erforderliche Herstellungsbeitragssatzung mit neu kalkulierten Beitragssätzen (für Neuanschließer).
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Der Grundsatz der Gleichbehandlung, d.h. der gleichmäßigen Belastung aller Abgabepflichtigen verlangt, dass der Investitionsaufwand für Verbesserungsmaßnahmen an einer bestehenden öffentlichen Einrichtung gleichmäßig auf Alt- und Neuanschließer verteilt wird. Während der Verbesserungsaufwand für Neuanschließer als Gesamtaufwand in eine Herstellungsbeitragssatzung mit erhöhten Beitragssätzen einfließt, ist er auf Altanschließer im Wege eines Verbesserungsbeitrags umzulegen. Denn der Verbesserungsbeitrag beruht auf dem Prinzip der Einmaligkeit der Beitragserhebung und stellt die Differenz zwischen dem von Altanschließern geforderten Beitrag für die erstmalige Herstellung einer öffentlichen Einrichtung und dem von Neuanschließern zu fordernden (höheren) Herstellungsbeitrag für eine bereits hergestellte, mittlerweile verbesserte Einrichtung dar (vgl. zum Ganzen BayVGH, U.v. 29.4.2010 – 20 BV 09.2024 – juris Rn. 52; B.v. 7.5.2007 – 23 CS 07.833 – juris Rn. 6; B.v. 26.2.2007 – 23 ZB 06.3286 – juris Rn. 13 ff.; U.v. 27.2.2003 – 23 B 02.1032 – juris Rn. 22). Deshalb muss im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verbesserungsbeitragssatzung eine Herstellungsbeitragssatzung mit erhöhten Herstellungsbeitragssätzen für Neuanschließer vorliegen; anderenfalls liegt weder eine wirksame Verbesserungsbeitragssatzung noch eine wirksame Herstellungsbeitragssatzung vor (BayVGH, B.v. 29.1.2018 – 20 CS 17.1824 – juris Rn. 19; B.v. 4.8.2015 – 20 ZB 15.1082 – juris Rn. 3; U.v. 14.4.2011 – 20 BV 11.133 – juris Rn. 34; B.v. 7.5.2007 – 23 CS 07.833 – juris Rn. 6; U.v. 27.2.2003 – 23 B 02.1032 – juris Rn. 23).
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Diesem Erfordernis ist die Beklagte durch den Erlass der 3. Änderungssatzung vom 29. Oktober 2019 zur Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. Juni 2013 nachgekommen.
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Dass die 3. Änderungssatzung vom 29. Oktober 2019 zur Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. Juni 2013 bereits am 4. November 2019 in Kraft trat, während die 1. Änderungssatzung vom 30. Oktober 2019 zur Verbesserungssatzung vom 11. September 2013 erst am 19. November 2019 in Kraft trat, berührt die Wirksamkeit des Satzungsrechts nicht. Nachdem die Beklagte ihre Absicht, Verbesserungsbeiträge zu erheben, bereits durch den Erlass der Verbesserungsbeitragssatzung vom 11. September 2013 mit vorläufigen Verbesserungsbeitragssätzen kundgetan hatte, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass die Festsetzung der endgültigen Verbesserungsbeitragssätze durch die 1. Änderungssatzung vom 30. Oktober 2019 zur Verbesserungssatzung vom 11. September 2013 nicht am 4. November 2019 zeitgleich mit der Festsetzung der neu kalkulierten, erhöhten Herstellungsbeiträge (für Neuanschließer) durch die 3. Änderungssatzung vom 29. Oktober 2019 zur Herstellungsbeitragssatzung vom 18. Juni 2013 in Kraft gesetzt wurde, was rechtlich möglich gewesen wäre (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 26.7.2005 – 23 CS 05.1332 – BeckRS 2005, 39642).
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Auch war es zulässig, die Verbesserungsbeitragssatzung vom 11. September 2013 und die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. Juni 2013 jeweils durch Änderungssatzung nur in ihrem Beitragsteil zu ändern und die endgültigen Beitragssätze für Herstellungs- und Verbesserungsbeiträge festzulegen, da keine Anhaltspunkte für die Nichtigkeit der beiden Satzungen bestehen, so dass es keines Satzungsneuerlasses bedurfte (vgl. hierzu VG Ansbach, U.v. 15.7.2014 – AN 1 K 13.00445 – juris Rn. 86).
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1.2. Die von der Klägerin erhobenen Einwände gegen die Kalkulation der (endgültigen) Verbesserungsbeitragssätze und der erhöhten Herstellungsbeitragssätze greifen nicht durch.
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1.2.1. Soweit die Klägerin beanstandet, dass die (endgültigen) Verbesserungsbeitragssätze und die erhöhten Herstellungsbeitragssätze nicht in einer einzigen Globalkalkulation, sondern in zwei getrennten Globalberechnungen ermittelt wurden, legt sie damit keinen Kalkulationsfehler dar.
24
Es besteht keine rechtliche Notwendigkeit, die Verbesserungsbeitragssätze und erhöhten Herstellungsbeitragssätze in einer einzigen Globalkalkulation zu ermitteln, sondern es ist genauso möglich, getrennte Globalberechnungen zur Bestimmung der beiden Beitragssätze durchzuführen, wie es vielfach üblich ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kommt es nicht darauf an, ob der Einrichtungsträger bereits zur Zeit des Satzungserlasses eine Globalberechnung oder überhaupt eine Berechnung angestellt und eine solche dem Entscheidungsgremium bei der Beschlussfassung über die Abgabesatzung vorgelegt hat. Es genügt vielmehr, dass eine solche, gleich ob vorher oder nachher durchgeführt oder ergänzt, die tatsächlich gefundenen oder auch nur gegriffenen Beitragssätze rechtfertigt. Maßgeblich ist allein, dass die Beitragssätze objektiv richtig sind (BayVGH, U.v. 29.4.2010 – 20 BV 09.2024 – juris Rn. 56). Bei getrennten Globalberechnungen zur Bestimmung der Verbesserungsbeitragssätze und der neuen Herstellungsbeitragssätze ist es zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erforderlich, dass die gleichen Grundstücks- und Geschossflächen zugrunde gelegt werden (BayVGH, B.v. 9.12.2014 – 20 CS 14.2399 – juris Rn. 6). Dies hat die Beklagte vorliegend beachtet. Sowohl bei der Globalberechnung zum Nachweis der Angemessenheit der Verbesserungsbeiträge, Stand Oktober 2019, als auch bei der Globalberechnung zum Nachweis der Angemessenheit der Herstellungsbeiträge, Stand Oktober 2019, wurden Grundstücksflächen von 596.303 m² und Geschossflächen von 234.296 m² berücksichtigt.
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1.2.2. Auch mit dem Einwand, dass die anteilige Verteilung des umlagefähigen Aufwandes auf die Grundstücks- und Geschossflächen in den beiden Globalberechnungen zur Bestimmung der Verbesserungsbeitragssätze und der neuen Herstellungsbeitragssätze nicht identisch sei (Herstellungsbeiträge 33,01% auf Grundstücksflächen, 66,99% auf Geschossflächen; Verbesserungsbeiträge 34,27% auf Grundstücksflächen, 65,73% auf Geschossflächen), begründet die Klägerin keinen Kalkulationsfehler.
26
Während bei der Wasserversorgung eine starre Beibehaltung des in der Herstellungsbeitragssatzung gewählten Verteilungsschlüssels der Investitionskosten auf Geschoss- und Grundstücksflächen erforderlich ist, gilt dies bei der Abwasserversorgung nicht (vgl. hierzu Thimet, Kommunalabgaben und Ortsrecht in Bayern, Stand Januar 2023, Teil IV, Art. 5, Frage 5, Nr. 6.4. m.w.N.).
27
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist der Verbesserungs- und Erneuerungsaufwand vorteilsbezogen auf die Beitragsflächen (Grundstücks- und Geschossflächen) zu verteilen (BayVGH, B.v. 21.3.2012 – 20 CS 12.373 – juris Rn. 8). Die erforderliche Trennung von Schmutz- und Oberflächenwasserkosten führt bei der Kalkulation von Verbesserungsbeiträgen für Entwässerungseinrichtungen regelmäßig dazu, dass am bisherigen Umlegungsschlüssel in der Herstellungsbeitragssatzung (alt) nicht mehr festgehalten werden darf (Thimet, Kommunalabgaben und Ortsrecht in Bayern, Stand Januar 2023, Teil IV, Art. 5, Frage 5, Nr. 6.4.2). Auch bei der Kalkulation der neuen Herstellungsbeitragssätze ist der – den Verbesserungsaufwand beinhaltende – Gesamtinvestitionsaufwand aufzuteilen, soweit er auf die Oberflächenentwässerung einerseits und auf die Schmutzwasserbeseitigung andererseits entfällt. Infolge dieser Aufteilung kann sich bei der Kalkulation dieser Beitragssätze erneut die Notwendigkeit ergeben, den Umlegungsschlüssel zur Aufteilung des Investitionsaufwandes auf Grundstücks- und Geschossflächen zu ändern, um eine vorteilsgerechte Verteilung für Neuanschließer sowie für Grundstücksvergrößerungen und Geschossflächenmehrungen zu gewährleisten (BayVGH, B.v. 21.3.2012 – 20 CS 12.373 – juris Rn. 9). Eine unterschiedliche Verteilung des Investitionsaufwandes auf die Geschoss- und Grundstücksflächen im Rahmen der Kalkulation der Verbesserungsbeiträge und neuen Herstellungsbeiträge ist bei der Abwasserbeseitigung daher systemimmanent und führt nicht automatisch zu einer rechtswidrigen Festlegung der Verbesserungsbeitragssätze und damit zur Nichtigkeit der Verbesserungsbeitragssatzung (BayVGH, B.v. 21.3.2012 – 20 CS 12.373 – juris Rn. 3; Thimet, Kommunalabgaben und Ortsrecht in Bayern, Stand Januar 2023, Teil IV, Art. 5, Frage 5, Nr. 6.4.2.).
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1.2.3. Einen Kalkulationsfehler zeigt die Klägerin auch nicht allein damit auf, dass die sogenannte Differenzrechnung vorliegend nicht erfüllt ist.
29
Nach der bereits dargestellten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs stellt der Verbesserungsbeitrag die Differenz zwischen dem von Altanschließern geforderten Beitrag für die erstmalige Herstellung einer öffentlichen Entwässerungsanlage und dem von Neuanschließern zu fordernden Herstellungsbeitrag für eine bereits hergestellte, mittlerweile verbesserte Anlage dar (BayVGH, U.v. 31.3.2022 – 20 B 18.422 – juris Rn. 18; B.v. 29.1.2018 – 20 CS 17.1824 – juris Rn. 19; U.v. 16.11.2006 – 23 BV 06.2401 – juris Rn. 27; U.v. 27.2.2003 – 23 B 02.1032 – juris Rn. 22). Diese Aussage soll zum Ausdruck bringen, dass der Verbesserungsaufwand nicht nur auf die Altanschließer, sondern vielmehr auf alle im Einrichtungsgebiet liegenden erschlossenen bzw. erschließbaren Grundstücke gleichermaßen zu verteilen ist (Thimet, Kommunalabgaben und Ortsrecht in Bayern, Stand Januar 2023, Teil IV, Art. 5, Frage 5, Nr. 6.1). Nach der sogenannten Differenzrechnung ergibt der Herstellungsaufwand „neu“ abzüglich des Herstellungsaufwands „alt“ den Verbesserungsbeitrag. Dieser Merksatz stimmt jedoch kalkulatorisch nicht in allen Konstellationen (vgl. hierzu Thimet, Kommunalabgaben und Ortsrecht in Bayern, Stand Januar 2023, Teil IV, Art. 5, Frage 5, Nr. 6.1). Werden nach Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen zur Bestimmung der Beitragssätze der Herstellungsbeitragssatzung nicht nur Aufwendungen für den Verbesserungsaufwand, sondern auch für weiter entstandenen Herstellungsaufwand aufgenommen, passt die Differenzrechnung nicht (BayVGH, B.v. 9.12.2014 – 20 CS 14.2399 – juris Rn. 5). Das gleiche gilt für den Fall, dass alte Anlagenteile im Zuge durchgeführter Verbesserungs- und Erneuerungsmaßnahmen vollständig entfernt werden. Da die Anschlussnehmer aus nicht mehr vorhandenen Anlagenteilen keinen Vorteil mehr ziehen können, können diese nicht mehr in den Investitionsaufwand zur Kalkulation der (neuen) Herstellungsbeitragssätze aufgenommen werden (BayVGH, U.v. 1.12.1997 – 23 B 96.851 – juris Rn. 29). Nach dem Vorbringen der Beklagten, dem die Klägerin nicht entgegengetreten ist, ist dies vorliegend der Fall. Daher ergeben sich allein aus dem Umstand, dass die Differenzrechnung im vorliegenden Fall nicht zutrifft, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Investitionen zur Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungsanlage nicht nach den Vorgaben der Rechtsprechung in den Gesamtaufwand zur Kalkulation der Herstellungsbeitragssätze der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. Juni 2013 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 29. Oktober 2019 einbezogen wurden.
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Da im Übrigen keine substantiierten Einwände gegen die Globalberechnungen vorgetragen wurden, war eine Überprüfung der Beitragskalkulation von Amts wegen (§ 86 VwGO) nicht veranlasst (vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2014 – 20 ZB 14.1744 – juris Rn. 6; B.v. 3.7.2012 – 20 ZB 12.941 – juris Rn. 7 ff; U.v. 29.4.2010 – 20 BV 09.2024 – juris Rn. 61).
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1.3. Soweit die Klägerin im Widerspruchsverfahren in Frage gestellt hat, ob ausschließlich der notwendige Verbesserungsaufwand in die Beitragsberechnung eingestellt worden sei, dringt sie damit ebenfalls nicht durch. Zum umlagefähigen Aufwand gehört all das, was aus Sicht einer sparsamen und vorausschauenden Gemeinde zum Zeitpunkt der Planung und Erstellung der Anlage erforderlich erscheint, wobei die Gemeinde einen weiten Ermessensspielraum hat, dessen Grenze erst bei einem sachlich nicht mehr vertretbaren Mittelverbrauch liegt (BayVGH, U.v. 20.1.1993 – 23 B 91.3674 – juris Rn. 42). Mit dem bloßen Vorbringen, es hätten möglicherweise Kosten durch eine bessere Abstimmung mit einem Drittanbieter von Fernwasserleitungen im Vorfeld der Verbesserungsmaßnahmen vermieden können, legt die Klägerin keine Überschreitung des Ermessensspielraums seitens der Beklagten dar.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.