Titel:
Betrug, Heilmittelwerbung, Arzneimittelvertrieb, Professorentitel, Krebsbehandlung, Unternehmensgründung, Betrugsvorsatz, Gewerbsmäßigkeit, Täuschung, Irrtum, Schadensersatz, Beihilfe, Falsche Angaben, Heilpraktiker, Gesundheitsgefährdung, Immunsystem
Normenketten:
AMG in der ab 24.12.2016 gültigen Fassung § 21 Abs. 1
AMG in der ab 24.12.2016 gültigen Fassung § 96 Nr. 5 Var. 1
StGB § 132a Abs. 1 Nr. 1
StGB § 263 Abs. 1
StGB § 263 Abs. 3 Satz 1
StGB § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1
StGB § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1
StGB § 25 Abs. 1 Alt. 1
StGB § 25 Abs. 1 Alt. 2
StGB § 25 Abs. 2
StGB § 27
StGB § 52
StGB § 53
StGB § 55
StGB § 56f Abs. 3
StGB § 58 Abs. 2 Satz 2
StGB § 73 Abs. 1
StGB § 73c
Schlagworte:
Betrug, Heilmittelwerbung, Arzneimittelvertrieb, Professorentitel, Krebsbehandlung, Unternehmensgründung, Betrugsvorsatz, Gewerbsmäßigkeit, Täuschung, Irrtum, Schadensersatz, Beihilfe, Falsche Angaben, Heilpraktiker, Gesundheitsgefährdung, Immunsystem
Rechtsmittelinstanz:
BGH, Beschluss vom 26.06.2024 – 1 StR 10/24
Fundstelle:
BeckRS 2023, 13751
Tenor
I. 1. Die Angeklagte …G. ist schuldig des Betruges in 11 Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel, des unerlaubten Inverkehrbringens nicht zugelassener Fertigarzneimittel, der Beihilfe zum unerlaubten Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel in 5 Fällen und des Missbrauchs von Titeln.
2. Der Angeklagte …B. ist schuldig des Betruges in 14 Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel.
II. Die Angeklagte …G. wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
III. 1. Der Angeklagte …B. wird deshalb unter Einbeziehung der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Ingolstadt vom 11.04.2018, Az. 8 Ls 61 Js 4530/16, verhängten Einzelstrafen und Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten sowie zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 3 Monaten verurteilt.
2. Die Geldauflage in Höhe von 3.000,00 €, die der Angeklagte … B. im Bewährungsverfahren, Az. BwR 8 Ls 61 Js 4530/16, geleistet hat, wird auf die Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten mit 1 Monat und 2 Wochen angerechnet.
3. Die Auslieferungshaft des Angeklagten …B. in … ist im Maßstab 1 zu 1 anzurechnen.
IV. 1. Gegen die Angeklagte …G. wird die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 42.620,00 €, davon in einer Höhe von 16.800,00 € als Gesamtschuldnerin mit dem Angeklagten …B., angeordnet.
2. Gegen den Angeklagten …B. wird die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 38.600,00 €, davon in einer Höhe von 16.800,00 € als Gesamtschuldner mit der Angeklagten … G., angeordnet.
3. Gegen die Einziehungsbeteiligte …B. wird die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 29.700,00 € als Gesamtschuldnerin mit dem Angeklagten …B. angeordnet.
4. Gegen die Einziehungsbeteiligte …B. wird die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 4.900,00 € als Gesamtschuldnerin mit dem Angeklagten …B. angeordnet.
V. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen.
Entscheidungsgründe
(hinsichtlich der Einziehungsbeteiligten … und … abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
1
Der Angeklagte B. vertrieb seit mindestens Ende 2016 das Mittel BG-MUN an überwiegend schwer an Krebs erkrankte Menschen. Ab dem Frühjahr 2017 band er zunehmend die Angeklagte G. in seinen Vertrieb ein, die über ihre Heilpraktikerpraxis in S. das Mittel deutschlandweit an Patienten verkaufte.
2
Dabei priesen die Angeklagten das Mittel gegenüber den Patienten als hochwirksames Krebsmedikament an und versprachen den Patienten in vielen Fällen eine Heilung ihrer schweren Erkrankungen. Die Angeklagten rieten den meisten Patienten dazu, sich das Mittel mit einer Spritze in die Bauchdecke zu injizieren. Um ihre Glaubhaftigkeit zur unterstreichen, verlieh der Angeklagte B. der Angeklagten G. zudem einen Professorentitel für ihre „herausragenden Leistungen in der Krebshilfe“, den sie in der Folge unbefugt führte.
3
Im irrigen Glauben, ein hochwirksames Mittel zu erstehen, bezahlten die Patienten größtenteils 5.900,00 € für eine Packung BG-MUN mit einem Inhalt von insgesamt 30 ml an die Angeklagten. Diesen Betrag teilten die Angeklagten in etwa hälftig unter sich auf. Insgesamt erlangten die Angeklagten durch die gegenständlichen Taten mindestens 245.820,00 €, von denen 177.400,00 € an die Geschädigten zurückbezahlt bzw. auf andere Verträge verrechnet wurden.
4
Tatsächlich hatte das Mittel BG-MUN keine Wirkung gegen Krebs oder andere schwere Erkrankungen.
5
Die Angeklagten haben die Taten bestritten. In der Hauptverhandlung kam es mehrfach zu einem Verständigungsgespräch. Eine Verständigung scheiterte. Aufgrund der umfangreichen Beweisaufnahme an 64 Verhandlungstagen ist die Kammer zu der Überzeugung gekommen, dass die Angeklagte G. in 11 und der Angeklagte B. in 14 Fällen ihre Kunden betrogen haben, um sich eine Einnahmequelle von nicht unerheblicher Dauer und in einigem Umfang zu sichern. Außerdem haben sie mit BG-MUN ein nicht zugelassenes Fertigarzneimittel in den Verkehr gebracht. Dabei ist die Angeklagte G. in 5 Fällen als Gehilfin des Angeklagten B. aufgetreten.
Persönliche Verhältnisse und Verfahrensgang
6
Der Angeklagte B. ist bislang strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
7
1. Mit Urteil des Amtsgerichts Ingolstadt vom 17.05.2010, Az. 8 Ls 27 Js 19424/08, in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 14.03.2011, rechtskräftig seit 22.03.2011, wurde der Angeklagte B. zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten wegen Betruges verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Strafe wurde mit Wirkung zum 26.03.2014 erlassen.
8
Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
„Im Sommer 2007 beabsichtigte der Angeklagte als geschäftsführender Gesellschafter der Firma … ein sogenanntes ‚Original B.-Wasserkorn‘ – hierbei handelt es sich um ein Granulat, welches in der Erde die Wasser- und Nährstoffspeicherung verbessern soll – mit seiner Firma auf den Markt zu bringen. Zu diesem Zweck traf er mit dem Zeugen … als Vertreter der noch in Gründung befindlichen Firma … eine Vertriebsvereinbarung über den Exklusivvertrieb des Produkts ‚Original B.-Wasserkom‘ in … und … Als Exklusivhandelseinkaufspreis der Firma … wurde dabei ein Preis von 8,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer pro Kilogramm vereinbart. Der Angeklagte verpflichtete sich dabei, nach einer Akontozahlung in Höhe von 20.000,00 € durch den Zeugen … eine entsprechende Menge des ‚Original B. Wasserkorn‘ zu liefern. Dabei war vereinbart, dass der Eingang der Zahlung als Vertragsbestätigung gilt und dass die Ware schnellstmöglich nach Bestellung und Bezahlung unfrei nach Portugal zu liefern wäre. Der Angeklagte, der zu diesem Zeitpunkt rund 300 kg ‚Original B.-Wasserkorn‘ als Muster auf Lager hatte, erweckte dabei von vornherein den Anschein, dass erbereit und willens wäre, nach Eingang der Akontozahlung die dem überwiesenen Betrag entsprechende Menge ‚Original B.-Wasserkorn‘ herstellen zu lassen und anschließend nach … zu liefern. Tatsächlich war der Lieferant des Angeklagten, ein Tochterunternehmen des … Konzerns, erst bereit, bei einer Mindestabnahmemenge von 4 Tonnen mit der Herstellung zu beginnen. Dementsprechend hatte der Angeklagte von vornherein vor, erst bei einer Mindestabnahmemenge von 4 Tonnen zum vereinbaren Preis von 8,00 € an die Firma … zu liefern.
Im Vertrauen auf die Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Angeklagten überwies der Zeuge … namens der geschädigten Firma … in Oktober 2007 20.000,00 € auf das Firmenkonto des Angeklagten und forderte in der Folgezeit die Lieferung der Ware. Eine solche Lieferung unterblieb jedoch.
Der Angeklagte hatte bei Abschluss der Vertriebsvereinbarung gewusst, dass die Firma … zu einer Bestellung und Bezahlung von 4 Tonnen ‚Original … Wasserkorn‘ nicht in der Lage ist. Er hat den Zeugen … gleichwohl unter Vorspiegelung von Lieferfähigkeit und von Lieferbereitschaft zur Überweisung der 20.000,00 € veranlasst, obwohl er zu einer Lieferung einer entsprechenden Menge, nämlich 2,5 Tonnen nicht bereit und in der Lage war.
Zwischen der Firma … und der Firma des Angeklagten fand in der Folgezeit unter dem Az. 42 O 402/09 ein Zivilprozess vor dem Landgericht Ingolstadt statt, in dem sich die Firma des Angeklagten zur Rückzahlung der 20.000,00 €im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs verpflichtete. Eine Rückzahlung des Betrags ist gleichwohl nicht erfolgt. Nachdem die Firma … mittlerweile ihren Geschäftsbetrieb weitgehend eingestellt hat, ist mit einer Rückzahlung nicht mehr zu rechnen. Die Firma … ist in Höhe von 20.000,00 € geschädigt.“
9
2. Mit Strafbefehl vom 11.04.2018, rechtskräftig seit 05.05.2018, verhängte das Amtsgericht Ingolstadt, Az. 8 Ls 61 Js 4530/16, gegen den Angeklagten B. eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Bankrott in 2 tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 35 tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz in 3 tatmehrheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit Verstoß gegen das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens, davon in 2 Fällen jeweils in Tateinheit mit einem weiteren Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz. Die Einzelstrafen setzte das Amtsgericht hinsichtlich des Tatkomplexes 1.3.1 auf 6 Monate Freiheitsstrafe, hinsichtlich des Tatkomplexes I.3.2 auf jeweils 60 Tagessätze, hinsichtlich des Tatkomplexes I.3.3 für die Taten 1 bis 35 jeweils 20 Tagessätze, für den Tatkomplex II.1 90 Tagessätze und für den Tatkomplex II.2. 90 Tagessätze. Eine Bestimmung der Tagessatzhöhe unterblieb. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt und die Bewährungszeit auf 3 Jahre festgesetzt. Dem Angeklagten B. wurde eine Geldauflage in Höhe von 3.000,00 € in monatlichen Raten zu je 100,00 € zugunsten der Landesjustizkasse auferlegt. Diese hat der Angeklagte vollständig beglichen. Die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe wurde bislang weder vollstreckt noch erlassen und ist auch nicht verjährt. Darüber hinaus wurden gegen den Angeklagten B. Tätigkeitsverbote gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG und § 76 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 AktG verhängt.
10
Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Angeklagte war bis zum 11.11.2014 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Fa. B. Gruppe GmbH (im Folgenden: GmbH) mit Sitz in 8... I., eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Ingolstadt unter HRB ….
Der Unternehmensgegenstand der mit Gesellschaftsvertrag vom 21.08.2009 gegründeten GmbH besteht in der Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Produkten aus dem Bereich Kosmetik, Wellness und Fitness sowie medizinischen und chemischen Produkten. Darüber hinaus wird die GmbH tätig im Bereich der Technologie zur sparsamen und umweltfreundlichen Stromerzeugung und dem Handel mit biologischen Brennstoffen u.a.
Die operative Geschäftstätigkeit der GmbH wurde jedenfalls in Deutschland eingestellt. Am 11.11.2014 wurde die Gesellschaft aufgelöst, wobei der Angeklagte als Liquidator der Firma bestellt wurde. Aufgrund Fremdantrags der … München vom 13.04.2015, eingegangen beim Amtsgericht Ingolstadt am 16.04.2015 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 23.07.2015 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fa. B. Gruppe GmbH eröffnet.
2. Wirtschaftliche Entwicklung
Die vorgenannte Gesellschaft befand sich bereits vor dem Jahr 2014 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. In den Geschäftsjahren 2011 bis 2013 kam es wiederholt zu verspäteten Zahlungen der Sozialversicherungsbeiträge an die jeweiligen Stellen. Im Zeitraum von Mai 2010 bis November 2011, also über einen Zeitraum von 19 Monaten, wurde das Gehalt des bei der GmbH angestellten … nicht gezahlt. Aufgrund der Lohnzahlungsklage des … erging sodann am 17.07.2013 ein Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts München, 24 Ca 1289/12, wobei die GmbH zur Zahlung von EUR 38.000,00 (brutto) nebst Zinsen verurteilt wurde. Ein Wiedereinsetzungsantrag von Seiten der B. GmbH blieb erfolglos. Spätestens mit Zugang der ablehnenden Entscheidung des Arbeitsgerichts München vom 10.10.2013 war die Forderung in Höhe von EUR 38.000,00 fällig, was der Angeklagte auch wusste.
Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag der Gesellschaft betrug im Jahr 2010 EUR 146.584,86 und im Jahr 2011 EUR 218.501,98. Am 14.08.2013 ging der erste Vollstreckungsauftrag der Gläubiger … in Höhe von EUR 2.608,76 bei der Obergerichtsvollzieherin … ein. Am 20.01.2014 wurde die Umsatzsteuer 2011 in Höhe von EUR 7.701,31 nebst Zinsen in Höhe von EUR 448,00 fällig.
Spätestens mit Erlass des Haftbefehls des Amtsgerichts Ingolstadt, Vollstreckungsgericht, vom 08.01.2014 zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, war dem Angeklagten bewusst, dass die GmbH nicht mehr in der Lage war, ihre sofort zu erfüllenden Verbindlichkeiten im Wesentlichen zu befriedigen und damit zahlungsunfähig war. Zu diesem Zeitpunkt war auf dem einzigen Geschäftskonto der GmbH bei der Commerzbank, … lediglich ein Guthaben von EUR 87,43 vorhanden. Auch in der Folgezeit verbesserte sich die finanzielle Situation der Gesellschaft nicht. Am 26.02.2014 kam es auf dem Geschäftskonto zu einer ersten Rücklastschrift mangels Deckung. Bis zu Beendigung der Geschäftsbeziehung mit der Commerzbank am 09.09.2014 waren auf dem Geschäftskonto lediglich niedrige bis negative Guthabenstände vorhanden. Darüber hinaus wurden beinahe in monatlichen Abständen Forderungen des Finanzamtes I. fällig, die sich letztlich zum 25.09.2015 auf einen Betrag in Höhe von EUR 18.007,90 nebst Säumniszuschläge in Höhe von EUR 4.198,00 summierten. Eine Kontopfändung am 20.03.2014 durch das Finanzamt wurde mangels ausreichendem Guthaben ausgesetzt, eine Pfändung am 24.07.2014 blieb fruchtlos.
Im Zeitraum vom 15.08.2014 bis zum 07.04.2015 gingen zahlreiche Vollstreckungsaufträge bei der Obergerichtsvollzieherin … ein. Insbesondere konnten die Vollstreckungsaufträge der Gläubigerin … GmbH über einen Betrag in Höhe von EUR 4.665,74 vom 18.09.2014, der Gläubigerin … GmbH über einen Betrag in Höhe von EUR 4.830,49 vom 18.12.2014 und der … GmbH über einen Betrag in Höhe von EUR 3.018,96 vom 18.12.2014 nicht durch Zahlung erledigt werden.
3.1 Entgegen der dem Angeklagten bekannten gesetzlichen Verpflichtung als Geschäftsführer bzw. später als Liquidator unterließ er es bis spätestens 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, also zum 29.01.2014 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH beim zuständigen Insolvenzgericht zu stellen. Ein Eigeninsolvenzantrag ging zu keinem Zeitpunkt beim Insolvenzgericht ein.
3.2 Als verantwortlicher Geschäftsführer der oben genannten GmbH war der Angeklagte gemäß §§ 242, 264 HGB verpflichtet, für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen entsprechenden Jahresabschluss (Bilanz) zu erstellen. Nach § 264 Abs. 1 S. 3 HGB ist ein entsprechender Jahresabschluss innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres, d.h. bis zum 30.06. des Folgejahres, zu erstellen.
In Kenntnis seiner gesetzlichen Verpflichtung und des Umstandes, dass sich die Zahlungsunfähigkeit der GmbH spätestens zum 08.01.2014 eingetreten war, unterließ es der Angeklagte für das Geschäftsjahr 2013 bis zum 30.06.2014 und für das Geschäftsjahr 2014 bis zum 30.06.2015 eine entsprechende Bilanz für die GmbH aufzustellen.
3.3. Als gesetzlicher Vertreter der GmbH und damit Arbeitgeber war der Angeklagte verpflichtet, die für die in dem Betrieb als nicht geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer anfallenden Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zum Fälligkeitstermin, das ist entsprechend der Satzung der jeweils zuständigen Einzugsstelle und in Anwendung des § 23 Abs. 1 SGB IV der drittletzte Bankarbeitstag des Beitragsmonats, an die einzugsberechtigte Stelle abzuführen. In Kenntnis dieser Verpflichtung und obwohl dem Angeklagten die fristgerechte Zahlung bei Vorhalten der erforderlichen Mittel vorrangig vor anderen Zahlungsverpflichtungen möglich war, unterließ er es jedoch im Zeitraum Juli 2010 bis Mai 2015 die jeweils fällig gewordenen Arbeitgeberanteile, die sich aus den von der Gesellschaft eingereichten Beitragsnachweisen ergeben, in Höhe von insgesamt EUR 18.407,75 an die jeweilige Einzugsstelle abzuführen.
Zahlungen auf diese Forderungen wurden entweder gar nicht oder nicht rechtzeitig erbracht.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:
|
Tat
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Monat
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AN-Anteil offen
in €
|
Zahlung
|
Fälligkeit
|
|
1
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Jun. 11
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309,38 €
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28.11.2011
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28.06.2011
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|
2
|
Aug. 11
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309,38 €
|
28.11.2011
|
29.08.2011
|
|
3
|
Sep. 11
|
495,01 €
|
28.11.2011
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28.09.2011
|
|
4
|
Okt. 11
|
495,01 €
|
28.11.2011
|
27.10.2011
|
|
5
|
Dez. 11
|
495,01 €
|
09.02.2012
|
28.12.2011
|
|
6
|
Jan. 12
|
491,41 €
|
09.02.2012
|
27.01.2012
|
|
7
|
Mrz. 12
|
491,41 €
|
19.09.2012
|
28.03.2012
|
|
8
|
Apr. 12
|
491,41 €
|
19.09.2012
|
26.04.2012
|
|
9
|
Mai 12
|
491,41 €
|
19.09.2012
|
29.05.2012
|
|
10
|
Jun. 12
|
491,41 €
|
19.09.2012
|
27.96.2012
|
|
11
|
Jul. 12
|
491,41 €
|
19.09.2012
|
27.07.2012
|
|
12
|
Aug. 12
|
491,41 €
|
10.12.2012
|
29.08.2012
|
|
13
|
Okt. 12
|
573,31 €
|
11.01.2013
|
29.10.2012
|
|
14
|
Feb. 13
|
283,62 €
|
30.08.2013
|
26.02.2013
|
|
15
|
Mrz. 13
|
223,66 €
|
30.08.2013
|
26.03.2013
|
|
16
|
Mai 13
|
182,74 €
|
30.08.2013
|
28.05.2013
|
|
17
|
Jun. 13
|
182,74 €
|
30.08.2013
|
26.06.2013
|
|
18
|
Jul. 13
|
182,74 €
|
30.08.2013
|
29.07.2013
|
|
19
|
Okt. 13
|
227,62 €
|
05.11.2013
|
29.10.2013
|
|
20
|
Jan. 14
|
624,43 €
|
27.01.2015
|
29.01.2014
|
|
21
|
Feb. 14
|
706,13 €
|
|
26.02.2014
|
|
22
|
Mrz. 14
|
706,13 €
|
|
27.03.2014
|
|
23
|
Apr. 14
|
706,13 €
|
|
28.04.2014
|
|
24
|
Mai 14
|
706,13 €
|
|
27.05.2014
|
|
25
|
Jun. 14
|
706,13 €
|
|
26.06.2014
|
|
26
|
Jul. 14
|
706,13 €
|
|
29.07.2014
|
|
27
|
Aug. 14
|
706,13 €
|
|
27.08.2014
|
|
28
|
Sep. 14
|
706,13 €
|
|
26.09.2014
|
|
29
|
Okt. 14
|
706,13 €
|
|
29.10.2014
|
|
30
|
Nov. 14
|
706,13 €
|
|
26.11.2014
|
|
31
|
Dez. 14
|
706,13 €
|
|
23.12.2014
|
|
32
|
Feb. 15
|
653,95 €
|
|
25.02.2015
|
|
33
|
Mrz. 15
|
653,95 €
|
|
27.03.2015
|
|
34
|
Apr. 15
|
653,95 €
|
|
28.04.2015
|
|
35
|
Mai 15
|
653,95 €
|
|
27.05.2015
|
|
verspätet
|
|
8.024,52 €
|
|
Summe
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nicht gezahlt
|
|
10.383,23 €
|
|
|
Straftaten nach dem Arzneimittelgesetz
Spätestens seit dem 17.09.2015 wirbt der in … ansässige Angeklagte im Namen der B. Group S.A., Geschäftsanschrift … sowohl durch die Versendung von Emails, als auch auf der Homepage … mit den Produkten BG-MUN, BG-MUN Plus und BG-MUN forte. Der Angeklagte handelt bei dem Vertrieb bzw. der Werbung mit den Produkten entweder als faktischer Geschäftsführer der B. Group S.A. oder als Berater im Namen der Firma.
1. Auf der Internetseite bewirbt der Angeklagte das Arzneimittel ‚BG-MUN‘ als oral zu applizierendes Nahrungsergänzungsmittel. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung besteht, wie dem Angeklagten bekannt ist, nicht. Im Einzelnen wird auf der Internetseite mit folgenden Aussagen geworben:
‚BG-MUN Proteinkomplex, eine gezielte Nahrungsergänzung als begleitende Therapie bei schweren Erkrankungen zum Einnehmen. […] Der Arzneistoff wird nicht biochemisch verändert und steht in vollem Umfang dem Körper zur Verfügung. Der Wirkstoff wird sehr schnell aufgenommen: Ein weiterer Vorteil ist die beschleunigte Aufnahme ins Blut. Sie ist wichtig, wenn schnell eine Wirkung erzielt werden muss, wie z.B. Agina-pectoris-Anfälle […]‘
2. Bei BG-MUN plus handelt es sich laut Informationen auf der Intemetseite angeblich um ein Arzneimittel gegen AIDS, ALS, Hepatitis, Herzinfarkt, MS, Schlaganfall und Krebs. Das Produkt wird als verschreibungspflichtiges Medikament beworben, das in Europa nicht zugelassen ist. Der Preis des Produkts beträgt EUR 11.900,00. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung liegt, wie dem Angeklagten bekannt ist, nicht vor. Das Produkt ist zur Injektion vorgesehen. Im Einzelnen heißt es wie folgt:
‚BG-MUN plus Proteinkomplex, ist ein Arzneimittel gegen AIDS, ALS, Hepatitis, Herzinfarkt, MS, Schlaganfall und Krebs. […] Verschreibungspflichtig‘
3. Am 17.09.2015 versandte der Angeklagte eine Email an die Fa. … und warb mit dem Arzneimittel ‚BG-MUN forte‘ als Weltneuheit auf dem Gebiet der Krebsforschung. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung liegt, wie dem Angeklagten bekannt ist, nicht vor. Das Produkt ist zur Injektion vorgesehen. Im Einzelnen warb der Angeklagte mit folgender Aussage:
‚Das Serum BG-MUN forte kann Krankheiten wie AIDS, Borreliose, Hepatitis und Krebs heilen […] BG-MUN forte ist eine biologisch hergestellte Injektionslösung von körpereigenen Proteinen. Die enthaltenen Hitzeschockproteine (HSP) sind integraler Bestandteil der Immunreaktion gegen Krebs und Krankheitserreger. Die Wirkung von BG-MUN forte tritt innerhalb weniger Stunden ein […]‘
Dem Angeklagten war dabei bewusst, dass die die bezeichneten Arzneimittel betreffenden Aussagen konkrete Erfolgsversprechen enthielten. Die Aussagen waren geeignet, bei einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrskreises den Eindruck zu erwecken, sie könnten die beworbenen Erfolge bei Anwendung der Arzneimittel ‚BG-MUN‘‚BG-MUN plus‘ und ‚BG-MUN forte‘ erwarten. Tatsächlich wurde die Wirkung odertherapeutische Wirksamkeit der angepriesenen Produkte zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen.“
11
Der Angeklagte B. wurde aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Ingolstadt vom 16.08.2019, Gz. 1 Gs 1893/19 am 21.01.2020 in … festgenommen und befand sich dort bis zum 30.01.2020 in Auslieferungshaft. Seit seiner Überstellung nach Deutschland am 30.01.2020 befindet er sich ununterbrochen in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt … in …. Der Haftbefehl des Amtsgerichts Ingolstadt wurde durch den Haftbefehl des Landgerichts Ingolstadt vom 07.01.2021, Az. 1 KLs 42 Js 9059/19, und unter Aufhebung dieses Haftbefehls durch den Haftbefehl des Landgerichts Ingolstadt vom 21.06.2022 und vom 17.01.2023 ersetzt.
12
Die Angeklagte G. ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
13
Die Angeklagte G. wurde am 22.01.2020 vorläufig festgenommen und befand sich in dieser Sache in Untersuchungshaft vom 23.01.2020 bis 15.03.2021 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Ingolstadt vom 23.01.2020, Gz. 1 Gs 142/20, ersetzt durch den Haftbefehl des Landgerichts Ingolstadt vom 04.01.2021, Az. 1 KLs 42 Js 9059/19, in den Justizvollzugsanstalten … und …. Dieser Haftbefehl wurde durch Beschluss des Landgerichts Ingolstadt vom 15.03.2021, Az. 1 KLs 42 Js 9059/19, außer Vollzug gesetzt. Vorgenannter Haftbefehl wurde durch einen an den Verfahrensstand angepassten Haftbefehl des Landgerichts Ingolstadt vom 21.06.2022 ersetzt, der ebenfalls durch Beschluss vom selben Tag gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt wurde.
14
Das gegenständliche Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagten wurde am 16.05.2019 durch einen Bericht des KHK …, Kriminalpolizeiinspektion I., eingeleitet, dem auch eine Zusammenfassung des am 15.05.2019 ausgestrahlten sternTV-Berichts beigefügt war. Am 16.05.2019 gingen zudem Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft I. gegen die Angeklagte G. und die anderweitig verfolgte …G. ein.
15
Am 24.05.2019 kam es zu Durchsuchungen bei der Angeklagten G. und dem Angeklagten B. aufgrund von Durchsuchungsbeschlüssen des Amtsgerichts Ingolstadt vom 23.05.2019. Am 29.05.2019 erließ das Amtsgericht Ingolstadt auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen den Angeklagten B. wegen Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Arzneimittels.
16
Am 03.06.2019 beauftragte die Kriminalpolizeiinspektion I. das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit mit der Untersuchung und Begutachtung diverser Ampullen BG-MUN Cytosolfraktion, die im Zuge der Durchsuchungen sichergestellt worden waren. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit erstellte am 25.07.2019 und am 31.07.2019 Gutachten zu BG-MUN, die am 30.07.2019 bzw. am 05.08.2019 bei der Kriminalpolizeiinspektion I. eingegangen sind.
17
Im Juni 2019 begannen aufgrund entsprechender Beschlüsse angeordnete Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen gegen die Angeklagten. Am 16.08.2019 erließ das Amtsgericht Ingolstadt auf Antrag der Staatsanwaltschaft I. einen erheblich erweiterten Haftbefehl gegen den Angeklagten B. wegen Betruges in 81 Fällen jeweils in Tateinheit mit Inverkehrbringen nicht zugelassener Arzneimittel. Zugleich erging auch ein Vermögensarrest gegen den Angeklagten B..
18
Am 06.11.2019 erließ das Amtsgericht Ingolstadt Durchsuchungsbeschlüsse gegen die Zeugen … und Dr. K. sowie die Angeklagte G., die am 21.01.2020 vollzogen wurden. Am selben Tag wurde der Angeklagte B. auf … verhaftet und am 30.01.2020 nach Deutschland ausgeliefert. Am 22.01.2020 wurde die Angeklagte G. verhaftet. Der gegen sie beantragte Haftbefehl wurde am 23.01.2020 erlassen und in Vollzug gesetzt.
19
Am 17.06.2020 wurde das P.-E.-Institut mit weiteren Untersuchungen von BG-MUN beauftragt. Am 13.08.2020 legte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 13 weitere Einzelgutachten an die Polizei vor. Der Schlussbericht der Kriminalpolizei erfolgte am 08.09.2020. Im Anschluss erhielten alle Verteidiger Akteneinsicht. Am 10.11.2020 ging das beauftragte Gutachten des P.-E.-Instituts bei der Kriminalpolizeiinspektion I. ein. Mit Abschlussverfügung und Anklageschrift vom 12.11.2020 erhob die Staatsanwaltschaft I. Anklage gegen die Angeklagten B. und G. sowie den Zeugen Dr. K. zum Landgericht Ingolstadt, wo die Anklage am 16.11.2020 einging. Am 25.11.2020 verfügte der Vorsitzende die Zustellung der Anklageschrift und setzte eine Frist zur Stellungnahme von einem Monat. Die Zustellungen der Anklageschrift erfolgten zwischen dem 02.12.2020 und dem 07.12.2020. Am 04.01.2021 erließ das Landgericht Ingolstadt gegen die Angeklagte G. im Rahmen eines Haftprüfungstermins einen neu gefassten und an die Anklageschrift angepassten Haftbefehl, eröffnete diesen und setzte ihn in Vollzug. Am selben Tag fragte der Vorsitzende per Verfügung bei allen 7 damaligen Verteidigern eine Terminsabstimmung für Hauptverhandlungstage für den Fall der Eröffnung an.
20
Am 06.01.2021 beantragte Verteidiger …, Verteidiger des zu diesem Zeitpunkt noch Mitangeklagten Dr. K., eine Verlängerung der Stellungnahmefrist bis 22.01.2021. Weitere Fristverlängerungsgesuche bis zum 07.02.2021 wurden gestellt, woraufhin der Vorsitzende eine entsprechende Fristv erlängerung mit Verfügung vom 08.01.2021 gewährte.
21
Für den Mitangeklagten Dr. K bestellte sich zusätzlich Verteidiger … und beantragte eine Fristverlängerung der Stellungnahmefrist am 04.02.2021 bis zum 23.02.2021, die mit Verfügung des Vorsitzenden von 05.02.2021 gewährt wurde.
22
Am 15.01.2021 erließ das Landgericht Ingolstadt einen neuen und an die Anklageschrift angepassten Haftbefehl gegen den Angeklagten B., eröffnete diesen und setzte ihn in Vollzug.
23
Am 10.02.2021 führte der Vorsitzende diverse Telefonate mit den Verteidigern über Terminsabstimmungen sowie Gespräche mit der Gerichtsverwaltung darüber, in welchem Sitzungssaal die Hauptverhandlung mit 3 Angeklagten, 7 Verteidigern und 4 Vorführbeamten angesichts der damals bestehenden Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie durchgeführt werden könne. Am 15.02.2021 ging die 35-seitige Stellungnahme der Verteidigung der Angeklagten G. zur Anklageschrift ein, die mit Schriftsatz vom 23.02.2021 um weitere 9 Seiten ergänzt wurde.
24
Am 18.02.2021 hielt der Vorsitzende fest, dass ab Mitte Mai 2021 der größte Sitzungssaal des Landgerichts, Sitzungssaal 100, mit einer funktionsfähigen Lüftungsanlage zur Verfügung stehe. Zudem protokollierte er weitere Telefonate mit den Verteidigern über die Abstimmung von Hauptverhandlungsterminen. Mit Verfügung vom 18.02.2020 legte der Vorsitzende sodann aufgrund dieser Abstimmungen für den Fall der Eröffnung insgesamt 53 Hauptverhandlungstage zwischen dem 18.06.2021 und dem 26.01.2022 fest.
25
Am 22.02.2021 gab der Verteidiger des Mitangeklagten Dr. K. eine 49-seitige Stellungnahme zur Anklageschrift ab. Ebenso nahm der weitere Verteidiger des Mitangeklagten Dr. K. auf 13 Seiten Stellung zur Anklageschrift. Am 15.03.2021 wurde der Haftbefehl gegen die Angeklagte G. im Rahmen eines Haftprüfungstermins gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt und ihre Freilassung angeordnet.
26
Mit Beschluss vom 23.04.2021 hat das Landgericht Ingolstadt das Verfahren gegen den Mitangeklagten Dr. K. abgetrennt und am selben Tag die Anklage der Staatsanwaltschaft I. gegen die Angeklagten G. und B. im Wesentlichen zur Hauptverhandlung zugelassen. In 4 Fällen wurde die Eröffnung abgelehnt. Zugleich bestimmte der Vorsitzende Termine zur Hauptverhandlung im Zeitraum 18.06.2021 bis 01.01.2022. Das Landgericht Ingolstadt gab zudem eine Reihe an Nachermittlungen in Auftrag.
27
Am 18.06.2021 begann die Hauptverhandlung gegen die Angeklagten G. und B.. Die Hauptverhandlungstage vom 20.07.2021, 21.07.2021, 01.12.2021, 08.03.2022, 05.05.2022, 19.05.2022, 13.10.2022, 08.12.2022 und 14.02.2023 mussten jeweils kurzfristig aufgrund von Erkrankungen von Verfahrensbeteiligten bzw. Covid19 bedingten Quarantänemaßnahmen aufgehoben werden.
28
Bereits am ersten Hauptverhandlungstag vom 18.06.2021 wies der Vorsitzende im Lichte des Opening Statements der Verteidigung der Angeklagten G. darauf hin, dass etwaige Anträge zur Erhebung eines weiteren Sachverständigengutachtens zeitnah gestellt werden sollten.
29
Mit Antrag vom 22.02.2022 beantragte die Verteidigung der Angeklagten G. die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens.
30
Am 11.04.2022 beantragte die Verteidigung die Einsicht in alle asservierten Datenträger bzw. Spiegelungen von Datenträgern.
31
Am 05.05.2022 beauftragte die Kammer den Sachverständigen … mit der Erstellung eines weiteren Sachverständigengutachtens für etwaige Wirkungen des Mittels BG-MUN gegen Krebs und andere schwere Erkrankungen. Das beauftragte Gutachten ging am 15.07.2022 beim Landgericht Ingolstadt ein.
32
Am 07.07.2022 beantragte die Verteidigung des Angeklagten B. die Aufhebung des Hauptverhandlungstermins, weil Verteidiger … nicht anwesend sei und die anwesenden Verteidiger … und … nicht in der Lage seien, den Angeklagten B. sachgerecht zu verteidigen. Außerdem stellte die Verteidigung des Angeklagten B. einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden.
33
Am 25.08.2022 beantragte der Angeklagte B. die Aufhebung des Hauptverhandlungstermins, mit der Begründung, dass nur sein Verteidiger … als Vertreter für …, nicht jedoch seine Verteidiger … und … anwesend seien und er sich deswegen nicht adäquat verteidigt sehe (vgl. Anlage I zum Protokoll vom 25.08.2022).
34
Am 26.07.2022 beantragte die Verteidigung die Aussetzung der Hauptverhandlung. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass einige Monate zur Sichtung der überlassenen Daten von etwaigen beschlagnahmten Datenträgern des gegenständlichen Verfahrens benötigt würden.
35
Am 25.08.2022 erhob die Verteidigung der Angeklagten G. und B. eine Gegenvorstellung gegen den die Aussetzung der Hauptverhandlung ablehnenden Beschluss der Kammer vom 11.08.2022. Nunmehr wurde vorgetragen, dass auch eine von der Kammer angebotene Terminierung bis Februar 2023 der Verteidigung die Verarbeitung der zur Verfügung gestellten Datenmenge nicht ermögliche.
36
Am 12.09.2022 lehnte die Verteidigung der Angeklagten G. und B. die gesamte Strafkammer wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der Antrag wurde auf die Begründung des Beschlusses der Kammer vom 12.09.2022 zur Verwerfung der Gegenvorstellung gestützt.
37
Am 29.09.2022 lehnte die Verteidigung der Angeklagten G. erneut die gesamte Strafkammer wegen der Besorgnis der Befangenheit ab mit der Begründung, diese habe die Beiordnung von Rechtsanwalt … als Pflichtverteidiger der Angeklagten G. abgelehnt. Ebenso lehnte die Verteidigung des Angeklagten B. die gesamte Strafkammer wegen Besorgnis der Befangenheit ab, mit der Begründung, diese habe Verteidiger … nicht von der Pflichtverteidigung entbunden und eine Beiordnung des Verteidigers … als Pflichtverteidiger abgelehnt. Tatsächlich waren die entsprechenden Beschlüsse vom 29.09.2022 gemäß § 142 Abs. 3 Nr. 3 StPO durch den Vorsitzenden ohne Beteiligung der beisitzenden Richter erlassen worden.
38
Am 07.07.2022 kündigte der Vorsitzende im Hinblick auf die weitere Terminsplanung an, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der beiden Angeklagten voraussichtlich am 12.09.2022 erhoben werden sollen (vgl. Anlage VI zum Protokoll vom 07.07.2022).
39
Sowohl am 10.01.2023 als auch am 17.01.2023 wies der Vorsitzende erneut darauf hin, dass die Strafkammer beabsichtige, Erhebungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten durchzuführen. Am 02.02.2023 beabsichtigte die Strafkammer, diese Erhebungen durchzuführen. Jedoch erklärten sowohl die Verteidigung der Angeklagten G. als auch die Verteidigung des Angeklagten B., dass man „keine Zeit“ gehabt habe, um die entsprechenden Angaben des jeweiligen Angeklagten vorzubereiten. Sowohl am 09.03.2023 als auch am 22.05.2023 beantragte die Verteidigung des Angeklagten B. bzw. der Angeklagten G. jeweils erneut die Aussetzung der Hauptverhandlung.
Allgemeine Feststellungen
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Der Angeklagte B. begann spätestens im Herbst 2015 mit dem Aufbau des Vertriebs des Produktes BG-MUN mittels seiner Unternehmen der „…-Group“ mit Sitzen in Panama, Kroatien und ab Juni 2018 in Zypern. Die Unternehmen betrieb er zunächst von seinem Wohnsitz in der … in … und ab seinem Umzug im Juni 2018 von seiner Wohnung auf …. Bevor der Angeklagte B. mit dem Aufbau des Produktes BG-MUN begann, war der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit seiner Unternehmen der Vertrieb von Kosmetikprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln.
1. Feststellungen zu BG-MUN
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Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2015 wandte sich der Angeklagte B. an …, bei dem es sich um den Geschäftsführer des Unternehmens … handelt, und erkundigte sich nach deren Produkt „BK-RiV“. Das „BK-RiV“ wird von der … erforscht und soll einmal ein Grundstoff für ein Arzneimittel werden. „BK-RiV“ befand sich zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme des Angeklagten B. und befindet sich bis zum heutigen Zeitpunkt in der präklinischen Phase.
42
Der Angeklagte B. erkundigte sich bei … nach „BK-RiV“, unter der Behauptung, dieses in seinen Kosmetikprodukten verarbeiten zu wollen. Bei persönlichen Treffen zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 04.11.2015 in Rostock zwischen … und dem Angeklagten B. stellte sich heraus, dass das BK-RiV mit einem Preis von 350,00 € pro ml für den Kosmetikbereich zu teuer war. … schlug dem Angeklagten B. daher vor, die sogenannte „Cytosolfraktion“, die bei der Herstellung des „BK-RiV“ durch die … als „Überstand“ anfalle und überbleibe, anzukaufen und für seine Kosmetikprodukte zu verwenden, da diese wesentlich billiger sei und auch noch zahlreiche Proteine und Aminosäuren enthalte.
43
Zur Herstellung des Stoffes „BK-RiV“ züchtet die … im Labor eingekaufte, künstliche Nierenzellen auf Zellkulturmedien (sog. Nierenzelllinie) vom Schwein bzw. Rind. Das verwendete Zellkulturmedium enthält den Farbstoff Phenolrot. Die gezüchteten Zellen werden im Herstellungsprozess schockgefrostet und schließlich zentrifugiert. Dabei zerfallen sie in ihre einzelnen Zellbestandteile. Die … filtert aus der so hergestellten Lösung die sogenannten „BK-RiV-Partikel“ heraus und verarbeitet sie weiter. Bei der zurückbleibenden Lösung, die aus Proteinen, Aminosäuren und dem Farbstoff Phenolrot besteht, handelt es sich um die „Cytosolfraktion“.
44
Die … hat zu keinem Zeitpunkt klinische oder ernährungswissenschaftliche Studien mit der „Cytosolfraktion“ durchgeführt. Die „Cytosolfraktion“ hat nicht ausschließbar positive Wirkungen auf den menschlichen Organismus. Sie ist jedoch zur hochwirksamen Behandlung und zur endgültigen Heilung von Krebserkrankungen, Colitis Ulcerosa, Hashimoto und Diabetes-Typ-I nicht in der Lage und entfaltet auch keine solche Wirkung.
45
… beschrieb dem Angeklagten B. keinerlei bestimmte Wirkungen der „Cytosolfraktion“. Solche waren ihm auch nicht bekannt. … äußerte gegenüber dem Angeklagten B. allenfalls, dass die „Cytosolfraktion“ antientzündlich sei und eventuell die Folgen einer Chemotherapie lindern könne.
46
Während der Gespräche zwischen dem Angeklagten B. und … stellte sich heraus, dass es dem Angeklagten B. zunehmend nicht mehr um die Herstellung von Kosmetika, sondern um eine angebliche Heilung von Krebserkrankungen durch Ernährung ging.
47
Um den 04.11.2015 begann die …, an die von dem Angeklagten B. geführten Unternehmen B.-Group S.A., … und … auf Bestellung des Angeklagten B. die „Cytosolfraktion“ in nicht etikettierten Ampullen mit Gummipfropf und Aluminiumkappe zu verkaufen. Die Ampullen mit einem Füllgehalt von maximal 10 ml waren dabei regelmäßig mit ca. 3 ml der „Cytosolfraktion“ befüllt. Der vereinbarte Preis betrug 15,00 € pro ml. Dabei war die „Cytosolfraktion“ von der … ausdrücklich zur „nichtmedizinischen Anwendung“ bestimmt.
48
Der Angeklagte B. verwendete die eingekaufte Cytosolfraktion seinem Plan gemäß dazu, sie als Heilmittel gegen Krebs und andere schwere und regelmäßig derzeit nicht heilbare Erkrankungen auf dem Markt anzubieten. Zu diesem Zweck gestaltete er entsprechende Verkaufsunterlagen, Erfahrungsberichte, Beipackzettel, Etiketten und Verpackungen. Die Inhalte der Unterlagen sollten den Anschein einer seriösen Überprüfung durch Labore und Behörden suggerieren. Tatsächlich führte der Angeklagte B. weder Laboruntersuchungen der Cytosolfraktion hinsichtlich ihrer Zusammensetzung durch noch führte er ernährungswissenschaftliche oder medizinische Studien durch. Belastbare Grundlagen für die in den Erfahrungsberichten behaupteten Heilungen schwerer Erkrankungen gab es nicht. Eine Zulassung als Arzneimittel, eine Anmeldung als Medizinprodukt oder eine Anzeige als Nahrungsergänzungsmittel erfolgte zu keinem Zeitpunkt und war auch nie beantragt worden.
49
Der Vertrieb der „Cytosolfraktion“ erfolgte zunächst unter der Bezeichnung „BG-MUN forte“. Nachdem gegen den Angeklagten B. ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Heilmittelwerbe- und Arzneimittelgesetzes im Zusammenhang mit BG-MUN forte eingeleitet worden war, änderte der Angeklagte B[cenzura] zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt etwa im März 2017 den Namen des Produktes in „BG-MUN Proteinkomplex“ bzw. „BG-MUN Cytosolfraktion“ und bezeichnete es fortan als „BG-MUN“. Unabhängig von der Bezeichnung handelte es sich stets um die bei der … eingekaufte „Cytosolfraktion“.
50
Um zu verschleiern, dass er nach wie vor ein Arzneimittel bewarb, bezeichnete der Angeklagte B. das unveränderte BG-MUN fortan als Nahrungsergänzungsmittel bzw. funktionelles Lebensmittel, unter anderem auch auf dem Beipackzettel. Zu diesem Zweck ließ der Angeklagte B. am 14.03.2017 durch den IHK-Sachverständigen … eine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung für BG-MUN ausstellen. Tatsächlich präsentierte der Angeklagte B. BG-MUN jedoch systematisch und als wesentliches Element des Vertriebs gegenüber Kunden und Interessenten als angeblich aufgrund seiner großen Heilerfolge nicht mehr zugelassenes Arzneimittel, das man sich injizieren solle. Dabei wusste er, dass BG-MUN zu keinem Zeitpunkt eine arzneimittelrechtliche Zulassung hatte.
51
Das weitere wesentliche Element des Vertriebs von BG-MUN waren vom Angeklagten B. aufgestellte gesundheitsbezogene Aussagen (sog. „health-claims“) über das Produkt, mit denen er das Produkt mündlich und bis zum Erlass des Strafbefehls des Amtsgerichts Ingolstadt im April 2018, in dem er wegen eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz im Zusammenhang mit BG-MUN verurteilt wurde, teilweise auch schriftlich bewarb. Obwohl der Angeklagte B. wusste, dass es für seine gesundheitsbezogenen Aussagen keinerlei wissenschaftliche Grundlage, insbesondere keinerlei zwingend notwendigen medizinischen oder ernährungswissenschaftlichen Studien, gab, versah er BG-MUN in der Anpreisung gegenüber seinen Kunden mit Eigenschaften wie: „BG-MUN löst Krebs auf“, „BG-MUN verbrennt Krebszellen“, „BG-MUN bringt Krebszellen zum Platzen“, „mit BG-MUN kann Krebs mit 98 %-tiger Wahrscheinlichkeit besiegt werden“ und „BG-MUN war früher einmal als Arzneimittel zugelassen“, die Zulassung musste aber auf Druck der Pharmaindustrie zurückgenommen werden, weil es so erfolgreich war“. Vorbezeichnete Aussagen waren frei erfunden und entbehrten jedweder Grundlage.
52
Der Angeklagte B. wusste, dass das Produkt BG-MUN aufgrund seiner Aufmachung und Anpreisung rechtlich als Arzneimittel einzustufen war.
53
Der Angeklagte B. verkaufte die eingekaufte Cytosolfraktion in Papp-Schachteln mit je 10 Ampullen und jeweils 3 ml Inhalt zu einem Preis von regelmäßig 5.900,00 € pro Packung. Spätestens ab dem Frühjahr 2017 hatten die von ihm gegründeten Unternehmen keinen anderen Zweck als das Produkt BG-MUN und dazugehörige, aber im Wesentlichen zu vernachlässigende Produkte der BG-MUN-Reihe, wie etwa Tee, zu vertreiben.
2. Einbindung der Angeklagten G. in den Vertrieb von BG-MUN
54
Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem Jahresende 2016 und Anfang 2017, jedenfalls aber vor dem 19.03.2017, lernten sich der Angeklagte B. und die Angeklagte G. zufällig kennen. Dabei pries der Angeklagte B. gegenüber der Angeklagten G. das Mittel BG-MUN unter den zuvor aufgeführten gesundheitsbezogenen Aussagen an und berichtete ihr auch von der angeblichen früheren Zulassung von BG-MUN als Arzneimittel, das nunmehr – zumindest ab etwa März 2017 – ein „funktionelles Lebensmittel“ sei. Dabei beabsichtigte er, die Angeklagte G. von seinen unwahren Behauptungen zu überzeugen und die Stellung der Angeklagten G. als Heilpraktikerin dazu auszunutzen, dass diese das Mittel BG-MUN gegenüber ihren Patienten mit den vorgenannten Behauptungen anpries und er das Mittel dann an diese Patienten, die den Angaben Glauben schenken sollten, veräußern könnte.
55
Nicht ausschließbar glaubte die Angeklagte G. den Behauptungen des Angeklagten B. zu seinem Produkt BG-MUN für einen gewissen Zeitraum, jedoch nicht länger als bis zum 12.10.2017, und nahm irrig an, dass es sich bei BG-MUN um ein hochwirksames Mittel gegen Krebs und andere schwere Erkrankungen handelte, das auch zur Heilung solcher Krankheiten in der Lage war.
56
Spätestens ab dem 19.03.2017 ließ sich die Angeklagte G. zunehmend in den Vertrieb des Angeklagten B. einbinden. Dabei trat der Angeklagte B. im Jahr 2017 auch bei dem Vertrieb durch die Angeklagte G. noch häufig selbst unterstützend auf, um das Produkt zu vermarkten.
57
Im Frühjahr und Sommer 2017 wurde BG-MUN durch die Angeklagte G. unter Mitwirkung des Angeklagten B. auch an ihre schwer an Krebs erkrankte Patientin … verkauft, um eine Heilung von deren Krebserkrankung zu erreichen. Die Behandlung mit BG-MUN erwies sich als völlig wirkungslos. Eine Eindämmung der Erkrankung oder der damit einhergehenden Metastasen erfolgte zu keinem Zeitpunkt. Vielmehr stiegen die Tumormarker stetig an, was … der Angeklagten G. mitteilte. Letztlich verstarb … am ...2017 an ihrer Krebserkrankung, obwohl sie BG-MUN eingenommen hatte. Die Angeklagte G. erfuhr noch am selben Tag vom Ableben der …. Spätestens zu diesem Zeitpunkt erkannte die Angeklagte G., dass das Mittel BG-MUN nicht das hielt, was ihr vom Angeklagten B. versprochen worden war, und nahm zumindest billigend in Kauf, dass eine Heilung oder Eindämmung einer Krebserkrankung mit BG-MUN nicht möglich ist.
3. Aufbau einer Vertriebsstruktur durch die Angeklagten
58
Im Mai und Juni 2018 mussten BG-MUN-Verkäufe des Angeklagten B. an … und die … durch den Angeklagten B. rückabgewickelt werden. Der Geschäftsführer der … äußerte gegenüber der Angeklagten G. in einer E-Mail vom 23.05.2018 Betrugsvorwürfe im Hinblick auf BG-MUN. Auch gegenüber dem Angeklagten B. wurden solche Vorwürfe durch … in einer E-Mail vom 19.06.2018 erhoben.
59
In diesem Zeitraum erkannten beide Angeklagten aufgrund der gegen sie erhobenen Vorwürfe, dass der jeweils andere um die Wirkungslosigkeit des Produktes BG-MUN wusste bzw. diese zumindest billigend in Kauf nahm.
60
Sie vereinbarten sodann im bewussten und gewollten Zusammenwirken, dass nunmehr die Angeklagte G. den „Vertrieb der BG-MUN Produkte exklusiv in Deutschland und für einige weitere europäische Länder“ übernehmen sollte. Der gemeinsame Tatplan sah vor, dass die Angeklagte G. das von dem Angeklagten B. gelieferte BG-MUN unter Verwendung der vom Angeklagten B. aufgestellten wahrheitswidrigen gesundheitsbezogenen Aussagen und den Aussagen über die ehemalige Zulassung des Mittels als Arzneimittel sowie unter Verwendung der vom Angeklagten B. teilweise selbst erstellten und zur Verfügung gestellten Unterlagen an ihre Patienten und weitere ggf. über die Internetseite des Angeklagten B. angeworbenen Kunden verkaufen sollte. Der Angeklagte B. beabsichtigte, die Patienten und Kunden mittels der getätigten Aussagen über die tatsächlichen Wirkungen von BG-MUN zu täuschen und durch die Täuschung dazu zu veranlassen, im irrigen Vertrauen auf die wahrheitswidrigen Behauptungen das BG-MUN zu kaufen. Die Angeklagte G. nahm zumindest billigend in Kauf, dass die Patienten und Kunden mittels der getätigten Aussagen über die tatsächlichen Wirkungen von BG-MUN getäuscht und durch diese Täuschung dazu veranlasst wurden, im irrigen Vertrauen auf die wahrheitswidrigen Behauptungen der Angeklagten das BG-MUN zu kaufen.
61
Nach dem gemeinsamen Tatplan sollte der Angeklagte B. das Mittel BG-MUN an die Angeklagte G. liefern. Ferner stellte er ihr das Werbematerial zur Verfügung.
62
Die Angeklagte G. vertrieb das BG-MUN dem gemeinsamen Tatplan entsprechend über ihr eigens nur für den Vertrieb von BG-MUN gegründetes Gewerbe „…“
63
Das BG-MUN sollte dem gemeinsamen Tatplan entsprechend für regelmäßig 5.900,00 € pro Packung mit je 10 Ampullen und jeweils 3 ml Inhalt veräußert werden.
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Das erforderliche BG-MUN wurde vom Angeklagten B. dem gemeinsamen Tatplan entsprechend vorab zur Verfügung gestellt.
65
Nach der getroffenen Abrede erhielt der Angeklagte B. von der Angeklagten G. für 10 Ampullen BG-MUN jeweils 3.000,00 €. Die übrigen 2.900,00 € aus dem Erlös von 5.900,00 € waren für die Angeklagte G. vorgesehen. Es konnte nicht mehr abschließend festgestellt werden, wer von den Angeklagten wann das Verpacken von BG-MUN in Schachteln sowie das Bekleben der Ampullen vornahm.
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Aufgrund des gemeinsamen Tatplans lieferte der Angeklagte B. um den 14.08.2018 zumindest das Material, also gefüllte Ampullen, Etiketten und Verpackungen für 3 Packungen BG-MUN, um den 21.08.2018 zumindest das Material für 5 Packungen BG-MUN, um den 17.09.2018 zumindest das Material für weitere 5 Packungen BG-MUN, um den 24.09.2018 zumindest das Material für abermals 5 Packungen BG-MUN, um den 26.10.2018 zumindest das Material für 10 Packungen BG-MUN, um den 20.11.2018 zumindest das Material für weitere 10 Packungen BG-MUN und zuletzt um den 07.01.2019 zumindest das Material für nochmals 10 Packungen BG-MUN. Dabei war ihm klar, dass die Angeklagte G. das BG-MUN der gemeinsamen Abrede gemäß an ihre Patienten und Kunden verkaufen und wie von ihm ausgestaltet an die Patienten und Kunden abgeben würde. Außerdem war beiden Angeklagten klar, dass sich die Angeklagte G. zur Anpreisung des Produktes der Behauptungen des Angeklagten B. bedienen würde. Dabei wusste der Angeklagte B., dass diese Behauptungen nicht der Wahrheit entsprachen; die Angeklagte G. nahm dies zumindest billigend in Kauf.
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Beide Angeklagten wussten, dass das Produkt BG-MUN aufgrund seiner Aufmachung und Anpreisung rechtlich als Arzneimittel einzustufen war. Ferner wussten beide Angeklagte, dass eine arzneimittelrechtliche Zulassung für BG-MUN nicht bestand.
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Die Angeklagten handelten in der Absicht, sich durch ihr Handeln einen entsprechenden Vermögensvorteil zu verschaffen. Die bei den Abnehmern entstandenen Schäden nahmen sie zumindest billigend in Kauf.
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Außerdem handelten die Angeklagten in allen Fällen, um sich aus der wiederholten Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu erschließen.
4. Verleihung des Professorentitels an die Angeklagte G.
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Spätestens ab November 2018 bis zum 15.05.2019 bezeichnete sich die Angeklagte G. gegenüber anderen Personen auf der öffentlich einsehbaren Website ihrer Heilpraktikerpraxis www…..de sowie auf von ihr autorisierten Rechnungen des Gewerbes „…“, auf den mit einem Branding der Praxis versehenen Papierblöcken und in ihrer E-Mail-Signatur gegenüber ihren Kunden und Patienten als „Prof. … G.“.
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Dieser Professorentitel war ihr zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vor November 2018 durch die amerikanische Onlinekirche „… Church …“ angeblich wegen „ihrer herausragenden Leistungen in der Krebshilfe“ verliehen worden. Bei der … handelt es sich um ein in Nevada eingetragenes Unternehmen. Die zugehörige Professoren-Urkunde, die in deutscher Sprache verfasst war, stammte vom Angeklagten B., der das zugehörige Unternehmen … gegründet hatte. Das Unternehmen … war weder Hochschule noch Bildungseinrichtung und deshalb zur Verleihung von akademischen Titeln oder Graden nicht befugt.
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Die Angeklagte G. wusste, dass ihr der akademische Titel „Prof.“ nicht durch eine Hochschule oder andere Einrichtung, die zur Verleihung solcher Titel befugt ist, verliehen wurde und sie ihn deshalb in Deutschland nicht öffentlich führen durfte. Sie führte den Titel gleichwohl, um im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Heilpraktikerin den Anschein besonderer Kompetenz zu erwecken.
Einzelfälle vor Absprache des gemeinsamen Tatplans
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Im Einzelnen kam es zu den nachfolgenden Verkäufen des Angeklagten B., teilweise unter Einschaltung oder mit Beteiligung der Angeklagten G., bevor die Angeklagte G. den „Exklusivvertrieb“ für BG-MUN übernahm:
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… erkrankte im Jahr 2015 an einem Ovarialkazinom mit Metastasen in der Lunge. Aufgrund von Empfehlungen ihrer Bekannten … und … begab sie sich erstmals im Frühjahr 2016 in Behandlung bei der Angeklagten G.
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a) Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Frühjahr 2017, jedenfalls aber vor dem 31.03.2017, empfahl die Angeklagte G. der … während einer Behandlung in ihrer Praxis in der … in … das Mittel BG-MUN. In diesem Zusammenhang behauptete die Angeklagte G., dass BG-MUN in der Lage sei, Krebszellen abzutöten und dafür zu sorgen, dass der Krebs verschwinde. Es habe bereits vielen geholfen. Dieses Mittel werde auch in der Berliner Charité verwendet, habe aber keine Zulassung. Das Mittel sei nicht auf dem freien Markt erhältlich, sondern nur über den Angeklagten B. zu beziehen. Dabei entsprach keine der vorgenannten Behauptungen – mit Ausnahme, dass BG-MUN keine Zulassung hatte, und dass das Mittel nur über den Angeklagten B. bezogen werden konnte – der Wahrheit.
76
Nicht ausschließbar nahm die Angeklagte G. zu diesem Zeitpunkt noch nicht billigend in Kauf, dass die vorgenannten Behauptungen größtenteils nicht der Wahrheit entsprachen. Diese hatte sie selbst vom Angeklagten B. erzählt bekommen und war von der durch den Angeklagten B. angepriesenen Wirkung des Mittels nicht ausschließbar überzeugt. Sie ging nicht ausschließbar davon aus, dass die Angaben des Angeklagten B. der Wahrheit entsprachen. Eine Wirkungslosigkeit des Mittels BG-MUN nahm sie im Frühjahr 2017 nicht billigend in Kauf.
77
… glaubte aufgrund dieser Anpreisungen der Angeklagten G. irrig an eine hohe Wirksamkeit des Mittels BG-MUN gegen ihre Krebserkrankung und bestellte deshalb eine Packung BG-MUN zum Preis von 4.000,00 € bei der Angeklagten G..
78
Das Mittel wurde in Folge durch den Angeklagten B. um den 31.03.2017 zur Praxis der Angeklagten G. gebracht, durch ihn an … übergeben und von … in bar an den Angeklagten B. bezahlt. Der Angeklagte B. wusste, dass die Angaben, die er gegenüber der Angeklagten G. gemacht hatte und diese dann gegenüber der … nicht der Wahrheit entsprachen. Er hatte die Angeklagte G. über die Wirkung des Mittels BG-MUN getäuscht, um zu erreichen, dass diese Empfehlungen für das Mittel gegenüber ihren Patienten aussprach. Dabei verfolgte er vorliegend das Ziel, das gegen Krebs wirkungslose Mittel BG-MUN für 4.000,00 € an …zu verkaufen, um sich selbst entsprechend zu bereichern.
79
Die Angeklagte G. förderte durch die Herstellung des Kontakts zum Angeklagten B. und die Ermöglichung des vorgenannten Übergabetreffens in ihrer Praxis wissentlich und willentlich die Übergabe von BG-MUN durch den Angeklagten B. an … im Wissen, dass es sich um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte.
80
… wendete das Mittel nach Empfehlung durch die Angeklagte G. durch Träufeln auf die Zunge an, ohne dass eine Wirkung eintrat.
81
b) Bei einem der Folgetermine in der Praxis der Angeklagten G. zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 07.07.2017 bestellte … abermals eine halbe Packung BG-MUN mit 5 Ampullen, da die Angeklagte G. behauptete, dass man das Mittel BG-MUN nochmals anwenden müsse, wenn es beim ersten Mal nicht helfe. Die Bestellung von … erfolgte im Glauben an die Richtigkeit dieser Behauptung, obwohl dies aufgrund der Wirkungslosigkeit des Mittels gegen Krebs nicht der Fall war. Dabei wusste die Angeklagte G. nicht ausschließbar weder, dass das Mittel wirkungslos war, noch nahm sie dessen Wirkungslosigkeit billigend in Kauf. Sie war nicht ausschließbar aufgrund der bewusst wahrheitswidrigen Angaben des Angeklagten B. von der Wirksamkeit des Mittels überzeugt. Der Angeklagte B. nutzte das die Gutgläubigkeit der Angeklagten G. aus, um diese dazu zu bringen, das Mittel gegenüber ihren Patienten zu empfehlen und sich so unrechtmäßig zu bereichern.
82
Das Mittel BG-MUN wurde abermals durch den Angeklagten B. in Absprache mit der Angeklagten G. am 07.07.2017 zur Praxis der Angeklagten G. überbracht und durch ihn an … übergeben. …, die Mutter der …, übergab dem Angeklagten B. für ihre Tochter, die weiterhin an die Wirksamkeit von BG-MUN glaubte, wie von diesem beabsichtigt, 2.000,00 € in bar, die sie ihrer Tochter für diesen Zweck geliehen hatte.
83
Die Angeklagte G. förderte die Übergabe von BG-MUN durch den Angeklagten B. an … abermals im Wissen, dass es sich um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte, indem sie ihre Praxis für die Übergabe zur Verfügung stellte.
84
… injizierte sich das Mittel mittels einer Spritze, weil die Angeklagte G. ihr aufgrund der Empfehlung des Angeklagten B. dazu geraten hatte.
85
Eine Wirkung trat nicht ein. … verstarb am ...2017 an ihrer Krebserkrankung.
86
Spätestens mit dem Tod der … am 12.10.2017 erkannte die Angeklagte G., dass das Mittel BG-MUN nicht in der Lage war, Krebs zu heilen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt nahm die Angeklagte G. die Wirkungslosigkeit von BG-MUN bei dessen Anpreisung gegenüber ihren Kunden zumindest billigend in Kauf.
87
Die Angeklagte G. wurde durch Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 22.01.2020, Az. 31 O 1609/19 Hei, zur Zahlung von 10.000,00 € an … aufgrund der BG-MUN-Käufe verurteilt. Die Forderung wurde vollständig bezahlt.
88
… leidet an der Autoimmunkrankheit Hashimoto, die bei ihr zu einer vollständigen Auflösung der Schilddrüse geführt hat. In der Konsequenz leidet … an einer dauerhaften Herabsetzung der Leistungsfähigkeit, Zittern, Darmproblemen und Haarausfall.
89
Aus diesem Grund begab sie sich im Jahr 2014 in die Behandlung bei der Angeklagten G..
90
a) Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt Frühjahr 2017, jedenfalls aber vor dem 19.03.2017, erwähnte die Angeklagte G. gegenüber … bei einem Termin in der Praxis der Angeklagten G., dass sie jemanden kenne, der ein Mittel habe, das … gegen ihre Hashimoto-Erkrankung helfen könne. Ihr ginge es dann bestimmt besser. Das Mittel sei früher einmal ein Medikament gewesen, nun aber nicht mehr freigegeben.
91
Da sich …, wie vom Angeklagten B. bei der Täuschung der Angeklagten G. beabsichtigt, interessiert zeigte, organisierte die Angeklagte G. ein Treffen mit dem Angeklagten B. um den 19.03.2017, in ihrer Praxis in der … in ….
92
Bei diesem Treffen stellte die Angeklagte G. den Angeklagten B. als Professor vor, obwohl sie wusste, dass dies nicht der Wahrheit entsprach. Der Angeklagte B. stellte sodann gegenüber … und ihrem mitanwesenden Ehemann … folgende Behauptungen auf:
93
BG-MUN enthalte tierische Zellinformationen, die dafür sorgten, Zellen zu erneuern. Damit könne man Krebs innerhalb von kürzester Zeit heilen. … werde aufgrund der Hashimoto-Erkrankung und der damit verbundenen Einnahme von Thyroxin an Magen- oder Darmkrebs erkranken, wenn sie nicht mit BG-MUN vorbeuge. Die Einnahme des Mittels erfolge oral durch Träufeln unter die Zunge.
94
Dem Angeklagten B. war bewusst, dass das Mittel BG-MUN die ausgelobten Wirkungen nicht besaß. Die Angeklagte G. war aufgrund der gleichen Angaben des Angeklagten B. ihr gegenüber nicht ausschließbar von der Richtigkeit dieser Behauptungen überzeugt. Eine Wirkungslosigkeit des Mittels war ihr nicht ausschließbar weder bekannt noch nahm sie diese zu diesem Zeitpunkt billigend in Kauf.
95
Die wahrheitswidrigen Angaben erfolgten, weil der Angeklagte B…. zum Kauf einer Packung BG-MUN zu einem Kaufpreis in Höhe von 4.000,00 € bewegen wollte, obwohl er wusste, dass er auf die Zahlung keinen Anspruch hatte.
96
Im Glauben an die ausgelobte Wirkung und die damit verbundene Linderung ihrer Beschwerden und die Qualifikation des Angeklagten B., die durch die wahrheitswidrige Behauptung, er sei ein Professor, erzeugt wurde, bezahlte … 4.000,00 € in bar für eine Packung BG-MUN an den Angeklagten B., die dieser ihm sogleich übergab.
97
Die Angeklagte G. förderte die Übergabe von BG-MUN durch den Angeklagten B. an … und … abermals im Wissen, dass es sich um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte.
98
b) Als das Mittel BG-MUN nicht die erhoffte Wirkung zeigte, bestellte … zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt etwa Ende Juni 2017 eine weitere Packung BG-MUN für abermals 4.000,00 € bei der Angeklagten G., wobei diese dazu riet, das Mittel mit Hilfe einer Spritze zu injizieren, da auf diese Art die Wirkung verbessert werden könne. Diese Angabe entsprach nicht der Wahrheit, weil das Mittel BG-MUN überhaupt nicht wirksam gegen Hashimoto war. Nicht ausschließbar glaubte die Angeklagte G. aufgrund der entsprechenden Behauptung des Angeklagten B. jedoch tatsächlich, dass die Wirkung durch Injektion verbessert werden könne.
99
Der Angeklagte B. brachte das Mittel nach Rücksprache mit der Angeklagten G. um den 29.06.2017 zu dem Anwesen der … und des …. Dort erzählte er … anlässlich der Übergabe bewusst wahrheitswidrig, dass BG-MUN kein Arzneimittel sei, weil er es nicht als solches anmelden könne. Er habe Schwierigkeiten bei der Zulassung aufgrund der krebsheilenden Wirkung und müsse es daher als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnen. Außerdem habe er bereits Anschläge der Pharmaindustrie auf sein Leben überlebt. So sei er von einem Lastwagen überfahren worden, weil er ein Mittel erfunden habe, das Krebs heile. Diese unwahren Angaben erfolgten, um den Glauben des … an die angepriesene Wirkung des Mittels aufrechtzuerhalten und ihn erneut zum Kauf zu bewegen und sich entsprechend zu bereichern.
100
… bezahlte dem Angeklagten B. abermals 4.000,00 € in bar, weil er von einer Wirksamkeit des Mittels für seine Ehefrau ausging. Der Angeklagte B. übergab … eine Packung BG-MUN.
101
Die Angeklagte G. hatte die Übergabe des Angeklagten B. von BG-MUN an … abermals im Wissen gefördert, dass es sich um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte.
102
c) Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt ca. 2 Monate später, im September 2017, bestellte … nach wie vor aufgrund der Angaben der Angeklagten G. und B. im irrigen Glauben an die Wirksamkeit von BG-MUN eine dritte Packung BG-MUN bei der Angeklagten G., wobei diese ihr mitteilte, dass sich das BG-MUN zwischenzeitlich auf 4.300,00 € verteuert habe. Nach wie vor in dem irrigen Glauben an eine Wirkung des Mittels, bezahlte … diese 4.300,00 € in bar an die Angeklagte G. in deren Praxis. Die Angeklagte G. übergab ihr im Gegenzug eine Packung BG-MUN im Wissen, dass es sich um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte. Auch diese Packung BG-MUN spritzte sich ….
103
Eine dauerhafte Besserung des Zustandes der … trat nicht ein.
104
… betreibt die Firma … mit Sitz in Berlin, die sogenannte „Magnetfeldgeräte“ verkauft. Aus diesem Grund pflegte er seit dem Jahr 2015 eine Geschäftsbeziehung mit der Angeklagten G.
105
Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen Februar und März 2017 erwähnte die Angeklagte G. gegenüber … ein neues Produkt, das Patienten bei der Magnetfeldtherapie unterstützen und Krankheiten heilen könne. Es handle sich dabei um das Mittel BG-MUN. Damit habe sie bei schwerkranken Krebspatienten bereits tolle Erfolge gehabt. Sie bezeichnete BG-MUN als „Zellerneuerungs- und Immuntherapie“. Es handle sich um ein Nahrungsergänzungsmittel, das als Lebensmittel zugelassen sei und bei allen Krebserkrankungen, Autoimmunerkrankungen und chronischen Entzündungen durch das Eppstein-Barr-Virus eingesetzt werden könne. Die Einnahme erfolge oral.
106
Die Anpreisungen der Angeklagten G. beruhten ausschließlich auf den wahrheitswidrigen Beschreibungen des Angeklagten B.. Dementsprechend entsprach die Angabe, sie habe bereits tolle Erfolge gehabt, nicht der Wahrheit. Nicht ausschließbar ging die Angeklagte G. aufgrund der Behauptungen des Angeklagten B. irrig davon aus, dass die Behauptungen der Wahrheit entsprachen. Lediglich im Hinblick auf die Behauptung, dass sie bereits tolle Erfolge gehabt habe, wusste sie, dass das nicht der Wahrheit entsprach.
107
Nachdem … zunächst nicht auf die Auslobung der Angeklagten G. einging, schlug diese ihm zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen Mai und Juni 2017 vor, dass er den Kunden seiner Magnetfeldgeräte das Mittel empfehlen und dafür BG-MUN zum Einkaufspreis beziehen könne. … ging erneut nicht auf das Angebot der Angeklagten G. ein.
108
Zwischen Juni und Juli 2017 rief der Angeklagte B. in Absprache mit der Angeklagten G. bei … an. Der Angeklagte B. erklärte … bewusst wahrheitswidrig, dass die Heilungschance für Krebspatienten bei einer Behandlung mit BG-MUN 98 % betrage. Per W...App-Nachricht teilte er … am 25.07.2017 mit, dass es genug Erfahrungen mit BG-MUN gebe. Es handle sich um ein funktionelles Lebensmittel.
109
Dabei beabsichtigte er, … zum Kauf von BG-MUN zu bewegen und diesen für einen etwaigen Vertrieb anzuwerben, um sich selbst entsprechend zu bereichern.
110
… der den Angaben der beiden Angeklagten, wie vom Angeklagten B. beabsichtigt, schließlich Glauben schenkte, traf sich um den 28.07.2017 mit dem Angeklagten B. in einem Hotel in …. Bei diesem Treffen teilte der Angeklagte B. … bewusst wahrheitswidrig mit, dass BG-MUN eine Zulassung als Nahrungsergänzungsmittel habe. Allerdings sei es in der DDR einmal ein Arzneimittel gewesen und habe aufgrund der Wende die Zulassung verloren. Das Mittel müsse intravenös verabreicht werden.
111
… erwarb schließlich im irrigen Glauben, ein hochwirksames Mittel gegen Krebs zu erwerben, um den 25.08.2017 zwei Packungen BG-MUN für jeweils 3.000,00 €, die er per Überweisung auf das Konto des Angeklagten B. bei der Bank … mit der IBAN … bezahlte, und die der Angeklagte B. ihm zuschickte.
112
Die Angeklagte G. förderte die Übergabe von BG-MUN an … abermals im Wissen, dass es sich um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte.
113
Im Februar 2015 erkrankte … an Brustkrebs. Im Jahr 2016 kamen Knochenmetastasen hinzu, deren Ausbreitung zwar medizinisch behandelbar, nicht jedoch heilbar war.
114
Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 14.11.2017 erfuhr die Tochter der …, durch ihren Freund … von einem Mittel, mit dem man den Krebs bekämpfen könne, und erzählte ihrer Mutter davon.
115
… organisierte infolgedessen auf Wunsch der Familie … ein Treffen zwischen … und dem Angeklagten B. am Nachmittag des 14.11.2017 in einem Immobilienbüro der … in der … in …, an dem er selbst ebenfalls teilnahm.
116
Der Angeklagte B. stellte sich gegenüber … und … als „Graf Ulrich B. von Kaufhold“ vor. Bei diesem Treffen behauptete der Angeklagte B. gegenüber … und …, dass es sich bei dem Mittel BG-MUN um ein Mittel gegen Krebs und andere schwere Krankheiten handle. Es stärke das Immunsystem derartig, dass der Krebs aufgelöst werde, das heißt, dass die Krebszellen zum Platzen gebracht werden könnten. Damit könne der Krebs dann definitiv geheilt werden. Es habe ihm selbst aus dem Rollstuhl geholfen, nachdem er einen schweren Unfall gehabt habe. BG-MUN sei bereits als Arzneimittel zugelassen gewesen, es sei aber aufgrund seiner großen Erfolge von der „Pharmalobby“ verfolgt und daher die Zulassung zurückgenommen worden. Dem Angeklagten B. war bewusst, dass das Mittel BG-MUN die ausgelobte Wirkung nicht besaß und eine Zulassung als Arzneimittel zu keinem Zeitpunkt gehabt hatte. Die Angaben erfolgten allein, um … zum Kauf des Mittels für einen Kaufpreis von 5.900,00 € zu bewegen, um sich selbst entsprechend zu bereichern. Um seine Angaben zu unterstreichen, ließ der Angeklagte B. den … Videos in türkischer Sprache gegenüber … und … vorspielen, auf denen angeblich schwer erkrankte Personen zu sehen waren, die durch BG-MUN geheilt worden seien.
117
Der Angeklagte B. empfahl …, das BG-MUN mittels einer Spritze in das Unterbauchfettgewebe zu injizieren.
118
Im Vertrauen auf die vom Angeklagten B. ausgelobte Heilung durch das Mittel, kaufte … eine Packung BG-MUN mit 10 Ampullen noch beim Treffen am 14.11.2017 und nahm sie gleich mit, wie der Angeklagte B. es beabsichtigt hatte. Dabei wusste er, dass es sich bei BG-MUN um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte. Die erste Spritze BG-MUN setzte der Angeklagte B. der … noch vor Ort selbst.
119
Den Kaufpreis in Höhe von 5.900,00 € entrichtete … einige Tage später per Überweisung von ihrem Konto auf das Konto des Angeklagten B. bei der Bank … mit der IBAN ….
120
Das Mittel zeigte keinerlei Wirkung. … verstarb am ...2018 an ihrer Krebserkrankung.
121
Im Januar 2018 erfuhr … während eines Verkaufsgesprächs hinsichtlich eines technischen Geräts von seinem Bekannten … von einem Mittel, das gegen Krebs helfen könne, … lud … zu einem Vortrag des Angeklagten B. über dessen Mittel BG-MUN ein. … besuchte daraufhin zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Januar 2018 die vorgenannte Veranstaltung des Angeklagten B. in einem Hotel in H.. Bei diesem Vortrag behauptete der Angeklagte B. bewusst wahrheitswidrig, dass das Mittel BG-MUN das Immunsystem unterstütze und nahezu 100 % wirkungsvoll gegen jede Art von Krebs sei. Das Produkt befinde sich noch im Aufbaustadium und müsse verdeckt bleiben, da die „Pharmalobby“ etwas dagegen habe. Dem Angeklagten B. war bewusst, dass das Mittel BG-MUN die ausgelobte Wirkung nicht besaß und eine Verfolgung durch die Pharmalobby nicht erfolgte.
122
Kurz darauf, zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Februar 2018, erkrankte die Mutter des …, an einem Mammakarzinom.
123
… und … besuchten deshalb kurz vor dem 20.02.2018 erneut einen Vortrag des Angeklagten B. in demselben Hotel in H.. Bei dieser Gelegenheit gab der Angeklagte B. gegenüber beiden in einem gemeinsamen Gespräch bewusst wahrheitswidrig an, dass das Mittel BG-MUN gegen das Mammakarzinom 100 %tig ohne Einschränkungen wirken werde, um sie zum Kauf des Mittels für 3.500,00 € zu bewegen. BG-MUN sollte nach den Angaben des Angeklagten B. in das Unterbauchfettgewebe mittels einer Spritze injiziert werden.
124
Es kam zu der Übereinkunft, dass … und … eine der … versprochenen Packungen für 3.500,00 € statt 5.900,00 € bekommen sollten.
125
… und … schenkten den Behauptungen des Angeklagten B. Glauben. Deshalb bestellte … eine Packung BG-MUN mit 10 Ampullen telefonisch beim Angeklagten B. um den 20.02.2018, für den vereinbarten Preis von 3.500,00 €, wie der Angeklagte B. es beabsichtigt hatte. Der Kaufpreis in Höhe von 3.500,00 € wurde am 20.02.2018 per Überweisung vom Konto der … auf das Konto bei der Bank … mit der IBAN … des Angeklagten B. bezahlt. Kurz darauf erhielt sie das vom Angeklagten B. versandte Mittel mit der Post. Dabei wusste der Angeklagte B., dass BG-MUN nicht als Arzneimittel zugelassen war.
126
Nachdem … BG-MUN 12 Wochen lang gespritzt hatte und keine Wirkung feststellen konnte, forderte … den Angeklagten B. deshalb um den 20.06.2018 herum auf, den entrichteten Kaufpreis in Höhe von 3.500,00 € zurückzubezahlen, da seine Mutter und er ansonsten rechtliche Schritte einleiten müssten. Der Angeklagte B. überwies daraufhin 3.500,00 € zurück auf das Konto der …
127
Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 22.03.2018 erfuhr … über seinen Bekannten … von dem Produkt BG-MUN des Angeklagten B.
128
Es kam daraufhin um den 22.03.2018 zu einem persönlichen Treffen zwischen … und dem Angeklagten B. in einem Hotel in der Nähe von H.. Bei diesem Treffen behauptete der Angeklagte B., dass das Mittel BG-MUN Cytosolfraktion ein funktionelles Mittel sei, mit dem man Krebs heilen könne. Dem Angeklagten B. war bewusst, dass das Mittel BG-MUN die ausgelobte Wirkung nicht besaß.
129
… schenkte den Angaben des Angeklagten B. genügend Glauben, um seinem Geschäftspartner in Korea, der Firma … mit Sitz in Seoul, darüber zu berichten. Auch der Geschäftsführer der … schenkte den falschen Behauptungen des Angeklagten B. Glauben. Im Vertrauen auf die wahrheitswidrig gemachten Angaben des Angeklagten B. beauftragte er … sodann, mit dem Angeklagten B. in Verhandlungen über den Ankauf von BG-MUN und etwaige Exklusivvertriebsrechte zu treten, wie es der Angeklagte B. beabsichtigt hatte.
130
Am 02.05.2018 unterzeichneten der Angeklagte B., die Ehefrau des …, Frau …, und …, der Geschäftsführer der … einen Liefervertrag mit einem Volumen von 1000 Packungen BG-MUN mit je 10 Ampullen zu je 3 ml zum Gesamtpreis von 3.500.000,00 €. Dabei wurden einzelne Zahlungen vereinbart.
131
Im irrigen Glauben, ein hochwirksames Krebsheilmittel zu erstehen, überwies die …. über … insgesamt 112.000,00 € zwischen Juni und September 2018 auf das Konto des Angeklagten B. bei der Bank … mit der IBAN …. Außerdem überwies die … im September, Oktober und November 2018 nochmals weitere 50.000,00 € auf das vorbezeichnete Konto. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt nach dem 03.05.2018 holten koreanische Angestellte der Firma … in Durchführung des geschlossenen Vertrages eine unbekannte Menge BG-MUN beim Angeklagten B. ab. Bei der Übergabe des BG-MUN wusste der Angeklagte B., dass BG-MUN nicht als Arzneimittel zugelassen war.
132
Nachdem die … im Frühjahr 2019 feststellte, dass BG-MUN die versprochene Wirkung nicht besaß, forderte sie durch ihren Vermittler … den Angeklagten B. zur Rückabwicklung des Vertrages auf. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Herbst 2019 schlossen der Angeklagte B. und die Firma …., wiederum durch Vermittlung des …, einen eigenständigen Vertrag über ein Mittel in Tablettenform. Nicht ausschließbar handelt es sich um einen rechtlich wirksamen, tatsächlich durchgeführten Vertrag legalen Inhalts. Durch diesen Vertrag sollte sich nach dem Willen der Parteien das Geschäft über BG-MUN erledigen. Die zuvor geleisteten 162.000,00 € für BG-MUN wurden nicht ausschließbar gleichwertig mit einer geleisteten Zahlung vollständig auf den neu geschlossenen Vertrag angerechnet.
Einzelfälle ab Übernahme des „Exklusivvertriebs“ durch die Angeklagte G.
133
Nach Übernahme des Exklusivvertriebs durch die Angeklagte G. kam es im Einzelnen zu nachfolgenden Verkäufen der Angeklagten G. und B.:
134
… erkrankte im Jahr 2017 an Speiseröhrenkrebs. Zum Zeitpunkt der Diagnose im September 2017 wurden bereits Metastasen in Leber und Lunge festgestellt. Im Juni 2018 lernte … über Facebook … kennen. Dieser berichtete ihr, dass sich sein Bruder, der an einem Gehirntumor erkrankt sei, mit einem Mittel namens BG-MUN bereits auf dem Weg der Heilung befinde. … lud … zu einer Gartenparty am 07.07.2018 in … ein, um das Überleben seines Bruders zu feiern, und kündigte an, dass auch der Hersteller des Mittels, der Angeklagte B., vor Ort sein werde. Tatsächlich handelte es sich bei der „Gartenparty“ um eine Veranstaltung, die die Angeklagten B. und G. zum Verkauf von BG-MUN nutzen wollten.
135
a) Am Nachmittag des 07.07.2018 empfahl der Angeklagte B. der … auf der „Gartenparty“ in … in … das Mittel BG-MUN zur Heilung ihrer Krebserkrankung. In diesem Zusammenhang behauptete der Angeklagte B., dass BG-MUN in der Lage sei, das Immunsystem des Körpers derart zu stärken, dass der Krebs vernichtet werde. Es habe bereits vielen geholfen. Er habe bereits Angebote der Pharmaindustrie über 40 Millionen € abgelehnt. Dabei entsprach keine der vorgenannten Behauptungen der Wahrheit. Die Angeklagte G. kam zu dem Gespräch hinzu und berichtete der …, dass sie mit dem Mittel BG-MUN bereits große Erfolge gegen Krebs erzielt habe. Auch dies entsprach nicht der Wahrheit.
136
Die Unwahrheit der Aussagen war dem Angeklagten B. bewusst. Die Angeklagte G., der die Art und Weise des Vertriebs des Angeklagten B. bekannt war, nahm die Unwirksamkeit von BG-MUN gegen Krebs zumindest billigend in Kauf und wusste, dass sie bislang keine eigenen Erfolge erzielt hatte. Beide wollten, ihrem gemeinsamen Tatplan entsprechend, … zum Kauf einer Packung BG-MUN für 5.900,00 € bewegen.
137
… vereinbarte noch auf der Gartenparty mit der Angeklagten G. einen Termin in deren Praxis in der … in … für den 11.07.2018. Der Angeklagte B. teilte der Angeklagten G. am 09.07.2018 per W...App mit, dass … in bar bezahlen werde. Tatsächlich kaufte … in der Praxis der Angeklagten G. am Morgen des 11.07.2018 im irrigen Glauben an die hohe Wirksamkeit des Mittels BG-MUN gegen ihre Krebserkrankung, wie die Angeklagten es vorhergesehen und beabsichtigt hatten, eine Packung BG-MUN zum Preis von 5.900,00 € bei der Angeklagten G. … bezahlte das Mittel in bar an die Angeklagte G. und bekam dafür eine Packung BG-MUN ausgehändigt. Dabei wussten die Angeklagte G. und der Angeklagte B., dass BG-MUN ein nicht zugelassenes Arzneimittel war. Im Rahmen des durch die Angeklagte G. durchgeführten Beratungsgesprächs am 11.07.2018 riet sie der … von der Fortführung ihrer Chemotherapie ab. … sagte in der Folge die für den 12.07.2018 geplante Chemotherapie ab und setzte die Behandlung nicht mehr fort.
138
In der Folgezeit nahmen die Angeklagten G. und B. immer wieder Einfluss auf die medizinische Behandlung der …, indem sie ihr vorspiegelten, sie sei auf dem Weg zur Genesung.
139
b) Am 01.10.2018 wurde bei … eine fehlerhafte MRT-Untersuchung durchgeführt. Die Aufnahmen betrafen lediglich das Abdomen, obwohl Aufnahmen des Thorax erforderlich gewesen wären. Beide Angeklagten deuteten das Ergebnis der Untersuchung gegenüber … als großen Erfolg, obwohl das nicht der Fall war. Bei einem Termin in der Praxis der Angeklagten G. am 08.10.2018 empfahl die Angeklagte G. der …, mit der Einnahme von BG-MUN fortzufahren und das Ergebnis einer neuen Untersuchung, obwohl zwischenzeitlich bekannt geworden war, dass die MRT-Untersuchung fehlerhaft erfolgt war, nicht abzuwarten. Daraufhin bestellte … im Vertrauen auf die Richtigkeit der Empfehlung der Angeklagten G. zur Fortführung der BG-MUN-Therapie, die jedoch, wie die Angeklagte G. zumindest billigend in Kauf nahm, völlig wirkungslos gegen Krebs war, noch am selben Tag per W...App-Nachricht um 21:31:13 Uhr eine halbe Packung BG-MUN für 2.950,00 € zuzüglich 30,00 € Versandkosten bei der Angeklagten G.. … überwies der Angeklagten G. den vorgenannten Betrag am 10.10.2018 auf deren Konto bei der … mit der IBAN … und erhielt das BG-MUN mit der Post. Die Angeklagte G. wusste, ebenso wie der Angeklagte B., dass BG-MUN ein nicht zugelassenes Arzneimittel war.
140
Das erforderliche Material für BG-MUN hatte der Angeklagte B. zuvor tatplangemäß und im sicheren Wissen, wie die Angeklagte G. das Mittel anpreisen würde, um den 24.09.2018 geliefert und dafür 1.500,00 € erhalten.
141
… injizierte sich das Mittel mittels einer Spritze in die Bauchdecke, weil ihr die Angeklagten dazu geraten hatten. Bei einer CT-Untersuchung am 20.11.2018 wurde eine deutliche Verschlechterung des Erkrankungsbildes festgestellt. Die Angeklagten behaupteten, die Verschlechterung sei allein auf „psychosomatische Störungen“ bei … zurückzuführen. … verstarb am ...2019 an ihrer Krebserkrankung.
142
… erhielt für die BG-MUN-Käufe der … jeweils eine Provision.
143
… leidet seit dem Jahr 2013 an einer inoperablen Darmkrebserkrankung. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 27.04.2018 berichtete … dem Sohn der …, von einem neuen Mittel, das gegen Krebs helfe. Dies hatte … zuvor vom Angeklagten B. bei einem Vortrag zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt in H. gehört. Im Anschluss an den Vortrag schickte der Angeklagte B. dem … selbst erstellte Krankenberichte zu angeblichen Heilungen mit BG-MUN. Dabei wusste der Angeklagte B., dass BG-MUN nicht in der Lage war, Krebs zu heilen. Er beabsichtigte jedoch, über die Zuhörer seines Vortrags BG-MUN weitläufig zu vertreiben. Wie vom Angeklagten B. geplant, leitete … im Glauben, er habe ein Wundermittel gefunden, die Krankenberichte am 27.04.2018 per E-Mail an … weiter und empfahl ihm die Angeklagte G. als Ansprechpartnerin.
144
… fuhr daraufhin gemeinsam mit ihrem Ehemann … und ihrem Sohn … am 14.05.2018 zur Praxis der Angeklagten G. nach …. Die Angeklagte G. bestätigte, dass BG-MUN den Krebs, aber auch andere Krankheiten besiegen könne. Dabei nahm sie zumindest billigend in Kauf, dass diese Angabe nicht der Wahrheit entsprach und BG-MUN gegen Krebserkrankungen vollständig wirkungslos ist. Außerdem riet die Angeklagte G. der …, das Mittel zu spritzen, und berichtete bewusst wahrheitswidrig von großen Erfolgen mit dem Mittel BG-MUN und dass sie es auch selbst anwende.
145
Daraufhin bestellte … zunächst einmal BG-MUN bei … und bezahlte den entsprechenden Kaufpreis an die … haftungsbeschränkt. Als die Angeklagte G. am 09.07.2018 bei einem zweiten Termin der … in der Praxis von diesem Kauf erfuhr, reagierte sie aufgebracht und äußerte, dass dies beim nächsten Mal nicht mehr so gehe. Die Angeklagte G. war aufgebracht, weil … BG-MUN über die Fa. … des … bezogen hatte, mit dem sich die Angeklagten beginnend im Mai 2018 überworfen hatten.
146
Die Angeklagte G. behauptete sodann, dass … auf einem guten Weg sei, aber noch eine weitere Packung BG-MUN benötige. Dabei nahm sie abermals zumindest billigend in Kauf, dass diese Angabe nicht der Wahrheit entsprach und BG-MUN gegen Krebserkrankungen vollständig wirkungslos ist. Dem Angeklagten B. war bewusst, dass die Angeklagte G. das Mittel tatplangemäß anpreisen würde. Daraufhin bestellte … im irrigen Glauben an die angepriesene Wirkung und den Rat der Angeklagten G. nochmals eine Packung BG-MUN für 5.900.00 €, wie die Angeklagten B. und G. es gewollt hatten. Am 18.07.2018 bezahlte … das Mittel per Überweisung in Höhe von 5.900,00 € auf das Konto des Angeklagten B. bei der Bank … mit der IBAN …, wie die Angeklagte G. und der Angeklagte B. es beabsichtigt hatten. … holte das Mittel wenige Tage später bei der Angeklagten G. ab. Dabei wussten beide Angeklagte, dass BG-MUN keine Zulassung als Arzneimittel hatte.
147
… injizierte sich das BG-MUN. … leidet bis heute an Darmkrebs.
148
… leidet bereits seit mehreren Jahren an der nicht heilbaren Darmerkrankung Colitis Ulcerosa.
149
Aufgrund seiner Erkrankung befand er sich immer wieder in Behandlung in der Praxis der Angeklagten G. in ….
150
Zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 27.08.2018 nahm … einen Termin in der Praxis der Angeklagten G. wahr. Im Verlauf des Behandlungsgesprächs empfahl die Angeklagte G. … eine Kur mit dem Mittel BG-MUN.
151
In diesem Zusammenhang führte die Angeklagte G. gegenüber … aus, dass BG-MUN das Immunsystem derart stärken könne, dass sich sein Körper dann selbst von Colitis Ulcerosa heile. Es bestehe eine Chance, dass die Krankheit dann weggehe. Das Mittel sei früher einmal zugelassen gewesen, aber dann habe die Pharmaindustrie das nicht mehr länger zugelassen, denn es habe zu gut geheilt. Außerdem wies sie darauf hin, dass man das Mittel oral einnehmen könne, eine Injektion aber effektiver sei. Dabei nahm sie die Unrichtigkeit ihrer Angaben zumindest billigend in Kauf.
152
… besprach im Anschluss an dieses Gespräch zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 27.08.2018 den Kauf von BG-MUN mit seinen Eltern … und …, wobei er ihnen die vorbezeichneten Äußerungen der Angeklagten G. berichtete.
153
…, der in der Familie … für die finanziellen Angelegenheiten zuständig ist, wollte sich jedoch von der Richtigkeit der Angaben seines Sohnes selbst überzeugen und begleitete deshalb … gemeinsam mit seiner Ehefrau … am 27.08.2018 in die Praxis der Angeklagten G. in der … in ….
154
Im Gespräch mit … bestätigte die Angeklagte G. ihre vorherigen Angaben und versicherte …, dem Tatplan der Angeklagten gemäß, dass BG-MUN 5 – bis 10-mal so wirksam sei wie die herkömmlichen Mittel gegen Colitis Ulcerosa, die … nehme, was tatsächlich nicht der Fall war. Dabei nahm sie zumindest billigend in Kauf, dass ihre Angaben nicht der Wahrheit entsprachen. Die Angeklagte G. beabsichtigte, … zum Kauf des Mittels BG-MUN für 5.900,00 € zu bewegen, um sich entsprechend zu bereichern.
155
Im Vertrauen auf die von der Angeklagten G. ausgelobte mögliche Heilung durch das Mittel, kaufte … eine halbe Packung BG-MUN mit 5 Ampullen am 27.08.2018 für einen Preis von 2.750,00 € bei der Angeklagten G., wie diese es beabsichtigt hatte. Das Mittel übergab die Angeklagte G. an die Familie … Dabei wusste sie, ebenso wie der Angeklagte B., dass BG-MUN nicht als Arzneimittel zugelassen war.
156
Das erforderliche Material für BG-MUN hatte der Angeklagte B. zuvor tatplangemäß und im sicheren Wissen, wie die Angeklagte G. das Mittel anpreisen würde, um den 21.08.2018 geliefert und dafür 1.500,00 € erhalten.
157
Der Kaufpreis in Höhe von 2.750,00 € wurde in zwei Raten am 27.10.2018 in Höhe von 1.500,00 € und am 01.10.2018 in Höhe von 1.250,00 € jeweils per Überweisung vom Konto des … auf das Konto der Angeklagten G. bei der Bank … mit der IBAN … bezahlt.
158
… spürte während und nach der Einnahme von BG-MUN keine Verbesserung und leidet bis heute an Colitis Ulcerosa.
159
a) Im Juni 2018 wurde bei … ein unheilbares Adenokarzinom diagnostiziert. Seine Ehefrau … suchte deshalb im Internet nach alternativen Heilmethoden und stieß auf das Mittel BG-MUN und die Telefonnummer des Angeklagten B. Als sie diesen zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 01.09.2018 anrief, teilte er ihr mit, dass er die Angeklagte G. informieren und dass diese sich bei … melden werde. In der Folge informierte er die Angeklagte G..
160
Am 01.09.2018 rief die vom Angeklagten B. mit dem Exklusiv-Vertrieb von BG-MUN für Deutschland beauftragte Angeklagte G. tatplangemäß bei … an. Die Angeklagte G. teilte … in diesem Telefonat wahrheitswidrig mit, dass das BG-MUN helfe, dass sich die Körperabwehr verbessere und das Wachstum der bösartigen Krebszellen eingeschränkt werde. Das Mittel könne … dabei helfen, wieder gesund zu werden. Dabei nahm sie zumindest billigend in Kauf, dass ihre Behauptungen nicht der Wahrheit entsprachen.
161
Am 02.09.2018 trafen sich … und die Angeklagte G. gegen 09:30 Uhr bei der … in …. Aufgrund der Angaben der Angeklagten G. glaubte …, ein hochwirksames Krebsmittel zu erwerben, bezahlte deshalb der Angeklagten G. 5.900,00 € in bar und erhielt dafür von ihr eine Packung BG-MUN. Dabei wusste die Angeklagte G., aber auch der Angeklagte B., dass es sich bei BG-MUN um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte.
162
Das an … übergebene BG-MUN war zuvor um den 21.08.2018 als Material vom Angeklagten B. tatplangemäß an die Angeklagte G. geliefert worden. Dabei wusste der Angeklagte B., wie die Angeklagte G. das Mittel vertreiben würde. Er erhielt dafür 3.000,00 €.
163
Die Angeklagte G. empfahl … eine kombinierte Einnahme für … in oraler Form und durch subkutane Injektion. Außerdem riet sie … davon ab, bei … die Chemotherapie fortzuführen, weil dies die Wirkung des BG-MUN eindämme. Diesen Rat befolgte … allerdings nicht. Eine Heilung erfolgte nicht.
164
b) Am 02.01.2019 kontaktierte … die Angeklagte G. per W...App und fragte nach ihrer Meinung zu einer weiteren Behandlung mit BG-MUN. In einem anschließenden Telefonat teilte die Angeklagte G. … dem gemeinsamen Tatplan mit dem Angeklagten B. entsprechend wahrheitswidrig mit, dass das BG-MUN aufgrund der Chemotherapie des … nicht richtig habe wirken können. Dabei nahm sie zumindest billigend in Kauf, dass BG-MUN gegen Krebs vollständig wirkungslos war.
165
Aufgrund dieser Äußerungen entschied sich …, nochmals BG-MUN für 5.900,00 € zu kaufen, weil sie glaubte, dass dieses nun hochwirksam gegen den Krebs des … wirken werde. Den Kaufpreis bezahlte sie in 2 Raten zu jeweils 3.000,00 € und 2.900,00 € per Überweisung am 07.01.2019 bzw. 08.01.2019 auf das Konto der Angeklagten G. bei der … mit der IBAN … Die Packung BG-MUN wurde von der Angeklagten G. an … mit der Post versandt.
166
Dabei wusste die Angeklagte G., aber auch der Angeklagte B., dass es sich bei BG-MUN um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte.
167
Das an … übergebene BG-MUN war zuvor um den 20.11.2018 als Material vom Angeklagten B. tatplangemäß an die Angeklagte G. geliefert worden. Dabei wusste der Angeklagte B., wie die Angeklagte G. das Mittel vertreiben würde. Er erhielt dafür 3.000,00 €.
168
… verstarb am ...2020 an seiner Erkrankung.
169
Im März 2018 erkrankte die am 16.06.2015 geborene … an Diabetes-Typ-I. Bei der Familie … handelt es sich um die langjährigen Nachbarn der Angeklagten G., mit denen sie eine freundschaftliche Beziehung unterhielt. Der Vater der …, berichtete der Angeklagten G. anlässlich eines privaten Gesprächs von der Erkrankung seiner Tochter. Daraufhin berichtete die Angeklagte G., dass sie etwas habe, dass … helfen könne.
170
Bei einem privaten Abendessen zwischen … und … und der Angeklagten G. am 27.08.2018 berichtete die Angeklagte G., dem Tatplan mit dem Angeklagten B. entsprechend, diesen wahrheitswidrig, dass das Mittel BG-MUN das Immunsystem stärken und die Viren, die die Erkrankung der … hervorgerufen hätten, abtöten könnten. Dadurch könnten sich aufgrund von … Alter deren Zellen regenerieren und sie so von Diabetes geheilt werden. Insulin sei dann nicht mehr erforderlich. Diese Angaben entsprachen, wie die Angeklagte G. zumindest billigend in Kauf nahm, nicht der Wahrheit.
171
a) Daraufhin vereinbarten … und … einen Termin in der Praxis der Angeklagten G. am 15.10.2018, wie diese es beabsichtigt hatte. Die Angeklagte G. wiederholte ihr Versprechen und erläuterte außerdem bewusst wahrheitswidrig, dass sie das Mittel auch zur Krebsbehandlung einsetze, damit große Erfolge habe und auch schon Krebs habe heilen können. Daraufhin kauften … und … im irrigen Glauben, ein hochwirksames Mittel zu erwerben, 3 Ampullen BG-MUN für 1.530,00 €, die ihnen von der Angeklagten G. übergeben wurden. Dabei wusste die Angeklagte G., ebenso wie der Angeklagte B., dass BG-MUN ein nicht zugelassenes Arzneimittel war.
172
Das an … und … übergebene BG-MUN war zuvor um den 24.09.2018 als Material vom Angeklagten B. tatplangemäß an die Angeklagte G. geliefert worden. Dabei wusste der Angeklagte B., wie die Angeklagte G. das Mittel vertreiben würde. Er erhielt dafür 900,00 €.
173
Eine Heilung von Diabetes bei … trat nach der BG-MUN-Kur nicht ein.
174
b) Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Dezember 2018 bestellten … und … erneut 3 Ampullen für 1.530,00 €, weil die Angeklagte G. wahrheitswidrig behauptete, dass das Mittel Zeit brauche, um zu wirken. Auch diese Behauptung entsprach, wie die Angeklagte G. zumindest billigend in Kauf nahm, nicht der Wahrheit. Die Angeklagte G. übergab, dem Tatplan entsprechend, die Ampullen an … und …. Dabei wusste die Angeklagte G., aber auch der Angeklagte B., dass es sich bei BG-MUN um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte.
175
Das an … und … übergebene BG-MUN war zuvor um den 20.11.2018 als Material vom Angeklagten B. tatplangemäß an die Angeklagte G. geliefert worden. Dabei wusste der Angeklagte B., wie die Angeklagte G. das Mittel vertreiben würde. Er erhielt dafür 900,00 €.
176
… bezahlte die 6 Ampullen, wie die Angeklagten es beabsichtigt hatten, per Überweisung am 09.04.2019 auf das Konto der Angeklagten G. bei der … mit der IBAN …
177
… leidet nach wie vor an Diabetes.
178
… litt im Oktober 2018 bereits seit geraumer Zeit an Lungenkrebs. Auf Empfehlung ihres Heilpraktikers …, kontaktierte sie um den 01.10.2018 die Angeklagte G. telefonisch. In einer W...App-Nachricht am 01.10.2018 um 11:36:47 Uhr behauptete die Angeklagte G. gegenüber …, dem Tatplan mit dem Angeklagten B. entsprechend, wahrheitswidrig, dass ihr Therapievorschlag auch eine Reduzierung der Krebszellen bzw. Metastasen bewirke. Dabei nahm die Angeklagte G. zumindest billigend in Kauf, dass ihre Behauptung nicht der Wahrheit entsprach.
179
… und … suchten am 04.10.2018 die Praxis der Angeklagten G. in … auf. Bei diesem Treffen behauptete die Angeklagte G. wahrheitswidrig, dass sie ein Mittel namens BG-MUN habe, das Krebs lindere, indem es Krebszellen verbrenne, um … und …, wie mit dem Angeklagten B. geplant, zum Kauf einer Packung BG-MUN für 5.900,00 € zu bewegen. Dabei nahm die Angeklagte G. abermals zumindest billigend in Kauf, dass ihre Behauptung nicht der Wahrheit entsprach.
180
Im irrigen Glauben, ein hochwirksames Mittel gegen die Krebserkrankung zu erstehen, der durch die Angaben der Angeklagten G. erzeugt worden war, bestellte … das BG-MUN noch am selben Tag bei der Angeklagten G. Diese sandte ihr das Mittel per Post zu. Dabei war sowohl ihr als auch dem Angeklagten B. bewusst, dass es sich bei BG-MUN um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte.
181
Das an … versandte BG-MUN war zuvor um den 24.09.2018 als Material vom Angeklagten B. tatplangemäß an die Angeklagte G. geliefert worden. Dabei wusste der Angeklagte B., wie die Angeklagte G. das Mittel vertreiben würde. Er erhielt dafür 3.000,00 €.
182
… und … bezahlten am 08.10.2018 5.900,00 € zuzüglich 30,00 € Versand per Überweisung auf das Konto der Angeklagten G. bei der … mit der IBAN …
183
… starb am 04.11.2018 an ihrer Krebserkrankung.
184
… erkrankte im Mai 2016 an Brustkrebs. Ihre Erkrankung geht mit Knochenmetastasen einher.
185
Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt Oktober 2018 begab sich … in Behandlung bei … in dessen Praxis im … in …. Dr. K. empfahl ihr dort zur Behandlung ihrer Erkrankung das Mittel BG-MUN. Dr. K. war im Sommer 2018 selbst auf BG-MUN aufmerksam geworden und hatte alle seine Informationen über das Mittel von der Internetseite des Angeklagten B. sowie von der Angeklagten G. erhalten. Aufgrund dessen sowie aufgrund eines Telefonats mit … war er von der krebsheilenden Wirkung des Mittels zunächst überzeugt. Dr. K. spritzte … am 15.01.2019 eine Ampulle BG-MUN und stellte ihr dabei seine Selbstkosten in Rechnung. Danach verwies er sie an die Angeklagte G., da … Interesse an einer Behandlung mit 10 Ampullen geäußert hatte.
186
Am 18.01.2019 kam es zu einem Telefonat zwischen … und der Angeklagten G. Im Rahmen des Telefonats vereinbarten … und die Angeklagte G. einen Termin in der Praxis der Angeklagten G. in … für den 22.01.2019.
187
Im Rahmen des Termins vom 22.01.2019 in der Praxis der Angeklagten G. in … fragte … die Angeklagte G., ob BG-MUN auch gegen Knochenmetastasen helfe. Die Angeklagte G. antwortete, dass sie auch mit Knochenmetastasen bereits gute Erfahrungen gemacht habe und dass BG-MUN auch in der Lage sei, gegen diese zu helfen, obwohl sie, wie sie wusste, keine positiven Erfahrungen mit Knochenmetastasen hatte. Zudem nahm sie zumindest billigend in Kauf, dass BG-MUN tatsächlich nicht gegen Knochenmetastasen hilft. Die Angeklagte G. tat dies bewusst, um … zum Kauf einer Packung BG-MUN für 5.900,00 € zu bewegen, wie es dem gemeinsamen Tatplan mit dem Angeklagten B. entsprach.
188
Das BG-MUN kaufte … dann, wie von der Angeklagten G. beabsichtigt, bei ihrem Termin in der Praxis der Angeklagten G. am 22.01.2019 und bezahlte 5.900,00 € in bar. Dabei war sie aufgrund der Ausführungen der Angeklagten G. der irrigen Überzeugung, ein hochwirksames Mittel gegen Krebs zu erwerben.
189
Die Angeklagte G., aber auch der Angeklagte B., wussten bei der Übergabe an …, dass es sich bei BG-MUN um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte.
190
Das an … übergebene BG-MUN war zuvor um den 07.01.2019 als Material vom Angeklagten B. tatplangemäß an die Angeklagte G. geliefert worden. Dabei wusste der Angeklagte B., wie die Angeklagte G. das Mittel vertreiben würde. Er erhielt dafür 3.000,00 €.
191
… injizierte sie sich das Mittel, wie die Angeklagte G. und Dr. K. es ihr übereinstimmend geraten hatten. Eine Besserung trat nicht ein. Bis heute leidet … an ihrer Krebserkrankung.
192
Dr. K. erhielt für die Vermittlung der … zum Verkauf von BG-MUN durch die Angeklagten 400,00 € Provision.
193
… leidet seit September 2018 an der nicht heilbaren Darmerkrankung Colitis Ulcerosa.
194
Durch die Empfehlung eines Freundes wurde sie im Frühjahr 2019 auf die Heilpraktikerpraxis der Angeklagten G. in S. aufmerksam.
195
Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 30.04.2019 suchte … erstmals die Praxis der Angeklagten G. auf. Im Verlauf des Behandlungsgesprächs, bei dem auch die Tochter der Angeklagten G., die anderweitig verfolgte … anwesend war, empfahl die Angeklagte G. … eine Kur mit dem Mittel BG-MUN.
196
In diesem Zusammenhang führte die Angeklagte G. wahrheitswidrig aus, dass BG-MUN bei ihrer Darmerkrankung helfen könne, damit die Schübe schneller weggehen und die Chancen verbessert werden, dass die Krankheit schließlich weggehe. Das Mittel sei bereits früher auf dem Markt gewesen, aber dann hätte die Pharmaindustrie dafür gesorgt, dass es vom Markt genommen werde, weil es so gute Ergebnisse erzielt habe. Die Angeklagte G. wies zudem darauf hin, dass das Mittel bei jedem anders wirke und sie daher unter Umständen eine zweite Kur brauche. Dabei nahm die Angeklagte zumindest billigend in Kauf, dass ihre Angaben zur Wirkung von BG-MUN nicht der Wahrheit entsprachen. Die Angeklagte G. beabsichtigte, dem Tatplan mit dem Angeklagten B. entsprechend, … zum Kauf des Mittels BG-MUN für 5.900,00 € zu bewegen, um sich entsprechend zu bereichern.
197
Im Vertrauen auf die von der Angeklagten G. ausgelobte Heilung durch das Mittel bestellte … eine Packung BG-MUN mit 10 Ampullen am 30.04.2019 per E-Mail für einen Preis von 5.900,00 € bei der Angeklagten G., wie diese es beabsichtigt hatte.
198
Am 08.05.2019 holte … eine Packung BG-MUN in der Praxis der Angeklagten G. ab. Dabei wusste die Angeklagte G., aber auch der Angeklagte B., dass es sich bei BG-MUN um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelte.
199
Das an … übergebene BG-MUN war zuvor um den 07.01.2019 als Material vom Angeklagten B. tatplangemäß an die Angeklagte G. geliefert worden. Dabei wusste der Angeklagte B., wie die Angeklagte G. das Mittel vertreiben würde. Er erhielt dafür 3.000,00 €.
200
Der Kaufpreis in Höhe von 5.900,00 € wurde am 10.05.2019 per Überweisung vom Konto der Eltern der … auf das Konto der Angeklagten G. bei der Bank … mit der IBAN … bezahlt.
201
… nahm das Mittel in Folge nicht ein, da sie am 15.05.2019 eine sternTV-Reportage über die Angeklagte G. und das Mittel BG-MUN im Fernsehen sah.
202
Sie erklärte daraufhin gegenüber der Angeklagten G. die Anfechtung des Kaufvertrages und forderte eine Rückzahlung des Geldes gegen Rückgabe der unbenutzten Packung BG-MUN. Nachdem … die Angeklagte G. am 18.07.2019 von der Einschaltung eines Anwaltes informiert hatte, überwies die Angeklagte G. noch am selben Tag 5.900,00 € zurück an die Eltern der …. Am 24.07.2019 gab … die ungenutzte Packung BG-MUN an die Angeklagte G. zurück.
Vermögensverschiebungen zugunsten von … und …
203
Auf dem Konto des Angeklagten B. bei der Bank … mit der IBAN … gingen aufgrund der vorbezeichneten Taten abzüglich der zurückbezahlten Beträge 34.600,00 € ein, davon stammten 16.800,00 € von der Angeklagten G.. Von den erlangten Vermögenswerten wandte der Angeklagte B. im Zeitraum von 03.05.2018 bis zum 04.02.2019 insgesamt 4.900,00 € unentgeltlich und ohne rechtlichen Grund der … per Überweisung auf ihr Konto bei der …bank mit der IBAN … und im Zeitraum von 07.03.2018 bis zum 18.01.2019 insgesamt 29.700,00 € unentgeltlich und ohne rechtlichen Grund der … auf ihr Konto bei der Sparkasse … mit der IBAN … zu.
204
Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Einziehungsanordnung gegen … und … waren bei … aufgrund des Vermögensarrestbeschlusses des Amtsgerichts Ingolstadt vom 16.08.2019 noch 50.000,00 € beim Amtsgericht Ingolstadt hinterlegt und bei … aufgrund desselben Beschlusses noch 19.700,00 € beim Amtsgericht Ingolstadt hinterlegt.
Entdeckung der gegenständlichen Taten
205
Am 15.05.2019 und am 05.06.2019 berichtete das RTL-Magazin sternTV erstmals und öffentlichkeitswirksam in einem deutschlandweit ausgestrahlten TV-Beitrag über den Einsatz von BG-MUN zur angeblichen Bekämpfung von Krebserkrankungen durch die Angeklagten G. und B. und stellte diesen als Betrugsmasche dar.
206
Diese Berichte führten neben der Einleitung des gegenständlichen Strafverfahrens gegen die Angeklagten dazu, dass das Landratsamt N.-S. die der Angeklagten G. durch die Stadt I. am 14.11.2008 erteilte Heilpraktikererlaubnis mit Bescheid vom 26.09.2019 zurücknahm. Gegen die Rücknahme der Heilpraktikererlaubnis hat die Angeklagte G. beim Verwaltungsgericht München eine Anfechtungsklage erhoben. Die Verwaltungsstreitsache ruht derzeit aufgrund Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 23.07.2021.
207
Tatsächlich übt die Angeklagte G. seit der nicht rechtskräftigen Rücknahme ihrer Heilpraktikererlaubnis ihre Heilpraktikertätigkeit nicht mehr aus.
208
Der öffentlichkeitswirksame Bericht führte zudem zu einer erheblichen Prangerwirkung und öffentlichen Vorverurteilung der Angeklagten G. und B.
209
SternTV sendete weitere Berichte ähnlichen Inhalts am 25.09.2019, am 16.10.2019, am 29.01.2020, am 30.12.2020 sowie am 23.06.2021, in denen teilweise auch neue Entwicklungen des Falls dargestellt wurden.
Persönliche Verhältnisse des Angeklagten B.
210
Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten B. beruhen auf dessen Angaben in der Hauptverhandlung, soweit sie mit objektiven Beweismitteln in Einklang standen und sich deshalb als glaubhaft erwiesen haben.
211
Die Angaben des Angeklagten B. zu seinen unternehmerischen Tätigkeiten haben sich bestätigt durch Verlesung des Handelsregisterauszuges der B.-GRUPPE GmbH vom 09.07.2019 (vgl. Bl. 21 bis 25 Sonderband Finanzermittlungen B. …). Ferner hat die Kammer zahlreiche Rechnungen verlesen, die zunächst auf die B.-Group S.A. in Panama und ca. ab dem 19.05.2016 auf die B.-Group d.o.o. ausgestellt waren (vgl. Rechnungen aus Asservat 21.2).
212
Die Kammer hat ferner die Richtigkeit der Angaben des Angeklagten B. hinsichtlich des Umzuges nach … durch dessen anwaltliche Mitteilung in dem Bewährungsverfahren BwR 8 Ls 61 Js 4530/16 vom 12.06.2018 festgestellt (vgl. Bl. 7 Bewährungsheft BwR 8 Ls 61 Js 4530/16). Der Angeklagte B. wurde zudem ausweislich der glaubhaften Angaben des Zeugen … auch an der in dem Schriftsatz angegebenen Adresse in … auf … im gegenständlichen Verfahren festgenommen.
213
Die Feststellungen zu dem Unfall aus dem Jahr 1993 erweisen sich insoweit als glaubhaft, als dass der Angeklagte tatsächlich angefahren und erheblich verletzt wurde. Seitdem bezahlt nämlich ausweislich der verlesenen Kontounterlagen der … die Unfallversicherung des Angeklagten B. monatlich eine Unfallrente (vgl. Bl. 57 bis 110 Sonderband Finanzunterlagen … und …. Aus den Kontounterlagen ergibt sich auch die festgestellte Höhe.
214
Die Feststellungen zu den Erkrankungen des Angeklagten B. beruhen auf dessen zahlreichen Angaben dazu in der Hauptverhandlung sowie auf den zu diesem Themenkomplex gemachten nachvollziehbaren Angaben im Strengbeweis der einvernommenen Sachverständigen Dr. med. … und Dr. … Die Kammer macht sich deren Angaben hinsichtlich der Erkrankungen des Angeklagten B., wie festgestellt, nach eigener Prüfung zu eigen.
215
Die Feststellungen zum strafrechtlichen Vorleben des Angeklagten B. beruhen auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 10.01.2023, den der Angeklagte B. als richtig anerkannt hat.
216
Die Kammer hat ferner das ergangene Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 14.03.2011, 8 Ls 27 Js 19424/08, im Sachverhalt verlesen, das zur teilweisen Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils vom 17.05.2010, geführt hat. Außerdem hat die Kammer den Strafbefehl des Amtsgerichts Ingolstadt vom 11.04.2018 mitsamt der zum Bestandteil des Strafbefehls gemachten Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 16.01.2017 – letztere nur im Anklagesatz – verlesen.
217
Die Feststellungen zur Ausgestaltung der in diesem Verfahren ausgesprochenen Bewährung beruhen auf dem verlesenen Bewährungsbeschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 11.04.2018 (vgl. Bl. 3 – 3 Rückseite Bewährungsheft BwR 8 Ls 61 Js 4530/16). Die Kammer hat ferner durch die Verlesung der Zahlungsanzeigen der Landesjustizkasse vom 22.05.2018, 30.05.2018 und 13.06.2018 festgestellt, dass die auferlegte Geldauflage in Höhe von 3.000,00 € durch den Angeklagten B. im Bewährungsverfahren BwR 8 Ls 61 Js 4530/16 vollständig bezahlt wurde.
Persönliche Verhältnisse der Angeklagten G.
218
Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten G. beruhen auf ihren Angaben in der Hauptverhandlung. Die Kammer hat diese Angaben ihren Feststellungen zugrunde gelegt, weil sie mit den übrigen Beweismitteln in Einklang stehen und daher glaubhaft sind.
219
Die Angaben der Angeklagten G. zur ihrer Heilpraktikertätigkeit haben sich durch Verlesung der Heilpraktikererlaubnis der Stadt I. für die Angeklagte G. vom 14.11.2008, sowie die Anzeige der Angeklagten G. zur Aufnahme ihrer Heilpraktikertätigkeit bestätigt. Die Kammer hat ferner die Gewerbeanmeldung der Angeklagten G. für ihr Gewerbe „…“ vom 31.05.2018 verlesen (Asservat 8.2). Außerdem hat sich die Kammer ein eigenes Bild über die finanziellen Verhältnisse der Angeklagten G. durch Verlesung der Geschäftskontounterlagen für die Praxis sowie das vorbenannte Gewerbe gemacht, das mit den Angaben der Angeklagten G. in Einklang steht.
220
Die Feststellung, dass die Angeklagte G. bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, beruht auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 10.01.2023, den die Angeklagte G. als richtig anerkannt hat.
1. Einlassung des Angeklagten B.
221
Der Angeklagte B. hat sich in der Hauptverhandlung zunächst nicht eingelassen.
222
Am 07.02.2023, dem 52. Hauptverhandlungstag, äußerte sich der Angeklagte B. zu seinen persönlichen Verhältnissen und machte dabei folgende Angaben zur Sache:
223
Er habe vor 29 Jahren einen schweren Unfall gehabt. Dieser habe im September 1993 stattgefunden. Er sei Unfallhelfer auf der A9 gewesen. Er sei „bei der Hilfe für zwei Polizisten von einem fahrenden Lkw“ am Körper erfasst worden und 40 m weit in eine Böschung geflogen. Er habe Brüche vom rechten Fuß quer über den Körper bis zum linken Schulterblatt gehabt und leide daher an Beeinträchtigungen und Lähmungen. Außerdem habe er schwere organische Verletzungen durch den Aufprall erlitten. Keiner habe gedacht, dass er überlebe. Er sei „unendlich oft“ geröntgt worden. Das habe zusätzliche Schäden verursacht. Er sei aber weiter selbstständig gewesen. An den ersten Jahren seiner Kinder habe er kaum teilnehmen können. Er sei bewegungseingeschränkt gewesen. Es sei auch gesagt worden, er simuliere. Später sei dazu gekommen, dass er „durch das Röntgen spezielle Krebsstellen am Körper“ bekommen habe, die „nur durch Röntgen oder Arsen“ entstehen könnten. Arsen habe er noch nie gesehen. Daher sei ihm gesagt worden, es komme vom Röntgen. Er sei 9-mal operiert worden. Das sei zwischen 2013 und 2016 gewesen. Er habe am Arm Hautkrebs gehabt. Dieser habe „extrem gestreut, bis zum Knochen“. Man habe ihm gesagt, dass er noch 2 Jahre habe, und man könne nichts tun. Das sei der Punkt gewesen, der ihn habe selbst suchen lassen nach etwas, was ihm helfe. Er habe geschaut, wo man Dinge bekomme, die man nicht kaufen könne oder selbst versucht, etwas herzustellen. So sei er an das BG-MUN gekommen. Das sei über Kontakte von früher, die mit der Nahrungsergänzung zu tun gehabt hätten und weiteren Menschen geschehen. Es habe eine Möglichkeit in … gegeben. Das sei das „Repamun“ gewesen. Er habe sich mit BG-MUN helfen können und lebe heute noch. Alles, was gewuchert habe, habe er in den Griff bekommen. Er habe mit den Dingen im Bekanntenkreis seine Überzeugung kundgetan. Auf jeden Fall sei es ihm durch das Produkt besser gegangen. Er habe es hergestellt, etikettiert und verkauft.
224
Am 17.03.2023, dem 55. Hauptverhandlungstag machte der Angeklagte B. nachfolgende Angaben zur Sache:
225
Er sei vor Nürnberg bei Hilpoltstein auf der Autobahn unterwegs gewesen. Er habe geholfen und sein Auto geparkt bei dem Unfall. Es müsse sich hinter dem Unfall gestaut haben. Er habe zwei Polizisten bei der Bergung geholfen. Es sei dann ein Lkw mit mehreren Menschen im Führerhaus und mit einem schlafenden Fahrer in den Unfall reingefahren und habe ihn am Körper erwischt. Er sei 40 m weit geflogen. Er sei vom rechten Fuß bis zum linken Schlüsselbein „durchgebrochen“ gewesen und gelähmt. Deshalb habe er starke Einschränkungen der Knochen und Organe. Man habe ihn nach I. ins Krankenhaus geflogen. Man habe damit gerechnet, dass er das „auf gar keinen Fall überlebe“. Man habe ihn „über 100-mal geröntgt“. Er habe „nach gut 10 Jahren durch die Röntgenstrahlung Hautkrebs bekommen“. Da er vorher im Bereich Medizintechnik unterwegs gewesen sei, habe er versucht herauszubekommen, wie er sich helfen könne. Er sei 9-mal operiert worden. Eine Stelle sei aber so aggressiv gewesen, dass man ihm gesagt habe, er habe noch 2 bis 3 Jahre zu leben.
226
So sei er zu den „Proteinprodukten“ und zu BG-MUN gekommen. Das habe früher nicht so geheißen. Damit habe er sich helfen können. Er habe es über Jahre bis zur Festnahme genommen. Er habe viel länger gelebt, als man ihm gesagt habe, und seinen Hautkrebs im Griff gehabt. Jetzt habe er seit Sommer 2021 wieder Hautkrebs „von dem Hals bis zu den Füßen“ und solle „dringendst mit vielen OPs operiert“ werden.
227
Er habe von den „Proteindingen“ gehört und er habe sich das aus dem Ausland besorgt und dann gesucht, um besser verkettete Proteine zu finden. Er sei von den ausländischen Firmen auf eine deutsche Firma gekommen, und zwar „…“ in Rostock. Das Produkt „Repamun“ sei für „B. als BG-MUN forte als Medizinprodukt“ zur Zulassung angemeldet worden. Er habe dann noch eine bessere Stelle gefunden für „diese Proteine als Cytosolfraktion“ und zwar sei das der … von der … gewesen. Er selbst habe solche Produkte ab 2012 oder 2013 genommen. Erst das ausländische Produkt, dann nur ganz kurz Repamun und dann das vom …. Das sei die im Prozess bekannte „BG-MUN Cytosolfraktion“. Das habe er seit dem Jahr 2015 oder 2013 genommen. Natürlich habe er es oral genommen.
2. Einlassung der Angeklagten G.
228
Die Verteidiger der Angeklagten G. erhielten in der Hauptverhandlung vom 18.06.2021 auf Antrag Gelegenheit, eine Erklärung für die Angeklagte G. zur Anklage abzugeben gemäß § 243 Abs. 5 S. 3 StPO. Diese Erklärung hat sich die Angeklagte G. zu eigen gemacht.
229
In der Erklärung wurden folgende Angaben zur Sache gemacht:
230
Die Angeklagte habe ihre Patienten nicht getäuscht und ihnen nicht geschadet. Sie habe kein wirkungsloses Zuckerwasser verkauft. Sie sei eine engagierte Heilpraktikerin, die sich fürsorglich für ihre Patienten einsetze. Sie sei auch für solche Patienten eine offene Ansprechpartnerin, die bereits von der Schulmedizin aufgegeben worden seien.
231
Die Angeklagte habe nicht gewusst, dass das Mittel BG-MUN Cytosolfraktion nicht von der …, sondern von der … hergestellt worden sei. Sie habe lediglich die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen …, welche die Qualifikation des Produkts bestätigt habe, gehabt. Mit einem anderen Mittel als BG-MUN Cytosolfraktion habe sie nie zu tun gehabt.
232
Die Angeklagte habe BG-MUN Cytosolfraktion im Selbstversuch ausprobiert und habe dabei positive Entwicklungen festgestellt. Ebenso habe sie es mit gutem Erfolg ihrer Familie verabreicht. Es handle sich um ein Lebensmittel mit einer angenommenen Nutzwirkung für das menschliche Immunsystem, keinesfalls um wirkungsloses Zuckerwasser. BG-MUN Cytosolfraktion sei ein hochgereinigter Fleischextrakt zur Förderung des zellulären Immunsystems.
233
Die Aussagen, die in den sternTV-Beiträgen inszeniert worden seien, habe sie nicht in dem Kontext gemacht, in dem sie in den Sendungen dargestellt worden seien. Es sei ihr von Anfang an um die Stärkung des Immunsystems gegangen. Dabei habe sie die Immunsysteme von Menschen unterstützen wollen, die durch eine Chemotherapie geschwächt worden seien.
234
Hinsichtlich der … sei diese stets in schulmedizinischer Behandlung gewesen. … Entschluss, eine Chemotherapie nicht mehr weiter durchzuführen, habe diese bereits gefällt, lange bevor sie die Angeklagte kennengelernt habe. Sie habe gegenüber … keine 15.000,00 € abgerechnet, sondern für mehrere Termine mit einem umfangreichen Behandlungsprogramm insgesamt 2.786,00 € in Rechnung gestellt. … habe sich schon vor dem Vorliegen ihrer MRT-Ergebnisse dazu entschieden, weiter BG-MUN Cytosolfraktion zu erwerben.
235
Am 15.12.2022, dem 47. Hauptverhandlungstag, lehnte die Angeklagte G. einen ihr unterbreiteten Verständigungsvorschlag mit den Worten „ich kann den Vorschlag nicht annehmen, denn da müsste ich vor Gericht lügen“ ab.
236
Im Übrigen machte die Angeklagte G. keine Angaben zur Sache.
3. Allgemeine Feststellungen
a) Erkenntnisse zum Produkt BG-MUN Cytosolfraktion
(1) Aussehen und Verpackung von BG-MUN Cytosolfraktion
237
Das Produkt BG-MUN Cytosolfraktion wurde an die Patienten regelmäßig in ca. 3 cm großen Glasampullen mit einem Fassungsvermögen von 10 ml ausgeliefert. Die Ampullen waren mit einem grauen Butyl-Gummistopfen mit silberner Bördelkappe aus Metall verschlossen. Sie enthielten ca. 3 ml einer pinkfarbenen Flüssigkeit und waren in der Regel mit einem durchsichtigen Etikett beklebt, das folgende Aufschrift trug:
Inhaltsstoffe: Wasser, Zucker, DNS, Proteine, Aminosäuren
B.-GROUP“, wobei die Rechtsform des Unternehmens „B. Group“ variierte und es teilweise als Limited (Ltd.) oder d.o.o. bezeichnet wurde, ferner die Internet-adresse „www…..com“ sowie ein Mindesthaltbarkeitsdatum.
238
In der Regel wurden die Ampullen in einer weißen, schmucklosen Pappschachtel, die Platz für 10 Ampullen aufwies, ausgeliefert. In den Schachteln befand sich häufig ein blauer, handelsüblicher Kühlpack sowie ein zweisprachiger, zusammengefalteter Beipackzettel im DIN A4 Format. Die Schachteln waren ebenfalls mit Etiketten versehen, die die bereits bezeichnete Aufschrift trugen. In der überwiegenden Anzahl der Fälle wurde BG-MUN Cytosolfraktion mit einem Spritzen- und Nadelset ausgeliefert.
239
Der Beipackzettel enthielt nachfolgende Informationen über BG-MUN Cytosolfraktion in deutscher und englischer Sprache:
„BG-MUN Proteinkomplex ist ein funktionelles Lebensmittel zur Unterstützung bei der Bewältigung von Aufgaben des Immunsystems.
Anleitung: Von der Verschlusskappe wird nur der kleine Kappendeckel abgerissen, mit der Dosierspritze den Gummistopfen durchstechen und die Menge entsprechend Dosiervorschrift entnehmen. Diese Menge unter die Zunge geben und ca. 2 Minuten verweilen lassen.
Dosierung: Eine Ampulle auf drei Tage gleichmäßig verteilen. Pro Tag 1 ml aus der Ampulle mit Dosierspritze entnehmen und 5 mal täglich 0,2 ml in den Mund geben und unter die Zunge nehmen. Damit reicht eine Ampulle für drei Tage. Nach einem Tag Pause nehmen Sie die nächste Ampulle.
Rohstoff: BG-MUN Cytosolfraktion aus tierischer Zelllinie.
Inhalt: 10 Glasampullen mit je 3 ml Inhalt (im Kühlschrank lagern).
Inhaltsstoffe: Wasser, Zucker, DNS, Proteine und Aminosäuren
Nährwert: 35 bis 50 Kilokalorien pro 100 ml
Lieferumfang: 10 Glasampullen, 30 Spritzen und 30 Nadeln
Über die Mundschleimhaut führende Verabreichung
Der Magen-Darm-Trakt wird umgangen: Die Verabreichung über die Mundschleimhaut wird auch oft als buccale (buccal = Wangenschleimhaut) oder sublinguale (sublingual = Schleimhaut unter der Zunge) Verabreichung bezeichnet. Bei dieser Form der Applikation gelangt der Wirkstoff über die Blutgefäße der Mundschleimhaut direkt in die obere Hohlvene, die zum rechten Herzen führt (vgl. Blutkreislauf). So wird die Leberpassage vollständig umgangen. Der Rohstoff wird nicht biochemisch verändert und steht in vollem Umfang dem Körper zur Verfügung.
Der Wirkstoff wird sehr schnell aufgenommen: Ein weiterer Vorteil ist die beschleunigte Aufnahme ins Blut. Sie ist wichtig, wenn schnell eine Wirkung erzielt werden muss, wie z.B. Anginapectoris-Anfälle. Hier werden Nitroglycerin-Zerbeißkapseln im Mund zerkaut. Löst sich die Schmelztablette im Mund oder wird die Kapsel zerbissen, so entstehen im Speichel sehr hohe Wirkstoffkonzentrationen. Diese führen zu einer raschen Aufnahme über die Mundschleimhaut in den Blutkreislauf.“
240
Vorstehendes ergibt sich aus den Angaben der vernommenen Zeugen, den Feststellungen, die der Sachverständige … gemacht und von denen er der Kammer berichtet hat, sowie aus den in Augenschein genommenen Lichtbildern und Asservaten und den verlesenen Urkunden.
241
Die Kammer hat sich selbst ein Bild der im Rahmen des Vertriebs abgegebenen BG-MUN Cytosolfraktion Ampullen gemacht und diesbezüglich die Ampullen Asservat 19.1 in Augenschein genommen und deren Etiketten verlesen. Die Etiketten haben den zitierten Aufdruck. Zwar waren die Ampullen des Asservats 19.1 nicht mehr gefüllt, es ließen sich aber Spuren einer pinkfarbenen Flüssigkeit erkennen. Da die Verschlüsse geöffnet waren, konnte die Kammer sich auch ein Bild der grauen Butyl-Gummistopfen mit silberner Bördelkappe aus Metall machen. Ferner hat die Kammer die Lichtbilder Bl. 248 und Bl. 249 Bild 23 d.A. in Augenschein genommen. Auf diese Lichtbilder wird für die weiteren Einzelheiten inhaltlich Bezug genommen. Sie zeigen den regelmäßigen Verpackungszustand von BG-MUN Cytosolfraktion, wie es an Patienten abgegeben wurde und wie ihn die Kammer zuvor beschrieben hat. Der Zeuge … hat hinsichtlich dieser Packungen glaubhaft berichtet, dass sie bei der Durchsuchung in der Praxis der Angeklagten G. in deren Kühlschrank aufgefunden wurden.
242
Darüber hinaus hat die Kammer die Etikettenbögen Asservat 1.1 in Augenschein genommen und deren Inhalt verlesen. Diese Etikettenbögen wurden nebst weißen Pappschachteln bei der Durchsuchung in der Praxis der Angeklagten G. am 24.05.2019 sichergestellt, wie … der Kammer glaubhaft berichtet hat. Von dem Auffindeort und der Beschaffenheit der Pappschachteln und Etiketten hat sich die Kammer zudem durch die Inaugenscheinnahme der Lichtbilder Bl. 246 Bild 20, Bl. 249 bis 251 Bild 27 d.A. ein eigenes Bild gemacht. Auf die vorbezeichneten Lichtbilder wird für die weiteren Einzelheiten inhaltlich Bezug genommen.
243
Die in der Praxis der Angeklagten G. aufgefundenen Schachteln mit den Ampullen BG-MUN Cytosolfraktion wurden gekühlt sichergestellt und sodann ohne Unterbrechung der Kühlkette an das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zur stofflichen Untersuchung geliefert, wie der Zeuge … sowie der Sachverständige … der Kammer übereinstimmend und glaubhaft berichtet haben.
244
Der Sachverständige … vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit berichtete der Kammer im Rahmen seiner Gutachtenserstattung von der oben beschriebenen Beschaffenheit der Ampullen, deren Füllmenge und beschrieb die pinke Farbeigenschaft der Flüssigkeit. Ebenso berichtete er von den Etikettenaufdrucken und den Ampullenverschlüssen. Bei den BG-MUN Cytosolfraktion Ampullen, die in Pappschachteln verpackt waren, stellte er zudem, wie er weiter ausführte, handelsübliche Kühlpacks für die Kühlung oder Erwärmung von Körperteilen in den Schachteln fest. Der Sachverständige … hat den Ausgangszustand der angelieferten Proben fotografisch dokumentiert. Die Kammer hat sich durch Inaugenscheinnahme der Lichtbilder Bl. 480 bis 483 Rückseite d.A. ein eigenes Bild gemacht. Auf diese Lichtbilder wird für die genauen Einzelheiten inhaltlich Bezug genommen.
245
Die Kammer hat ferner alle vernommenen Zeugen zur Beschaffenheit und Aussehen des von ihnen gekauften Produkts befragt. Fast alle Zeugen beschrieben BG-MUN als pinkfarbene Flüssigkeit, die in kleine Glasfläschchen abgefüllt gewesen sei. Die Fläschchen hätten sich in einer weißen Pappschachtel befunden und hätten gekühlt gelagert werden müssen. Viele Zeugen konnten sich zudem an den DIN A4 Beipackzettel und das mitgelieferte Spritzenset erinnern.
246
Die Kammer hat zudem den Beipackzettel des BG-MUN Cytosolfraktion mehrfach verlesen (vgl. Bl. 240 Fallakte III, Bl. 200 Fallakte III sowie Anlage II zum Protokoll v. 02.09.2021). Er hat den zuvor zitierten Inhalt. Auch aus dem Beipackzettel ergibt sich, dass BG-MUN Cytosolfraktion zu je 10 Ampullen à 3 ml abgegeben und mit einem Spritzen- und Nadelset ausgeliefert wurde.
247
Aufgrund all dieser Umstände ist die Kammer überzeugt, dass BG-MUN Cytosolfraktion regelmäßig in weißen etikettierten Pappschachteln mit je 10 etikettierten Ampullen à 3 ml mitsamt DIN A4 Beipackzettel, einem Spritzen- und Nadelset und ggf. einem handelsüblichen Kühlpad abgegeben wurde.
(2) Erkenntnisse zum Herstellungsprozess von BG-MUN Cytosolfraktion
248
Die Kammer ist überzeugt, dass die Firma … mit Sitz in … Herstellerin des BG-MUN Cytosolfraktion ist. Die Behauptung des Angeklagten B. in seiner teilweisen Einlassung, dass er BG-MUN hergestellt habe, ist widerlegt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Angaben des Angeklagten B. wird auf die Ausführungen unter C. III. 1. Bezug genommen.
(a) Herstellungsprozess der „Cytosolfraktion“
249
Hinsichtlich des Herstellungsprozesses und der stofflichen Zusammensetzung der sogenannten Cytosolfraktion berichtete der Kammer der Zeuge …, bei dem es sich um den Geschäftsführer der … handelt, folgendes:
250
Die … stelle einen Stoff namens „BK-RiV“ her. BK-RiV stehe für „biologischer Komplex Reaktionsmuster in Vertebratenzellen“. Es handele sich um Proteinkomplexe, die sich bei Zellstress bildeten und nach einer Aufreinigung eine sehr große therapeutische Wirkung aufwiesen. Man könne die Proteinkomplexe aus Rinder- oder Schweinenierenzelllinien gewinnen. Ihre Produktion habe zunächst auf Schweinenierenzelllinien und danach auf Rindernierenzelllinien basiert. Diese Zelllinien kaufe die … bei dem virologischen Institut zu. Seit 2016 habe das Unternehmen eine Wirkstoffherstellungserlaubnis, das heißt, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) habe den gesamten Herstellungsprozess abgenommen. Ihr Produkt sei noch in der präklinischen Entwicklung. Letztlich solle BK-RiV einmal eine Arzneimittelzulassung als starker Immunmodulator erhalten.
251
Die Nierenzelllinien müssten zunächst in einem Zellkulturmedium gezüchtet werden. Sie hätten da zum Beispiel das Medium „Alpha-MEM“ von der … benutzt. Ein solches Medium enthalte Vitamine und Aminosäuren, sodass ein natürliches Umfeld für die Zellen simuliert werde. Diese würden dann wachsen. Schritt 1 des Herstellungsprozesses sei also die Zellkultivierung. Danach erfolge eine Virusprüfung. In Schritt 2 werde das Medium auf ein Minimalzellzuchtmedium gewechselt und die Zellen dann abgefroren. Dies habe zur Folge, dass die Zellen aufbrächen, kaputt gingen und ihre Inhalte frei würden. Sie tauten die Zellen dann auf und zentrifugierten sie. In diesem 3. Schritt würden dann auch die „BK-RiV-Partikel“ isoliert. Bei der Zentrifugation entstehe ein Überstand. Dies sei die „Cytosolfraktion“. Dabei handle es sich letztlich um Proteine und Bestandteile von Zellen, außer der Zellmembran und der BK-RiV-Partikel. Sie enthalte auch antientzündliche Annexine und Hitzeschockproteine, wie zum Beispiel HSP 70. Außerdem enthalte das Produkt den Farbstoff Phenolrot, da sich dieser bereits im Zellzuchtmedium befinde. Der Farbstoff führe dazu, dass die Cytosolfraktion rosa sei. Bei Verlust der Sterilität schlage die Farbe dann in Gelb um. Im Übrigen habe die … die Inhaltsstoffe des Überstandes nicht weiter untersucht und auch keine klinischen Studien damit durchgeführt. Bei einer Ausgangslösung von 1,2 l entstünden 120 ml BK-RiV und ca. 1 l Cytosolfraktion. Die … verarbeite dann nur noch das BK-RiV. Die Cytosolfraktion falle einfach an.
252
Die Angaben des Zeugen … hinsichtlich des Herstellungsprozesses der Cytosolfraktion sind glaubhaft. Die Kammer hat diesbezüglich das BK-RiV Flowchart auf Bl. 1691 d.A. in Augenschein genommen und dessen Inhalt verlesen. Der darin beschriebene Herstellungsprozess von BK-RiV und der damit einhergehende Anfall von Cytosolfraktion stimmt mit der Schilderung des Zeugen … überein.
253
Außerdem stehen seine Angaben im Einklang mit den Ausführungen des Zeugen …. Bei dem Zeugen … handelt es sich nach seinen glaubhaften Angaben um den Leiter der Produktion der …. Der Zeuge gab gegenüber der Kammer an, dass er die Herstellungsschritte 1 bis 3 für BK-RiV selbst durchführe. Er beschrieb der Kammer denselben Herstellungsprozess wie der Zeuge … und führte ebenfalls aus, dass bei der Zentrifugation ein Überstand entstehe. Es handle sich um Zellplasma, Lipide und Proteine. Der Fachbegriff dafür sei Cytosolfraktion. Er habe einmal eine SPS-Page, das heißt ein Proteinbandenmuster, der Cytosolfraktion erstellt, deren Sterilität und aseptische Herstellung überprüft. Es handle sich um ein Nebenprodukt, das bei ihnen eben einfach anfalle. Es gebe keine klinischen Studien für das Produkt.
(b) Stoffgleichheit von Cytosolfraktion und BG-MUN Cytosolfraktion
254
Die Kammer ist überzeugt, dass die von der … hergestellte Cytosolfraktion und das BG-MUN Cytosolfraktion ein und dasselbe Produkt sind und damit die … – und nicht der Angeklagte B. – die tatsächliche Herstellerin des Mittels ist.
255
Diese Überzeugung beruht auf nachfolgenden Erkenntnissen aus der durchgeführten Beweisaufnahme:
256
Sowohl der Zeuge … als auch der Zeuge … bestritten, dass die … Herstellerin eines Mittels namens BG-MUN Cytosolfraktion sei. Allerdings räumten beide übereinstimmend ein, dass die … erhebliche Mengen von der Cytosolfraktion an den Angeklagten B. verkauft habe.
257
Der Zeuge … führte diesbezüglich aus, der Angeklagte B. habe ihn etwa im Jahr 2015 angerufen und konkret nach dem Stoff BK-RiV gefragt. Er habe sich mit dem Angeklagten B. in einer Gaststätte in … getroffen. Der Angeklagte B. habe geäußert, dass BK-RiV auch für Kosmetik interessant sei. Der Angeklagte B. habe die … an ihrem alten Sitz in … besucht. Allerdings sei BK-RiV für den Angeklagten B. und eine Kosmetikherstellung nicht interessant gewesen, da das Produkt mit 350,00 € pro ml sehr teuer sei. Er selbst habe dem Angeklagten B. dann von der Cytosolfraktion erzählt, in der sich ja auch noch viele Proteine befänden. Er sei davon ausgegangen, dass das Produkt für Kosmetik geeignet sei, da es ein Sicherheitsdatenblatt gebe. Er habe die Cytosolfraktion dann an den Angeklagten B. verkauft, da das Produkt ja ohnehin bei ihnen angefallen sei. Er habe ihm einen Preis von 15,00 € pro ml geboten. An Ärzte habe er die Cytosolfraktion auch für 5,00 € pro ml verkauft. Die … habe den Angeklagten B. sodann jährlich 5 – bis 6-mal beliefert. Die … habe die Cytosolfraktion in einem Reinraum in 3 ml Ampullen steril abgefüllt und steril verschlossen. Im Jahr 2019 hätten sie auch mal 2 oder 3 Liter geliefert. Er habe Rechnungen an Firmen in Kroatien und Panama gestellt und die Lieferungen gekühlt, meist 100 Fläschchen in großen Styroporkisten, an die Privatadresse des Angeklagten B. in I. geschickt. Die Fläschchen seien am Anfang etikettiert gewesen, aber dann schnell nicht mehr. Sie hätten stets dasselbe Produkt an den Angeklagten B. geliefert, lediglich die Nierenzelllinie habe einmal zwischen Schwein und Rind variiert, und zwar auf Wunsch des Angeklagten B. Der Angeklagte B. sei im Laufe der Zeit, wohl im Jahr 2016, von Kosmetik auf eine „Krebsimmuntherapie durch Ernährung“ umgeschwenkt. Er habe gesagt, dass er Krebs mit Nahrungsergänzungsmitteln heilen wolle. Der Angeklagte B. sei der größte Abnehmer der Cytosolfraktion gewesen.
258
Der Zeuge … bestätigte, dass der Angeklagte B. bei der … Cytosolfraktion gekauft habe. Er konnte jedoch keine Angaben machen, zu welchem Zweck.
259
Die Angaben der zum Verkauf von Cytosolfraktion durch die … an den Angeklagten B. wird durch die vollständig verlesenen Rechnungen der … an verschiedene Unternehmen des Angeklagten B., wie die B. Group S.A., die B. Group d.o.o. und die B. Group Ltd., bestätigt, sodass diese glaubhaft sind (vgl. Asservat 21.2). Der Ordner (Asservat 21.2), in dem sich die Rechnungen befanden, wurde bei der Durchsuchung der … sichergestellt, wie die Zeugin … die für die Buchhaltung bei der … zuständig ist, berichtet hat. Die Rechnungen sind aus einem Zeitraum vom 04.11.2015 bis 22.02.2019 und weisen diverse Verkäufe von Cytosolfraktion an die Firmen des Angeklagten B. für regelmäßig 15,00 € pro ml aus. Damit werden die Angaben des Zeugen … diesbezüglich abermals bestätigt. Ebenso ergibt sich, dass die dem Kauf vorangegangen Gespräche vor dem 04.11.2015 stattgefunden haben müssen.
260
Insgesamt haben die Firmen des Angeklagten B. 248.385,00 € von der … für Cytosolfraktion in Rechnung gestellt bekommen. Bezahlt wurde die Cytosolfraktion dabei zumindest im Jahr 2018 überwiegend über das Privatkonto des Angeklagten B., wie sich zur Überzeugung der Kammer aus den verlesenen Kontounterlagen seines Kontos bei der … Bank in Abgleich mit den Rechnungen der … aus diesem Jahr ergeben hat.
261
Alle verlesenen Rechnungen enthalten den Zusatz „Cytosolfraktion, für nichtmedizinische Anwendung“. Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen … findet sich dieser Zusatz auf den Rechnungen, weil das Produkt bei der Wirkstoffherstellung, also der BK-RiV-Herstellung, abfalle. Es gebe damit keine Erfahrungen. Daher handle es sich um eine Absicherung, denn es sei weder ein Arzneimittel noch ein Wirkstoff für die Humantherapie.
262
Die Angaben der Zeugen … und … werden weiter bestätigt durch die verlesene E-Mail mitsamt Anhang des Zeugen … an den Angeklagten B. vom 07.12.2015 um 15:53 Uhr, aus der die zunächst beabsichtigte Nutzung der Cytosolfraktion des Angeklagten B. für Kosmetik hervorgeht und im angehängten Dokument abermals die bereits dargelegte Herstellungsweise beschrieben wird (vgl. Bl. 1694 bis 1695 d.A.).
263
Die Kammer ist überzeugt, dass der Angeklagte B. die gelieferten Ampullen ohne Veränderung mit seinen BG-MUN Cytosolfraktion Etiketten in ihrer Erscheinungsform wie in C. III. 3. a) (1) beschrieben, beklebt und in die Pappschachteln verpackt hat, oder dass dies nach Auslieferung an die Angeklagte G. durch die Angeklagte G. in Abstimmung und nach Vorgabe des Angeklagten B. geschehen ist. Für die einzelnen Verkäufe nach Vereinbarung des Exklusivliefervertriebs durch die Angeklagte G. ließ sich nicht mehr feststellen, welcher der Angeklagten das BG-MUN verkaufsfertig abgepackt hat.
264
Die Firma … hat im Jahr 2010, damals noch unter der Firmierung …, durch das Labor … ein Sicherheitsdatenblatt für die Cytosolfraktion erstellen lassen. Davon haben der Kammer die Zeugen … und … übereinstimmend berichtet. Diese Angaben wurden durch den Zeugen …, dem Geschäftsführer der …, bestätigt. Alle 3 Zeugen führten zudem übereinstimmend aus, dass die … die Cytosolfraktion nicht labortechnisch untersucht habe, sondern das Sicherheitsdatenblatt allein aufgrund den von der … zur Verfügung gestellten Informationen zum Produkt erstellt worden sei. Die stoffliche Gefahren- und Umgangsbewertung werde dann, nach Angaben des Zeugen …, allein auf Basis dieser Informationen vorgenommen. Die Kammer hat das nach Angaben des Zeugen … von diesem erstellte Sicherheitsdatenblatt vom 17.12.2010 für das Produkt „Cytosolfraktion“ mitsamt Anschreiben an den Zeugen … vollständig verlesen (vgl. Bl. 1671 Rückseite bis 1674 Rückseite d.A.).
265
Der Zeuge … berichtete der Kammer weiter, dass die … ihn im Jahr 2017 aufgefordert habe, in das Sicherheitsdatenblatt für die Cytosolfraktion den Angeklagten B. mit seiner Firma als Inverkehrbringer einzutragen. Das sei ein übliches Vorgehen. Nachdem der Angeklagte B. ihn diesbezüglich ebenfalls per E-Mail beauftragt habe, habe er ein Sicherheitsdatenblatt mit einer Adresse in I. erstellt. Er habe noch mehrmals das Sicherheitsdatenblatt abgeändert, weil sich der Firmensitz des Angeklagten B. geändert habe, zuletzt im Jahr 2019. Er habe dann stets geprüft, ob alles andere unverändert sei. Es habe keine Abweichungen gegeben. In allen Fällen, also bei den Sicherheitsdatenblättern aus dem Jahr 2010, 2017 und 2019, sei die Zusammensetzung identisch. Lediglich im Jahr 2019 habe sich der Lieferant des Zellkulturmediums geändert. Für den Angeklagten B. habe er den Handelsnamen BG-MUN eingetragen.
266
Die Angaben des Zeugen … sind glaubhaft. Sie werden durch die E-Mails vom 28.08.2019 um 10:22 des Angeklagten B. an den Zeugen … und vom 18.04.2017 um 13:17 Uhr des Angeklagten B. an den Zeugen … sowie die Rechnung der Firma … an den Angeklagten B. vom 28.02.2017 bestätigt, die die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 3387, 3398 und 3408 d.A.). Ferner hat die Kammer alle Sicherheitsdatenblätter verlesen. Die Sicherheitsdatenblätter weisen keine nennenswerten Unterschiede im Hinblick auf die stoffliche Zusammensetzung auf. Auch der Sachverständige … vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bestätigte der Kammer, dass sich die Sicherheitsdatenblätter nur hinsichtlich des Rohstoffes unterscheiden.
267
Die Stoffgleichheit von BG-MUN Cytosolfraktion und der Cytosolfraktion der … ergibt sich außerdem aus dem Telefonat zwischen dem Angeklagten B. und dem Zeugen … vom 17.07.2019 um 16:51:43 Uhr (Gesprächs-ID 218152863, Bl. 391 bis 392 d. TÜ-Akte), das die Kammer verlesen hat. Das Gespräch nimmt folgenden Verlauf:
Angeklagter B.: „Halli Hallo. Jetzt gleich ruft Sie ein … an, der seit zwanzig Jahren Partner von … und seit vielen Jahren Partner vom … (phon.) ist. Mit ihm können Sie eigentlich soweit reden, dass letztendlich Sie mein Lohnhersteller sind und was er an Fragen hat und zu beantworten ist, können Sie ihm ja erklären. Er weiß, dass es zwei Parallelprodukte gibt und die Wirksamkeit oder was können Sie so erklären, dass es ziemlich namensfrei bleibt oder was Sie machen oder sonst was. Aber Sie können ziemlich offen sonst mit Ihm reden. Der ruft jetzt gleich an.“
Zeuge …: „Okay. Ja. Also ich kann ihm schon sagen, dass unser Hauptprodukt das BK-RiV ist und dass wir da auch alle Untersuchungen machen?#
Angeklagter B.: (nicht verständlich) „Hauptprodukt BK-RiV.“
Angeklagter B.: „Sie können einfach sagen, dass Sie hauptsächlich im Arzneimittelbereich arbeiten und parallel eben halt als Lohnhersteller mein Produkt machen. Fertig.“ […]
268
Der Angeklagte B. bezeichnet die Firma des Zeugen … als seinen „Lohnhersteller“. Darüber hinaus bittet er den Zeugen …, dem … alles genauer zu erklären. Eine solche Bitte macht aber nur dann Sinn, wenn das gekaufte Produkt und das verkaufte Produkt des Angeklagten B. identisch sind.
269
Darüber hinaus gibt es keine Hinweise darauf, dass der Angeklagte B. den Stoff anderweitig beeinflusst oder verändert haben könnte. Der Zeuge … führte glaubhaft aus, dass eine Öffnung der Ampullen ggf. zu deren Verkeimung führen könnte und dass dies durch ein Umschlagen des Phenolrot in der Cytosolfraktion in ein Gelb zu erkennen sei. Diese Angaben bestätigte der Zeuge …. Weder der Zeuge … noch der Zeuge …, die bei den Durchsuchungen der Anwesen des Angeklagten B. in der … in … bzw. in … auf … beteiligt bzw. zumindest anwesend waren, berichteten von einem Reinraumlabor oder einem vergleichbaren Raum, der die Sterilität der Cytosolfraktion bei Öffnen der Ampullen hätte gewährleisten können.
270
Darüber hinaus wurden in der Praxis der Angeklagten G. Pappfaltkartons, Einlegeböden und BG-MUN Etiketten aufgefunden, wie der Zeuge … der Kammer berichtet hat. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (1) inhaltlich Bezug genommen. Ebenso wurde dort ein Campingkühler voller unetikettierter Fläschchen rosafarbenen Inhalts gefunden. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 245 bis 246 und 250 bis 251 d.A. inhaltlich Bezug genommen.
271
Die Etikettierung und Verpackung als BG-MUN erst nach dem Kauf bei der … werden durch die dahingehenden Angaben des Zeugen … und durch folgende W...App-Nachrichten des Angeklagten B. an die Angeklagte G. deutlich, die die Kammer verlesen hat (Bl. 164 Sonderband Asservatenauswertung):
Brauchst du offizielle BG-MUN
privat kann ich dir nur ohne als neutrale Ampullen geben#
(Nachricht vom 24.02.2019 um 13:48:37 (UTC+1))
„Umkartons und Etiketten sind nach genau bestellt und müssen abgerechnet werden“.
(Nachricht vom 24.02.2019 um 13:54:46 (UTC+1))
272
Aus diesen Nachrichten lässt sich zwanglos entnehmen, dass der Angeklagte B. über neutrale Ampullen verfügte und die Pappkartons und Etiketten selbst bestellte. Aufgrund der aufgefundenen Etiketten, Pappkartons und unetikettierten Ampullen bei der Angeklagten G. konnte jedoch nicht mehr mit hinreichender Sicherheit festgestellt wurden, welcher der Angeklagten wann BG-MUN verkaufsfertig abpackte. Aus den dargestellten Beweismitteln ergibt sich diesbezüglich zur Überzeugung der Kammer jedenfalls, dass beide Angeklagte zu irgendeinem Zeitpunkt einmal BG-MUN abgepackt haben. Ob die Angeklagte G. BG-MUN stets im nicht abgepackten Zustand mit den dazugehörigen Materialien, wie Faltkartons und Etiketten, erhalten hat, konnte nicht mehr festgestellt werden. Allerdings kann aufgrund der großen Menge an aufgefundenen Ampullen in einem Campingkühler davon ausgegangen werden, dass es so war.
(c) Stoffgleichheit von „BG-MUN Cytosolfraktion“ und „BG-MUN forte“
273
Für die Kammer besteht kein Zweifel daran, dass die Produkte „BG-MUN Cytosolfraktion“ und „BG-MUN forte“ identisch sind. Bei dem Produkt BG-MUN forte handelt es sich um den abgelegten Namen desselben Produkts. Der Verkaufsname änderte sich im Jahr 2017 zunehmend in BG-MUN Cytosolfraktion.
274
Der Zeuge … berichtete der Kammer, wie unter C. III. 3. a) (2) (b) ausgeführt, worauf inhaltlich Bezug genommen wird, dass der Angeklagte B. seit dem Jahr 2015 stets dasselbe Produkt bei der … gekauft hat.
275
Die Kammer hat, wie bereits ausgeführt, die E-Mail des Zeugen … an den Angeklagten B. vom 07.12.2015 um 15:53 Uhr verlesen, an die die Beschreibung des Herstellungsprozesses der Cytosolfraktion angehängt war (vgl. Bl. 1694 bis 1695 d.A.). Am selben Tag schickte der Zeuge … abermals eine E-Mail um 18:18:21 Uhr an den Angeklagten B., an die eine Datei mit dem Namen „BG-MUN forte Packungsbeilage.doc“ angehängt war. Diese E-Mail und den Anhang „BG-MUN forte Packungsbeilage.doc“ hat die Kammer in der Hauptverhandlung verlesen (vgl. Bl. 1781 bis 1782 d.A.). Aus der Packungsbeilage ergibt sich zunächst, dass das Produkt als „BG-MUN forte“ bezeichnet wird und der Inhaltsstoff „Cytosolfraktion gelöst in Zellkulturmedium (sterile purpurfarbene Flüssigkeit)“ ist. Außerdem wird deutlich, dass es sich um ein Kosmetikprodukt handeln soll, da dies als Anwendungsgebiet aufgeführt wird. Als Stand der Information wird Dezember 2015 angegeben.
276
Am 20.03.2017 um 12:31:43 Uhr antwortete der Zeuge … auf eine E-Mail des Angeklagten B. mit dem Betreff „orale Krebstherapie und BG-MUN Info“, die die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 1783 d.A.) folgendes:
„Formulierungsvorschläge:
Von der Verschlusskappe nur den kleinen Kappendeckel abreißen, mit der Dosierspritze den Gummistopfen durchstechen und die Menge entsprechen [sic] Dosiervorschrift entnehmen. Diese Menge unter die Zunge geben und für ca. zwei Minuten verweilen lassen.
5 mal täglich 0,2 ml. Damit reicht eine Ampulle für drei Tage. Nach einem Tag Pause nehmen Sie die nächste Ampulle.“
277
Die vom Zeugen … gemachten Formulierungsvorschläge befinden sich nahezu 1:1 in der Packungsbeilage von BG-MUN Cytosolfraktion. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (1) inhaltlich Bezug genommen.
278
Durch diese E-Mail wird zum einen bestätigt, dass der Angeklagte B. von Kosmetika auf ein Mittel zur Krebstherapie umstieg. Des Weiteren wird ersichtlich, dass sich das angekaufte Produkt tatsächlich nicht änderte. Er bezog ausweislich der verlesenen Rechnungen Asservat 21.2 zwischen dem 04.11.2015 und dem 22.02.2019 und den übereinstimmenden und bestätigten Angaben der Zeugen … und … zu jeder Zeit dasselbe Produkt, nämlich die Cytosolfraktion der …. Das Produkt änderte sich lediglich hinsichtlich der verwendeten Nierenzellzuchtlinie, die entweder vom Schwein oder vom Rind stammte, und einmal hinsichtlich des verwendeten Zellzuchtmediums. Dies ergibt sich aus den glaubhaften Angaben der Zeugen … und …, die durch die von der Kammer verlesene E-Mail des Zeugen … an den Angeklagten B. vom 28.03.2017 um 12:20:37 Uhr bestätigt werden (vgl. Bl. 1784 d.A.).
279
Diese Schlussfolgerung wird aufgrund des BG-MUN-Verkaufs an … am 14.11.2017 nochmals als zutreffend unterstrichen. Ausweislich der glaubhaften und übereinstimmenden Angaben der Zeuginnen … und … (bzgl. der Details vgl. C. III. 8. d)) übergab der Angeklagte B. während des Verkaufsgesprächs im November 2017 eine Packungsbeilage für das angepriesene BG-MUN. Die beiden Zeuginnen und der Zeuge … gaben allesamt glaubhaft an, dass der … „BG-MUN forte“ verkauft worden sei. Dies steht im Einklang mit dem den Zeugen vom Angeklagten B. übergebenen und von der Kammer verlesenen Beipackzettel (Bl. 130 Fallakte I), der ebenfalls „BG-MUN forte“ aufführt. Die übergebene Packungsbeilage enthält bis auf wenige, unwesentliche Abweichungen denselben Inhalt, wie das vom Zeugen … an den Angeklagten B. übersandte Dokument „BG-MUN forte Packungsbeilage.doc“ (Bl. 1782 d.A.). Der Stand des an … ausgehändigten Dokuments ist mit Januar 2016 angegeben. Somit handelte es sich augenscheinlich um eine spätere Version desselben Dokuments.
280
Das Mittel BG-MUN forte wurde der unheilbar an Brustkrebs erkrankten … vom Angeklagten B. als hochwirksames Krebsheilmittel verkauft. Hinsichtlich der ausführlichen Würdigung wird auf die Ausführungen unter C. III. 8. d) inhaltlich Bezug genommen.
281
Faktisch übergab der Angeklagte B. jedoch eine Packungsbeilage für das Kosmetikprodukt BG-MUN forte. Daraus wird zur Überzeugung der Kammer deutlich, dass der Angeklagte B. selbst auch nicht zwischen den einzelnen Namen des Mittels BG-MUN unterschied. Dadurch wird nochmals bestätigt, dass es sich um ein und dasselbe Produkt handelt.
282
Auch die Zeugen … und … berichteten der Kammer von einem Beipackzettel, den sie bei ihren Käufen im Jahr 2017 erhalten haben. Diesen Beipackzettel hat die Kammer ebenfalls verlesen (vgl. Bl. 240 Fallakte III). Es handelt sich bereits um denselben Beipackzettel, wie er zur Überzeugung der Kammer bis zuletzt zum Einsatz gekommen ist (vgl. C. III. 3. a) (1)). Auch dieser Beipackzettel war damit spätestens ab September 2017, als die … letztmalig BG-MUN gekauft haben, in Umlauf (vgl. für die Einzelheiten zum Fall … III. 3. f) (1) und C. III. 8. b)).
283
Der Angeklagte B. hat keine Differenzierung vorgenommen. Die Kammer hat jeden Zeugen dazu befragt, welche Art von BG-MUN ihm verkauft wurde (BG-MUN, BG-MUN Cytosolfraktion, BG-MUN Proteinkomplex oder BG-MUN forte). Bis auf die Zeugen … und …, die allesamt bekundeten, … habe BG-MUN forte gekauft, erklärte jeder Zeuge, er oder sie habe „nur BG-MUN“ gekauft ohne etwaige Zusätze wie Cytosolfraktion oder forte. Aufgrund der großen Anzahl an Zeugen, von denen keiner eine genauere Bezeichnung von BG-MUN kannte, hat sich manifestiert, dass der Angeklagte B. selbst niemals zwischen den vermeintlich verschiedenen Arten von BG-MUN unterschieden hat. Aus diesem und den vorgenannten Gründen steht für die Kammer ohne jeden Zweifel fest, dass es zu jedem Zeitpunkt nur ein Produkt, nämlich die Cytosolfraktion der …, gegeben hat, das sich hinter der Bezeichnung BG-MUN forte oder BG-MUN Cytosolfraktion verborgen hat.
(3) Erkenntnisse aufgrund von Verkehrsfähigkeitsbescheinigungen, Sicherheitsdatenblättern und Behördenauskünften
(a) Verkehrsfähigkeitsbescheinigungen für BG-MUN
284
Für das Produkt BG-MUN wurde am 14.03.2017 durch den Zeugen … eine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung für ein „funktionelles Lebensmittel mit traditionell begründeter Unterstützungsfunktion für das Immunsystem“ ausgestellt, wovon dieser der Kammer in der Hauptverhandlung berichtete. Die dazugehörige Verkehrsfähigkeitsbescheinigung hat die Kammer verlesen (Bl. 1498 bis 1500 d.A.).
285
Diesbezüglich berichtete der Zeuge … der Kammer glaubhaft, er habe das Produkt selbst nie gesehen oder untersucht. Die von ihm vorgenommene Prüfung der Verkehrsfähigkeit beruhe allein auf Unterlagen, die ihm der Angeklagte B. zur Verfügung gestellt habe, wobei er nicht mehr sagen könne, welche Unterlagen das gewesen seien. Eine Zertifizierung als Nahrungsergänzungsmittel sei ohne den Zusatz von Vitaminen nicht möglich gewesen, daher habe er die Bezeichnung „funktionelles Lebensmittel“ gewählt.
286
Der Zeuge … gab gegenüber der Kammer an, bei dem Produkt BG-MUN handle es sich, zumindest nach dem ihm zur Verfügung stehenden Informationen und nach seiner Auffassung um einen Fleischextrakt. Dies hat der Zeuge auch so zertifiziert, da dies in der verlesenen Verkehrsfähigkeitsbescheinigung steht (vgl. Bl. 1498 bis 1500 d.A.).
287
Zur Überzeugung der Kammer ist diese Zertifizierung jedoch fehlerhaft. Bei BG-MUN handelt es sich nicht um einen Fleischextrakt. Diesbezüglich machten die Sachverständigen … und … vom P.-E.-Institut gegenüber der Kammer im Einklang stehende, plausible und nachvollziehbare Ausführungen, die mit den Schilderungen der Zeugen … und … übereinstimmen. Demnach können auf Zelllinien basierende Produkte einem Fleischextrakt nicht gleichgestellt werden. Zelllinien hätten keine fleischcharakteristischen Elemente. Nach den Angaben der Sachverständigen … habe eine Zelllinie ihr eigenes Proteinprofil. Beide Sachverständigen bekundeten übereinstimmend, dass es sich bei dem BG-MUN Cytosolfraktion um einen „Zelllinienextrakt“ handle.
288
Weiter stellte der Zeuge … wie er glaubhaft berichtet hat, auch eine „internationale Bescheinigung“ über die Verkehrsfähigkeit von BG-MUN aus. Die Kammer hat die entsprechende Übersetzung der Verkehrsfähigkeitsbescheinigung vom 20.04.2017 verlesen (vgl. Bl. ≈ 18 Sonderband Übersetzungen).
289
Dort wird bescheinigt, dass das Produkt dem deutschen und europäischen Lebensmittelrecht entspreche. Ferner wird ausdrücklich festgehalten, dass, wenn das Produkt außerhalb der europäischen Union vermarktet werden solle, die dortigen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen zu beachten seien. Insofern ist festzuhalten, dass lediglich eine Verkehrsfähigkeit für die europäische Union attestiert wird.
(b) Sicherheitsdatenblätter für BG-MUN Cytosolfraktion
290
Die Kammer hat das Sicherheitsdatenblatt für die Cytosolfraktion der … (damals noch …) vom 17.12.2010 (Bl. 1671 Rückseite bis 1674 Rückseite d.A.), ein weiteres undatiertes Sicherheitsdatenblatt für die … (ausgestellt auf …, vgl. Bl. 1697 bis 1699 d.A.) sowie alle Sicherheitsdatenblätter für BG-MUN Cytosolfraktion vom 01.03.2017 (Bl. 518 bis 524 und Bl. 531 bis 536 d.A.), vom 21.04.2017 (Bl. 525 bis 530 d.A.) und das für cytosolic fraction vom 12.07.2019 in deutscher Übersetzung (vgl. Bl. ≈ 20-24 Sonderband Übersetzungen) verlesen. Hinsichtlich des Zustandekommens dieser Sicherheitsdatenblätter auf Grundlage der vom Angeklagten B. bzw. der … überlassenen Informationen wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (b) Bezug genommen.
291
Letztlich wird durch die verlesenen Sicherheitsdatenblätter bestätigt, dass BG-MUN nicht toxisch sei; jedenfalls auf Grundlage der zur Verfügung gestellten Informationen, also ohne eigene Prüfung oder Untersuchung des tatsächlichen Inhalts.
(c) Behördliche Auskünfte für BG-MUN Cytosolfraktion
292
BG-MUN Cytosolfraktion wurde in Deutschland weder als Nahrungsergänzungsmittel angezeigt noch als Arzneimittel zugelassen. Auch einen darauf gerichteten Antrag hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Dies wird zur Überzeugung der Kammer belegt durch die Auskünfte des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 17.08.2021 und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 11.10.2021, die die Kammer in der Hauptverhandlung verlesen hat. Aus beiden Auskünften ergibt sich, dass BG-MUN den Behörden zu keinem Zeitpunkt bekannt geworden ist, und zwar in keiner der vorbezeichneten Namensvarianten.
(4) Erkenntnisse zur stofflichen Zusammensetzung
293
Der Sachverständige … vom bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (im Weiteren bezeichnet als „LGL“) berichtete der Kammer über seine Untersuchungsergebnisse zur stofflichen Zusammensetzung der ihm übergebenen Proben von BG-MUN.
294
Bei der Probe mit der LGL-Probennummer 19-0097539-001-01 (im Weiteren bezeichnet als „Probe Regierung von Oberbayern“) handle es sich um eine Schachtel mit 4 Ampullen BG-MUN Cytosolfraktion ausweislich der Beschriftung der Etiketten, die ihm nicht von der Kriminalpolizei, sondern von der Regierung von Oberbayern übergeben worden seien. Diesbezüglich berichtete die Zeugin … der Kammer, dass ihr am 23.05.2019 von der sternTV-Reporterin … die Packung mitsamt Inhalt gekühlt mit Kühlkissen übergeben worden sei. Diese habe die Packung nach ihren Angaben bei der Angeklagten G. gekauft. Die Regierung von Oberbayern habe die Probe gekühlt aufbewahrt und am 24.05.2019 gekühlt an das LGL zur Untersuchung übergeben. Die Ampullen stammen tatsächlich von …, die diese bei einem Termin in der Praxis der Angeklagten G. am 10.05.2019 gekauft und, wie sich aus dem von der Kammer in Augenschein genommenen … TV-Bericht vom 05.06.2019 ergibt, (teilweise) der Regierung von Oberbayern übergeben hat (vgl. C. III. 3. e) (5) (b)).
295
Dem Sachverständigen … wurden außerdem die Asservate mit der polizeilichen Asservatennummer 1.4, 1.5, 1.6, 1.7 sowie die Probe „…“ gekühlt übergeben, wie der Sachverständige in Übereinstimmung mit dem Zeugen … berichtete.
296
Im Sommer 2020 habe er außerdem weitere Proben von der Kriminalpolizei I. erhalten. Es habe sich um abermals um Schachteln mit Ampullen gehandelt, die entweder mit BG-MUN Cytosolfraktion oder mit „BG-Health cytosol fraction“ etikettiert gewesen seien. Es habe sich um die Asservate mit den polizeilichen Asservatennummern 5.1, 5.3, 9.2 (die Ampullen jeweils asserviert mit den Nummern 9.2.1 bis 9.2.7), 10.5.1, 19.1.1 und 7.32.1 gehandelt.
297
Die Asservate 1.4 bis 1.7. wurden bei der Durchsuchung der Praxis der Angeklagten G. am 24.05.2019 sichergestellt, wie … der Kammer berichtete. Diesbezüglich wird auf die gemeinsam mit dem Zeugen … in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 244 bis 248 inhaltlich Bezug genommen.
298
Die „Probe …“ hat die Zeugin … bei ihrer Anzeigeerstattung gegen die Angeklagte G. der örtlichen Polizeiinspektion übergeben, wie diese bei ihrer Einvernahme gegenüber der Kammer glaubhaft angab.
299
Die im Sommer 2020 bei dem LGL angekommenen Proben hatten folgenden Ursprung:
300
Die Asservate 5.1 und 5.3 hat der Zeuge … bei seiner polizeilichen Einvernahme abgegeben.
301
Das Asservat 9.2 stammte aus der Durchsuchung der Praxis der Angeklagten G. vom 21.01.2020, von der der Kammer die Zeugin … berichtet hat. Das Auffinden wurde zudem auf dem verlesenen Durchsuchungs- und Sicherstellungsverzeichnis vom 21.01.2020 festgehalten (vgl. Bl. 741 bis 742 d.A.). Das Asservat 10.5.1 wurde nach den glaubhaften Angaben der Zeugin … bei der Durchsuchung der Praxis des Zeugen … aufgefunden. Sie berichtete weiter, sie habe auch von einem Patienten eine gefüllte Ampulle BG-MUN erhalten. Dabei kann es sich zur Überzeugung der Kammer nur um das Asservat 19.1.1 handeln. Das Asservat 7.32.1 stammte nämlich aus der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten B. auf …, wie die Zeugen … und … der Kammer ausführlich berichteten.
302
Ausweislich der Angaben des Sachverständigen … sind die im Sommer 2020 angelieferten Proben ungekühlt beim LGL angekommen, da sie bereits zuvor nicht gekühlt gelagert worden seien.
303
Der Sachverständige … berichtete der Kammer von der Untersuchung der Inhaltsstoffe der sichergestellten Asservate. Bei der Untersuchung der verschiedenen Proben habe er festgestellt, dass einige Ampullen etikettiert seien, andere nicht. Einige hätten sich in Faltkartons befunden, andere nicht. Diesbezüglich wird auf die vom Sachverständigen gefertigten und mit diesem in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 478 Rückseite bis 484 Rückseite d.A. sowie ergänzend auf Bl. 1768 bis 1769 d.A. inhaltlich Bezug genommen. Der Sachverständige … führte weiter aus, er habe aus diesem Grund grundsätzlich alle Proben gleichbehandelt und untersucht. Er habe aber aus Kapazitätsgründen nicht bei allen Proben alle Untersuchungen durchgeführt.
304
Er habe zunächst den pH-Wert der Proben, außer für die Probe „…“, untersucht. Für die Probe Regierung Oberbayern habe dieser 8,7, für das Asservat 1.4. 8,5, für das Asservat 1.5 8,6, für das Asservat 1.6 8,5 und für das Asservat 1.7 8,5 betragen. Ein pH-Wert zwischen 8 und 9 sei praktisch neutral bzw. leicht alkalisch. Aufgrund charakteristischer Farbumschläge bei pH-Wertänderungen habe zudem der Stoff Phenolrot als Farbstoff zweifelsfrei identifiziert werden können. Dabei bestätigte der Sachverständige … die Angaben des Zeugen …, dass dieser Stoff bereits in einem Zellkulturmedium vorkomme und deshalb auch Bestandteil der Cytosolfraktion sei.
305
Zur Bestimmung der genauen Inhaltsstoffe habe er eine Kernresonanzspektroskopie durchgeführt. Dabei handle es sich um eine Untersuchung zur Identitätsbestimmung chemischer Stoffe. Die Untersuchung kläre die Struktur einer chemischen Verbindung auf, so dass er qualitative und quantitative Angaben zu organischen Verbindungen treffen könne. Sowohl auf den Etiketten als auch auf den Gebrauchsanweisungen, die ihm vorgelegen hätten, seien als Inhaltsstoffe Wasser, Zucker und Aminosäuren deklariert worden. Daher habe er versucht, diese nachzuvollziehen.
306
Er habe Glucose, also Traubenzucker, nachweisen können. In der Probe der Regierung von Oberbayern sei diese in einer Konzentration von 0,8 mg/ml vorhanden gewesen. Außerdem seien in dieser Probe die Aminosäuren Histidin mit einer Konzentration von 0,02 mg/ml, Tryptophan mit einer Konzentration von 0,01 mg/ml, Tyrosin mit einer Konzentration von 0,04 mg/ml und Phenylalanin mit einer Konzentration von 0,04 mg/ml detektiert worden. Es seien noch mehr Aminosäuren in der Lösung gewesen, das LGL habe aber nicht die technischen Möglichkeiten, um diese zu bestimmen.
307
Anschließend habe er eine Gaschromatographie mit Massenkopplung durchgeführt, um flüchtige Substanzen in Gasform nachzuweisen. Diese war ergebnislos, was angesichts der auf den Proben aufgeführten Inhaltsstoffe auch zu erwarten gewesen sei.
308
Danach habe er eine SDS-Page durchgeführt. Dabei handle es sich um eine chromatographische Methode, um Proteine qualitativ über ihr Molekulargewicht nachzuweisen. Für die Probe Regierung von Oberbayern habe er bei nicht reduzierenden Bedingungen eine Proteinbande von ca. 52 kDa und bei reduzierenden Bedingungen eine Hauptproteinbande von 61 kDa und eine sehr schwache Nebenbande von ca. 40 kDa, für die Probe Asservat 1.4 bei nicht reduzierenden Bedingungen eine Proteinbande von ca. 54 dDa und bei reduzierenden Bedingungen eine Hauptproteinbande von 61 kDa und eine sehr schwache Nebenbande von ca. 40 kDa, für die Probe Asservat 1.5 bei nicht reduzierenden Bedingungen eine Proteinbande von ca. 56 kDa und bei reduzierenden Bedingungen eine Hauptproteinbande von 64 kDa und eine sehr schwache Nebenbande von ca. 37 kDa, für die Probe Asservat 1.6 bei nicht reduzierenden Bedingungen eine Proteinbande von ca. 52 kDa und bei reduzierenden Bedingungen eine Hauptproteinbande von 61 kDa und eine sehr schwache Nebenbande von ca. 40 kDa, für die Probe Asservat 1.7 bei nicht reduzierenden Bedingungen eine Proteinbande von ca. 55 kDa und bei reduzierenden Bedingungen eine Hauptproteinbande von 63 kDa und eine sehr schwache Nebenbande von ca. 41 kDa und für die Probe „…“ bei nicht reduzierenden Bedingungen eine Proteinbande von ca. 56 dDa und bei reduzierenden Bedingungen eine Hauptproteinbande von 63 kDa und eine sehr schwache Nebenbande von ca. 42 kDa feststellen können.
309
Eine genaue Bestimmung, um welche Proteine es sich gehandelt habe, sei ihm aufgrund fehlender technischer Möglichkeiten nicht möglich gewesen. Daher habe er den polizeilichen Sachbearbeiter … wegen einer weitergehenden Untersuchung an das P.-E.-Institut verwiesen.
310
Zudem habe er eine mikrobiologische Untersuchung gemacht, da im Raum gestanden habe, dass das Mittel injiziert worden sei. Solche Lösungen müssten steril sein. Da das LGL über keinen sterilen Reinraum verfüge, habe er den Keimgehalt bestimmt. Ein Nachweis der vollständigen Abwesenheit von Keimen sei ohne Reinraum nicht möglich. Die mikrobiologische Qualität der Probe Regierung von Oberbayern sei mit 50 KBE/g bestimmt worden. Es handle sich dabei um eine Verkeimung, die nicht ausschließbar auf einen Umgebungskeim aus dem LGL zurückzuführen sei. Anhaltspunkte für Schimmel oder Hefepilze habe es nicht gegeben.
311
Die Probe Asservat 1.5 habe mit 40 Ampullen genug Material für weitere Untersuchungen geliefert. Deshalb habe er bei Asservat 1.5 ebenfalls die mikrobiologische Qualität bestimmt, die 0 KBE/g und damit Keimfreiheit, soweit das LGL dies bestimmen könne (s.o.), ergeben habe. Außerdem habe er bei dieser Probe eine Untersuchung der Partikelkonzentration vorgenommen. Die Werte hätten dem Mindestwert für sterile Injektionslösungen entsprochen. Deshalb gehe er davon aus, dass die Probe Regierung von Oberbayern durch einen Umgebungskeim verunreinigt worden sei. Des Weiteren sei ein Element-Screening und ein Schwermetall-Screening möglich gewesen.
312
Dabei habe er folgende Elemente nachgewiesen: Bor mit 938 µg/l, Natrium mit 3364 mg/l, Magnesium mit 19 mg/l, Kalium mit 26 mg/l, Calcium mit 5 mg/l, Chrom mit 5 µg/ml, Eisen mit 35 µg/ml, Zink mit 204 µg/ml. Dabei handle es sich jeweils um eine nennenswerte Konzentration, bei Natrium sogar um eine größere Menge. Dies sei aber mit dem Zellkulturmedium zu erklären, wenn dieses tatsächlich die Grundlage des Stoffes sei. Die Konzentration von Selen sei unterhalb der Bestimmungsgrenze gewesen. Quecksilber und Cadmium hätten sich ebenfalls nicht nachweisen lassen. Arsen habe er mit 90 µg/ml, Blei mit 0,7 µg/ml, Kupfer mit 48 µg/ml und Nickel mit 3 µg/ml aufgefunden. Dabei handle es sich um keine besorgniserregenden Konzentrationen.
313
Er habe außerdem für jede Probe ein NMR-Fingerprint-Spektrum aufgestellt. Es handle sich um eine Art Fingerabdruck der jeweiligen Substanz im atomaren Bereich, anhand dessen man bei organischen Substanzen sagen könne, ob es Unterschiede gebe oder nicht. Alle Proben seien qualitativ gleich gewesen und hätten nur quantitativ leichte Abweichungen gezeigt, was auf verschiedene Chargen hindeute und innerhalb der gewöhnlichen chargenspezifischen Abweichungen zu erwarten sei.
314
Hinsichtlich der weiteren Proben aus dem Sommer 2020 habe er überprüft, ob diese mit den Proben aus dem Jahr 2019 Stoffgleichheit aufwiesen. Er habe keine abweichenden physikalisch-chemischen Eigenschaften oder Unterschiede in der organischen und anorganischen oder zusätzliche Inhaltsstoffe feststellen können. Es handle sich um denselben Stoff mit chargentypischen Abweichungen.
315
Der Sachverständige … vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit führte diesbezüglich ergänzend und für die Kammer nachvollziehbar aus, dass die ungekühlte Anlieferung der Proben auf die stoffliche Zusammensetzung keine Auswirkungen gehabt habe, soweit das LGL dies prüfen könne, da durch die etwaige Zerstörung von Proteinen bei unterbrochener Kühlkette, an der SDS-Page ein anderes Molekulargewicht zu erwarten gewesen wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Hinsichtlich der mineralischen Bestandteile, der Aminosäuren und des Zuckers sei eine Veränderung durch eine unterbrochene Kühlkette weder zu erwarten noch hätten sie eine solche festgestellt.
316
Als Ergebnis konnte der Sachverständige … festhalten, dass die Abweichungen zwischen den einzelnen Proben bei den pH-Werten und Proteinmassen erwartbare Abweichungen entweder aufgrund von Messunsicherheiten des LGL oder aufgrund von chargenspezifischen Abweichungen seien. Ansonsten seien alle übergebenen Proben stoffgleich. Die Lösungen enthielten Glucose, Aminosäuren und Proteine, deren nähere Bestimmung, insbesondere die Bestimmung des Ursprungs und der Art, dem LGL nicht möglich sei, sowie Salze und Spurenelemente. Das Produkt sei weitestgehend keimfrei, nicht mit Schwermetallen belastet und enthalte keine bekannten gesundheitsgefährdenden Stoffe. Aufgrund der aufgefundenen Inhaltsstoffe könnte das Zellkulturmedium „Alpha-MEM“ die Grundmatrix des Produkts BG-MUN Cytosolfraktion sein, insbesondere aufgrund des Farbstoffes Phenolrot, der enthaltenen Aminosäuren und der Glucose. Insofern hat der Sachverständige abermals die Angaben der Zeugen … und … bestätigt.
317
Das Screening habe keinerlei Wirkstoffe, wie einen definierten Arzneistoff, ergeben. Er habe bis auf die Salze und Spurenelemente nichts gefunden, was über die Inhaltsangabe der Etiketten hinausgehe.
318
Die Kammer macht sich diese überzeugenden, plausiblen und auf wissenschaftlichen Standards beruhenden Angaben nach eigener kritischer Prüfung zu eigen. Der Sachverständige … hat umfassend und überzeugend dargelegt, wie er die Proben untersucht und welche Ergebnisse er erzielt hat. Dabei hat er seine Untersuchung logisch nachvollziehbar an der Beschriftung der angelieferten Proben orientiert und diese Stoffe nachgewiesen. Er hat aber auch darüberhinausgehende Untersuchungen durchgeführt und stets deutlich gemacht, wenn eine Untersuchung aufgrund mangelnder technischer Möglichkeiten nicht möglich gewesen ist. Die Angaben des Sachverständigen … waren ebenfalls plausibel und nachvollziehbar. Die Kammer hat daher keinen Anlass an deren Richtigkeit zu zweifeln und macht sie sich aufgrund ihrer Plausibilität zu eigen.
319
Aufgrund dieser Ergebnisse ist die Kammer überzeugt, dass BG-MUN Cytosolfraktion weitestgehend keimfrei ist, keine Schwermetalle enthält und die aufgeführten Inhaltsstoffe hat. Zudem ist die Kammer überzeugt, dass alle sichergestellten Proben denselben Stoff enthalten, da dies das Ergebnis des Sachverständigen … war, das sich die Kammer wie bereits ausgeführt, zu eigen macht, und nach dem Bericht des Gutachters einige Ampullen mit BG-MUN Cytosolfraktion beschriftet waren, während andere kein Etikett aufwiesen. Aufgrund der Stoffgleichheit und dem Vorhandensein etikettierter Ampullen, die den Inhalt als BG-MUN Cytosolfraktion auswiesen, ist bei allen Proben davon auszugehen, dass es sich um BG-MUN Cytosolfraktion handelte.
320
Außerdem bestätigt sich abermals, dass die Firma … Herstellerin des Produkts ist, da der Sachverständige nachvollziehbar ausführte, dass die aufgefundenen Inhaltsstoffe auf das Zellkulturmedium, das die Firma benutzt hat, hindeuteten.
(5) Erkenntnisse aus der Untersuchung der enthaltenen Proteine
321
Da das LGL, wie unter C. III. 3. a) (4) dargelegt, nicht über die technischen Möglichkeiten zur näheren Bestimmung der in den überlassenen Proben enthaltenen Proteine verfügte, haben die Sachverständigen … und … vom P.-E.-Institut (im folgenden PEI) über ihre im Auftrag der Staatsanwaltschaft getätigten Untersuchungen der Kammer ergänzend berichtet.
322
Der Sachverständige … berichtete, dass dem PEI die Ampullen mit der polizeilichen Asservatennummer 1.5 gekühlt angeliefert wurden. Es habe sich um 25 unbeschriftete Fläschchen mit pinker Flüssigkeit gehandelt. Aufgrund der beim Transport mitgeführten Kühllogger sei eine Unterbrechung der Kühlkette ausgeschlossen.
323
Hinsichtlich der Sicherstellung des Asservats 1.5 sowie der Ergebnisse des LGL zur stofflichen Zusammensetzung der Probe wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (4) Bezug genommen.
324
Der Sachverständige … legte der Kammer dar, dass das PEI die Proben zur reinen Proteinbestimmung mit je zwei massenspektrometrischen Verfahren qualitativ analysiert habe. Bei dem Verfahren A handle es sich um eine LC-MS Analyse nach In-Gel Verdau. Bei Verfahren B handle es sich um eine LC-MS Analyse nach In-Lösung Verdau.
325
Bei beiden Methoden handle es sich um eine enzymatische Behandlung mit Trypsin zur Spaltung von Proteinen, um zu erreichen, dass diese in ihre Aminosäuren zerfielen. Es gebe 20 Aminosäuren und die jeweilige Anordnung in einer Kette (Sequenz) bestimme dann das (dadurch gebildete) Protein. Die Aufspaltung der Proteine nenne man Verdauung. Die Massenspektrometrie bestimme dann die Verdauungsprodukte und mit Hilfe der Datenbank des PEI könne dann eine Wahrscheinlichkeit dafür ausgegeben werden, dass die Bestimmung richtig sei. Außerdem könne das PEI die Proteine einem Ursprungsorganismus zuordnen.
326
Mit der Methode A hätten sie 15 verschiedene Messungen durchgeführt. Zuerst sei die Probe einer Auftrennung nach Molekulargewicht mittels SDS-Page unterzogen worden. Dabei sei man gleich vorgegangen, wie das LGL. Die Proteinbanden könne man dann in dem Gel erkennen, da diese angefärbt würden. Danach habe man die Proteinbanden ausgeschnitten, „verdaut“ (s.o.) und dann mit der LC-MS analysiert. Diese Methode habe 5 Proteine in 3 Banden im Gel ergeben. Sie hätten aber trotzdem noch mehr Proteine gefunden. Eine anfärbbare Proteinmasse sei ein millionstel Gramm. Sie könnten aber sogar bis in den Pikogrammbereich messen also 10-12 g. Deshalb hätten sie auch Proteine gefunden, die durch die SDS-Page nicht sichtbar seien. Die Hauptkomponente der Proben sei Albumin aus Rind gewesen. Darüber hinaus hätten sie als weitere Hauptkomponente Alpha-2-HS Glycoprotein und im Übrigen Serotransferrin, Alpha-1-antiproteinase und Alphafetoprotein aus Rind nachgewiesen. Das Hitzeschockprotein 70 (HSP 70) hätte das PEI mit diesem Verfahren nicht nachweisen können.
327
Im Verfahren B hätten sie zunächst keine Auftrennung mittels SDS-Page vorgenommen, sondern die Probe unmittelbar „verdaut“ (s.o.) und per LC-MS untersucht. Dieses Verfahren erfasse alle Proteine, unabhängig von ihrem Molekulargewicht. Die Methode diene der Analyse komplexer Gemische in einem Zug. Mit Hilfe der Datenbank des PEI könne dann ebenfalls die Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein kompletter Proteinprofile ermittelt werden. Es habe sich bei den untersuchten Proben ein typisches Gemisch für Zellen ergeben. Das Ergebnis stimme mit der Annahme überein, dass es sich bei der Probe um eine Cytosolfraktion handeln solle. Eine Cytosolfraktion sei ein Extrakt aus einem Zellinhalt einer Zelle. Dafür trenne man die festen Bestandteile der Zelle ab. Mit dem Verfahren hätten sie die 5 mit Verfahren A aufgefundenen Proteine bestätigen können.
328
Mit Verfahren B habe sich zudem ein ähnliches Protein wie HSP 70 feststellen lassen. Es handle sich jedoch nicht um die Hauptkomponente. Mit den 5 nach Verfahren A festgestellten Proteinen sei es ihnen gelungen, ein komplexes Gemisch von Proteinen zu identifizieren. Sie hätten jedes einzeln identifiziert und die Funktionen im Ursprungsorganismus festgestellt. Da sich bei der Analyse mit der Datenbank 90 % Rinderproteine ergeben hätten, sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass zur Herstellung tatsächlich eine Zelllinie des Rindes benutzt worden sei. Manchmal ordne der Computer bei der Analyse die aufgefundenen Proteinfragmente auch anderen Spezies, wie dem Menschen oder dem Schwein zu, da die Proteine grundsätzlich ähnlich seien. Da aber 90 % Rind analysiert worden sei, handle es sich eindeutig um Rinderproteine. Es seien 2 Proteine festgestellt worden, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom Menschen stammten. Diese seien bei der der Herstellung oder Untersuchung in die Proben gelangt. Dies sei, selbst mit dem Tragen von Handschuhen, nicht zu vermeiden.
329
Aufgrund der durchgeführten Untersuchungen könne er folgende Aussagen treffen: Es handle sich bei den Proben wahrscheinlich um eine Cytosolfraktion. Die Proben enthielten ein komplexes Gemisch aus Proteinen, wobei die Hauptkomponente Albumin aus Rind sei. Es habe sich im Übrigen um Proteine gehandelt, die eine Zelle im Ursprungsorganismus zum Leben brauche.
330
Diese nachvollziehbaren Ausführungen, die auf wissenschaftlich anerkannten Standards basieren und denen 2 verschiedene Methoden, deren Ergebnisse miteinander sowie mit dem Ergebnis der SDS-Page-Untersuchung des LGL in Einklang stehen, wie der Sachverständige … berichtete, zu Grunde liegen, macht sich die Kammer aufgrund ihrer Plausibilität und der Tatsache, dass es eine zweifache Überprüfung gab, nach eigener kritischer Prüfung zu eigen.
331
Da die Kammer überzeugt ist, dass die … eine Cytosolfraktion hergestellt und an den Angeklagten B. verkauft hat (vgl. C. III. 3. a) (2)), hat sich durch die Einvernahme des Sachverständigen … nochmals bestätigt, dass es sich tatsächlich um eine Cytosolfraktion gehandelt hat. Ferner ist die Kammer überzeugt, dass die Proben aus Asservat 1.5, die das PEI untersucht hat, BG-MUN Cytosolfraktion waren. Die Ampullen wurden, wie bereits ausgeführt, bei der Angeklagten G. festgestellt und gemeinsam mit anderen Ampullen, die bereits mit „BG-MUN Cytosolfraktion“ etikettiert waren, sichergestellt. Darüber hinaus hat das LGL die Stoffgleichheit aller Proben zur Überzeugung der Kammer zutreffend festgestellt. Diese Stoffgleichheit hat die Sachverständige … nochmals bestätigt, da auch das PEI bei der Untersuchung der einzelnen Ampullen übereinstimmende Ergebnisse erzielt hat. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit dieser Angabe zu zweifeln und macht sie sich daher ebenfalls zu eigen.
332
Hinsichtlich der einzelnen enthaltenen Proteine und ihrer Funktionen im ursprünglichen Organismus eines Rindes machte der Sachverständige … nachfolgende Angaben, die sich die Kammer ebenfalls aufgrund Plausibilität und der großen Sachkunde des Sachverständigen, bei dem es sich um den Vizepräsidenten des PEI handelt, nach eigener Prüfung zu eigen macht:
333
Bei der Hauptkomponente Albumin handle es sich um ein Protein, das Wasser, anorganische Ionen wie Zink, Calcium, Natrium und Kalium, Fettsäuren, Hormone, Bilirubin und Medikamente binde. Es befinde sich in großen Mengen im Blut eines Rindes und sei für die Regulierung des kolloidalen osmotischen Drucks des Blutes zuständig.
334
Alpha-2-HS Glycoprotein fördere die Endozytose. Dies sei eine Funktion, bei der die Zellen einen potenziellen Angreifer aufnehmen und zerstören sollen. Es handle sich also um eine Abwehrreaktion der Zelle. Außerdem solle das Protein lymphozytenstimulierende Eigenschaften haben, was aber nicht gesichert sei.
335
Serotransferrin sei ein eisenbindendes Transportprotein und daher im Zusammenhang mit der roten Färbung des Blutes von Bedeutung.
336
Alpha-1-antiproteinase sei typisch im Organismus eines Rindes und in einer komplexen Zellmaschinerie und deshalb in einem Extrakt, wie in einem Cytosol, zu erwarten.
337
Alpha-fetoprotein sei zuständig für den Transport von Mineralstoffen.
338
Das heat shock cognate 71 kDa protein steuere die Faltung von Proteinen. Dies diene der Funktionserhaltung und sei daher grundsätzlich medizinisch interessant.
339
Actin-cytoplasmic 1 bilde Proteinstränge und sei daher wichtig für die Bewegungen von Muskeln aber auch von Zellen. Das Protein komme in jedem Warmblüter vor und übernehme eine Grundfunktion für das Leben.
340
Alpha-1-acid glycoprotein transportiere kleinere Stoffe im Blutstrom in die Organe und binde verschiedene Liganden.
341
L-lactate dehydrogenase A chain sei für den Abbau von Milchsäure zuständig.
342
Triosephosphate-Isomerase sei ein Stoffwechselenzym für den Abbau von Kohlenhydraten.
343
14-3-3-Protein Zeta/Delta sei wichtig für die Weiterleitung von Informationen auf zellulärer Ebene.
344
Vimentin sei an den Teilungsprozessen von Zellen beteiligt.
345
Hemoglobin Fetal Subunit Beta beteilige sich am Sauerstofftransport von der Lunge zu den peripheren Geweben.
346
Glyceraldehyd-3-Phosphat-Dehydrogenase sei am Zuckerabbau, also der Umwandlung von Kohlenhydraten in Energie, beteiligt.
347
Das Vitamin-D-Bindungsprotein sei am Vitamin D-Transport und -Speicherung sowie am Abfangen von extrazellulären G-Actin beteiligt. Es aktiviere Makrophagen also die Abwehrkräfte.
348
Peptidyl-Prolyl-Cis-Trans-Isomerase A spiele eine Rolle bei der Veränderung von Proteinen.
349
Fetuin-B sei ein Proteaseinhibitor, der für die Befruchtung der Eizelle benötigt werde und andere Enzyme hemme.
350
Hitzeschock-Protein Beta-1 halte wahrscheinlich denaturierte Proteine in einem faltungskompetenten Zustand.
351
Alpha-2-Macroglobulin sei in der Lage, andere spaltende Proteine zu hemmen.
352
Alpha-Crystalin-B-Chain habe eine Stress- und Abwehrfunktion.
353
Cofilin-1 binde F-Actin und sei wichtig für den Prozess des Auseinanderfallens von Zellen.
354
Alpha-1 B-Glycoprotein komme im Blut vor und erfülle eine nicht bekannte Funktion.
355
Transgelin-2 sei vermutlich an der Organisation und Stabilität des Cytoskeletts beteiligt.
356
Phosphoglycerat-Mutase-1 sei ein Umwandlungsenzym.
357
Profilin-1 steure Aktin und damit den Aufbau und Abbau von Zellen. Es habe Eigenschaften eines Allergens.
358
Transgelin sei für die Aktinfilament-Bindung zuständig.
359
Protein AMBF hemme Trypsin, Plasmin und lysosomale granulozytäre Elastase.
360
Rho-GDP-Dissoziation-Inhibitor-1 kontrolliere die Homöostase der Rho-Proteine.
361
Hemopexin binde Hämoglobin und transportiere es zur Leber zum Abbau und zur Eisenrückgewinnung.
362
Alpha-Actinin-4 sei ein Vernetzungsprotein und deshalb an einer Vielzahl von intrazellulären Strukturen verankert.
363
Fructose-Bisphosphat-Aldolase A spiele eine Schlüsselrolle beim Kohlenhydratalso Energieabbau.
364
Pyruvate-Kinase-PKM sei zur Energieübertragung erforderlich.
365
Beta-2-Glycoprotein könne die Aktivierung der intrinsischen Blutgerinnungskaskade durch Bindung der Phospholipide auf der Oberfläche geschädigter Zellen verhindern.
366
Aspartat-Aminotransferase-Mitochidrial nehme chemische Veränderungen an Aminosäuren vor.
367
Peroxiredoxin-1 sei an Oxidierungen beteiligt.
368
Tubulin-Alpha-1 B-Chain sei Hauptbestandteil der Mikrotubuli und für die Zellstabilisierung zuständig.
369
Glucose-6-Phosphat-Isomerase sei beim Zuckerabbau beteiligt.
370
Kininogen-2 sei Inhibitor von Thiol-Proteasen.
371
Das heterogene nukleäre Ribonukleoprotein A2/B1 übernehme Funktionen im Zellkern.
372
Elongation-Factor-2 steure die Bewegung von tRNA. Dies diene dem Umschreiben von Genen und der Proteinsynthese in der Zelle.
373
Protein-Disulfid-Isomerase-A3 katalysiere die Umlagerung von S-S-Bindungen in Proteinen.
374
Transthyretin transportiere vermutlich das Schilddrüsenhormon Thyroxin aus dem Blutkreislauf zum Gehirn.
375
Die Proteine Keratin-Typ-1-Cytoskeletal-10 und Keratin-Typ-II-Cytoskeletal-2-Epidermal spielten bei der menschlichen Hautbarriere und Verhornung der Haut eine Rolle. Diese seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beim Herstellungs- oder Untersuchungsprozess in die Proben gelangt.
376
In der Zusammenschau handle es sich um Proteine, die ein Rinderzelle zum Leben brauche.
(6) Schlussfolgerungen der stofflichen Gutachter für Auswirkungen auf den menschlichen Organismus
377
Aufgrund der – wie unter C. III. 3. a) (4) und (5) dargelegt – zur Überzeugung der Kammer feststehenden Inhaltsstoffe der BG-MUN Cytosolfraktion sind die Sachverständigen … und … übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Wirkung des Stoffes gegen schwere Erkrankungen wie Krebs oder unheilbare Autoimmunerkrankungen nicht nachgewiesen werden kann.
378
Die Sachverständigen … und … führten übereinstimmend und mehrfach aus, dass nicht bekannt oder erforscht sei, ob die Proteine eines Rindes im Körper eines Menschen, vorausgesetzt, sie kämen überhaupt an die vorgesehene Stelle im Körper, dieselben Funktionen übernehmen könnten. Eine gesundheitsfördernde oder gar heilende Wirkung müsse mit entsprechenden Daten untermauert werden. Sie hätten umfassend in allen inländischen und ausländischen Datenbanken des PEI zu dem Produkt und den Proteinen recherchiert und keine Ergebnisse erzielt. Es gebe Studien zu Hitzeschockproteinen, aber auch diese seien erst in Phase I oder Phase II. Die Wirksamkeitsstudien begännen aber erst in Phase III. Es handle sich daher um Forschung mit unklarem Ausgang und auch nur zu HSP 70. Dieses HSP 70 konnte in den analysierten Proben jedoch gerade nicht festgestellt werden.
379
Auch die Sachverständigen … und … bestätigten, dass sie keinerlei Studien oder sonstige Daten oder wissenschaftliche Publikationen zum Produkt BG-MUN Cytosolfraktion oder ähnlich zusammengesetzten Produkten gefunden hätten.
380
Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass hinsichtlich BG-MUN Cytosolfraktion oder Produkten mit vergleichbaren Inhaltsstoffen niemals irgendwelche Studien oder Forschungen durchgeführt wurden, da dies sowohl durch die Zeugen … und … die die Cytosolfraktion herstellen, sowie durch die Sachverständigen … und … vom PEI als deutschem Bundesinstitut (und Bundesoberbehörde) für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel und durch die Sachverständigen … und … vom LGL bestätigt wurde.
381
Die Sachverständige … führte überzeugend und nachvollziehbar aus, dass bei einem Verschlucken des Stoffes, also bei oraler Aufnahme, fast alle Proteine im Magen zerstört, das heißt in ihre Aminosäuren aufgespalten würden. Nur sehr wenige könnten in den Darmtrakt gelangen. Dort sei dann eine Immunabwehrreaktion des Körpers denkbar, da die Proteine als eine nicht zum Körper gehörende Substanz erkannt würden. Der Sachverständige … machte dieselben Ausführungen. Nach dessen Angaben seien auch von den Mineralstoffen und der Glucose keine nennenswerten Wirkungen zu erwarten.
382
Der Sachverständige … führte weiter aus, dass die festgestellten Proteine im Ursprungsorganismus Rind ja gerade in intakten Zellen wirkten. Um also eine Wirkung entfalten zu können, müssten sie erstmal in eine intakte Zelle hineingelangen. Bei oraler Aufnahme sei dies wegen der Verdauung nicht zu erwarten. Bei einer Aufnahme über die Mundschleimhaut sei dies nicht ausgeschlossen. Er halte es aber auch bei sublingualer Aufnahme für unwahrscheinlich, dass die Proteine, wenn sie denn überhaupt im menschlichen Organismus die gleiche Aufgabe übernähmen, wie im Rinderorganismus, in ausreichender Menge an die richtige Stelle im Körper gelangen könnten. Denn irgendwann müsse man das Produkt schlucken und dann würden die Proteine im Verdauungstrakt zerstört. Der Vergleich des BG-MUN Beipackzettels (vgl. zum Inhalt unter C. III. a) (1)) mit Nitroglyzerin sei fehlerhaft. Denn Proteine seien auf atomarer Ebene viel größer als Nitroglycerin. Er schätze, es gelange bei sublingualer Aufnahme vielleicht 1 % der enthaltenen Proteine überhaupt wirklich in den menschlichen Körper.
383
Diese Angaben sind nachvollziehbar und plausibel und wurden vollständig durch die Ausführungen der Sachverständigen … bestätigt. Auch der Sachverständige … äußerte die Ansicht, dass Proteine für eine sublinguale Aufnahme zu groß seien und der Vergleich mit der Aufnahme von Nitroglyzerin in die Hohlvene durch den ihm ebenfalls vorliegenden Beipackzettel daher verfehlt sei.
384
Nach seiner und der von … gegenüber der Kammer geäußerten Einschätzung sei dies jedoch für die subkutane Injektion des Stoffes anders zu bewerten. In diesem Fall werde eine Zerstörung durch den Verdauungstrakt vermieden. Der Stoff befinde sich im Gewebe und erreiche letztlich das Lymphsystem und könne sich so im Körper verteilen.
385
Eine antientzündliche Wirkung des Stoffes konnte der Sachverständige … weder ausschließen noch bestätigen, da es keine Daten dazu gebe. Er könne aber sagen, dass auch Proteine enthalten seien, die entzündliche Prozesse eher verstärkten, zum Beispiel das Vitamin-D-Binding-Protein. Die Proteine seien nicht aufeinander abgestimmt und hätten deshalb teilweise genau entgegenstehende Wirkungen – zumindest im Ursprungsorganismus eines Rindes. Die Sachverständige … bestätigte diese Ausführungen abermals.
386
Die Sachverständige … führte weiter aus, dass die Eignung des Stoffes, schwere Krankheiten zu heilen mit den Ergebnissen der Untersuchung nicht haltbar sei. Klar sei, dass der Stoff Proteine einer Rinderzelllinie enthalte. Welche Funktionen diese, bei Verabreichung auf den menschlichen Organismus hätten, sei nicht belegt, da keine Daten dazu vorhanden seien. Mangels begründeter und substantiierter Datenlage sei das von ihnen untersuchte Produkt nicht geeignet, Krebs, MS oder ALS zu bekämpfen.
387
Was das Produkt könne, sei das Provozieren einer adaptiven Immunantwort. Albumin sei ein Allergen, auf das Menschen, die gegen Kuhmilch allergisch seien, unter Umständen mit einer allergischen Reaktion reagieren könnten. Dies sei insbesondere bei einer subkutanen Injektion zu erwarten. Diese Angaben wurden durch die Sachverständigen … und … bestätigt.
(7) Keine belastbaren Erkenntnisse zur Wirkung aus den Befragungen der Zeugen
388
Die Zeugen … und … gaben übereinstimmend und damit glaubhaft an, dass hinsichtlich ihrer Cytosolfraktion, die mit dem BG-MUN Cytosolfraktion identisch ist (vgl. C. III. 3. a) (2) (b)), keinerlei Studien oder sonstige Untersuchungen bis auf die Durchführung einer SDS-Page, das heißt ein Proteinbandenmuster, und die Sicherstellung der Sterilität und aseptischen Herstellung stattgefunden hätten. Dies steht in Einklang mit den Ausführungen der Sachverständigen.
389
Der Zeuge … gab weiter an, er sei der Überzeugung, dass die Cytosolfraktion eine antientzündliche Wirkung habe, da er sie gegen Pickel benutze. Er habe das Mittel auch an Ärzte abgegeben, die es wegen der antientzündlichen Wirkung benutzt hätten. So sei die Cytosolfraktion als Nahrungsergänzungsmittel in Pausen der Chemotherapie bei Patienten eingesetzt worden. Die Rückmeldungen seien gewesen, dass die Patienten bei oraler Einnahme die Chemotherapie besser vertragen hätten. Außerdem verbessere es die Wundheilung.
390
Der Zeuge … gab hingegen an, dass die antientzündliche Wirkung der Cytosolfraktion hypothetisch sei.
391
Der Zeuge … berichtete der Kammer glaubhaft, er habe BG-MUN Cytosolfraktion niemals labortechnisch untersucht. Seine Sicherheitsdatenblätter und die darin aufgeführten Gefahrhinweise basierten allein auf den ihm vorgegebenen Herstellerinformationen. Ausweislich dieser Informationen handle sich aber im Wesentlichen um die Flüssigkeit von Zellen eines üblichen Lebensmittels, nämlich Nierenzellen vom Rind. Der Inhalt der Zelle sei abgetrennt. BG-MUN Cytosolfraktion enthalte daher auf dem Papier im Wesentlichen Eiweiß im niedrigen Molekulargewicht, also eine stark verdünnte Lösung von Aminosäuren und Vitaminen, zum Beispiel Vitamin B1. Es habe keine toxische Wirkung. Allerdings müsse man zum Beispiel für den Tagesbedarf an Vitamin B1 200 ml BG-MUN Cytosolfraktion trinken. Außerdem enthalte das Produkt Salze, wie Natrium oder Kalium, wie es auch in Infusionen oder Getränken enthalten sei. Er schätze, wenn man das Produkt in einer Standardqualität zusammenmische, habe es einen Wert von wenigen Cent. Da es jedoch aus einem arzneilichen Produktionsprozess komme, schätze er, dass ein ml bestenfalls ein paar Euro koste.
392
Dies steht im Einklang mit den Angaben des Zeugen …, der der Kammer berichtete, die Cytosolfraktion für 15,00 € pro ml an den Angeklagten B. bzw. für 5,00 € an Ärzte verkauft zu haben, und ist daher glaubhaft (vgl. C. III. 3. a) (2) (b)).
393
Darüber hinaus lässt es sich schlüssig mit den Ausführungen des Sachverständigen … zu den Inhaltsstoffen der untersuchten Proben in Einklang bringen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (4) inhaltlich Bezug genommen.
394
Die Kammer hat, auch wenn sie alle Zeugen, die BG-MUN gekauft haben, zu beobachteten Wirkungen von BG-MUN befragt hat, ebenso wenig aus deren Angaben wie aus zuvor erwähnter Angabe des Zeugen …, dass Patienten nach der Einnahme der Cytosolfraktion ihre Chemotherapie besser vertragen hätten, irgendwelche Rückschlüsse auf eine Wirkung von BG-MUN gezogen.
395
Dies beruht im Einzelnen auf folgenden Erwägungen:
396
Im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme hat sich, wie bereits ausgeführt, bestätigt, dass für das Mittel BG-MUN weder arzneimittelrechtliche noch ernährungswissenschaftliche Studien durchgeführt wurden.
397
Der Sachverständige …, bei dem es sich um den Leiter der Münchener Poliklinik III sowie der Krebsforschung der Ludwig-Maximilians-Universität handelt, hat der Kammer detailliert und nachvollziehbar beschrieben, dass es für die Feststellung der Wirksamkeit eines Mittels verschiedene Evidenzgrade gebe. Ein hoher Evidenzgrad sei anzunehmen, wenn man eine randomisierte Studie beispielsweise an 1.000 Personen durchführen würde. Einzelfälle seien jedoch nicht in der Lage eine nachhaltige Evidenz zu begründen. Wenn man einen Arzt habe und der behandle 500 Patienten, die danach einen guten Eindruck machten, dann sei daraus kein Rückschluss auf die Wirksamkeit eines Mittels zu ziehen, weil diese Ergebnisse nicht objektivierbar seien. Wenn man eine gewisse Anzahl an gleichen Beobachtungen mache, dann heiße das ohne Standardisierung des Verfahrens „gar nichts“ im Hinblick auf die Wirksamkeit. Im Unterschied zu einer klinischen Studie werde der Patient bei einzelnen Behandlungen nicht jahrelang nachverfolgt. Personen, bei denen es ein negatives oder überhaupt kein Ergebnis gegeben habe, tauchten in solchen Erfahrungsberichten regelmäßig überhaupt nicht auf. Etwaige Studien zu dem Produkt BG-MUN habe er nicht gefunden. Die Kammer hält diese eingehend begründeten und uneingeschränkt nachvollziehbaren Angaben für belastbar und legt sie daher ihrer Würdigung zugrunde. Sie stehen zudem im Einklang mit den Angaben der Sachverständigen … und …, die der Kammer ebenfalls detailliert und nachvollziehbar erläuterten, dass ohne Studien eine Wirkung nicht als erwiesen betrachtet werden könnte.
398
Aufgrund dieser Ausführungen kann zur Überzeugung der Kammer aus etwaigen Angaben von Zeugen zu einer beobachteten Wirkung keinerlei zwingender Rückschluss gemacht werden, weil sie nicht geeignet sind, ein objektivierbares Ergebnis zu begründen. Aus diesen Beobachtungen lässt sich also für die Frage der Wirksamkeit des Mittels BG-MUN schlicht gar nichts ableiten.
(8) Erkenntnisse aus dem Wirkgutachten
399
Die Kammer hat zudem nochmals sachverständig beraten überprüft und verneint im Ergebnis, dass BG-MUN Cytosolfraktion eine Wirkung gegen Krebs oder Autoimmunerkrankungen entfaltet. Die Kammer ist außerdem – sachverständig beraten – davon überzeugt, dass BG-MUN das menschliche Immunsystem nicht derart beeinflussen kann, dass dieses selbst Krebs oder Autoimmunerkrankungen wirksam bekämpfen kann.
400
Der medizinische Sachverständige …, bei dem es sich um den Inhaber des Lehrstuhls für Innere Medizin mit den Schwerpunkten Hämatologie und Onkologie an der Ludwigs-Maximilians-Universität München sowie um den Leiter der Medizinischen Klinik und Poliklinik III am Klinikum der Universität München handelt und der zudem im Bereich der Immunologie promoviert hat, machte gegenüber der Kammer umfassende Ausführungen zum Mittel BG-MUN Cytosolfraktion sowie zu dem menschlichen Immunsystem und dessen Rolle bei Krebserkrankungen. Als Grundlage seiner Beurteilung von BG-MUN lagen ihm nach seinen umfassenden Ausführungen die schriftlichen Untersuchungsergebnisse des Stoffes des LGL vom 17.07.2019, vom 14.08.2020 sowie die ergänzende gutachterliche Stellungnahme des LGL vom 10.05.2021 sowie der Analysebericht des PEI vom 10.11.2020 und der Bericht des PEI vom 11.06.2021 vor. Bei seiner Begutachtung kam er zum Ergebnis, dass es weder Belege noch irgendwelche plausiblen Anhaltspunkte dafür gebe, dass BG-MUN Cytosolfraktion klinisch effektiv gegen Krebs oder Autoimmunerkrankungen wirkt oder das Immunsystem derart stärken kann, dass dieses selbst effektiv Krebs oder Autoimmunerkrankungen beseitigen kann.
401
Dies begründete der Sachverständige im Einklang mit den Sachverständigen … und … mit der stofflichen Zusammensetzung, wie sie durch das PEI und LGL analysiert worden ist, und darüber hinaus mit den komplexen Vorgängen im menschlichen Körper. Die Kammer hat sich ein umfassendes Bild von der beeindruckenden Sachkunde des Sachverständigen … gemacht. Er hat sowohl in einem medizinischen Bereich als auch in der Biologie – und zwar im Bereich der Immunologie – promoviert und behandelt täglich eine Vielzahl an Patienten mit onkologischen Erkrankungen. Die Kammer ist aufgrund der Übereinstimmungen der Ausführungen mit den übrigen Sachverständigen, aber auch den weiteren Ausführungen, die von großer Sachkunde getragen sind und stets nachvollziehbar und plausibel waren und daher eine eigene kritische Prüfung durch die Kammer ermöglicht haben, von der Richtigkeit der Darstellungen des Sachverständigen … überzeugt und macht sie sich zu eigen.
402
Hinsichtlich des menschlichen Immunsystems führte der Sachverständige … aus, dass dieses zur Abwehr fremder Substanzen und Lebewesen da sei. Das menschliche Immunsystem bestehe aus spezialisierten Proteinen, sog. Antikörpern, Immunzellen und Immunorgangen. Teile des Immunsystems, insbesondere die spezialisierten Immunzellen, befänden sich entweder frei beweglich oder ortsständig in verschiedenen Geweben des Körpers. Es handle sich dabei um das zelluläre Immunsystem. Zudem gebe es neben den Zellen, die Plasmaproteine, wie zum Beispiel Antikörper, Komplementärfaktoren und Interleukine. Das sei das sog. humorale Immunsystem. Zudem gebe es noch Oberflächenbarrieren, wie die Haut und die verschiedenen Schleimhäute.
403
Man könne jede Immunreaktion, also die Antwort des Immunsystems auf Antigene, nach mehreren Aspekten einteilen, so etwa nach den beteiligten Komponenten in zelluläre und humorale Immunreaktionen, nach der Spezifität in spezifische und unspezifische Immunreaktionen, nach der Kontakthistorie in primäre und sekundäre Immunreaktionen und nach dem Entwicklungszeitpunkt in angeborene und adaptive Immunreaktionen. Das Immunsystem könne mit der Zeit Antigene wiedererkennen. Es spiele aber auch eine wichtige Rolle bei der Beseitigung von gealterten oder geschädigten Zellen, also auch von Krebszellen. Die Zellen und Proteine des Immunsystems liefen also im ganzen Körper „Streife“ und unterschieden dann fremde von eigenen und gesunde von kranken Zellen. Entdeckten sie Krankheitserreger oder geschädigte Zellen, so müssten sie eine Infektion eindämmen und wenn möglich abwehren oder die geschädigte Zelle zerstören, die Immunantwort regulieren und, bevor eigene Zellen angegriffen würden, wieder beenden, sowie sich erinnern, um sich vor einem erneuten Auftreten zu schützen.
404
Die Steuerung dieser Vorgänge sei hochkomplex. Alle beteiligten Zellen müssten zur richtigen Zeit angeregt und wieder gehemmt werden und alles müsse in der richtigen Reihenfolge ablaufen. Dies werde durch Botenstoffe gesteuert, zum Beispiel Interferone und Interleukine. Reagiere das Immunsystem „falsch“, könne es Autoimmunerkrankungen wie multiple Sklerose auslösen.
405
Das Erkennen von Tumorzellen sei für das Immunsystem schwierig, da es sich grundsätzlich um körpereigene Zellen handle, die eigentlich nicht angegriffen werden sollten. Tumorzellen hätten jedoch mehr oder weniger große Veränderungen, die das Immunsystem erkennen könne und sodann die Zellen vernichten sollte. Allerdings könnten Krebszellen auch Ausweichstrategien gegen die Immunantwort entwickeln oder die Immunreaktion hemmen. Deshalb sei es durchaus so, dass man im Kampf gegen den Krebs die Strategie verfolge, eine fehlende Immunreaktion auf Krebszellen künstlich zu erzeugen. Diese Therapien existierten bereits in großer Zahl. Es gebe monoklonale Antikörpertherapien, bei denen dem Patienten vorproduzierte Antikörper gegen typische Merkmale seiner individuellen Krebserkrankung gegeben würden. Diese bänden sich dann an den Tumor und lösten die Immunreaktion aus. Außerdem griffen sie in den Stoffwechsel und das Wachstum von Tumorzellen ein. Des Weiteren gebe es sog. „Checkpointinhibitoren“, bei denen es sich um Antikörper handle, die sich gegen körpereigene Bremsen im Immunsystem richteten und so verhinderten, dass Tumorzellen die Immunantwort unterdrückten. Es gebe sog. „BiTEs“, bei denen es sich um Antikörper mit verschiedenen Bindungsstellen handle, eine für das spezifische Tumorantigen und eine für die Immunzellen. Immunzellen könnten so zu den Tumorzellen gelockt werden und diese zerstören. Zudem gebe es die CAR-T-Zell-Therapie. CAR-T-Zellen würden in einem Labor gentechnisch mit einem Rezeptor ausgestattet, so dass diese Zellen dann eigene Krebszellen erkennen und abtöten könnten. Dafür entnehme man dem Patienten eigene T-Zellen, verändere, vermehre und aktiviere sie über 2 bis 4 Wochen im Labor und verabreiche sie dann dem Patienten einmalig als Infusion. Zuletzt gebe es noch die Stammzelltransplantation. Hier zerstöre man bei bestimmten Leukämien oder Lymphomen das erkrankte Knochenmark mit einer Chemo- oder Strahlentherapie und ermögliche dem Patienten die Produktion neuer Blut- und Immunzellen durch Knochenmark oder Stammzellen eines Spenders. Diese neuen Zellen griffen dann auch verbliebene Krebszellen an.
406
Es gebe zudem noch das „Hyperthermie“-Verfahren, das eigenständig aber nicht ausreichend wirksam sei und daher mit Strahlen- oder Chemotherapie kombiniert werde. Wenn man die Temperatur einer Tumorzelle erhöhe, dann führe dies zur Denaturierung von Proteinen, das Erhitzen könne zum Untergang der Zelle führen und die Zellteilung beeinflussen. Durch das Auftreten denaturierter Proteine stelle die Zelle die Proteinproduktion auf das sog. Heat-Shock-Protein Muster um. Die hyperthermierte Tumorzelle produziere vermehrt Heat-Shock-Proteine und präsentiere diese an ihrer Zelloberfläche. Dies führe zu einer spezifischen Immunantwort, wodurch das Immunsystem die Zellen erkenne und zerstöre.
407
Seit einigen Jahren gebe es die Möglichkeit, sich gegen Krebs zu immunisieren, also zu impfen. Dies betreffe aber derzeit nur Karzinome, die durch humane Papillomaviren ausgelöst würden.
408
Es gebe keinerlei wissenschaftliche Belege dafür, dass ein Gesunder sein Immunsystem vorbeugend stärken könne. Wenn das Immunsystem nicht von Geburt an oder durch Erkrankungen wie HIV oder eine Fehlernährung geschädigt sei, gebe es keine wissenschaftlichen Evidenzen dafür, wie man seine Leistung verbessern könne.
409
Im Hinblick auf die Wirksamkeit des Mittels BG-MUN Cytosolfraktion gegen Krebs, Autoimmunerkrankungen oder zur Beeinflussung des menschlichen Immunsystems führte der Sachverständige … wie folgt aus:
410
Aus den Untersuchungen des PEI und des LGL des Produktes BG-MUN ergebe sich auch nach seiner Einschätzung, dass dieses eine komplexe Mischung sei, die sich aus einem Zellkulturmedium, Aminosäuren, anorganischen Salzen, dem Farbstoff Phenolrot und Proteinen einer bovinen Zelllinie zusammensetze. Dabei sei der Hauptbestandteil das Protein Albumin. Es sei aber auch ein Protein aus der Gruppe der Chaperone, dem sog. „heat shock protein“ (HSP 70) nachgewiesen worden. Das Mittel enthalte keinerlei Botenstoffe, also Hormone oder Interleukine, oder Wachstumsfaktoren wie G-CSF oder GM-CSF. Es enthalte zudem keinerlei Oberflächenantigene oder Stammzellen. Letztlich handle es sich um eine Mischung zytosolischer Proteine einer bovinen Zelllinie.
411
Er habe keinerlei publizierte wissenschaftliche Daten zu BG-MUN feststellen können. Dabei habe er in wissenschaftlichen Datenbanken recherchiert. Er habe dabei weder Studien noch Untersuchungen oder klinisch dokumentierte Verläufe auffinden können.
412
Es gebe in der Medizin mehrere Möglichkeiten, Krebszellen abzutöten. Dabei sei die Wirksamkeit zytotoxischer Medikamente, der Strahlentherapie und neuer innovativer immuntherapeutischer Ansätze sowie eine Kombination dieser Verfahren wissenschaftlich belegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorigen Ausführungen zu den immuntherapeutischen Ansätzen Bezug genommen.
413
Es gebe keine Nachweise aber auch keine pathophysiologische Rationale dafür, dass das Mittel BG-MUN mit seinen Inhaltsstoffen in der Lage sei, eine solche Wirkung zu entfalten. Der Stoffwechsel von Tumorzellen sei ebenso komplex wie die Mechanismen, mit denen sich Tumorzellen vor dem Zugriff des Immunsystems schützten. Aus diesem Grund könne man Tumorzellen nur durch hochkomplexe immunologische Technologien wie z.B. BiTEs, CAR-T Technologie, Immuncheckpointinhibition oder hämatopoietische Stammzellentransplantation sowie etablierte onkologische Therapieverfahren, also Chemo- und Strahlentherapie abtöten. Es gebe 200 Unterarten der Krebserkrankung. Jedes Verfahren müsse daher individuell angepasst werden. Nur, weil eine Methode bei einer Art erfolgreich sei, ließe sie sich gleichwohl häufig nicht auf eine andere übertragen. Allein durch eine Proteinmischung einer Rindernierenzelllinie könne man Krebszellen nicht abtöten.
414
Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen aus eigener Überzeugung an. Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu den angewendeten immuntherapeutischen Ansätzen ist eine Wirksamkeit des Mittels gegen Krebs nicht ersichtlich. BG-MUN enthält keinerlei gentechnisch auf den Patienten angepasste Zellen. Ebenso wenig enthält es Botenstoffe oder vorproduzierte Antikörper gegen eine individuelle Erkrankung. Es wurde allen Patienten ein und dasselbe BG-MUN verkauft. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (2) Bezug genommen. Aufgrund der zur Herstellung des BG-MUN Cytosolfraktion gewonnenen Erkenntnisse kann ausgeschlossen werden, dass es sich um gentechnisch veränderte Zellen handelt. Zudem ist es vollkommen abwegig, dass die Angeklagten selbst ein solches Verfahren hätten durchführen können, da sie weder über die dafür erforderlichen Kenntnisse noch über eine entsprechende Ausstattung verfügten. Weder der Zeuge … noch die Zeugen … und … berichteten der Kammer über ein entsprechend ausgestattetes Labor in den Wohnungen der Angeklagten oder in der Praxis der Angeklagten G.
415
Die Kammer verkennt nicht, dass in BG-MUN Cytosolfraktion ein Heat-Shock-Protein der Gruppe HSP 70, wenn auch nicht das HSP 70 selbst, nachgewiesen wurde. Indes ist im Hinblick auf die von dem Sachverständigen … aufgezeigten Immuntherapien gerade nicht ersichtlich, wie dieses im menschlichen Körper wirken soll. Zum einen ist das aufgefundene Protein nicht Hauptkomponente des Mittels. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (5) Bezug genommen. Zum anderen haben die aufgezeigten Immuntherapien gemein, dass es sich um Immunzellen bzw. Proteine handelt, die für die jeweilige Erkrankung des Patienten bzw. für dessen höchstpersönliche Zellen aufwendig angepasst werden. Die angepassten Zellen finden ihren Weg dann zu den Tumorzellen aufgrund eigens dafür angefertigter Bindungen oder Rezeptoren. Wie letztlich das enthaltene Heat-Shock-Protein, das im Übrigen für die Proteinfaltung zuständig ist, zu den richtigen Zellen gelangen soll, ist nicht ersichtlich. Die Heat-Shock-Proteine der BG-MUN Cytosolfraktion wurden ja gerade nicht von hyperthermierten Tumorzellen gebildet und an deren Oberfläche präsentiert. Diese Auffassung wird auch durch die Ausführungen des Sachverständigen … gestützt. Demnach bringe die externe Zugabe von Heat-Shock-Proteinen nichts. Man müsse vielmehr dafür sorgen, dass die Zelle sie selbst hochreguliere. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass BG-MUN dies veranlassen könne. Zudem gebe es einen messbaren Antikrebseffekt nur in Kombination mit Chemo- oder Strahlenbehandlung. Wolle man einen ähnlichen Effekt ohne diese Therapien erhalten, müsse man den Patienten so stark erhitzen, dass dieser nicht überleben könne.
416
In Anbetracht der großen Anzahl verschiedener Tumorerkrankungen, von denen der Sachverständige … berichtet hat, und die alle unterschiedlich behandelt werden müssen, ist es zur Überzeugung der Kammer bereits abwegig anzunehmen, dass ein Mittel gegen alle diesen Erkrankungen eine gleiche Wirkung entfalten soll. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen …, denen sich die Kammer anschließt, ist die Übertragung von einer wirksamen Methode gegen eine Krankheit auf eine andere Krankheit häufig nicht möglich. Allein deshalb ist es ausgeschlossen, dass BG-MUN gegen die Vielzahl an Krankheiten, gegen die es angeblich helfen soll, wie verschiedene Tumorerkrankungen, Colitis Ulcerosa, Diabetes oder Hashimoto, wirksam ist.
417
Der Sachverständige … erläuterte weiter, dass in der Medizin mit „Stärkung des Immunsystems“ gemeint sei, das Immunsystem zum Beispiel durch Impfungen vorbeugend zu stimulieren bzw. dieses mit den zuvor beschriebenen Verfahren zu modifizieren. Es gebe daher einen Unterschied zwischen der wissenschaftlich belegten Erziehung von Gedächtniszellen, wie bei einer HPV-Impfung, und „Lifestyle-Empfehlungen“. Es gebe keinen „Lifestyle“, mit dem man das Immunsystem abrichten könne. Diesbezügliche Nachweise hätten nie geführt werden können. Zweifelsfrei sei jedoch, dass man sich ausgewogen ernähren müsse, um Mangelerscheinungen und damit einhergehende Erkrankungen, wie zum Beispiel Skorbut, zu vermeiden. Dies führe aber lediglich zu einer Verbesserung etwaiger Blutwerte in den Normbereich. Gegen Krebs nützten Werte im Normbereich allerdings gar nichts.
418
Hinsichtlich der Erneuerung von Zellen führte der Sachverständige … aus, man könne therapeutisch die Regenerationszeit von bestimmten Zellen, beispielsweise des blutbildenden Knochenmarks, verkürzen, zum Beispiel durch den Wachstumsfaktor G-CSF. Solche Inhaltsstoffe weise BG-MUN nicht auf, so dass keinerlei Hinweis existiere, dass BG-MUN an den wissenschaftlich gut definierten Mechanismen der Zellkommunikation und/oder der Regeneration wirken könne.
419
Die durch das Mittel angepriesenen Effekte schlössen sich zudem gegenseitig aus. So solle BG-MUN eingesetzt werden, um bei einem Krebskranken das Immunsystem zu stärken und so den Krebs zu besiegen, gleichzeitig solle mit dem gleichen Produkt aber auch eine überschießende Immunantwort, wie bei der Erkrankung an Colitis Ulcerosa oder Diabetes-Typ-I, behandelt werden. Die Behandlung einer überschießenden Immunantwort sei aber der genau gegenteilige Effekt von dem, was bei einem Krebspatienten erreicht werden solle. Beides gleichzeitig mit ein und demselben Mittel zu bekämpfen, sei wissenschaftlich nicht möglich und entziehe sich jeder Logik. Auch durch die pathophysiologischen Bestandteile des BG-MUN sei das Bremsen einer überschießenden Immunantwort nicht plausibel erklärbar.
420
Zur Überzeugung der Kammer kommt daher allein aufgrund des sich widersprechenden Effekts nur eine Wirkrichtung von BG-MUN in Frage. Die Kammer hat beide Wirkrichtungen geprüft und kommt aufgrund der logischen und mit dem Ausführungen der Sachverständigen … und … in Einklang stehenden Darstellungen des Sachverständigen … zu dem Ergebnis, dass weder eine Stärkung noch eine Hemmung des Immunsystems durch das Mittel BG-MUN möglich ist.
421
Die Kammer konnte sachverständig beraten einzig einen Placebo-Effekt durch BG-MUN dahingehend, dass ein Patient sich besser fühle, nicht ausschließen. Diesbezüglich führte der Sachverständige … aus, dass ihm bezüglich eines Placebo-Effekts generell Studienergebnisse vorlägen. Dieser existiere also tatsächlich und könne daher nicht ausgeschlossen werden. Diese Ausführungen macht sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen.
422
Der Sachverständige … führte weiter aus, er habe sich vergleichbare Verfahren, d.h. Präparate, die aus Zellsuspensionen bzw. Organlysaten gewonnen worden seien, angesehen, die in der Alternativmedizin mit dem Ziel der Steigerung der unspezifischen Immunabwehr eingesetzt worden seien. Eine bekannte als „biologisch-immunologisch“ bezeichnete Therapie sei das Präparat „NeyTumorin“ der Firma v. Arzneimittel GmbH. Dabei habe es sich um ein Gemisch aus Peptiden und Proteinen von Organlysaten von 15 verschiedenen Organen fötaler und junger Schweine und Rinder gehandelt. Das Mittel sei als Wundermittel gegen Krebs beworben worden und werde seit mehreren Jahren nicht mehr hergestellt. Nach der Werbung könne das Zytoplasma gesunder Tierorgane nach der Anpreisung des Mittels dazu führen, dass sich der erkrankte Stoffwechsel selbst heile. NeyTumorin habe ausweislich der Bewerbung zudem immunogene und immunmodulatorische Wirkungen. Indes habe ein wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit niemals geführt werden können.
423
Weiterhin habe die Alternativmedizin bis zum Verbot im Mai 2021 die therapeutisch unwirksame Frischzellentherapie zur vermeintlichen Steigerung der Immunabwehr eingesetzt. Dabei werde eine Zellaufschwemmung von fetalen oder juvenilen Kälbern oder Lämmern injiziert. Die Methode sei gegen chronische Erkrankungen aller Art, gegen Altersbeschwerden und gegen Krebs eingesetzt worden. Dabei habe man sich erhofft, dass die injizierten jungen Zellen im menschlichen Körper die alten ersetzen und Reparaturarbeiten übernehmen könnten. Tatsächlich habe auch hier ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden können. Vielmehr sei die Methode aufgrund der Gefahr der Übertragung von Krankheiten wie BSE, Tollwut oder Q-Fieber und dem möglichen Auftreten von Autoimmunerkrankungen in fast allen Ländern der Welt, auch in Deutschland, verboten worden.
424
Hinsichtlich Frischzellen aber auch Organextrakten, die nicht behördlich als Arzneimittel zugelassen seien, seien das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und das PEI in zwei Gutachten aus dem Jahr 2015/2016 zu dem Schluss gekommen, dass diese aufgrund eines negativen Nutzen-Risiko-Verhältnisses als bedenklich im Sinne des § 5 AMG einzustufen seien.
b) Zusammenfassende Würdigung und Schlussfolgerungen der Kammer
425
Aus der Gesamtschau der vorherigen Ausführungen unter C. III. 3. a) hat die Kammer die nachfolgenden Schlussfolgerungen gezogen:
(1) Allgemeine Feststellungen zu BG-MUN
426
Der Angeklagte B. hat zu keinem Zeitpunkt etwas anderes verkauft als die Cytosolfraktion, die er zuvor bei der … eingekauft und unverändert übernommen hat, unabhängig davon unter welchem Namen – also BG-MUN, „BG-MUN forte“, „BG-MUN Cytosolfraktion“ und „BG-MUN Proteinkomplex – die Abnehmer die Ampullen jeweils erworben haben.
427
Es hat zu keinem Zeitpunkt lebensmittelrechtliche oder arzneimittelrechtliche Studien zu dem vom Angeklagten B. eingekauften Stoff gegeben – auch nicht durch den Angeklagten B. Dies haben alle einvernommenen Sachverständigen, namentlich … und …, übereinstimmend so berichtet. Alle Sachverständigen haben unabhängig voneinander die wissenschaftlichen Datenbanken durchkämmt – ohne Ergebnis. Dies verwundert nicht, weil auch der Angeklagte B. selbst per von der Kammer verlesener W...App-Nachricht dem Zeugen … am 25.07.2017 auf dessen ausdrückliche Nachfrage mitgeteilt hat, dass Studien zum Produkt nicht existierten, da es sonst sofort ein Arzneimittel sei (vgl. Bl. 28 Fallakte III). Die Kammer hat die vorliegenden W...App-Nachrichten zwischen … und der Mobilfunknummer + 49 … verlesen (vgl. Bl. 28 bis 30 Fallakte III).
428
Zur vollen Überzeugung der Kammer ist die Mobilfunknummer + 49 … dem Angeklagten B. zuzuordnen. Dies ergibt sich schon aus dem Nachrichtenaustausch zwischen dem Angeklagten B. und der Angeklagten G., den die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 93 ff. Sonderband Asservatenauswertung. Dort ist die Nummer von „Graf Ulrich B. von Kaufhold“ mit … angegeben (vgl. Bl. 93 Sonderband Asservatenauswertung). Der Angeklagte B. wird aber in vorbenannten Chat auch mit Namen angesprochen und unterschreibt seine Nachrichten mit „….“.
429
Ebenso wenig wurde der Ausgangsstoff für BG-MUN jemals auf seine genauen Inhaltsstoffe untersucht. Die … hat lediglich einmal eine SPS-Page durchgeführt und so die enthaltenen Proteine auf Banden sichtbar gemacht. Andere Untersuchungen haben – bis auf die im Ermittlungsverfahren vorgenommenen Untersuchungen – nicht stattgefunden.
430
Die für die Cytosolfraktion ausgestellten Sicherheitsdatenblätter und auch die vom Zeugen … ausgestellte Verkehrsfähigkeitsbescheinigung haben aus diesem Grund keine auf echten Tatsachen basierende Grundlage. Sowohl der Zeuge … als auch der Zeuge … haben sich auf die ihnen zur Verfügung gestellten Informationen verlassen und diese verarbeitet. Die Informationen, die dem Zeugen … für die Begutachtung der Verkehrsfähigkeit von BG-MUN zur Verfügung gestellt wurden, stammten nur vom Angeklagten B.
431
Es hat zu keinem Zeitpunkt eine Anzeige des Präparats BG-MUN bei den zuständigen Behörden gegeben. Eine Zulassung als Arzneimittel hatte BG-MUN zu keinem Zeitpunkt.
(2) Präsentationsarzneimitteleigenschaft von BG-MUN
432
Die Kammer ist überzeugt, dass das gegenständliche BG-MUN ein Präsentationsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG ist, weil aufgrund seiner Aufmachung bei einem Verbraucher schlüssig, aber mit Gewissheit, der Eindruck entsteht, dass das BG-MUN als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung von Krebs und anderen schweren Erkrankungen des Menschen bestimmt ist.
433
Ob ein Erzeugnis als Arzneimittel oder als Lebensmittel einzustufen ist, ist anhand einer Gesamtbetrachtung seiner Merkmale zu bestimmen, wobei insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen Eigenschaften, wie sie sich beim jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellen lassen, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung und die Risiken, die seine Verwendung bringen kann, einzustellen sind (EuGH, Urteil vom 09.06.2005 – C-211/03 u.A. in LMRR 2004, 2 Rn. 30).
434
Ein Präsentationsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG ist gegeben, wenn Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen vorliegen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind.
435
Die Einordnung ist fallbezogen anhand konkreter Merkmale vorzunehmen. Ein Stoff oder eine Zubereitung aus Stoffen kann als Präsentationsarzneimittel angesehen werden, wenn es infolge seiner Form und seiner Aufmachung einem Arzneimittel genügend ähnelt und wenn insbesondere seine Verpackung und sein Beipackzettel einen Hinweis auf pharmazeutische Laboratorien, auf von Ärzten entwickelte Methoden oder Stoffe oder auf bestimmte Zeugnisse von Ärzten zugunsten der Eigenschaften des Stoffes oder der Zubereitungen aus Stoffen enthalten (vgl. EuGH, Urteil vom 21.03.1991 – Rs. C 369/88). Unter den Begriff sollen nicht nur Erzeugnisse fallen, die tatsächlich eine therapeutische oder medizinische Wirkung haben, sondern auch solche, die nicht ausreichend wirksam sind oder die nicht die Wirkung haben, die der Verbraucher nach ihrer Bezeichnung erwarten darf. Insofern zielt das Arzneimittelrecht darauf, den Verbraucher nicht nur vor schädlichen oder giftigen Arzneimitteln zu schützen, sondern auch vor verschiedenen Erzeugnissen, die anstelle geeigneter Hilfsmittel verwendet werden (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 – C-319/05; BGH NStZ 2014, 468, 468). Daher liegt ein Präsentationsarzneimittel in der Regel vor, wenn es etwa auf dem Etikett, dem Beipackzettel oder mündlich ausdrücklich als ein Mittel zur Heilung oder Linderung von menschlichen Krankheiten bezeichnet oder empfohlen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 – C-319/05). Ferner ist ein Erzeugnis stets dann als Mittel zur Heilung oder Linderung von menschlichen Krankheiten bestimmt, wenn bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass dieses Erzeugnis in Anbetracht seiner Aufmachung, die betreffenden Eigenschaften haben müsse (EuGH, Urteil vom 15.11.2007 – C-319/05). Insoweit ist der Einstellung eines durchschnittlich informierten Verbrauchers Rechnung zu tragen, bei dem die einem Erzeugnis gegebene Form ein besonderes Vertrauen hervorrufen kann, wie dasjenige, das Arzneimittel aufgrund der Garantien, die mit ihrer Herstellung und ihrer Vermarktung verbunden sind, normalerweise hervorrufen.
436
Bei dem gegenständlichen BG-MUN handelte es im Jahr 2017 – nach der Änderung des namens in „nur“ BG-MUN – um ein neues Erzeugnis, so dass es für die Bewertung als Arzneimittel wesentlich auf die stoffliche Zusammensetzung, den Namen, die Verpackung und Gebrauchsanweisung, die Werbung und Vertriebswege und auf zugängliche wissenschaftliche Erkenntnisse ankommt. Dabei kann auch auf die vom Hersteller angegebene Zweckbestimmung zurückgegriffen werden (vgl. Volkmer in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Auflage 2018, AMG Vorbem. Rn. 67).
437
Die Kammer verkennt bei der Einordnung von BG-MUN als Arzneimittel nicht, dass dieses durch den Angeklagten B. zumindest im Beipackzettel ausdrücklich als „Proteinkomplex“ und „funktionelles Lebensmittel zur Unterstützung bei der Bewältigung von Aufgaben des Immunsystems“ bezeichnet wird. Dies führt zwar in der Regel dazu, dass ein Verbraucher nicht – entgegen dem ausdrücklichen Hinweis im Beipackzettel – annehmen wird, dass es sich doch um ein Arzneimittel handelt (vgl. Weber, in: Weber/Kornprobst/Maier, Betäubungsmittelgesetz, 6. Auflage 2021, § 2 Rn. 38).
438
Gleichwohl kommt die Kammer nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass bei dem verständigen Durchschnittsverbraucher trotz der gegenteiligen Bezeichnung mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass BG-MUN ein Arzneimittel ist.
439
Die Kammer hat dabei mit geringem Gewicht die Darreichungsform von BG-MUN in ihre Gesamtwürdigung eingestellt. Insofern ist festzustellen, dass ein Produkt allein aufgrund seiner Aufmachung noch nicht als Arzneimittel anzusehen ist (vgl. Weber, in: Weber/Kornprobst/Maier, Betäubungsmittelgesetz, 6. Auflage 2021, § 2 Rn. 45). Vorliegend spricht die Aufmachung von BG-MUN jedoch zumindest indiziell für das Vorliegen eines Arzneimittels. So wurde BG-MUN in 3 cm großen Glasampullen mit einem Fassungsvermögen von 10 ml ausgeliefert. Die Ampullen waren mit einem grauen Butyl-Gummistopfen mit silberner Bördelkappe aus Metall verschlossen. Diese Aufmachung erinnert an Ampullen für Impfstoffe oder andere Arzneimittel, bei denen der Gummistopfen mit einer Spritze durchstochen wird. Die Entnahme des Produktes mittels einer Spritze war auch notwendig. Spritzen waren ebenfalls im Lieferumfang enthalten.
440
Die Ampullen enthielten jeweils lediglich 3 ml. Damit war die Verpackung von BG-MUN weit überschießend.
441
Der Beipackzettel wies geringste Einnahmemengen von 0,2 ml pro Einnahme aus. Diese kleinteilige Vordosierung des Beipackzettels erweckt ebenfalls den Eindruck, als würden bereits geringste Mengen des Produktes eine Wirkung erzielen. Der Beipackzettel enthält genauste Einnahmeanweisungen, ohne jeden Spielraum mit einer darauf abgestimmten Anzahl an Spritzen.
442
Auch die – zu Unrecht – angebrachte CE-Kennzeichnung erweckte zumindest den Eindruck, als erfülle das Mittel alle erforderlichen europäischen Sicherheitsvorschriften. Gleichzeitig lässt das angebrachte CE-Kennzeichen darauf schließen, dass das Erzeugnis einem Verbraucher gegenüber nicht als Arzneimittel, sondern als Medizinprodukt vermarktet werden soll, weil einzig Medizinprodukte gemäß § 6 Abs. 1 MPG zwingend einer CE-Kennzeichnung bedürfen. Eine solche Regelung für Arzneimittel besteht nicht. Dies zu erkennen, setzt aber eine über das Wissen eines Durchschnittsverbrauchers hinausgehende Kenntnis der Produktkennzeichnungen voraus (vgl. OVG Münster, Urteil v. 04.03.2020 – 13 A 3209/17, PharmR 2020, 496, 501 Rn. 43). Insofern kommt dem CE-Kennzeichen im Hinblick auf die Arzneimitteleigenschaft des Produktes keine über die suggerierte Entsprechung von Sicherheitsvorschriften hinausgehende Bedeutung zu. Das angebrachte CE-Kennzeichen und die damit zumindest für Rechtskundige einhergehende Behauptung, es handle sich um ein Medizinprodukt, hindert die Kammer nicht an einer Einstufung als Arzneimittel (vgl. EuGH, Urteil v. 03.10.2013 – C-109/12, MPR 2013, 199, 204).
443
Weiterhin weist der Beipackzettel medizinische Fachsprache, wie „Wirkstoff“ und „Applikation“ auf. Ebenso wird durch den Vergleich mit dem Notfallmedikament Nitroglycerin und der durch die Aufnahme durch die Mundschleimhaut entfallenden Leberpassage suggeriert, dass das Mittel auch einen Wirkstoff enthält, der nicht durch die Leber gefiltert werden soll. Mit dem Vergleich wird zugleich eine Sofortwirkung von BG-MUN explizit behauptet und die Einnahme mit einem schwerwiegenden medizinischen Notfall, nämlich einem Angina-Pectoris-Anfall, verglichen.
444
Der gegenständliche Beipackzettel wurde vom Angeklagten B. gemeinsam mit der … verfasst, wie unter C. III. a) (2) (c) ausgeführt. Auf diese Ausführungen wird Bezug genommen. Damit wurden diese spezifisch arzneimittelähnlichen Behauptungen von der Person gemacht, die BG-MUN vertreiben wollte. Dieser Beipackzettel wurde auch ganz zu Beginn des Vertriebs entworfen. Die Zeugen … haben diesen bereits im Jahr 2017 vom Angeklagten B. erhalten. Noch früher hatte er die Einzelheiten mit der … ausgearbeitet.
445
Ein weiteres Indiz dafür, dass es sich bei BG-MUN nach dem Eindruck eines Durchschnittsverbrauchers um ein Arzneimittel handelt, ist die vorbezeichnete kleinteilige Vordosierung und Verpackung von BG-MUN in Schachteln mit 10 Ampullen zu je 3 ml Inhalt in Zusammenschau mit dem Preis von regelmäßig 5.900,00 €. Auch dieser hohe Preis erweckt den Eindruck, dass die enthaltenen 30 ml Flüssigkeit eine hohe Wirksamkeit aufweisen müssten.
446
Außerdem behauptete der Angeklagte B. bereits seit Juli 2017, dass der Grundstoff für BG-MUN „als Arzneimittel zertifiziert“ sei. Dies hatte der Angeklagte B. bereits in einer durch die Kammer verlesenen W...App-Nachricht vom 25.07.2017 gegenüber … behauptet (vgl. Bl. 28 Fallakte II). Diese Behauptung wurde sodann auch in die offizielle Bewerbung von BG-MUN mitaufgenommen. So wurde spätestens ab dem August 2018 eine Erklärung der B. … erstellt, in der es ausdrücklich heißt: „Die für die Herstellung von BG-MUN verwendete Zellsuspension ist Ausgangsmaterial für einen Wirkstoff zur Arzneimittelherstellung, welcher im Jahr 2016 die Herstellungserlaubnis erhalten hat. Damit erfüllt die Zellsuspension alle aktuellen Anforderungen an einen Grundstoff zur Arzneimittelherstellung nach Arzneimittelgesetz (AMG) und Arzneimittel und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV). Alle verwendeten Materialen sind nach IQH Q5A auf Virussicherheit geprüft. Die Herstellung erfolgt von Beginn an unter aseptischen Bedingungen, und unterliegt damit den höchsten Anforderungen des GMP-Leitfadens Teil I.“
447
Letztlich wird behauptet, dass der Ausgangsstoff von BG-MUN ein Wirkstoff zur Arzneimittelherstellung sei. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass der Angeklagte B. bereits im Jahr 2017 ebenfalls in einer W...App-Nachricht den Zeugen … ausdrücklich behauptet hat, dass das BG-MUN „mit Studien sofort ein Arzneimittel“ sei (vgl. Bl. 28 Fallakte III). In Kombination wird damit jedoch für einen Verbraucher deutlich, dass eigentlich nur noch die Studien fehlten, der Stoff jedoch im Übrigen alle Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt. Die vorbezeichnete Erklärung der … als Weiterentwicklung der zuvor mündlichen Behauptungen wurde spätestens ab 05.08.2018 für die Bewerbung von BG-MUN benutzt. Dies ergibt sich aus einer verlesenen E-Mail der Angeklagten G. an den Zeugen Dr. K., mit der die Angeklagte dem Zeugen „alle Informationen zu den BG-MUN Produkten“ übersandte, neben dem Beipackzettel auch die vorbezeichnete Erklärung (vgl. Bl. 1394-1402 d.A.). Einem durchschnittlich informierten Verbraucher erschließt sich nicht, wie bei Weiterverwendung des Grundstoffes, die Eigenschaften, die dessen Arzneimitteleigenschaft begründen, verloren gehen sollen.
448
Aufgrund des von der Staatsanwaltschaft München II gegen den Angeklagten B. geführten Ermittlungsverfahrens und der dem Angeklagten B. im Jahr 2017 zugestellten Anklageschrift, bezeichnete dieser BG-MUN fortan immer als „funktionelles Lebensmittel“. Letztlich war von ihm jedoch die Präsentation als Arzneimittel gewünscht und das Produkt auch dahingehend konzipiert. Die Tatsache, dass er das Produkt nur noch als funktionelles Lebensmittel bezeichnete, änderte jedoch nichts daran, dass der Vertrieb unabhängig von einem konkreten Käufer auf ein Arzneimittel ausgerichtet war. Maßgeblicher Inhalt dieses Vertriebs war auch die mündliche Relativierung der Lebensmitteleigenschaft. Denn der Angeklagte B. behauptete – ebenso wie die Angeklagte G. – wiederholt und regelmäßig, dass BG-MUN früher einmal als Arzneimittel zugelassen gewesen sei, nun jedoch die Zulassung aus sachfremden Erwägungen, wie etwa auf Druck der Pharmaindustrie wegen der großen Erfolge, zurückgenommen werden musste. Damit wird jedoch nichts anderes behauptet, als dass das Produkt sich lediglich in seiner (rechtlichen) Bezeichnung geändert habe, die Eigenschaften, die es jedoch zu einem Arzneimittel gemacht haben, nach wie vor vorhanden seien.
(3) Fertigarzneimitteleigenschaft von BG-MUN
449
BG-MUN ist als Fertigarzneimittel im Sinne des § 4 Abs. 1 AMG anzusehen. Wie unter C. III. 3. a) (2) (a) dargestellt, wird der später als BG-MUN verkaufte Stoff durch die … industriell hergestellt und in Ampullen verpackt. Dieser vom Angeklagten B. eingekaufte Stoff wurde dann durch ihn oder die Angeklagte G. entsprechend wie in C. III. 3. a) (1) beschrieben, verpackt und an die Verbraucher ausgegeben.
c) Vertrieb des Mittels BG-MUN durch den Angeklagten B.
(1) Unternehmen der „B. Group“
450
Die Kammer ist überzeugt, dass der Angeklagte B. sich zum Vertrieb von BG-MUN mehrerer von ihm gegründeter Unternehmen der „B. Group“ mit Sitzen in Panama, Kroatien und Zypern bediente.
451
Diese Feststellung beruht auf den glaubhaften Angaben des Zeugen …, der der Kammer berichtete, dass er zwar keine Ermittlungen in … durchgeführt habe, bei der Durchsuchung beim Angeklagten B. jedoch Unterlagen sichergestellt worden seien, mit denen dieser eine Firmengründung in … beauftragt habe. Es handle sich um Unterlagen, die klassisch zur Eröffnung von Briefkastenfirmen verwendet würden. Hinweise auf einen realen Firmensitz existierten nicht. Es gebe keinerlei Korrespondenz oder Gehaltszahlungen. Ebenso verhalte es sich mit dem Unternehmen in Kroatien. Dort habe es zwar ein Geschäftskonto gegeben, dieses sei aber vermögenslos gewesen. Auch der Zeuge … berichtete der Kammer von einem Geschäftskonto des Angeklagten B. in Kroatien.
452
Die Kammer hat durch Verlesung der durch die B. Group S. A. ausgestellten Rechnungen festgestellt, dass auf diesen Rechnungen stets nur das private Konto des Angeklagten B. bei der N26 aufgeführt wurde. Ein Konto in Panama wurde nicht bezeichnet. Ebenso fehlt es an einer Adresse des Unternehmens, einer Steuernummer – mit Ausnahme der Rechnung v. 28.05.2017 – und anderen auf Rechnungen sonst auffindbaren Kennzeichen (vgl. Übersetzungen der Rechnungen v. 25.08.2017, v. 02.03.2017, v. 31.03.2017 und v. 13.07.2017, Anlage XVI zum Protokoll v. 28.02.2023). Ferner berichtete der Zeuge …, dass er für diverse Unternehmen des Angeklagten B. Rechnungen ausgestellt habe. Die Lieferungen seien jedoch stets nach I. erfolgt, unabhängig davon, welches Unternehmen auf den Rechnungen gestanden habe. Hinweise darauf, dass die B. Group S. A. tatsächlich einen realen Firmensitz in Ciudad de Panama hatte, gibt es nicht.
453
Der Zeuge … berichtete der Kammer, dass er zweimal mit dem Angeklagten B. in Kroatien gewesen sei. Sie hätten dort mit einem Steuerberater und der Bank gesprochen. Sie seien jedoch nicht beim Firmensitz gewesen, er wisse auch gar nicht, wo der sei. Eigentlich sei er dort nur im Urlaub gewesen und habe dort den Chauffeur des Angeklagten B. gespielt.
454
Die Kammer hat keine Hinweise darauf, dass die B. Group d. o. o. einen anderen Zweck hatte, als BG-MUN einzukaufen. Sie wird auf den verlesenen Rechnungen der … regelmäßig erwähnt (Asservat 21.2). Dort taucht sie als Rechnungsempfängerin erstmals auf der Rechnung vom 19.05.2016 auf. Ab dem 25.07.2018 ist die B. Group Ltd. Rechnungsempfängerin. Die B. Group d. o. o. war auch Vertragspartnerin des Unternehmens … Hier sollten die Zahlungen jedoch an den Vermittler, den Zeugen … bzw. auf das Konto von dessen Ehefrau, der Zeugin … gehen, der diese an auf das Privatkonto des Angeklagten B. bei der N26 Bank überwies. Für die Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 8. f) Bezug genommen. Dass sich der Angeklagte B. zeitweise in Kroatien aufhielt und von da aus die Geschäfte der B. Group d. o. o. führte, ist nicht plausibel und wird im Übrigen widerlegt durch die Angaben des Zeugen … wonach sich der Angeklagte B. und erzur Anbahnung des gemeinsamen Geschäfts nur in Deutschland getroffen hätten.
455
Im Übrigen trat die B. Group d. o. o. in den gegenständlichen Einzelfällen nicht in Erscheinung.
456
Die B. Group Ltd. mit Sitz in … existierte zur Überzeugung der Kammer am Wohnsitz des Angeklagten B. in …. Die Geschäftsadresse und die Privatadresse des Angeklagten B. auf … stimmen überein. Einen Firmensitz im Sinne eines Bürogebäudes gab es nicht. Die Zeugen … und … haben der Kammer von der Durchsuchung auf … berichtet und dabei auch glaubhaft mitgeteilt, es habe sich um eine Privatwohnung in einer Wohnanlage gehandelt. Auch auf der verlesenen Rechnung der … befand sich als angegebenes Konto des Unternehmens stets das Privatkonto des Angeklagten B. bei der N26 Bank (vgl. Bl. 410 Fallakte I). Der Zeuge … berichtete der Kammer zudem, dass ein Geschäftskonto des Unternehmens auf … existiert habe.
457
Wie bereits unter C. III. 3. a) (2) ausgeführt, vertrieb der Angeklagte B. zunächst Kosmetikprodukte und Nahrungsergänzungsmittel innerhalb seiner Unternehmen. Mit Aufnahme der Verkaufstätigkeit von BG-MUN bestand der Unternehmenszweck jedoch spätestens ab dem Frühjahr 2017 ausschließlich im Vertrieb der BG-MUN-Produkte, das heißt dem gegenständlichen BG-MUN sowie Tees und einem Vitaminpräparat. Dies ergibt sich aus der Gesamtschau der vorbenannten Umstände. Der als „BG-MUN Säuren-Basen-Kräutermischung“ bezeichnete Tee wurde bei der Durchsuchung bei der Angeklagten G. im Mai 2019, von der der Zeuge … berichtet hat, aufgefunden und auf dem verlesenen Sicherstellungsverzeichnis vermerkt. Der Vertrieb von Tee und des Vitaminpräparates ist jedoch zu vernachlässigen und machte keinen wesentlichen Anteil des Geschäftsbetriebs aus. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die gegenständlichen Unternehmen jedenfalls ab 2016 einen anderen Geschäftszweck hatten. Andere Tätigkeiten konnten nicht festgestellt werden.
(2) Aufbau des Produktes BG-MUN als hochwirksames Krebsmittel
458
Wie bereits ausgeführt begann der Angeklagte B. unmittelbar mit dem erstmaligen Erwerb der Cytosolfraktion bei der … diese als „BG-MUN forte“ anzupreisen.
459
Hatte er sich zunächst noch für die Cytosolfraktion als Inhaltsstoff für ein Kosmetikprodukt interessiert, verschob sich dieses Interesse zunehmend in den Gesundheitsbereich und hier insbesondere in die Behandlung von Krebs. Diesbezüglich wird zunächst auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (2) Bezug genommen.
460
In diesem Zusammenhang erlangt auch die von der Kammer verlesene Vorahndung des Angeklagten B. Bedeutung. Demnach fiel der Angeklagte B. bereits im Jahr 2015 durch die Bewerbung von BG-MUN Produkten zur hochwirksamen Behandlung von Krebserkrankungen auf. Aufgrund dieser Werbung wurde der Angeklagte B. mit Strafbefehl des Amtsgerichts Ingolstadt vom 11.04.2018, Az. 8 Ls 61 Js 4530/16, rechtskräftig seit 05.05.2018, unter anderem wegen Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz in 3 tatmehrheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit Verstoß gegen das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens, davon in 2 Fällen jeweils in Tateinheit mit einem weiteren Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt und die Bewährungszeit auf drei Jahre festgesetzt. Zu den Einzelheiten des abgeurteilten Sachverhaltes wird auf die Ausführungen unter A. I. 2. Bezug genommen. Die diesem Verfahren zugrunde liegende Anklageschrift stammte vom 16.01.2017, wie die Kammer durch Verlesung des dem Strafbefehl beiliegenden Anklagesatzes festgestellt hat.
(3) Gestaltung der Unterlagen und der Verpackung
461
Der Angeklagte B. gestaltete zur Überzeugung der Kammer eine ganze Reihe an Verkaufsunterlagen sowie die Aufmachung von BG-MUN selbst.
462
Wie bereits ausgeführt, bediente sich der Angeklagte B. zunächst der von der … vorformulierten Gebrauchsanweisung für BG-MUN forte als Kosmetikprodukt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (2) Bezug genommen. Spätestens im März 2017 bediente er sich sodann der Formulierungsvorschläge des Zeugen … für die orale Einnahme von BG-MUN, wie sich aus der verlesenen E-Mail vom 20.03.2017 ergibt (Bl. 1783 d.A.). Die vorformulierten Anweisungen nahm der Angeklagte B. in die Packungsbeilage von BG-MUN auf. Wie bereits ausgeführt beschaffte er auch das Verpackungsmaterial sowie die notwendigen Etiketten (vgl. C. III. 3. a) (2)). Außerdem brachte er ein CE-Kennzeichen auf den auf die Ampullen aufzuklebenden Etiketten an, obwohl dazu überhaupt kein Anlass und keine rechtliche Grundlage bestand, weil der Angeklagte B. BG-MUN offiziell ja gerade als Lebensmittel vertrieb und das CE-Kennzeichen nur für Medizinprodukte vorgesehen ist (vgl. C. III. 3. b) (2)).
463
Er entwarf zudem zur Überzeugung der Kammer weitere Werbematerialen, die BG-MUN als hochwirksames Mittel gegen Krebs und andere schwere, teilweise auch derzeit unheilbare Erkrankungen anpries.
464
Diesbezüglich fällt aufgrund der verlesenen Unterlagen auf, dass die schriftlich fixierten Heilungsversprechen und entsprechende Anpreisungen des Mittels BG-MUN im Jahr 2017 noch vereinzelt verwendet wurden, dann zunehmend verschwanden und durch mündlich abgegebene, aber nicht schriftlich fixierte Behauptungen ersetzt werden. Eine Verbreitung von schriftlichen Materialien durch den Angeklagten B., in denen eine ausdrückliche Krebsheilung behauptet wird, ist seit Erlass des Strafbefehls gegen den Angeklagten B. vom 11.04.2018 unterblieben.
(a) Verwendete Unterlagen bis zum Erlass des Strafbefehls gegen den Angeklagten B. am 11.04.2018
465
Die Kammer hat die einvernommenen Kunden des Angeklagten B. hinsichtlich ihrer Käufe von BG-MUN im Jahr 2017 befragt und auch ermittelt, sofern dies noch möglich war, welche Unterlagen ihnen zu BG-MUN übergeben worden sind.
466
Die Angehörigen der verstorbenen … konnten sich an keine zu BG-MUN übergebenen Unterlagen erinnern (vgl. Einzelheiten unter C. III. 3. f) (2) und C. III. 8. a)). Die Zeugen …, die ebenfalls im März 2017 erstmals mit BG-MUN in Berührung kamen, haben der Kammer berichtet, dass sie Unterlagen zu BG-MUN erhalten haben. Diese Unterlagen hat die Kammer verlesen. Es handelt sich um den unter C. III. 3. a) (1) aufgeführten Beipackzettel (vgl. Bl. 240 Fallakte III), sowie eine weitere Produktinformation die mit BG-MUN überschrieben ist (vgl. Bl. 241 Fallakte III). Dort heißt es abweichend zum vorgenannten Beipackzettel: „BG-MUN Proteinkomplex, eine gezielte Nahrungsergänzung als begleitende Therapie bei schweren Erkrankungen zum Einnehmen.“
467
Sowohl bei … als auch bei den Zeugen … handelt es sich zugleich um Patienten der Angeklagten G., die diese an den Angeklagten B. vermittelte.
468
Der Zeuge …, der sich im August 2017 mit dem Angeklagten B. traf, erhielt ein Dokument mit der Überschrift „Totgesagte leben länger“, das die Kammer in Augenschein genommen und verlesen hat (vgl. Bl. 32 Fallakte III). Dort heißt es:
„Totgesagte leben länger!
Ein altes Sprichwort. Und jetzt konnte unsere Familie tatsächlich solch einen Fall miterleben. Unser Onkel (Ende 60) hatte viele Jahre gesundheitliche Zusammenbrüche. Immer wieder OPs. Verlust einer Niere. Dann Verkleinerung der Leber. Und ständig das böse Wort „KREBS“! Nach der Chemotherapie und erneutem Klinikaufenthalt das AUS. Neue Worte „AUSTHERAPIERT“ und gehen Sie nach Hause und „STERBEN IN RUHE“. Das war unser aller Leben. Wir verabschiedeten uns mit Tränen und einem Kuss.
Dann hat ein Verwandter von einem Serum aus Amerika gehört, und eine Versuchsmenge aufgetrieben. Die Therapiezeit sollte 6 Wochen dauern. Eigentlich viel zu lange.
Was dann passierte war unglaublich. Unser Onkel verließ nach weniger als 3 Wochen sein Sterbebett und hatte Hunger. In den nächsten 3 Wochen nahm er fast 10 Kilo zu. Nahm wieder am Leben teil. Und war völlig gesund.
Ein neuer Arztbesuch stand an. Der Arzt hat natürlich keine Erklärung, denn sein Blut war ohne Tumormarker. Jetzt muss er erneut in die Röhre, um nachzusehen, wo der Krebs hin ist.
Also, Totgesagte leben länger!
Wir sind alle so glücklich über diesen Ausgang und möchten mit ruhigem Gewissen die Quelle nennen.
469
Außerdem erhielt er eine Preisliste mit Stand Juli 2017 (vgl. Bl. 27 Fallakte III).
470
… und ihre Angehörigen erhielten im November 2017 eine Übersicht über die Zusammensetzung des für die Cytosolfraktion verwendeten Zellkulturmediums sowie eine Packungsbeilage für BG-MUN forte, in der dieses noch als Kosmetikprodukt bezeichnet wird (vgl. Bl. 129 und 130 Fallakte I). Die Kammer hat beide Schriftstücke verlesen.
471
Sowohl der Zeuge … als auch die … und ihre Angehörigen trafen den Angeklagten B. allein, ohne dass die Angeklagte G. bei diesen Gesprächen anwesend war (zu den Einzelheiten vgl. C. III. 8. c) und d)). Weder … noch … waren Patienten der Angeklagten G.
472
Dem Zeugen … wurden nach dessen glaubhaften Angaben die von der Kammer verlesene Empfehlung von Anwendern, Ärzten und Heilpraktikerin durch den Angeklagten B. ausgehändigt (Bl. 168 bis 170 Fallakte II). Die Kammer ist überzeugt, dass diese Angabe zutrifft. In der Empfehlung finden sich am unteren Rand der Seite zwei Internetadressen, die zweifelsfrei dem Angeklagten B. zuzuordnen sind, nämlich www…..com (vgl. C. III. 3. a) (1)) sowie www…. (vgl. C. III. 7. b)). Es ist nicht ersichtlich, wieso eine dritte, unbekannte Person hauptsächlich auf die Internetseiten des Angeklagten B. verweisen sollte.
473
In dieser Empfehlung wird BG-MUN als „natürlicher Proteinkomplex“ und „funktionelles Lebensmittel zur oralen Einnahme“ sowie „zur Unterstützung bei der Bewältigung von Aufgaben des Immunsystems“ bezeichnet.
474
Auf derselben Seite, auf der „funktionelle Lebensmittel und immunbiologische Produkte“, auch BG-MUN aufgeführt werden, heißt es unter anderem:
„Krebs-Center mit integrativen immunbiologischen Therapien
Schon vor 5.000 Jahren wussten Mediziner in China bereits, dass Energie im Körper ständig fließt. Und dass der Mensch nur gesund ist, wenn das energetische Potenzial des Organismus zwischen oben und unten und zwischen links und rechts ausgeglichen ist!
Wir setzen das Prinzip einer integrativen immunbiologischen Krebstherapie um, mit der wir die körpereigenen Abwehr- und Heilkräfte stärken.
Immuntherapie ist eine Immunstimulanzien mit hohem Wirkungsgrad! Positive Ergebnisse konnten bisher bei schwer heilbaren Erkrankungen festgestellt werden.“
475
… wurde ferner ein Sicherheitsdatenblatt der UBF vom 21.04.2017 für BG-MUN Cytosolfraktion aus Epithelzellen aus boviner Zelllinie übergeben, das die Kammer verlesen hat (Bl. 171 bis 176 Fallakte II).
476
Sowohl im Fall … als auch im Fall … und … tauchten Schriftstücke auf, die im Wesentlichen folgenden Inhalt haben:
„Die hier genannten Patienten bestätigen die Aussage in jeglicher Form, dass durch die Einnahme von BG-MUN und Zusatzprodukte als kompaktes Immunstärkungspacket [sic!], die positive Veränderung im Körper stattgefunden hat. Jegliche vorangegangenen Behandlungen irgendeiner Art waren ohne Erfolg.“
477
Sodann folgen 15 Erfahrungsberichte in anonymisierter Form, das heißt mit Alters- und Geschlechtsangabe sowie der Angabe der Erkrankung. Die bezeichneten Erkrankungen sind MS, „familiäres Mittelmeerfieber“, Leberkrebs, Lungenkrebs, Prostatakrebs, Darmkrebs, „Krebs im Unterhautfettgewebe“, Aids, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Blasenkrebs, Hepatitis C und Rheuma. Alle Erfahrungsberichte widmen sich der vollständigen Heilung der bezeichneten Erkrankung. Dabei werden Behauptungen aufgestellt wie:
„Im hinteren Kopfbereich zwei Tumore plus 13 Metastasen gefunden […]. Im September 2015 bekam sie durch ihre Familie zum ersten Mal BG-MUN. […] Bei einer Kontrolluntersuchung, die nach ca. einem halben Jahr stattfand, hatten sich sowohl die Tumore, als auch die Metastasen vollständig zurück gebildet. Keinerlei Überreste waren sichtbar.
Nach etlichen Operationen und Chemietherapien wurde der 37 Jährige für austherapiert erklärt und aus dem Krankenhaus zum Sterben nach Hause entlassen. […] Durch seine Verwandten erhielt er dann BG-MUN. […] Nach der achten Woche wurden Abschlussuntersuchungen gemacht das Ergebnis war: der Patient ist frei von Krebs.
2017 wurde der Krebs diagnostiziert und ihm wurde zur Chemotherapie geraten. Gleichzeitig wurde er durch eine Bekannte auf BG-MUN aufmerksam gemacht. Nach einer kurzen Bedenkzeit hat er sich für BG-MUN entschieden und gegen die Chemotherapie. […] Heute sind die Laborwerte alle in Ordnung, er ist gesund […].
Im Jahr 2010 ist der 38 Jährige an Aids erkrankt. Verträgt die antivirale Therapie nicht und ist von der Schulmedizin austherapiert. Durch seinen Onkel wird er auf BG-MUN aufmerksam gemacht und beginnt die Therapie […] Nach 3 Monaten ist er wieder arbeitsfähig und klinisch gesund.
Bis Oktober nahm er BG-MUN ein und in dieser Zeit bildeten sich die Tumore zurück.“
478
Auch der Inhalt des vorbezeichneten Schriftstücks „Totgesagte leben länger“, das dem Zeugen … über „BG-MUN forte“ ausgehändigt worden ist, befindet sich unter diesen Berichten.
479
Diesbezüglich ist jeweils festzustellen, dass die Schriftstücke allesamt vor Erlass des Strafbefehls an die Zeugen ausgehändigt bzw. an die Personen übergeben wurden, die sie den Zeugen sodann übermittelt haben. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Ausführungen unter C. III. 8. f) und 9. a) und b) Bezug genommen.
(b) Angeklagter B. ist Urheber der Schriftstücke
480
Zur Überzeugung der Kammer macht es keinen Unterschied, dass vorliegend teilweise von BG-MUN forte und nicht von BG-MUN Cytosolfraktion gesprochen wird. Es gibt keinen Unterschied zwischen den einzelnen Bezeichnungen des Produktes BG-MUN. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (2) (b) und (c) Bezug genommen.
481
Die Zeugen … bekundeten glaubhaft, die vorbezeichneten Unterlagen vom Angeklagten B. erhalten zu haben.
482
Der Zeuge … konnte nicht mehr sagen, von welchem der beiden Angeklagten er das Schriftstück erhalten hatte. Er konnte es jedoch dem Material zuordnen, dass ihm vor dem Kauf neben einer Preisliste (vgl. Bl. 27 Fallakte III) ausgehändigt wurde. Die Kammer konnte jedoch den Inhalt des Schriftstücks „Totgesagte leben länger“ dem Angeklagten B. deshalb zuordnen, weil er dies in den vorbezeichneten Erfahrungsberichten zu BG-MUN ebenfalls verwendete. Diese Erfahrungsberichte hat die Kammer ohne jeden Zweifel dem Angeklagten B. zugeordnet. Er ist der Urheber dieser Berichte.
483
Diese Feststellung beruht auf der Tatsache, dass sich der Angeklagte B. selbst in Form eines Erfahrungsberichts auf dem verlesenen Schriftstück verewigt hat, und zwar mit denselben Behauptungen, die er auch gegenüber der Kammer aufgestellt hat und die die Kammer für nicht glaubhaft erachtet. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 1. und C. III. 4. a) (2) Bezug genommen. So heißt es auf dem den Zeugen … übersandten Berichten im Beispiel 8, die die Kammer in Augenschein genommen und verlesen hat (vgl. Bl. 82 Fallakte I):
Diagnose: Krebs im Unterhautfettgewebe
Nach einem sehr schweren Verkehrsunfall vor vielen Jahren, wurde ich übermäßig viel geröntgt und damit vielen Röntgenstrahlen ausgesetzt. Worauf hin ich nach einigen Jahren stark wuchernder Krebs über den ganzen Oberkörper bildete [sic!]. An neun Stellen wurde mir der Krebs am Oberkörper weggeschnitten. Immer wieder musste ich zur Kontrolle und es wurde mir mitgeteilt, dass der Krebs hoch aggressiv ist. Vor allem weil er nach innen auf die Organe wuchert. Durch die Einnahme von BG-MUN ist der Krebs komplett verschwunden. Die Narben von den Operationen sind fast unsichtbar und die Haut hat sich ausgezeichnet regeneriert. Es gab keinerlei neue Krebsbildung und im Blut sind alle Tumormarker im Normbereich. Ich bin ein krebsfreier Mensch und bin der Hersteller des Produkts.“
484
Aufgrund der frappierenden Übereinstimmung mit der Schilderung des Angeklagten B. gegenüber der Kammer sowie der zusätzlichen Behauptung, die berichtende Person sei der Hersteller des Produktes, schließt die Kammer, dass es sich um den Angeklagten B. handelt. Dieser bezeichnet sich stets selbst als Hersteller des Produktes, wohlwissend, dass er die für das BG-MUN verwendete Cytosolfraktion bei der … einkaufte und zu keinem Zeitpunkt selbst herstellte (vgl. Ausführungen unter C. III. 3. a) (2)).
485
Dasselbe gilt für die an den Zeugen … übergebenen Berichte gleichen Inhaltes, die von der Firma … sodann in eine Power-Point-Präsentation übernommen wurden, die die Kammer im Original in Augenschein und in deutscher Übersetzung verlesen hat (vgl. Bl. 215 bis 225 Fallakte II und Bl. ≈ 26 bis 37 Sonderband „Übersetzungen“). Dort heißt es ebenfalls zu Fall 8 „63, männlich Hautkrebs“ sowie unter „derzeitiger Zustand“: „chirurgische Narbe und Hautregeneration“. Es handelt sich, wenn auch stark verkürzt, um den identischen Inhalt des ausformulierten Erfahrungsberichtes. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge … das in der Präsentation verarbeitete Schriftstück von einer anderen Person als dem Angeklagten B. bekommen hat, bestehen nicht. Für die Einzelheiten wird auf C. III. 8. f) Bezug genommen.
(c) Verwendete Unterlagen ab Erlass des Strafbefehls gegen den Angeklagten B.
486
Mit Ausnahme des Beipackzettels und des Flyers über BG-MUN-Produkte, den auch die Zeugin … erhielt, sind keine der vorbezeichneten Unterlagen nach Erlass des Strafbefehls mehr verwendet worden.
487
In den Fällen … und … wurden nur noch solche Unterlagen – in verschiedenen Konstellationen – verwendet, wie die Angeklagte G. sie am 07.08.2018 um 22:31:47 Uhr der … per E-Mail mit dem Betreff „BG-MUN Erklärung und Preisliste“ (vgl. Bl. 17 Fallakte I) verschickt hat. In der E-Mail nahm die Angeklagte G. darauf Bezug, dass sie … Informationen zu den BG-MUN Produkten übersende. An die E-Mail waren 5 PDF-Dateien angehängt. Es handelt sich um die Dateien „BG MUN ERKLÄRUNG.pdf“, „BG-MUN HERSTELLUNGSERKLÄRUNG.pdf“, „BG-MUN PRODUKTE.pdf“, „BG-MUN SET mit Preisen.pdf“ und „BG-MUN-Bestellformular 2018 08.pdf“. Die angehängten Dateien entsprechen dabei im Wesentlichen denen, die die Angeklagte G. am 05.08.2018 an den Zeugen … versendete (vgl. Bl. 1394-1402 d.A.). Bei der Datei „BG MUN ERKLÄRUNG.pdf“ handelt es sich um den bereits an zahlreichen Stellen beschriebenen Beipackzettel (vgl. C. III. 3. a) (1)). Bei der Datei „BG-MUN HERSTELLUNGSERKLÄRUNG.pdf“ handelt es sich um ein Dokument, mit dem durch die … bescheinigt wird, dass die für die Herstellung von BG-MUN verwendete Zellsuspension ein Ausgangsmaterial für einen Wirkstoff zur Arzneimittelherstellung sei. Bei der Datei „BG-MUN PRODUKTE.pdf“ handelt es sich um einen Werbeflyer, auf dem sich neben BG-MUN die bereits erwähnten weiteren Produkte der B. Group befinden. Auf diesem Flyer wird behauptet:
„Wir setzen das Prinzip einer integrativen immunbiologischen Krebstherapie um, mit der wir die körpereigenen Abwehr- und Heilkräfte stärken. Immuntherapie ist eine Immunstimulanz mit hohem Wirkungsgrad. Positive Ergebnisse konnten bisher bei schwer heilbaren Erkrankungen festgestellt werden.“
488
Bei der Datei mit dem Namen „BG-MUN SET mit Preisen.pdf“ handelt es sich um eine Übersicht der BG-MUN Produkte mit den jeweiligen Preisen.
489
Letztlich wurde somit nur noch der Werbeflyer für die BG-MUN-Produkte und der Beipackzettel nach Erlass des Strafbefehls gegen den Angeklagten B. weiterverwendet. Außerdem erstellte der Angeklagte B. die vorbezeichnete Herstellungserklärung. Diese Herstellungserklärung hat die Kammer verlesen und in Augenschein genommen (vgl. Anlage II zum Protokoll v. 02.09.2021). Die Urheberschaft des Angeklagten B. ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der Tatsache, dass der Briefkopf der … mit dem zugehörigen Logo verwendet wurde und dem Umstand, dass unter der entsprechenden Erklärung der Name des Angeklagten verzeichnet ist. Außerdem erwähnte er dieses Schreiben bereits gegenüber dem Zeugen … in einer W...App-Nachricht vom 25.07.2017 (vgl. Bl. 28 Fallakte III).
490
Schriftlich fixierte Behauptungen zur heilenden Wirkung von BG-MUN bei Krebs und anderen schweren Erkrankungen wurden nicht mehr verwendet.
(4) Typische (mündliche) Verkaufsmasche des Angeklagten B.
491
Wie bereits dargelegt, bediente sich der Angeklagte B. zunächst zahlreicher schriftlich fixierter Heilungsversprechen, um das Mittel BG-MUN zu bewerben und zu verkaufen.
492
Der im April 2018 gegen ihn erlassene Strafbefehl, der hinsichtlich der das AMG und das HWG betreffenden Tatvorwürfe maßgeblich aufgrund der entsprechenden Bewerbung ergangen war, hinderte ihn nicht daran, die zuvor schriftlich fixierten Behauptungen sodann mündlich zu äußern und das Produkt schlicht mündlich mit der (verbotenen) Werbung anzupreisen. Dies ergibt sich aus zahlreichen von der Kammer verlesenen Telefonaten des Angeklagten B., die im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung durch die Polizei aufgezeichnet wurden, wie der Zeuge … der Kammer berichtet hat.
493
Aufgrund der Telekommunikationsüberwachung war es der Kammer möglich, ein typisches Verkaufsgespräch des Angeklagten B. und die darin verwendeten Behauptungen nachzuvollziehen. Diese Behauptungen haben sich in verschiedenen Fällen des gegenständlichen Verfahrens immer wieder wiederholt. Damit liegt zur Überzeugung der Kammer eine Verkaufsmasche vor, die durch den Angeklagten als wesentliches Element seines Vertriebs von BG-MUN systematisch benutzt worden ist.
494
Das aufgezeichnete Gespräch führte der Angeklagte B. mit … am 03.09.2019 um 18:25:27 Uhr (vgl. Bl. 423 bis 429 TÜ-Akte). Das Gespräch verläuft auszugsweise wie folgt:
…: „Darf ich noch ein paar Fragen stellen?“
Angeklagter B.: „Ja klar, mach nur, ich habe Zeit.“
…: „Okay. Also ehm hilft es immer?“
Angeklagter B.: „Ich habe dich nicht verstanden.“
…: „Also hilft es immer? Also hilft es immer oder ist es nicht für jeden?“
Angeklagter B.: „Also es gibt für mich eigentlich eines, dass diese Sachen als Therapien immer helfen. Es ist nur eben möglich, dass verschiedene Therapien länger dauern, aber immer es einen Weg gibt, um die Probleme zu verändern. […]“
…: „Ja. Und gibt es etwas was schlechter werden kann? Ne?“
Angeklagter B.: „Was schlechter werden kann. Im Grunde genommen ist es so, was du alles dort bekommst in dieser Zeit, und du hast Sachen für 4 Monate. In dieser Zeit gehe ich davon aus, dass sich innerhalb der 4 bis 6 Wochen zu Anfang alles aufgelöst hat. Sollte es etwas geben, was da noch eine Restgefahr bringt, wird dieses innerhalb der restlichen Zeit normalerweise aufgehoben, verändert. Verändert durch Regeneration oder Vernichtung und Ersatz dieser Zellen. Der Ersatz besteht darin, dass die ganz normale Zellnildung, die jeden Tag ist, dann diese kranken Zellen, die verbrannt werden über Hitzeschockproteine und ähnliches, ersetzt werden.
…: „Okay. Und in dieser Zeit geht’s mir so wie jetzt?
Angeklagter B.: „Ja klar.“
Angeklagter B.: „Nein gar nicht. Du bist fit.“
Angeklagter B.: „Du bist ab dem. Wenn wir Schwerstkranke haben, die wirklich stationär sind, im Grunde genommen ist es so wie ich sie kenne, die Leute kennengelernt habe, die ja auch von uns begleitet werden, die stehen nach dem sechsten, siebten Tag eigentlich auf und ab dem sechzehnten, siebzehnten Tag fangen sie normal wieder an zu essen und nehmen zu.
Angeklagter B.: „Das Thema ist ja bei Schwerstkranken, wo es heißt komm ihr habt noch 3 Monate oder 3 Wochen, die würden ja niemals zunehmen. Und in dem Moment, wo das erste Gramm zugenommen ist ab dem sechzehnten bis zwanzigsten Tag passiert das, dass innerhalb von 3 Wochen um 5 Kilo zugenommen werden bei Leuten, die extrem schwer krank sind und abgenommen haben. Wir haben schon Leute von einer Palliativstation weggeholt. Due leben heute noch.“
…: „Wow. Und das es dann bei mir nur ein Myom ist, das macht nichts? Also es ist genauso? Ist dann nicht zu stark oder so?“
Angeklagter B.: „Es ist komplett das gleiche. […]“
495
Im weiteren Verlauf des Gesprächs gibt der Angeklagte B. Ernährungstipps für die Krebsbehandlung der …. Diese berichtet zudem, dass ihr Tumor „11 mal 11“ groß sein soll. Diesbezüglich nimmt das Gespräch sodann folgenden Verlauf:
…: „Und jetzt 11 mal 11, ich fühle, du hast vollstes Vertrauen, dass das geht?“
Angeklagter B.: „Ich arbeite damit seit vielen Jahren und bin meine beste Litfaßsäule, Ich habe einen Unfall gehabt, der mich völlig zerfetzt hat.“.
Angeklagter B.: „Und mir erklärt hat als Unfall müsste ich bewegungsunfähig und rollstuhlfahrend sein. Ich laufe, wie du und ich. Ich muss 20 Meter laufen. Ich bin, wie alt bin ich? 65, ich werde 65 im Februar und laufe seit einiger Zeit nach meinem Unfall. Man sieht mir gar nichts an, außer dass ich einen stabileren Bauch habe über Proteine aufgebaut, weil über meine Wirbelsäule kann mein Körper sich nicht aufrecht erhalten. Ich habe, ich weiß nicht wieviele Brüche insgesamt, aber ich habe den ersten Lendenwirbel zerfetzt und 3 zerfetzte Bandscheiben, das heißt nicht gehfähig. Meine Wirbelsäule hält nicht meinen Oberkörper. So dadurch bin ich über 100 Mal geröntgt worden, weil niemand dachte, ich überlebe und dadurch habe ich Krebs bekommen.“
Angeklagter B.: „So massiven Krebs, dass das mit der bösartigste im Bereich Krebs war. Und man hat mir gesagt, 2 Jahre noch und Sie sind tot.“
Angeklagter B.: „Das ist Jahre her. 13 Jahre her.“
Angeklagter B.: „Überleg dir das. Wenn du was möchtest, schickst du mir deine Adresse. […]“.
…: „Okay. Gut. Also ich glaube, ich melde mich heute noch. Ich glaube, ich würde dann starten. Ich glaube, das ist eine gute Idee. Aber ich melde mich noch mal.“
496
Zu dem Zeitpunkt des Telefonats war dem Angeklagten auch bereits aufgrund der bei seiner Familie in I. durchgeführten Durchsuchung im Mai 2019 und dem dort stattgefundenen Telefonat mit seiner Ehefrau, die ihn über die Durchsuchung in Kenntnis setzte, wie von dem Zeugen … der Kammer berichtet, das gegenständliche Ermittlungsverfahren bekannt.
497
Ganz ähnliche Behauptungen stellte der Angeklagte B. auch gegenüber dem Zeugen … mündlich in überwachten Telefonaten im Juni 2019 auf. Insoweit wird auf die Ausführungen unter C. III. 8. f) (1) Bezug genommen. Auch hier äußert der Angeklagte B. immer wieder, dass mit BG-MUN Krebs wirksam bekämpft werden könne.
498
Die Behauptungen konnten zudem in einer E-Mail des Angeklagten B. vom 02.04.2018 mit dem Betreff „immunbiologische Krebstherapie“, die die Kammer verlesen hat, festgestellt werden (Bl. 1772 d.A.). Diese E-Mail hat auszugsweise den folgenden Inhalt:
Ich schicke Ihnen kurz ein paar Eckdaten zum Werdegang des BG-MUN. Vor 25 Jahren bin ich als Unfallhelfer auf der Autobahn von einem LKW direkt am Körper als Unfallhelfer zusammengefahren worden. Niemand glaubte, dass ich überlebe. Tatsächlich bin ich daraufhin übermäßig geröngt worden. Und … nach ca 10 Jahren bekam ich wuchernden Krebs am ganzen Oberkörper. Innerhalb von 2 Jahren sollte ich eigentlich das Thema Krebs für immer hinter mir haben. Durch meine Kontakte als Entwickler von Medizintechnik hatte ich Kontakt zu verschiedenen Wissenschaftlern, die mir von einem Krebsprodukt aus der DDR erzählten. Der weitere Weg war einfach. Aber die Entwickler von früher lebten nicht mehr oder wollten davon nichts mehr wissen. Das Produkt wurde auf Verlangen Russlands für Politiker aus dem Osten von deutschen Biologen gefordert. 1965 hatte diese Proteinlösung 35 Proteine als Komplex. Ich löste damit meinen Krebs in nur 6 Wochen auf. Nach langen Gesprächen und der Zusage, ich gebe das Produkt niemals an die Pharmaindustrie und verkaufe ich es an Jedermann zu erschwinglichen Preisen, erhielt ich Zelllinien zur weiteren Forschung und zum Vertrieb. Das Anmelden zum Medizinprodukt war ein Klacks. Nach großen Erfolgszahlen kam allerdings ganz schnell die Industrie mit klaren Drohungen. Das Produkt wurde als Medizinprodukt abgemeldet und als funktionelles Lebensmittel zertifiziert. Ich verlegte den Firmensitz nach … und lebe noch ziemlich in Ruhe. […] Yours sincerely,
499
… Dieselben Äußerungen tätigte der Angeklagte B. persönlich ebenfalls gegenüber den Zeugen … und … und zwar dahingehend, dass er sich mit Hilfe der Einnahme von BG-MUN nach einem Unfall, bei der er von einem Lkw erfasst worden sei, von einem Leben im Rollstuhl befreit habe. Für die Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 8. d) Bezug genommen. Auch gegenüber dem Zeugen … und den Zeugen … hat er diese Version erzählt. Gegenüber dem Zeugen … hat der Angeklagte B. weitergehend behauptet, dass es sich bei dem Unfall um einen Anschlag der Pharmaindustrie gehandelt habe. Er sei auf Anlass der Pharmaindustrie von einem Lastwagen überfahren worden, weil er ein Mittel erfunden habe, das Krebs heile. Bezüglich der Einzelheiten wird auf C. III. 3. f) (1) Bezug genommen.
500
Insofern ist festzustellen, dass der Angeklagte B. regelmäßig auch seinen Unfall im Jahr 1993 ausnutzte, um BG-MUN gegenüber seinen Kunden anzupreisen. So behauptete er, er werde von der Pharmaindustrie verfolgt, und äußerte, dass BG-MUN bereits einmal zugelassen gewesen sei, die Zulassung aber auf Druck der Pharmaindustrie habe zurückgenommen werden müssen.
501
Die Verfolgung durch die Pharmaindustrie äußerte er nicht nur in vorgenannter E-Mail und gegenüber den Zeugen … sondern auch gegenüber der verstorbenen …. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 9. a) Bezug genommen.
502
Ebenso berichteten zahlreiche Zeugen der Kammer von der Behauptung des Angeklagten B., er habe Probleme bei der Zulassung des Mittels bzw. dieses habe wieder vom Markt genommen werden müssen, häufig mit der Begründung, dass die Pharmaindustrie die Zulassung verhindern wolle, da sie sonst kein Geld mehr verdienen könne. Dabei handelte es sich um die Zeugen … und …. Alle diese Zeugen hatten ebenfalls persönlichen Kontakt mit dem Angeklagten B., außer die Zeugen …, die lediglich über Berichte der verstorbenen … berichten konnten. Diese hatte jedoch den Angeklagten B. persönlich getroffen.
503
Wie bereits unter C. III. 3. a) (2) dargelegt, betrug der Einkaufspreis des Angeklagten B. bei der … einer Ampulle Cytosolfraktion mit 3 ml Inhalt 45,00 € und der Einkaufspreis einer Packung mit 10 Ampullen damit 450,00 €.
504
Der Angeklagte B. setzte den Preis für eine Packung mit 10 Ampullen BG-MUN für den Endverbraucher auf 5.900,00 €. Dies ergibt sich aus der Preisliste für BG-MUN mit Stand Juli 2017, die die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 27 Fallakte III). Diese Preisliste hat zur Überzeugung der Kammer aufgrund der glaubhaften Angaben des Zeugen … der Angeklagte B. erstellt. Dieser berichtete der Kammer, dass die Angeklagte G. ihm bei einem Gespräch im Jahr 2017 keinen Preis genannt habe. Da die Kammer auch die weiteren Dokumente, die der Zeuge … erhalten hat, dem Angeklagten B. zurechnet, stammt dieses Dokument ebenfalls vom Angeklagten B., da zwischen der Angeklagten G. und dem Zeugen … jedenfalls nicht über den Preis von BG-MUN gesprochen wurde.
505
Die Feststellung hinsichtlich des „Normalpreises“ von BG-MUN wird auch gestützt durch den verlesenen W...App-Chat zwischen dem Angeklagten B. und der Angeklagten G. Dort bittet die Angeklagte G. am 05.07.2017 darum, dass eine Patientin 5.500,00 € für BG-MUN bezahlen soll. Der Angeklagte B. bestätigt dies und betont nochmals: „Normal 5900“. Auch der Zeuge … bestätigte, dass der Angeklagte B. eine Preisliste gehabt habe und der Preis für den Endkunden 5.900,00 € betragen habe.
506
Der Verkaufspreis der BG-MUN Cytosolfraktion überstieg damit nach Auffassung der Kammer den Einkaufspreis in der Regel um mehr als 1200 %.
507
Ausweislich der verlesenen Preisliste sah der Angeklagte B. Rabatte ab dem Ankauf von 10 Sets für Ärzte und Kliniken vor. Diese sollten 4.000,00 € für eine Packung BG-MUN bezahlen. Bei einer Abnahme von 100 Sets für „Zwischenhändler“ sollten 3.500,00 € für eine Packung BG-MUN fällig werden.
(6) Schlussfolgerungen der Kammer
508
Der Angeklagte B. hat das Design, die Verpackung und die Packungsbeilage sowie etwaige Verkaufsunterlagen für BG-MUN entworfen. Ferner stellte er auch die Behauptungen hinsichtlich der vermeintlichen Wirkungen des BG-MUN auf. Auch die Preisliste hatte der Angeklagte B. entworfen. Der Preis von 5.900,00 € für Endkunden war durch ihn festgelegt worden.
509
Als die Ermittlungsbehörden begannen wegen der Bewerbung von BG-MUN gegen den Angeklagten B. zu ermitteln und im Januar 2017 eine Anklage gegen ihn erhoben, änderte der Angeklagte B. die Bewerbung von BG-MUN ab und verzichtete zunehmend auf schriftliche Fixierung der angepriesenen heilenden Wirkung. Außerdem änderte er den Namen von BG-MUN forte in BG-MUN bzw. BG-MUN Cytosolfraktion.
510
Dies schließt die Kammer aus den zeitlichen Abläufen. Nachdem die Staatsanwaltschaft München II gegen den Angeklagten Anklage wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz aufgrund der Bewerbung von BG-MUN erhoben hatte, änderte der Angeklagte den Namen des Produktes. Dies ergibt sich aus der verlesenen E-Mail des Angeklagten B. an den Zeugen … vom 19.03.2017 (vgl. Bl. 1783 d.A.). Dort heißt es nunmehr „orale biologische Krebstherapie und BG-MUN“. Der Zeuge … unterbreitete sodann einen Formulierungsvorschlag, der es sodann in den Beipackzettel von BG-MUN schaffte. Ebenso ließ er vom Zeugen … ein Sicherheitsdatenblatt für die „BG-MUN Cytosolfraktion“ erstellen, wie sich aus dem verlesenen Sicherheitsdatenblatt vom 01.03.2017 sowie den glaubhaften Angaben des Zeugen … ergibt (vgl. Bl. 518 bis 524 d.A.).
511
Außerdem beauftragte der Angeklagte B. den Zeugen …, um das BG-MUN als Nahrungsergänzungsmittel zertifizieren zu lassen. Dies scheiterte zwar an der Zusammensetzung, der Zeuge … erteilte dem Produkt jedoch mit Bescheinigung vom 14.03.2017 eine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung als „funktionelles Lebensmittel“ (vgl. 1498 bis 1500 d.A.).
512
Im März 2017 kam es folglich zu einer ganzen Reihe an Veränderungen im Hinblick auf das stets gleich gebliebene Produkt, insbesondere einer Namensänderung von BG-MUN forte zu BG-MUN bzw. BG-MUN Cytosolfraktion. Diese Änderungen können plausibel damit erklärt werden, dass der Angeklagte B. von der gegen ihn erhobenen Anklage Kenntnis hatte und eine weitere Strafverfolgung gegen ihn verhindern wollte.
513
Nach endgültigen Erlass des vorbezeichneten Strafbefehls gegen den Angeklagten B. und der Verhängung einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe im April 2018 verwendete der Angeklagte B. schriftlich keinerlei Begriffe mehr, die BG-MUN in Verbindung mit der Heilung von Krankheiten bringen könnten.
514
Gleichwohl hinderte ihn der Strafbefehl nicht daran, die zuvor schriftlich fixierten Behauptungen nunmehr mündlich zu äußern und das Produkt schlicht mündlich mit der (verbotenen) Werbung anzupreisen.
d) Keine belastbaren Grundlagen für die Behauptungen
515
Es steht ohne jeden Zweifel fest, dass es für die vorbezeichnete Bewerbung des Produkts BG-MUN keinerlei wissenschaftliche Grundlage gab.
516
Der Angeklagte B. hatte, wie bereits unter C. III. 3. a) (2) ausgeführt, ein Produkt eingekauft, für das es, wie er wusste, keinerlei wissenschaftliche Studien – weder medizinische noch ernährungswissenschaftliche – gab.
517
Er selbst hat ebenfalls keinerlei Studien durchgeführt. Dies hat er gegenüber dem Zeugen … am 25.07.2017 in einer W...App-Nachricht selbst angegeben. Auf die Nachfrage des Zeugen …, ob es schon Studien gebe, antwortet der Angeklagte B.:
„Nein Es ist ein funktionelles Lebensmittel Mit Studien sofort ein Arzneimittel Erfahrungen gibt’s genug Wir besprechen das“
518
Wie die Sachverständigen … und … gegenüber der Kammer berichtet haben, konnten auch diese keinerlei Studien zu dem Produkt auffinden. Die Kammer hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte B. nach der vorbezeichneten Nachricht an den Zeugen … noch irgendwelche Studien durchgeführt hat.
519
Der Angeklagte B. hat auch zu keinem Zeitpunkt eine Laboruntersuchung des BG-MUN durchführen lassen. Sowohl der Zeuge … als auch der Zeuge … berichteten der Kammer, sie hätten ihre Beurteilungen allein aufgrund der Unterlagen des Angeklagten B. durchgeführt. Eine Untersuchung habe nicht stattgefunden. Damit lag freilich der Inhalt der Unterlagen, die den Zeugen vorgelegt wurden, allein in der Hand des Angeklagten B. Er bestimmte, welche Unterlagen die Zeugen für das Sicherheitsdatenblatt bzw. die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung bekamen.
520
Eine Zulassung als Arzneimittel oder Medizinprodukt hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Diese war insbesondere nicht durch den Angeklagten B., wie dieser behauptet hat, veranlasst und später wieder abgemeldet worden. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (3) (c) Bezug genommen.
e) Beginn der Zusammenarbeit der Angeklagten G. und B.
(1) Kennenlernen der Angeklagten B. und G.
521
Die Feststellungen zum zufälligen Kennenlernen der Angeklagten G. und B. beruhen auf den insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen ….
522
Dieser berichtete der Kammer, der Angeklagte B. und er seien auf einer Veranstaltung in S. gewesen, bei der es um die Vermarktung von Produkten gegangen sei. Dort hätten sie zufällig die Angeklagte G. kennengelernt, weil die auch dort gewesen sei. Er denke das sei Ende 2017 oder auch nach dem Juli 2017 gewesen.
523
Die Kammer hat hinsichtlich der Angaben des Zeugen … zum Kennenlernen der Angeklagten keinen Anlass daran zu zweifeln. Lediglich im Hinblick auf den Zeitraum des Kennenlernens konnte den diesbezüglichen Angaben des Zeugen … nicht gefolgt werden, weil der Austausch der W...App-Nachrichten zwischen den Angeklagten B. und G. bereits am 21.03.2017 beginnt. Außerdem teilte die Angeklagte G. der Zeugin … per W...App-Nachricht vom 19.03.2017 mit, sie werde den Angeklagten B. wegen eines Termins benachrichtigen (vgl. Bl. 177 Sonderband Asservatenauswertung). Dementsprechend haben sich die Angeklagten zur Überzeugung der Kammer statt Ende 2017 zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem Jahresende 2016 und Anfang 2017, jedenfalls aber vor dem 19.03.2017 kennengelernt.
(2) Informationsweitergabe an die Angeklagte G. bei Beginn der Zusammenarbeit
524
Die Feststellungen zu den Informationen, die die Angeklagte G. vom Angeklagten B. im Rahmen des Kennenlernens sowie im Jahr 2017 über das Produkt BG-MUN erhalten hat, beruhen auf den Angaben des Zeugen …, soweit ihnen gefolgt werden konnte, den Angaben des Zeugen …, des Zeugen … und der Zeugen … und …, sowie auf den verlesenen E-Mails und W...App-Nachrichten, die mit den Angaben der Zeugen in Einklang stehen. Ferner beruhen sie auf den Angaben des Zeugen … über die Durchsuchung bei der Angeklagten G. sowie dem dazu ergänzend verlesenem Sicherstellungsverzeichnis vom 24.05.2019.
(a) Angaben der einvernommenen Zeugen
525
Der Zeuge …, bei dem es sich nach eigenen Angaben um einen näheren Bekannten des Angeklagten B. handelt, berichtete, der Angeklagte B. habe der Angeklagten G. bei dem ersten Treffen erklärt, was das BG-MUN sei und wie es funktioniere. Die Angeklagte G. habe das Produkt da auch mal in die Hand genommen und es sei dann ein Termin in der Praxis vereinbart worden. Was im Detail gesprochen worden sei, könne er nicht mehr sagen. Der Zeuge bekundete zugleich, dass er mindestens 4-mal dabei gewesen sei, als der Angeklagte B. sein Produkt BG-MUN Dritten angepriesen habe. Dennoch könne er sich nicht an die Inhalte der Gespräche erinnern. Zugleich behauptete er, dass der Angeklagte BG-MUN als Zusatzunterstützung für mehrere Krebsarten bezeichnet habe. Der Angeklagte B. habe ihm gesagt, er habe nicht so viele Erfahrungen und man solle sich keine großen Hoffnungen machen. Von einer Heilung habe der Angeklagte B. zu keinem Zeitpunkt gesprochen. Außerdem habe der Angeklagte B. ihn zu den Gesprächen mitgenommen, um ihn auszubilden, er habe sich die Gespräche anschauen wollen und auch für den Angeklagten B. in der Türkei gedolmetscht. Für die Kammer ist im hohen Maße unglaubhaft, dass der Zeuge an zahlreichen Gesprächen teilgenommen haben will – nach eigenen Angaben zu Ausbildungszwecken – und sich dann nicht mehr an die Gesprächsinhalte und die Art und Weise, wie der Angeklagte B. BG-MUN angepriesen hat, erinnern will. Die wenig detaillierten Aussagen des Zeugen … zu den Aussagen des Angeklagten B. widersprechen zudem eklatant den Feststellungen der Kammer zur typischen Verkaufsweise von BG-MUN. Da die Kammer die typischen Anpreisungen jedoch mittels objektiver Beweismittel nachvollziehen konnte, betrachtet sie die Angaben des Zeugen … insofern als widerlegt.
526
Gleichwohl ist die Kammer davon überzeugt, dass der Zeuge … zumindest zutreffend geschildert hat, dass der Angeklagte B. der Angeklagten G. von BG-MUN berichtet und dass diese im Anschluss vertiefte Gespräche darüber geführt haben.
527
Die genauen Informationen, die der Angeklagte B. der Angeklagten G. über BG-MUN gegeben hat, hat die Kammer mit Hilfe der Angaben der Zeugen … und der Zeugen … und …, sowie den verlesenen E-Mails, W...App-Nachrichten und dem Sicherstellungsverzeichnis vom 24.05.2019, die mit den Angaben der Zeugen in Einklang stehen, rekonstruiert.
528
Im März 2017 wohnte die Angeklagte G. dem Verkaufsgespräch zwischen dem Angeklagten B. und den Zeugen … bei.
529
Dies berichteten die Zeugen … und … übereinstimmend. Dies ist auch glaubhaft, weil die Angeklagte G. in der verlesenen E-Mail vom 21.03.2017 an die Zeugin … darauf Bezug nimmt, dass der Angeklagte B. die Fragen der Zeugen … beantwortet hat (vgl. Bl. 244 Fallakte III). Auch in ihrer verlesenen W...App-Nachricht an die Zeugin … vom 23.03.2017 um 14:21:21 (UTC+1) wies die Angeklagte G. daraufhin, dass der Angeklagte B. auch gesagt habe, dass das BG-MUN unter der Zunge verweilen solle und man letztlich nur den Speichel schlucke, da die Substanz dann schon im Blutkreislauf sei (vgl. Bl. 178 Sonderband Asservatenauswertung).
530
Beide Zeugen … berichteten der Kammer von den durch den Angeklagten B. aufgestellten Behauptungen, wobei sich der Zeuge … etwas detaillierter erinnern konnte. Dabei stellten beide heraus, dass der Angeklagte B. der Zeugin … Magen- oder Darmkrebs in Aussicht gestellt habe, der durch die Einnahme von Thyroxin hervorgerufen werde. Ebenso berichteten beide übereinstimmend, dass ihnen beim ersten Treffen zu einer sublingualen Anwendung des BG-MUN durch den Angeklagten B. geraten worden sei. Die sublinguale Anwendungsempfehlung wurde durch die Angeklagte G., wie bereits ausgeführt, aufgegriffen und in mehreren verlesenen W...App-Nachrichten am 23.03.2017 erläutert. Auch die Angeklagte G. nimmt in diesen Nachrichten Bezug auf stattgefundene Ausführungen des Angeklagten B.
531
Die Feststellung der Kammer, dass der Angeklagte B. gegenüber der Angeklagten G. eine krebsheilende Wirkung von BG-MUN anpries, über eine zurückgenommene Zulassung sprach und große Erfolge seines Produktes behauptete, wird auch gestützt durch die Angaben des Zeugen ….
532
Der Zeuge … berichtete der Kammer unter anderem, dass mehrere Personen, darunter auch ein Arzt, seiner Lebensgefährtin …, die an Krebs gelitten habe, in Zusammenhang mit der Krebserkrankung die Heilpraktikerin … G. empfohlen hätten. Dort habe sich seine Lebensgefährtin im Frühjahr 2016 in Behandlung begeben und sich im Laufe der Zeit mit der Angeklagten angefreundet. Irgendwann habe die Angeklagte G. von einer Möglichkeit berichtet, die auch schon getestet sei. Das BG-MUN werde auch in der Charité in Berlin eingesetzt, sei aber noch nicht zugelassen und noch nicht auf dem Markt. Es könne, so die Angeklagte G., Krebszellen abtöten. Es werde funktionieren. Das sei alles aber noch ganz geheim und koste auch viel Geld. Die Angeklagte G. habe berichtet, dass das Mittel über den Angeklagten B. bezogen werden könne. Der habe es dann auch zur Praxis der Angeklagten G. gebracht. Es habe sich um ein Paket mit 10 Ampullen gehandelt. Ihnen sei gesagt worden, dass man das Mittel unter die Zunge träufeln müsse.
533
Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Angaben des Zeugen … zutreffend sind, und hat sie deshalb den Feststellungen zum Informationsstand der Angeklagten G. zugrunde gelegt.
534
Diese Überzeugung beruht auf nachfolgenden Umständen:
535
Die Zeugin …, bei der es sich um die Mutter der verstorbenen … handelt, konnte der Kammer im Einklang mit den Angaben des Zeugen … berichten, dass ihre Tochter bei der Angeklagten G., die sie auch persönlich kenne, in Behandlung gewesen sei. Nach Einnahme der ersten „Flasche“ habe ihre Tochter ihr gesagt, das Mittel solle dafür sorgen, dass der Krebs mit der Zeit verschwinde. Sie wisse aber nicht, um welches Mittel es sich gehandelt habe.
536
Aus den beschriebenen Berichten ergibt sich ein schlüssiges und miteinander in Einklang stehendes Bild. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der Angaben der Zeugen zu zweifeln.
537
Die Kammer ist überzeugt, dass die Angeklagte G. der … berichtete, dass BG-MUN Krebszellen zerstören könne und dass das noch nicht zugelassene Mittel in der Charité eingesetzt werde.
538
Der Zeuge … gab diesbezüglich an, er werde die Äußerung nie vergessen, diese habe er selbst gehört. Auch … berichtete, dass ihre Tochter gesagt habe, dass das Mittel dafür sorge, dass der Krebs mit der Zeit verschwinde.
539
Die Angaben der Zeugen werden aber auch durch objektive Beweismittel gestützt, was ebenfalls dafürspricht, dass sie richtig sind:
540
Die Kammer hat in diesem Zusammenhang die nachfolgenden W...App-Nachrichten verlesen:
541
Am 21.08.2017 um 11:07:12 (UTC+2) schrieb … der Angeklagten G. per W...App-Nachricht (Bl. 173 Sonderband Asservatenauswertung):
„Hallo liebe …, hab gerade den aktuellen maker bekommen ist wieder über 900. hast du einen Plan wie wir den runter kommen. Bekomme dann das gesamte Blutbild gefaxt. Leite es dann an dich weiter.“
542
Die Angeklagte G. übersandte als Antwort zunächst am 21.08.2017 um 13:56:12 (UTC+2) die Telefonnummer 08252 91 63 505 (vgl. Bl. 173 Sonderband Asservatenauswertung), bei der es sich zur Überzeugung der Kammer um ihre Praxistelefonnummer handelt, weil diese auf dem ebenfalls von der Kammer verlesenen und in Augenschein genommenen Auszug der Internetseite der Praxis der Angeklagten G. www…..de unter Kontakt aufgeführt ist (vgl. Bl. 22 d.A.).
543
Die Angeklagte G. kopierte noch vor der Übersendung der Telefonnummer an … die Nachricht der … und übersandte sie kommentarlos am 21.08.2017 um 13:45:40 (UTC+2) an den Angeklagten B. (vgl. Bl. 118 Sonderband Asservatenauswertung).
544
Dieser antwortete wie folgt (vgl. Bl. 118 Sonderband Asservatenauswertung):
(Nachricht vom 21.08.2017 um 13:50:01 (UTC+2))
Beim Auflösen von Tumoren laufen Gifte aus, die die Marker stark erhöhen könnten“
(Nachricht vom 21.08.2017 um 14:27:27 (UTC+2))
545
Die Angeklagte G. kopierte diese Nachricht vollständig mitsamt den fehlenden Satzzeichen und verschickte sie am 22.08.2017 um 00:59:37 (UTC+2) Uhr an …. Sie ergänzte die Nachricht am 22.08.2017 um 00:59:50 (UTC+2) um die Worte (vgl. Bl. 174 Sonderband Asservatenauswertung):
… antwortete am 22.08.2017 um 07:15:01 (UTC+2) (vgl. Bl. 174 Sonderband Asservatenauswertung):
„Ich Danke dir nochmal meine Liebe hab volles Vertrauen zu dir. Mich beunruhigt der Marker nicht. Die Ärzte könnendes nur nicht verstehen.“
546
Ob es zuvor noch ein Telefonat, also direkt im Anschluss an die Übersendung der Praxistelefonnummer durch die Angeklagte G., gegeben hat, konnte nicht mehr festgestellt werden.
547
Auffällig ist jedoch, dass sich die Angeklagte G. nach der Mitteilung eines gestiegenen Tumormarkers dazu veranlasst sah, den Angeklagten B. zu kontaktieren und ihm die Nachricht der … unverzüglich mitzuteilen. Die Antwort des Angeklagten B. mit „K A“ könnte als jugensprachentypische Abkürzung für „keine Ahnung“ interpretiert werden. Letztlich muss aber offenbleiben, was genau er damit gemeint hat. In jedem Fall verschickte der Angeklagte B. kurz darauf eine weitere Nachricht, in der er die Behauptung aufstellte, dass durch das „Auflösen von Tumoren“ Gifte auslaufen, die die Marker stark erhöhen könnten.
548
Zur Überzeugung der Kammer hat … im Zeitraum als diese Nachrichten verschickt wurden, gerade BG-MUN eingenommen. Dies ergibt sich zum einen aus W...App-Nachrichten der Angeklagten G. vom 11.08.2017, in denen sie … um die Übersendung eines Tagesprotokolls der BG-MUN-Kur bittet (vgl. Bl. 173 Sonderband Asservatenauswertung) und zum anderen aus einer weiteren W...App-Nachricht der … an die Angeklagte G. vom 15.09.2017, in der sie nachfragt, ob sie angesichts des neuen Sonographieberichts, aus dem sich neue und gewachsene Metastasen ergeben hätten, die 2 Flaschen BG-MUN weiternehmen solle (vgl. Bl. 175 Sonderband Asservatenauswertung). Der Zeitpunkt der vorgenannten Nachrichten liegt genau dazwischen.
549
Die Nachrichten sind daher im Lichte der Einnahme von BG-MUN zu betrachten. Die Angeklagte G. hätte sonst auch keine Veranlassung gehabt, dem Angeklagten B. die Nachricht der … weiterzuschicken. In diesem Zusammenhang spielt es auch eine Rolle, dass es sich bei … um die erste Krebspatientin handelt, die die Angeklagte G. mit BG-MUN behandelt hat. Aufzeichnungen über andere, frühere Patienten mit Krebserkrankungen wurden bei den Durchsuchungen nicht aufgefunden. Der Angeklagte B. antwortete der Angeklagten G. dann augenscheinlich mit einer Erklärung für den erhöhten Tumormarker. Diese Erklärung war das Auflösen von Tumoren. Die Angeklagte G. stellte keine weiteren Nachfragen, sondern übernahm die Antwort im Wortlaut und verschickte sie an …, ohne zu kennzeichnen, dass diese Antwort gar nicht von ihr, sondern von dem der … ebenfalls bekannten Angeklagten B. stammte. … antwortete danach, indem sie der Angeklagten G. ihr volles Vertrauen aussprach. Offenbar hielt sie die Angabe, dass sich Tumoren auflösen, für eine plausible Erklärung. Insofern erklärte sie sogar, dass sie nicht beunruhigt sei. Aus diesem gesamten Verlauf und der Tatsache, dass hier ein erhöhter Tumormarker durch das Auflösen von Tumoren erklärt wurde und diese Erklärung … nicht zu wundern schien, schließt die Kammer, dass … damit gerechnet hat, dass sich hinsichtlich ihrer Krebserkrankung eine signifikante Veränderung ergeben sollte. Aus diesem Grund sind die Schilderungen des Zeugen … glaubhaft, denn dieser berichtete von der Behauptung der Angeklagten G., BG-MUN könne Krebszellen abtöten. Das Abtöten von Krebszellen würde freilich zur Auflösung eines Tumors führen.
550
Aufgrund der vorgenannten Tatsachen kann die Kammer auch ausschließen, dass dem Zeugen … durch Medienberichte, insbesondere den sternTV-Beitrag, Heilungsversprechen für … durch die Angeklagte G. suggeriert wurden, die er dann in seiner Einvernahme als vermeintlich eigene Erinnerung wiedergab. Er hat betont, nie vergessen zu können, wie die Angeklagte G. gesagt habe, dass BG-MUN Krebszellen abtöten solle.
551
… hatte zudem auch ihrer Mutter von der erwarteten Wirkung des Mittels berichtet (s.o.).
552
Der Zeuge … berichtete der Kammer von der Durchsuchung in der Praxis der Angeklagten G. am 24.05.2019, wobei er sich nicht mehr an alle aufgefundenen Objekte im Detail erinnern konnte. Aus dem verlesenen Sicherstellungsverzeichnis ergibt sich jedoch, dass in der Praxis auch ein Kuvert mit Unterlagen, unter anderem einer Verkehrsfähigkeitsbescheinigung für BG-MUN sichergestellt wurde (vgl. Bl. 147 d.A.). Demnach lag der Angeklagten G. zumindest im Mai 2019 auch die vom Angeklagten B. beim Zeugen … angeforderte Verkehrsfähigkeitsbescheinigung für BG-MUN als „funktionelles Lebensmittel“ vor.
(b) Auswertung der verlesenen W...App-Chats und E-Mails
553
Aus den verlesenen W...App-Nachrichten ergeben sich zahlreiche Informationen über BG-MUN, die der Angeklagte B. der Angeklagten G. – teilweise auch auf deren ausdrückliche Nachfrage – mitteilte.
554
Am 30.03.2017 teilte der Angeklagte B. mit, dass BG-MUN aus einer Rinderzelllinie bestehe (vgl. Bl. 93 Sonderband Asservatenauswertung). Am 12.04.2017 behauptet der Angeklagte B., er habe neue Gutachten und einen „Zelllinien-Pass“. In BG-MUN seien 2,5 Millionen Zellen pro 1 ml, also insgesamt 7,5 Millionen Zellen pro Ampulle.
555
Die Behauptung ist zur Überzeugung der Kammer erfunden. Wie bereits unter C. III. 3. d) ausgeführt, hat der Angeklagte B. das BG-MUN niemals im Labor untersuchen lassen. Ebenso hat die Herstellerin der Cytosolfraktion, die …, die Cytosolfraktion niemals untersuchen lassen, wie die Zeugen … und … berichteten (vgl. C. III. 3. a) (2)).
556
Am 26.04.2017 behauptete der Angeklagte B., dass er Ende der Woche alle Unterlagen in Englisch habe. Neu sei auch die Verkehrsfähigkeit als funktionelles Lebensmittel weltweit. Auch diese Information ist nachweislich falsch, weil die entsprechende Bescheinigung lediglich eine Verkehrsfähigkeit innerhalb der europäischen Union feststellt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (3) (a) Bezug genommen.
557
Am 30.05.2017 teilte der Angeklagte B. mit, dass der Nuklearmediziner … eine Patientin mit Metastasen mit BG-MUN behandelt habe. Dieser gehe es nun wesentlich besser. In seiner Einvernahme bestritt der Zeuge …, jemals selbst BG-MUN an Patienten angewendet zu haben, bestätigte aber, dass er dem Angeklagten B. bei der Formulierung von Werbetexten für BG-MUN geholfen habe. Seine Nichte habe das BG-MUN in der Türkei an 2 Patienten ausprobiert und dann gesagt, es sei zu teuer. Er selbst habe es jedenfalls nicht angewendet. Die Angaben des Zeugen … waren unglaubhaft. In seiner ersten Vernehmung am 22.12.2021 bestritt der Zeuge vehement, das Produkt jemals weitergegeben zu haben. Im Prinzip habe er mit der ganzen Sache nichts zu tun gehabt. In seiner erneuten Vernehmung am 28.02.2023 hat er die vorherigen Ausführungen revidiert und eingeräumt, dem Angeklagten B. bei der Formulierung von Werbetexten geholfen zu haben, obwohl er selbst BG-MUN niemals angewendet haben will. Letztlich ist festzustellen, dass die Behauptung des Angeklagten B., der Zeuge … habe eine Patientin mit Krebs mit BG-MUN behandelt, nicht richtig ist.
558
Am 22.06.2017 antwortete der Angeklagte B. auf die Frage, wie lange sich BG-MUN gekühlt halte, mit 3 Jahren, auch wenn der Aufdruck nur für 2 Jahre sei. Am 04.07.2018 übersandte der Angeklagte B. der Angeklagten G. eine jpg-Datei mit der Behauptung, dass es sich um das neue Büro in Kroatien handle. Außerdem zeige er der Angeklagten G. das Büro in Dubai nur persönlich. Anhaltspunkte dafür, dass es das Büro in Kroatien tatsächlich gegeben hat, bestehen nicht. Ebenso wenig konnte die Kammer in der Beweisaufnahme auch nur einen einzigen Beweis erheben, der ein Büro in Dubai – noch dazu nach den Angaben des Angeklagten B. im derzeit höchsten Gebäude der Welt, dem Burj Khalifa in Dubai – nahelegen würde. Außerdem behauptete der Angeklagte B., das Büro in Panama sei in der Nähe des „Kanal“. Anhaltspunkte dafür, dass die B. Group S. A. jemals mehr war als eine Briefkastenfirma, bestehen nicht.
559
Am 10.07.2017 stellte der Angeklagte B. auf Nachfrage der Angeklagten G., ob BG-MUN auch für die Augen wirke, fest, dass das Auge „auf Proteinbasis“ sei, daher ja, „aber Sicht nein“. Am 05.08.2017 behauptete der Angeklagte B. gegenüber der Angeklagten G., „… hat 5 austherapierte Krebskranke mit BG-MUN begleitet. Alle geheilt. Sie schreibt ihre Erfahrungen jetzt auf.“
560
Am 11.08.2017 gab der Angeklagte B. an, dass BG-MUN auch bei „schwerster Demenz“ angewendet werden könne. BG-MUN wirke bereits bei seiner Mutter.
561
Am 17.08.2017 fragte die Angeklagte G. beim Angeklagten B. nach, ob er „Methadon“ kenne und wie dieses im Vergleich zu BG-MUN sei. Der Angeklagte B. antwortete: „Ist 1 von 400 verschiedenen Wirkstoffen“. Die Angeklagte G. kommentierte dies damit, dass eine Ärztin damit werbe, dass Krebs heilbar sei. Dies tat der Angeklagte B. mit den Worten „jaja“ ab.
562
Es ist der Kammer schleierhaft, wie der Angeklagte B. dazu kommt, zu behaupten, BG-MUN enthalte Methadon als einen von 400 Wirkstoffen. Bei Methadon handelt es sich, wie allgemein bekannt, um ein synthetisches hergestelltes Opioid. Methadon ist in BG-MUN nicht festgestellt worden und hätte dies selbstverständlich zu einer unter das Betäubungsmittelgesetz fallenden Substanz gemacht. Aus dieser Konversation wird deutlich, dass die Angeklagte G. über keinerlei Fachwissen verfügt. Ebenso wird deutlich, dass der Angeklagte B. stets das behauptet, was für den Absatz seines Produktes am günstigsten ist und auf das, was sein Gegenüber ihm vorgibt, reagiert, selbst wenn eine solche Behauptung beinhaltet, dass sein Produkt ein Opioid enthält. Der Angeklagte B. wusste dabei entweder selbst auch nicht, worum es sich bei Methadon handelt, oder behauptete in Kenntnis des Umstandes, dass BG-MUN jedenfalls keine Betäubungsmittel enthält, falsch, dass dies der Fall sei.
563
Am 21.08.2017 behauptete der Angeklagte B., dass beim Auflösen von Tumoren Gifte auslaufen würden, die zu einer starken Erhöhung des Tumormarkers führen würden, nachdem die Angeklagte G. ihm die erhöhten Werte des Tumormarkers ihrer mit BG-MUN behandelten Patientin … mitgeteilt hatte.
564
Beide vorbezeichneten Nachrichten sind nach Auffassung der Kammer ein klares Indiz dafür, dass die Angeklagten zuvor über das Auflösen von Tumoren bzw. die Heilung von Krebs mit BG-MUN gesprochen haben. Andernfalls ergeben die Nachrichten der Angeklagten G., insbesondere die Bemerkung, wie Methadon, das nach ihrer Angabe durch eine Ärztin mit Krebsheilung beworben werde, im Vergleich zu BG-MUN sei, keinen Sinn. Ebenso zeigt sich die Angeklagte G. über die Behauptung des Angeklagten B., dass der Tumormarker ihrer mit BG-MUN behandelten Patientin … wegen des Auflösens von Tumoren erhöht sei, nicht überrascht, gerade so, als habe die Angeklagte eine solche Antwort erwartet. Auch die Nachricht, dass … 5 austherapierte Patienten mit BG-MUN geheilt habe, verstärkt diesen Eindruck.
565
Am 14.09.2017 fragte die Angeklagte G., ob der Angeklagte B. BG-MUN schon einmal „i.v.“ gegeben habe. Der Angeklagte B. teilte daraufhin mit, dass das in Deutschland nicht gehe. Sie solle es nicht machen, denn sonst werde es zum Arzneimittel. Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich bei der Abkürzung i. v. vorliegend – vor allem in Anbetracht der Antwort des Angeklagten B. und der Tatsache, dass es um das Geben von BG-MUN geht – um die allgemein bekannte medizinische Abkürzung für intravenös.
566
Diese Informationen hat der Angeklagte B. der Angeklagten G. somit sukzessive mitgeteilt. Aus der verlesenen E-Mail der Angeklagten G. an den Zeugen … vom 24.03.2017 um 16:46 Uhr mit dem Betreff „Immuntherapie/Zellerneuerungstherapie/Begleittherapie“ ergibt sich, dass die Angeklagte G. zu diesem Zeitpunkt über die nachfolgenden Informationen verfügte, weil sie diese ja gerade dem Zeugen … mitteilte: Bei BG-MUN handle es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel, das inzwischen als Lebensmittel zugelassen sei. Es bestehe aus 125 bioidentischen Proteinen und werde oral unter die Zungenvene gegeben. Es sei nebenwirkungsfrei. Durch die orale Einnahme werde die Leber- und Darmpassage umgangen und der Wirkungsgrad optimiert. Einsatz sei bei allen Krebsarten, Autoimmunerkrankungen und chronischen Entzündungen durch EBV, Borrelien möglich, eben bei jedem, der seine Zellen von innen nach außen erneuern wolle. Bei „Gesunden“, die wenig oder keine Haarpracht haben, habe sich Haarwuchs auf der Kopfhaut wieder eingestellt.
567
Es gibt keine andere Erklärung für die Herkunft der von der Angeklagten G. mit Dritten geteilten Informationen, als dass sie diese zuvor vom Angeklagten B. erhalten hat.
(3) Mitschnitt eines Verkaufsgesprächs der Angeklagten G.
568
Die Kammer hat sich zudem ein eigenes Bild davon gemacht, wie die Angeklagte G. das Mittel BG-MUN an ihre Patientinnen und Patienten vertrieben hat. Zu diesem Zweck hat die Kammer die ungeschnittenen Filmaufnahmen von sternTV, die die Journalistin … heimlich aufgenommen hat, in Augenschein genommen (vgl. Beweismittelordner DVD SternTV Rohmaterial). Auch aus diesen haben sich nochmals die von der Angeklagten G. verbreiteten Informationen ergeben. Diese stimmen mit den Angaben der vorbezeichneten Zeugen und dem Inhalt der Verkaufsmasche des Angeklagten B., wie unter C. III. 3. c) (4) dargestellt, überein. Es steht daher für die Kammer ohne jeden Zweifel fest, dass sich die Angeklagte G. zum Vertrieb von BG-MUN der Informationen des Angeklagten B. bediente, die dieser ihr zuvor gegeben hatte.
569
Außerdem hatte sie, etwa bei den Zeugen …, ausführlich beobachten können, wie der Angeklagte B. das BG-MUN gegenüber potenziellen Kunden anpries. Diese Technik übernahm sie sodann 1:1, wie es durch die Angaben weiterer Zeugen, etwa den Zeugen …, aber auch durch die in Augenschein genommenen Film- und Tonaufnahmen belegt wird.
(a) Feststellungen zu den Aufnahmen
570
Es handelt sich um zwei ca. eineinhalbstündige Aufnahmen aus zwei verschiedenen Perspektiven. Eine Kamera ist augenscheinlich im Brustbereich der Zeugin … angebracht und filmt alles, was sich gegenüber von der … befindet (im Folgenden Kameraperspektive 2 vgl. auch Protokoll v. 22.09.2021). …, von der sich die Kammer auch einen kurzen persönlichen Eindruck gemacht hat, ist auf der zweiten Aufnahme deutlich zu sehen. Die Aufnahmen der zweiten Kamera werden augenscheinlich aus einer Tasche gefertigt (im Folgenden Kameraperspektive 1 vgl. auch Protokoll v. 22.09.2021). Die Tasche wird von einer unbekannten männlichen Person getragen und filmt fast ausschließlich die Zeugin ….
571
Beide Aufnahmen stammen ohne jeden Zweifel vom 10.05.2019. SternTV und …, die sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen hat, haben der Kammer zwar nicht mitgeteilt, wann die Aufnahmen entstanden sind, jedoch konnte die Kammer dies aufgrund des Inhalts der Aufnahmen verifizieren. Die … kauft im Laufe der Aufnahmen eine Packung BG-MUN und bittet um eine Rechnung. Daraufhin verschwindet die Angeklagte G. für einige Minuten und kehrt anschließend mit einer Rechnung zurück, die … dann an sich nimmt. Diese Rechnung, die auf den Decknamen der … „…“ ausgestellt ist, hat die Kammer verlesen (Bl. 261 Fallakte III). Der Deckname der … wurde der Kammer durch den Zeugen … bestätigt. Die Rechnung datiert auf den 10.05.2019 und weist aus, dass die Versandkostenpauschale entfalle, weil die persönliche Abholung „heute“ und damit am 10.05.2019 erfolgt sei.
572
Beide Aufnahmen wurden in der Praxis der Angeklagten G. in der …in … gefertigt. Der Eingangsbereich sowie die Behandlungsräume der Praxis, die in den Aufnahmen zu sehen sind, ist identisch mit den in Augenschein genommenen Lichtbildern Bl. 239, 241 und 253 d.A., auf die Bezug genommen wird.
573
Die nachfolgenden Beschreibungen beschränken sich weitgehend auf die Kameraperspektive 2, da die Kameraperspektive 1 fast ausschließlich die … zeigt. Um Wiederholungen zu vermeiden, werden im Folgenden lediglich relevante Ausschnitte aus dieser Kameraperspektive 1 dargestellt und als solche explizit bezeichnet. Alle anderen Beschreibungen des Bildausschnitts beziehen sich auf die Kameraperspektive 2. Die beiden Kameraaufzeichnungen haben einen identischen Audioinhalt.
574
Die Kammer hat im nachfolgenden die Passagen des dargestellten Gesprächs, die später durch sternTV in die in Augenschein genommenen Fernsehberichte aufgenommen und öffentlich gesendet wurden, durch Fettdruck hervorgehoben, um Wiederholungen zu vermeiden. Eine Wertung ist mit dem Fettdruck nicht verbunden.
575
Zunächst sitzen die … sowie ihr Begleiter im Wartebereich der Praxis der Angeklagten G. Die Kameraperspektive 2 ist auf den Empfangstresen gerichtet. Die … und ihr Begleiter unterhalten sich über Kaufgummi.
576
Dann ist die Stimme der Angeklagten G., die der Kammer bekannt ist, zu hören, die die … sowie ihren Begleiter in den Behandlungsraum bittet. Die beiden betreten den Behandlungsraum durch eine Tür an der Wand links vom Tresen. Die … stellt sich als „Anna“ vor, ihr Begleiter als „Mario“. Die Angeklagte G. nennt ihren vollen Namen … G. Bei der Person handelt es sich ohne jeden Zweifel um die Angeklagte.
577
Die drei Personen unterhalten sich zunächst über die Raumtemperatur. Alle drei setzen sich hin. Im Bildausschnitt ist der Schreibtisch der Angeklagten G. sowie ihre Schuhe, und ihr Oberkörper zu sehen. Der Kopf bzw. Gesichtsbereich ist zunächst nicht zu sehen. Dann bedankt sich die … für den schnellen Termin und betont, wie wichtig das persönliche Gespräch bei solchen Themen sei. Man sei irgendwann so überfordert.
578
Die Angeklagte G. macht sodann Ausführungen darüber, dass die Politik alles derzeit kaputt mache. Es gebe einen „hate“ gegen die Naturheilkunde. Dennoch hätten sie noch nie so viel mit Ärzten zusammengearbeitet. Ärzte kämen sogar zu Schulungen zu ihnen. Sie sagten nun „absichtlich nicht mehr Krebstherapie, sondern immunbiologische Therapie“. Sie hätten so gute Erfolge in der Zusammenarbeit mit den Ärzten. Sodann führt sie aus, dass junge Ärzte heute gar nicht mehr auf ihre Patienten eingingen, sondern alles nach Protokoll machen würden. Deshalb mache sie auch „keine Werbung dafür“. Daraufhin bemerkt die …, dass das Mittel ja auch gar nicht auf der Website der Angeklagten G. stehe. Sie habe davon in einer Gruppe im Internet gelesen. Das habe sie irritiert. Die Angeklagte G. antwortet, sie habe die Praxis nun seit 11 Jahren. Früher habe sie die Sachen aus Spanien gekriegt, da hätten sie viel länger gebraucht, sei aber auch ungefähr auf den Preis gekommen. Durch das BG-MUN Serum hätten sie nun „einen Joker“, das heiße, wenn jemand keine Zeit habe, gerade bei „Gehirntumor“ oder „Bauspeicheldrüsenkrebs“ könne man den Leuten „noch eine Chance geben“. Aber wenn sie nun nach außen preschen würden, sie seien „die großen Heiler“, dann hätten sie ja gar keine Ruhe mehr. Das sei es ihr nicht wert. Die … erwidert, dass deshalb natürlich weniger Menschen darauf kämen. Die Angeklagte G. meint dazu, dass sie so viel zu tun hätten und auch letztes Wochenende gearbeitet hätten. Die Leute seien im Klinikum … mit Schmerzen entlassen worden. Es gebe da eine Mund-zu-Mund-Propaganda. Die Leute riefen an, würden Grüße bestellen von dem und dem und dann könne sie auch nicht sagen, das gehe nicht. Sie wolle nicht in die Presse. Sie arbeiteten seriös und ließen alles schulmedizinisch abgleichen, also „Verlaufskontrollen auch mit dem BG-MUN“. Dann würden die ja sehen, dass es funktioniere. Es gebe ein paar Hinweise, die man beachten müsse. Man dürfe keine Mikrowelle verwenden. Auch Wasserbetten seien „Störfelder“. Das wirke trotzdem, aber es könne passieren, dass man eine zweite oder dritte Packung brauche, weil der Wirkungsgrad reduziert werde. Dafür würden sie für Ärzte und andere Therapeuten Schulungen durchführen. Sie (die …) habe ja alles ausgefüllt. Die … hakt da ein und merkt an, dass sie alles nach bestem Wissen und Gewissen ausgefüllt habe. Es gehe ja nicht um sie, die …, wie die Angeklagte G. wisse. Dies bejaht die Angeklagte G. und führt dann aus, die ersten drei genannten Präparate seien Cytostatika, der Rest seien natürliche Präparate. Dazu müsse „sie“ (augenscheinlich bezogen auf die Person, um die es geht) wissen, dass sie allein vom Curcumin 3 g am Tag brauche. Die … führt sodann aus, sie habe der Angeklagten G. ja schon erzählt, ihre Freundin habe Brustkrebs und mache gerade „eine Chemo“. Diese sei skeptisch mit allem, was nicht schulmedizinisch sei. Es gehe ihr aber nicht gut mit der Chemotherapie. Die Frage sei daher, wenn sie zu dem Ergebnis käme, das Mittel heute mitzunehmen für sie, was solle sie ihrer Freundin raten. Dazu zählt die … Alternativen auf. Solle ihre Freundin die Chemo neben dem Mittel weitermachen, die Chemo gar nicht machen, wie seien da die Wechselwirkungen. Daraufhin erklärt die Angeklagte G., dass sie mit BG-MUN die Chemo besser vertrage. Es könne aber passieren, dass sie, wenn sie die Chemo weiterhin mache, die Chemo besser vertrage, aber die Metastasen trotzdem kämen. Sie begründet dies damit, dass die Chemo zu „99,9 % Metastasen“ setze. Das bekämen „die“ aber nicht gesagt. Die … fragt nach, ob die Chemo also erst Metastasen produziere. Die Angeklagte G. erwidert, ja die produziere die erst. Der Primärtumor werde meistens reduziert, wenn „sie zu den Frauen gehöre, die wo nicht hormongesteuert“ seien. Die Chemo setze aber gleichzeitig den Boden für die Metastasen. Alle ließen sich zu wenig aufklären, anstatt dass sie fragen würden. Es wären halt immer so Schocknachrichten. Wenn man erfahre, man habe einen Knoten, dann sei man erstmal schockiert. Und dann die Untersuchungen, die Gewebeprobe, die würde das ganze erst einmal verteilen.
579
Die … behauptet sodann, sie habe das auch gelesen. Aber man lese ja so viel. Sie sehe aber, wie schlecht es ihrer Freundin mit der Chemo gehe. Die Angeklagte G. rät dazu, ihre Freundin solle sagen, wenn sie nicht mehr könne. Irgendwann gehe es dem Ende zu. Man müsse nicht alles durchstehen. Sie sage immer zu den Frauen, die wirklich schulmedizinisch die Chemo machen wöllten, „achten Sie darauf bitte, ab wann sie keine Kraft mehr haben zum Essen oder aufzustehen“. Das sei spätestens das Signal, zu stoppen. Der Körper brauche eine Pause. Die … fragt sodann: „Würden Sie dann sagen entweder Chemo oder BG-MUN, aber zusammen macht das gar keinen Sinn, oder?“ Die Angeklagte G. antwortet: „Zusammen können Sie schon machen. Haben wir auch gehabt, aber sie reduzieren halt die Wirkung von dem BG-MUN durch die Chemo.“ Sie werde die Chemo besser vertragen, es könne aber passieren, dass der Arzt sage, jetzt vertragen Sie die Chemo so viel besser, dann könne man da mehr reintun. Wenn man also dem Arzt sage, dass man BG-MUN nehme, dann werde er sehen, dass sie plötzlich eine höhere Chemo-Dosis vertrage und die Dosis anpassen. Der männliche Begleiter der … fragt dann, ob es passieren könne, dass der Arzt von der Einnahme von BG-MUN abrate. Darauf erwidert die Angeklagte G., dass das auch sein könne. Die … führt sodann aus, dass die Angeklagte G. das sicher kenne, wenn man davon erzähle, seien viele Leute skeptisch. Ihre Freunde hätten gefragt, was seien das denn für Inhaltsstoffe, wie könne das gegen den Krebs „irgendwie helfen und so weiter.“ Sie bittet die Angeklagte G. um eine Erläuterung der Inhaltsstoffe. Die Angeklagte G. erklärt sodann, dass der Träger Wasser sei, damit man es auch schlucken könne. Auf die Nachfrage der … „also das ist oral?“, antwortet die Angeklagte G. ja, es sei oral. Früher wäre es aber auch einfach gewesen, dass man es spritzen könne. Das sei für beides. Wasser sei der größte Informationsträger. Es sei auch Zucker drin, da dieser alle Stoffwechselprozesse beschleunige. Es sei aber minimal, das mache einem Diabetiker gar nichts. Dann sei die DNA aus einem ungeborenen Rind drin, die homöopathisch aufbereitet worden sei. Es sei aber keine Stammzelle mehr drin. Natürlich seien Proteine und Aminosäuren sowie Vitamine und Spurenelemente als „gelöste Elektrolyte“ drin. Damit hätte man einen Booster. In der Heidelberger Klinik in der Onkologie würden sie mit maximal vier Proteinstrukturen arbeiten. Deshalb bräuchten die so viele Zyklen. Das Produkt enthalte 135 registrierte Proteinstrukturen und über 30.000, von denen man den Namen noch nicht kenne. Vor drei Jahren habe sie das Produkt erstmals im Einsatz gehabt. Sie empfehle nichts, was sie nicht vorher getestet habe. Sie hätten auch einen Fall in der Verwandtschaft gehabt, wo gar nichts weiter gegangen sei. Da hätten sie es auch eingesetzt. Sie habe das Produkt an sich und ihrer Familie, auch an ihren Kindern, getestet, weil sie habe wissen wollen, was bei „Gesunden“ passiere. Dann hätten sie langsam angefangen, es zu empfehlen. Sie hätten bis jetzt „toi toi toi“ – dabei klopft die Angeklagte G. dreimal auf den Tisch – noch keinen verloren, der es so gemacht habe, wie sie es gesagt hätten. Der die Kontrollen so wahrgenommen habe und sich nach allem so gerichtet habe, wie sie es empfohlen hätten.
580
Die … berichtet sodann, sie habe im Freundeskreis Geld zusammengekratzt. Es sei also so, wenn jemand bereit dazu sei und auch daran glaube, dann könne das wirklich helfen bei Krebs. Daraufhin betont die Angeklagte G., wie großzügig das Verhalten der … sei. Sie rate aber dazu, bei ihrer Freundin noch abzuwarten, da diese noch nicht so weit sei. Die … berichtet sodann, dass ihre Freundin sich öffne und informiere. Die Angeklagte G. fragt nach, was die … und ihr Begleiter beruflich machten. Die … behauptet, sie sei im Einzelhandel. Der männliche Begleiter gibt an, er sei Fotograf. Sein Vater sei Yogalehrer. Er sei daher offen und die … sei von ihm missioniert worden. Er sei offen für alles, was helfe oder heile, wobei er das natürlich auch hinterfrage. Die Angeklagte G. erwidert, das sei auch richtig.
581
Die Angeklagte G. fährt fort, dass der Mensch durch Gedanken gesteuert werde. Wenn die Freundin der … einen Mann habe oder Leute, die nicht hinter ihr stünden, dann könne man ihr das BG-MUN zwar geben, es werde auch eine kurzfristige Verbesserung geben, aber das „was die Familie ihr aussendet“, das könne sie wieder einholen. Wenn sie die Liebe und den Rückhalt von der Familie nicht erfahre, sondern Einzelkämpfer sei, dann… Die Angeklagte G. unterbricht ihren Satz und beginnt von einer Patientin mit Speiseröhrenkrebs zu berichten. Diese habe ihr eine schlimme Kritik hinterlassen. Die sei die einzige gewesen, die geschrieben habe, dass es nicht geholfen habe. Der Mann habe bei der auf den Tod gehofft. Es habe bei dieser Frau geholfen nach der ersten Packung habe sie gute Werte gehabt. Die … hakt ein und fragt nach, ob es dann auch auf dem CT sichtbar gewesen sei. Die Angeklagte G. antwortet mit „richtig“. Der Zwischenstand sei mehr als gut gewesen. Das habe keiner glauben können. Die Ärzte, auch die Ärzte in ihrer Familie, hätten das nicht glauben können. Die hätten schon mit ihrem Tod gerechnet und plötzlich blühe die Frau wieder auf, nehme an Gewicht zu, könne wieder alles essen und genieße das Leben.
582
Die … betont daraufhin, dass ihre Freundin einen tollen Freundeskreis habe, der sie unterstützte. Die Angeklagte G. meint daraufhin, sie wolle ihr jetzt nicht irgendwas verkaufen und dann sei es nachher nicht … Das sei nicht ihr Ziel. Die … fasst dann zusammen: „Also Sie sagen, wenn das Umfeld stimmt, dann kann’s auch wirken. Aber das Umfeld ist wichtig.“ Die Angeklagte G. bejaht und weist darauf hin, dass auch Amalgam in den Zähnen ein Grund sein könne, warum sich etwas verbessere, aber nicht so verbessere, wie es sein sollte.
583
Die Angeklagte G. beantwortet die Frage der …, wenn sie es sicherstellen könne, dass ihre Freundin unterstützt werde, dann helfe es, mit ja schon, sie sei es nicht gewohnt, dass die Leute nicht persönlich zu ihr kämen. Ab und zu hätte sie BG-MUN aber auch schon verschickt.
584
Die … und ihr Begleiter legen danach dar, dass sie die Einstellung aller ihrer Freundin nahestehenden Personen, auch ihrer Eltern kennen würden. Dann berichten sie der Angeklagten G., der Onkologe im Krankenhaus habe ihrer Freundin nur Chemo als Weg aufgezeigt. Das präge ja auch. Die Angeklagte G. kommentiert dies mit, es sei der Wahnsinn, was da so abgehe. Der Begleiter der … bekräftigt dies mit, was dort immer schon abgehe und macht dann Ausführungen dazu, dass sein Vater der Meinung sei, jede Krankheit könne man heilen. Viele Krankheiten entstünden durch Stress.
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Die Angeklagte G. gibt daraufhin an, dass es beim „Thema Brustkrebs“ so sei, dass der Betroffene entweder mütterlicherseits oder väterlicherseits die Liebe nicht so empfangen habe oder von den Geschwistern her. Das habe normalerweise einen psychischen Konflikt. Da müsse man andere Denkmuster aufzeigen. Sie macht dann Ausführungen zur Kinesiologie und rät der …, ihrer Freundin auch einen Psychologen zu suchen.
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Die … fragt: „Gibt’s denn bei diesem BG-MUN irgendwelche Unterschiede, wo man sagt, ok, das geht nur bei dem einen Krebs oder das geht nur wenn man Metastasen hat oder keinen oder wie ist das?“ Die Antwort der Angeklagten G. lautet: „Also wir haben jetzt sogar Lymphome damit weggekriegt. Oder wir sind jetzt auch gerade dabei, bei jemandem, der ALS hat. Ja, das sind halt … Da gab’s ja schulmedizinisch gar nichts.“ Die … präzisiert, es sei also egal welcher Krebs, das könne immer helfen, wenn die Rahmenbedingungen stimmten. Die Angeklagte G. sagt: „Ja, genau. Letztendlich ist es der Wille von der Person.“
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Es werden sodann Ausführungen über einen Waldspaziergang gemacht durch den Begleiter der ….
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Die … nimmt dann den Faden wieder auf und fragt nach, ob das BG-MUN auch dann helfe, wenn schon Metastasen da seien. Diese Frage beantwortet die Angeklagte G. wie folgt: „Es ist halt einmal so. Das BG-MUN tut als erstes eigentlich immer die Ursache angehen. Das heißt, das BG-MUN wird, wenn sie Metastasen schon hat, zunächst mal den Primärkrebs also oder wo der Knoten in der Brust war, angehen. Wenn das passt, so haben wir das rausgekriegt auch, wird das die Metastasen angehen. Und dann kann es sein, dass, wenn sie die Chemo jetzt weitermacht und weitergibt, dass ihr eine Packung halt nicht reicht. Weil sie ja immer wieder die Information dem Körper gibt und die Fehlinformationen ja auch produziert werden durch die Chemo.“ Weiter führt sie aus, die Freundin der … solle auf ihr Gefühl achten. Sie habe wirklich auch schon Leute gehabt, da ginge es bis zur Mitte vom dritten Zyklus und, wenn sie dann nicht stoppten, und die seien bei ihnen und sie habe das Gefühl, dass die das nicht schaffen würden, dann beende sie die Behandlung. Sie schaue nicht zu, wie jemand sterbe.
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Die … sagt dann, sie habe auf der Internetseite von BG-MUN geschaut. Sie kenne sich medizinisch und auch mit der Pharmaindustrie nicht aus. Aber wie könne es sein, dass es da so ein Mittel gebe, das wirklich helfe und irgendwie so unbekannt sei. Wie könne es sein, dass sich kein großes Pharmaunternehmen dafür interessiere.
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Die Angeklagte G. macht dazu folgende Ausführungen: „Natürlich, die hätten das gekauft. Die haben auch hohe Summen geboten und die haben schon Leute deswegen beseitigt. Deswegen ist der Hersteller auch nicht mehr in Deutschland. Es wird noch in Deutschland herge…“ Die … unterbricht die Angeklagte G. mit der Frage: „Der Herr B.?“ Die Angeklagte G. antwortet: „Ja, genau. Der ist auf Zypern. Und jetzt wird es nicht mehr lange dauern, dann siedelt er nach Malaysia um.“ Die … kommentiert, dass dies ja krass sei, das glaube man ja gar nicht, was da alles dahinter stecke bei solchen Konzernen. Der Begleiter der … fügt hinzu, dass sei ja schon, er wolle jetzt nicht sagen kriminell, aber sehr profitorientiert. Daraufhin unterhalten sich die Beteiligten darüber, dass gegen die Naturheilkunde und die Homöopathie derzeit eine politisch gewollte Negativkampagne laufe.
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Die … fragt sodann nach: „Und also, weil’s mich einfach nur interessiert, falls Sie das erzählen können, Sie meinten ja, da wurden Leute beseitigt. Oder also die Pharmaindustrie hat mitbekommen, da hat diese Firma diesen Wirkstoff beziehungsweise dieses Mittel entdeckt und, ne?“ Die Angeklagte G. sagt dazu: „Es ist ja so, das ist damals in den 60ern von der äh, äh von Russen in Auftrag gegeben worden unter DDR-Zeiten und die [sic] der Gedanke, länger zu leben, ist schon uralt. Und dann haben die im Forschungsteam nach Stoffen gesucht, was praktisch die Zellfunktion äh lange am Leben hält und haben geschaut, welche Bedingungen braucht eine Zelle …“ Der Begleiter der … wirft an dieser Stelle ein: „Dass sie nicht altert?“ Die Angeklagte G. nimmt diesen Einwurf auf und fährt fort: „Dass sie nicht altert und dass sie gesund bleibt. Und gerade die in der DDR und im Osten, also Russland, Tschechien, äh die haben ja vermehrte Strahlungsbelastung und Urangebiete und solche Geschichten. Also das heißt, die haben schon immer ein anderes Strahlungsaufkommen gehabt als wir hier. Und die ganzen Erze, die die haben, also die sind ja auch nicht ganz ungiftig. Ähm und deswegen haben die so ein Forschungsteam auf die Beine gestellt. Und dann kam die äh die Öffnung und das wurde dann alles unter den Tisch also gekehrt, genau. Und dann hatte einer, der da ziemlich weit schon war und den Kontakt sehr gut gehabt hat, äh der hätte diese ganzen Unterlagen besorgen sollen, weil der hat gewusst, wo die sind und den sind sie halt angegangen.“ Die … meint daraufhin, das fände sie aber schon schade, wenn es da so ein Mittel gebe, das den Menschen helfe, dass man da nicht mal öffentlich drüber schreiben könne. Die Angeklagte G. äußert dazu: „Um Gottes willen die heutige Presse ist ja noch schlimmer als alles andere. Die Pharma, also die Konzerne haben untereinander Abmachungen gemacht, wer wen kauft. Spiegel gehört dazu, Süddeutsche gehört dazu, Fokus gehört dazu, also sämtliche große Zeitschriften haben die anteilig gekauft. Also ich weiß das halt, weil ich auch Freunde beim Sender habe.“ Sie macht dann weitere Ausführungen zur „Hetze“ der Presse gegen die Naturheilkunde. Die … meint dann: „Ich meine das ist ja auch krass für diesen Hersteller von der …, dass der da am Ende irgendwie sich absetzen muss.“ Die Angeklagte G. antwortet: „Ja, der also, seine Familie lebt ja noch hier und …“ Der Begleiter der … wirft ein: „Aber der hat Angst um Leib und Leben?“ Die Angeklagte G. fährt fort mit: „Genau. Der ist deswegen im Ausland immer wieder. Der ist immer kurze Zeit hier und dann ist er wieder weg. Die Familie, die fliegen halt immer alle hin und her.“
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Die … bittet dann darum das BG-MUN mal sehen zu dürfen. Dabei beugt sie sich augenscheinlich vor, denn es ist nur noch der Schreibtisch der Angeklagten G. zu sehen. Es sind Schritte zu hören. In der Kameraperspektive 1 ist zu sehen, dass die … ihrem Begleiter ein Handzeichen gibt. Sie setzt den Finger an die Lippen und grinst dann. Die Angeklagte G. ist leiser zu hören. Sie sagt: „Also es ist ja auch so, wir setzen das auch bei Kindern ganz viel ein. Weil da ist der Leidensweg auch richtig heftig.“ Die … fragt: „Bei Kindern mit Krebserkrankungen?“ Die Angeklagte G. macht ein zustimmendes Geräusch. Die … setzt sich wieder aufrechter hin. Es ist zu sehen, wie sich die Angeklagte G. wieder hinsetzt. Die Tasche mit der Kameraperspektive 1 wird etwas nach links gedreht. Auch auf diesen Aufnahmen ist jetzt die Angeklagte G. zu sehen, wie sie am Schreibtisch sitzt. Die nachfolgenden Beschreibungen sind auf beiden Kameraperspektiven identisch zu sehen, wobei die Kameraperspektive 1 seitlich filmt. Die Angeklagte G. hält eine kleine, weiße Pappschachtel mit beiden Händen. Sie stellt die Schachtel mittig auf den Schreibtisch und klappt sie nach hinten auf. Dazu sagt sie: „So sieht das aus.“ Die aufgeklappte Schachtel ist zu sehen. Auf Kameraperspektive 1 ist zusätzlich zu sehen, wie die Angeklagte G. ein gefaltetes Papier entnimmt. Der Schachtelinhalt ist mit einem blauen Gegenstand abgedeckt. Die Angeklagte G. hält das zusammengefaltete Stück Papier in der Hand. Sie sagt: „Das soll gekühlt bleiben.“ Sie faltet sie das Papier auseinander, denn sie legt nun ein DIN4 großes Papier im Querformat vor die …. Das Papier ist bedruckt. Mittig im oberen Bereich des Papiers ist ein blaues Quadrat abgedruckt, in dem sich ein rosafarbenes Quadrat erkennen lässt. Es kann jedoch nicht genau gesagt werden, was die Abbildung zeigt. Die Angeklagte G. zeigt auf die linke und dann auf die rechte Seite des Papiers und sagt dazu: „Das ist jetzt in Englisch und auf Deutsch.“ Sie legt rechts neben die Schachtel ein blaues Gelkühlpad und kommentiert dies mit: „Das sind die Kühlpads und so schaut das aus.“ Auf Nachfrage der … nimmt sich diese einen Gegenstand. Auf der Kameraperspektive 2 ist nicht zu sehen, was in der Schachtel ist bzw. was sie der … in der Hand gibt, weil diese sich augenscheinlich erneut vorbeugt. Auf Kameraperspektive 1 ist zu sehen, dass die … eine kleine Ampulle in die Hand nimmt. In der durchsichtigen Ampulle befindet sich eine rosa Flüssigkeit. Die Schachtel ist gefüllt mit kleinen Ampullen aus durchsichtigem Material mit einem silbernen Verschluss. Der Inhalt dieser Ampullen kann nicht eingesehen werden. Die Angeklagte G. äußert sodann: „Da sind 3 ml drin und die Farbe ist deswegen lila, weil wenn jetzt jemand diesen Propf hier abmachen würde… Gell, das ist hier perforiert, dann wird Aluminiumteil nach oben geschoben und dann ist innen ein Gummipropf und der dichtet halt ab. Der ist luftdicht. Das heißt, man hat eine Nadel, mit der geht man dann rein … Wo haben wir denn jetzt so eine Nadel?“
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Gleichzeitig hält die … ihre Hände vor die Kameraperspektive 2. Sie hält eine kleine ca. 3 cm große Ampulle in der Hand. Die Ampulle ist beschriftet. Die Ampulle ist zu ca. 1/3 mit einer Flüssigkeit von kräftig pinker Färbung gefüllt. Auf dem Ampullenhals befindet sich ein silberfarbener Deckel. Im Hintergrund ist nun auch aus dieser Perspektive zu sehen, dass in der Pappschachtel ebenfalls Ampullen sind. Vier davon hat die Angeklagte G. augenscheinlich aufgestellt. Die Ampullen sehen identisch aus. Die Angeklagte G. hat während ihrer Erklärung auf beiden Perspektiven ihre rechte Hand an der Verschlusskappe an der Ampulle, die in der Schachtel ganz links zu sehen ist. Die … stellt die Ampulle zurück auf den Schreibtisch. Als die Angeklagte G. erstmals die Nadel erwähnt, dreht sie sich nach links und greift in einen Bereich, der im Bildausschnitt nicht zu sehen ist. Die Kameraperspektive 1 wird nach rechts gedreht, so dass wieder ausschließlich der Oberkörper und der Kinnbereich der … und ca. 50 cm des Schreibtischs vor ihr zu sehen sind. Die von der … abgestellte Ampulle ist noch zu sehen. Von der Schachtel jedoch nur noch eine der Ecken.
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Die Angeklagte G. dreht sich nach rechts, steht schließlich auf und verlässt den sichtbaren Bildausschnitt der Kameraperspektive 2. Auf Kameraperspektive 1 ist zu sehen, dass sie den rechten der an der Wand befindlichen Holzschrank öffnet und darin herumsucht. Es ist nicht zu sehen, ob bzw., was sie aus dem Schrank mitbringt. Einige Sekunden später kehrt sie zurück und setzt sich wieder auf ihren Drehstuhl. Sie führt sodann weiter aus: „Also man hat jetzt eine lange und dann sticht man da so durch, zieht dann die Dosis hier raus. Also in der Regel sind’s, wenn jemand Chemo hat, sollte derjenige begleitend sowieso 1,5 spritzen. Wenn’s jemand ohne Chemo macht, dann langt 1.“ Während sie diese Erklärung abgibt, ist auf beiden Kameraperspektiven zu sehen, dass sie einen grünen Spritzenbehälter in der Hand hält. Auf den Spritzenbehälter ist eine Nadel aufgesteckt, die mit einem Plastikschutz abgedeckt ist. Sie setzt die Spritze auf den Ampullendeckel, der von der … abgestellten Ampulle und zieht den Spritzenkolben nach oben. Dann hebt sie die Spritze ab. Ihre Hände, mitsamt der Spritze, sind nicht mehr, weder im Bildausschnitt 1 noch im Bildausschnitt 2, zu sehen. Auf Nachfrage der … sagt sie weiter: „Da sind 3 drin, und es sind aber immer die 40 Tage. Weil 1,5 jeden zweiten Tag. Begleitend zur Chemo.“ Die … fragt, wie es dann sei, wenn man es ohne Chemo mache. Die Angeklagte G. antwortet: „Dann könnte man, also auch in dem Moment, wo jemand Chemo gehabt hat, braucht er sowieso die ersten drei Ampullen mit 1,5. Und dann tut man die lange Nadel weg und steckt die kurze drauf. Und die hat bissl… 12 mm. Und man geht ungefähr bis zur Hälfte rein. Entweder in die Bauchdecke oder, weil es ja jetzt nur noch ein funktionelles Lebensmittel ist …“ Hier unterbricht die … und fragt nach: „Was heißt nur noch ein funktionelles?“ Die Angeklagte G. erklärt: „Die haben das als Arzneimittel zurückgenommen, damit die Pharma nicht weiterhin äh Verfolgungen macht.“ Dabei lacht sie kurz auf. Die … fragt dazu: „Ach das war mal ein Arzneimittel?“ Die Angeklagte G. antwortet: „Ja, das hat die Kasse sogar gezahlt früher. Das wurde früher von der Kasse bezahlt und dann haben die in den Kliniken, in der Charité und überall so viel Erfolge gehabt, dass die die Chemo nicht mehr gebraucht haben und die Bestrahlung. Operationen auch nicht mehr. Weil das hat ja durch die Zusammensetzung, also wenn man das überspitzt, verbrennt das die Zelle, die nicht, die sich nicht regenerieren kann. Und deswegen steigt auch die Körpertemperatur um 0,5 Grad Celsius. Das ist dann wie so eine Art Fieber, was innerlich erzeugt wird, und zwar für die Zelle, die sich nicht mehr regenerieren kann. Die wird verbrannt. Und die anderen Zellen, die können, kommen wieder in ihre ursprüngliche Zellfunktion zurück und können genau wieder die Zellfunktion aufnehmen.“ Die … fragt dazu: „Also tötet das am Ende diese Tumorzellen ab?“ Die Antwort der Angeklagten G. lautet: „Es verbrennt sie.“ Die … kommentiert dies mit, das sei krass, es sei auch krass, dass das früher mal ein Arzneimittel gewesen sei. Sie fragt, ob das hieße, dass man es nun über den Mund nehmen müsse. Die Angeklagte G. rät zu Folgendem: „Also jetzt ist die Empfehlung oral. Ähm, wenn und da müsste sie es halt dann sieben Mal am Tag 2 also 0,2 ml nehmen, damit sie dann auf die 1,5 ungefähr kommt.“ Die … hakt nach, ob die Wirkung unabhängig von der Einnahmeart gleich sei. Darauf antwortet die Angeklagte G.: „Nabel bis Mitte dann zwei rüber und zwei runter, da ist das Bauchfett normalerweise am besten. Und im Bauchfett sind ja auch die Hormone. Da injizieren und dann hat man es einmal am Tag und weg. Aber wir dürfen es offiziell nicht mehr so empfehlen, weil es ein funktionelles Lebensmittel ist.“ Die … fragt: „Aber oral würd’s auch funktionieren?“ Darauf antwortet die Angeklagte G.: „Oral würde es auch funktionieren. Ist halt umständlicher, weil man des alle zwei Stunden in den Mund geben muss. Weil wenn sie es nicht eineinhalb bis zwei Minuten drin lässt, dann kann’s sein, dass sie es zu früh schluckt und dann wird von der Magensäure die Proteine kaputt gemacht. Das wäre schade, denn dafür ist es zu teuer.“ Die … betont daraufhin, dass sie das Produkt vorher schon gut fand und nun immer noch gut fände. Das Umfeld bei ihrer Freundin würde auch passen. Wenn das nicht der Fall sei, so habe sie es jetzt verstanden, dann sei es ja „für den Arsch“. Die Angeklagte G. äußert daraufhin: „Das ist echt so, es hilft ihr dann zwar im ersten Moment, aber sie braucht dann so viel Kraft, um gegen die Familie anzukommen, die sie sowieso nicht hat, die Kraft, und die bräuchte sie ja für die Therapie. Also das ist der Hintergrund.“ Die Kameraperspektive 1 wird abermals leicht nach rechts verschoben. Die Ampulle ist nicht mehr im Bildausschnitt zu sehen.
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Es folgen Ausführungen dazu, dass die Freundin der … auch mal zum Vater des Begleiters der … gehen solle, wenn dieser Yogalehrer sei. Die Beteiligten unterhalten sich dann darüber, dass es überall übernatürliche Kräfte gebe. Die Angeklagte G. rät zur Ansicht von Naturbildern, gute Musik zu hören oder zu tanzen, um Kraft zu tanken. Außerdem solle die Freundin Nahrungsergänzungsmittel nehmen, da die Chemo den Körper so viel Energie koste. Die Werte sausten alle nach unten. Sonst bekäme sie nachher noch mit der Leber und den Knochen zu tun.
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Die … fasst danach das Gespräch wie folgt zusammen: „Also ich nehme jetzt von dem Gespräch mit, dass das das ihren Krebs besiegen kann, aber dass es wichtig ist, dass das Umfeld mitmacht.“ Zugleich beendet die Angeklagte G. den Satz der … mit: „Dahintersteht.“ Sie fährt dann fort mit: „Ja, weil sonst, auch wenn sie ihr was Gutes tun wollen, äh haben sie dann so viele Auseinandersetzungen mit dem Umfeld und dann macht das Schenken keine Freude mehr.“ Die … wirft ein: „Ja, dann hilft es ja auch nix.“ Die Angeklagte G. fährt fort: „Ja, weil es einfach nicht den Erfolg… da ärgert man sich dann, weil es einfach nicht den Erfolg bringen könnte, wie es eigentlich sein könnte.“
597
Sodann macht die Angeklagte G. Ausführungen über die Schädlichkeit von Rauchen und den Zusammenhang mit negativen Folgen der Chemotherapie. Diese produziere Metastasen und das ginge dann nur noch viel schneller. Die Freundin rauche, habe Amalgam drinnen und eine Mikrowelle, das sei zu viel. Die … und ihr Begleiter verkünden, dass sie das BG-MUN mitnehmen wollen. Die Angeklagte G. bietet dann an, sie könnten das alles auch erst wirken lassen und sich nochmals besprechen und dann nochmals wiederkommen. Sie gibt Tipps zu Cafés in der Nähe. Das Angebot nehmen die … und ihr Begleiter an. Die Angeklagte G. sagt, sie sei noch bis halb sechs oder sechs da. Die … und ihr Begleiter stehen auf. Die Angeklagte G. hat das Päckchen BG-MUN zwischenzeitlich wieder zusammengepackt. Die … betont, dass sie auf jeden Fall in einer halben Stunde wiederkämen. Die Angeklagte G. solle nicht denken, dass sie jetzt einfach nicht mehr kommen würden. Darauf erwidert die Angeklagte G., nein das habe sie nicht angenommen. Sie habe zwischenzeitlich eine gute Menschenkenntnis erworben. Früher sei sie im Vertrieb gewesen und habe Verhandlungen und JointVenture ausgearbeitet. Das habe immer gepasst. Sie habe auch mit Asiaten zu tun gehabt. Die hätten dann auch immer nach ihr verlangt. In diesem Zusammenhang sagt die … zu ihrem Begleiter: „Habe ich dir übrigens erzählt, dass Frau G. sogar einen Professorentitel hat? Ganz selten, eigentlich.“ Die Angeklagte G. sitzt nach wie vor am Schreibtisch. Das Gespräch wird augenscheinlich gestört. Die … dreht sich nach rechts und die Kameraperspektive 2 filmt kurzzeitig den dort befindlichen Schrank. Auf Kameraperspektive 1 ist zu sehen, dass eine Person den Raum betritt. Die Angeklagte G. stellt ihre Tochter vor. Die Tochter der Angeklagten G. ist auf Kameraperspektive 2 ganz rechts im Bild etwa zur Hälfte zu sehen. Die Angeklagte G. erzählt, ihre Tochter habe die schulmedizinische Ausbildung hinter sich. Da diese aber als Ärztin mit ihr nicht arbeiten dürfe, habe sie den Heilpraktiker gemacht. Die … fragt dann: „Aber auch den Titel, oder?“ Die Angeklagte G. antwortet: „Ja, genau.“ Der Begleiter der … fragt nach: „Aber du hast noch keinen Professor? Da musst du noch dran arbeiten.“ Darauf lacht die Angeklagte G. und sagt: „Den hat sie, weil sie …“ Der Rest der Aussage ist nicht zu verstehen. Die Tochter der Angeklagten G., die zwischenzeitlich vollständig im Bild zu sehen ist, erklärt, sie habe keinen Doktortitel. Da habe sie ein rechtliches Problem gehabt, weil sie die Fakultät hätte dazuschreiben müssen. Dann hätte man meinen können, sie arbeite als Ärztin, obwohl sie als Heilpraktikerin arbeite, weil das alles mit dem Dr. med. dann verwirrend sei. Daraufhin fragt die …: „Aber wie, also sie haben den nicht bekommen, weil sie habilitiert haben mit ner Arbeit oder wie so einen Ehrenprof. oder wie?“ Die Angeklagte G. gibt an: „Den kriegt man also ehrenweise verliehen, gell. Weil wir …“ Der Begleiter der … fügt hinzu: „Wollte ich gerade sagen. Entweder verliehen oder jemand schlägt dich vor.“ Die Angeklagte G. antwortet mit: „Genau, und des ist gemacht worden, weil wir gute Arbeit geleistet haben. Das ist echt so. Wir haben also so, (die Angeklagte G. klopft mit den Fingerknöcheln auf den Tisch) ich sag ja, lieber lass ich die Finger weg, bevor ich merk, es passt was nicht. Mach ich nicht. Dann sag ich lieber na, da sind meine Grenzen, soweit können wir gehen und weiter gehen wird nicht. Da sind wir nicht mehr in dem Bereich drin.“ Die … sagt daraufhin: „Aber ich wusste gar… Also kann mir das auch jemand verleihen, oder wie funktioniert das? Wer kann das denn verleihen?“ Ihr Begleiter fügt an: „Wenn du dich irgendwo…“ Die … sagt: „Ne Uni.“ Ihr Begleiter sagt: „Ja, ich muss gerade überlegen. Wenn du dich irgendwo…“ Die … fügt an: „Das war doch die … oder welche war das bei Ihnen?“ Dazu sagt die Angeklagte G.: „Also wir waren oder ich war damals an der … Universität in …. Da hatte ich den die Schmerzausbildung gemacht. Und hier das ging über eine Vereinigung, die Krebshilfe leistet und da wurden wir vorgeschlagen. Ich schon vor zwei Jahren und sie voriges Jahr.“ Dabei macht die Angeklagte G. eine Handbewegung in Richtung ihrer nach wie vor neben ihr stehenden Tochter. Die … und ihr Begleiter verabschieden sich und verlassen die Praxis der Angeklagten G. durch die Vordertür. Nachdem sie auf die Straße getreten sind, kommt es bei beiden Kameraperspektiven zu einem Kameraschnitt.
598
Bei der nächsten Aufnahme sitzt die … mit ihrem Begleiter wieder im Wartebereich in der Praxis der Angeklagten G. Der Bildausschnitt zeigt den Empfangstresen, hinter dem eine ältere Dame steht. Der Begleiter der … erzählt, er sei Fotograph. Ein Mann verlässt das Behandlungszimmer links vom Tresen und begibt sich dorthin. Zeitgleich tritt die Angeklagte G. aus dem Zimmer und ruft die … und ihren Begleiter auf. Beide betreten nun ein anderes Behandlungszimmer als zuvor und setzen sich wieder gegenüber von der Angeklagten G. hin. Die Kameraperspektive 1 befindet sich auf dem zwischen den Personen befindlichen Schreibtisch. Zu sehen ist der Oberkörper und Kinnbereich der …, der Schreibtisch sowie im Hintergrund ein augenscheinlich medizinisches Gerät. Sie unterhalten sich sodann über das „SwingMed-Gerät“ der Angeklagten G., das in diesem Zimmer steht. Dieses eigne sich zur Behandlung von Bandscheibenvorfällen. Die Angeklagte G. überreicht eine Broschüre dazu und berichtet, wie gut es ihrem Rücken getan habe. Es ist zu sehen, dass die Angeklagte G. aufsteht und den Bildausschnitt nach rechts verlässt. Sie beschreibt sodann die nähere Funktionsweise des Geräts und dessen Wirkung auf die Bandscheiben. Auf Kameraperspektive 1 ist zu sehen, wie die Angeklagte G. das „SwingMed-Gerät“ präsentiert. Dann setzt sie sich wieder vor die …. Der Bildausschnitt zeigt fast ausschließlich den Schreibtisch sowie die Füße der Angeklagten G. Sie fährt weiter fort, zu erklären, wie das Gerät funktioniert. Die … beschreibt dann, sie habe mit ihrer Freundin telefoniert und ihr alles erklärt. Sie wolle das machen und sei positiv eingestellt. Sie wolle es gerne mitnehmen. Die Angeklagte G. erklärt, ja dann sei das etwas anderes und lacht. Dann fragt sie, auf wen sie die Rechnung ausstellen solle. Daraufhin sagt die …: „Auf mich.“ Die Angeklagte G. bittet sie, ihre Adresse aufzuschreiben und reicht ihr einen Notizblock. Sie erklärt, sie gebe ihnen einen Kühlbeutel und eine Quittung mit. Die Originalrechnung bekomme sie dann per Post. Daraufhin bittet die … darum, die Rechnung direkt mitnehmen zu können. Die Angeklagte G. sagt, das sei kein Problem. Da stehe auch immer drauf, dass sie die Aufklärung gemacht habe. Die habe sie ja auch gemacht. Es müsse im Kühlschrank gelagert werden. Sie bekomme dann auch noch das Spritzenset mit. Das sei auch für die Dosierung. Wenn die Freundin Chemo bekomme, würde sie 1,5 empfehlen. Ohne Chemo 3 Tage aufeinander wie in der Beschreibung 1 ml. Die … fragt nach: „Aber die Wirksamkeit ist besser ohne Chemo?“ Die Angeklagte G. antwortet: „Ja, klar. Weil die meisten mit Chemo brauchen machen [sic], brauchen alle eine zweite.“ Der Begleiter fragt explizit: „Also lieber weglassen die Chemo?“ Darauf erwidert die Angeklagte G.: „Ich darf’s ja so nicht sagen. Das merkt sie ja selber, was das mit dem Körper macht, die Chemo. Die Chemo die wenigsten halten das lang durch. Und die, die wo über’s Maß drüber gehen, die erreichen keine fünf Jahre Überlebensgrenze. Und wir sagen halt, wir schauen halt, dass die, die wo die Chemo gemacht haben, denen empfehlen wir auch später einmal im Jahr so ne Kur zu machen, damit einfach keine Metastasen mehr kommen bis diese fünf Jahre rum sind. Die haben dann eine gute Überlebenschance. Aber das andere macht halt sehr viel kaputt. Das zerstört halt. Und wenn die dann noch Bestrahlung kriegen, dann fangen später die Knochen an. Oder je nachdem wo sie halt die Bestrahlung hinkriegen.“ Im Folgenden wird über die Bezahlung gesprochen. Die … kündigt an, sie habe das Geld in bar dabei. Die Angeklagte G. will zuerst die Rechnung ausstellen.
599
Es ist zu sehen, wie die Angeklagte G. auf einem Zettel einen weiteren Tipp für die Freundin der … notiert, und zwar THC-freies Cannabis-Öl. Darüber macht sie im Folgenden einige Ausführungen. Außerdem erteilt sie weitere Hinweise auf etwaige Vitamine. Im Folgenden steht sie auf. Auf Kameraperspektive 1 ist zu sehen, wie sie den Raum verlässt, wobei sie die Tür offenlässt. Die … und ihr Begleiter unterhalten sich darüber, dass der Kauf auf jeden Fall sein Geld wert sei. Auf Kameraperspektive 1 ist zu sehen, dass die … lautlos lacht.
600
Der Begleiter findet das SwingMed-Gerät interessant. Die … flüstert ihm zu, dass er nach Mittwoch wohl nicht mehr hierherkommen könne. Sie unterhalten sich weiter über das SwingMed-Gerät. Die … kommentiert, dass das Bild perfekt sei und überprüft den Sitz der an ihr angebrachten Kamera. Auf Kameraperspektive 2 ist zu sehen, wie sie ihre schwarze Bluse anhebt. Die Technik der Kamera ist knapp oberhalb des Bundes ihrer High-Waist-Jeans zu erkennen. Die … und ihr Begleiter machen eine Daumenhoch-Geste in die Kameraperspektive 1 und lachen lautlos. Die beiden nehmen den Flyer zum SwingMed-Gerät in Augenschein, der auch im Bild zu sehen ist und unterhalten sich weiter über die möglichen Wirkungen des Geräts. Dann überlegen sie, wo die Angeklagte G. jetzt wohl sei und ob sie gerade die Rechnung mache. Die … meint, sie wolle keine solche Quittung und auch nicht tagelang vor der Straße stehen und auf den Postboten warten. Sie merkt an, sie wolle das ganze hinter sich haben. Dann schaut sie in ihre Handtasche und holt ihr Mobiltelefon hervor. Danach macht sie private Ausführungen zu Vorhaben am Wochenende. Sie schweigen mehrere Minuten. Danach flüstern sie sich Inhalte des vorherigen Gesprächs mit der Angeklagten G. zu, die teilweise nicht zu verstehen sind. Die … sagt leise zu ihrem Begleiter, dass dieser ja nicht die Geschichte aus der anderen Perspektive kenne von dieser Frau. Die habe sich ja mit der Angeklagten G. und auch mit dem Hersteller getroffen. Es gebe da einen Lockvogel, der habe die zu einer Party eingeladen. Der habe auf Facebook nach Betroffenen gesucht und diese zu dieser Party eingeladen. Dort hätten „sie“ und der Hersteller im Gartenhäuschen nebenan gesessen und dann sei einer nach dem anderen von den potentiellen Käufern dort hingebracht worden. Dort sei der dann erzählt worden, „du musst die Chemo abbrechen, das wird dich heilen“. Dann sei die nach Hause gefahren, habe ihrer Familie erzählt, sie breche die Chemo ab, nehme das Mittel und vertraue diesen Menschen. Sie (die …) meine, sie (dabei zeigt sie in Richtung des leeren Stuhls der Angeklagten G.), sage das ja jetzt auch. Der Rest des Satzes ist unverständlich. Dann kommentiert sie dies mit, das sei ja auch ein geiler Ton. Das sei einfach fahrlässig. Für so einen Schrott. Der Begleiter der … erwidert, sehr viel mehr gebe es hier auch nicht und etwas, das nicht verstanden werden kann. Danach richtet die … erneut die Kamera. Diese ist nun direkt auf den Stuhl der Angeklagten G. gerichtet. Auf Kameraperspektive 1 ist zu sehen, wie sie dafür auf Höhe ihrer Brust rumtippt. Die beiden unterhalten sich, es kann aber nicht verstanden werden worüber. Erneut schweigen beide für einige Minuten. Dann sagt die …, krass sei, dass Heilpraktiker kein geschützter Begriff sei. Jeder könne das machen. Das sei unfassbar. Das müsse man sich mal überlegen. Es mute ja auch an, als sei das jemand, der irgendwie Ahnung habe wie ein Arzt. Das könne nicht sein. Da müsse sich die Gesetzeslage ändern. Sie könne jetzt auch einfach eine Praxis aufmachen. Das müsse man vor sich selbst verantworten können. Dazu wirft ihr Begleiter ein, dass es auch gute Sachen gebe. So gebe es viele gute Sachen, die er der Allgemeinmedizin vorziehe. Nach knapp 12 Minuten Abwesenheit kehrt die Angeklagte G. ins Bild zurück. Sie legt eine kleine weiße Schachtel auf den Tisch und hat augenscheinlich weitere Gegenstände mitgebracht, die sie ebenfalls auf den Tisch stellt. Auf Kameraperspektive 1 ist zu sehen, dass es sich um zwei Schachteln handelt, eine etwas Kleinere mit einem orangenen Streifen und eine etwas größere mit einem blauen Streifen. Dann fragt die Angeklagte G., ob die … eine enge Verbindung zu ihrer Freundin habe, weil dann könne sie an ihr durchtesten, was diese so brauche. Sie setzt sich wieder auf den Drehstuhl gegenüber von der …. Dann fordert sie die … auf, beide Beine auf den Boden zu stellen, ihre Uhr abzulegen und an die Freundin zu denken. Auf dem Kameraausschnitt der … ist nun im oberen Bildrand ein Schatten zu sehen. Im Kameraausschnitt des Begleiters ist zu erkennen, wie die Angeklagte mit einem beweglichen Stab mit einer Kugel vor der … auf und ab wippt. Die Angeklagte G. erklärt dazu, dass weil die … das Einverständnis ihrer Freundin habe, sie nun über sie testen könne. Man müsse immer den Respekt akzeptieren. Dann schiebt sie eine Flasche vor die … und äußert, das habe sie sich gedacht. Sie stellt die Flasche zur Seite. Dann sagt sie, sie schreibe nun mit auf, was Sinn mache. Sie beginnt Notizen zu machen und hält dabei eine weitere Flasche in der Hand. Sie gebe ihr nun eine Info mit und da könne sie dann bestellen und es gebe auch einen Praxisrabatt. Auf Nachfrage gibt sie an, es handle sich um ein flüssiges Silicium. Das Beste, das es derzeit gebe mit der „Bioverfügbarkeit“. Hiervon müsse man keine 70 ml nehmen, sondern nur 5 ml. Die Leute seien voll begeistert. Sie macht weitere Ausführungen zu dem Produkt und zur Bestellweise des Produkts. Die … gibt an, sie habe 6.000,00 € dabei und könne es ggf. auch direkt mitnehmen für ihre Freundin. Die Angeklagte G. äußert dann, sie gebe ihr direkt Vitamin D mit. Sie stellt eine kleine Flasche vor der … auf den Tisch (Kameraperspektive 1). Die Angeklagte G. gibt weitere Hinweise, was noch sinnvoll sein könnte. Sie habe da einmal ein Paket zusammengestellt, das bei ihr ca. 250,00 € koste, aber einen Warenwert von 300,00 € bis 400,00 € habe. Die … nimmt dabei hin und wieder die zuvor abgestellte Flasche in die Hand und schaut sie sich an (Kameraperspektive 1). Sie fragt dann nach, ob dieses BG-MUN Vitamin D3 das BG-MUN unterstütze oder auch helfe. Die Angeklagte G. antwortet, das Vitamin D sei ganz wichtig für sämtliche Schleimhäute. Ursprünglich hätten sie es wie ein Vitamin genommen, aber dann gemerkt es wirke wie ein Hormon und repariere sämtliche Schleimhäute. Die Chemo würde ja alles an Haut im Körper zerstören. Alles, was man den Patienten flüssig gebe, könnten diese besser verstoffwechseln. Sie empfehle auch Cannabis. Das sei 2018 oder 2017 die Heilpflanze gewesen. Sie hätten das THC-freie. Man werde also nicht high davon. Die Angeklagte G. gibt Anweisungen zur Einnahme. Sie verlässt den Raum, kehrt zurück und übergibt der … mehrere Proben. Außerdem erteilt sie Tipps zum Essen bei Brustkrebs. In diesem Zusammenhang rät sie vom Konsum von Kuhmilchprodukten bei Brustkrebs ab. Dann übergibt sie eine Liste mit weiteren Nahrungsergänzungsmitteln an die … Sie kündigt an, sie habe die Rechnung nun vorbereitet. Die Angeklagte G. reicht der … die Rechnung und bittet sie die Daten zu überprüfen. Die … bestätigt die Daten und nimmt ihre Handtasche auf den Schoß. Dann entnimmt sie ihrer Tasche einen Briefumschlag und legt drei Bündel mit Geldscheinen auf den Tisch. Die Angeklagte G. beginnt das Geld zu zählen. Rechts neben der Angeklagten G. stehen drei Kartons. Einer davon hat einen orangefarbenen Streifen, auf diesem ist eine kürzere Spritzennadeln abgebildet. Ganz rechts steht ein Karton mit einem blauen Streifen. Auf diesem ist eine längere Spritzennadel abgebildet. Die … schaut erneut auf die Rechnung. Diese ist erstmals fast vollständig im Bild zu sehen. Die Angeklagte G. unterhält sich mit dem Begleiter der … über seine Rückenprobleme, wobei sich die … sporadisch an dem Gespräch beteiligt. Die … faltet die Rechnung einmal in der Mitte und legt sie auf den Tisch. Währenddessen zählt die Angeklagte G. nach wie vor das Bargeld. Dann sagt sie: „Jawohl“ Sie beginnt das Bargeld zu einem Stapel zusammenzulegen. Die … beugt sich vor, sodass nur noch die Füße der Angeklagten G. zu sehen sind. Die Angeklagte G. berichtet, sie habe voriges Jahr im Januar zweimal in Dortmund Kurse gehabt. Dort sei ja Polizei an jeder Ecke und sie sei sich vorgekommen wie im Wilden Westen. Die Angeklagte G. berichtet von den bayerischen Seen und Schlössern und zählt augenscheinlich nach wie vor das Bargeld. Die … fragt, wieso das Mittel eigentlich so teuer sei, ob es an einer besonderen Zubereitung oder Wirkstoffen liege. Die Angeklagte G. gibt dazu an: „Die brauchen praktisch immer wieder nach einer gewissen Zeit müssen die es ja neu zulassen. Und die Zulassungsstellen äh sind halt und wir haben in Deutschland halt nicht diesen großen Vertrieb wie im Ausland.“ Die … fasst zusammen, es sei also wegen der ganzen „Orgakosten“ so teuer, um diese zu finanzieren. Die Angeklagte G. nickt leicht mit dem Kopf und sagt: „Ja. Wobei, sie im Vergleich, die müssen ja für die Chemo genauso einen Teil zahlen, gell. Also die Leute, die jetzt bei uns da waren und die Chemo gehabt haben, die mussten alle einen Eigenanteil zahlen. Die haben dann alle gesagt, also …“ Dabei schüttelt die Angeklagte G. den Kopf. Die … stimmt zu. Die Angeklagte G. fährt fort: „Wir haben jetzt auch Leute gehabt, die haben das für’s Pferd und für den Hund genommen, weil der Hund, der hat die Chemo gekriegt und nach der dritten Serie im Hund muss es dem so schlecht gegangen sein.
601
Da hat die Frau angerufen, sie braucht sofort was, ob sie das für’s Tier auch hernehmen kann. Der hüpft wieder quietschfidel rum.“ Die … fragt die Angeklagte G., was so der größte Erfolg gewesen sei, ob es eine Geschichte gebe, die der Angeklagten G. im Gedächtnis geblieben sei. Die Angeklagte G. antwortet: „Bei meiner Freundin. Das war, die war, also. Einer Freundin von mir, der ging es richtig schlecht und keiner konnte ihr helfen und die hat sich lang gar nicht geoutet. Ich habe bloß immer gemerkt, ihr geht es nicht gut und dass das keiner in den Griff kriegt und die war halt vorher auch gar nicht für das Naturheilverfahren so offen und dann ist sie halt alle Achtern immer umgefallen.“ Die … fragt nach der Erkrankung dieser Person. Die Angeklagte G. fährt fort: „Ähm Hashimoto, Eppstein-Barr hatte die voran. Dann Hashimoto, Borrelien und ähm Rheuma.“ Die … fragt, das helfe also auch bei anderen Sachen, nicht nur Krebs. Die Angeklagte G. antwortet: „Da hätte sich ja dann was entwickelt, gell, weil der Eppstein-Barr gehört zu den onkologischen Viren, wie der Zosta auch, wie der Herpes. Also aus denen kann sich alle Krebs entwickeln. Und die war nicht mehr belastungsfähig. Die hat nur noch geschlafen und hat für nichts mehr Lust gehabt. Und irgendwann hat sie dann angefangen mit der Therapie und dann sag ich zu ihr nach eineinhalb, zwei Jahren, weil da ist sie ja noch nicht so regelmäßig gekommen gewesen, da sag ich, du, jetzt lässt du nochmal die Werte abnehmen. Das gefällt mir nicht und da muss noch irgendwas sein, weil schulmedizinisch hat bei uns keiner die Werte abnehmen lassen. Die haben alle gesagt, ja was wollen sie mit den Werten, gell. Und dann, als sie die Werte gehabt hat, hab’ ich zur ihr gesagt, also du das geht nicht. Da müssen wir was anders machen. Das war gleich zu Anfang. Da habe ich noch einen anderen Preis gekriegt. Da waren die ersten 5 Packungen also als Versuchspreis. Und der hat man zuschauen können, wie es der besser gegangen ist.“ Die Angeklagte G. zählt sodann das Geld fertig und gibt der … Geldscheine zurück, die zu viel seien. Die Angeklagte G. fügt noch ungefragt hinzu: „Ja, und die sagt heut noch … Die hat dann aber auch drei Packungen gebraucht. Die ist halt auch in meinem Alter und da waren die Werte also im vierstelligen Bereich, also wenn man die ab hat nehmen lassen, äh waren die im vierstelligen Bereich. Und im zweistelligen dürften die nur sein. Und die sagte mir, also ja, wir sehen uns ja auch nicht so oft, weil die halt auch genug zu tun haben. Aber sie ist jetzt so leistungsfähig, die haben jetzt, also die haben eine super Firma und die haben jetzt neu gebaut und alles. Und die hat gesagt, das hätte sie bei weitem nicht so schaffen können. Vor drei Jahren wäre das unmachbar gewesen.“ Die Angeklagte G. legt die gezählten Geldscheine vor sich auf den Schreibtisch und kündigt an, zu quittieren, dass sie den Betrag erhalten habe. Die … nimmt Unterlagen entgegen und legt sie dann erneut auf dem Schreibtisch ab. Die Angeklagte G. macht einen handschriftlichen Vermerk auf der Rechnung der … (Kameraperspektive 1).
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Die Angeklagte G. äußert dann, sie räume jetzt erstmal alles raus, damit sie nichts vergesse. Sie beginnt zu zählen. Im oberen Bildrand ist zu sehen, dass sie eingeschweißte Gegenstände auf den Schreibtisch legt. Dazu erklärt sie, es seien immer 30 Stück. Bei 1,5 brauche man eigentlich nur 20, aber sie gebe immer 30 mit, falls sich die Ergebnisse verbesserten, weil dann könne man auch weniger nehmen. Vor der Angeklagten G. steht nun der zuvor beschriebene Karton mit blauem Streifen. Sie stellt dann den Karton mit dem orangenen Streifen vor sich und beginnt ebenfalls eingeschweißte Gegenstände herauszunehmen.
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Dies kommentiert sie mit: „Das sind jetzt die kurzen Nadeln.“ Zugleich fragt die …: „Und sie sagen, beides geht. Also mit Nadel aber auch oral? Ist beides ok, aber Nadel wär besser?“ Die Angeklagte G. antwortet: „Ähhh, ja. Also für mich, wenn ich’s persönlich machen würd… Also ich mach’s ja bei mir immer, wenn ich Leute mit Chemo dagehabt habe. Dann kriegen bei mir die, alle die in der Praxis sind, bestimmte Mischungen und wir haben ja doch viel Zeit hier. Wir fangen ja zum Teil um 7, halb 8 an. Und naja, heute wird’s auch wieder später. Dann leisten wir ja auch für 2. Ja, weil wenn wir nicht fit sind, das sieht man uns dann auch an.“ Sie beginnt eingeschweißte, grüne Spritzenbehältnisse auf den Tisch zu legen. Sodann nimmt sie die kleine weiße Schachtel in die Hand und sagt dazu, dass sie es nun nochmal öffne, um zu sehen, dass alles gut ist. Die … beugt sich nun vor, so dass lediglich die Beine der Angeklagten G[cenzura] unter dem Schreibtisch zu sehen sind. Dann ist kurzzeitig im Bildausschnitt der geöffnete Karton zu sehen. Die … nimmt eine Ampulle in die Hand und die Angeklagte G. verschließt den Karton wieder (Kameraperspektive 1). Die Beteiligten beginnen ein Gespräch darüber, ob die … und ihr Begleiter nun den ganzen Weg zurückfahren würden. Die … behauptet, sie würden nur bis nach Augsburg fahren. Ihr Begleiter merkt an, es sei ja auch Freitag, da hörten die Leute früher auf, zu arbeiten. Die … beginnt der Angeklagten G. beim Verpacken zu helfen. Das BG-MUN wird augenscheinlich in einer Discounter-Kühltasche eingepackt. Die Angeklagte G. nimmt das Bargeld, steht auf und verlässt den Raum (Kameraperspektive 1). Die … und ihr Begleiter unterhalten sich kurz über die Kameraperspektive der …. Diese rückt die Kamera auch nochmals gerade. Die … macht Bemerkungen über die interne Organisation des Drehs. Sie bringt dabei Unmut zum Ausdruck. Sie wolle nun einfach gehen. Sie holt nochmals ihr Mobiltelefon hervor und hält es kurzzeitig vor sich. Sie legt das Mobiltelefon wieder weg. Gleichzeitig kehrt die Angeklagte G. zurück und setzt sich wieder. Sie habe noch einen Tee mitgebracht. In diesem sei alles naturbelassen. Der sei echt gigantisch. Es handelt sich um ein größeres grünes Päckchen, das die Angeklagte G. der … reicht (Kameraperspektive 1). Die Angeklagte G. erklärt, sie solle ihrer Freundin einfach sagen, die Hälfte des Tees gehöre ihr (der …). Auf die Nachfrage, was der Tee denn koste, erwidert die Angeklagte G., dass sie diesen einfach so mitgebe. Wenn jemand so etwas für eine Freundin mache, dann fände sie das echt stark. Die … nimmt das Tee-Paket auf den Schoß. Außerdem überreicht die Angeklagte G. noch flüssiges Vitamin D und C. Die … packt alle Gegenstände in die Kühltasche. Sowohl sie als auch ihr Begleiter stehen auf. Sie schütteln Hände mit der Angeklagten G. und verabschieden sich. Dann betreten sie den Praxisflur. Die Angeklagte G. ruft nochmals hinterher, sie hätten etwas liegen lassen. Sie übergibt der … die Unterlagen. Diese waren zuvor noch auf dem Schreibtisch vor dem Platz der … zu sehen gewesen. Dann verlassen die … und ihr Begleiter die Praxis der Angeklagten G. durch den Vordereingang. Auf der Straße wird die Aufnahme beendet.
(c) Würdigung der Videoaufnahmen
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Im Rahmen der Gesamtwürdigung der vorgenannten Videoaufnahmen ist zum einen zu beachten, dass es sich um eine Aufnahme handelte, von der die Angeklagte G. keine Kenntnis hatte. Zum anderen handelt es sich nicht um eine amtliche Vernehmung. Letztlich haben die … und ihr unbekannter männlicher Begleiter unter der Legende, sie wöllten einer an Brustkrebs erkrankten Freundin helfen, einen regulären Termin bei der Angeklagten G. gemacht. Diese Legende haben sie, wie sich aus den Aufnahmen ergibt, während des gesamten Gesprächs aufrechterhalten.
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Es darf deshalb nicht verkannt werden, dass es sich bei den Angaben, die die Angeklagte G. in dem mitgefilmten Gespräch nicht um Aussagen einer Beschuldigten handelt. Die Ermittlungsmaßnahmen gegen die Angeklagten G. und B. begannen erst am 16.05.2019, wie der Zeuge … der Kammer berichtet hat. Die am 10.05.2019 gemachten Aufnahmen in der Praxis der Angeklagten G. waren nach den Ausführungen des Zeugen … geschnitten in einem Bericht von sternTV am 15.05.2019 im Fernsehen ausgestrahlt worden. Die Angeklagte G. war folglich zum Zeitpunkt, als die Aufnahmen gemacht wurden, weder Beschuldigte eines Strafverfahrens noch machte sie eine Aussage gegenüber einer Ermittlungsbehörde. Die von den Reportern von sternTV gestellten Fragen im Verlaufe des Gesprächs dienten also nicht der Wahrheitsfindung, sondern allein ihrer journalistischen Arbeit.
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Aus dem Gespräch und den gestellten Fragen ergibt sich ohne Zweifel, dass die … sich über das gegenständliche Mittel BG-MUN zuvor gut informiert hatte. Sie hatte offensichtlich bereits mit einer Frau gesprochen, die nach den Angaben der … gegenüber ihrem Begleiter BG-MUN zur Heilung ihres Speiseröhrenkrebs gekauft habe. Diese sei zu einer Party gefahren und habe dort die Angeklagte G. und den Hersteller getroffen. Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich bei dieser Frau um die bereits verstorbene …. Dies ergibt sich daraus, dass die … bereits im März 2019 interviewt sowie aus den TV-Beiträgen von sternTV hat. Diese Aufnahmen hat die Kammer ebenso wie das Originalinterview in Augenschein genommen. Der Inhalt stimmt mit den Angaben der … im Wesentlichen überein (vgl. für die Einzelheiten C. III. 3. e) (5) und C. III. 9. a) (1) (a)). Auf die Ausführungen zu diesen Aufnahmen wird Bezug genommen.
607
Die … hatte sich zudem nach ihren Angaben im Internet informiert. Letztlich benutzte sie eine Legende, um den Termin bei der Angeklagten G. zu vereinbaren. Auch die der Legende zu Grunde liegende Person ist an Krebs erkrankt.
608
Die Fragen, die im Verlauf des Gesprächs gestellt werden, beschäftigen sich fast ausschließlich mit dem Thema Krebs und dessen Behandlung – auch mit BG-MUN.
609
Die Behauptungen der Angeklagten G. müssen also vor dem Hintergrund betrachtet und gewürdigt werden, dass sie zum Aufnahmezeitpunkt nicht wusste, dass sie gefilmt wird und, dass sie dachte, sie hätte enge Freunde einer an Brustkrebs erkrankten Person vor sich sitzen. Die Angeklagte G. hielt das gesamte Gespräch für ein „ganz normales“ Beratungsgespräch. Sie ging subjektiv davon aus, dass vor ihr Personen saßen, die an dem Mittel BG-MUN interessiert waren und die dazu beraten werden wollten.
610
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Angeklagte G. zu keiner Zeit Verdacht geschöpft hat, dass dies tatsächlich nicht der Fall ist. Sie beantwortete alle Fragen ohne längere Pausen und ohne zu zögern. Dies ist ein Indiz dafür, dass keine Fragen gestellt wurden, die die Angeklagte G. hochgradig irritierten oder über die sie länger hätte nachdenken müssen.
611
Es lässt sich festhalten, dass die Gesprächsatmosphäre durchweg angenehm ist. Die Angeklagte G. verhält sich durchweg freundlich und bemüht sich, auf die Fragen und Wünsche (z. B: nach der Sofortausstellung einer Rechnung) der vermeintlichen Patienten einzugehen und alles genau zu erklären. Sie streut immer wieder persönliche Anekdoten und Anmerkungen sowie persönliche Ansichten ein. Die Reporter bekommen Gratisproben verschiedener Produkte sowie einige Produkte geschenkt (z.B. den Tee oder die flüssigen Vitamine).
612
Die Angeklagte G. macht in dem zuvor beschriebenen Gespräch zunächst Ausführungen über die ihrer Meinung nach bestehenden Schwierigkeiten der Naturheilkunde im aktuellen politischen Klima. Sie erklärt den Reportern, dass sie immer mit der Schulmedizin zusammenarbeitet. Zugleich gibt sie an, dass sie aber nicht öffentlich für BG-MUN Werbung mache. In diesem Zusammenhang äußert sie von sich aus und ohne jegliches Zutun der Reporter, dass sie keine Ruhe mehr hätte, wenn sie nach außen preschen würde, sie seien „die großen Heiler“. Diese Aussage fällt im unmittelbaren Zusammenhang mit der Aussage der Angeklagten G., BG-MUN sei ein Joker, um Personen mit Krebserkrankungen im Gehirn oder an der Bauchspeicheldrüse „noch eine Chance zu geben“.
613
Die Angeklagte G. betont, dass sie seriös arbeite. Auch dies geschieht ohne Anlass oder Nachfrage der …. Die Angeklagte macht diese Angabe von sich aus. Es ist nicht ersichtlich, wieso die Angeklagte G. sich veranlasst sieht, zu betonen, dass sie seriös arbeitet. Der Begriff „seriös“ wird sodann sofort erläutert, indem sie behauptet, dass sie stets alles schulmedizinisch abgleichen lasse, auch die Behandlung mit BG-MUN. Aus dieser Aussage wird aber auch deutlich, dass die Angeklagte G. selbst davon ausgeht, dass ihre Behandlungsmethoden nicht schulmedizinisch sind.
614
Die … erläutert sodann die angebliche Krebsbehandlung ihrer Freundin mit einer Chemotherapie. Sie fragt die Angeklagte G. danach, was sie ihrer Freundin raten soll. Diese Frage verknüpft sie mit mehreren Alternativen: Soll ihre Freundin das BG-MUN neben der Chemotherapie nehmen, nur das BG-MUN nehmen und die Chemo abbrechen bzw. welche Wechselwirkungen seien da möglich.
615
Die Angeklagte G. rät in Folge nicht ausdrücklich von einer Chemotherapie ab. BG-MUN führe dazu, dass sie die Chemotherapie besser vertrage. Danach beginnt sie zu erklären, wieso eine Chemotherapie zu Metastasen führe und dass dies mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9 % passiere. Sie beschreibt zudem, dass eine Chemotherapie körperlich äußerst belastend ist.
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Auf die zweite Frage der … zum Thema Abbruch der Chemotherapie und nur Behandlung mit BG-MUN weist die Angeklagte G. daraufhin, dass die Auswirkungen der Chemotherapie auf den Körper, die sie vorher genauer ausgeführt hat, durch BG-MUN abgeschwächt werden könnten. Zugleich werde aber die Wirkung von BG-MUN reduziert. Es könnte zu einer Dosisanpassung kommen.
617
Diese Aussagen müssen vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass die Angeklagte G. sie bewusst vor vermeintlichen Angehörigen einer Person macht, die an Krebs erkrankt ist und gerade eine Chemotherapie durchführen. Die Angeklagte G. rät zwar nicht ausdrücklich davon ab, eine Chemotherapie durchzuführen, sie suggeriert aber zugleich, dass diese mit extremen Leid verbunden sei, nicht zur Heilung, sondern sogar zur Verschlimmerung der Erkrankung mit Metastasen beitrage – und das mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9 % – und dann auch noch bei einer Kombination von Chemotherapie und BG-MUN die Konsequenz wäre, dass man sie besser vertrage, aber der Arzt dann die Dosis anpasse. Letztlich heißt das nichts anderes, als dass es einem dann wieder genauso schlecht geht wie zuvor. Sie stellt den vermeintlichen Angehörigen einer Krebspatientin auch noch in Aussicht, dass die Wirkung von BG-MUN, das immerhin 5.900,00 € kostet (vgl. C. III. 3. c) (5)), reduziert wird. Diese Aussage wiegt umso schwerer, als dass sie im späteren Verlauf des Gesprächs noch wahrheitswidrig behauptet, dass BG-MUN Krebszellen verbrenne (zur nicht vorhandenen Wirkung von BG-MUN vgl. C. III. 3. a) (6) und (8)). Im Gesamtzusammenhang führt diese Aussage also dazu, dass das Mittel, das Krebszellen verbrennen kann, nach Ansicht des Empfängers dieser Aussagen im Wirkungsgrad durch eine Chemotherapie reduziert wird und diese dann auch noch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Metastasen produziert. Im sachlichen Zusammenhang mit diesem Thema äußert die Angeklagte G. wenig später, dass sie auch schon die Behandlung von Personen, denen es im dritten Chemotherapiezyklus so schlecht gegangen sei, abgebrochen habe, weil sie nicht zusehe, wie jemand sterbe. Die Angeklagte G., die ja glaubt, sie habe tatsächlich echte Angehörige vor sich sitzen, macht diesen Angst, und schürt Besorgnis vor der Chemotherapie.
618
Zur Einnahmeform auf Frage, ob das Mittel oral sei, gibt die Angeklagte an, ja es sei oral. Früher sei es aber auch auf der Basis von Wasser gewesen, dass man es spritzen könne. Bis diese Aussage fällt, ist zu keinem Zeitpunkt darüber gesprochen worden – weder explizit noch implizit – dass das Mittel auch gespritzt werden kann. Die … hat sogar zuvor die geschlossene Frage: „Also das ist oral?“ gestellt. Die Angeklagte G. beschränkt sich jedoch nicht darauf, diese Frage schlicht mit „ja“ zu beantworten. Sie fügt diese vollständig überflüssige Information bewusst an. Später behauptet sie, es handle sich bei BG-MUN jetzt nur noch um ein funktionelles Lebensmittel. Es erschließt sich der Kammer nicht, wieso sie, wenn BG-MUN als Lebensmittel verkauft werden soll, darauf hinweist, dass es früher gespritzt wurde. Im gesamten Gespräch rät sie mehrmals – auch wenn sie ihre Aussage immer wieder relativiert – zur Injektion von BG-MUN.
619
Die Angeklagte G. verspricht der … nicht ausdrücklich, dass BG-MUN zur Heilung der Brustkrebserkrankung der angeblichen Freundin führen werde. Aber sie suggeriert ihr dies. Auch hier gilt wieder: Die Angeklagte G. glaubt, sie habe es mit Angehörigen einer schwer erkrankten Person zu tun.
620
Sie führt aus, dass in der Onkologie einer Klinik in Heidelberg mit 4 Proteinstrukturen gearbeitet werde und die deshalb so viele Zyklen bräuchten. BG-MUN enthalte 135 und 30.000 weitere, die noch nicht benannt seien. Zwar gibt die Angeklagte G. nicht an, was genau sie mit „Zyklen“ meint, jedoch wird diese Angabe implizit behauptet, mit vier Proteinstrukturen brauche man in einem Krankenhaus viele Zyklen. BG-MUN enthält 30.135 solcher Strukturen. Das Mittel muss also wirksamer sein.
621
Gleich im Anschluss beschreibt die Angeklagte G. ihren Selbstversuch. Dabei bleibt sie aber sehr vage. Letztlich wird aber durch eine solche Behauptung Vertrauen aufgebaut. Sie signalisiert dem Gegenüber, dass sie selbst das Produkt an sich und den Menschen, die ihr auf der Welt am liebsten sind, nämlich ihren Kindern, getestet hat. Daraus folgt, dass man dem Mittel vertrauen kann und dass es nicht gefährlich ist. Schließlich hat sie es an ihren eigenen Kindern ausprobiert.
622
Die nächste Information, die sie …und ihrem Kollegen erteilt, ist, dass sie bis heute noch niemanden verloren habe, der es so gemacht hat, wie sie es angewiesen hat. Es handelt sich um eine Lüge der Angeklagten G., weil sehr wohl im Mai 2019 bereits Personen verstorben waren, die die Angeklagte G. zuvor mit BG-MUN behandelt hat. Dazu gehören etwa die an Krebs erkrankten … und … (vgl. C. III. 3. f) (2) und C. III. 9. f)). Diese Todesfälle waren der Angeklagten G. auch bekannt. Für die Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) (3) Bezug genommen. Auch in dieser Behauptung schwingt mit, wer sich nach den Anweisungen der Angeklagten G. mit BG-MUN hat behandeln lassen, wird wahrscheinlich geheilt.
623
Die Kammer verkennt nicht, dass die Angeklagte G. der … und ihrem Begleiter kurz darauf berichtet, dass BG-MUN nicht so wirksam sei, wie es sein könne, wenn der Patient nicht die nötige Unterstützung erhalte. Dies schmälert jedoch die vorigen Angaben zur Überzeugung der Kammer keineswegs. Die Angeklagte G. berichtet nämlich in diesem Zusammenhang von einer Frau mit Speiseröhrenkrebs, die als einzige behauptet habe, dass BG-MUN nicht geholfen habe. Diese habe nach der ersten Packung BG-MUN gute Werte gehabt. Sie bejaht die Frage, ob das im CT sichtbar gewesen sei. Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich bei der Patientin, die die Angeklagte G. hier beschreibt, um die verstorbene …. Diese hat sich tatsächlich bei der Angeklagten G. über die Unwirksamkeit des Mittels beschwert und war an Speiseröhrenkrebs erkrankt. Die Behauptung eine Verbesserung habe sich auch im CT gezeigt, ist zur Überzeugung der Kammer widerlegt und deswegen gelogen. Die CT-Ergebnisse der … nach der Behandlung mit BG-MUN waren schlechter als bei der Untersuchung vor der Behandlung mit BG-MUN. Das wusste die Angeklagte G. auch, weil ihr dies durch … mitgeteilt worden ist. Für die Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 9. a) Bezug genommen. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die Angeklagte G. ihren vermeintlichen Patienten wahrheitswidrig erzählt, … habe von der BG-MUN-Behandlung nachweisbar profitiert. Es fällt auch auf, dass die Angeklagte G. zwar sagt, die … habe ihr eine schlechte Kritik hinterlassen, sie bestätigt jedoch nicht, dass diese Kritik berechtigt war. Im Gegenteil behauptet die Angeklagte G. wahrheitswidrig, die Werte der … hätten sich verbessert – auch im CT. Sie genieße wieder das Leben und sei aufgeblüht. Damit wird den vermeintlichen Patienten jedoch erneut suggeriert, dass die Kritik, die sie einmalig für BG-MUN bekommen habe, im Prinzip vollkommen unberechtigt gewesen sei, weil das Mittel ja eigentlich funktioniert habe, und zwar derartig gut, dass das keiner habe glauben können, weil jeder schon mit dem Tod der Frau gerechnet habe. Letztlich bestreitet die Angeklagte G. den Vorwurf der … implizit und stellt die angeblichen Verbesserungen heraus. Damit wird die Relativierung, BG-MUN wirke nicht, wenn man nicht die erforderliche Unterstützung habe, jedoch konterkariert.
624
Als nächstes behauptet die Angeklagte G. gegenüber der … und ihrem Begleiter, sie habe mit BG-MUN sogar schon Lymphome, also Tumorerkrankungen des lymphatischen Systems, weggekriegt. Da die … jedoch zuvor explizit danach gefragt hat, ob das Mittel nur bei bestimmten Krebsarten wirke oder auch noch wirke, wenn es schon Metastasen gebe, ist auch für den Empfänger der Behauptung der Angeklagten G. klar, dass eine Krebserkrankung gemeint sein muss. Die Angeklagte G. sagt also explizit: „Wir haben jetzt sogar Lymphome damit weggekriegt.“ Sie behauptet also implizit die Heilung einer Krebserkrankung. Als nächstes macht sie eine Bemerkung zur nicht heilbaren Nervenerkrankung ALS. Auch diese behandle sie mit BG-MUN, da gebe es schulmedizinisch gar nichts.
625
Auf die Frage, ob BG-MUN auch noch helfe, wenn es bereits Metastasen gebe, behauptet die Angeklagte G., dass BG-MUN immer die Ursache „angehe“. Es gehe den Primärkrebs und dann die Metastasen an. Sie erklärt zwar nicht näher, was genau „angehen“ in diesem Zusammenhang heißen soll. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist angehen aber ein Wort, dass auch für die Beschreibung eines verbalen oder körperlichen Angriffs (jemanden angehen) oder für die Beseitigung eines Problems genutzt wird (ein Problem angehen). Wird dieses Wort zusammen mit einem Tumor oder Metastasen genutzt, ist keine andere Interpretation denkbar, als dass das BG-MUN den Tumor bzw. die Metastasen angreift.
626
Die Behauptungen sind objektiv falsch. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (6) und (8) Bezug genommen. Die Angeklagte G. hatte zu diesem Zeitpunkt keine eigenen Erfahrungen zur erfolgreichen Heilung von Krebserkrankungen. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) (3) Bezug genommen. Belastbare Studien oder wissenschaftliche Erkenntnisse lagen ihr nicht vor, weil solche Unterlagen zum einen nicht existieren und zum anderen niemals durch den Angeklagten B. an die Angeklagte G. ausgehändigt wurden (vgl. C. III. 3. e) (2)).
627
Unzweifelhaft behauptet die Angeklagte weiter, dass BG-MUN einmal ein Arzneimittel gewesen sei und die Zulassung aus sachfremden Erwägungen zurückgenommen sei.
628
Die angebliche Verfolgung des Angeklagten B. durch die Pharmaindustrie wird ebenfalls behauptet.
629
Außerdem spricht die Angeklagte G. zur Überzeugung der Kammer die Zeugin K1. und deren Behandlung mit BG-MUN an. Anders als die Angeklagte G. behauptet ist es jedoch nicht zu einer Verbesserung des Zustandes der Zeugin … gekommen. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. f) (1) und C. III. 8. b) Bezug genommen.
(4) Zusammenfassende Würdigung
630
Aus den vorbezeichneten Umständen ergibt sich ein schlüssiges Gesamtbild. Der Angeklagte B. hat der Angeklagten G. BG-MUN bei dem gemeinsamen Kennenlernen und ggf. auch späteren Terminen in der Praxis der Angeklagten, was sich nicht mehr genauer feststellen lässt, BG-MUN so angepriesen, wie es seiner Verkaufsmasche entsprach (vgl. C. III. 3. c) (4)). Die Angeklagte G. verfügte somit über diese Informationen zu BG-MUN, insbesondere dessen Zulassung, Einnahme, Wirkung auf Krebs, nunmehriger Status als funktionelles Lebensmittel usw. Diese Behauptungen des Angeklagten B. hat die Angeklagte G. gegenüber der … als eigene Erfahrungen und Informationen ausgegeben und sich so der Masche des Angeklagten B. bedient.
631
Die Kammer hat die von sternTV am 15.05.2019, am 05.06.2019, am 25.09.2019, am 16.10.2019, am 29.01.2020, am 30.12.2020 sowie am 23.06.2021 gesendeten Beiträge über den Vertrieb von BG-MUN durch die Angeklagten G. und B. vollständig, also mitsamt zugehöriger Anmoderation und etwaigen Studiogesprächen in Augenschein genommen.
632
Die Berichte wurden jeweils über den Fernsehsender RTL deutschlandweit ausgestrahlt. Die Kammer beschränkt sich im Folgenden auf die Wiedergabe der wesentlichen Inhalte.
(a) SternTV-Bericht vom 15.05.2019
633
Der Moderator von sternTV … moderiert den Beitrag an und äußert dabei, dass eine schwer an Krebs erkrankte Zuschauerin nach ihrer Diagnose habe erfahren müssen, dass es noch etwas gebe, das „noch bösartiger und hinterhältiger zuschlagen“ könne, nämlich Menschen, die an der Not und der Angst der Betroffenen verdienen wöllten und zwar mit Heilsversprechen. SternTV habe sich selbst in die Beratung begeben und mit versteckter Kamera gefilmt. Das aufgenommene Erlebnis sei „bitter, fatal und wahnsinnig gefährlich für die Betroffenen“.
634
Im Anschluss beginnt der Beitrag mit der Vorstellung von … und ihrer Erkrankung an Speiseröhrenkrebs. Sie habe Menschen vertraut, die Heilung durch ein vermeintliches Wundermittel versprochen hätten. … wird dabei auch interviewt.
635
Das zugehörige Interview hat die Kammer ebenfalls ungeschnitten in Augenschein genommen. Dabei hatte das Rohmaterial jedoch eine andere Kameraperspektive als die im Beitrag gesendeten Szenen. Nichtsdestotrotz ist aufgrund der getragenen Kleidung von … davon auszugehen, dass es sich um dasselbe Interview handelt. Für die Einzelheiten und zur Vermeidung von Wiederholungen hat die Kammer unter C. III. 9. a) (1) (a) die in den sternTV-Bericht aufgenommenen Aussagen ebenfalls durch Fettdruck hervorgehoben. Eine Wertung ist mit dem Fettdruck nicht verbunden.
636
Im Beitrag wird sodann … Schilderung des Geschehensablaufs von der Sprecherin zusammengefasst. Dabei wird auch auf ihre Behandlung mittels einer Chemotherapie durch den Zeugen … eingegangen, der auch zu sehen ist. Diese Behandlung habe gut angeschlagen, teilt der Zeuge … dann in einem Interview mit. Es habe Rückbildungen der Metastasen gegeben.
637
Die Sprecherin führt aus, dass … Angst gehabt habe und sich bei Facebook informiert habe. Dort habe ihr ein Mann über die Heilung eines Gehirntumors bei seinem Bruder mittels BG-MUN geschrieben. … berichtet selbst von den Ausführungen des Mannes. Es wird auf die in C. III. 9. a) (1) (a) durch Fettdruck hervorgehobenen Passagen Bezug genommen. Danach wird ein Foto mit zwei verpixelten Personen und einer weißen Pappschachtel gezeigt. Die Sprecherin führt dazu aus, bei der abgebildeten Schachtel handle es sich um das „vermeintliche Krebsheilmittel BG-MUN“.
638
Die Sprecherin führt aus, … sei auf eine Gartenparty eingeladen worden. Dort sei auch die Heilpraktikerin …G. gewesen, die BG-MUN vertreibe sowie der Hersteller des Mittels … B. Eingeblendet wird zeitgleich das auf der Website der Angeklagten G. befindliche Foto, wie die Kammer es auch in Augenschein genommen hat, sowie ein Foto des Angeklagten B.
639
… berichtet dann selbst, was ihr von den Angeklagten gesagt worden sein soll.
640
Die Sprecherin stellt dann die Internetrecherche von sternTV zu BG-MUN dar. Dabei wird die Zeugin … an einem Computer gezeigt. BG-MUN wird „immunbiologische Krebstherapie“ bezeichnet. Aus einer Broschüre habe man entnommen, dass die wirksamen Bestandteile Natriumselenit, Mischproteine mit den Hauptbestandteilen HSP70, HSP60 und GrpE seien.
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Die Broschüre habe man der Onkologin … gezeigt, die zeitgleich in einem Interview eingeblendet wird. … äußert: „Dieses Mittel kann mit Sicherheit keinen Krebs heilen. Hier wird eine Hoffnung geweckt, die auf nichts basiert ist. Es wird Geld mit der Not der Patienten gemacht und möglicherweise werden Patienten sogar gefährdet durch solche ungeprüften Präparate.“
642
Nach einem Kameraschnitt wird wieder das Wohnzimmer der Familie … gezeigt. Zu sehen sind …, der Zeuge … sowie die Zeugin …. Die Sprecherin führt aus, dass … das im Sommer 2018 nicht gewusst habe und nach Hause gefahren sei. Sie habe die Chemotherapie abgebrochen und nur auf BG-MUN gesetzt. Das habe ihr Ehemann nur schwer akzeptieren können. Im Bild zu sehen sind der Zeuge … sowie …. Der Zeuge … schildert, dass er der Sache sehr misstraut habe. Er habe sich bemüht, dass seine Frau das auch einsehe. Er sei machtlos und hilflos gewesen. Er habe sie dann auch auf diesem Weg unterstützt.
643
Die Sprecherin führt aus, dass … zur Heilpraktikerin nach S. gefahren sei, BG-MUN gekauft habe und weitere kostspielige Untersuchungen gemacht habe. Die Rechnungen beliefen sich insgesamt auf ca. 15.000,00 €. Die Diagnose der Heilpraktikerin habe alarmierend erschienen. … berichtet, was die Angeklagte diagnostiziert haben soll (vgl. fettgedruckte Passagen unter C. III. 9. a) (1) (a), S. 361).
644
Die Sprecherin führt aus, dass … sich das Mittel in den kommenden Wochen alle 2 Tage injiziert habe. Die Heilpraktikerin und der Hersteller hätten sie bestätigt. Zeitgleich wird … eingeblendet, wie sie durch ein Mobiltelefon scrollt. … führt Inhalte von Nachrichten der Angeklagten an sie auf.
645
Die Sprecherin betont, dass eine Packung BG-MUN 5.900,00 € koste.
646
Es erfolgt ein Kameraschnitt und ein Mann wird gezeigt, der kleine Ampullen, gefüllt mit einer rosanen Flüssigkeit, aus einer weißen Pappschachtel nimmt. Die Sprecherin bezeichnet ihn als den Pharmakologen …, für den diese Summe nicht nachvollziehbar sei. … führt aus, dass das Mittel Eurobeträge im unteren Bereich wert sei. Es handle sich um „Abzocke“.
647
Die Sprecherin führt aus, auf der Internetseite stehe, BG-MUN sei ein funktionelles Lebensmittel. SternTV habe beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nachgefragt. Eine männliche Stimme führt aus, das BVL habe mitgeteilt, dass BG-MUN nicht angezeigt worden sei. Nach ihrer Einschätzung werfe das Produkt viele Fragen bezüglich Kennzeichnung und Zusammensetzung auf.
648
Die Sprecherin führt aus, es sei unübersichtlich, wer hinter dem Produkt stecke. Man habe zahlreiche Adressen der B. Group gefunden. Man habe bei der auf der Internetseite angegebenen slowakischen Telefonnummer angerufen. Dabei wird … eingeblendet, wie sie eine Nummer auf einem Mobiltelefon wählt. Unter der Nummer bestehe kein Anschluss. Sie hätten dann die Heilpraktikerin von … angerufen. Sie hätten behauptet, dass sie sich für Krebstherapien interessierten. …G. führe auf ihrer Website einen Professorentitel. Im Telefonat habe sie erzählt, sie habe den Professorentitel schon über zwei Jahre. Sie habe ihn verliehen bekommen für die außerordentliche Leistung in immunbiologischer Therapie. Sie sei die erste gewesen, die einen universitären Abschluss an der Frankfurter Europa-Universität habe.
649
Die Universität habe dazu geschrieben, dass sie keine Informationen über … G. hätten.
650
Stern TV habe einen Termin in … vereinbart. Die Reporterin wolle herausfinden, welche konkreten Versprechungen die Heilpraktikerin mache. Danach werden Szenen eingeblendet, die auch Gegenstand der ungeschnittenen Aufnahmen waren. Diesbezüglich wird auf die fettgedruckten Passagen unter C. III. 3. e) (3) (b) Bezug genommen. Die Sprecherin schildert zunächst, dass die Reporterin von einer an Brustkrebs erkrankten Freundin erzählt habe und … G. um eine Einschätzung gebeten habe. Daraufhin werden zunächst die hervorgehobenen Ausschnitte auf S. 181 eingeblendet. Danach kommt es erneut zu einem weiteren Schnitt. Nun werden die hervorgehobenen Ausschnitte auf S. 190 eingeblendet, allerdings nur die entsprechenden Audioaufnahmen. Das Bild zeigt nach wie vor das zuerst betretene Behandlungszimmer, obwohl die Aussagen auf S. 190 in nach dem Wechsel des Behandlungszimmers gemacht worden sind. Zugleich wird ein von der Kammer verlesener Untertitel eingeblendet, der bis auf das einleitende Wort identisch mit dem Audioinhalt ist. Im Audio beginnt … den Satz mit „aber“, im durch die Kammer verlesenen Untertitel steht „also“.
651
Danach kommt es erneut zum Kameraschnitt und … wird wieder eingeblendet. Diesem seien die Aufnahmen gezeigt worden. … äußert daraufhin, das heiße im Ergebnis: „Setz die Chemotherapie ab!“ Das sei ein „Unding“. So könne sich der Krebs weiterentwickeln. Das sei unseriös und fahrlässig, sowas zu behaupten.
652
Nun wird wieder das Sprechzimmer der Angeklagten G. gezeigt. Diesmal werden die Aussagen der Angeklagten G., die die Kammer fett hervorgehobenen hat zur Arzneimitteleigenschaft von BG-MUN gezeigt (S. 185).
653
Die Sprecherin führt aus, dass sternTV beim BfArM nachgefragt habe. Dieses habe mitgeteilt, dass dem BfArM kein solcher Antrag zum angefragten Produkt vorliege.
654
Wieder wird die Angeklagte G. eingeblendet und die Sprecherin führt aus, sie hätten das BG-MUN gekauft. Danach wird gezeigt, wie die Angeklagte G. an … auspendelt, was für ihre Freundin gut ist. Die Sprecherin kommentiert dies als „fragwürdige Methode“.
655
Die Liste mit den Empfehlungen habe man der Onkologin … vorgelegt. Diese äußert sodann, dass das für die Patientin nicht hilfreich sei. Je nach Dosis könne es sogar schaden. Es gebe Gefahren von Wechselwirkungen mit Chemotherapie oder Bestrahlung oder eigene Nebenwirkungen.
656
Die Sprecherin führt aus, SternTV habe die Heilpraktikerin und den Hersteller mit den Vorwürfen konfrontiert, aber keine Antwort erhalten.
657
Danach wird erneut … einblendet. Sie habe sich zunächst besser gefühlt. Bis sie das nächste Mal zu ihrem Onkologen gegangen sei. … wird am Schreibtisch gezeigt. Die Angaben der … sind deshalb offensichtlich nicht Inhalt des ungeschnittenen Materials, das die Kammer in Augenschein genommen hat. Sie führt aus, sie habe da ja eine Zeit lang abgewartet, weil ihr sei gesagt worden, BG-MUN solle im Körper wirken. Dadurch habe sie nochmal wieder Zeit verloren und das CT-Ergebnis sei sehr schlecht gewesen. Die Sprecherin gibt an, es habe eine erhebliche Zunahme der Metastasen in Lunge und Leber gegeben. Der Zeuge … wird erneut eingeblendet. Die Sprecherin sagt, dass dieser es für möglich halte, dass BG-MUN den Krebs verschlimmert habe. Der Zeuge äußert sodann selbst, dass möglicherweise Inhaltsstoffe enthalten seien, die das Krebswachstum anregten. Es habe ja zumindest einen Stillstand geben sollen, wenn es eine Wirkung gegeben hätte. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Offenbar sei es zu einer sprunghaften Vermehrung der Krebszellen gekommen.
658
Es wird erneut … eingeblendet, die dann beschreibt, welche Erklärung die Angeklagten gehabt hätten. Es habe sich um eine seelische Belastung gehandelt, deshalb würde BG-MUN nicht wirken. Das sei unglaublich. Die Heilpraktikerin habe gewollt, dass sie nochmal BG-MUN nehme und nochmal zur ihr komme. Wenn sie das gemacht hätte, hätte sie nochmals Zeit verloren und dies unter Umständen nicht überlebt.
659
Danach werden die Zeugen … und … gemeinsam mit … in einem Park gezeigt. Die Sprecherin führt aus, dass …nun wieder eine Chemotherapie mache. Die Zeugin … spricht über die weitere Zeit mit ihrer Mutter.
660
Danach wird ins Studio zurückgeschaltet. … sitzt mit … im Gespräch. Sie sprechen zunächst über den Familienzusammenhalt in der Familie … führt aus, ihr Mann sei wie ihr Schwager, der Arzt sei, gegen die Behandlung gewesen. Sie müsse sagen, als sie die beiden kennengelernt habe, habe es eine Art Gehirnwäsche gegeben. Sie habe das als ihren Weg erkannt. Es sei ein Fehler gewesen, sich gegen die Schulmedizin zu entscheiden. In der folgenden Aufnahme ist zu erkennen, dass auch … mit im Studio sitzt. … spricht auf Nachfrage von … über ihre Rückkehr zu … und einem etwaigen durch die Angeklagten verursachten Lebenszeitverlust. … führt aus, dass es unfassbar sei, was diese Heilpraktikerin gemacht habe, dass sie gesagt habe, es sei gut, dass … gekommen sei, es sei 5 vor 12 für sie und fragt dann, was … gegenüber der Heilpraktikerin empfinde. Diese antwortet, sie könne es nicht fassen, wie man so kalt Geschäfte machen könne. Als das schlechte Ergebnis ihres CTs gekommen sei, also 80 % Metastasen in der Leber, was lebensgefährlich sei, da habe sie gesagt, sie habe psychosomatische Störungen. Das sei unfassbar. Ärzte könnten ihr das nicht glauben, dass man sowas so begründe. … fragt … nach seiner Meinung dazu, dass die Heilpraktikerin gesagt habe, dass sei mal ein Medikament gewesen, das helfe sogar gegen Metastasen. … führt aus, dass das, was dargestellt worden sei, auf Lug und Trug aufgebaut sei. Diese Situation könne man nur nachvollziehen, wenn man eine solche Erkrankung habe. Er kenne viele onkologische Patienten, die etwas für sich tun wöllten. Hier werde ein Gebäude aufgebaut, das überhaupt nicht transparent sei. Wo man wisse, und da habe er lange recherchiert, es gebe überhaupt keine Studie. Es werde viel Geld „abgezockt“. Im Prinzip werde „Scharlatanerie“ bezahlt. Es würden Hoffnungen aufgebaut. Das könne er nicht verstehen. Dass es auch keine Überwachungsmöglichkeiten gebe, keine Möglichkeiten dieser Heilpraktikerin das Geschäft zum Erliegen zu bringen. … betont, dass es nicht darum gehe, alternative Medizin insgesamt zu verurteilen. Aber das sei ja irre hier. 5.900,00 € für so eine Kur. Dabei nimmt er eine weiße Pappschachtel in die Hand, die auf einem Beistelltisch neben seinem Sessel abgestellt war. Die Kamera zeigt seine Hand, in der er auch einen handelsüblichen grünen Spritzenkörper sowie eine Ampulle mit rosa Flüssigkeit hält. Er fragt …, was dieser denke, was in den 5.900,00 € für eine Gewinnspanne sei. … antwortet, er taxiere den Wert auf 5,00 bis 10,00 €. Möglicherweise seien die „Wirkstoffe“, wie Frau … auch gesagt habe, das Ganze auch gefördert und nicht geheilt. Insgesamt sei das Wort „Heilung“ auch ein Versprechen.
661
… fragt … nach dem Treffen mit dem Hersteller auf der Gartenparty, zu der sie eingeladen worden sei. … antwortet, sie habe sich den äußerlich anders vorgestellt. Das sei ein lockerer, offener Mann mit langen Haaren. Ein bisschen „freaky“. Er habe von 100 % Heilung gesprochen. Was ein Unding sei, denn das könne es in der Medizin nicht geben. Er habe alles gelobt und gegen die Chemotherapie geredet. Da seien es nur 2 % Heilungschancen.
662
… fragt nach, ob es richtig sei, dass der Ausrichter der Gartenparty an jedem Verkauf eine Provision verdiene. … erzählt, dass man an jedem Verkauf eine Provision verdiene. … will von … wissen, was Patienten tun könnten, wenn sie auf alternative Methoden stießen. … lobt … für ihr Verhalten und macht dann Ausführungen zu Möglichkeiten, sich zu informieren. Danach führt er aus, dass in … eigentlich direkt die zuständige Landesbehörde hingehen und diese Praxis schließen müsse. Dafür gibt es Applaus. … beendet das Gespräch und fragt zuletzt, ob … mal über eine Strafanzeige nachgedacht habe. Diese antwortet, sie werde definitiv gegen beide Personen Strafanzeige stellen.
(b) SternTV-Bericht vom 05.06.2019
663
In dem Bericht vom 05.06.2019 werden im eingeblendeten Beitrag im Wesentlichen die Szenen und Berichte aus dem Beitrag vom 15.05.2019 wiederholt, sodass diesbezüglich auf die Ausführungen unter C. III. 3. e) (5) (a) Bezug genommen wird. Im nachfolgenden werden daher nur die Inhalte im Wesentlichen zusammengefasst, die zuvor noch nicht Inhalt des Beitrages waren.
664
… moderiert den Beitrag mit den Worten „Ich frage mich, wie skrupellos muss man eigentlich sein, um aus der Hoffnung von Todkranken ein Geschäftsmodell zu machen?“ an. Frau … sei da gewesen und habe berichtet, wie eine Heilpraktikerin aus Bayern ihr ein vermeintliches Wundermittel gegen Krebs angedreht habe. Dieses sei leider so „sauteuer“ gewesen, wie für Frau … wirkungslos. Frau … werde nun sicher mit einiger Genugtuung heute zusehen und sehen, was sich seit dem Bericht vor 3 Wochen getan habe, nämlich Hausdurchsuchung bei der Heilpraktikerin und Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft und ein überraschender Besuch seiner Kollegin … bei dem Mann, der aus diesem „miesen Geschäft“ am meisten Profit schlage, und zwar im vermeintlich sicheren Exil im Mittelmeer.
665
Während Szenen aus einem Flugzeugfenster und anschließend auf einer Landstraße gezeigt werden, kündigt die Sprecherin an, dass sternTV auf dem Weg nach … auf … sei, weil sich dort der Mann aufhalten solle, der mit dem Leid krebskranker Menschen Geld verdiene. Sein Name sei …. Dazu wird ein Foto des Angeklagten B. eingeblendet. Es wird ein großes Gebäude gezeigt und dazu angegeben, dass sich der Angeklagte dort aufhalten solle. SternTV wolle mit dem Angeklagten B. sprechen. Man sieht, wie … an einer Tür klingelt.
666
Danach erfolgt eine Rückblende. Die Sprecherin berichtet nach der Ausstrahlung vor 3 Wochen hätten sich Zuschauer gemeldet. Dazu wird die Kommentarspalte der Videoplattform YouTube eingeblendet. Eine junge Frau habe geschrieben: „Meine Mutter ist ebenfalls auf Herrn B. hereingefallen, obwohl ich als Medizinstudentin auf sie eingeredet hab. Vor einem halben Jahr ist sie verstorben.“
667
Nach dem Kameraschnitt ist die Zeugin … zu sehen. Diese äußert über den Angeklagten B., dass sie sich keinen schlechteren Menschen vorstellen könne. Der Herr B. habe gewusst, ich habe hier einen todkranken Menschen, der hat Angst zu sterben. „Diese Angst kann ich nutzen, um den Menschen ein paar Tausend Euro noch aus der Tasche zu ziehen.“ Sie könne sich nicht verwerflicheres vorstellen. Ihr falle nichts ein, was einen Menschen schlechter machen könne. Die Sprecherin berichtet, dass die Mutter der Zeugin …. Brustkrebs bekommen habe. Sie erfahre vom Hersteller eines vermeintlichen Heilmittels. Die Zeugin … berichtet selbst, sie seien im Herbst 2017 zum Herrn B. gekommen. Sie hätten erfahren, dass sich die Knochenmetastasen vermehrt hätten. Man bekomme Panik. Dann habe ein Freund ihrer Schwester gesagt, er kenne jemanden, der habe ein Krebsheilmittel, das den Krebs nicht nur besiege, sondern auch immun dagegen mache. Sie seien skeptisch gewesen. Aber ihre Mama habe nach jedem Strohhalm gegriffen. Die Sprecherin führt aus, die Familie habe den Angeklagten B. in einem Immobilienbüro in Bayern getroffen. Die Zeugin … berichtet sodann, der Herr B. habe gemeint, dass das BG-MUN dafür sorgen werde, dass in den nächsten Monaten die Tumore erst weich würden und dann, dass sie innerhalb eines halben Jahres komplett verschwunden sein würden. Er habe zur Wirkungsweise genauso wenig sagen können, wie zu den Inhaltsstoffen. Er habe nur gemeint, dass das das Immunsystem so „hochpushe“, weil die einzige Möglichkeit den Krebs zu besiegen, sei, seiner Meinung nach, das Immunsystem. Das habe angeblich die Möglichkeiten, wenn es nur dieses BG-MUN bekäme.
668
Danach folgen Ausführungen zur … durch die Sprecherin, die diese bereits im Beitrag vom 15.05.2019 gemacht hatte. Zusätzlich wird ausgeführt, dass es Patientenberichte in Broschüren gebe, in denen es heiße BG-MUN heile neben Krebs auch MS und AIDS. Laut Beipackzettel bestehe das Mittel aus Wasser, Zucker, DNS, Proteinen und Aminosäuren. Danach wird … eingeblendet, die angibt, dass es sich um ein Extrakt aus aufgelösten tierischen Zellen handle. Es gebe keine Angaben zu Mengen oder genauere Aufschlüsselungen, was das sei. Im Prinzip könne man auch sein Steak essen oder sich spritzen lassen. Das mache so in der Zusammensetzung keinen Sinn.
669
Es wird ein Foto einer weiblichen Person eingeblendet. Dazu heißt es, davon wisse … im Herbst 2017 nichts. Sie vertraue den Heilsversprechen von …. Noch während des Treffens habe er ihr die erste Dosis BG-MUN gespritzt. Die Familie bezahle 6.200,00 €. 5.900,00 für BG-MUN. Der Rest für Nahrungsergänzung. Die Zeugin … wird eingeblendet und führt aus: „Er hat sich dann ja noch als großer Held hingestellt, dass das Mittel ja eigentlich wegen des großen Aufwandes in der Produktion viel teuer sein müsste und dass er aber so ein großer Menschenfreund ist, dass er das eben für nur 5.900,00 € anbietet, was ja quasi der Selbstkostenpreis ist.“
670
Die sternTV-Sprecherin führt aus, dass sich aus einem Dokument der …, das ihnen vorliege, ergebe, dass die Gewinnspanne bei BG-MUN anscheinend „horrend“ sei. So verkaufe B. das Mittel für 2.400,00 € an Landeshändler. Der Endkunde bezahle 6.000,00 €. Sie hätten den Pharmakologen … gefragt, was es tatsächlich wert sei. … wird eingeblendet. Es handelt sich um dieselbe Sequenz, wie im sternTV-Beitrag vom 15.05.2019.
671
Danach wird … eingeblendet. Danach werden die wesentlichen Elemente des sternTV-Beitrages vom 15.05.2019 wiederholt, insbesondere auch die versteckten Aufnahmen in der Praxis der Angeklagten G.
672
Ergänzend wird die … gezeigt, wie sie mit einer weißen Pappschachtel und einem Schnellhefter auf ein großes Gebäude zugeht. Dazu heißt es, dass sternTV das bei der Angeklagte G. gekaufte BG-MUN an die Arzneimittelüberwachung der Regierung von Oberbayern übergeben habe. Es werde derzeit im Labor untersucht und überprüft, ob ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz vorliege.
673
Danach werden die Szenen und Ausführungen zum Professorentitel der Angeklagten G. wiederholt. Ergänzend wird ausgeführt, dass sie diesen bis zur Ausstrahlung der versteckten Aufnahmen geführt habe. Außerdem wird ausgeführt, dass sternTV entgegen den mündlichen Ausführungen von … G. zu ihrem Professorentitel auf ihrer Website einen Hinweis entdeckt habe, in dem es heiße, dass die Ehrenprofessorwürde durch die Canceraid Church Nevada verliehen worden sei. Die Canceraid Church habe bis vor kurzem auf ihrer Website noch das Mittel BG-MUN angeboten. Den Hinweis zu ihrem Professorentitel habe … G. nach Ausstrahlung des Berichtes von ihrer Website gelöscht. Ebenso sei der Titel von der Onlineseite der … gelöscht worden, deren Ortsvorsitzende …G. sei. Ebenso sei der Titel von der Website der … G. entfernt worden.
674
Danach wird erneut ein Gebäude eingeblendet. Dazu wird ausgeführt, dass die Behörden inzwischen aktiv geworden seien. Das Landratsamt … prüfe die Rücknahme der Heilpraktikererlaubnis von …G. Die zuständige Staatsanwaltschaft habe mitgeteilt, dass sie ein Ermittlungsverfahren gegen 3 Personen eingeleitet habe und Durchsuchungen durchgeführt worden seien.
675
Dann ist die … zu sehen, wie sie durch eine kleinere Straße fährt. Es wird mitgeteilt, dass diese 2 Wochen nach den versteckten Aufnahmen erneut nach S. fahre. Sie wolle mit der Angeklagten G. erneut über die Vorwürfe sprechen. Die Reporterin rennt auf die Angeklagte zu, die gerade in ein Auto einsteigen will. Die Angeklagte will keine Auskunft erteilen. Im Hintergrund ist die … zu sehen, die der Angeklagten vorhält: „Menschen sterben wegen Ihnen und brechen die Chemotherapie ab. Wollen Sie dazu nichts sagen?“
676
Die Sprecherin führt weiter aus, die … habe auf den Bericht reagiert und die Website des Produktes offline genommen. Auf die schriftlichen Anfragen von sternTV habe die Heilpraktikerin die Vorwürfe bestritten. Zum Professorentitel habe sie sich nicht mehr geäußert. B. habe eine Stellungnahme abgelehnt.
677
Erneut wird die Zeugin … eingeblendet. Die Sprecherin führt aus, dass … verstorben sei. Vor ihrem Tod habe sie sich nochmals an … erinnert. Die Zeugin … berichtet, vor ihrem Tod habe ihre Mutter ihren Geldbeutel ausgeräumt und die Visitenkarte des B. gefunden. Sie habe ihr gesagt, ob sie sich bei dem nochmals melden solle, weil sie es einfach so furchtbar finde, wie der ihre Situation ausgenutzt habe und dass dieser ein so schlechter Mensch sei, weil er Geld mit todkranken Menschen mache und diesen falsche Hoffnungen mache.
678
Danach ist die … zu sehen, die sich augenscheinlich auf … befindet. Ein Anrufversuch bei dem Angeklagten B. schlägt fehl. Die Sprecherin berichtet, sternTV sei zu der auf seiner Website angegeben Adresse in der Nähe von Larnaca gefahren. Als die … klingelt, öffnet der Angeklagte B. die Wohnungstür. Die … schüttelt dem Angeklagten B. die Hand und sagt dann auf seine Frage, was sie wolle, dass sie gerne über BG-MUN sprechen wolle. Der Angeklagte B. antwortet, seine Sicht der Dinge sei, dass „sie“ Hersteller eines ganz speziellen Produktes, und zwar eines funktionellen Lebensmittels seien. Dann schließt er die Tür. Die … ruft, dass wegen des Angeklagten B. Menschen sterben, die die Chemotherapie abbrechen. Er verkaufe ein wertloses Mittel für tausende Euro.
679
Erst wird erneut die Zeugin … eingeblendet. Die Sprecherin führt aus, dass diese und deren Mutter nie wieder vom Angeklagten B. gehört hätten. Der Zeugin liege viel daran, die Geschichte ihrer verstorbenen Mutter zu erzählen. Die Zeugin führt selbst aus, sie habe sich nach dem Tod ihrer Mutter geschworen, sie lebe jetzt so, wie ihre Mutter es wollen würde. Sie wisse, ihre Mutter würde wollen, dass das ans Licht komme. Diese „Schweinerei“ müsse aufgeklärt werden.
680
Danach wird zurück ins Studio geschaltet, wo die Zeugin … gemeinsam mit … und einer Onkologin sitzt.
681
… fragt nach, welchen Eindruck der Angeklagte B. bei dem Treffen auf sie gemacht habe. Die Zeugin führt aus, dass das alles eine ganz dubiose Sache gewesen sei. Er habe keine Geschäftsräume gehabt, sondern dieses Immobilienbüro. Sie habe sich eine repräsentative Persönlichkeit vorgestellt, die auch was zu dem Mittel sagen könne. Nicht mal die Mühe habe er sich gemacht. Dort habe ein „ungepflegter und inkompetenter alter Mann“ gesessen, von dem sie letztendlich nicht einmal einen Staubsauger gekauft hätte.
682
Damals habe sie noch nicht so viel Ahnung von Medizin gehabt, aber bei diesen Versprechungen war klar, dass da was nicht stimme. Sie habe nachgefragt. Er habe gar nichts sagen können. Nur irgendwelche Listen, aber nichts genaueres. Auf die Frage, was sie von dem Mittel halte, führt die Onkologin … aus, es handle sich um ein Lebensmittel. Man könne auch Milch trinken. Das habe ähnliche Inhaltsstoffe. Man solle vorsichtig sein, wenn man solche Dinge als Medikament nutzen wolle.
683
… führt aus, … habe erzählt, dass ihr gesagt worden sei, dass das Mittel für viele Millionen von der Pharma habe gekauft werden sollen. Dazu gibt die Zeugin … an, dass sie diese Geschichte auch kenne. Außerdem sei es ja auch mal ein Arzneimittel gewesen. Es habe so vielen Menschen geholfen. Nun, da er es nicht habe verkaufen wollen, sei die Pharmaindustrie hinter ihm her und trachte ihm nach dem Leben. Dazu schüttelt sie den Kopf.
684
Die Onkologin berichtet, dass so etwas vielen passiere. Sie zeigt Möglichkeiten auf, in der alternativen Medizin Angebote zu bewerten.
685
… fragt nach, was sie über die Heilpraktikerin denke, die sich von dem Mittel völlig überzeugt zeige. … antwortet, dass das entweder „Zynismus pur“ sei oder eine Überschätzung der eigenen Person.
686
… fragt nach, dass es sich um eine Überschätzung handle, die „schädlich, tödlich“ sei. … führt aus, dass das sicher kein Einzelfall sei. … nimmt Bezug auf eine Besucherin des Studios vor 3 Jahren. Sie reden darüber, wie man am besten mit sowas umgehen kann.
(c) SternTV-Bericht vom 29.09.2019
687
In dem Bericht vom 29.09.2019 werden im eingeblendeten Beitrag im Wesentlichen die Szenen und Berichte aus dem Beitrag vom 15.05.2019 und 05.06.2019 wiederholt, sodass diesbezüglich auf die Ausführungen unter C. III. 3. e) (5) (a) und (b) Bezug genommen wird. Im nachfolgenden werden daher nur die Inhalte im Wesentlichen zusammengefasst, die zuvor noch nicht Inhalt des Beitrages waren.
688
… leitet den Beitrag ein mit den Worten, dass es eine gute Tat sei, todkranken Menschen Hoffnung zu machen. Ihnen Hoffnung „sauteuer zu verhökern“, das sei „nur absolut widerwärtig“. Außerdem berichtet er, dass … verstorben sei. Ihr Ehemann, der Zeuge …, habe sich bei sternTV bedankt. Er habe ihnen geschrieben, „der Kampf gegen diese Scharlatanerie habe … viel Kraft gegeben. Und dass das aufgedeckt wurde, könnte man als ihr Vermächtnis bezeichnen“. …G. könne nun ihre Zulassung verlieren. Die Nerven habe sie längst verloren, wie sternTV bei einem Besuch feststellen konnte.
689
Nun wird die … eingeblendet, die die Angeklagte G. vor ihrer Praxis in S. beim Aussteigen aus dem Auto anspricht und ihr die Laborergebnisse vorhalten will. Dazu sagt sie: „Hier steht offiziell, dass BG-MUN wirkungs- und wertlos ist.“ Die Angeklagte versucht zunächst die Autotür wieder zu schließen und wiederholt immer wieder: „Kein Kommentar“. Als das fehlschlägt, steigt sie aus und versucht in ihre Praxis zu gelangen. Dabei zerrt sie die … mit in die Praxis und schließt die Tür. Die … schreit, dass die Angeklagte G. sie hier nicht einsperren könne.
690
Es kommt zu einem Kameraschnitt und es werden wieder die Szenen gezeigt, wie die … BG-MUN bei den Behörden abgibt. Nun gebe es ein Untersuchungsergebnis, das ihnen vorliege.
691
… wird eingeblendet. Diese äußert, dass das in keiner Weise geeignet sei, um damit eine Krebserkrankung zu bekämpfen oder irgendetwas zu verbessern. Das sei also eine „ganz klare Scharlatanerie“.
692
Danach wird … Geschichte wiederholt, die sternTV im März 2019 getroffen habe. Die versteckten Aufnahmen in der Praxis der Angeklagten G. werden wiederholt. Ergänzend wird ausgeführt, dass die Berliner Charité sternTV mitgeteilt habe, dass sie BG-MUN weder eingesetzt noch wissenschaftlich untersucht hätten.
693
Nach einem Kameraschnitt ist wieder … zu sehen. Dieser habe sternTV, nach Angaben der Sprecherin, die offiziellen Untersuchungsergebnisse gezeigt. … führt aus, dass diese Inhaltsstoffe überhaupt nicht helfen könnten. Die Zusammensetzung habe keinen Vorteil gegenüber einem eiweißhaltigen Lebensmittel. Die Mengen seien so gering, dass damit überhaupt nichts im Körper passiere. Das Ganze sei weiterhin ein „gigantischer Betrug an unseren Patienten“. Offensichtlich gehe es diesen Menschen darum, Geld mit dem Leben der Patienten zu machen.
694
Danach wird … eingeblendet, der ausführt, dass das Produkt von den Inhaltsstoffen kein Euro wert sei. Es gehe einfach darum viel Geld und ganz schnell zu verdienen. Es sei „Geschäftemacherei“.
695
Danach wird die Geschichte von … weitererzählt, ohne Neuerungen. Im Anschluss wird erneut gezeigt, wie die … den Angeklagten B. auf … aufsucht.
696
Es wird sodann zurück geblendet auf die eingangs beschriebene Szene. Die … wird letztlich aus der Praxistür geschoben und diese sodann geschlossen. Die Sprecherin beschreibt die Szene damit, dass die Tochter der Angeklagten die Situation geklärt habe und die Reporterin die Praxis habe verlassen können. Die … ruft gegen die geschlossene Tür, ob die Angeklagte immer noch BG-MUN für tausende Euro an verzweifelte Patienten verkaufe oder ob sie eingesehen habe, dass das ein dubioses Geschäft gewesen sei. Eine Antwort erfolgt nicht.
697
Danach berichtet sternTV, dass die Staatsanwaltschaft ermittle und das Landratsamt die Zulassung der Angeklagten prüfe. Diese arbeite weiterhin in ihrer Praxis.
698
SternTV berichtet nochmals über den Tod von … am 25.07.2019 und das Schreiben des Zeugen ….
699
Es wird zurück ins Studio geschaltet. … ist mit einer Person zu sehen, die er als …, eine Pharmazeutin vom deutschen Krebsinformationsdienst vorstellt.
700
Vor den beiden steht auf einem kleinen Tisch gefüllte Glasschüsseln sowie einige Papierverpackungen, auf denen teilweise weißes Pulver aufgedruckt ist. … fragt …, ob „diese Geschichte ihr auch so die Schuhe ausziehe“ wie ihm. Diese antwortet, solche Fälle machten einen immer wieder fassungslos. … führt aus, dass die Untersuchungsergebnisse ergeben hätten, dass sich in BG-MUN hauptsächlich Aminosäuren befänden. Dazu hebt er eine der Papierverpackungen hoch. Es handle sich um Phenylanin, Tryptophan und L-Tyrosin. Außerdem noch Histedin. Das sei nachgewiesen worden. Man habe das alles im Internet bestellen können. Das sei kein Hexenwerk. … führt aus, dass Aminosäuren in Kleinstmengen weder Krebs heilen noch aufhalten könnten. Das sei Betrug.
701
… führt aus, dass man die aufgefundenen Aminosäuren ganz häufig finden könne und fasst dabei die Glasschüsseln an. Deshalb hätte sternTV aufgebaut, welche Produkte diese Aminosäuren auch enthielten. Ein Glas Milch, roher Lachs, Walnüsse, Schokolade oder auch Erbsen. … ergänzt, dass in den Lebensmitteln sogar eine Vielzahl der aufgefundenen Aminosäuren von BG-MUN befände. Man müsse keine Aminosäuren extern zuführen.
702
… führt aus, der „Treppenwitz“ sei, dass sich die Zutaten in „Winzmengen“ in BG-MUN befänden. Sie hätten das mal ausgerechnet. Die Zutaten hätten sie 72,00 € gekostet. Man könne damit BG-MUN-Ampullen im Verkaufswert von 147.500.000,00 € herstellen. Das zeige auch bei Berücksichtigung des Herstellungsprozesses ganz gut die Gewinnmarge, mit der da operiert werde. Man zahle also 5.900,00 € für ein „Wässerchen“, das medizinisch „nix“ könne. Er fragt …. … ob der Hersteller oder so eine Heilpraktikerin selbst an das ganze glauben würden. Diese antwortet, sie glaube, es gebe beides. Menschen, die es glaubten, denen, denen das egal sei, und die, die Geld machen wöllten.
703
… fragt nach, dass der Hersteller behaupte in BG-MUN seien Hitzeschockproteine. … führt aus, dass diese keinen Stellenwert in der Krebstherapie hätten. Sie seien interessant für Krebsforscher. Man wolle diese Proteine aber hemmen, denn die Krebszelle bilde diese, um sich zu schützen. Zuführen wäre daher nicht sinnvoll.
704
… berichtet, dass ein Ausschuss über die Zulassung der Angeklagten G. getagt habe. Das Ergebnis der Entscheidung sei noch nicht bekannt. … führt dazu aus, dass Krebstherapie und darin seien sich alle einige, auch seriöse Heilpraktiker, nicht in die Hände von Heilpraktikern gehören. Sie hoffe aber, dass Heilpraktiker, die nicht verstünden, dass sie Krebskranke nicht behandeln könnten, nicht mehr praktizieren dürften.
(d) SternTV-Bericht vom 16.10.2019
705
In dem Bericht vom 16.10.2019 werden im eingeblendeten Beitrag im Wesentlichen die Szenen und Berichte aus dem Beitrag vom 15.05.2019, 05.06.2019 und 29.09.2019 wiederholt, sodass diesbezüglich auf die Ausführungen unter C. III. 3. e) (5) (a) bis (c) Bezug genommen wird. Im nachfolgenden werden daher nur die Inhalte im Wesentlichen zusammengefasst, die zuvor noch nicht Inhalt des Beitrages waren.
706
… moderiert den Beitrag dieses mal mit den Worten: „Ich frage mich jetzt seit einigen Wochen schon, was sind das eigentlich für Menschen, die die Verzweiflung todkranker Menschen zum Geschäftsmodell erklären? Da denkt sich ein windiger Geschäftemacher ein vermeintliches Wundermittel gegen Krebs aus. Da werden scheinbar private Gartenfeste veranstaltet, auf denen Krebspatienten geködert werden mit regelrechten Geschichten von Wunderheilungen. Da gibt’s eine Heilpraktikerin die dieses billige Wässerchen dann auch noch begeistert bei ihren Parienten anpreist und für 5.900,00 € verkauft. Eine dieser betroffenen Patientinnen hatte den Mut diese Abzocke hier bei sternTV öffentlich zu machen. […].“
707
Danach beginnt der Beitrag. Es werden zwei Ausschnitte aus dem Interview mit … gezeigt, die zuvor noch nicht Inhalt der Beiträge waren (vgl. S. 364). Es wird ein Foto der Angeklagten G. eingeblendet und mitgeteilt, dass ihr 2 Wochen zuvor die Zulassung entzogen worden sei auch wegen des Falles von … Dies habe die zuständige Behörde mitgeteilt. Danach wird weiter berichtet, was … erlebt haben soll. … berichtet, dass sie total euphorisch gewesen sei (vgl. S. 358). Außerdem berichtet sie vom Kauf des Mittels BG-MUN, was bislang ebenfalls noch nicht Gegenstand der Berichte war (vgl. S. 361).
708
Die heimlichen Aufnahmen werden erneut gezeigt. Dabei werden erstmals weitere Aufnahmen gezeigt (vgl. S. 176). Die Anfrage bei der Berliner Charité wird erneut gezeigt.
709
Im Anschluss wird … eingeblendet, die von den Angeboten der Pharmaindustrie an den Angeklagten B. bzw. dessen Verfolgung durch die Pharmaindustrie berichtet (vgl. S. 358). Die Kosten für BG-MUN werden dargelegt, während die Angeklagte G. eingespielt wird, wie sie das von sternTV übergebene Geld zählt. … berichtet darüber, was sie denkt, worum es den Angeklagten ging (vgl. S. 364).
710
Die Übergabe von BG-MUN an die Behörden sowie die offiziellen Untersuchungsergebnisse werden erneut gezeigt. … wird eingeblendet. Er beschreibt, dass man die Aminosäuren aus BG-MUN im Internet bestellen könne. Es handle sich um wenige Euro. Der Preis von BG-MUN sei „sozusagen asozial“. Das sei ein Preis, den man nur nehmen könne, wenn man das Gefühl habe, es gebe Menschen, die bereits seien für ihre Krankheit alles auszugeben.
711
Der dritte Besuch von sternTV, bei dem die … in die Praxis der Angeklagten G. gelangte, wird wiederholt. Das Ermittlungsverfahren sowie der Zulassungsentzug werden erneut erwähnt. Der Tod von … wird erneut erwähnt. Dabei werden die Bilder von ihr und den Zeugen … und … im Park erneut gezeigt. Abschließend wird ein Ausschnitt aus dem Interview mit Sabine Hartung gezeigt, in dem sie ihre Motivation, dass diese Leute damit nicht durchkommen dürfen, erwähnt (vgl. S. 363).
712
Im Studio sitzen im Anschluss … sowie die Zeugin ….
713
Auf die Frage, wie es mit dem Wissen gehe, dass die Heilpraktikerin wohl nicht mehr praktizieren dürfe, antwortet sie, sie sei sehr erleichtert. Sie finde, dass solche Menschen kein Recht hätten, total kranke Menschen zu behandeln oder überhaupt Menschen zu behandeln. Sie hoffe, dass die ihre Praxis nie wieder eröffnen dürfe und niemandem mehr falsche Versprechungen machen dürfe. … betont, dass sich das nicht gegen alle Heilpraktiker, sondern nur gegen „Scharlatane“ richte, die ein Mittel ohne nachweisliche Wirkung für „Unsummen“ verkauften.
714
… fragt die Zeugin …, wieso sie heute hier sei, wo es doch gar nicht ihr „ureigenster Wunsch“ gewesen sei, ins Fernsehen zu kommen. Die Zeugin … antwortet, dass sie es sich nicht zugetraut habe. Aber es sei ihr (meint erkennbar …) Herzensprojekt gewesen, dass „diese Scharlatane aufgedeckt und gebremst werden in ihrem schrecklichen Handeln“. Deshalb denke sie, dass sie für sie sprechen könne, dass sie das, wo immer sie sei, mitbekomme und sehr stolz sei.
715
… will wissen, wie … auf die Nachrichten der Hausdurchsuchung sowie das Aufspüren des Vertreibers durch sternTV reagiert habe. Die Zeugin … berichtet, dass sie total stolz und froh gewesen sei. Diese Menschen hätten ihr ja nicht nur das Geld aus der Tasche gezogen, sondern sie ja auch körperlich und auch seelisch enttäuscht und ihr geschadet. Sie habe Angst gehabt, dass die damit davon kämen. Es sei ihr letztes großes wichtiges Projekt gewesen.
716
… fügt hinzu, dass die beiden … auch Lebenszeit gekostet haben könnten. Er fragt nach, dass er wisse, dass die Zeugin … und auch der Vater – der Zeuge … – sich selbst Vorwürfe machten. … führt aus, dass es ihnen wichtig sei, dass die Familie zusammenhalte. Es sei der große Konflikt gewesen, dass manche gesagt hätten, … solle es lassen. Aber die sei so überzeugt gewesen und von denen beeinflusst, dass sie das trotzdem gemacht habe. Dadurch habe es eine Spaltung gegeben. Ihr Rat sei daher, man solle die Patienten begleiten und dann sehe man, wenn etwas komisch laufe und man könne direkt intervenieren.
(e) SternTV-Bericht vom 29.01.2020
717
In dem Bericht vom 29.01.2020 werden im eingeblendeten Beitrag im Wesentlichen die Szenen und Berichte aus dem Beitrag vom 15.05.2019, 05.06.2019 und 29.09.2019 und 06.10.2019 wiederholt, sodass diesbezüglich auf die Ausführungen unter C. III. 3. e) (5) (a) bis (d) Bezug genommen wird. Im nachfolgenden werden daher nur die Inhalte im Wesentlichen zusammengefasst, die zuvor noch nicht Inhalt des Beitrages waren.
718
… moderiert den Beitrag an, indem er ausführt, er liebe seinen Job. Zu ihm komme der „Dschungelkönig“, er lerne das Schminken. Aber richtig glücklich mache ihn, wenn die Arbeit bei sternTV etwas in Bewegung bringe. Vor 2 Wochen habe es Verhaftungen gegeben im Fall BG-MUN. Es sei ein ganz „zynisches Geschäft“. Den „windigen Geschäftsleuten“ werde nun doch nochmal beigekommen und sie würden zur Verantwortung gezogen.
719
Im Beitrag werden die Aufnahmen des Angeklagten B. auf … sowie die Aufnahme des dritten Besuchs von sternTV vor der Praxis der Angeklagten G. gezeigt. Dazu wird ausgeführt, dass diese es gewesen seien, die „die Not todkranker Menschen ausgenutzt“ hätten.
720
Beide seien nun verhaftet worden. Es wird sodann der ehemalige Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft I. … eingeblendet, der berichtet, dass der Beitrag Auslöser gewesen sei. Staatsanwälte schauten auch sternTV.
721
Die Sprecherin legt dar, dass Wohnungen in Bayern und auf … durchsucht worden seien. Der Vorwurf laute gewerbsmäßiger Betrug und der Handel mit einem nicht zugelassenen Arzneimittel, das Heilung verspreche, wo es keine gegeben habe.
722
Die Zeugin … wird eingeblendet. Der Bericht der Zeugin wird wiederholt. Ergänzend wird ein Ausschnitt gezeigt, in dem sie berichtet, der Angeklagte B. habe ihnen von dem Mittel vorgeschwärmt und ihnen Videos gezeigt, auf denen angeblich alles Menschen seien, die mit dem Mittel geheilt worden seien. Er habe ihrer Mama das direkt in den Bauch gespritzt. Die nächsten Ampullen solle sie sich selbst spritzen, dann sei die Sache in ein paar Monaten „gegessen“.
723
… wird erneut eingeblendet und wiederholt ihre Äußerungen zur Wirkungslosigkeit von BG-MUN. Auch … wird erneut gezeigt und spricht über den Preis von BG-MUN, der „asozial“ sei.
724
Die Zeugin … wird erneut eingeblendet und berichtet, nachdem das Geld überwiesen worden sei, sei der Kontakt komplett angebrochen. B. habe sich nie wieder gemeldet. Sie hätten sich auch nicht bei ihm gemeldet, weil klar gewesen sei, dass es nichts gebracht habe. Kurz darauf seien weitere Metastasen bei ihrer Mutter aufgetaucht. Sie denke, der habe auch gar kein Interesse daran, zu wissen, wie es den Menschen gehe, denen er das Geld aus der Tasche gezogen habe. Denn er werde sehr wohl wissen, dass es für diese Menschen keine Heilung gebe, besonders nicht mit seinem Mittel.
725
Das Firmennetzwerk des Angeklagten B. wird beleuchtet. Dabei wird der Angeklagte B. als „dubioser Geschäftsmann“ bezeichnet. Es werden Aufnahmen aus seinem Betrieb aus 2009 gezeigt, heißt es. B. habe sich nach … abgesetzt. Danach werden erneut die Aufnahmen im Apartment des Angeklagten B. gezeigt. Danach wird ein Foto der Angeklagten G. eingeblendet, diese habe es für B. vertrieben. Die versteckte Aufnahme wird erneut gezeigt. Die Anfrage bei der Charité wird gezeigt. Danach wird der zweite Besuch von sternTV bei der Angeklagten G. erneut gezeigt. Die Sprecherin berichtet dann über eingeblendeten Aufnahmen der beiden Angeklagten, dass beide letzte Woche verhaftet worden seien und sich nunmehr in Untersuchungshaft befänden.
726
Der Leitende Oberstaatsanwalt … wird wieder eingeblendet und nennt den gesetzlichen Strafrahmen des gewerbsmäßigen Betruges. Über die Strafhöhe entscheide das Gericht. Die Sprecherin fügt an, bis dahin gelte die Unschuldsvermutung.
727
Die Zeugin … berichtet erneut über das Gespräch mit ihrer Mutter über den Angeklagten B..
728
Danach sitzt die Zeugin … mit … im Studio. Dieser fragt sie, was sie über die Festnahme des Angeklagten B. denke. Sie berichtet, sie habe erst davon erfahren, als sternTV sie angerufen habe. Sie sei total erleichtert. Sie habe aktiv nicht mehr darüber nachgedacht. Es sei aber unterschwellig immer da. Ihr sei ein Stein vom Herzen gefallen, … will wissen, wie es sich im Hinblick auf das Statement des Staatsanwaltes anfülle, aktiv zu den Ermittlungen beigetragen zu haben. Die Zeugin … gibt an, dass sei natürlich schon ein sehr gutes Gefühl. Man habe anderen Menschen einen Gefallen getan. Sie hoffe, es falle niemand mehr auf diesen Mann herein. Das habe ihre Mutter auch gewollt. … fragt nach, ob die Zeugin selbst befragt worden sei. Sie bestätigt dies. Sie sei nach I. eingeladen worden und habe über den Herrn B. ausgesagt. Zur Frau G. habe sie leider nichts sagen können, denn die kenne sie nicht. … will wissen, ob sie Kontakt mit anderen Betroffenen habe. Dazu gibt die Zeugin … an, nein, das habe der B. ja auch unterbunden. Aus irgendwelchen dubiosen Gründen sei es nicht möglich andere Betroffene zu sprechen. Sie habe aber mit der Tochter von der Frau … auf Social Media Kontakt aufgenommen. … erörtert, dass der Angeklagte B. der Zeugin Handyvideos von anderen Patienten gezeigt haben soll. Die Zeugin … lacht und sagt, dass das bestimmt die anderen Patienten gewesen seien. Das Video habe irgendeinen Mann gezeigt. Es sei eine fremde Sprache gewesen mit Untertiteln. Der Mann sei blass und fahl, von Krankheit gebeutelt gewesen. Dann habe man gesehen, wie es dem immer besser gegangen sei. Durch BG-MUN. Der habe angeblich Lungenkrebs gehabt. Das sei absolut laienhaft zusammengeschnitten gewesen. Sie könne sich vorstellen, dass der Verlauf anders herum war. Sie sei damals im ersten Semester gewesen. Der Herr B. habe aber selbst mit ihren einfachen Fragen nichts anfangen können. Er habe keine Ahnung von Zellbiologie oder Tumorimmunologie.
729
… führt aus, wenn sie nun beide so lächelten, dann lächelten sie über diesen „unglaublich dreisten und zynischen Versuch, Menschen über den Tisch zu ziehen, der leider erfolgreich war.“
730
… will wissen, ob das ganze die Mutter der Zeugin … bis zuletzt beschäftigt habe. Das bestätigt sie. Sie habe gesehen, wie alle darunter gelitten hätten, dass jemand das Leid ihrer Familie ausgenutzt habe, um ein paar tausend Euro daraus zu schlagen. Sie habe sich aber auch für andere Patienten interessiert und gesagt, wie viele werden noch wegen diesem Mann die Chemotherapie abbrechen und einfach sterben. Der lasse die ja bis zum Schluss ins Messer laufen. So sage er, wenn man eine radiologische Untersuchung habe, werde man denken, die Metastasen seien mehr geworden, aber das täusche. Man habe also keine Chance.
731
… führt aus, dass die Zeugin nur wegen ihrer verstorbenen Mutter anwesend sei. Am nächsten Tag habe sie eine Prüfung. Deshalb wolle er mal wissen, ob sie irgendwas mit in das Berufsleben nehme aus dieser Geschichte. Sie bestätigt dies. Ihr sei wichtig, wie man mit Krebspatienten umgehe. Man müsse die Menschen aufklären. An „Scharlatanerie“ werde heute mehr geglaubt.
(f) SternTV-Bericht vom 30.12.2020
732
Bei dem sternTV-Bericht vom 30.12.2020 handelt es sich um einen Zusammenschnitt der Inhalte der vorigen Beiträge als Teil der Sendung „Best of 2020“. Neue visuelle Inhalte konnten nicht festgestellt werden.
733
Lediglich der gesprochene Inhalt weicht dahingehend ab, als dass ausgeführt wird, dass der mit schweren Betrugsvorwürfen konfrontierten Heilpraktikerin „nichts besseres“ einfalle, als die Reporterin in ihrer Praxis einzusperren. Das habe es in 30 Jahren sternTV noch nicht gegeben. SternTV habe mit Hilfe von … „einen Betrug aufgedeckt, der fassungslos“ mache. Außerdem wird die Angeklagte als „…G.“ bezeichnet.
(g) SternTV-Bericht vom 23.06.2021
734
In dem Bericht vom 23.06.2021 werden im eingeblendeten Beitrag im Wesentlichen die Szenen und Berichte aus dem Beitrag vom 15.05.2019, 05.06.2019 und 29.09.2019, 06.10.2019 und 29.01.2020 wiederholt, sodass diesbezüglich auf die Ausführungen unter C. III. 3. e) (5) (a) bis (e) Bezug genommen wird. Im nachfolgenden werden daher nur die Inhalte im Wesentlichen zusammengefasst, die zuvor noch nicht Inhalt des Beitrages waren.
735
… moderiert den Beitrag an mit den Worten: „Wer einem todkranken Menschen trügerische Hoffnung zu verkaufen, das ist schon wirklich ein besonders widerliches Geschäftsmodell.“
736
Die Reaktionen der Zuschauer sei vor 2 Jahren einhellig gewesen, dass das moralisch unterste Schublade sei. Ob es auch ein Verbrechen sei, werde seit Freitag vor Gericht geklärt.
737
Es wird der Zeuge … vor dem Ingolstädter Landgericht gezeigt. Dieser führt aus, es sei ein Vermächtnis seiner Frau. Man habe seine Frau nach Strich und Faden betrogen. Auch andere Menschen. Er fühle eine sehr große Genugtuung, dass es nun endlich losgehe. Im Anschluss erfolgt ein Rückblick der gesamten Recherche. Neue Inhalte, die nicht bereits Inhalt der übrigen Beiträge waren, werden zunächst nicht gezeigt.
738
Als die versteckten Aufnahmen bei der Angeklagten G. im Mai 2019 gezeigt werden, betont die Sprecherin, dass die nachfolgende Szene ungeschnitten sei. Im Ausschnitt geht es um die Kombination von BG-MUN und einer Chemotherapie (vgl. S. 177). Die Sprecherin rührt aus, dass die Verteidigung sternTV vor Gericht vor allem im Hinblick auf Schnitt und Zusammenstellung angegriffen habe. Deshalb zeige sternTV nun eine weitere ungeschnittene Passage, in der die Angeklagte G. BG-MUN anpreise. Es folgt ein weiterer Ausschnitt, in dem die Angeklagte G. über BG-MUN als Arzneimittel spricht ergänzend behauptet, BG-MUN verbrenne Krebszellen (vgl. Bl. 186).
739
Zum Angeklagten B. wird ergänzend mitgeteilt, dass die Recherchen ergeben hätten, dass dieser bereits 2018 zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen eines ähnlichen Sachverhaltes mit BG-MUN verurteilt worden sei.
740
Im Hinblick auf das gegenständliche Verfahren wird berichtet, dass die Angeklagte G. 14 Monate in Untersuchungshaft gewesen sei. Der Angeklagte B. sitze nach seiner Auslieferung nach wie in Untersuchungshaft. Angeklagt seien die beiden wegen „gewerbsmäßigen Betruges und schwerer Körperverletzung“. Die Anklage umfasse 70 Fälle. Die Unschuldsvermutung gelte bis zum Urteil, das im Februar 2022 erwartet werde.
741
Im Studio befinden sich sodann die Zeuginnen … und ….
742
… will wissen, was die Zeugin … über den Prozessauftakt denkt. Diese teilt mit, es sei alles nochmal hochgekommen. Es sei ein Riesenschritt. Dieser Kampf ihrer Mutter werde nun endlich weitergekämpft werden. Sie hofften einfach, dass „diese Verbrecher verurteilt werden.“ Die Zeugin … gibt dazu an, bei ihr sei ein großer Ekel hochgekommen, weil der Anblick dieses B. die ganzen Erinnerungen wiederbringe. Sie schaue mit gemischten Gefühlen hin. Sie wisse nicht, was man in so einem Fall für eine Strafe verhängen solle. Es gebe keine gerechte Strafe. Sie hätten ihre Mütter verloren. Sie (sie deutet dabei …) habe wegen des B. vielleicht sogar ihre Mama verloren. Sein Leben für ihr Leben, das gehe nicht. Sie finde aber, dass es weh tun solle. Die Zeugin … betont, dass es ihr super wichtig sei, dass das ein Beispiel dafür werde, dass es sich lohne auch mit letzter Kraft zu kämpfen. Ihre Mama habe nur ja nur noch wenige Wochen zu leben gehabt, als sie damit an die Öffentlichkeit gegangen sei. Trotzdem habe sie alle ihre letzten Kräfte zusammen „gekärcht, um diese Verbrecher zu stoppen.“ Sie wünsche sich so sehr, dass es da einen Sieg gebe. Dass das für immer gestoppt werde.
743
… will wissen, wie es beiden damit gehe, im Laufe des Prozesses als Zeugen aussagen zu müssen. Dazu gibt die Zeugin … an, dass es ihr eigentlich ganz gut gehe. Sie wolle gerne sagen, was sie alles erlebt habe. Sie könne sich an vieles ganz gut erinnern. Sie habe aber auch Angst dem B. wieder zu begegnen und frage sich, wie er ihr entgegentrete. Ob ihm das egal sei oder ob ihr unverhohlen in die Augen schaue oder sich schlecht fühle.
744
Beide bestätigen auf Nachfrage von …, sie seien sich vor dem heutigen Abend noch nie begegnet. Sie hätten aber Kontakt aufgenommen. Die Zeugin … berichtet von einer hohen öffentlichen Resonanz.
745
… betont, dass es ihnen nicht um alle Heilpraktiker gehe, sondern nur um dieses „mutmaßlich kriminelle Geschäftsmodell“. Das bestätigt die Zeugin …. Sie habe nach „diesem Betrug absolut das Vertrauen verloren in Heilpraxis und Alternativmedizin“.
746
Danach sprechen die Beteiligten über die Anzahl von 70 Geschädigten.
747
… fragt sodann, was die Zeuginnen darüber denken, dass die Verteidigung behaupte, dass alles nur an der Berichterstattung durch sternTV liege, diese habe alles aus dem Zusammenhang gerissen. Darüber lacht die Zeugin … und gibt an, dass das lächerlich sei. In Wirklichkeit sei alles noch viel dreister gewesen. Der Herr B. habe auch versucht, ihr das Mittel anzudrehen, weil es ewig jung halte. Wenn sie gesagt hätte, sie wolle fliegen lernen, hätte er sicher auch gesagt, sie solle das nehmen.
748
Auf Nachfrage gibt sie an, sie wolle mit Krebspatienten zusammenarbeiten. Sie wolle aufklären, was Scharlatanerie sei und was nicht. Ihre Oma habe eine tolle Heilpraktikerin.
(h) Schlussfolgerungen der Kammer
749
Aufgrund des Augenscheins sowohl der originalen Videoaufnahmen in der Praxis der Angeklagten G. als auch der zahlreichen Berichte von sternTV steht für die Kammer fest, dass es zu keinerlei sinnentstellenden Zusammenschnitten durch sternTV gekommen ist. Zwar hat sternTV in den Berichten offensichtlich die Tonspur eines späteren Gesprächs in einem anderem Raum über das Gespräch im ersten Behandlungszimmer gelegt, gleichwohl bleibt der Inhalt der Äußerungen gleich. Die Angeklagte G. hat von einer Chemotherapie abgeraten. Dieses Abraten ist nicht durch einen geschickten Schnitt inszeniert worden, sondern wurde tatsächlich so von ihr geäußert. Auch die von der Angeklagten G. aufgestellten Versprechungen, was BG-MUN alles können soll, wurden genau so geäußert. Ebenso die Ausführungen zur Arzneimitteleigenschaft und dem Einsatz von BG-MUN in der Berliner Charité. SternTV hat sogar Aussagen wie, damit haben „wir sogar schon Lymphome weggekriegt“ etc. überhaupt nicht ausgestrahlt.
750
Lediglich im Hinblick auf den Professorentitel der Angeklagten G. ist festzustellen, dass diese zumindest in den geheimen Aufnahmen abweichend von der Darstellung im sternTV-Beitrag nicht behauptet, sie habe den Titel von der Viadrina Universität in Frankfurt an der Oder. Ob und was die Angeklagte G. zu dem Titel gegenüber sternTV in einem Telefonat gesagt hat, wie es im Beitrag gesagt wurde, ließ sich nicht mehr aufklären.
751
Aus den in Augenschein genommenen Berichten ergibt sich ferner eine erhebliche Prangerwirkung für die Angeklagten. Diese werden mehrfach als „Scharlatane“, „Verbrecher“ und „schlechte Menschen“ bezeichnet. Auch wenn sternTV zumindest vordergründig angibt, für die Angeklagten gelte die Unschuldsvermutung, bis sie rechtskräftig verurteilt seien, wurde gleichzeitig deutlich, dass sternTV die Angeklagten für schuldig hielt. Die Angeklagten wurden unverpixelt gezeigt. Ihre vollen Namen wurden genannt. Der Wohnort der beiden Angeklagten wurde bis auf die Stadt eingegrenzt. Der Angeklagten G. wurde mehrfach aufgelauert. Sie wurde daran gehindert, ihr Fahrzeug zu verlassen. Die Angeklagte G. wurde mehrfach mit Fragen und Vorwürfen konfrontiert, obwohl sie ausdrücklich zu verstehen gegeben hatte, dass sie keinerlei Angaben gegenüber der Presse machen möchte. Das von sternTV geschilderte Verhalten der Angeklagten wurde als „asozial“ und „Abzocke“ bezeichnet.
752
Für die Kammer steht aufgrund der in Augenschein genommenen Berichte, insbesondere dem Verhalten der Journalisten gegenüber den Angeklagten, fest, dass die Journalisten von sternTV mit der Recherche zu dem später gesendeten Fernsehbeitrag allein das Ziel verfolgten, ein von diesen vermutetes unseriöses Geschäftsgebaren der Angeklagten G. und des Angeklagten B. investigativ aufzudecken und ihre Recherchen daher einseitig im Sinne dieses Ziels betrieben haben. Dies zeigt sich auch daran, dass in dem sternTV-Beitrag das Erlangen des Professorentitels der Angeklagten G. im Widerspruch zu den verdeckten Aufnahmen dargestellt worden ist.
753
Diese Schlussfolgerung ändert jedoch nichts daran, dass die Beiträge im Ergebnis keine Sinnentstellung der Aussagen der Angeklagten G. enthalten.
754
Aus den in Augenschein genommenen Berichten ergibt sich ferner, dass die Zeugin … eine grundlegend kritische Haltung gegenüber den Angeklagten G. und B. hat sowie ein erkennbares Bestreben der Zeugin …, dass die Angeklagten für das ihnen vorgeworfene Verhalten zu Verantwortung gezogen werden und entsprechende Folgen zu tragen haben, mithin einen erheblichen Belastungseifer.
f) Aufbau des Vertriebs durch die Angeklagten B. und G.
755
Der Angeklagte B. band die Angeklagte G. zunehmend in den Vertrieb von BG-MUN ein, wobei er zumindest im Jahr 2017 noch häufig selbst maßgeblich tätig wurde.
756
Diese Feststellung beruht auf den Angaben der Zeugen … und … sowie auf den Angaben der Zeugen …, und … sowie den verlesenen Urkunden und den verlesenen W...App-Nachrichten zwischen den Angeklagten, die eine zunehmende Einbindung der Angeklagten G. nochmals bestätigen.
757
Der erste Verkauf von BG-MUN an die Zeugen … ist zugleich auch der erste Fall, bei dem die Kammer eine Beteiligung der Angeklagten G. feststellen konnte. Der Verkauf von BG-MUN an die Zeugen … illustriert zur Überzeugung der Kammer bei Betrachtung der zeitlichen Komponente die zunehmende Einbindung der Angejagten G. in den Vertrieb von BG-MUN.
758
Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehensablauf in den 3 Fällen zulasten der Zeugin … beruhen auf den übereinstimmenden Angaben der Zeugen … und …, die mit den objektiven Beweismitteln in Einklang stehen. Die Kammer hat daher keinen Anlass an der Richtigkeit der Angaben der Zeugen … zu zweifeln.
759
Die Zeugen … berichteten übereinstimmend von den Symptomen und der Hashimoto-Erkrankung der Zeugin … sowie von ihren Besuchen bei der Angeklagten G.. Ebenso schilderten sie miteinander in Einklang stehend, dass die Angeklagte G. das Mittel BG-MUN erstmals erwähnt habe. Die Zeugin … berichtete weiter, dass die Angeklagte G. ihr über BG-MUN zunächst gesagt habe, dass das Mittel ihr bei ihrer Hashimoto-Erkrankung helfen könnte und dass es früher einmal ein Medikament gewesen sei, hier nun aber nicht mehr erlaubt sei. Der Angeklagte B. sei selbst krank, nehme das Produkt und es helfe auch ihm.
760
Die Angeklagte G. habe dann auch ein Treffen mit dem Angeklagten B. organisiert, der ihnen dann durch die Angeklagte G. als Professor vorgestellt worden sei und ihnen das Mittel genauer präsentiert habe. Dabei habe er BG-MUN als Zellerneuerungstherapie angepriesen, mit der Krebs innerhalb kürzester Zeit geheilt werden könnte. Das BG-MUN bestehe aus tierischen Zellinformationen, die dafür sorgen, Zellen zu erneuern. Außerdem beuge es der wegen der Einnahme von Thyroxin zu erwartenden Magen- oder Darmkrebserkrankung der Zeugin K1. vor. Das Mittel sollte beim ersten Verkauf sublingual eingenommen werden. Sie hätten es im Anschluss gekauft.
761
Diese Schilderung der Zeugen wird durch die nachfolgenden objektiven Beweismittel belegt, was ebenfalls für die Richtigkeit der Angaben der Zeugen … spricht.
762
So schrieb die Zeugin … der Angeklagten G. am 19.03.2017 um 10:03:58 (UTC+1) eine durch die Kammer verlesene W...App-Nachricht, dass sie, wenn die Angeklagte G. meine, dass ihr die Kur helfe, diese gerne machen wolle. Vielleicht komme sie ja so von dieser Menge an Pillen weg (vgl. Bl. 177 Sonderband Asservatenauswertung). Darauf antwortete die Angeklagte G. am selben Tag um 12:44:50 (UTC+1) (vgl. Bl. 177 Sonderband Asservatenauswertung):
Liebe Tina, dann gebe ich Herrn B. Bescheid. Lg …
763
Daraus ergibt sich, dass die Angeklagte G. gegenüber der Zeugin … angegeben hat, dass ihr das Mittel helfen könne. Dies ist letztlich nach dem Nachrichtenverlauf auch der Grund, warum die Zeugin … sich auf ein Treffen mit dem Angeklagten B. einlässt.
764
Dieses Treffen hat dann zur Überzeugung der Kammer nicht genau feststellbar, aber jedenfalls kurz nach dem Verfassen dieser Nachricht stattgefunden. Dies haben die Zeugen … in Übereinstimmung mit den objektiven Beweismitteln berichtet. Die Kammer hat diesbezüglich eine E-Mail der Angeklagten G. an die Zeugin … vom 21.03.2017 um 10:30:06 Uhr (vgl. Bl. 244 Fallakte III) verlesen. In dieser E-Mail leitet die Angeklagte G. der Zeugin … eine E-Mail des Angeklagten B. vom 20.03.2017 um 21:28:54 Uhr weiter. An diese E-Mail ist eine pdf-Datei mit dem Namen „Rechnung ….pdf“ angehängt. Aus dem verlesenen E-Mailanhang in deutscher Übersetzung ergibt sich, dass die Zeugin … einmal BG MUN für 4.000,00 € gekauft hat (vgl. Anlage XVI zum Protokoll vom 28.02.2023). Die Rechnung ist auf den 02.03.2017 datiert und weist aus, dass die Zahlung bereits im Voraus erfolgt ist. In der vorbenannten E-Mail schrieb die Angeklagte G.:
„Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung. Ich hoffe, dass Herr B. euch auch alles beantworten konnte, was so an Fragen halt offen sind bzw. waren.“
765
Daraus ergibt sich, dass die Angaben der Zeugen … der Angeklagte B. habe das Gespräch beim ersten Treffen maßgeblich geführt, zutreffend ist. Auch die Angeklagte G. nimmt Bezug darauf, dass der Angeklagte B. die Fragen der Zeugen … beantwortet hat. Auch in ihrer verlesenen W...App-Nachricht an die Zeugin … vom 23.03.2017 um 14:21:21 (UTC+1) weist die Angeklagte G. darauf hin, dass der Angeklagte B. auch gesagt habe, dass das BG-MUN unter der Zunge verweilen solle und man letztlich nur den Speichel schlucke, da die Substanz dann schon im Blutkreislauf sei (vgl. Bl. 178 Sonderband Asservatenauswertung).
766
Es konnte nicht aufgeklärt werden, wieso die Rechnung auf den 02.03.2017 datiert ist. Letztlich kann ein Kauf zum 02.03.2017 aufgrund des E-Mailinhaltes sowie des bereits dargelegten W...App-Chats ausgeschlossen werden. Die Zeugin … hat die Angeklagte G. erst am 19.03.2017 um eine Kontaktaufnahme mit dem Angeklagten B. gebeten. Allerdings ist es ohne Weiteres denkbar, dass es sich in der Rechnung um einen Zahlendreher handelt und eigentlich der 20.03.2017 gemeint war. Dies wäre auch im Hinblick auf das vorgenannte Versanddatum der E-Mail des Angeklagten B. an die Angeklagte G. plausibel.
767
Beide Zeugen … berichteten der Kammer von den durch den Angeklagten B. aufgestellten Behauptungen, wobei sich der Zeuge … etwas detaillierter erinnern konnte. Dabei stellten beide heraus, dass der Angeklagte B. der Zeugin … Magen- oder Darmkrebs in Aussicht gestellt habe, der durch die – für die Zeugin … notwendige – Einnahme von Thyroxin hervorgerufen werde. Ebenso berichteten beide übereinstimmend, dass ihnen beim ersten Treffen zu einer sublingualen Anwendung des BG-MUN durch den Angeklagten B. geraten worden sei. Die sublinguale Anwendungsempfehlung wurde durch die Angeklagte G., wie bereits ausgeführt, aufgegriffen und in mehreren verlesenen W...App-Nachrichten am 23.03.2017 erläutert. Auch die Angeklagte G. nimmt in diesen Nachrichten Bezug auf stattgefundene Ausführungen des Angeklagten B.
768
Die nach den Angaben der Zeugen … noch beim Treffen erfolgte Zahlung von 4.000,00 € in bar steht in Einklang mit dem Hinweis auf der vorgenannten Rechnung, dass eine Zahlung bereits erfolgt sei.
769
Die Zeugen … beschrieben der Kammer das erworbene Produkt übereinstimmend und glaubhaft als kleine Fläschchen, ähnlich wie das Präparat „VitaSprint“. Die Zeugin … konnte sich zudem an eine rosane Färbung der Flüssigkeit erinnern. Die Fläschchen seien etikettiert und in einer kleinen weißen Schachtel verpackt gewesen. Es habe zudem ein Beipackzettel dabei gelegen. Außerdem seien Spritzen mitgeliefert worden.
770
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um vom Erscheinungsbild der sichergestellten Ampullen BG-MUN (vgl. Asservat 19.1), die die Kammer in Augenschein genommen hat, abweichende Ampullen gehandelt hat. (vgl. C. III. 4. a) (3)).
771
Die Kammer hat zudem die von der Zeugin … bei Inaugenscheinnahme als beiliegenden Beipackzettel identifizierte Urkunde (vgl. Bl. 240 Fallakte III) verlesen. Hinsichtlich des genauen Inhalts des Beipackzettels wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (1) Bezug genommen.
772
Außerdem erhielten die Zeugen … bei einem der Käufe von BG-MUN nach der glaubhaften Angabe der Zeugin … eine weitere Art von Beipackzettel, den die Kammer ebenfalls verlesen hat (vgl. Bl. 241 Fallakte III). Abweichend vom vorgenannten Beipackzettel (Bl. 240 Fallakte III) wird auf dieser Urkunde folgendes angegeben (nachfolgend nur die Abweichungen):
„BG-MUN Proteinkomplex, eine gezielte Nahrungsergänzung als begleitende Therapie bei schweren Erkrankungen zum Einnehmen.
Anleitung: Kappe vorsichtig mit einem Flaschenöffner von der Glasampulle entfernen und Gummistopfen kurzfristig abnehmen und wieder verschließen. Kleine Flüssigkeitsmengen in den Mund geben und unter der Zunge verweilen lassen.
Nährwert: 4 Kcal pro 1.000 ml, 12 cal pro 3 ml.“
773
Die Kammer konnte auch nach Vernehmung der Zeugen … nicht mit Sicherheit feststellen, bei welchem der Käufe die Zeugen … die vorgenannten Beipackzettel erhalten haben. Es ist nur möglich zu rekonstruieren, dass den Zeugen … jedenfalls mit einer der Packungen BG-MUN auch Beipackzettel ausgehändigt wurden.
774
Hinsichtlich des zweiten Kaufs stehen die Angaben der Zeugen … ebenfalls in Einklang mit den objektiven Beweismitteln und sind daher glaubhaft. Diesbezüglich beruhen die Feststellungen maßgeblich auf den Angaben des Zeugen …, da die Zeugin … nach ihren übereinstimmenden Ausführungen beim zweiten Kauf nicht zugegen war.
775
Die Zeugen … berichteten übereinstimmend, dass das BG-MUN nicht so gewirkt habe, wie sie sich das vorgestellt hatten. Deshalb habe die Angeklagte G. zur Injektion des Mittels geraten.
776
Aus den W...App-Nachrichten zwischen den Angeklagten B. und G. ergibt sich, dass es zu einem zweiten Kauf durch die Zeugen … um den 29.06.2017 kam. Die Angeklagte G. teilte dem Angeklagten B. Adresse und Telefonnummer der Zeugen … nimmt. Dies kommentierte der Angeklagte B. mit, da müsse er doch erst anrufen (vgl. Bl. 106 Sonderband Asservatenauswertung).
777
Dies stimmt mit den Angaben der Zeugen …, sie hätten bei der Angeklagten G. bestellt, überein. Der Zeuge … berichtete der Kammer in diesem Zusammenhang auch davon, dass der Angeklagte B. ihn telefonisch kontaktiert habe und das Mittel BG-MUN selbst vorbeigebracht habe. Bei dem Treffen habe er abermals 4.000,00 € an den Angeklagten B. in bar bezahlt.
778
Der Angeklagte B. habe ihm zudem von einem Anschlag mit einem Lastwagen auf seine Person berichtet und von den Schwierigkeiten das Mittel zuzulassen. So habe der Angeklagte B. behauptet, er müsse ein Korsett tragen, weil er einen Anschlag der „Pharma“ überlebt habe. Er sei überfahren worden von einem Lkw auf Anlass von der „Pharma“, weil er ein Mittel erfunden habe, dass Krebs heile. Deshalb hätten „sie“ sein Leben gewollt.
779
Die Angaben des Zeugen … sind glaubhaft. Nicht nur der Zeuge … hat der Kammer davon berichtet, dass der Angeklagte B. behauptet habe, dass die Pharmaindustrie ihn verfolge bzw. dass er einmal von einem Lastwagen überfahren worden sei.
780
Es handelt sich um die typischen Anpreisungen des Angeklagten B., die er regelmäßig zur Anpreisung von BG-MUN verwendete. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. c) (4) Bezug genommen. Gleiches gilt für die von dem Zeugen … berichteten angeblichen Probleme des Angeklagten B. mit der Zulassung von BG-MUN. So habe der Angeklagte B. behauptet, dass BG-MUN nur deshalb kein Arzneimittel sei, weil er es nicht als solches anmelden könne. Die Schwierigkeiten der Zulassung seien in der krebsheilenden Wirkung des Mittels zu sehen. Auch dies ist Teil der üblichen Verkaufsmasche.
781
Die Zeugen … berichteten der Kammer nach der zweiten Einnahme von BG-MUN, die nunmehr auf Anweisung der Angeklagten G. durch eine Injektion erfolgen solle, habe sich … zunächst besser gefühlt. Allerdings seien sie etwa zeitgleich in den Urlaub gefahren und die Zeugin habe ihre regelmäßige Kontrolle der Thyroxinwerte gehabt und die Medikation sei angepasst worden. Der Zeugin … war dabei eine genaue Beschreibung der Einnahmeweise möglich.
782
Beide Zeugen berichteten der Kammer übereinstimmend von einem dritten Kauf wenige Monate darauf. Die Angaben der Zeugen wichen hinsichtlich des Preises voneinander ab. Der Zeuge … konnte sich an 4.000,00 € erinnern, berichtete jedoch zugleich, die Angeklagte G. habe angekündigt, dass sich das Produkt verteuern solle, und zwar auf ca. 5.000,00 €. Die Zeugin … berichtete, dass die Angeklagte G. ihr gesagt habe, das BG-MUN koste nunmehr 5.200,00 €. Sie habe der Angeklagten G. gesagt, das könne sie nicht bezahlen. Sie habe es dann nochmal günstiger bekommen. Es könnte sich um 4.300,00 € gehandelt haben, die dann in bar an die Angeklagte G. bezahlt worden seien.
783
Zu diesem Kauf konnte im Nachgang keine Rechnung mehr festgestellt werden. Jedoch berichteten die Zeugen übereinstimmend, dass sich das BG-MUN im Vergleich zu den beiden vorherigen Käufen preislich nach oben verändert habe. Die Kammer hat daher zugunsten der Angeklagten G. und B. den niedrigsten Preis, der zu 4.000,00 € nach oben abweicht und von der Zeugin … benannt wurde, also 4.300,00 € festgestellt.
784
Ausweislich der Angaben des Zeugen … kam es auch nach der dritten Einnahme von BG-MUN zu keiner nachhaltigen Besserung des Gesundheitszustandes der Zeugin K.. Diese hat nach eigenen Angaben fest daran geglaubt, dass ihr das Mittel helfen werde.
785
Die objektiven Feststellungen der Kammer zu den beiden Verkäufen von BG-MUN an … beruhen auf den glaubhaften Angaben der Zeugen … sowie auf den verlesenen Urkunden.
786
Da … bereits am 12.10.2017 verstorben ist, hat die Kammer die tatnahen Zeugen einvernommen.
787
Der Zeuge …, bei dem es sich um den damaligen Lebensgefährten der … handelt, berichtete der Kammer zunächst von der Krebserkrankung seiner Lebensgefährtin und deren negativen Verlauf, insbesondere dem Aufkommen von mehreren Metastasen. Die Art der Erkrankung, ein Ovarialkarzinom mit Metastasen in der Lunge, wurde durch die Zeugen … und … bestätigt. Diese waren bereits seit dem Jahr 2012 mit der … bekannt.
788
Die Kammer hat bereits unter C. III. e) (2) (a) Ausführungen zu den Angaben des Zeugen … und deren Glaubhaftigkeit gemacht, auf die, zur Vermeidung von Wiederholungen, Bezug genommen wird.
789
Der Zeuge … berichtete der Kammer weiter, dass es zunächst geheißen habe, das Mittel koste 8.000,00 €, dann 6.000,00 €. Seine Schwiegermutter … habe ihnen das Geld vorgestreckt und sie hätten es dann gekauft.
790
Es sei seiner Lebensgefährtin in Folge aber nicht besser gegangen. Die Angeklagte G. habe dann gesagt, dann müsse man es eben nochmals machen. Sie hätten ein zweites Mal BG-MUN gekauft. Es könnte eventuell eine halbe Packung gewesen sein. Es habe 4.000,00 € gekostet.
791
Abermals sei der Angeklagte B. mit seinem Auto, einem Hummer, gekommen und habe das Paket gebracht. Seine Lebensgefährtin habe wieder bar bezahlt. Die Angeklagte G. habe ihnen dieses Mal Spritzen mitgegeben und gesagt, das Mittel müsse nun injiziert werden, weil es dann besser wirke. Seine Lebensgefährtin habe sich daneben auch weiter in ärztlicher Behandlung befunden. Die Angeklagte G. habe diesbezüglich auch geäußert, dass es kein Problem sei, wenn … sich neben BG-MUN weiterhin einer Bestrahlung unterziehe.
792
… sei dann jedoch am 12.10.2017 an ihrer Krebserkrankung verstorben. Die Angeklagte G. sei sehr erschüttert gewesen über diese Nachricht. … habe der Angeklagten G. sogar einen kleinen Silberring mit einem grünen Stein hinterlassen. Sie wären wirklich gute Freunde gewesen und hätten viel Kontakt gehabt.
793
Eine genaue zeitliche Einschätzung war dem Zeugen … nicht mehr möglich. Er war sich allerdings recht sicher, dass … kurz nach Erhalt der zweiten Packung BG-MUN verstorben sei.
794
Weiter berichtete er, dass es später einen Zivilprozess gegeben habe. Es seien einmal 6.000,00 € und einmal 4.000,00 € eingeklagt worden.
795
Die Kammer ist davon überzeugt, dass auch die weiteren Angaben des Zeugen … weitgehend zutreffend sind, und hat sie deshalb den Feststellungen zugrunde gelegt.
796
Diese Überzeugung beruht auf nachfolgenden Umständen:
797
So berichtete die Zeugin … übereinstimmend mit dem Zeugen …, ihre Tochter habe ihr gesagt, sie bekomme eine Arznei und dafür brauche sie Geld. Sie habe ihrer Tochter zweimal Geld geliehen, einmal 3.000,00 € und einmal 2.000,00 €, jeweils in bar. Die 2.000,00 € habe sie ihr nach den 3.000,00 € geliehen. Letztlich habe das Mittel aber nichts gebracht. Es habe dann einen Zivilprozess gegen die Angeklagte G. gegeben, den der Zeuge … initiiert habe. Die eingeklagten 10.000,00 € seien bezahlt worden. Die Zeugin … konnte sich im Übrigen an nichts weiter erinnern, auch nicht daran, dass sie die von der Kammer verlesene und in Augenschein genommene handschriftliche Aufzeichnung vom 07.07.2017 (vgl. Bl. 356 Fallakte I) unterschrieben hatte, wobei sie jedoch bestätigte, dass es sich um ihre Unterschrift handelt. Den übrigen Text habe sie aber nicht geschrieben.
798
Die Zeugin …, bei der es sich um die Schwester der verstorbenen … handelt, konnte der Kammer keine Wahrnehmungen im Zusammenhang mit dem Kauf von BG-MUN berichten. Sie habe ihre Schwester ab und zu von Zwickau nach … zur Behandlung bei der Angeklagten G. gefahren. Ansonsten wisse sie noch, dass ihre Mutter ihrer Schwester insgesamt 5.000,00 € für irgendwelche Mittel geliehen habe, sie könne aber nicht sagen für was.
799
Aus den beschriebenen Berichten ergibt sich ein schlüssiges und miteinander in Einklang stehendes Bild. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der Angaben der Zeugen zu zweifeln.
800
Die Angaben der Zeugen werden auch im Übrigen durch objektive Beweismittel gestützt, was ebenfalls dafürspricht, dass sie richtig sind:
801
Durch die bereits unter C. III. 3. e) (2) (a) aufgeführten verlesenen W...App-Nachrichten zwischen der Angeklagten G. und … wird zusätzlich belegt, dass … den Behauptungen der Angeklagten G. tatsächlichen Glauben geschenkt hatte.
802
Dass … selbst an eine baldige Verbesserung ihrer Erkrankung glaubte, wird durch weitere verlesene Nachrichten nochmals belegt. Diesbezüglich schrieb sie der Angeklagten G. am 26.08.2017 um 15:12:40 (UTC+2) (vgl. Bl. 174 Sonderband Asservatenauswertung):
„Maker ist auf 1811 gestiegen. Dachte es geht langsam zurück. Aber muss wohl noch Geduld haben“
803
Weder der Zeuge … noch die Zeugin … konnten die beiden Käufe von BG-MUN in zeitlicher Hinsicht näher als das Jahr 2017 eingrenzen. Die Kammer hat sich jedoch aufgrund nachfolgender verlesener Urkunden die Überzeugung gebildet, dass der erste Kauf vor dem 31.03.2017 und der zweite Kauf um den 07.07.2017 stattgefunden hat.
804
Aus der übersetzten und verlesenen Rechnung der … mit Sitz in Panama ergibt sich ein Rechnungsdatum vom 31.03.2017 (vgl. Anlage XVI zum Protokoll v. 28.02.2023). Die Rechnung beläuft sich auf 4.000,00 € für „1 × BG-MUN“. Die Rechnung trägt zudem die Unterschrift „Zahlung im Voraus erhalten“. Die Rechnung wurde also im Voraus bezahlt. Aus diesem Grund steht für die Kammer ein Kauf vor dem 31.03.2017 fest.
805
Die Kammer hat sich jedoch nicht davon überzeugen können, dass für die erste Packung BG-MUN die vom Zeugen … berichteten 6.000,00 € bezahlt worden sind, sondern hat einen Betrag von 4.000,00 € festgestellt. Zum einen ergibt sich dieser Betrag unmittelbar aus der Rechnung, zum anderen hat die Zeugin … berichtet, ihrer Tochter zunächst 3.000,00 € geliehen zu haben. Einen Teil habe der Zeuge … bezahlt. Insofern geht die Kammer jedoch nicht von einer bewusst unrichtigen Angabe des Zeugen … aus. Es ist ohne weiteres möglich, dass er aufgrund der weiteren Rechnungen, die die Angeklagte G. für ihre weiteren Behandlungen gestellt hat, unzutreffend und irrig von einem falschen Betrag ausgegangen ist.
806
Das Datum des zweiten Kaufs ergibt sich aus der verlesenen handschriftlichen Aufzeichnung auf dem Praxispapier der Angeklagten G. vom 07.07.2017 (Bl. 356 Fallakte I). Aus dieser ergibt sich, dass die Zeugin … am 07.07.2017 für 5 Ampullen BG-MUN 2.000,00 € in bar bezahlt hat. Zwar konnte sich die betagte Zeugin nicht mehr an dieses Ereignis erinnern. Sie bestätigte aber zum einen, dass sie selbst mehrfach mit ihrer Tochter bei der Angeklagten in … gewesen sei, dass es sich zweifellos um ihre Unterschrift handle, auch wenn sie den übrigen Text nicht geschrieben habe und dass sie ihrer Tochter für den zweiten Kauf 2.000,00 € geliehen habe. Damit ist auch plausibel, wieso … und nicht … die Bezahlung und den Empfang der 5 Ampullen BG-MUN abgezeichnet hat. Letztlich hat nämlich … das Geld gleich selbst in bar bezahlt. Insofern ist eine Erinnerungslücke diesbezüglich mit dem hohen Alter der Zeugin … (geboren 1942) und dem erheblichen Zeitabstand zu diesem Ereignis, das zum Zeitpunkt der Einvernahme der Zeugin mehr als 4 Jahre zurücklag, und zudem mit der schmerzhaften Erinnerung an den Tod der eigenen Tochter ohne Weiteres zu erklären.
807
Diese Feststellung wird nochmals durch folgende verlesene W...App-Nachricht zwischen der … und der Angeklagte G. bestätigt (vgl. Bl. 172 Sonderband Asservatenauswertung):
„Hallo liebe …, habe die gleichen Konditionen ausgehandelt. Gib einfach Bescheid. LG …#
(Nachricht vom 28.06.2017 um 20:06:31 (UTC+2))
„Hallo liebe …, das ist spitze doch weiß ich nicht wie ich das derzeit finanzieren soll. Die Krankenkasse weigert sich immer noch zu zahlen ansonsten wäre das kein Problem. Das ganze scheint sich auch noch etwas hinzuziehen. … hat ein Gegengutachten geschrieben, mal sehen was dabei rauskommt.
Kannst ja Herrn B. fragen, ob ich das auch in kleinen Raten zahlen könnte
(Nachricht vom 28.06.2017 um 20:57:40 (UTC+2))
808
… teilt der Angeklagten G. erkennbar mit, dass ihr die finanziellen Mittel nicht sofort zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund erweist sich die Angabe der Zeugen … und … als zutreffend, dass sie sich Geld von ihrer Mutter leihen musste. Die Kammer ist dabei überzeugt, dass es sich bei dem durch … genannten „Gegengutachten“ um eine Bestätigung des Zeugen … handelte, die sich allein auf die Arbeitsunfähigkeit der … und nicht auf BG-MUN bezog. Die Bestätigung sollte bei der Krankenkasse der … eingereicht werden, damit diese ihr weiterhin Krankengeld zahlte und nicht, um eine Übernahme der Kosten von BG-MUN zu erreichen. Dies haben die beiden Zeugen … und … der Kammer übereinstimmend so berichtet. Die Kammer hat sich ferner ein eigenes Bild von der Bestätigung gemacht, die der Zeuge … der Kammer in der Hauptverhandlung vom 23.03.2023 übergeben hat und das Schriftstück verlesen. Das Schriftstück weist keinerlei Zusammenhang mit BG-MUN auf. Es bezieht sich allein auf eine Arbeitsunfähigkeit der … und bestätigt die Angaben der Zeugen …, die sich deshalb als glaubhaft erweisen.
809
Der Zeuge … berichtete hinsichtlich der Einnahmeform von BG-MUN, dass es zu abweichenden Anweisungen bei ersten und beim zweiten Kauf gekommen sei. Ihnen sei zunächst durch die Angeklagte G. gesagt worden, dass das BG-MUN durch Träufeln auf die Zunge einzunehmen sei. Beim zweiten Verkauf habe die Angeklagte G. dann gesagt, BG-MUN sei wie eine Thrombosespritze in die Bauchdecke oder den Oberarm zu injizieren.
810
Die Kammer hat keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Angeklagte … zur Injektion des Mittels BG-MUN in die Bauchdecke geraten hat.
811
Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Angeklagte G. und der Angeklagte B. erstmals am 14.09.2017 folgende Nachrichten über W...App austauschen (vgl. Bl. 124 Sonderband Asservatenauswertung):
„Dürfte BG-MUN auch i. v. gegeben werden?“
(Nachricht vom 14.09.2017 um 14:40:50 (UTC+2))
(Nachricht vom 14.09.2017 um 14:41:20 (UTC+2))
„Hast du schon mal? Wo darf man?“
(Nachricht vom 14.09.2017 um 14:42:43 (UTC+2))
Nachricht vom 14.09.2017 um 14:43:07 (UTC+2))
„Dann wird es zum Arzneimittel“
(Nachricht vom 14.09.2017 um 14:43:22 (UTC+2))
(Nachricht vom 14.09.2017 um 14:44:50 (UTC+2))
812
Dies schließt jedoch zur Überzeugung der Kammer nicht aus, dass die Angeklagte G. im Juli 2017 zur subkutanen Injektion geraten hat. Zum einen fragt die Angeklagte G. im zitierten Nachrichtenaustausch explizit nach der Gabe von BG-MUN „i. v.“. Die Abkürzung „i.v.“ steht nach dem allgemeinen Sprachgebrauch regelmäßig für intravenös.“ Demnach handelt es bei einer subkutanen Injektion in die Bauchdecke und bei intravenöser Gabe um unterschiedliche Arten der Verabreichung.
813
Zudem hat die Angeklagte G. auch anderen Patienten etwa zeitgleich zur subkutanen Injektion von BG-MUN in die Bauchdecke geraten. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. f) (1) inhaltlich Bezug genommen. Für die Kammer besteht daher kein Zweifel daran, dass die Angeklagte G. zur subkutanen Injektion geraten hat.
814
Darüber hinaus berichtete der Zeuge … der Kammer glaubhaft, dass die Angeklagte G. darauf hingewiesen habe, dass das Mittel BG-MUN nicht zugelassen sei. Es sei noch nicht auf dem Markt, werde aber in der Berliner Charité getestet. Damit wird durch die Angeklagte G. implizit behauptet, dass das Mittel BG-MUN in einem renommierten Krankenhaus getestet – also eine klinische Studie durchgeführt – werde.
815
Das Mittel BG-MUN zeigte bei … keine Wirkung. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der bereits zuvor aufgeführten W...App-Nachrichten und der Angaben der Zeugen … und …. Der Tumormarker der … ist zu keinem Zeitpunkt zurückgegangen. Es haben sich sogar neue und größere Metastasen gebildet (vgl. Bl. 175 Sonderband Asservatenauswertung). Dies teilte … der Angeklagten G. stets mit. Am 13.09.2017 sandte sie der Angeklagten G. weitere Befunde über den W...App-Account des Zeugen …. Dazu berichtete sie der Angeklagten G., dass man ihr gesagt habe, dass, wenn sie nichts mache, sie das Jahr nicht überleben werde, weil ihr Krebs so aggressiv sei. Die Angeklagte G. wiegelte die schlechte Prognose mit den Worten ab, dass die übersandten Berichte Bilder einer Fettleber seien und dass ohne eine Überprüfung keine gesicherte Prognose bestehe (vgl. Bl. 85 Sonderband Asservatenauswertung).
816
Letztlich erlag … nach den übereinstimmenden und glaubhaften Angaben der Zeugen …, und … am 12.10.2017 ihrem Krebsleiden. Dies wird auch durch die verlesene W...App-Nachricht vom Mobiltelefon der … an die Angeklagte G. vom 12.10.2017 um 17:23:41 (UTC+2) deutlich, in der der Angeklagten G. mitgeteilt wird, dass … im Sterben liege.
817
Die Feststellung des rechtskräftigen Zivilurteils gegen die Angeklagte G. beruht auf den diesbezüglichen Angaben der Zeugen … und …. Die Kammer hat den mit ihren Angaben in Einklang stehenden Tenor des Zivilurteils des Landgerichts Ingolstadt vom 22.01.2020, Az. 31 O 1609/19 Hei, verlesen. Die Zeugin … bestätigte, dass der eingeklagte Betrag in Höhe von 10.000,00 € bezahlt worden ist.
(3) Zusammenfassende Würdigung
818
In den aufgezeigten Fällen … und … stellt sich die Situation so dar, dass zunächst die Angeklagte G. ihre jeweils unheilbar erkrankten Patienten auf das Mittel BG-MUN aufmerksam machte und erste Informationen verbreitete, die sie zuvor ausschließlich durch den Angeklagten B. bezogen hatte. Die ersten beiden Käufe durch die Zeugen …r bzw. durch … erfolgten jeweils in der Praxis der Angeklagten G. In beiden Fällen kam der Angeklagte B. hinzu und übergab das BG-MUN im Austausch gegen Bezahlung. Bei dem zeitlich ersten Ankauf von BG-MUN durch die Zeugen … führte der Angeklagte B. das Gespräch, während die Angeklagte G. lediglich zuhörte, das Treffen organisierte und ihre Praxisräume zur Verfügung stellte. Gleichwohl beobachtete sie den Verkauf von BG-MUN an die Zeugen …. Tragende Elemente der Verkaufstechnik des Angeklagten B. finden sich später in der Verkaufstechnik der Angeklagten G., wie sie sich aus den Aufnahmen von sternTV ergibt.
819
Ende Juni 2017 begann die Angeklagte G. beiden Patienten, also … und …, unter der Behauptung, dass BG-MUN so besser wirke, eine subkutane Injektion zu empfehlen. Aus Sicht der Kammer bestätigt gerade auch die zeitlich zusammentreffende Empfehlung an 2 unterschiedliche Kunden mit derselben Begründung die Richtigkeit der diesbezüglichen Zeugenangaben.
820
Evident ist auch, dass bei den beiden zweiten Verkäufen Ende Juni bzw. Anfang Juli 2017 der Angeklagte B. selbst das BG-MUN übergeben hat. Die Angeklagte G. bereitete die Abgabe von BG-MUN des Angeklagten B. an … und … lediglich vor.
821
Erst beim dritten Verkauf an die Zeugen … spielte der Angeklagte B. erstmals keine wesentliche Rolle mehr. In diesem Fall kam es erstmals dazu, dass die Angeklagte G. selbst BG-MUN empfahl und übergab.
822
In keinem der vorgenannten Fälle war es der Kammer möglich, festzustellen, ob und wieviel Geld die Angeklagte G. erhalten hat. Lediglich beim dritten Verkauf von BG-MUN an die Zeugen … steht sicher fest, dass die Angeklagte G. das Bargeld vereinnahmt hat. Eine (teilweise) Weitergabe an den Angeklagten B. ließ sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht feststellen.
823
Die zunehmende Einbindung der Angeklagten G. in die Vertriebsstruktur des Angeklagten B., die die Angeklagte G. letztlich zum wichtigsten Vertriebsweg für BG-MUN machen sollte, hat sich zur Überzeugung der Kammer auch durch die verlesenen W...App-Nachrichten zwischen den Angeklagten G. und B. nochmals bestätigt.
824
Aus diesen verlesenen Nachrichten ergibt sich, dass die Angeklagte G. am 24.03.2017 eine Person namens … an den Angeklagten B. vermittelt und diesem eine entsprechende Telefonnummer übersendet. Der Angeklagte B. wurde daraufhin offensichtlich selbst tätig, denn am 25.03.2017 teilte er ihr mit, dass … sofort überweise und er ihm eine Packung schicken werde (vgl. Bl. 93 Sonderband Asservatenauswertung). Da der Angeklagte B., wie bereits ausgeführt, keine nennenswerten anderen Produkte als BG-MUN vertrieben hat, handelt es sich nach Auffassung der Kammer ohne jeden Zweifel auch bei der im Gespräch angeführten „Packung“ um eine Packung BG-MUN.
825
Am 02.04.2017 teilte die Angeklagte G. im Zusammenhang mit einer Frage des Angeklagten B. zu ihrem eigenen Ankauf von BG-MUN mit, dass sie sich morgen oder übermorgen wegen einer anderen Person melden werde. Wie angekündigt meldete sie sich noch am 03.04.2017 und schickte dem Angeklagten B. die Handynummer eines …, dessen Lebensgefährtin in einem Krankenhaus in Rosenheim liege. Auch bei dieser Nachricht ging es um BG-MUN, weil der Angeklagte B. am 07.04.2017 schließlich mitteilte, dass der … das BG-MUN heute noch abholen werde.
826
Am 06.04.2017 teilte der Angeklagte B. mit, er werde ihr später „1× für …“ vorbeibringen. Auch hier bestätigt sich nochmals die zuvor beschriebene Vorgehensweise der Angeklagten. Die Zeugin … und der Zeuge … haben diesbezüglich übereinstimmend berichtet, die Angeklagte G. habe BG-MUN empfohlen. Letztlich sei es dann aber der Angeklagte B. gewesen, dem sie gegenüber gesessen hätten und der das BG-MUN mitgebracht habe. Dies stimmt mit der verlesenen Nachricht überein und ist daher glaubhaft.
827
Der Angeklagte B. bemerkte offensichtlich, dass die Angeklagte G. regelmäßig und zuverlässig Kaufinteressenten an ihn vermittelte. Insofern ist aus den verlesenen Nachrichten aus März und April 2017 festzustellen, dass der Angeklagte B. der Angeklagten G. „Guthaben“ für vermittelte Personen ausstellte. Aus den verlesenen Nachrichten ergibt sich jedoch nicht, ob es sich um Barguthaben handelte, oder wie das Guthaben genau abgerechnet werden sollte.
828
Am 11.04.2017 brachte der Angeklagte B. seine diesbezüglichen Gedanken mit den nachfolgenden Worten zum Ausdruck:
„Nochmals vielen Dank für die gute Zusammenarbeit. Das wird eine gewinnbringende gemeinsame Zukunft. Bis bald. …B.“
(Bl. 97 Sonderband Asservatenauswertung)
829
Dieses Konzept wurde, wie von der Kammer festgestellt, auch im Juni 2017 noch verfolgt. Aus den W...App-Nachrichten ergibt sich, dass auf Veranlassung der Angeklagten G. der Angeklagte B. der … BG-MUN verkaufte, und zwar zum von der Angeklagten G. angeregten Preis von 5.100,00 €. Am 08.06.2017 informierte der Angeklagte B. die Angeklagte G. darüber, dass er das Päckchen an … verschickt habe. Am 10.06.2017 teilte die Angeklagte mit, dass das Paket angekommen sei. Daraufhin schrieb der Angeklagte B., dass sie ein „geniales Team“ seien, was die Angeklagte G. mit „Ja. Sind wir echt“ bestätigte (vgl. Bl. 103 Sonderband Asservatenauswertung).
830
Daraus ergibt sich, dass die Angeklagten bereits zu diesem Zeitpunkt ihre Vorgehensweise als Teamwork ansahen und systematisch mit verteilten Rollen vorgingen.
831
Dieses Konzept erwies sich als äußert erfolgreich. Am 29.06.2017 teilte die Angeklagte Daten einer weiteren Patientin, der der Angeklagte B. eine Rechnung senden solle.
Dies kommentierte der Angeklagte B. mit:
„Sie machen mich noch reich. Dann brennen wir durch“
(Nachrichten v. 29.06.2017 um 09:46:27 (UTC+2) Uhr und 09:46:36 (UTC+2) Uhr, Bl. 105 Sonderband Asservatenauswertung).
832
Am selben Tag kam es zudem zur vorbeschriebenen zweiten Bestellung der Zeugen ….
833
Die zunehmende Wichtigkeit der Mitwirkung der Angeklagten G. wird ferner durch die verlesene W...App-Nachricht des Angeklagten B. vom 05.07.2017 deutlich. Nachdem er der Angeklagten G. von angeblichen Büros in Dubai berichtet hatte, gratulierte diese ihm zur „fantastischen Geschäftsentwicklung“.
834
Der Angeklagte B. antwortete: „Nur durch Sie“ (Bl. 109 Sonderband Asservatenauswertung).
835
Bereits in diesem Zeitraum zeichnete sich ab, dass die Angeklagte G. immer häufiger auch Mitsprache beim Vertrieb des Mittels ausübte. Als der Angeklagte B. ihr am 17.07.2017 mitteilte, dass er Änderungen auf der Internetseite … vorgenommen habe, antwortete die Angeklagte G., dass die Seite jetzt prima sei. Sie würde „zu Krebstherapie noch Immunsystemtherapie (auch bei Autoimmunerkrankungen) hinzufügen“ (vgl. Bl. 112 Sonderband Asservatenauswertung).
g) Übernahme des Exklusivvertriebes durch die Angeklagte G.
(1) Erste Anfrage an die Angeklagte G.
836
Aus den verlesenen W...App-Nachrichten zwischen den Angeklagten ergibt sich, dass der Angeklagte B. bereits im September 2017 eine intensivere Zusammenarbeit mit der Angeklagten G. andachte. Dort heißt es auszugsweise (vgl. Bl. 128 Sonderband Asservatenauswertung):
„Vorschlag Krebs-Centrum für integrative immunbiologische Therapie der … in Berlin (jeweiliger Städtename)“
(Nachricht vom 27.09.2017 um 13:12:06 (UTC+2))
„Ja, hört sich gut an. Aber irgendwas fehlt noch.“
(Nachricht vom 27.09.2017 um 13:21:41 (UTC+2))
„Unter der Leitung von Frau …G.“
(Nachricht vom 27.09.2017 um 13:22:45 (UTC+2))
837
Eine Reaktion der Angeklagten G. auf diese Nachricht liegt nicht vor.
(2) Einbindung der … als Vertriebspartner
838
Bevor die Angeklagte G. zur Exklusivhändlerin von BG-MUN wurde, versuchte der Angeklagte B. unter Zuhilfenahme der Angeklagten G. zunächst, die … im großen Stil in den Vertrieb von BG-MUN einzubinden.
839
Dazu berichtete der Zeuge …, bei dem es sich um den Geschäftsführer der … handelt, dass er den Angeklagten B. etwa im März 2018 bei einem Vortrag in einem Hotel in H. kennengelernt habe. Der Angeklagte B. habe behauptet, dass er eine Wundermedizin habe, die jegliche Krebskrankheiten heile. Ihm sei klar gewesen, dass man damit ein Geschäft machen könne. Die … habe zu diesem Zeitpunkt Geldmittel für Investitionen gehabt. Der Angeklagte B. habe ihm im Nachgang Unterlagen zu dem Mittel geschickt. Der Angeklagte B. habe einen Ankaufspreis von 4.200,00 € pro Packung angeboten. Sie hätten das BG-MUN dann über ihre guten Kontakte zu Ärzten und Apothekern verkaufen sollen. Diese Leute hätten sie auch bereits informiert. Das alles wäre ein riesiges Geschäft geworden, wenn das Produkt das gemacht hätte, was versprochen worden sei. Der Angeklagte B. habe ihm versprochen, dass er ein großes Gebiet in Deutschland bekäme, wo sonst niemand sei. Er selbst sei aus Baden-Württemberg, dort habe er das BG-MUN vertreiben sollen. Es sei dann für das Produkt auch bereits eine Firma gegründet worden, die …. Auch von diesem Unternehmen sei er Geschäftsführer. Letztlich sei er als Großhändler eingeplant worden. Er hätte Ware vom Angeklagten B. bekommen und diesen bezahlen sollen. Er habe für den Vertrieb bereits den … und den … eingebunden.
840
Die Angeklagte G. habe er in dieser Zeit als „Fachkraft“ des Angeklagten B. erlebt. Diese sei die Ansprechpartnerin für die Patienten gewesen.
841
Die Angaben des Zeugen … erweisen sich als glaubhaft, weil sie durch objektive Beweismittel belegt werden.
842
Bereits in der verlesenen E-Mail des Zeugen … an die Angeklagte G. mit dem Betreff „BG-MUN und Anderes“ vom 07.03.2018 ergibt sich, dass die weitere Zusammenarbeit bei einem Termin mit dem Angeklagten B. besprochen und festgelegt werden soll (vgl. Bl. 80 Fallakte II). Auch die E-Mail vom 16.03.2018 bestätigt die Ausführungen des Zeugen …, dass er sehr großes Interesse an einem Vertrieb von BG-MUN gehabt hat. Außerdem teilte er der Angeklagten G. mit, dass es eine Reihe von Fragen gebe und man in der Anfangsphase sehr froh sei, die Hilfe der Angeklagten in Anspruch zu nehmen.
843
Die beabsichtigte Zusammenarbeit des Angeklagten B. mit der … bestätigt sich nochmals durch die verlesene E-Mail des Zeugen … an den Angeklagten B. und die Angeklagte G. mit dem Betreff „BG MUN Vertrieb + Darstellung“ vom 18.03.2018. In dieser E-Mail teilte der Zeuge … Einzelheiten zu einer von ihm angedachten „Vertriebsstrategie“ mit. So solle man etwaige Vertriebspartner mit Bedacht wählen, weil man es bei BG-MUN in der Regel mit kranken Menschen zu tun habe. Man brauche eine feinfühlige Hand mit Fachwissen, wie Heilpraktiker oder Mediziner. Er habe bereits zwei Verkäufer „…“ angesprochen und bitte darum, mit diesen keine Provisionen abzusprechen, weil das ausschließlich dem Händler obliegen sollte (vgl. Bl. 87 Fallakte II). Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte der Zeuge … also seine Verkäufer, die Zeugen … und …, eingebunden, wie er es der Kammer berichtet hat.
844
Am 22.03.2018 teilte der Zeuge … der Angeklagten G. mit, dass sie nun die ersten Vertriebsgruppen bei sich gehabt hätten. Er brauche die Angeklagte G. für Schulungen als „Fachreferentin“. Sie wollten nun richtig loslegen. Die Angeklagte solle ihn anrufen, damit sie weiterkämen (vgl. Bl. 90 Fallakte II).
845
Aus den vorbezeichneten E-Mails ergibt sich zudem, dass der Zeuge … tatsächlich glaubte, wie er berichtete, dass die Angeklagte G. das Fachwissen über BG-MUN habe. Aus dem tatsächlichen Geschehensablauf ergibt sich jedoch, dass dies objektiv nicht zutrifft. Die Angeklagte G. verfügte tatsächlich über keinerlei eigenes „Fachwissen“ zu BG-MUN. Sie machte sich vielmehr stets die Behauptungen des Angeklagten B. zunutze (vgl. C. III. 3. e) (2) bis (4)). Eigenes Wissen zu BG-MUN bestand nicht.
846
In einer verlesenen E-Mail vom 26.03.2018 verwendete der Zeuge … die E-Mail-Signatur „… Grohändler [sic!] BG-MUN Produkte“.
847
Am 24.04.2018 kündigte der Zeuge … per E-Mail an, dass eine Präsentation und Schulung für das außergewöhnliche Produkt BG-MUN geplant sei. Die Angeklagte G. könne mit mitgebrachten Patienten über „Möglichkeit einer Heilung sprechen“. Die Angeklagte G. habe „auf Grund ihrer mehrjährigen Erfahrung mit BG-MUN mit fast allen Krebsarten Erfahrung“.
848
Feststeht, dass die Angeklagte G. am 24.04.2018 gerade ein knappes Jahr „Erfahrung“ mit BG-MUN hatte. Von einer mehrjährigen Erfahrung kann keine Rede sein. Was den Zeugen … dazu veranlasst hat, eine derartige Behauptung aufzustellen, konnte nicht mehr aufgeklärt werden.
(3) Scheitern des …-Geschäfts
849
Der Zeuge … berichtete weiter, dass das Geschäft letztlich gescheitert sei. Es habe keinerlei Nachweise für die behauptete Wirkung gegeben. Der Angeklagte B. habe bei dem ersten Vortrag behauptet, dass Krebs ja defekte Zellen seien. Wenn man das Mittel spritze, dann werde der Defekt getötet und weggemacht, wie ausgeschieden. Dann erneure sich alles. Kranke Zellen würden also aus dem Körper weggeschwemmt und durch neue ersetzt. Er habe auch eine Liste bekommen, wo Geschichten von Personen erzählt worden seien. Auch der … habe Fragen gehabt, die nicht beantwortet worden seien.
850
Die Angaben des Zeugen … erweisen sich als glaubhaft. Die Fragen des Zeugen … hat der Zeuge … in der verlesenen E-Mail vom 24.03.2018 an die Angeklagte G., die er für die Expertin im Bereich BG-MUN hielt, verschickt (vgl. Bl. 91 Fallakte II).
851
Die Kammer hat dabei nicht verkannt, dass der Zeuge … dem Angeklagten B. am 06.04.2018 mitteilte, dass der mit BG-MUN behandelte Patient in Polen seine Bestrahlung habe absagen können. Gleichwohl teilte er am 09.04.2018 mit, dass er Referenzen brauche. Der Angeklagte B. antwortete lediglich, dass der Zeuge … bereits alles an Hilfen und Berichten bekommen habe und er als Großhändler mindestens 20 Packungen abnehmen müsse (vgl. Bl. 101 Fallakte II).
852
Die Angaben des Zeugen … werden ferner vollumfänglich bestätigt durch die verlesene E-Mail des Zeugen … an den Angeklagten B., in dem dieser um Beantwortung seiner Fragen bittet. Es handle sich um einfache Fragen, welche von den Fachleuten oder vom Hersteller sofort beantwortet werden müssten. Man könne doch kein Produkt verkaufen, wenn man keine Informationen oder Hilfe erhalte. Die Fragenliste wurde ausweislich der verlesenen E-Mails jedenfalls am 22.05.2018 auch an die Angeklagte G. weitergeleitet.
853
Am 12.06.2018 schrieb der Zeuge … zudem eine E-Mail an den Zeugen Rechtsanwalt …, die dieser am 19.06.2018 an den Angeklagten B. weiterleitete. Außerdem sandte der Zeuge … diese selbst ebenfalls am 19.06.2018 nochmals an den Angeklagten B.
854
Diese E-Mail hat auszugsweise folgenden, mit den Angaben des Zeugen … übereinstimmenden Inhalt (vgl. Bl. 110 bis 111 Fallakte II):
vor Wochen wurde unser Fragebogen von Ihnen an die Mitarbeiterin Frau … (Mitarbeiterin und Referentin des Herstellers) und vermutlich auch an Herrn …B. weitergeleitet.
[…] Bis zum heutigen Tage haben wir keinerlei Nachricht einer der genannten Personen erhalten. In der Zwischenzeit haben wir Herrn B. direkt angeschrieben (auch telefonisch mitgeteilt) und um Beantwortung der Fragen gebeten. Leider unbeantwortet. Sie könen verstehen, dass ein solches Verhalten keine Seriosität beinhaltet bzw. aufweist. Einzig Geld (schneller Verkauf) scheint hier der Maßstab der Dinge zu sein. Seit Beginn der Zusammenarbeit wurden seitens des Herstellers … jeglichen Erwartungen von Vereinbarungen entgegengewirkt. (Nicht eingehalten) Es entsteht nun der Eindruck, dass hier ausschließlich schnelles Geld verdient werden soll, ohne jegliche seriöse Abhandlung. Sie werden mir beipflichten, wenn öffentlich eine Heilung von jeglichen Krebserkrankungen seitens des Herstellers prognostiziert wird (hier eine Vielzahl von Zeugen) jedoch im gleichen Atemzug jegliche schriftliche Bestätigungen unbeantwortet bleiben oder nicht getätigt werden, der Verdacht der unseriösität besteht. Mehrfach wurden wir von Personen, welche zu Beginn der Vorstellung von BG-MUN durch den Hersteller … am Vertrieb interessiert waren, kontaktiert. Hier stellt sich ebenfalls ein sehr großer Unmut dar. Hier wird zum großen Teil von unseriösen Geschäftspraktiken geredet […] Der Vorwurf ebenfalls, keinerlei Unterlagen erhalten und nur mündliche Aussagen durch Herrn B. und Frau G. zu erhalten. Keinerlei nachweisliche Unterlagen. Sie werden verstehen, dass eine Zusammenarbeit in dieser Form nicht stattfinden kann. Das Klientel, sehr kranke Menschen, hat es nicht verdient, in dieser Form behandelt zu werden. Geschweige Versprechungen, welche nie schriftlich durch Herrn B. und Frau … formuliert werden. Sie werden wohl verstehen, sollten hier Patienten öffentlich in entgegengestzter Weise auftreten, eine gerichtliche Auseinandersetzung als Ergebnis zu sehen wäre. […]
855
Im weiteren Verlauf wird um eine Rückabwicklung hinsichtlich der bereits angekauften Packungen BG-MUN gebeten.
856
Wie der Zeuge … in Übereinstimmung mit der verlesenen E-Mail vom 20.06.2018 (vgl. Bl. 113 Fallakte II) berichtet hat, wurde der Vertrag über die Lieferung und Bezahlung von BG-MUN für insgesamt 21.000 € schließlich rückabgewickelt.
857
Der Verlauf des Geschäfts macht nochmals deutlich, was zur Überzeugung der Kammer bereits feststeht. Eine schriftliche Bestätigung der mündlich geäußerten Heilungsversprechen ist nach Erlass des Strafbefehls vom 11.04.2018 gegen den Angeklagten B. nicht mehr erfolgt. Zudem werden in der vorbezeichneten E-Mail Betrugsvorwürfe gegen den Angeklagten B. und die Angeklagte G. geäußert.
858
Diese Betrugsvorwürfe wurden noch konkreter durch den Zeugen … zuvor bereits auch der Angeklagten G. per E-Mail vom 23.05.2018, die die Kammer verlesen hat, gemacht (vgl. Bl. 537 d.A.). Dort heißt es auszugsweise:
„Sehr geehrte Frau … hallo …,
[…] Ich möchte nochmals festhalten, dass ich keine Konfrontation beabsichtige. Hier geht es ausschließlich um klare und korrekte Abhandlungen. […] Hier warten wir auf die Beantwortung der Fragen, welche ich an … geschickt habe. Anscheinend kann es … nicht oder er bleibt sich treu, keine schriftlichen Sachen abzugeben. Somit hast Du diese ganz normalen Fragen von … zugestellt bekommen. Nur wie jedem normal denkenden Menschen klar sein dürfte, will jeder seriöse Arzt oder auch Heilpraktiker wahre und verwendbare Informationen. Werden diese Infos nicht bereitgestellt, zweifelt man an der Wahrheit. Nur Idioten verlassen sich auf mündliche Aussagen. Dürfte uns beiden klar sein. Hier auch die Ansichten von Menschen wie … oder …. Herr … hat einen Ruf zu verlieren. Diesen Ruf wird er nicht für BG-MUN aufgeben oder ins Risiko setzen (ausgehend auf mündliche Aussagen). Hier muss mehr Aufklärung und Info kommen. Alleinig Aussagen, BG-MUN heilt zu 100 %, wird kein Arzt für voll nehmen.
Diese Info wurde mir vor 5 Tagen von einem Interessenten zugestellt. Ich soll mal lesen. Bitte lesen
Der Feldprozessor-Prozess
Der bereits wegen des Verkaufs unwirksamer Sen-Tropfen an Krebskranke verurteilte Erfinder und Hersteller wurde 2004 wegen mehrfachen Betruges zu sechs Jahren Haft verurteilt, weil er noch während der Bewährungszeit einer früheren Verurteilung die wirkungslosen Feldprozessoren ab 2000 mit ‚krimineller‘ Energie (Zitat Urteil Landgericht) hergestellt und für rund 300 Euro verkauft hatte. Wegen Fluchtgefahr und ‚guter Beziehungen ins Ausland‘ erließ die Wirtschaftsstrafkammer Haftbefehl. So dass der Angeklagte den Gerichtssaal in Handschellen verlassen musste. Wegen des Verkaufs von unwirksamen und nicht zugelassenen Sen-Tropfen an Krebskranke war Kampe bereits zuvor zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.[7][8][9][10]
Wir sind uns im klaren, dass die Zweifler oder Menschen, welche Bestätigungen in Form von Prüfberichten einsehen möchten, absolut im Recht sind. Es wird in dieser Welt soviel betrogen. Und das ohne jegliche Hemmungen. Wegen Geld gibt es in den meisten Fällen keine Scheu. Ob sehr krank oder sterbend. Resultat: Je mehr Info vorhanden, um so besser der Verkauf. Das ist Aufgabe des Herstellers und in Folge hieraus von Dir, als Spitzenkraft im Hause BG-MUN. Bitte um Beantwortung der Fragen, welche gestellt wurden.
859
Das Geschäft mit … wurde noch im Anfang Juli 2018 rückabgewickelt. Dies berichtete der Zeuge …, dessen Angaben diesbezüglich durch die verlesene W...App-Nachricht des Angeklagten B. an die Angeklagte G. vom 20.06.2018 bestätigt wurde (vgl. Bl. 145 Sonderband Asservatenauswertung).
(4) Ernennung der Angeklagten G. zur Exklusivhändlerin
860
Die Kammer ist überzeugt, dass zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen Mai und Juni 2018 die Angeklagte G. durch den Angeklagten B. mit dem „Exklusivvertrieb“ von BG-MUN beauftragt wurde.
861
Diese Feststellung beruht zum einen auf den vorherigen Ausführungen zum Scheitern des … Geschäfts. Bereits im Mai 2018 zeichnete sich ab, dass dieses Geschäft scheitern würde, weil sich bereits zu diesem Zeitpunkt Unstimmigkeiten zwischen dem Zeugen … und dem Angeklagten B. offenbarten, weil der Angeklagte B. aufgrund des gegen ihn ergangenen Strafbefehls zu schriftlichen Zusagen der behaupteten Heilwirkung von BG-MUN nicht bereit war. Insofern war die geplante Großhändlerschaft für BG-MUN zu diesem Zeitpunkt ungewiss.
862
Zugleich meldete die Angeklagte G. am 31.05.2018 das Gewerbe „… vital & fit“ an, was ihr mit Schreiben vom 15.06.2018 bestätigt wurde. Beides hat die Kammer verlesen (vgl. Asservat 8.2). Ausweislich der Anmeldung ist der Gewerbezweck „Einzelhandel mit Gesundheitsprodukten, Nahrungsergänzungsmitteln, funktionellen Lebensmitteln und Umweltprodukten – überwiegend auf Bestellung“.
863
Außerdem bestätigte der Angeklagte B. mit W...App-Nachricht vom 12.06.2018 um 17:53:02 Uhr, dass „ab sofort […] Frau …G. den Vertrieb der BG-MUN Produkte exklusiv in Deutschland und für einige weitere europäische Länder“ übernehmen wird.
4. Allgemeine Feststellungen zur subjektiven Tatseite bei den Betrugstaten
864
Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht ohne jeden Zweifel fest, dass der Angeklagte B. wusste, dass es sich bei BG-MUN nicht um ein hochwirksames Mittel gegen schwerste Erkrankungen handelte.
865
Die Überzeugung der Kammer beruht auf den nachfolgenden zweifelfrei festgestellten Umständen:
(1) Herkunft und Einkauf des Produkts
866
Der Angeklagte B. kaufte den Stoff, den er später als BG-MUN an seine Abnehmer verkaufte, bei der … ein. Das Produkt erwarb er zunächst, um es in der Kosmetikherstellung einzusetzen. Später schwenkte er auf ein Krebsmittel um. Das Produkt blieb jedoch stets dasselbe. Es handelte es sich auch nicht um den Stoff „BK-RiV“, an dem die … forscht, sondern um einen Stoff, der bei der Herstellung des BK-RiV als „Überstand“ anfällt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (2) Bezug genommen.
867
Dem Angeklagten B. war bekannt, dass es sich um den Überstand handelte. Er hatte nach den glaubhaften Angaben des Zeugen … das Produkt allein deshalb ausgewählt, weil es so viel günstiger war als das von ihm zunächst ebenfalls für die Kosmetikherstellung ins Auge gefasste BK-RiV.
868
Der Zeuge … berichtete der Kammer in diesem Zusammenhang, dass er dem Angeklagten B. gesagt habe, dass die Cytosolfraktion antientzündliche sei. Man könne sie gegen Pickel nehmen.
869
Er habe dem Angeklagten B. ausdrücklich gesagt, dass er der Cytosolfraktion keine medikamentöse Beschreibung geben dürfe. Er habe ihn auf die EU-Vorschriften hingewiesen. Der Angeklagte B. habe ihm Fragen gestellt, die alle „eher in Richtung Arzneimittel“ gegangen seien. Er habe ihm dann gesagt, dass er das so nicht machen könne. Das müsse er, der Angeklagte B., sonst zertifizieren lassen. Der Umschwung von Kosmetik auf orale Krebstherapie sei ca. im Jahr 2016 erfolgt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird ebenfalls auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (2) Bezug genommen.
870
Die … vermerkte auf jeder Rechnung an den Angeklagten B., dass die Cytosolfraktion für die „nichtmedizinische Anwendung“ sei.
871
Der Angeklagte B. wusste damit, dass er ein Produkt für die nichtmedizinische Anwendung einkaufte. Außerdem warnte ihn der Zeuge … vor medikamentösen Beschreibungen. Dem Angeklagten B. war ferner bekannt, dass er nicht das Produkt „BK-RiV“ einkaufte. Zudem plante er zunächst eine Verwendung für Kosmetika. Später verwendete er dasselbe Produkt für eine „immunbiologische Krebstherapie“, ohne dass er irgendeinen Anhaltspunkt dafür hatte, dass das Produkt dafür geeignet war. Im Gegenteil hatte der Zeuge … ihn sogar vor solchen Bezeichnungen gewarnt und die Rechnungen mit dem Hinweis „für nichtmedizinische Anwendung“ versehen. Hinweise darauf, dass BG-MUN die den Patienten gegenüber aufgestellten Behauptungen tatsächlich erfüllen könnte, hatte der Angeklagte B. aufgrund der Gespräche mit dem Zeugen … jedenfalls nicht.
(2) Einlassung des Angeklagten B. widersprüchlich und nicht glaubhaft
872
Gegenüber der Kammer behauptete der Angeklagte B., er habe sich mit der eingekauften Cytosolfraktion von seinem Hautkrebs geheilt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Einlassung des Angeklagten wird auf C. III. 1. Bezug genommen.
873
Nach kritischer Prüfung kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die diesbezügliche Einlassung des Angeklagten B. widersprüchlich und nicht glaubhaft ist.
874
Gegenüber zahlreichen Zeugen hat der Angeklagte B. ebenfalls behauptet, dass er sich mit BG-MUN selbst von einer Krebserkrankung geheilt habe.
875
Zugleich gab er gegenüber den Zeugen … und … an, dass er sich mit Hilfe der Einnahme von BG-MUN nach einem Unfall, bei der er von einem Lkw erfasst worden sei, von einem Leben im Rollstuhl befreit habe. Auch gegenüber dem Zeugen … und den Zeugen … und … hat er diese Version erzählt. Gegenüber dem Zeugen … hat der Angeklagte B. weitergehend behauptet, dass es sich bei dem Unfall um einen Anschlag der Pharmaindustrie gehandelt habe. Er sei auf Anlass der Pharmaindustrie von einem Lastwagen überfahren worden, weil er ein Mittel erfunden habe, das Krebs heile.
876
In einer E-Mail des Angeklagten B. vom 02.04.2018 (Bl. 1772 d.A.) behauptete der Angeklagte B., dass er vor 25 Jahren als Unfallhelfer auf der Autobahn von einem LKW direkt am Körper zusammengefahren worden sei. Niemand habe geglaubt, dass er überlebe. Tatsächlich sei er daraufhin übermäßig geröntgt worden und habe nach ca. 10 Jahren wuchernden Krebs am ganzen Oberkörper bekommen. Er habe eine Prognose von 2 Jahren bekommen. Mit BG-MUN habe er seinen Krebs in nur 6 Wochen aufgelöst.
877
Ähnlich äußert sich der Angeklagte B. in einem Telefongespräch mit einer potentiellen BG-MUN-Kundin … am 03.09.2019 um 18:25:27 Uhr, das die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 423 bis 429 TÜ-Akte). Auch hier behauptete der Angeklagte B., er habe einen Unfall gehabt und seitdem sei er seine beste Litfaßsäule für das Produkt. Er habe massiven Krebs bekommen und man habe ihm gesagt, er habe noch zwei Jahre dann sei er tot. Dies sei nun 13 Jahre her und er lebe immer noch. Auch in einem aufgezeichneten Telefongespräch mit dem Zeugen … am 07.06.2019 um 12:48:28 Uhr behauptete der Angeklagte B., er sei der Allererste gewesen, der mit „diesem Produkt definitiv seinen Krebs verloren hat“.
878
Ersichtlich widersprechen sich bereits die Behauptungen des Angeklagten B., was genau er mit BG-MUN behandelt haben will. Teilweise berichtete er von den körperlichen Folgen des Unfalls, teilweise behauptete er – so wie gegenüber der Kammer – es habe sich um Krebs gehandelt.
879
Darüber hinaus sind die Behauptungen nicht mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme vereinbar und deshalb unglaubhaft. Der Angeklagte B. hat zur Überzeugung der Kammer zu keinem Zeitpunkt eine Krebserkrankung mit BG-MUN geheilt oder sich nach seinem schweren Unfall durch BG-MUN von einem Leben im Rollstuhl befreit.
880
Erwiesen ist zwar, dass der Angeklagte B. tatsächlich im Jahr 1993 bei einem Unfall schwerverletzt wurde. Allerdings ist es ausgeschlossen, dass dieser Unfall ein Anschlag der Pharmaindustrie auf den Angeklagten B. war. Der Angeklagte B. behauptete insofern, dass dieser Anschlag erfolgt sei, weil er ein Mittel erfunden habe, das Krebs heile. Der Angeklagte B. hat kein Mittel erfunden, das Krebs heilt, sondern einen Produktionsüberstand bei der … eingekauft. Eine Veränderung des eingekauften Stoffes hat nicht stattgefunden. Ebenso wenig gibt es irgendeinen Anhaltspunkt dafür, dass der Angeklagte B. das Produkt jemals in eine klinische Studie gegeben hätte oder es sonst hat untersuchen lassen. Belege, die die Behauptung, dass sein Mittel Krebs heile, stützen könnten, existieren nicht. Es wird auf die Ausführungen untere. III. a) Bezug genommen.
881
Außerdem ist belegt, dass der Angeklagte B. erstmals im November 2015 die Cytosolfraktion bei der … gekauft hat. Ein Anschlag der Pharmaindustrie auf den Angeklagten B. wegen der heilenden Wirkung seines Produktes BG-MUN im Jahr 1993, als der Angeklagte B. auch nach eigenen Angaben noch nie von der Cytosolfraktion gehört hatte, entbehrt jeder Grundlage und ist eine reine Erfindung des Angeklagten B.
882
Aus demselben Grund ist es auch nicht möglich, dass sich der Angeklagte B. in den Jahren nach dem Unfall durch die Einnahme von BG-MUN von einem Leben im Rollstuhl befreit haben soll. In dem fraglichen Zeitpunkt hatte der Angeklagte B. nach seinen eigenen Angaben, aber auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch nie von der Cytosolfraktion gehört.
883
Die Kammer ist ferner überzeugt, dass es sich bei der Behauptung, der Angeklagte B. habe sich selbst mit BG-MUN von Krebs geheilt, um eine bloße Schutzbehauptung handelt.
884
Der Angeklagte B. hat seine diesbezüglichen Angaben gegenüber den Zeugen immer wieder verändert.
885
In der vorbezeichneten E-Mail vom 02.04.2018 behauptete er, dass der Unfall vor 25 Jahren gewesen sei und er 10 Jahre danach Krebs bekommen habe. Er habe nur noch 2 Jahre zu leben gehabt. Dann habe er mit BG-MUN seinen Krebs in 6 Wochen aufgelöst. Nach diesen Angaben hat der Unfall des Angeklagten B., wie auch durch die Kammer festgestellt, im Jahr 1993 stattgefunden. 10 Jahre später, also im Jahr 2003, soll der Angeklagte B. dann an Krebs erkrankt sein. Spätestens im Jahr 2005 hätte der Angeklagte B. nach diesen Behauptungen sterben sollen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist dieser Geschehensablauf ausgeschlossen. Weder im Jahr 2003 noch im Jahr 2005 hatte der Angeklagte B. Kenntnis von dem Produkt der … Die Cytosolfraktion hat der Angeklagte B. erstmals im November 2015 gekauft. Eine Selbstheilung mit BG-MUN zwischen 2003 und 2005 ist daher unmöglich. Im Übrigen hätte der Angeklagte B., wenn man seiner Behauptung folgen würde, im Jahr 2015, als er erstmals das Mittel erwarb, mit dem er sich angeblich selbst geheilt haben soll, bereits seit ca. 10 Jahren tot sein müssen.
886
In einem Telefongespräch mit … vom 03.09.2019 um 18:25:27 Uhr behauptete der Angeklagte B. im Hinblick auf seinen Unfall und seine Selbstheilung folgendes:
„Ich arbeite damit seit vielen Jahren und ich bin meine beste Litfaßsäule. Ich habe einen Unfall gehabt, der mich völlig zerfetzt hat.
Und mir erklärt hat als Unfall müsste ich bewegungsunfähig und rollstuhlfahrend sein. Ich laufe wie du und ich. Ich muss 20 Meter laufen. Ich bin, wie alt bin ich? 65, ich werde 65 im Februar und laufe seit einiger Zeit nach meinem Unfall. Man sieht mir gar nichts an, außer dass ich einen stabileren Bauch habe über Proteine aufgebaut, weil über meine Wirbelsäule kann mein Körper sich nicht aufrecht erhalten. Ich habe, ich weiß nicht wieviele Brüche insgesamt, aber ich habe den ersten Lendenwirbel zerfetzt und drei zerfetzte Bandscheiben, das heißt nicht gefähig. Meine Wirbelsäule hält nicht meinen Oberkörper. So dadurch bin ich über hundert Mal geröntgt worden, weil niemand dachte ich überlebe und dadurch habe ich Krebs bekommen.
So massiven Krebs, dass das mit der bösartigste im Bereich Krebs war. Und man hat mir gesagt zwei Jahre noch und sie sind tot.
Das ist Jahre her. Dreizehn Jahre her.“
887
Auch in diesem Gespräch behauptete der Angeklagte B. sich durch die Einnahme seines Produktes des Rollstuhls entledigt und von Krebs geheilt zu haben. Die Krebserkrankung mit der schlechten Prognose sei 13 Jahre her. Demnach müsste diese im Jahr 2006 gewesen sein. Das prognostizierte Ableben des Angeklagten B. hätte spätestens im Jahr 2008 stattfinden sollen. Im Jahr 2006 und auch in den folgenden beiden Jahren hatte der Angeklagte B. weder von der Cytosolfraktion gehört noch hatte er sie gekauft. Eine Selbstheilung durch BG-MUN oder die Befreiung von einem Leben im Rollstuhl „einige Zeit nach dem Unfall“ sind auch in dieser Konstellation ausgeschlossen.
888
Gegenüber der Kammer behauptete der Angeklagte zunächst, er habe im Jahr 2013 bis 2016 an Krebs gelitten und sich mit BG-MUN geheilt. Danach behauptete er, er sei 10 Jahre nach dem Unfall an Krebs erkrankt und habe sich dann mit BG-MUN geheilt. Die zweite Behauptung ist aufgrund des festgestellten Geschehensablaufs ausgeschlossen und, wie bereits mehrfach ausgeführt, nicht möglich. Die erste Behauptung ist zwar möglich, aber aufgrund des dargelegten Verhaltens des Angeklagten B. nicht glaubhaft. Vielmehr behauptete der Angeklagte B. gegenüber diversen Zeugen, schriftlich sowie im Rahmen der Telefonüberwachung, stets etwas anderes.
889
Die Tatsache, dass der Angeklagte lediglich ein einziges Mal eine zeitlich zumindest mögliche Konstellation behauptet hat, und zwar gegenüber der Kammer und als Teil seiner Einlassung zur Sache, führt nicht dazu, dass diese Version richtig ist. Vielmehr verstärkt das Verhalten des Angeklagten den Eindruck, dass die Behauptung der Ereignisse, zumal diese kurz vor Schluss der Beweisaufnahme erfolgte, eine auf das Ergebnis der Beweisaufnahme abgestimmte Schutzbehauptung ist. Aus diesem Grund hält die Kammer die Einlassung des Angeklagten für unglaubhaft. Selbst wenn der Angeklagte B. an Krebs erkrankt gewesen sein sollte, ist eine angebliche Heilung durch das Mittel BG-MUN nicht erfolgt.
890
Wie bereits unter C. III. 4. a) (1) dargestellt, hatte der Angeklagte B. keinerlei Hinweis auf eine besondere Wirkung des Produkts Cytosolfraktion gegen besonders schwere Erkrankungen. Gleichwohl versandte er bereits am 17.09.2015 eine E-Mail, in der er mit dem Produkt „BG-MUN forte“ als „Weltneuheit auf dem Gebiet der Krebsforschung“ warb. Dies ergibt sich aus der verlesenen Vorverurteilung des Angeklagten B.. Wie bereits dargelegt, ist die Kammer überzeugt, dass es sich auch bei dem Produkt „BG-MUN forte“ tatsächlich um die von der … eingekaufte Cytosolfraktion handelte, die der Angeklagte B. bereits kurze Zeit später, nämlich am 04.11.2015 bei der … einkaufte.
891
Am 14.03.2017 erteilte der Zeuge … dem Produkt BG-MUN eine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung. Die Bescheinigung basierte allein auf von dem Angeklagten B. zur Verfügung gestellten Unterlagen zu seinem Produkt. Eine Untersuchung fand nicht statt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (3) (a) Bezug genommen. Da der Zeuge … gerade keinerlei Proben des Produktes einforderte und der Angeklagte B. die Unterlagen, die der Zeuge … für seine „Begutachtung“ benötigte, selbst auswählte und zur Verfügung stellte, war dem Angeklagten B. klar, dass der Zeuge … das BG-MUN nicht untersuchen würde.
892
Der Angeklagte B. erstellte eine Reihe von Unterlagen, teilweise unter Einbindung des Zeugen …, die zunächst noch schriftlich Heilungen von schweren Erkrankungen durch die Einnahme von BG-MUN proklamierten. Dabei wusste der Angeklagte B. ganz genau, was er bei der … eingekauft hatte. Er selbst hat zu keinem Zeitpunkt Studien oder sonstige Untersuchungen des Produktes beauftragt oder sonst durchgeführt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. d) Bezug genommen. Ebenso wenig hat er sich selbst mit BG-MUN von Krebs geheilt. Ernstliche Anhaltspunkte dafür, dass das Mittel BG-MUN irgendeine nützliche Wirkung gegen schwere, teils auch unheilbare Erkrankungen wie Krebs haben könnte, hatte der Angeklagte B. nicht. Gleichwohl begann er das Mittel unter dieser Behauptung zu vertreiben.
893
Für ein Produkt, für das er selbst 450,00 € pro Packung bezahlte, gab er einen Preis von 5.900,00 € vor. Der Verkaufspreis überstieg den Einkaufspreis um 1.200 %, was der Angeklagte B. ganz genau wusste. Einen sachlichen Grund für diesen extremen Preisaufschlag konnte die Kammer nicht feststellen. Der Angeklagte B. fügte den angekauften Ampullen lediglich Etiketten, eine weiße, schmucklose Pappumverpackung, ein handelsübliches Kühlpad, einen auf weißem DIN A4 gedruckten Beipackzettel sowie 30 handelsübliche Spritzen hinzu. Die dadurch verursachten Kosten rechtfertigen jedoch keinen Preisaufschlag in der festgestellten Höhe. Die Kammer schließt aus dem extrem großen Unterschied, dass es dem Angeklagten B. um eine möglichst hohe Gewinnspanne ging.
(4) Kennzeichnung von BG-MUN
894
Der Angeklagte B. versah die Etiketten von BG-MUN mit einem CE-Kennzeichen. Es gab jedoch keinerlei objektive Veranlassung, ein solches Zeichen auf das Produkt aufzubringen. Das CE-Kennzeichen ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Prüfzeichen, durch das der Hersteller erklärt, dass sein Produkt mit den Richtlinien der europäischen Union konform ist. Dabei wird durch die europäische Union in entsprechenden Richtlinien festgesetzt, für welche Produktgruppen eine CE-Kennzeichnung verlangt wird.
895
Der Angeklagte B. vertrieb das BG-MUN offiziell als „funktionelles Lebensmittel“. Es gibt jedoch keine EU-Richtlinie, die eine CE-Kennzeichnung von Lebensmitteln vorschreibt. Das Kennzeichen wurde daher unzulässig angebracht. Eine CE-Kennzeichnung ist auch bei Arzneimitteln nicht vorgeschrieben, wohl aber gemäß § 6 Abs. 1 MPG bei Medizinprodukten.
896
Die Tatsache, dass der Angeklagte B. trotzdem ein CE-Kennzeichen auf seinem Produkt anbrachte, obwohl dies gesetzlich nicht vorgesehen war und zudem auch der von dem Angeklagten B. zumindest schriftlich behaupteten Einstufung als Lebensmittel entgegenstand, weil es das Vorliegen eines Medizinproduktes für entsprechend Rechtskundige suggerierte, führt die Kammer zu der Schlussfolgerung, dass der Angeklagte B. selbst keine Kenntnis darüber hatte, dass das CE-Kennzeichen seiner eigentlichen Behauptung, es liege ein funktionelles Lebensmittel vor, widersprach.
897
Obwohl er nicht wusste, wann ein CE-Kennzeichen an ein Produkt angebracht werden muss und wann nicht, brachte er es auf den Etiketten des BG-MUN an. Dem Angeklagten B. war es daher offensichtlich egal, ob er das Kennzeichen zulässig oder unzulässig anbrachte. Die Kammer schließt aus dieser Vorgehensweise, dass es dem Angeklagten B. darum ging, das Kennzeichen überhaupt auf den Etiketten von BG-MUN anzubringen, und zwar, weil er damit gegenüber einem durchschnittlichen Verbraucher eine zumindest vom Hersteller geprüfte Sicherheit und Vereinbarkeit seines Produktes mit entsprechenden Vorschriften suggerieren konnte, obwohl eine solche labortechnische Untersuchung, wie er wusste, niemals stattgefunden hatte.
(5) Unrichtige Tatsachenbehauptungen
898
Der Angeklagte B. versah das Produkt BG-MUN zunächst schriftlich und später mündlich mit einer ganzen Reihe an Behauptungen, die sich letztlich als Erfindung des Angeklagten erweisen.
899
Hinsichtlich der regelmäßig genutzten Behauptungen wird auf die Ausführungen unter C. III. c) (4) Bezug genommen.
900
Wie unter C. III. 4. a) (2) bereits ausgeführt, sind die Behauptungen des Angeklagten B. zur eigenen Heilung von Krebs mittels BG-MUN ebenso eine Erfindung, wie die Behauptungen zur Genesung nach dem schweren Verkehrsunfall im Jahr 1993.
901
Auch die Behauptung BG-MUN sei einmal als Arzneimittel zugelassen gewesen und aus vollständig sachfremden Erwägungen, nämlich aufgrund des Drucks der Pharmalobby wegen der vielen Erfolge von BG-MUN, sei diese Zulassung zurückgenommen worden, erweist sich als Lüge. Der Angeklagte B. wusste genau, dass er von der … das übrig gebliebene Material angekauft hat und dass es für dieses überhaupt keine Zulassung gab. Er selbst hat zu keinem Zeitpunkt eine arzneimittelrechtliche Zulassung für BG-MUN erwirkt, noch wurde eine solche zurückgenommen. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. (3) (c) Bezug genommen.
902
Auch die zahlreichen Behauptungen, dass er von der Pharmalobby verfolgt werde, weil er ein Mittel habe, das Krebs heile, sind schlicht erfunden.
903
Valide Anhaltspunkte dafür, dass sein Produkt eine wundersame Wirkung gegen Krebs hat, hatte der Angeklagte B. nicht. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. d) Bezug genommen.
(6) Verurteilung im April 2018
904
Die Kammer konnte, wie bereits unter C. III. 3. c) (3) ausgeführt, nachweisen, dass der Angeklagte B. in engem zeitlichem Zusammenhang mit seiner strafrechtlichen Verurteilung im April 2018 keinerlei schriftlichen Ausführungen zu etwaigen Heilungschancen von BG-MUN mehr machte. Die Kammer ist überzeugt, dass sich der Angeklagte B. die Verurteilung derart zur Warnung dienen ließ, dass er versuchte, keinerlei schriftlichen Beweise mehr zu hinterlassen, da gerade diese es waren, die zu seiner Verurteilung führten. Der verlesene Sachverhalt des Strafbefehls ergibt eindeutig, dass die schriftlichen Werbeaussagen auf der Website des Angeklagten B. sowie in von ihm versandten E-Mails zur Verurteilung führten.
905
Dies hinderte den Angeklagten B. jedoch nicht daran, seine Versprechungen nunmehr hauptsächlich mündlich zu äußern und im weiteren Verlauf die Angeklagte G. gänzlich in den Vordergrund zu rücken, um selbst im Hintergrund bleiben zu können.
906
Der Angeklagte B. wusste aufgrund seiner Vorverurteilung, was er vorher schon zumindest billigend in Kauf genommen hatte, nämlich, dass er das BG-MUN nicht mit Heilungsversprechen versehen und entsprechend vertreiben durfte.
907
Das Unrechtsbewusstsein und das Kalkül des Angeklagten B. ist für die Kammer auch in einem verlesenen Telefonat mit seiner Ehefrau …B. vom 31.07.2019 um 08:26:49 nochmals deutlich zu Tage getreten (Bl. 409 bis 410 TÜ-Akte). Das Gespräch nahm dort auszugsweise folgenden Verlauf:
… „Hast du gelesen, was ich dir geschrieben hab?“
Angeklagter B.: „Ja, ich kriege eine Überraschung.“
… „Ja und das andere auch?“
Angeklagter B.: „Was war das andere?“
Angeklagter B.: „Ach so. Ja, das interessiert mich nicht.“
Angeklagter B.: „Ein Zeuge weniger, ha, ha.“
908
Gerade weil der Angeklagte B. seine Versprechungen im Juli 2018, als er … traf, nur noch mündlich machte, ist die Aussage des Angeklagten vorliegend eindeutig dahingehend zu verstehen, dass er sich über den Tod einer seiner Kundinnen freut, da diese nun nicht mehr in der Lage ist, im Strafverfahren gegen ihn als Zeugin auszusagen. Zum Zeitpunkt des vorbenannten Gesprächs hatte der Angeklagte B. aufgrund der im Mai 2019 durchgeführten Durchsuchungen bei seiner Ehefrau in I. sowie bei der Angeklagten G. auch bereits Kenntnis von den Ermittlungen gegen ihn.
909
Die Aussage des Angeklagten B. macht nochmals deutlich, dass er die Illegalität seines Handelns genau kannte. Zugleich wird auch deutlich, dass dem Angeklagten B. das Schicksal der von ihm mit BG-MUN behandelten Person vollständig gleichgültig war. Gerade im Fall der … nahm der Angeklagte erheblichen Einfluss auf die an Krebs erkrankte … Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 9. a) verwiesen.
910
Aufgrund der vielen Lügen und Erfindungen des Angeklagten B., seines Wissens über das eingekaufte Produkt, seiner Vorverurteilung und seiner Reaktion darauf sowie seinem Nachtatverhalten, besteht keinerlei Zweifel daran, dass der Angeklagte B. seine Kunden vorsätzlich betrog, um sich selbst so viel wie möglich zu bereichern.
911
Die Kammer ist zweifelsfrei davon überzeugt, dass die Angeklagte G. spätestens ab dem 12.10.2017 zumindest billigend in Kauf nahm, dass das Mittel BG-MUN keine nennenswerte Wirksamkeit gegen Krebs und andere schwere oder unheilbare Erkrankungen hatte.
912
Gleichwohl konnte die Kammer nicht ausschließen, dass die Angeklagte G. aufgrund der Lügen des Angeklagten B. bis zum 12.10.2017 wirklich geglaubt hat, dass es sich bei BG-MUN um ein hochwirksames Krebsmittel handelt.
913
Die Zusammenschau der nachfolgenden Indiztatsachen begründet für die Kammer die sichere Überzeugung, dass die Angeklagte G. zunächst ohne Vorsatz handelte, sich dies jedoch spätestens am 12.10.2017 geändert hat.
(1) Täuschung durch den Angeklagten B.
914
Wie unter C. III. 3. e) ausgeführt, hatte die Angeklagte G. alle ihre Informationen über BG-MUN vom Angeklagten B. Die übermittelten Informationen und festgestellten Behauptungen der Angeklagten G. gegenüber ihren Patienten im Frühjahr 2017 lassen den Schluss zu, dass die Angeklagte G. von dem Angeklagten B. die gleichen Informationen und Unterlagen erhalten hat, die alle anderen Personen auch über BG-MUN vom Angeklagten B. erhalten haben.
915
Die festgestellten Behauptungen der Angeklagten G. belegen zudem, dass die Angeklagte G. dachte, dass der Angeklagte B. das BG-MUN tatsächlich erfunden hat und selbst herstellt. Davon, dass der Angeklagte B. das Produkt tatsächlich bei der … zukaufte und unverändert als sein BG-MUN anpries, wusste sie zur Überzeugung der Kammer nichts.
916
Die Angeklagte G. hat somit die gleichen fast ausschließlich falschen Informationen über BG-MUN erhalten, wie jeder andere Kunde des Angeklagten B. auch.
917
Es erscheint der Kammer fernliegend, dass der Angeklagte B. der Angeklagten G., die er ja wie unter C. III. 3. e) ausgeführt, in den Vertrieb einband, sein gesamtes wirkliches Wissen über BG-MUN offenbart und sie in seinen Tatplan eingeweiht hat. Gegen diese Annahme spricht bereits, wie ausgeführt, dass die Angeklagte überhaupt nicht wusste, dass der Angeklagte B. BG-MUN nicht selbst herstellte. Ebenso ist aus den verlesenen Nachrichten belegt, dass der Angeklagte B. die Angeklagte G. zu zahlreichen Gelegenheiten über BG-MUN oder die … belog. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. e) (2) (b) Bezug genommen.
(2) Nicht ausschließbarer Irrtum der Angeklagten G. über Eigenschaften von BG-MUN
918
Die Kammer kann nicht ausschließen, dass die Angeklagte G. dem Angeklagten B., ebenso wie zahlreiche Kunden, seine falschen Behauptungen über BG-MUN geglaubt hat und damit zumindest bis zum 12.10.2017 einem Irrtum über die Eigenschaften von BG-MUN unterlegen ist.
919
Für diesen Irrtum spricht zunächst, dass der Angeklagte B. der Angeklagten G. auch mitgeteilt hat, dass BG-MUN früher einmal als Arzneimittel zugelassen war, diese Zulassung jedoch aufgrund der Pharmalobby zurückgenommen werden musste.
920
Diese Behauptung suggeriert zugleich, dass es einmal entsprechende Studien zu dem Mittel gegeben hat. Diese Angaben des Angeklagten B. erschienen aus der Perspektive der Angeklagten G., die, wie sich aus dem Mitschnitt von sternTV ergibt (vgl. C. III. 3. E) (3)), der evidenzbasierten Medizin eher ablehnend gegenübersteht, plausibel.
921
Ebenso spricht erheblich für einen entsprechenden Irrtum der Angeklagten G., dass sie im Frühjahr 2017 selbst BG-MUN vom Angeklagten B. bezogen hat. Dies ergibt sich aus dem verlesenen W...App-Verkehr zwischen den beiden Angeklagten. So bot der Angeklagte B. der Angeklagten G. am 31.03.2017 „bis zu 4 Packungen für je 2“ an. Am 02.04.2017 fragte der Angeklagte B. erneut, ob sich die Angeklagte G. schon für BG-MUN für sich und ihren Mann entschieden habe. Am 12.08.2017 teilte die Angeklagte G. dem Angeklagten B. mit, dass sie … (G.) die erste Spritze gesetzt habe. Daraus ergibt sich ohne jeden Zweifel, dass der Angeklagte B. auch der Angeklagten G. BG-MUN verkauft hat, allerdings für einen Sonderpreis von 2.000,00 €.
922
Außerdem hat die Angeklagte G. das BG-MUN an sich selbst und ihren Familienmitgliedern getestet. Dies ergibt sich aus zahlreichen verlesenen W...App-Nachrichten zwischen den beiden Angeklagten, aber auch zwischen der Angeklagten G. und ihren Patienten. Wie bereits ausgeführt, teilte die Angeklagte G. dem Angeklagten B. mit, dass sie ihrem Ehemann … eine „Spritze gesetzt“ habe. Nicht außer Acht gelassen werden kann, dass die Angeklagte G. im August 2017 ausweislich ihrer eigenen Nachricht ihrem Ehemann BG-MUN mittels einer Spritze injizierte. Abweichend davon hatte sie am 23.03.2017 noch der Zeugin … in einer verlesenen W...App-Nachricht mitgeteilt, dass sie das Halten von BG-MUN im Mund mit 120 Sekunden als lang empfinde (vgl. Bl. 178 Sonderband Asservatenauswertung). Auch aus dieser Nachricht lässt sich ableiten, dass die Angeklagte G. das Mittel selbst ausprobiert hat. Ebenso stützt diese Nachricht die Überzeugung der Kammer, dass BG-MUN ab dem Sommer 2017 häufig unter der Anweisung, dieses subkutan zu injizieren, vertrieben wurde.
923
Zugunsten der Angeklagten G. hat die Kammer zudem eingestellt, dass diese keinerlei medizinische Ausbildung hatte und daher allein aufgrund der vom Angeklagten B. behaupteten Inhaltsstoffe und dem behaupteten Wirkmechanismus nicht in der Lage war, zu erkennen, dass die Angaben des Angeklagten B. aus medizinischer Sicht und aus pathophysiologischer Sicht keinen Sinn machen.
924
Ein weiteres Indiz für einen zunächst vorliegenden Irrtum der Angeklagten G. ist ihre Passivität bei dem allerersten Verkaufsgespräch mit den Zeugen …. Hier blieb die Angeklagte G. im Hintergrund. Tatsächlich pries der Angeklagte B. BG-MUN ohne Einbindung der Angeklagten G. gegenüber den Zeugen … an und stellte dabei wahrheitswidrige Behauptungen über das Mittel auf, um die Zeugen … zu einem Kauf zu bewegen (vgl. C. III. 8. b)). Dieses Verhalten ist auch bei weiteren Fällen im Jahr 2017, wie bereits unter C. III. 3. f) (3) dargestellt, zu beobachten.
925
Für einen Irrtum spricht weiter, dass die Zeugin … zumindest nach der zweiten Behandlung mit BG-MUN zumindest eine kurzzeitige Verbesserung ihres Zustandes feststellte. Ein etwaiger Rückschluss der Angeklagten G., dass die Verbesserung des Zustandes der Zeugin … allein auf die Behandlung mit BG-MUN zurückzuführen sei, ist zwar angesichts der Behauptungen des Angeklagten B. naheliegend, relativiert sich jedoch durch den Umstand, dass keine langfristige Verbesserung erreicht werden konnte und die Zeugen … nochmals die Angeklagte G. aufsuchten und abermals BG-MUN kauften.
926
Gegen einen Irrtum der Angeklagten G. spricht, dass sie den Zeugen … den Angeklagten B. als Professor und Wissenschaftler vorstellte, obwohl dies objektiv nicht der Fall war. Zugleich lässt sich jedoch aufgrund der nur kurzen Bekanntschaft der Angeklagten im März 2017 nicht zweifelsfrei feststellen, dass die Angeklagte G. die Zeugen … bewusst getäuscht hat. Es ist auch ohne weiteres denkbar, dass sich der Angeklagte B. so gegenüber der Angeklagten G. vorgestellt hat, weil er auch gegenüber anderen Zeugen behauptet hat, er sei ein Forscher und Wissenschaftler (vgl. C. III. 9. a), obwohl er dies zu keinem Zeitpunkt war.
927
Gegen einen Irrtum spricht ferner die stetige Verschlechterung des Zustandes der …, den die Angeklagte G. aufgrund der ihr zugesandten W...App-Nachrichten miterlebte. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. f) (2) Bezug genommen. Hier ist jedoch in Betracht zu ziehen, dass die Angeklagte G. bei der zweiten Empfehlung an … eine Injektion empfahl, um die Wirkung zu verstärken, also die Behandlungsmethode änderte. Dies spricht dafür, dass die Angeklagte hoffte, dass sich der Zustand von … so verbessern würde. Außerdem stellte sie wiederholt Rückfragen an den Angeklagten B., die dieser jedoch – zumindest aus objektiver Sicht – nicht befriedigend beantwortete, insbesondere bei immer weiter steigernden Tumormarkern lediglich „ui“ kommentierte und ankündigte, … anzurufen. Eine plausible Erklärung lieferte er – zumindest in den ausgewerteten W...App-Nachrichten – nicht.
928
Letztlich konnte sich die Kammer in der Gesamtschau der vorgenannten Umstände nicht zweifelsfrei davon überzeugen, dass die Angeklagte G. vor dem 12.10.2017 zumindest billigend in Kauf nahm, dass BG-MUN gegen Krebs und andere schwere Erkrankungen wirkungslos ist. Die Umstände sprechen überwiegend dafür, dass die Angeklagte G. tatsächlich aufgrund der von dem Angeklagten B. gemachten unzutreffenden Aussagen glaubte, BG-MUN sei ein Wundermittel gegen Krebs und andere schwere Erkrankungen.
(3) Indizien für ein Erkennen des Irrtums
929
Die Zusammenschau der nachfolgenden Indiztatsachen begründet für die Kammer die sichere Überzeugung, dass die Angeklagte G. spätestens am 12.10.2017 erkannte, dass sie sich geirrt hatte und diese Erkenntnis sich sodann fortlaufend vertiefte, sie mithin zumindest billigend in Kauf nahm, dass BG-MUN tatsächlich nicht hochwirksam gegen Krebs und andere schwere Erkrankungen war, und dass sie sich über diese Erkenntnis um des eigenen Profits willen hinwegsetzte.
(a) Tod der … am 12.10.2017
930
Die Tatsachen, dass die Angeklagte G. den Tod der … trotz BG-MUN-Behandlung in allen Einzelheiten mitbekam und ihr weiteres Verhalten danach, sprechen gewichtig dafür, dass die Angeklagte G. die Täuschung des Angeklagten B. sowie ihren darauf beruhenden Irrtum erkannte.
931
Wie unter C. III. 3. f) (2) ausgeführt, behandelte die Angeklagte G. ab März 2017 ihre Freundin … mit BG-MUN. Dabei wurden … entsprechende Heilungsversprechen gemacht, an die zu diesem Zeitpunkt sowohl … als auch die Angeklagte G. – diese jedenfalls nicht ausschließbar – glaubten. Gleichwohl verschlechterte sich der Zustand von … immer weiter, bis sie letztlich am 12.10.2017 an ihrer schweren Krebserkrankung verstarb, wovon die Angeklagte G. noch am selben Tag erfuhr. Darauf reagierte sie schockiert und zeigte sich schwer getroffen.
932
Im Verlauf der Behandlung, die ihr stets genaustens mitgeteilt wurde, ließen sich zu keinem Zeitpunkt Verbesserungen der Krebserkrankung von … feststellen. Im Gegenteil stiegen die Tumormarker stetig weiter an und es ging … auch nach der Anweisung, sich BG-MUN nunmehr zu injizieren, immer nur schlechter. Einen messbaren Erfolg von BG-MUN gab es nicht. Der massive Anstieg der Tumormarker war der Angeklagten G. durch … jeweils nach Bekanntwerden umgehend mitgeteilt worden, wie sich aus den verlesenen W...App-Nachrichten ergibt (vgl. C. III. 3. f) (2)). Als … am ...2017 verstarb, wusste die Angeklagte G., dass BG-MUN nicht dazu geführt hatte, dass der Krebs von … verschwunden oder auch nur eingedämmt worden war. Letztlich hatte sich die BG-MUN Behandlung als vollständig wirkungslos erwiesen.
933
Diese Erkenntnis hinderte die Angeklagte G. jedoch nicht daran, eine Heilung schwerer Erkrankungen durch BG-MUN weiterhin anzupreisen. Diesbezüglich wird zunächst auf die Ausführungen zu den Angaben der Angeklagten G. gegenüber der Zeugin … unter C. III. 3. e) (3) Bezug genommen. Die Kammer hat zudem solche Behauptungen auch bei zahlreichen weiteren Patienten festgestellt, wie unter C. III. 8. und 9. nachvollzogen werden kann.
(b) Weitere Misserfolge mit der BG-MUN Behandlung
934
Dafür, dass die Angeklagte G. ihren Irrtum erkannt hat, spricht auch, dass sich die Wirkungslosigkeit von BG-MUN auch bei ihren weiteren Erfahrungen bis zuletzt immer wieder bestätigt hat.
935
Wie bereits ausgeführt, führte die BG-MUN-Behandlung bei der Zeugin … nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung, was diese der Angeklagten G. auch mitteilte (vgl. C. III. 3. f) (1)).
936
Auch die Behandlung der Zeugin … im Februar 2018 schlug fehl, weshalb das Geschäft rückabgewickelt wurde, was der Angeklagte B. der Angeklagten G. auch mitteilte (vgl. C. III. 8. e)).
937
Das von dem Angeklagten B. an die …. mit Sitz in Korea verkaufte BG-MUN führte zu keiner einzigen Wunderheilung (vgl. C. III. 8. f)). Im Gegenteil beschwerte sich der Zeuge … deshalb bei der Angeklagten G.
938
Dies ist belegt durch die zwischen der Angeklagten G. und dem Zeugen … ausgetauschten W...App-Nachrichten, die die Kammer verlesen hat. Dort heißt es (vgl. Bl. 34 Sonderband Asservatenauswertung):
„Guten Tag Frau G. Ich grüße Sie Haben Sie nach unserem Besuch noch mehr Erfahrung mit BG-MUN für Krebspatienten gehabt?“
(Nachricht vom 11.04.2019 um 13:02:38 (UTC+2))
„Falls ja, Wieviele Patienten wurden geheilt?“
(Nachricht vom 11.04.2019 um 13:03:19 (UTC+2))
„Oder nicht geheilt in Bezug auf BG-MUN“
(Nachricht vom 11.04.2019 um 13:03:44 (UTC+2))
„Bei uns in Korea sind 7 Patienten gestorben von 11 Patienten“
(Nachricht vom 11.04.2019 um 13:06:35 (UTC+2))
939
Bei Kontrolluntersuchungen der Tumore und Metastasen der … im November 2018 ließen sich nach der zweifachen BG-MUN-Behandlung erhebliche Verschlechterungen feststellen, was diese der Angeklagten G. mitteilte (vgl. C. III. 9. a)).
940
Der an Colitis Ulcerosa leidende … beschwerte sich per verlesener W...App-Nachricht im September 2018 bei der Angeklagten G., dass das BG-MUN nichts gebracht habe (vgl. C. III. 9. c)).
941
… teilte der Angeklagten G. ebenfalls per verlesener W...App-Nachricht im November 2018 mit, dass es zu keinerlei Verbesserungen bei der Diabetes ihrer Tochter gekommen sei (vgl. C. III. 9. e)).
942
… verstarb am ...2018 an den Folgen ihrer Krebserkrankung trotz einer Behandlung mit BG-MUN, was der Zeuge … der Angeklagten G. mitteilte (vgl. C. III. 9. f)).
943
Der Zeuge Dr. K. behandelte im Herbst 2018 3 Patienten mit BG-MUN. Bei keinem einzigen konnte er eine Verbesserung feststellen, was er der Angeklagten G. mit verlesener E-Mail vom 14.12.2018 mit dem Hinweis, dass er die Patienten unter „naturheilkundlichen und ursachenmedizinischen“ Gesichtspunkten sorgfältig vorbereitet und die ordnungsgemäße Verabreichung von BG-MUN überwacht hatte, mitteilte (vgl. Bl. 1442 d.A.).
944
Die Zeugin … beobachtete eine weitere Ausbreitung ihrer Krebserkrankung sowie eine weitere Verschlechterung der Tumormarker, was sie der Angeklagten G. im April 2019 mitteilte (vgl. C. III. 9. g)).
945
All diese Misserfolge sprechen gewichtig dafür, dass sich die Erkenntnis der Angeklagten G. spätestens ab 12.10.2017 immer wieder bestätigt hat.
946
Eine Änderung ihres Verhaltens hingegen erfolgte zu keinem Zeitpunkt, was zuletzt durch die heimlichen Filmaufnahmen der … vom 10.05.2019 erneut belegt wurde.
(c) Verheimlichen der Misserfolge und Verbreiten von Unwahrheiten
947
Ein weiteres erhebliches Indiz dafür, dass die Angeklagte G. nach dem Tod der … zumindest bedingt vorsätzlich handelte, ist die Tatsache, dass sie ihre Misserfolge verheimlichte, leugnete und Unwahrheiten über die tatsächlichen Geschehensablaufe verbreitete.
948
Die gescheiterte Behandlung der … wurde zur Überzeugung der Kammer sowohl in den heimlichen Aufnahmen von sternTV als auch gegenüber dem Zeugen Dr. K. von der Angeklagten G. bewusst falsch dargestellt.
949
Hinsichtlich der Einzelheiten des Inhalts der Aufnahmen von sternTV wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. e) (3) (b) Bezug genommen. Die Angaben der Angeklagten G. gegenüber den Reportern von sternTV, die ohne eine diesbezügliche Nachfrage gemacht wurden, beinhalten genau das, was … behauptet, was ihr von der Angeklagten G. gesagt worden sei (vgl. C. III. 9. a) (1) (a)). Die Angaben beziehen sich ohne jeden Zweifel auch auf …, die sich bei öffentlichen Bewertungsportalen wie „jameda“ über die Angeklagte G. beschwerte. Die öffentliche Kritik der … an BG-MUN – noch vor Ausstrahlung des ersten sternTV-Berichts im Mai 2019 – fand bereits im Februar 2019 statt und die Kammer ist zweifellos überzeugt, dass die Angeklagte G. davon auch Kenntnis hatte. Dies ergibt sich aus einem E-Mailverkehr zwischen der Angeklagten G. und dem Zeugen Dr. K. vom 25.02.2019, den die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 1468 d.A.). Der Zeuge Dr. K. wies die Angeklagte G. am 25.02.2019 um 07:04 Uhr darauf hin, dass es auf der Bewertungsseite „jameda“ eine schlechte Bewertung über sie und das BG-MUN gebe. Das sei schlecht für ihren Ruf. Die Angeklagte G. antwortete dem Zeugen Dr. K. daraufhin am 25.02.2019 um 09:52:26 Uhr folgendes:
vielen Dank für den Hinweis. Ich habe ihn gesehen und ich kann erahnen von wem er stammt. Die Patientin hatte Krebs im Endstadium und war schulmedizinisch schon aufgegeben. Sie hat mit der BG-MUN-Therapie im Juli 2018 begonnen und innerhalb von 8 Wochen sehr gute Werteschulmedizinisch-geprüft erreicht, aber die Metastasen waren noch nicht ganz zurückgegangen. Ich hatte ihr empfohlen, noch mal eine Kur durchzumachen, bis alles weg ist. Aufgrund der Streitereien mit ihrem Mann und dessen Bruder, der Chirurg ist, hatte sie keine Kraft mehr, sich gegen ihre Familienmitglieder zu stellen. Dies hat ihr von Anfang an so viel Nerven und Kraft gekostet, weil ihr die Familie auch die sichtliche Besserung nicht gegönnt hat bzw. erwartet hatte. Zwischen Anfang September und November nam dann der Druck der Familie so zu, aber am allermeisten der vom Ehemann, da dieser bereits mit dem Tod gerechnet hatte.
Ende November 2018 hatte sie dann noch mal einen Check und bei dem war es dann tatsächlich so, dass die Metastasen wieder zugenommen hatten.
Deshalb empfehle ich allen Patienten ganz klar im Vorfeld, die BG-MUN-Therapie zu wiederholen, bis nichts mehr da ist. Meistens wird dann die erste Kur für den Primärtumor gebraucht um da eine Stabilisierung zu bekommen, dann regeneriert sich erst alles andere, je nach dem – was im Vorfeld alles zerstört bzw. geschädigt wurde.
950
Die Kammer ist sicher, dass die Angeklagte G. sowohl in den sternTV-Aufnahmen als auch in der vorstehenden E-Mail von … spricht, da ihr keine andere weibliche Person bekannt ist, die ihren Speiseröhrenkrebs mit BG-MUN bei der Angeklagten G. hat behandeln lassen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, die eine weitere Kundin mit Speiseröhrenkrebs nahelegen würden. Außerdem ist der Schwager der … tatsächlich Chirurg, wie der Zeuge … der Kammer berichtet hat. … hat die BG-MUN-Therapie im Juli 2018 begonnen. Die Angeklagte G. schien dies ebenso zu sehen, denn sie informierte den Angeklagten B. am 25.02.2019 um 08:42:06 (UTC+1) Uhr über die schlechte „jameda“-Bewertung der …. Auch wenn sie den Namen … mit einem „?“ versah, ist die Kammer aufgrund der vorgenannten Umstände sicher, dass es sich tatsächlich um … handelte.
951
Die Angeklagte G. erzählte sowohl den Reportern von sternTV als auch dem Zeugen Dr. K. schlicht Lügen über den Behandlungsverlauf von … Wie bereits ausgeführt wurde, hatte … zu keinem Zeitpunkt bessere Werte für ihre Krebserkrankung, insbesondere konnten bei dem MRT keinerlei Verkleinerungen der Metastasen festgestellt werden. Die angebliche Verbesserung hatte die Angeklagte G. lediglich ausgependelt. Auch auf einem CT war keinerlei Besserung, sondern das Gegenteil zu erkennen. Das wusste die Angeklagte G. auch, weil … ihr das stets, wie bereits dargestellt, mitgeteilt hatte. Hinsichtlich der Einzelheiten der zugehörigen Beweiswürdigung wird auf die Ausführungen unter C. III. 9. a) Bezug genommen.
952
Die Angeklagte G. belog außerdem den Zeugen …, dem aufgrund der Misserfolge in Korea offensichtlich immer mehr Zweifel an der Wirksamkeit des Präparats kamen. Dies ist belegt durch die zwischen der Angeklagten G. und dem Zeugen … ausgetauschten W...App-Nachrichten, die die Kammer verlesen hat. Zunächst wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) (3) (b) hinsichtlich der Beschwerde des Zeugen … Bezug genommen.
953
Auf die bereits zitierten Nachrichten des Zeugen … antwortete die Angeklagte G. wie folgt:
„Guten Tag Herr …, das tut mir sehr leid. Nein, wir haben keine so hohe Sterberate. Natürlich haben wir noch Patienten gehabt und haben noch. Wo liegt ihr Problem? Bei den Patienten kommt es darauf an, wie viel im Körper schon zerstört wurde und welche Therapie-Kombinationen Sie zum BG-MUN eingesetzt haben und wie oft bzw. wie lang die Patienten bereit sind, die ganzheitliche Therapie zu bezahlen. Alles weitere übermitteln wir in unseren Vorträgen. Das ist der Inhalt vom 2. Teil des Seminars. Beste Grüße – …G..“
(Nachricht vom 11.04.2019 um 13:11:11 Uhr (UTC+2))
„Meine Frage ist, ob diese neue Krebspatienten bei Ihnen geheilt wurden?“
(Nachricht vom 11.04.2019 um 13:27:17 (UTC+2))
„Mit BG-MUN oder ohne BG-MUN“
(Nachricht vom 11.04.2019 um 13:27:39 (UTC+2))
„Ich bitte Sie um die ernsthafte Antwort. Weilbes um Leben geht“
(Nachricht vom 11.04.2019 um 13:28:27 (UTC+2))
(Nachricht vom 11.04.2019 um 13:28:35 (UTC+2))
„Ja, leben alle noch und die Kontroll Behandlung geht bei uns noch je nach Krebsart 3 bis 5 Jahre weiter.“
(Nachricht vom 11.04.2019 um 13:29:39 Uhr (UTC+2))
954
Diese Behauptung ist nachweislich falsch. Zum Zeitpunkt, als die Angeklagte G. diese Behauptung tätigte, waren bereits … (am 12.10.2017) und … (am 04.11.2018) verstorben.“
955
Am 12.04.2019 um 14:11:39 (UTC+2) Uhr behauptete die Angeklagte G. gegenüber dem Zeugen … auf weitere Nachfrage von diesem, wie viele Patienten sie behandelt habe und wie viele davon geheilt worden seien folgendes:
„Hallo Herr …, inzwischen haben wir sehr viele Patienten behandelt, auch Patienten, die uns von Ärzten geschickt wurden, die selbst nicht mehr weiter wussten. Bei uns ist Gott sei Dank noch noch niemand gestorben. Wir wissen von 2 Fällen, die uns geschickt wurden, bei denen durch die Chemo und die vorausgegangenen schulmedizinischen bzw. Klinischen Therapien im Körper schon so viele Zellen zerstört wurden, dass BG-MUN auch nicht mehr geholfen hätte. Bei diesen Fällen war keine Hilfe mehr möglich, auch durch BG-MUN nicht mehr. Das wurde den Angehörigen aber vorher gesagt. Die Angehörigen wollten das BG-MUN trotzdem noch einsetzen, um Zeit für die Vorbereitung des Verabschiedens zu bekommen. In beiden Fällen war es eine Zeitgewinnung und psychologische Begleittherapie, um sowohl dem Betroffene als auch der Familie die Zeit des Verabschiedens zu erleichtern. […]“
956
In der vorliegenden Nachricht behauptet die Angeklagte zunächst – falsch –, dass noch niemand gestorben sei. Danach revidiert sie ihre Aussage und behauptet es habe nun doch 2 Personen gegeben, aber bei diesen sei eine Heilung nicht das Ziel gewesen. Sollte es sich bei diesen 2 Personen überhaupt um … und … handeln, so ist auch diese Behauptung nachweislich falsch. Sowohl … als auch … ist eine Heilung ihrer Krebserkrankungen versprochen worden (vgl. C. III. 3. f) (2) und C. III. 9. f)). Es trifft nicht zu, dass die Angehörigen, also die Zeugen … und …, die Information erhalten, dass BG-MUN lediglich den Abschied vorbereiten solle. Die tatsächlichen Misserfolge mit der Behandlung von BG-MUN sowie die zahlreichen negativen Rückmeldungen verschwieg die Angeklagte G..
(d) Rollenwechsel der Angeklagten G. im Frühjahr 2018
957
Wie bereits unter C. III. 3. e), f) und g) ausgeführt, hatte die Angeklagte G. im Jahr 2017 zunächst die Rolle, geeigneten Patienten das BG-MUN zu empfehlen und diese ggf. an den Angeklagten B. zu vermitteln. Diese Rolle veränderte sich jedoch beginnend ab dem Frühjahr 2018 zunehmend, bis sich die Angeklagte G. schließlich als Expertin für das Produkt BG-MUN und dessen Einsatz präsentierte und vom Angeklagten B. auch so angepriesen wurde. Ersichtlich verschob sich die Rolle der Angeklagten G. von der Person, die an den Experten – also den Angeklagten B. – lediglich verwies, zu der Person, an die der Angeklagte B. sogar seine eigenen Kunden verwies, obwohl die Angeklagte G. über keinerlei Sonderkenntnisse oder Sonderwissen über BG-MUN verfügte (vgl. C. III. 3. e) (2)). Im Gegenteil verfügte beispielsweise allein der Angeklagte B. über das Wissen über die tatsächliche Herstellung und Herkunft von BG-MUN. Gleichwohl behauptete die Angeklagte G. gegenüber ihren Patienten und weiteren (potenziellen) Käufern, eine besondere Fachkraft für BG-MUN zu sein, was tatsächlich, wie sie wusste, nicht der Fall war.
958
So besuchte der Zeuge Dr. K. am 23.11.2018 ein Seminar über BG-MUN mit dem Titel „BG-MUN Cytosolfraktion über Grundlagen, Wirkungsweise und Einsatzbereiche“ bei der Angeklagten G. in …, wie er der Kammer berichtete. Diese Angabe ist glaubhaft, weil der Besuch des Seminars durch das von der Kammer in Augenschein genommene sowie verlesene Teilnahmezertifikat des Zeugen Dr. K. vom 23.11.2018 bestätigt wird (vgl. Bl. 1440 d.A.). Auf diesem Dokument bezeichnet sich die Angeklagte G. als „Med. Fachberaterin: …G. – Heilpraktikerin“. Die Angeklagte G. ist nicht berechtigt, die akademische Bezeichnung „Prof.“ zu führen (vgl. C. III. 7.). Gleiches gilt für die Bezeichnung als „med. Fachberaterin“, die offensichtlich für medizinische Fachberaterin steht. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass es sich bei dieser Bezeichnung keinesfalls um eine (strafrechtlich) geschützte Berufsbezeichnung handelt. Gleichwohl suggeriert die Bezeichnung der Angeklagten G., die das Seminar ausweislich der Angaben des Zeugen Dr. K. gehalten hat, eine medizinische Kompetenz, die die Angeklagte bereits nach ihren eigenen Angaben zu den persönlichen Verhältnissen nicht besitzt (vgl. A. II. 1.). Über eine (klassische) Berufsausbildung oder ein Studium im medizinischen Bereich verfügt die Angeklagte nicht.
959
Solche Seminare über BG-MUN hielt die Angeklagte öfter, wie sich aus der bereits zitierten W...App-Nachricht an den Zeugen … ergibt, in der sie diesem anbot, ein Seminar über BG-MUN zu besuchen (vgl. C. III. 4. b) (3) (c)).
960
Außerdem verwies der Angeklagte B. die Zeugen … an die Angeklagte G., damit diese ihnen bei der Einnahme von BG-MUN helfe, als diese dem Angeklagten B. mitteilten, dass das BG-MUN nicht wirke. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 8. e) Bezug genommen.
(4) Indizien gegen ein Erkennen des Irrtums
(a) Weitere eigene Ankäufe von BG-MUN
961
Die Kammer hat den Umstand, dass die Angeklagte G. auch nach dem Tod der … nach wie vor BG-MUN beim Angeklagten B. für sich selbst bezogen hat, als ein gegen den Vorsatz der Angeklagten G. und damit gegen ein Erkennen ihres Irrtums sprechendes Indiz gewertet.
962
Dies beruht auf folgenden Erkenntnissen aus den verlesenen W...App-Nachrichten zwischen den Angeklagten G. und B.:
963
Am 22.01.2018 teilte die Angeklagte G. dem Angeklagten B. mit, dass er eine Packung BG-MUN bei ihr abholen könne, sie brauche jedoch wieder welches, weil bei … eine OP anstehe. Daraufhin bekommt sie vom Angeklagten B. eine Packung BG-MUN zum „Familienpreis“ angeboten (vgl. Bl. 130 bis 131 Sonderband Asservatenauswertung).
964
Am 15.03.2018 bestellte die Angeklagte G. eine Packung für sich, für diese Ampullen brauche sie keinen Karton (vgl. Bl. 139 Sonderband Asservatenauswertung). Am 21.06.2018 teilte sie dem Angeklagten B. mit, dass sie … 1,5 ml gespritzt habe (vgl. 145 Sonderband Asservatenauswertung).
965
Am 29.07.2018 vereinbarten die Angeklagten, dass die Angeklagte G. für 2.000,00 € privat eine Packung erwerben könne. Daraufhin bestellte die Angeklagte 2 Packungen „privat“ (vgl. Bl. 151 Sonderband Asservatenauswertung). Ebenso bestellte die Angeklagte am 20.02.2019 „2 für mich“ (vgl. Bl. 163 Sonderband Asservatenauswertung).
966
Aus diesen W...App-Nachrichten schließt die Kammer, dass die Angeklagte G. auch nach dem Scheitern der BG-MUN-Therapie auch noch BG-MUN für sich selbst bzw. für ihre Tochter … beim Angeklagten B. eingekauft hat.
967
Gleichwohl litt weder die Angeklagte selbst – nach ihren eigenen Angaben – noch die Tochter der Angeklagten G. an einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte G. eine solche Erkrankung bei ihrer Tochter behandelt hat, bestehen nicht.
(b) Vermeintliche Erfolge der BG-MUN-Behandlungen
968
Das Vorliegen vermeintlicher Erfolge mit der BG-MUN-Behandlung spricht mit schwacher Indizwirkung gegen einen Vorsatz der Angeklagten G.
969
Wie bereits ausgeführt, hatte der Angeklagte B. der Angeklagten G. von großen Erfolgen der BG-MUN-Behandlungen bei Patienten mit Krebs und anderen schwerwiegenden Erkrankungen berichtet (vgl. C. III. 3. e) (2)). Die ersten von der Angeklagten G. mit BG-MUN behandelten Patienten konnten ihr jedoch von keinen nennenswerten Verbesserungen berichten bzw. verstarben letztlich an ihren Krebserkrankungen.
970
Die Kammer konnte während der gesamten Beweisaufnahme keinen einzigen Patienten der Angeklagten G. identifizieren, bei dem es tatsächlich zu einer Heilung oder zumindest zu einer merklichen Verbesserung der Krebserkrankung, also einer Remission von Tumoren oder Metastasen gekommen ist.
971
Trotzdem hat die Kammer zugunsten der Angeklagten G. berücksichtigt, dass der Angeklagte B. der Angeklagten G. immer wieder von großen Heilungserfolgen mit BG-MUN berichtet hat. Gleichwohl haben diese Berichte nur eine schwache Indizwirkung. Keinen einzigen angeblich nachhaltigen Erfolg hat die Angeklagte G. selbst erlebt. Ihre Erkenntnisse beruhen lediglich auf Hörensagen vom Angeklagten B. Eine anderweitige Verifizierung dieser Informationen ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt, obwohl die Angeklagte G. selbst keinerlei Erfolge, die mit den Behauptungen des Angeklagten B. vergleichbar gewesen wären, verbuchen konnte.
972
Zunächst wird diesbezüglich auf die Ausführungen unter C. III. 3. e) (2) Bezug genommen.
973
Am 13.02.2018 behauptete der Angeklagte B. in einer verlesenen W...App-Nachricht gegenüber der Angeklagten G., dass die Frau …, die Bäckereien in … habe, bei der ein Krebsherd im Schultergelenk übersehen worden sei und die „zusätzlich“ austherapiert gewesen sei, das BG-MUN seit Ende Oktober bekommen habe und im MRT keine Metastasen mehr angezeigt bekommen habe (vgl. Bl. 134 Sonderband Asservatenauswertung). Sie zähle nach allen Untersuchungen als völlig geheilt. Bei dieser Aussage handelt es sich um eine vollständige Lüge des Angeklagten B. Die Kammer konnte insofern verifizieren, dass … Mitte November 2017 tatsächlich BG-MUN gegen eine Krebserkrankung vom Angeklagten B. gekauft hat. Die Zeuginnen … und … berichteten übereinstimmend und glaubhaft, dass es zu keiner Verbesserung der Erkrankung ihrer Mutter gekommen sei. … sei im November 2018 an ihrer Krebserkrankung verstorben. Vom Angeklagten B. hätten sie nach dem Kauf von BG-MUN nie wieder gehört und diesen auch selbst nie wieder kontaktiert. Die Angeklagte G. sei ihnen nicht bekannt. Für die Einzelheiten zum Verkauf von BG-MUN an … wird auf die Ausführungen unter C. III. 8. d) Bezug genommen. Für die Kammer steht fest, dass die Angeklagte G. diese Behauptung niemals verifiziert hat, obwohl sie im direkten Kontrast zu ihren eigenen Erfahrungen mit BG-MUN bei … stand.
974
Am 10.04.2018 informierte der Angeklagte B. über „wissenschaftliche News“ per verlesener W...App-Nachricht. Demnach werde das BG-MUN „Serum“ von Wissenschaftlern als „Überlebenssubstanz“ bezeichnet. Durch ihre neuartigen Produktionswege würden sie jetzt bis zu 30.000 verschiedene Proteine und Aminosäuren gewinnen (vgl. Bl. 139 Sonderband Asservatenauswertung). Auch diese Behauptung entspringt allein der Fantasie des Angeklagten B. Wie unter C. III. 3. a) (2) ausgeführt, kaufte der Angeklagte B. das Produkt bei der … ein, die bereits einige Jahre an ihrem eigenen Produkt forscht. Von einem „neuartigen“ Produktionsweg – der sich ja im Wesentlichen auf das Zentrifugieren von gefrosteten Zelllinien beschränkt – kann keine Rede sein. Welche Wissenschaftler das BG-MUN als „Überlebenssubstanz“ bezeichnet haben sollen, erwähnt der Angeklagte B. nicht. Vielmehr behauptet er auf ausdrückliche Nachfrage der Angeklagten G., dass sie das entsprechende Prüfschreiben nicht haben könne, weil es in Berlin sei „in den Patentschriften zur Anmeldung gegen Schlaganfälle“. Eine Anmeldung des Produktes gegen Schlaganfälle ist indes weder als Arzneimittel noch als Medizinprodukt oder Nahrungsergänzungsmittel erfolgt. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (3) (c) Bezug genommen. Dass irgendwelche Wissenschaftler das BG-MUN als „Überlebenssubstanz“ bezeichnet haben wollen, erscheint angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte B. den als BG-MUN bezeichneten Stoff niemals durch ein Labor hat untersuchen oder sonst überprüfen lassen, äußerst fernliegend.
975
Am 24.05.2018 behauptete der Angeklagte B. gegenüber der Angeklagten G. per verlesener W...App-Nachricht, dass die Testpersonen in Korea alle gesund seien. Die Werte seien im Bestbereich. Auch dies ist, wie bereits unter C. III. 4. b) (3) (c) ausgeführt und unter C. III. 8. f) im Detail dargestellt, eine Lüge. BG-MUN hatte in Korea überhaupt keinen Erfolg. Davon erfuhr die Angeklagte G. auch bereits per W...App-Nachricht des … am 30.10.2018, als dieser ihr mitteilte, sie hätten in Korea leider nur wenig Erfolg gehabt, er habe Fragen, es gehe um Leben (vgl. Bl. 31 Sonderband Asservatenauswertung). Diese Nachricht leitete die Angeklagte G. noch am selben Tag an den Angeklagten B. weiter, was dieser mit „tja das ist Korea“ kommentierte (vgl. Bl. 158 Sonderband Asservatenauswertung).
976
Am 10.07.2018 behauptete der Angeklagte B., dass der Bruder von … heute im CT oder MRT gewesen sei (vgl. Bl. 148 Sonderband Asservatenauswertung). Er sei völlig geheilt bzw. krebsfrei. Die Angeklagte G. hatte den Bruder des Zeugen …, der an einem Gehirntumor litt, bereits am 07.07.2018 auf einer Gartenparty des Zeugen … in … getroffen. Auch der Zeuge … war, wie er der Kammer berichtete, überzeugt, dass das BG-MUN seinen Bruder von einem Gehirntumor geheilt habe. Diesbezüglich berichtete der Kammer, sein Bruder sei einige Monate nach der Gartenparty – im Herbst 2018 – erneut an einem Gehirntumor erkrankt. Dies habe er beiden Angeklagten enttäuscht mitgeteilt. Es habe im Prinzip keinerlei Reaktion gegeben. Sein Bruder sei dann im Januar 2019 an einem Gehirntumor gestorben. Auch das habe er beiden Angeklagten mitgeteilt. Insofern stellte sich auch der vermeintliche Erfolg im Fall des Bruders des Zeugen … innerhalb weniger Monate als nicht nachhaltig dar. Letztlich verstarb der Bruder des Zeugen … an einem Gehirntumor.
(c) Vermeintliche Arzneimitteleigenschaft von BG-MUN
977
Wie bereits dargestellt, verkaufte auch die Angeklagte G. BG-MUN als ehemals als Arzneimittel zugelassenes Produkt. Insofern kann die Kammer nicht ausschließen, dass die Angeklagte G. aufgrund dieser falschen Behauptung des Angeklagten B. dem Produkt die Eigenschaften eines Arzneimittels zuschrieb. Deshalb hat die Kammer in die Gesamtwürdigung zugunsten der Angeklagten G. eingestellt, dass diese zumindest aus der Sicht eines medizinischen Laien annahm, dass BG-MUN zu irgendeinem Zeitpunkt einmal eine arzneimittelrechtliche Zulassung erfolgreich durchgestanden hat. Gleichwohl wurden ihr Unterlagen, die einen solchen Prüfprozess hätten belegen können, zu keinem Zeitpunkt vorgelegt (vgl. C. III. 3. e) (2)).
978
Die Kammer hat die vorstehenden, für einen zumindest bedingten Vorsatz der Angeklagten G. sowie die dagegen sprechenden Indizien zusammenfassend gewürdigt.
979
Jedes einzelne belastende Indiz lässt zwar grundsätzlich auch einen anderen Geschehensablauf zu, der nicht zwingend dazu führt, dass die Angeklagte G. zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat.
980
In ihrer Gesamtschau vermitteln sämtliche be- und entlastenden Umstände der Kammer aber die sichere Überzeugung, dass die Angeklagte G. zumindest mit bedingtem Vorsatz über die Eigenschaften von BG-MUN im Hinblick auf schwere Erkrankungen wie Krebs getäuscht hat.
981
Unterzieht man die für und gegen einen Vorsatz der Angeklagten sprechenden Indizien zusammen mit dem sonstigen Tatgeschehen einer zusammenfassenden Würdigung, so ergibt die Gesamtschau der Indizien ausschließlich dann ein überzeugendes und in sich schlüssiges und stimmiges Bild, wenn die Angeklagte G. zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass BG-MUN in Wahrheit überhaupt kein Wundermittel ist.
982
Die Angeklagte G. erlebte zunächst den sich über Monate stetig verschlechternden Zustand ihrer Freundin …, die sich zunächst einer oralen BG-MUN-Einnahme und sodann einer Injektion von BG-MUN unterzog – ohne Erfolg. Sie verstarb am ...2017. In der Folge häuften sich die Misserfolge mit BG-MUN. Allein der Angeklagte B. behauptete stetig, er heile Menschen mit seinem Mittel. Die angeblich geheilten Personen kannte die Angeklagte G. nicht. Letztlich handelte es sich bei diesen um eine Erfindung des Angeklagten B. (vgl. C. III. 3. c) (4)). Eigene, mit den Behauptungen des Angeklagten B. vergleichbare Erfolge, konnte die Angeklagte G. nicht erzielen. Aus der Behandlung ihrer eigenen Familie und sich selbst mit BG-MUN konnte die Angeklagte keinen Rückschluss auf eine krebsheilende Wirkung von BG-MUN ziehen. Sie selbst und ihre Familienmitglieder litten jedenfalls an keinen Krebserkrankungen, wie die Angeklagte auch gegenüber der Zeugin … bei deren heimlichen Aufnahmen angegeben hat (vgl. C. III. 3. e) (3) (b): „Ich habe das Produkt an mir und meiner Familie, auch an meinen Kindern, getestet, weil ich wissen wollte, was bei Gesunden passiert.“).
983
Die Angeklagte G. behauptete dennoch stets, sie habe „große Erfolge“ mit BG-MUN. Dies entsprach schlicht nicht den Tatsachen. Sie hatte überhaupt keine Erfolge mit BG-MUN. Letztlich belog sie misstrauische Personen, die Zweifel an der Wirksamkeit hatten und verheimlichte ihre zahlreichen Misserfolge.
984
Im Laufe des Jahres 2018 nahm sie zunehmend eine Rolle als „Fachkraft“ ein, obwohl sie tatsächlich über keinerlei eigenes Fachwissen verfügte. Das wusste sie auch, denn alle Informationen waren ausschließlich vom Angeklagten B.
985
Insofern kann der Angeklagten G. auch nicht entscheidend zu Gute kommen, dass die dachte, dass BG-MUN einmal als Arzneimittel zugelassen gewesen sei. Die Tatsachen sprachen mit Vehemenz gegen eine hohe Wirksamkeit von BG-MUN gegen Krebs. Diesen Umstand hat die Angeklagte G. erkannt. Wäre dies nicht der Fall, so hätte es keinerlei Veranlassung für sie gegeben, ihre Misserfolge bewusst zu verheimlichen, zu beschönigen oder sogar andere bewusste Unwahrheiten zu verbreiten.
986
Die Kammer hat bei ihrer Gesamtwürdigung auch die Einlassung der Angeklagten G. miteingestellt (vgl. C. III. 2.). Insofern ist festzustellen, dass die Angeklagte G. zutreffend angegeben hat, dass sie nicht gewusst habe, dass BG-MUN gar nicht von der … hergestellt werde. Ebenso hat sie zutreffend ihren Selbstversuch geschildert. Gleichwohl hat die Beweisaufnahme ergeben, dass in den sternTV-Berichten die Aussagen der Angeklagten G., anders als diese es behauptet hat, nicht sinnentstellend zusammengeschnitten wurden. Die Kammer konnte ebenfalls nicht feststellen, dass es der Angeklagten G. „nur“ um die Stärkung des Immunsystems gegangen ist. Darüber hinaus konnte die Kammer feststellen, dass die Angeklagte G. mehr Informationen zu BG-MUN hatte als die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung des Zeugen …. Insbesondere ging sie davon aus, dass BG-MUN einmal ein Arzneimittel gewesen ist. Letztlich kann die Einlassung der Angeklagten G., in der sie die Vorwürfe bestreitet, die Feststellungen der Kammer nicht entkräften.
987
In der Zusammenschau sämtlicher vorstehender Indizien ist die Kammer von dem Vorliegen mindestens bedingten Vorsatzes der Angeklagten G. zweifelsfrei überzeugt: Die belastenden Indizien greifen schlüssig ineinander und sind in ihrer Gesamtheit derart gewichtig, dass demgegenüber die entlastenden Indizien keinen vernünftigen Zweifel an dem bedingten Vorsatz der Angeklagten G. spätestens ab dem Tod der … zulassen, sodass sie jedenfalls bei den ab Beginn des Exklusivvertriebs getätigten Verkäufen von BG-MUN zumindest bedingt vorsätzlich handelte.
c) Ausnutzen der Angeklagten G. durch den Angeklagten B.
988
Für die Kammer steht ohne jeden Zweifel fest, dass der Angeklagte B. die Angeklagte G. bzw. deren nicht ausschließbar fehlenden Vorsatz im Hinblick auf eine Wirkungslosigkeit von BG-MUN gegen Krebs und andere schwere, d.h. nicht heilbare Erkrankungen bewusst ausnutzte und diese im Jahr 2017 als (vorsatzloses) Werkzeug benutzte, um BG-MUN an deren Patienten zu vertreiben.
989
Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Angeklagte B. der Angeklagten G. dieselben Unwahrheiten über BG-MUN berichtete, wie jeder anderen Person. Zugleich versuchte er die Angeklagte G. bereits im Jahr 2017 in seine Geschäfte einzubinden. Die Tatsache, dass sie begann, immer wieder Kunden an ihn zu vermitteln, belegt, dass er ihre Patientenkontakte ausnutzte, um Kunden für BG-MUN zu gewinnen. Die zahlreichen Vermittlungsanfragen der Angeklagten G. an den Angeklagten B. ergeben sich ohne Weiteres aus den verlesenen W...App-Nachrichten zwischen den Angeklagten im Jahr 2017 (vgl. C. III. 3. f) (3)).
990
Für die Kammer ist es ausgeschlossen, dass der Angeklagte B. die Angeklagte G. tatsächlich über seinen betrügerischen Vertrieb informiert hat. Er kannte die Angeklagte G., zu dem Zeitpunkt, als er sich von ihr Patienten vermitteln ließ, im Grunde nicht. Dass er gegenüber der Angeklagten sein illegales Geschäftsgebaren offenlegt, ist fernliegend. Vielmehr täuschte er auch die Angeklagte G., zumindest bis diese den Betrug erkannte.
5. Subjektive Tatseite zum Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
991
Der Angeklagte B. verkaufte BG-MUN ausdrücklich als angeblich nicht mehr zugelassenes Arzneimittel. Ihm war bekannt und bewusst, dass es keine Zulassung besaß und auf welche Art und Weise er es vertrieb. Dabei war ihm bewusst, dass seine Kunden BG-MUN wegen dessen Aufmachung und seinen wahrheitswidrigen Anpreisungen zu den angeblichen Wirkungen für ein Arzneimittel halten würden, weil dies ja gerade wesentliches Element seiner Vertriebsmasche war (vgl. C. III. 3. c) (4)).
992
Die Angeklagte G. verkaufte BG-MUN ebenfalls als nicht (mehr) zugelassenes Arzneimittel. Dabei wusste sie, dass BG-MUN keine Zulassung als Arzneimittel besaß. Ihr war bewusst, dass ihre Kunden BG-MUN wegen dessen Aufmachung und ihren Anpreisungen zu den angeblichen Wirkungen bei der Bekämpfung von Krebs und anderen schweren Krankheiten für ein Arzneimittel halten würden. Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die Angeklagte G. aufgrund der Angaben des Angeklagten B. selbst davon ausging, dass BG-MUN einmal ein Arzneimittel gewesen ist, das die Zulassung verloren hat. Es erschließt sich nicht, wieso die Angeklagte G. davon ausgehen sollte, dass das stofflich unveränderte Produkt die Eigenschaft „Arzneimittel“ verloren hat, nur weil es zum Zeitpunkt, als sie davon Kenntnis erlangte, als „funktionelles Lebensmittel“ bezeichnet wurde.
993
Die Kammer ist überzeugt, dass die beiden Angeklagten im Zeitraum Mai bis Juni 2018 erkannten, dass der jeweils andere um die Wirkungslosigkeit des Produktes BG-MUN wusste bzw. diese jedenfalls billigend in Kauf nahm, und sie daraufhin beschlossen, gemeinschaftlich einen betrügerischen Vertrieb von BG-MUN aufzuziehen, mithin als Mittäter BG-MUN zu vertreiben.
994
Zur Überzeugung der Kammer erkannte die Angeklagte G. spätestens mit dem Tod der …, dass BG-MUN nicht die Wirkung gegen Krebs entfaltete, die der Angeklagte … ihr zuvor angepriesen hatte. Gleichwohl fanden sich in der verlesenen Korrespondenz keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie ihre Erkenntnis mit dem Angeklagten B. teilte. Ebenso haben sich in der Beweisaufnahme keine Hinweise dafür ergeben, dass die Angeklagte G. diesen sonst auf die erkannte Wirkungslosigkeit angesprochen hat.
995
Die Kammer geht daher von Folgendem aus:
996
Der Angeklagte B. erkannte zunächst nicht, dass die Angeklagte G. nach dem Misserfolg der BG-MUN Behandlung bei ihrer Freundin … die von dem Angeklagten B. aufgestellten wahrheitswidrigen Behauptungen als unzutreffend identifizierte. Als die Angeklagte G. erkannte, dass BG-MUN kein Wundermittel war, vermutete sie noch nicht, dass der Angeklagte B. vorsätzlich unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt hatte. Es kann jedenfalls nicht sicher ausgeschlossen werden, dass sie ihn im Oktober 2017 für gutgläubig hielt, auch wenn dies aufgrund der Tatsache, dass die Kammer nicht nachweisen konnte, dass die Angeklagten über das Problem mit BG-MUN ausdrücklich gesprochen haben, unwahrscheinlich erscheint. Hätte die Angeklagte G. den Angeklagten B. für einen seriösen Geschäftsmann gehalten, so hätte sie ihn ohne Weiteres zu einer Erklärung auffordern können. Anhaltspunkte, dass sie dies getan hat, gibt es nicht.
997
Ohne jeden Zweifel änderte sich jedoch der Kenntnisstand der Angeklagten über das Wissen des jeweils anderen über BG-MUN im Zeitraum Mai bis Juni 2018.
998
Dies ergibt sich für die Kammer aus den folgenden Umständen:
999
Im Mai 2018 kam es zunehmend zu Schwierigkeiten mit dem geplanten Vertriebspartner, der ….
1000
Im Rahmen der diesbezüglichen Auseinandersetzungen wurden sowohl dem Angeklagten B. als auch der Angeklagten G. durch den Zeugen … konkrete Betrugsvorwürfe im Hinblick auf das Produkt BG-MUN per E-Mail gemacht. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. g) (3) Bezug genommen.
1001
Etwa zeitgleich musste zudem der BG-MUN-Verkauf des Angeklagten B. an die Zeugin … rückabgewickelt werden. Auch im Rahmen dieser Rückabwicklung beschwerten sich die Zeugin … sowohl bei der Angeklagten G. als auch beim Angeklagten B. darüber, dass das BG-MUN gegen das Mammakarzinom der Zeugin … überhaupt nicht gewirkt habe. Die Rückforderung des gezahlten Betrages beruhte allein auf dem Umstand, dass BG-MUN gerade nicht mit 100 % Sicherheit gegen den Krebs gewirkt hatte. Für die Einzelheiten zum Fall … wird auf die Ausführungen unter C. III. 8. e) Bezug genommen.
1002
Die beiden gescheiterten Geschäfte, bei denen es beide Male auch um eine Wirkungslosigkeit von BG-MUN ging, waren Gegenstand von Gesprächen zwischen den Angeklagten. Dies ergibt sich aus einer verlesenen W...App-Nachricht des Angeklagten B. an die Angeklagte G. vom 20.06.2018, in der es heißt (vgl. Bl. 145 Sonderband Asservatenauswertung):
„Ich habe … 3.500 zurückgezahlt
… gibt mir am 6.7 Ware zurück und bekommt von mir 21.000 Euro
Jetzt sollte Ruhe einkehren“
1003
Aus dieser Nachricht und der Antwort der Angeklagten G., die sich für die Information bedankt, ergibt sich zudem, dass die Angeklagten G. und B. die gescheiterten Geschäfte als Unruhe empfanden. Aufgrund der den Angeklagten G. und B. gemachten Vorwürfe und der Reaktion der Angeklagten auf diese Vorwürfe, sowie der Tatsache, dass die gescheiterten Geschäfte und deren Rückabwicklung offensichtlich Thema zwischen den beiden Angeklagten war, stellt sich für die Kammer die Situation in dem Zeitraum Mai und Juni 2018 so dar, dass beide Angeklagte aufgrund der gegen sie erhobenen Betrugsvorwürfe zwangsläufig erkennen mussten und auch erkannt haben, dass der jeweils andere um die Wirkungslosigkeit von BG-MUN gegen schwere Erkrankungen wie Krebs wusste.
1004
Trotzdem – also gerade in Kenntnis dieser Umstände – entschieden sich die Angeklagten G. und B. dazu, gemeinsam einen Vertrieb für BG-MUN aufzubauen und das BG-MUN auch weiterhin als sicheres Krebsheilmittel anzupreisen und genauso fortzufahren, wie sie es gegenüber den Zeugen … und … und zuvor schon gegenüber … und … angepriesen hatten, obwohl diese Anpreisungen ja gerade auch Ursache für die Vorwürfe und zumindest im Fall … auch für das Scheitern des Geschäfts waren. Das Geschäft mit der … des Zeugen … war gescheitert, weil der Angeklagte B. nicht in der Lage gewesen war, einen Nachweis oder geeignete Studien über die Wirkweise von BG-MUN beizubringen. Auch dies war der Angeklagten G. aufgrund der gegen sie durch den Zeugen … erhobenen Betrugsvorwürfe bekannt.
1005
Am 12.06.2018 übertrug der Angeklagte B. sodann der Angeklagten G. den Exklusivvertrieb für BG-MUN in Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. g) (4) Bezug genommen.
1006
Am 07.07.2018 traten die Angeklagten als gemeinsames Vertriebsteam auf einer Verkaufsparty in … (vgl. C. III. 9. a) (b) ii.) auf und lebten sodann den im nachfolgenden im Einzelnen erläuterten Tatplan aus.
(1) Rolle des Angeklagten B.
1007
Die Feststellungen zur Rolle des Angeklagten B. beruhen auf folgenden Tatsachen und Schlussfolgerungen:
1008
Aufgrund des Umstandes, dass allein der Angeklagte B. wusste, was der Ausgangsstoff für BG-MUN war und wo man ihn beziehen konnte, steht für die Kammer außer Frage, dass er innerhalb des gemeinsamen Vertriebs mit der Angeklagten G. derjenige war, der den als BG-MUN verkauften Stoff von der … BG-MUN beschaffte. Diese Schlussfolgerung wird auch durch den Umstand gestützt, dass auch ab Übernahme des Exklusivvertriebs durch die Angeklagte G. nach wie vor Rechnungen der … an die Unternehmen der … vorliegen, die Verkäufe der Cytosolfraktion ausweisen.
1009
Außerdem stellte der Angeklagte B. die von ihm gefertigten Unterlagen zu BG-MUN der Angeklagten G. zur Verfügung. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. c) (3) und C. III. 3. e) (2) Bezug genommen. Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte G. irgendwelche eigenen Unterlagen für den Verkauf von BG-MUN an den Endverbraucher erstellte, bestehen nicht.
1010
Ebenso stammten die von der Angeklagten G. regelmäßig bemühten wahrheitswidrigen Inhalte zum Verkauf von BG-MUN – vor allem die angebliche Wirkweise und Heilungserfolge von BG-MUN sowie die ehemalige Zulassung als Arzneimittel – von dem Angeklagten B. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. c) (4) und e) (3) Bezug genommen. Aus den von sternTV gefertigten Videoaufnahmen ist offensichtlich, wie frappierend sich die Inhalte der Anpreisungen von BG-MUN mit der typischen Masche des Angeklagten B. decken.
1011
Der Angeklagte B. übernahm zur Überzeugung der Kammer gegenüber dem Endkunden – im Gegensatz zu potenziellen unternehmerischen Geschäftspartnern – keine sichtbare Rolle. Vielmehr war die Angeklagte G. mit der Übernahme des Exklusivvertriebs das Gesicht von BG-MUN gegenüber dem Verbraucher. Dies schließt die Kammer aus der Tatsache, dass bis auf …, die an einer Verkaufsveranstaltung der Angeklagten teilnahm, kein einziger Kunde von BG-MUN den Angeklagten B. persönlich kennenlernte. Es wird für die Einzelheiten der zuvor erwähnten Verkaufsveranstaltung auf die Ausführungen unter C. III. 9. Bezug genommen. Lediglich die Zeugin … telefonierte einmalig mit dem Angeklagten B. Anhand der dortigen Vorgehensweise des Angeklagten B., nämlich die Zeugin … an die Angeklagte G. zu verweisen, wird seine Rolle deutlich. Zur Vermeidung von Wiederholungen an dieser Stelle wird auf die Ausführungen unter C. III. 9. d) Bezug genommen.
1012
Diese Feststellung der Kammer wird ebenfalls gestützt durch die verlesene Kontaktaufnahme der … über die Website des Angeklagten B. mit der Domain www…..com (vgl. Bl. 459 bis 461 Fallakte I).
1013
… schrieb ausweislich der verlesenen Unterlagen am 05.05.2019 über das Kontaktformular eine Nachricht an die …, die an die E-Mail des Angeklagten B. (….de) weitergeleitet wurde. Dort fragte sie unter anderem nach, wie das Mittel funktioniere, welche Inhaltsstoffe darin seien und warum, wenn es Krebs heilen könne, es nicht im ärztlichen Alltag verwendet werde. Auch diese Anfrage bestätigt nochmals, dass BG-MUN mit einer krebsheilenden Wirkung beworben wurde.
1014
Diese Nachricht leitete der Angeklagte B. am 06.05.2019 kommentarlos an die E-Mailadresse praxis@… der Angeklagten G. weiter. Die Angeklagte G. beantwortete in der Folge die Anfrage der …, ohne dass sich der Angeklagte B. selbst geäußert hatte.
1015
Dasselbe Bild zeigt sich bereits im Juli 2018, als … eine E-Mail an info@….de sandte. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür, dass jemand anderes die Anfragen an diese E-Mailadresse bearbeitete als der Angeklagte B. Hinweise auf Angestellte bei der … im Juli 2018 gibt es nicht. Trotzdem wandte sich die Angeklagte G. am 10.07.2018 per W...App an … und nahm Bezug auf die vorbezeichnete E-Mail. Diese sei ihr zur Bearbeitung weitergeleitet worden. Gerne sende sie Frau … alle Infos zu BG-MUN zu (vgl. Bl. 70 Sonderband Asservatenauswertung). Am 27.07.2018 war es wiederum die Angeklagte G., die bei … anfragte, ob diese Fragen zu den übersandten Unterlagen habe. Hinweise auf eine Beteiligung des Angeklagten B. – mit Ausnahme von der Weiterleitung der Anfrage der …s an die Angeklagte G. – bestehen nicht.
1016
Auf den vorbezeichneten Ausführungen beruht auch die Feststellung, dass die Angeklagte G. tatplangemäß dafür verantwortlich war, die über die Website des Angeklagten B. angeworbenen Kunden zu betreuen und ihnen BG-MUN zu verkaufen.
1017
Die Kammer verkennt nicht, dass der Angeklagte B. etwa im aufgezeichneten Telefonat mit … (vgl. C. III. 3. c) (4)) erneut dazu überging, BG-MUN auch gegenüber Verbrauchern selbst anzupreisen. Dies steht jedoch nicht im Widerspruch zu den Feststellungen der Kammer, dass er diese Aufgabe mit der Beauftragung der Angeklagten G. allein dieser überlassen hat. Das vorbezeichnete Gespräch wurde nämlich erst im September 2019 geführt. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits die sternTV-Berichte aus Mai und Juni 2019 über die Geschäftspraktiken der Angeklagten G. und B. ausgestrahlt und das Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Angeklagte G. zur Überzeugung der Kammer bereits aus dem Geschäft mit BG-MUN vollständig zurückgezogen und war nicht mehr tätig geworden, so dass der Angeklagte B. die zuvor der Angeklagten G. übertragenen Aufgaben wieder selbst übernommen hat. Es gibt überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte G. nach Beginn der staatsanwaltlichen Ermittlungen und der durchgeführten Durchsuchung im Mai 2019 noch aktiv BG-MUN vertrieben hat.
1018
Ebenso stehen die weiteren Verhandlungen mit dem Zeugen … des Angeklagten B. der Feststellung nicht entgegen, weil dieser für die … in Korea tätig wurde und diese Tätigkeiten tatplangemäß ohnehin dem Angeklagten B. zufallen sollten. Vielmehr unterstreicht die Vorgehensweise der Angeklagten im Fall … die von der Kammer festgestellte Vorgehensweise der Angeklagten. Die Angeklagte G. wandte sich nämlich am 30.10.2018 per W...App-Nachricht an den Zeugen …, um diesem ein 3-Tages-Intensiv-Seminar über BG-MUN anzubieten. Sie behauptete, dass mit Hilfe des Seminars eine herausragende Effizienz erreicht werden könne, deren Wirkungsgrad medizinisch bislang noch nicht habe erreicht werden können. Dies tat sie zu einer Zeit, als der Zeuge … bereits an der Wirksamkeit von BG-MUN zweifelte, wie sich aus seiner Antwort ergibt. Insofern wird deutlich, dass die Angeklagte G. auch dann in den vom dem Angeklagten B. selbst durchgeführten Vertrieb eingebunden wurde, wenn seine Vertragspartner die Wirkung von BG-MUN anzweifelten. Dabei trat sie als angebliche Fachkraft mit einem erheblichen Sonderwissen auf, das sie, wie die Kammer bereits unter C. III. 4. b) (d) ausgeführt hat, tatsächlich überhaupt nicht besaß. Den Preis für ein solches Seminar wies sie mit 10.500,00 € aus.
1019
Der Verweis an die Angeklagte G. wegen einer fehlenden Wirkung von BG-MUN durch den Angeklagten B. erfolgte auch im Fall … (vgl. C. III. 8. e).
1020
Auch aus den verlesenen W...App-Nachrichten zwischen den Angeklagten ergibt sich mit der Übernahme der Angeklagten G. des Exklusivvertriebes ein anderes Bild als zuvor. Nunmehr gibt es zahlreiche Nachrichten des Angeklagten B., an die Angeklagte G., in denen er ihr Kontaktdaten weiterleitete und sie aufforderte, den Kontakt herzustellen.
(2) Tathandlungen des Angeklagten B.
1021
Abgesehen von dem Bereitstellen der Unterlagen sowie der Verkaufsmasche hat die Kammer die Tathandlungen des Angeklagten B. – namentlich die einzelnen Anlieferungen von BG-MUN auf Grundlage der verlesenen Rechnungen des Angeklagten B. an die Angeklagte G. vom 14.08.2018, 21.08.2018, 17.09.2018, 24.09.2018, 26.10.2019, 20.11.2018 und 07.01.2019 festgestellt (vgl. Asservat 8.2).
(3) Rolle der Angeklagten G.
1022
Die Rolle der Angeklagten G. ergibt sich bereits aus den Ausführungen zur Rolle des Angeklagten B. unter C. III. 6. b) (1), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.
1023
Die Angeklagte G. gründete zudem für die Übernahme des Exklusivvertriebs von BG-MUN das Gewerbe „…“. Diesbezüglich wird Bezug auf die Ausführungen unter C. III. 3. g) (4) genommen. Dass dieses Gewerbe auch Teil des gemeinsamen Tatplans war, ergibt sich für die Kammer daraus, dass der Angeklagte B. ihr die Vertriebsrechte erst nach offizieller Anmeldung des Gewerbes übertrug und als Rechnungsempfänger für BG-MUN dieses Gewerbe in die verlesenen Rechnungen aufnahm.
(4) Verhältnis zwischen den Angeklagten
1024
Obwohl sich der Angeklagte B. mit Übernahme des „Exklusivvertriebs“ durch die Angeklagte G. weitgehend aus dem offenen Vertrieb von BG-MUN zurückzog, änderte sich das Innenverhältnis der Angeklagten untereinander kaum. Die Angeklagte G. besaß zwar gewisse Mitsprache- und auch Preisgestaltungsrechte. Wesentliche Entscheidungen – wie die Aufteilung der Taterlöse – setzte der Angeklagte B. jedoch autonom durch.
1025
Aus den verlesenen W...App-Nachrichten zwischen den Angeklagten ergibt sich zunächst, dass die Angeklagte G. zunächst bereits im April 2017 Einfluss auf die Preisgestaltung von BG-MUN nahm. So bat sie den Angeklagten B., einer ihrer Patientinnen einen anderen Preis zu geben, weil sie eine sehr schwere Zeit hinter sich und wirklich nicht viel Geld zur Verfügung habe. Der Angeklagte B. stimmte der Bitte der Angeklagten G. zu (vgl. Bl. 97 Sonderband Asservatenauswertung).
1026
Gleichwohl lehnte der Angeklagte B. auch von der Angeklagten G. vorgeschlagene Preisreduzierungen ab. So etwa im Juli 2017, als die Angeklagte G. 5.500,00 € als Preis vorschlug, und der Angeklagte B. sie darauf aufmerksam machte, dass es normal 5.900,00 € seien. Die Angeklagte G. antwortete, dass sie das noch abklären werde (vgl. Bl. 109 Sonderband Asservatenauswertung). Kurz darauf teilte sie mit, dass sie den Normalpreis, nach Feststellung der Kammer also 5.900,00 €, abgesprochen habe.
1027
Am 13.07.2017 äußerte die Angeklagte G. in einer von der Kammer verlesenen W...App-Nachricht ihre Meinung zur Preisliste, dass nämlich Ärzte, Therapeuten oder Heilpraktiker noch ergänzt werden sollten.
1028
Am 17.07.2017 sprachen die Angeklagten per W...App die Inhalte der Website von BG-MUN ab, wobei die Angeklagte G. aktiv Vorschläge miteinbrachte.
1029
Aus den verlesenen Nachrichten ergibt sich ebenfalls, dass die Angeklagte G. einen anderen „Einkaufspreis“ bekam als alle anderen Personen. Dort heißt es am 25.05.2018, also kurz vor der Anzeige des Gewerbes „…“, auf Frage der Angeklagten G., welchen Preis sie „…“ sagen solle, vom Angeklagten B. „3.500“. In der unmittelbar anschließenden Nachricht schreibt der Angeklagte B. weiter: „Du 3000“.
1030
Der „Sonderpreis“ der Angeklagten G. konnte ferner bestätigt werden durch die verlesenen Rechnungen des Angeklagten B. an die Angeklagte G., die diesen Preis ausdrücklich als „Sonderpreis“ bezeichnen und in denen der Preis stets mit 3.000,00 € pro Packung BG-MUN mit je 10 Ampullen beziffert ist (vgl. Asservat 8.2).
1031
Ende Juli 2017 fragte der Angeklagte B. die Angeklagte G. zudem, was sie davon halte bei den Preisen zwischen 3.900,00 € und 5.500,00 € in 400,00 € Schritten zu rechnen. Ein Vermittler erhalte dann 400,00 €, ein Wiederverkäufer zahle 4.700,00 € und ein Händler bei der Abnahme von 10 Packungen 4.300,00 €.
1032
Die Angeklagte G. überwies jedoch stets nur 3.000,00 € pro Packung an den Angeklagten B. Es konnte keine andere Person festgestellt werden, die BG-MUN zu diesem Preis beziehen konnte. So sollten selbst die koreanischen Partner des Angeklagten B. 3.500,00 € pro Packung bezahlen, obwohl sie sich verpflichteten, 1.000 Packungen und damit erheblich viel mehr BG-MUN abzunehmen als die Angeklagte G.
1033
Für die Kammer stellt es sich deshalb so dar, dass es sich bei diesem angeblichen „Sonderpreis“ für die Angeklagte G. tatsächlich um die tatplangemäße Aufteilung der Erlöse aus dem betrügerischen Vertrieb von BG-MUN zwischen der Angeklagten G. als „Vertriebspartnerin“ und dem Angeklagten B. als Lieferant von BG-MUN handelte.
1034
Der Angeklagte B. räumte der Angeklagten G. zudem weitere Mitsprachrechte beim Vertrieb ein. So machte diese Vorschläge zur Umstrukturierung der Provisionen am 30.08.2018 und schlug vor, dass Personen die BG-MUN empfehlen mit zunehmender Zahl der Empfehlungen weniger Provision erhalten sollten (vgl. Bl. 154 Sonderband Asservatenauswertung).
1035
Die Kontrolle über die Preise behielt der Angeklagte B. schlussendlich selbst. Am 02.04.2019 teilte er der Angeklagten G. per W...App mit, dass Korea nunmehr hohe Summen in die Zulassung als Medizinprodukt und Arzneimittel investieren wöllte. Sie hätten Vertriebsrechte erworben und er müsse deshalb alle Exklusivhändler gleichstellen. Sie solle nunmehr 3.500,00 € pro Packung bezahlen.
1036
Die Angeklagte G. lehnte einen weiteren Ankauf von BG-MUN zum betrügerischen Vertrieb ab, weil es „momentan irgendwie nicht leicht“ sei, „die Leute für die BG-MUN Bestellung zu überzeugen“ (vgl. Bl. 166 Sonderband Asservatenauswertung).
(5) Subjektive Tatseite der Angeklagten
1037
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite der Angeklagten G. und B. wird zunächst auf die Ausführungen unter C. III. 4. und 5. Bezug genommen. Aus der Absprache des Tatplans und dem Vorgehen der Angeklagten G. und B., insbesondere, dass die beiden Angeklagten auf einer Gartenparty am 07.07.2018 gemeinsam die betrügerischen Behauptungen aufstellten und bestätigten (vgl. C. III. 9. a)), schließt die Kammer, dass es von beiden Angeklagten bewusst gewollt war, dass die Angeklagte G. BG-MUN unter den falschen Behauptungen des Angeklagten B. und unter Verwendung von dessen Unterlagen verkaufen würde. Dabei kam es beiden darauf an, sich einen entsprechenden Vermögensvorteil in Höhe von 3.000,00 € bzw. 2.900,00 € zu verschaffen. Dabei war ihnen bewusst, dass ein entsprechender Schaden bei den Patienten eintreten würde. Da ihre Vertriebsstruktur von vornherein auf eine unbestimmte Zeit angelegt war, wollten sich die Angeklagten durch den betrügerischen Vertrieb von BG-MUN eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang sichern.
c) Tatherrschaft der Angeklagten G. und B.
1038
Die Kammer ist überzeugt, dass die Angeklagten G. und B. mit Ernennung der Angeklagten G. zur Exklusivhändlerin von BG-MUN als Mittäter im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB tätig geworden sind.
1039
Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (vgl. BGH, Beschluss v. 06.08.2019 – 3 StR 189/19, NStZ 2020, 22).
1040
Die Frage, ob sich bei mehreren Tatbeteiligten das Handeln eines von ihnen als Mittäterschaft im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB darstellt, ist vom Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Dabei sind die maßgeblichen Kriterien der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen müssen (vgl. ebenda sowie BGH, Beschluss v. 28.04.2022 – 2 StR 117/20, BeckRS 2022, 17395).
1041
Die Angeklagte G. wurde bereits nach dem gemeinsamen Tatplan gegenüber den Patienten tätig und täuschte diese über die Eigenschaften von BG-MUN, um sie dazu zu bringen, 5.900,00 € für eine Packung BG-MUN zu bezahlen. Dafür konnte sie 2.900,00 € Tatbeute einbehalten, also knapp die Hälfte. Insofern ist festzustellen, dass die Angeklagte G. in allen Fällen ab Übernahme des Exklusivvertriebs alle objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Betruges in eigener Person verwirklichte. Ebenso verhält es sich hinsichtlich der Abgabe von BG-MUN, bei dem es sich zur Überzeugung der Kammer um ein nicht zugelassenes Fertigarzneimittel handelt.
1042
Hinsichtlich des Angeklagten B. ist festzustellen, dass dieser nach dem gemeinsamen Tatplan gerade nicht im Vordergrund tätig wurde. Seine Aufgabe war das Liefern der Rohstoffe für BG-MUN, also Ampullen, Schachtelinhalte und Verpackungsmaterial. Außerdem stellte er der Angeklagten G. seine Verkaufsmasche zur Verfügung sowie weitere Unterlagen, die für den Verkauf von BG-MUN benutzt wurden (z.B. die Herstellererklärung der …).
1043
Aufgrund der durchgeführten Gesamtbetrachtung kommt die Kammer auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Angeklagte B. gegenüber den Kunden der Angeklagten G. – bis auf den Fall … – überhaupt nicht auftrat, zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte B. die Betrugstaten und Abgaben von BG-MUN als nicht zugelassenes Fertigarzneimittel der Angeklagten G. als eigene Taten wollte und damit Tatherrschaftswille besaß.
1044
Die Kammer hat dabei folgende Umstände in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen:
1045
Der Angeklagte B. hatte ein erhebliches eigenes Interesse am Erfolg der Taten. Nach der Absprache der Angeklagten erhielt der Angeklagte B. für jede Packung BG-MUN 3.000,00 € und damit mehr als die Hälfte des Taterlöses. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Angeklagte B. diese Summe bereits vorab, also bevor die Angeklagte G. BG-MUN an ihre Patienten veräußert hatte, für die Lieferung des Materials erhielt. Vorliegend ist es jedoch so, dass der hohe Preis von 5.900,00 € für lediglich 30 ml Flüssigkeit von den Patienten nur deshalb bezahlt wurde, weil das Mittel mit unwahren Behauptungen zur angeblich heilenden Wirkung versehen wurde. Die Zahlung von 3.000,00 € pro Packung an den Angeklagten B. konnte deshalb nur erfolgen, wenn es der Angeklagten G. gelang, das BG-MUN für 5.900,00 € zu verkaufen. Dies wiederum setzte einen betrügerischen Vertrieb voraus. Dieser betrügerische Vertrieb wurde vom Angeklagten B. maßgeblich vorgegeben und geprägt. Insofern darf nicht außer Acht bleiben, dass der Angeklagte B. an den einzelnen Abverkäufen nicht nur durch die Lieferung beteiligt war. Vielmehr hat er – im Sinne eines uneigentlichen Organisationsdeliktes – einen Tatbeitrag durch die Lieferung des Materials von BG-MUN sowie durch das Zurverfügungstellen der zur Täuschung benötigten Legenden und der benötigten Unterlagen, wie Beipackzettel, Herstellererklärung etc. erbracht (vgl. BGH, Beschluss v. 23.05.2013 – 2 StR 555/12).
1046
Insofern unterscheidet sich der Angeklagte B. mit seinen Tatbeiträgen nicht von den Tätern, die etwa einen Firmenmantel beschaffen, den deren Komplizen dann für mehrere betrügerische Leasingverträge missbrauchen. Ohne den Aufbau des auf Straftaten ausgerichteten Geschäfts durch den Angeklagten B., das Zurverfügungstellen von Unterlagen sowie die Lieferung des benötigten Materials für BG-MUN, hätte die Angeklagte G. keine einzige Tat ausführen können (vgl. BGH, Beschluss v. 29.11.2017 – 5 StR 335/17, BeckRS 2017, 136208; Kochheim, in: Cybercrime und Strafrecht in der Informations- und Kommunikationstechnik, 2. Auflage 2018, Kapitel 16 Rn. 1694).
1047
Die Angeklagte G. wurde von dem Angeklagten B. zunächst als Werkzeug zur Begehung von Betrugstaten ausgenutzt. Als sie schließlich erkannte, dass es sich bei BG-MUN nicht um ein hochwirksames Heilmittel handelte und auch der Angeklagte B. feststellte, dass die Angeklagte G. nunmehr aufgrund der gegen beide geäußerten Betrugsvorwürfe nicht mehr von einer entsprechenden Wirkung ausging, änderten die Angeklagten ihre Vorgehensweise. Gleichwohl war es der Angeklagte B., der alle Inhalte, die die Angeklagte G. zur Anpreisung von BG-MUN benutzt hat, erfunden und die Angeklagte G. entsprechend instruiert hat. Es handelte sich um das weitergelebte Geschäftsmodell des Angeklagten B.. Der gesamte der Angeklagten G. zur Verfügung stehende Informationspool stammte vom Angeklagten B. und wurde von ihr unverändert übernommen. Insofern leistete er für jede Tat einen einheitlichen Tatbeitrag, der von elementarer Bedeutung war. Aufgrund des vereinbarten Tatplans war ihm bewusst, dass die Angeklagte G. das BG-MUN genau so anpreisen würde. Insofern hatte der Angeklagte B. bei jeder Tat zusätzlich zur zwingend benötigten Anlieferung des Materials den entscheidenden Input gegeben, der das Anpreisen von BG-MUN erst strafbar gemacht hat. Auch den Preis von BG-MUN hat der Angeklagte B. festgesetzt.
1048
Die Kammer sieht insofern bereits im Aufbau der gesamten Tatorganisation den eine Mittäterschaft begründenden Beitrag des Angeklagten B. Gleichwohl konnte für die von der Angeklagten G. verkauften Packungen BG-MUN jeweils festgestellt werden, aus welcher Lieferung des Angeklagten B. diese stammten. Die Kammer hat deshalb diese ebenfalls elementaren Tatbeiträge – die Angeklagte G. wusste ja gerade nicht, dass der Angeklagte B. BG-MUN nicht selbst herstellte, hätte es also ohne seine Mitwirkung nicht ankaufen können – jeweils als eine Tat im Sinne des § 53 StGB gewertet (vgl. BGH, Beschluss v. 29.11.2017 – 5 StR 335/17, BeckRS 2017, 136208).
7. Verleihung eines Professorentitels an die Angeklagte G.
a) Führen des Titels „Professorin“
1049
Die Feststellungen zum Führen des Titels Professorin durch die Angeklagte G. beruhen auf den verlesenen Auszügen der Website der Angeklagten G. www…..de, den verlesenen Rechnungen der Angeklagten G. beginnend ab November 2018 sowie den verlesenen Notizen auf dem Praxispapier der Angeklagten G. und diversen von ihr versandten E-Mails. In all diesen Beweismittel bezeichnet die Angeklagte G. sich als „Prof.“ …. Erstmals zu sehen ist die Bezeichnung „Prof.“ in einer E-Mail der Angeklagten G. an … vom 13.11.2018, in der sich die Angeklagte G. in der E-Mailsignatur als „…G. – Heilpraktikerin“ bezeichnet, die die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 34 Fallakte I).
1050
Der verlesene Websiteauszug datiert vom 16.05.2019.
1051
Ferner hat der Zeuge … der Kammer berichtet, dass er bei der Durchsuchung der Praxis der Angeklagten G. im Mai 2019 eine Professorenurkunde, ausgestellt auf die Angeklagte G. beschlagnahmt hat. Die entsprechende Urkunde und ihren Fundort zeigte er der Kammer während des mit ihm durchgeführten Augenscheins. Wegen der Einzelheiten wird auf das Lichtbild 39 auf Bl. 257 d. A. Bezug genommen.
1052
Die Kammer hat diese beschlagnahmte Urkunde in Augenschein genommen und vollständig verlesen (vgl. Asservat 1.16). Auch wenn auf der Urkunde der 25.09.2017 als Verleihungsdatum festgestellt werden konnte, konnte die Kammer in der Beweisaufnahme nicht verifizieren, dass die Angeklagte G. den Titel tatsächlich vor November 2018 geführt hat, auch wenn die Angeklagte G. in den heimlichen Aufnahmen der … im Mai 2019 behauptete, sie habe den Titel schon fast 2 Jahre. Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte G. sich öffentlich vor November 2018 als „Prof.“ bezeichnet hat, bestehen nicht. Die Urkunde weist als Verleihungsgrund für die „Ehren-Professorwürde“ die herausragenden Leistungen der Angeklagten G. in der Krebshilfe aus. Als Aussteller bezeichnet die Urkunde einen „Referent Mattheus“ des Senates der „online Canceraid Church Nevada“.
b) Verleihung durch den Angeklagten B.
1053
Die Feststellungen zur Urheberschaft der vorbezeichneten Urkunde der Angeklagten G. beruhen auf verlesenen E-Mails des Angeklagten B.
1054
Ohne jeden Zweifel ist der Angeklagte B. der Gründer der amerikanischen Onlinekirche „Canceraid Church“. Dies ergibt sich aus den in deutscher Übersetzung verlesenen E-Mails zwischen dem Angeklagten B. und … aus dem Juni 2016. Bei … handelt es sich ausweislich seiner E-Mail-Signatur um einen Gründungsspezialist für kleine Unternehmen bei der Firma und …. Der Angeklagte B. wandte sich an …, weil er eine freie Kirche in Nevada gründen wolle. Der Name solle „Canceraid Church“ lauten und es solle eine Internetkirche geben, in der alte und neue biologische Therapien gegen Krebs vertreten werden sollen. Der Gründer solle für Dritte nicht sichtbar sein. Auf ein darauf erfolgtes Angebot des … erklärte der Angeklagte B., er wolle der einzige Direktor der Canceraid Church sein, „keine weiteren Personen für alles“ (vgl. Bl. zu 4112 d. A.).
1055
Der Zeuge … berichtete der Kammer, er sei bei Internetrecherchen zum Produkt BG-MUN im Rahmen seiner Ermittlungen auch auf die Canceraid Church gestoßen. Auf deren Website sei auch BG-MUN vertrieben worden, und zwar gegen eine Spende von 5.900,00 €. Ebenso sei dort ein Buch des Angeklagten B. („Die Lügen der Vitaminlobby“) angeboten worden. In den von ihm gesichteten Asservaten des Angeklagten B. habe er zudem Gründungsunterlagen aus Nevada festgestellt. Ebenso habe er bei der Sichtung der Computer des Angeklagten B. Entwürfe für Urkunden, Heiligsprechungen und Doktortitel der Canceraid Church festgestellt.
1056
Die Kammer hat sich ein eigenes Bild der Website der Canceraid Church unter der Domain www.canceraid.church gemacht und die von dem Zeugen … gesicherten Screenshots sowohl in Augenschein genommen als auch verlesen (vgl. Bl. 32 bis 36 d. A.). Die Website stimmt mit den Beschreibungen des Zeugen … überein. Außerdem befindet sich auch das der Kammer aus zahlreichen in Augenschein genommenen Rechnungen bekannte Logo des Angeklagten B. auf der Website unter dem Reiter „Partner“.
1057
Ebenso hat sich die Kammer ein eigenes Bild der auf dem Computer des Angeklagten B. befindlichen Dateien gemacht und diesbezüglich die Verleihungsurkunden der Canceraid Church vom 21.11.2016, 12.06.2016 und 04.07.2016 in Augenschein genommen und verlesen (vgl. Bl. 1779 bis 1780 d. A.). Das Logo der Canceraid Church stimmt mit dem Logo auf der Verleihungsurkunde der Angeklagten G. überein. Ebenso ist die Urkunde gleich aufgebaut. Der angebliche Aussteller ist stets der „…“. Auf allen in Augenschein genommenen und verlesenen Urkunden, die eine Heiligsprechung, eine Ehrendoktorwürde oder im Fall der Angeklagten G. eine Ehrenprofessorwürde ausweisen, ist zudem die „Certificate Number“ … zu finden, unabhängig davon, welche Bezeichnung verliehen wird und an wen. Eine fortlaufende Nummerierung ist daher offensichtlich nicht erfolgt.
c) Angeklagte G. zum Führen des Titels nicht befugt
1058
Das unbefugte Führen des Professorentitels durch die Angeklagte G. hat die Kammer aufgrund der verlesenen Stellungnahmen des Bayerisches Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 19.08.2021 und von der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vom 19.11.2021 festgestellt.
1059
Die Kammer teilt die Auffassung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst nach eigener kritischer Prüfung.
1060
Gemäß Art. 68 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BayHSchG dürfen ausländische Hochschultitel und Hochschultätigkeitsbezeichnungen, die ehrenhalber verliehen worden sind, genehmigungsfrei geführt werden, wenn der Ehrengrad oder akademische Grad von einer nach dem Recht des Herkunftslandes zur Verleihung berechtigten Hochschule oder anderen Stelle verliehen wurde. Ausgeschlossen von der Führung sind ausländische Ehrengrade, wenn die ausländische Institution kein Recht zur Vergabe von entsprechenden Graden, vorliegend also der akademischen Würde „Professorin“, besitzt.
1061
Gemäß der Auskunft der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vom 19.11.2021 handelt es sich bei der … weder in den Vereinigten Staaten von Amerika noch in einem anderen Land um eine Hochschule oder Bildungseinrichtung, die entsprechende Titel oder Grade verleihen darf. Die … ist lediglich im Unternehmensregister des Bundestaates Nevada registriert und damit ein Unternehmen. Zu diesem Ergebnis ist die Kammer aufgrund der verlesenen E-Mails zwischen … und dem Angeklagten B. nach eigener Prüfung ebenfalls gekommen. … teilte dem Angeklagten B. nämlich mit, dass er ihm bei der Gründung einer gemeinnützigen Gesellschaft – also gerade keiner Hochschule oder sonstigen Bildungseinrichtung – behilflich sein könne. Außerdem fragte … den Angeklagten B. nach der gewünschten Anschrift des Unternehmens, der geschäftlichen Aktivität und dem Direktor bzw. leitenden Angestellten.
1062
Solche Unternehmen dürfen nach den Ausführungen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen in den Vereinigten Staaten Schmuckzertifikate als „kirchliche Ehrentitel“ erstellen. Gleichwohl handle es sich auch in den USA nicht um anerkannte akademische Grade oder Titel.
d) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1063
Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite der Angeklagten G. beruhen auf den von der Kammer gezogenen Schlussfolgerungen aus den objektiven Feststellungen zur Professoren-Urkunde der Angeklagten G. und den Umständen ihrer Verleihung.
1064
Die Angeklagte wusste, dass die übergebene Urkunde vom Angeklagten B. stammte. Es war auch der Angeklagte B., der erstmals vorschlug, sie zur Professorin zu machen. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. g) (1) Bezug genommen.
1065
Die vom Angeklagten B. übergebene Urkunde lässt auf den ersten Blick erkennen, dass sie keinesfalls einen rechtmäßigen akademischen Grad verleiht, der öffentlich geführt werden dürfte. Der Text ist auf Deutsch, obwohl die ausstellende Stelle selbst nach der Bezeichnung in der Urkunde in Nevada und damit in den Vereinigten Staaten von Amerika sitzt. Eine Unterschrift befindet nicht auf der Urkunde. Die Urkunde erweckt insgesamt den Eindruck, als sei mit einem Programm wie Microsoft Paint oder Photoshop erstellt worden. Zur Verdeutlichung wird auf das in Augenschein genommene Lichtbild 39 auf Bl. 257 d. A. Bezug genommen.
1066
Darüber hinaus weist die Urkunde aus, dass der Titel für besondere Verdienste in der Krebshilfe verliehen worden sei. Solche besonderen Verdienste – insbesondere in dem aufgrund der Beteiligung des Angeklagten B. naheliegenden Zusammenhang mit dem Vertrieb von BG-MUN – hat es nicht gegeben. Das wusste die Angeklagte G.. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) Bezug genommen.
1067
Aufgrund der vorbenannten Umstände ist für die Kammer auch das Vorliegen eines Verbotsirrtums ausgeschlossen. Die Aufmachung der Urkunde sowie die Umstände der Verleihung des Titels ließen auch für die Angeklagte G., die zudem über ein Abiturzeugnis verfügt und einmal eine Hochschule besucht hat, und damit weiß, wie solche offiziellen Dokumente üblicherweise aussehen, keinen Zweifel daran zu, dass der ihr verliehene akademische Grad nicht öffentlich geführt werden darf, weil er offensichtlich nicht ordnungsgemäß verliehen wurde. Der Angeklagten G. war zudem bekannt, dass ein solcher akademischer Grad regelmäßig nur durch eine Universität oder eine Hochschule verliehen werden darf. Dies schließt die Kammer daraus, dass die Angeklagte G. den Angeklagten B. am 16.05.2019 per verlesener W...App-Nachricht fragte:
„Hallo … die … beinhaltet keine Universität oder?“
(Bl. 167 Sonderband Asservatenauswertung)
1068
Auf die verneinende Antwort des Angeklagten B. stellte sie sodann fest, dass sie dann den „Prof.“ auch nicht tragen dürften.
1069
Die Feststellung, dass die Angeklagte G. den akademischen Grad unberechtigt führte, um im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Heilpraktikerin den Anschein von besonderer Kompetenz zu erwecken, beruht zum einen darauf, dass die Angeklagte den Titel vor allem im Zusammenhang mit ihrem Beruf geführt hat. So befindet er sich auf ihren beruflichen Rechnungen, auf ihrem Praxispapier und in der E-Mailsignatur ihrer im beruflichen Zusammenhang versendeten E-Mails.
1070
Darüber hinaus ergibt sich das dies auch aus dem verlesenen und in Augenschein genommenen Teilnahmezertifikat am BG-MUN-Seminar des Zeugen Dr. K. … Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) (3) (d) Bezug genommen.
8. Weitere Einzelfälle vor Absprache des gemeinsamen Tatplans
1071
Bezüglich der Ausführungen zu den Feststellungen hinsichtlich der beiden BG-MUN-Verkäufe an … wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen unter C. III. 3. f) (2) Bezug genommen.
(1) Wahrheitsgehalt der Angaben der Angeklagten G. und B.
1072
Die Kammer hat überprüft und im Wesentlichen verneint, ob die festgestellten Angaben der Angeklagten G. und B. zu BG-MUN der Wahrheit entsprechen.
1073
Richtig ist, dass für das Mittel BG-MUN keinerlei arzneimittelrechtliche oder eine behördliche Zulassung anderer Art existierte. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (3) (c) Bezug genommen.
1074
Zutreffend ist ferner, dass BG-MUN im Jahr 2017 nur durch den Angeklagten B. bezogen werden konnte. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (2) und c) Bezug genommen.
1075
Zur Überzeugung der Kammer entsprechen jedoch die Angaben, das Mittel BG-MUN könne Krebszellen abzutöten und dafür sorgen, dass der Krebs verschwinde, nicht der Tatsachenlage.
1076
Hinsichtlich der stofflichen Begutachtung von BG-MUN wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1077
Die Feststellung beruht ferner auf den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen …, die sich die Kammer nach eigener kritischer Prüfung zu eigen macht.
1078
Der Sachverständige berichtete der Kammer, dass ein metastasierendes Tumorstadium bei Ovarialkarzinomen mit wenigen Ausnahmen nicht heilbar sei.
1079
Die Behandlung, die in eine Heilung münden könne, setze eine bestimmte Tumorart voraus und erfordere eine Resektion, eine Bestrahlung sowie konsekutive Chemotherapie. Wie das Produkt BG-MUN mit seiner Mischung aus zytosolischen Proteinen überhaupt effektiv gegen einen solchen Krebs sein solle, sei pathophysiologisch nicht zu erklären. Er habe in der nationalen und internationalen Literatur nichts finden können, was eine solche Behauptung stützen könne. Sie entbehre daher jeder wissenschaftlichen Grundlage. Die Kammer teilt die Auffassung des Sachverständigen. Die Beweisaufnahme hat keinerlei evidenzbasierte Studien ergeben, die die Behauptung der Angeklagten G. stützen könnte.
1080
Ebenso wenig entspricht die Angabe, dass BG-MUN bereits vielen Menschen geholfen habe, nicht der Wahrheit. Die Kammer hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass im März 2017 bereits irgendwelche nennenswerten Erfolge mit BG-MUN erzielt worden sein könnten.
1081
Das Mittel BG-MUN wurde zur Überzeugung der Kammer zu keinem Zeitpunkt in der Berliner Charité verwendet. Diese Feststellung beruht auf den Angaben der Zeugin …, bei der es sich um eine Mitarbeiterin der Berliner Charité handelt. Sie hat Erkundigungen innerhalb der Charité angestellt. Das Mittel BG-MUN sei zu keinem Zeitpunkt in der Charité eingesetzt worden. Die Charité habe die Angeklagte G. wegen der ungerechtfertigten Nutzung ihrer Marke im Jahr 2019 verklagt und einen Vergleich mit ihr geschlossen. Die Angaben der Zeugin … sind glaubhaft. Es sind keine Gründe ersichtlich, wieso die Zeugin die Kammer mit der Unwahrheit bedienen sollte. Darüber hinaus hat die Charité einen Zusammenhang mit BG-MUN umfassend geprüft und sich daraufhin entschlossen, die Angeklagte G. wegen ihrer Behauptung in den sternTV-Berichten, das Mittel BG-MUN sei in der Charité mit großen Erfolg eingesetzt worden, zu verklagen. Allein dieser Umstand belegt, dass die Angaben der Zeugin … zutreffen. Die Kammer hat ferner den zwischen der Berliner Charité und der Angeklagten G. vor dem Landgericht Berlin geschlossenen Vergleich verlesen. In diesem Vergleich hat sich die Angeklagte G. strafbewehrt verpflichtet, die Behauptungen, dass das Produkt BG-MUN werden an Kliniken oder Forschungsstandorten der Charité in der Krebstherapie oder in der Forschung eingesetzt oder sei in der Vergangenheit eingesetzt worden und/oder das Produkt BG-MUN sei früher ein zugelassenes Arzneimittel gewesen, wenn diese Aussage wie im sternTV-Beitrag vom 15.05.2019 gemacht werde, zu unterlassen.
(2) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung des Angeklagten B.
1082
Der Verkauf von BG-MUN erfolgte durch die …. Da die … kein anderes nennenswertes Geschäft verfolgt, als BG-MUN in großen Stil zu vertreiben (vgl. C. III. 3. c) (1), handelte der Angeklagte B. bereits sowohl beim ersten als auch beim zweiten Verkauf von BG-MUN an die … gewerbsmäßig.
(3) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1083
Der Angeklagte B. wusste, dass die Anpreisungen, die er durch die Angeklagte G. verbreiten ließ, nicht der Wahrheit entsprachen. Dabei kam es ihm gerade darauf an, BG-MUN aufgrund von Irrtümern über die Eigenschaften des Produktes an schwer erkrankte Personen zu vertreiben, um sich selbst zu bereichern. Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und c) Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1084
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite bei der Abgabe von BG-MUN an die … in beiden Fällen, wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) Bezug genommen.
(4) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1085
Die Angeklagte G. ging bei den Verkäufen von BG-MUN an … aufgrund eines durch den Angeklagten B. hervorgerufenen Irrtums nicht ausschließbar noch gutgläubig davon aus, dass es sich bei BG-MUN tatsächlich um ein hochwirksames Mittel gegen Krebs und andere schwere Erkrankungen handelte. Als sie … von den Anpreisungen des Angeklagten B. berichtete, wusste sie somit nicht ausschließbar nicht und nahm auch nicht billigend in Kauf, dass sie die Unwahrheit sagte. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) (1) und (2) Bezug genommen.
(b) Gehilfenvorsatz zum Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel
1086
Zur Überzeugung der Kammer ist die subjektive Tatseite bei der Beihilfe zum Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel jedoch erfüllt. Die Angeklagte G. beabsichtigte durch ihre Vermittlung ja gerade, dass der Angeklagte B. BG-MUN an … abgeben und damit in den Verkehr bringen würde. Dabei kannte sie alle Umstände, die BG-MUN zu einem Präsentationsarzneimittel machten, und ging sogar davon aus, dass dieses einmal als Arzneimittel zugelassen gewesen ist und nunmehr über keinerlei arzneimittelrechtliche Zulassung mehr verfügte. Dies wusste sie vom Angeklagten B. Sie hatte deshalb auch erkannt, dass dem Angeklagten B. bewusst war, dass er ein nicht zugelassenes Fertigarzneimittel in den Verkehr bringen würde. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. b) Bezug genommen.
1087
Hinsichtlich der Ausführungen zu den Feststellungen hinsichtlich der 3 BG-MUN-Verkäufe an die Zeugin … wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen unter C. III. 3. f) (1) Bezug genommen.
(1) Wahrheitsgehalt der Aussagen der Angeklagten
1088
Die Kammer hat überprüft und im Wesentlichen verneint, ob die festgestellten Angaben der Angeklagten G. und B. zu BG-MUN der Wahrheit entsprechen.
1089
Es ist zur Überzeugung der Kammer widerlegt, dass das Mittel BG-MUN der Zeugin … bei ihrer Hashimoto-Erkrankung helfen konnte und dass es ihr durch die Einnahme des Mittels bestimmt besser gehen könnte. Eine vorübergehende Besserung kann zur Überzeugung der Kammer allenfalls auf einen Placebo-Effekt zurückzuführen sein. Ebenso wenig entspricht es der Tatsachenlage, dass BG-MUN tierische Zellinformationen enthält, die Zellen erneuern und deshalb damit Krebs innerhalb kürzester Zeit geheilt werden kann.
1090
Hinsichtlich der stofflichen Begutachtung von BG-MUN wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1091
Zu dieser Überzeugung ist die Kammer ferner auch aufgrund der plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen … gekommen, die sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen macht.
1092
Der Sachverständige … berichtete der Kammer schlüssig und nachvollziehbar, dass die Erkrankung Hashimoto-Thyreoiditis eine chronische Entzündung der Schilddrüse sei, die durch eine Autoimmunreaktion ausgelöst werde. Die Schilddrüse bilde unter anderem die Hormone T3 und T4, die sehr viele Vorgänge im Körper steuerten. Hashimoto-Thyreoiditis führe oft dazu, dass die Drüse nicht mehr ausreichend Hormone produziere. Während zu Beginn der Erkrankung eine Schilddrüsenüberfunktion möglich sei, komme es im Verlauf zu einer Schilddrüsenunterfunktion. Diese könne verschiedene Beschwerden wie Müdigkeit oder Hautveränderungen hervorrufen. Die Unterfunktion lasse sich durch Tabletten mit Schilddrüsenhormonen wie beispielsweise Thyroxin ausgleichen, die täglich eingenommen werden müssten. Dadurch verschwänden die Beschwerden in der Regel.
1093
Im Hinblick auf die Begutachtung von BG-MUN sei bei Hashimoto ein nicht aufzulösender Widerspruch in der behaupteten Wirkweise von BG-MUN festzustellen. Warum das Produkt, das bei der Patientin oder dem Patienten ein geschwächtes bzw. insuffizientes Immunsystem stärken solle, um damit beispielsweise Krebs zu besiegen, nunmehr gleichermaßen eine überschießende Immunantwort unterdrücken solle, entziehe sich jeder Logik. Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (8) Bezug genommen. Die Kammer schließt sich dieser fundierten Begründung aus eigener Überzeugung und nach eigener Prüfung an.
1094
Der Sachverständige führte weiter mit großer Sachkunde und überzeugend aus, dass es unklar bleibe, wie das Produkt BG-MUN mit seiner Mischung aus zytosolischen Proteinen einer bovinen Zelllinie effektiv bei der Therapie der Hashimoto-Thyreoiditis sein solle, also das Immunsystem in seiner überschießenden Immunantwort bremsen solle. Pathophysiologisch sei dies durch die Formulierung nicht zu erklären. Er habe in der nationalen und internationalen Literatur nichts gefunden, was diese Behauptung stützen könne. Hinsichtlich der Behauptung, dass es jemandem bei einer Hashimoto-Erkrankung durch die Einnahme von BG-MUN sicher besser gehen werde, so sei diese schwierig zu bewerten. Der seelische und körperliche Zustand von chronisch kranken Patientinnen und Patienten hänge von sehr vielen Faktoren ab. Da der Placebo-Effekt wissenschaftlich bewiesen sei, könne er ihn auch für das Produkt BG-MUN nicht ausschließen.
1095
Hinsichtlich der Behauptung, dass BG-MUN tierische Zellinformationen enthalte, die Zellen erneuern und deshalb damit Krebs innerhalb kürzester Zeit heilen könne, führte der Sachverständige … für die Kammer nachvollziehbar und von großer Sachkunde getragen aus, dass er aufgrund der Untersuchungsergebnisse des …-Instituts, die ihm vorgelegen hätten, bestätigen könne, dass BG-MUN tierische Eiweiße enthalte. Was mit Zellinformation gemeint sei, könne er nicht sagen, da der Terminus in der Humanmedizin nicht etabliert sei. Der Begriff suggeriere aber, dass durch den Inhalt des Produktes BG-MUN spezifische Informationen an den Anwender weitergegeben würden. Wie ein solcher Informationsaustausch erfolgen solle, bliebe aber unklar. Wissenschaftliche Daten gebe es dazu nicht. Er habe keine Hinweise oder wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu, dass BG-MUN irgendwelche Botenstoffe oder Wachstumsfaktoren enthielte, die für die klassischen, wissenschaftlich gut definierten Mechanismen der Zellkommunikation und/oder Regeneration beschrieben seien. Die Behauptung sei daher wissenschaftlich nicht nachvollziehbar.
1096
Heilungs- und Überlebensraten variierten innerhalb der unterschiedlichen Krebsentitäten erheblich. Es gebe Krebsarten mit hohen Heilungschancen, die jedoch eine monatelange Behandlung erforderlich machten. Eine Heilung innerhalb kürzester Zeit, wie es hier behauptet werde, sei allenfalls in sehr frühen Krankheitsstadien möglich, und zwar dann, wenn der maligne Prozess durch eine Operation in kurativer Intention entfernt werden könne, etwa bei klinischem Stadium I bei Darm-, Brust-, oder Lungenkrebs. Die Behauptung sei daher wissenschaftlich nicht belegt. Er habe zudem der ihm zugesandten Anklageschrift vom 12.11.2020 keine klinischen Verläufe entnommen, die die Behauptung bestätigten.
1097
Im Hinblick auf die Würdigung des Sachverständigen … der in der Anklageschrift festgehaltenen klinischen Verläufe, wird diese Aussage auch durch die tatsächlichen Verläufe der Erkrankungen in den verfahrensgegenständlichen Fällen bestätigt. In der durchgeführten Beweisaufnahme hat sich kein einziger Fall einer nachhaltigen Heilung von Krebs durch BG-MUN ergeben.
1098
Die Behauptung des Angeklagten B., die Zeugin … werde aufgrund ihrer Hashimoto-Erkrankung und der damit verbundenen notwendigen Einnahme von Thyroxin an Magen- oder Darmkrebs erkranken, wenn sie nicht mit BG-MUN vorbeuge, ist ebenfalls unrichtig. Auch dazu hat der Sachverständige … überzeugende und wissenschaftlich fundierte Ausführungen gemacht, die sich die Kammer aufgrund ihrer Nachvollziehbarkeit ebenfalls zu eigen macht. So führte der Sachverständige aus, dass es zwar grundsätzlich möglich sei, dass Hashimoto-Thyreoiditis-Patienten mit teilweise noch funktionstüchtigem Schilddrüsengewebe ein erhöhtes Risiko für ein Karzinom hätten, aber lediglich für ein differenziertes Schilddrüsenkarzinom, und zwar unter anderem dann, wenn zugleich keine oder nur geringe Mengen an Antikörpern gegen die thyreoidale Peroxidase im Serum vorhanden seien. Dass die Einnahme von BG-MUN in dieser präventiven Indikation irgendeinen Stellenwert habe, entbehre jeder wissenschaftlichen Grundlage und sei wissenschaftlich durch nichts belegt.
1099
Es trifft nach sicherer Überzeugung der Kammer nicht zu, dass für das Mittel BG-MUN einmal eine arzneimittelrechtliche oder eine Zulassung anderer Art existiert hat. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (3) (c) vollumfänglich Bezug genommen.
(2) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung des Angeklagten B.
1100
Der Verkauf von BG-MUN erfolgte durch die B[cenzura].. Da die … kein anderes nennenswertes Geschäft verfolgte, als BG-MUN in großen Stil zu vertreiben (vgl. C. III. 3. c) (1)), handelte der Angeklagte B. bei dem ihm zur Last liegenden ersten Verkauf von BG-MUN an die Zeugen … gewerbsmäßig.
1101
Es wird darauf hingewiesen, dass die beiden weiteren Taten zum Nachteil der Zeugen … nicht Gegenstand der Anklage gegen den Angeklagten B. waren, weil ihrer Verfolgung der Grundsatz der Spezialität entgegenstand.
(3) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1102
Der Angeklagte B. wusste, dass die Anpreisungen, die er gegenüber den Zeugen … zu BG-MUN machte, nicht der Wahrheit entsprachen. Dabei kam es ihm gerade darauf an, BG-MUN aufgrund von Irrtümern über die Eigenschaften des Produktes an schwer erkrankte Personen zu vertreiben, um sich selbst zu bereichern. Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und c) Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1103
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite bei der Abgabe von BG-MUN an die Zeugen … hinsichtlich des ersten Falles, wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) Bezug genommen.
(4) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1104
Die Angeklagte G. ging bei den Verkäufen von BG-MUN an die Zeugen … aufgrund eines durch den Angeklagten B. hervorgerufenen Irrtums nicht ausschließbar noch gutgläubig davon aus, dass es sich bei BG-MUN tatsächlich um ein hochwirksames Mittel gegen Krebs und andere schwere Erkrankungen handelte. Als der Angeklagte B. und später sie selbst den Zeugen Anpreisungen über BG-MUN weitergab, wusste sie somit nicht ausschließbar nicht und nahm auch nicht billigend in Kauf, dass der Angeklagte B. bzw. sie die Unwahrheit sagte. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) Bezug genommen.
(b) Gehilfenvorsatz zum Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel bzw. Vorsatz zum Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel
1105
Zur Überzeugung der Kammer ist die subjektive Tatseite bei der Beihilfe zum Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel hinsichtlich der ersten beiden Abgaben von BG-MUN jedoch erfüllt. Ebenso hat die Angeklagte das BG-MUN beim dritten Kauf der Zeugen … selbst wissentlich und willentlich als Arzneimittel abgegeben. Die Angeklagte G. beabsichtigte durch ihre Vermittlung ja gerade, dass der Angeklagte B. bei den ersten beiden Verkäufen BG-MUN an die Zeugen … abgeben und damit in den Verkehr bringen würde. Dabei kannte sie alle Umstände, die BG-MUN zu einem Präsentationsarzneimittel machten, ging sogar davon aus, dass dieses einmal als Arzneimittel zugelassen gewesen ist und nunmehr über keinerlei arzneimittelrechtliche Zulassung mehr verfügte. Dies wusste sie vom Angeklagten B. Sie hatte deshalb auch erkannt, dass dem Angeklagten B. bewusst war, dass er ein nicht zugelassenes Fertigarzneimittel in den Verkehr bringen würde. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. b) Bezug genommen.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1106
Die objektiven Feststellungen der Kammer zu dem Verkauf von BG-MUN an die Firma …, vertreten durch den Zeugen …, beruhen auf den glaubhaften Angaben des Zeugen …, die mit den verlesenen Urkunden in Einklang stehen und daher glaubhaft sind.
1107
Der Zeuge … beschrieb der Kammer den Geschehensablauf im Wesentlichen wie festgestellt. Die Angeklagte G. habe im Frühjahr 2017 erstmals das Mittel BG-MUN in einem Telefongespräch erwähnt und gesagt, es könne bei der Therapie, die er selbst vertreibe, unterstützen und Krankheiten auch heilen. Er habe dann Informationsmaterial angefragt. Dieses habe er per E-Mail bekommen.
1108
Diese Angaben des Zeugen … sind glaubhaft. Sie werden durch die verlesene E-Mail der Angeklagten G. an den Zeugen … vom 24.03.2017 um 16:46 Uhr belegt (vgl. Bl. 26 Fallakte III). Die E-Mail, die mit dem Betreff „Immuntherapie / Zellerneuerungstherapie / Begleittherapie“ versehen ist, hat folgenden Inhalt:
„Hallo Herr …, wenn Sie mir Ihre BV senden und dass sie gerne Empfehlungen aussprechen würden, würde ich Sie für Ihre Empfehlungen für das BG MUN gleich Ihren Namen hinterlegen lassen, damit keine andere Person diese Empfehlung erhält. BG MUN ist ein Nahrungsergänzungsmittel und inzwischen als Lebensmittel zugelassen. Besteht aus 125 bioidentischen Proteinen und wird oral unter die Zungenvene gegeben. Nebenwirkungsfrei. Durch die orale Einnahme wird die Leber- und Darmpassage umgangen und der Wirkungsgrad optimiert. Einsatz: bei allen CAs und AIE und chronischen Entzündungen durch EBV, Borrelien, …. und wer immer seine Zellen von innen nach außen erneuern möchte. Bei „gesunden“ die wenig oder keine Haarpracht haben, hat sich Haarwuchs auf der Kopfhaut wieder eingestellt. LG …G.“
1109
Die Kammer hat auch die in der E-Mail von der Angeklagten G. gemachten Ausführungen zu BG-MUN den Feststellungen zugrunde gelegt. In diesem Zusammenhang hat der Zeuge … der Kammer erläutert, dass die Abkürzung „CAs“ für das englische Wort cancer und damit für Krebs stehe. Die Abkürzung „AIE“ steht gerichtsbekannt für Autoimmunerkrankungen und „EBV“ für Ebstein-Barr-Virus.
1110
Der Zeuge … hat weiter berichtet, die Angeklagte G. habe sich erneut im Mai oder Juni 2017 an ihn gewandt und gesagt, er könne das Mittel zum Einkaufspreis haben. Der Angeklagte B. sei ihm zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen und habe keine Rolle gespielt.
1111
Auch diese Ausführungen des Zeugen … werden durch die Auswertung des W...App-Nachrichtenverlaufs zwischen der Angeklagten G. und dem Angeklagten B. belegt. Im Zusammenhang mit dem Verkauf von BG-MUN an weitere Patienten der Angeklagten G. erwähnt diese den Zeugen … gegenüber dem Angeklagten B.. Am 14.06.2017 um 18:27:12 (UTC+2) informiert die Angeklagte G. den Angeklagten B., dass sie noch eine Rückmeldung von … – Herrn … bekomme (vgl. Bl. 104 Sonderband Asservatenauswertung). Dies steht im Einklang mit den Ausführungen des Zeugen hinsichtlich des Angebots der Angeklagten G. und dass er zunächst nicht darauf reagiert habe.
1112
Der Zeuge … berichtete weiter, dass der Angeklagte B. ihn im Sommer 2017 angerufen habe. Er habe den Angeklagten B. vorher nicht gekannt und nie zuvor Kontakt zu ihm gehabt. Seine Telefonnummer könne der Angeklagte B. daher nur von der Angeklagten G. haben. Es sei dann zu einem Treffen in einem Hotel in der Nähe von Leipzig zwischen ihm und dem Angeklagten B. gekommen. Diesen habe er nur ein einziges Mal gesehen. Der Angeklagte B. habe gesagt, dass BG-MUN einmal ein Arzneimittel gewesen sei, noch zu Zeiten der DDR, dann aber die Zulassung wegen der Wende verloren habe und nun als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen sei. Das BG-MUN habe bei Krebserkrankungen eine Heilungschance von 98 %. Das Mittel müsse intravenös angewendet werden. Er könne zwei Probepackungen für 3.000,00 € pro Packung haben.
1113
Diese Angaben des Zeugen … stehen ebenfalls mit den weiteren objektiven Beweismitteln in Einklang.
1114
In einer W...App-Nachricht vom 20.07.2017 um 06:38:23 (UTC+2) informierte der Angeklagte B. die Angeklagte G. darüber, dass der Zeuge … am folgenden Montag nach Dubai fliege und vorher noch alles mit ihm regeln wolle (vgl. Bl. 112 Sonderband Asservatenauswertung). Daraufhin bot die Angeklagte G. an, gemeinsam mit dem Angeklagten B. nach Cottbus zu fahren und dort den Zeugen … gemeinsam zu treffen. Alternativ könne der Angeklagte B. den Zeugen … auch alleine treffen. Sie vertraue ihm da voll (vgl. Nachricht vom 20.07.2017 um 07:55:37 (UTC+2), Bl. 112 Sonderband Asservatenauswertung).
1115
Am 21.07.2017 um 16:03:57 (UTC+2) berichtete die Angeklagte G. sodann dem Angeklagten B. von einem Anruf des Zeugen …. Dieser habe um 15:42 Uhr angerufen und habe nochmal alle Einsatzbereiche erklärt haben wollen. Der Angeklagte B. antwortete mit einem Auszug aus einem Nachrichtenaustausch von ihm mit dem Zeugen …. Diese teilte ihm mit, dass er 2 Vorführsets brauche. Der Angeklagte B. antwortete auf die Frage nach dem Preis mit „2 × 3.000“ (vgl. Bl. 113 Sonderband Asservatenauswertung).
1116
Am 21.07.2017 um 20:42:47 (UTC+2) teilte der Angeklagte B. mit, dass der Zeuge … die Produkte nun erst in einer Woche brauche und er daher nicht nach Berlin fahre (vgl. Bl. 113 Sonderband Asservatenauswertung).
1117
Am 27.07.2017 um 16:32:43 (UTC+2) informierte der Angeklagte B. die Angeklagte G. darüber, dass er den Zeugen … am kommenden Freitag um 10:00 Uhr in Leipzig treffe.
1118
Die Kammer hat zudem die vorliegenden W...App-Nachrichten zwischen … und der Mobilfunknummer + 49 … verlesen (vgl. Bl. 28 bis 30 Fallakte III), die, wie bereits ausgeführt, dem Angeklagten B. gehört (vgl. C. III. 3. b) (1)) und die und ebenfalls die Angaben des Zeugen … bestätigen. Auf die Ausführungen unter C. III. 3. b) (1) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
1119
Zwischen dem Angeklagten B. und dem Zeugen … wurden dort weitergehend noch folgende auszugsweise Nachrichten ausgetauscht:
Bitte bedenken, dass ich dann 6.000
Euro in bar von Ihnen möchte.
Oder Sie überweisen im voraus.
„Hallo Herr B., ich bringe ihnen dann
natürlich die 6000,- € in bar mit. […]
Ich habe viele Partner in den Emiraten
und USA die an dem Produkt Interesse haben
aber da wird natürlich immer nach Studien gefragt,
Es ist ein funktionelles Lebensmittel
Mit Studien sofort ein Arzneimittel
Einiges kann ich Ihnen zeigen aber nicht
Sie haben aber ein Schreiben, dass der
Grundstoff als Arzneimittel zertifiziert ist“
1120
Am 28.07.2017 besprechen der Zeuge … und der Angeklagte B. die Modalitäten des Treffens in einem … hotel in … (vgl. Bl. 29 Fallakte III). Der Zeuge … schrieb noch am 28.07.2017 um 19:48:29 (UTC+2) der Angeklagten G., dass er sich am selben Tag mit dem Angeklagten B. getroffen habe. Er sei nach wie vor an einer Kooperation mit der Angeklagten G. interessiert (vgl. Bl. 180 Sonderband Asservatenauswertung).
1121
Die zuvor wiedergegebene Konversation belegt auch, dass der Zeuge … eine gewisse Erwartungshaltung gegenüber BG-MUN hatte. Eine Frage nach Studien zu einem Mittel ergibt nur dann einen Sinn, wenn man sich eine bestimmte Wirkung vorstellt.
1122
Die Kammer ist überzeugt, dass der Angeklagte B. dem Zeugen … gegenüber die zuvor genannten Behauptungen aufgestellt, insbesondere von etwaigen Heilungschancen durch BG-MUN für krebskranke Menschen gesprochen hat. Nur in einem solchen Zusammenhang lässt sich die folgende W...App-Nachricht des Angeklagten B. an den Zeugen … vom 05.08.2017 nachvollziehen (vgl. Bl. 30 Fallakte III):
„Frau Dr … hat 5 austherapierte Krebskranke mit BG-MUN begleitet. Alle geheilt. Sie schreibt ihre Erfahrungen jetzt auf.“
1123
Durch diese W...App-Nachricht wurde durch den Angeklagten B. suggeriert, dass das Mittel BG-MUN bei Patienten, denen auf Basis der evidenzbasierten Medizin nicht mehr nachhaltig geholfen werden konnte, entscheidend zu einer Heilung beigetragen hätte, und zwar bei 5 von 5 und damit in 100 % der Fälle.
1124
Zudem wurde dem Zeugen … ein Schriftstück mit der Überschrift „Totgesagte leben länger!“ ausgehändigt, das die Kammer mit dem Zeugen in Augenschein genommen und verlesen hat (Bl. 32 Fallakte III). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich Inhalts und Urheberschaft dieses Schriftstücks Bezug auf die Ausführungen unter C. III. 3. c) (3) (a) und (b) genommen.
1125
Auch das Schriftstück „Totgesagte leben länger“ enthält eindeutig die Behauptung, dass mit BG-MUN die Heilung einer austherapierten an Krebs erkrankten Person möglich ist. Zur Überzeugung der Kammer macht es keinen Unterschied, dass vorliegend von BG-MUN forte und nicht von BG-MUN Cytosolfraktion gesprochen wird. Es gibt keinen Unterschied zwischen den einzelnen Bezeichnungen des Produktes BG-MUN. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (2) (b) und (c) Bezug genommen.
1126
Die Kammer hat entgegen den diesbezüglichen Angaben des Zeugen … nicht feststellen können, dass dieser noch am 28.07.2017 für 6.000,00 € in bar BG-MUN beim Angeklagten B. gekauft und sofort mitgenommen hat. Aus den objektiven Beweismitteln ergibt sich ein anderes Bild. Demnach hat der Zeuge … erst im August 2017 2 Packungen BG-MUN beim Angeklagten B. für 6.000,00 € gekauft und diese per Überweisung bezahlt.
1127
Am 07.08.2017 und damit unmittelbar anschließend an die vorbezeichnete Nachricht vom 05.08.2017 fragte der Angeklagte B. den Zeugen … ob dieser 2 Muster haben wolle. Überweisung und Versand wären am einfachsten (vgl. Bl. 30 Fallakte III). Eine bereits zuvor erfolgte Übergabe von BG-MUN ist daher ausgeschlossen, denn dann wäre eine Nachfrage durch den Angeklagten B. entbehrlich. Auch die an das Unternehmen des Zeugen … adressierte und von der Kammer verlesene Rechnung in deutscher Übersetzung vom 25.08.2017 spricht für einen Kauf nach dem Treffen. Zum einem trägt sie das vorbenannte Rechnungsdatum fast einen Monat nach dem Treffen zwischen den beiden. Zum anderen weist sie keine Barzahlung von 6.000,00 € aus, sondern gibt an, dass die Bezahlung zuvor per Überweisung erfolgt sei (vgl. Anlage XVI zum Protokoll vom 28.02.2023).
1128
Für diesen Geschehensablauf sprechen auch die weiteren Angaben des Zeugen …. So berichtete dieser, sein Vater, ein Professor, habe ihm von dem Kauf abgeraten. Allenfalls ein Testkauf mache Sinn, um das Mittel in die Ukraine oder in Dubai zu schicken und zu testen. Nach diesen Angaben ergibt sich für die Kammer zwanglos, dass der Zeuge … sich den Kauf zunächst genauer überlegen musste und sich erst nach dem Bemühen der Angeklagten G. und B. zu einem Kauf entschließen konnte. In diesem Zusammenhang fügt sich auch die Nachricht der Angeklagten G. an den Angeklagten B. vom 16.08.2017 schlüssig ins Bild, in der sie ihm mitteilte, dass sich der Zeuge … nicht melde. Sie habe bereits Nachrichten auf seinem Festnetztelefon, seinem Handy und per W...App hinterlassen. Sie wisse, dass er mit einem ihrer Patienten telefoniert habe. Darauf entgegnete der Angeklagte B. „böser Bube“ (vgl. Bl. 117 Sonderband Asservatenauswertung).
1129
Der Zeuge … berichtete zuletzt, er habe zu dem Produkt mittels Google recherchiert und sei dann auf die Firma … gestoßen. Dort habe er angerufen. Der Angeklagte B. sei dort bekannt gewesen. Man beliefere den Angeklagten B.. Bei dem Mittel, das dieser kaufe, handle es sich um ein Abfallprodukt ihres eigenen Produktes. Danach habe er den Kontakt zum Angeklagten B. abgebrochen.
1130
Die Angaben des Zeugen … hinsichtlich seiner Nachforschungen sind glaubhaft. Der Angeklagte B. bezeichnete sich zur Überzeugung der Kammer stets selbst als Hersteller von BG-MUN. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. c) (3) (b) Bezug genommen. Tatsächlich wurde BG-MUN jedoch durch die Firma … hergestellt und an den Angeklagten B. verkauft. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (2) Bezug genommen. Es handelt sich bei der Cytosolfraktion tatsächlich um einen Überstand, der bei der Produktion des BK-RiV anfällt. Da der Angeklagte B. diese Information jedoch nicht teilte, sondern sich selbst als Hersteller von BG-MUN ausgab, ergibt sich keine andere plausible Erklärung dafür, wie der Zeuge … an dieses Wissen gelangen konnte, als dass der Zeuge … tatsächlich mit dem eigentlichen Hersteller des BG-MUN in Kontakt getreten ist und dort nachgefragt hat.
1131
Die Angeklagte G. benannte als Anwendungsform in ihrer E-Mail vom 24.03.2017 die sublinguale Einnahme. Erst der Angeklagte B. erläuterte dem Zeugen … zur nach dessen Schilderung eine intravenöse Verabreichungsform. Es ist nicht ersichtlich, wie der Zeuge … auf diese Form der Verabreichung gekommen sein soll, wenn ihm dies nicht vom Angeklagten B. gesagt worden ist. Die Kammer kann hier ausschließen, dass der Zeuge … dies allein aus dem sternTV-Bericht entnommen hat, weil eine intravenöse Verabreichung jedenfalls nicht Gegenstand der sternTV-Berichte war. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. e) (5) Bezug genommen.
(2) Wahrheitsgehalt der Aussagen der Angeklagten
1132
Die Kammer hat überprüft und im Wesentlichen verneint, ob die festgestellten Angaben der Angeklagten G. und B. zu BG-MUN der Wahrheit entsprechen.
1133
Soweit die Angeklagte G. gegenüber dem Zeugen … zwischen Februar und März 2017 behauptet hat, sie habe bereits bei schwerkranken Krebspatienten tolle Erfolge mit BG-MUN erzielt, trifft dies zur Überzeugung der Kammer nicht zu. Tatsächlich hat die Angeklagte G. erstmals im Frühjahr 2017 mit der Behandlung von BG-MUN bei ihren Patienten begonnen. Zwei der ersten bekannten Personen, die BG-MUN auf Empfehlung der Angeklagten G. gekauft haben, sind die im Oktober 2017 verstorbene … und die Zeugin …. Von diesem Patienten war jedoch nur … schwer an Krebs erkrankt. Sie kaufte das Mittel um den 31.03.2017. … kaufte das Mittel um den 19.03.2017. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. f) (1) und (2) Bezug genommen. Nach den Anwendungshinweisen (vgl. C. III. 3. a) (1)) reichte eine Ampulle BG-MUN für 3 Tage. Danach erfolgte eine Pause von einem Tag. Bei 10 Ampullen in einer Packung war die Anwendung von BG-MUN mithin nach 40 Tagen beendet. Damit hätte die Angeklagte G. erstmals Anfang Mai 2017 verlässliche Auskünfte zum Erfolg der BG-MUN-Behandlung geben können. Zwischen Februar und März 2017 waren solche Auskünfte jedoch unrichtig. Die Angeklagte G. hatte keinerlei eigene Erfahrungswerte. In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass sich weder bei … noch bei der Zeugin … nach der ersten Anwendung irgendwelche nachhaltigen Besserungen ergeben hatten.
1134
Zudem sind die Angaben der Angeklagten G. in der E-Mail an den Zeugen … vom 24.03.2017 im Wesentlichen unrichtig. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der wissenschaftlich begründeten und nachvollziehbaren Ausführungen des …, die sich die Kammer nach eigener Prüfung aufgrund ihrer Plausibilität zu eigen macht. Der Sachverständige führte aus, dass es therapeutische Optionen gebe, die Regenerationszeit etwa des blutbildenden Knochenmarks zu stimulieren und zu verkürzen. Die Behauptung, BG-MUN sei eine Zellerneuerungstherapie sei sehr allgemein gehalten. Welche Art Zellen und Gewebe gemeint seien, bliebe unklar. Wissenschaftliche Daten dazu gebe es nicht. Das Produkt enthalte jedenfalls keine Botenstoffe oder Wachstumsfaktoren, so dass keinerlei Hinweise existierten, die für die klassischen, wissenschaftlich gut definierten Mechanismen der Zellkommunikation und/oder Regeneration beschrieben seien. Wissenschaftliche Belege dafür, dass BG-MUN eine Zellerneuerungstherapie sei, gebe es keine.
1135
Genauso verhalte es sich für die Frage, ob BG-MUN eine Immuntherapie sei. Vergleichbare Präparate, die aus Zellsuspensionen bzw. Organlysaten gewonnen worden seien, hätten nie einen wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis erbringen können.
1136
Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (8) Bezug genommen.
1137
Die Behauptung, dass BG-MUN bei allen Krebserkrankungen, Autoimmunerkrankungen und chronischen Entzündungen wirksam sei, entziehe sich jeder Logik und weise einen nicht auflösbaren Widerspruch auf. Auch diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (8) Bezug genommen.
1138
Der Sachverständige führte weiter aus, dass er die Behauptung auch pathophysiologisch nicht erklären könne. Es gebe in der nationalen und internationalen Literatur nichts, was diese Behauptung stützten würde. Studien seien keine verfügbar. Die Behauptung sei daher weder wissenschaftlich belegt noch haltbar.
1139
Auch die Behauptung des Angeklagten B., dass die Heilungschance mit BG-MUN für Krebspatienten 98 % betrage, ist falsch. Diesbezüglich führte der Sachverständige … erneut, wie bereits unter C. III. 8. b) ausgeführt, aus, dass die Heilungs- und Überlebensraten bei Krebs erheblich variierten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorbezeichneten Ausführungen Bezug genommen. Die Behauptung sei im Ergebnis wissenschaftlich nicht belegt, Studien existierten hierzu keine.
1140
Dies macht sich die Kammer aus den bereits dargelegten Gründen nach eigener Prüfung gleichfalls zu eigen.
1141
BG-MUN wurde zur Überzeugung der Kammer zu keinem Zeitpunkt als Nahrungsergänzungsmittel angezeigt. Hinsichtlich dieser Behauptung des Angeklagten B. ist es bereits unrichtig zu behaupten, ein Produkt sei als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen, da Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland lediglich angezeigt werden, §§ 1 Abs., 5 Abs. 1 NemV. Nichtsdestotrotz ist eine solche Anzeige für BG-MUN nie erfolgt. Es wird auf die Behauptungen unter C. III. 3. a) (3) (c) Bezug genommen.
1142
Eine behauptete Zulassung des Mittels BG-MUN als Arzneimittel konnte widerlegt werden. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (3) (c) Bezug genommen.
(3) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung des Angeklagten B.
1143
Der Verkauf von BG-MUN erfolgte durch die …. Da die … kein anderes nennenswertes Geschäft verfolgte, als BG-MUN in großen Stil zu vertreiben (vgl. C. III. 3. c) (1)), handelte der Angeklagte B. beim Verkauf von BG-MUN an … gewerbsmäßig.
(4) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1144
Der Angeklagte B. wusste, dass die Anpreisungen, die er durch die Angeklagte G. verbreiten ließ und die er selbst gegenüber … machte, nicht der Wahrheit entsprachen. Dabei kam es ihm gerade darauf an, BG-MUN aufgrund von Irrtümern über die Eigenschaften des Produktes an schwer erkrankte Personen bzw. vorliegend an …, um diesen dauerhaft in sein Geschäft einzubinden, zu vertreiben, um sich selbst zu bereichern. Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und c) Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1145
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite bei der Abgabe von BG-MUN an …, wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) Bezug genommen.
(5) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1146
Die Angeklagte G. ging bei dem Verkauf von BG-MUN an … aufgrund eines durch den Angeklagten B. hervorgerufenen Irrtums nach wie vor nicht ausschließbar gutgläubig davon aus, dass es sich bei BG-MUN tatsächlich um ein hochwirksames Mittel gegen Krebs und andere schwere Erkrankungen handelte. Als sie … von den Anpreisungen des Angeklagten B. berichtete, wusste sie somit nicht ausschließbar nicht und nahm auch nicht billigend in Kauf, dass sie die Unwahrheit sagte. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) Bezug genommen.
(b) Gehilfenvorsatz zum Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel
1147
Zur Überzeugung der Kammer ist die subjektive Tatseite bei der Beihilfe zum Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel jedoch erfüllt. Die Angeklagte G. beabsichtigte durch ihre Vermittlung des … an den Angeklagten B. ja gerade, dass der Angeklagte B. BG-MUN an … abgeben und damit in den Verkehr bringen würde. Dabei kannte sie alle Umstände, die BG-MUN zu einem Präsentationsarzneimittel machten, ging sogar davon aus, dass dieses einmal als Arzneimittel zugelassen gewesen ist und nunmehr über keinerlei arzneimittelrechtliche Zulassung mehr verfügte. Dies wusste sie vom Angeklagten B. Sie hatte deshalb auch erkannt, dass dem Angeklagten B. bewusst war, dass er ein nicht zugelassenes Fertigarzneimittel in den Verkehr bringen würde. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. b) Bezug genommen.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1148
Die Feststellungen zum objektiven Geschehensablauf beruhen auf den glaubhaften und miteinander in Einklang stehenden Angaben der Zeugen … und ….
1149
Alle 3 Zeugen berichteten den festgestellten Geschehensablauf. Dabei berichteten insbesondere alle 3 Zeugen von den Aussagen des Angeklagten B. zu dem Mittel BG-MUN und dessen heilender Wirkung für den Krebs der …. Sie berichteten zudem übereinstimmend und glaubhaft, dass … von den Ausführungen des Angeklagten B. zu dem Mittel so begeistert war, dass sie es noch vor Ort kaufte, obwohl ihre Tochter … sich entschieden dagegen ausgesprochen hatte.
1150
Die Zeugen … und … berichteten weiter übereinstimmend und glaubhaft, dass der Angeklagte B. der … riet, das Mittel BG-MUN in das Unterhautfettgewebe zu spritzen. Ferner habe er gesagt, dass BG-MUN ein Arzneimittel sei und er es unter der Hand verkaufen müsse, da die Pharmaindustrie hinter ihm her sei und er es nicht verkaufen dürfe. Er habe so große Erfolge mit BG-MUN gehabt, dass diese ihm verboten habe, es weiter zu vertreiben und sie ihm nach dem Leben trachte und ihn hinter Gitter bringen wolle. Außerdem habe der Angeklagte B. behauptet, dass das Mittel bereits einmal zugelassen gewesen sei, aber die Pharmaindustrie dafür gesorgt habe, dass er die Zulassung verliere, weil es so gute Heilungschancen gehabt habe. Der Angeklagte B. habe der … die erste Dosis gleich selbst gespritzt.
1151
Die Kammer verkennt nicht, dass der Zeuge …, der nach seinen Angaben und den Angaben aller 3 vorgenannten Zeugen bei dem Treffen am 14.11.2017 ebenfalls anwesend war, die Ausführungen des Angeklagten B. zu der heilenden Wirkung des Mittels BG-MUN nicht bestätigte. Der Zeuge … behauptete bei seiner Einvernahme in der Hauptverhandlung am 29.09.2021, er könne nicht mehr sagen, was der Angeklagte B. gesagt habe, weil es so lange her sei. Er und der Zeuge … seien auch gar nicht im Raum dabei gewesen. Gleichzeitig behauptete er, der Angeklagte B. habe gesagt, dass BG-MUN kein Produkt sei, das heile, sondern das gut tue, wie Vitamine oder Doping.
1152
Die Angaben des Zeugen … sind für die Kammer nicht glaubhaft. Zum einen sind sie, wie soeben dargestellt bereits in sich widersprüchlich, zum anderen sind sie durch die Angaben der Zeugen … und … widerlegt. Diese 3 Zeugen bekundeten alle übereinstimmend, dass während des Gesprächs mit dem Angeklagten B. keine der anwesenden Personen den Raum verlassen habe. Die Zeugin … konnte den Zeugen … zwar nicht namentlich benennen, da sie ihn nicht kannte, die Zeugin … war jedoch in der Lage, der ihr ebenfalls unbekannten Person den Namen … zuzuordnen, da dieser mit dem Zeugen … bekannt sei, mit dem sie selbst gut befreundet ist.
1153
Zudem bekundete der Zeuge …, er habe für den Angeklagten B. den Vertrieb von BG-MUN in der Türkei aufbauen sollen und dort Dolmetscherdienste geleistet. Außerdem habe der Angeklagte B. ihm das Mittel für seine Frau geschenkt, die an MS leide. Ferner sei er dabei gewesen, als der Angeklagte B. der Angeklagten G. das BG-MUN vorgestellt habe. Er sei öfter dabei gewesen, wenn der Angeklagte B. BG-MUN vertrieben habe. Er könne sich aber nicht daran erinnern, was der Angeklagte B. gesagt habe, insbesondere nicht, daran, ob der Angeklagte B. geäußert habe, dass BG-MUN Krebszellen verbrenne. Die Kammer hat die diesbezüglichen Angaben des Zeugen … bereits unter C. III. 3. e) (2) hinreichend gewürdigt und nimmt deshalb auf die vorbezeichnete Stelle zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
1154
Die Kammer kann ausschließen, dass die Angaben der Zeugin … zu dem Geschehen in …m November 2017 durch ihr Auftreten bei sternTV im Zusammenhang mit dem Erwerb von BG-MUN durch ihre Mutter, verfälscht wurden. Die Zeugin … gab diesbezüglich an, ihr sei nicht gesagt worden, was sie im Fernsehen sagen solle. Sie habe 250,00 € für den Auftritt bekommen. Sie sei von sternTV kontaktiert worden und nicht sternTV von ihr. Die Kammer hat keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Zudem hat die Kammer auch die Zeugen … und … vernommen, die das Geschehen vollständig bestätigten. Weder der Zeuge … noch die Zeugin … waren Teil der zum Thema BG-MUN gesendeten sternTV-Beiträge, die die Kammer allesamt vollständig in Augenschein genommen hat. Ferner stimmten die Angaben der Zeugin … mit ihren Angaben in den in Augenschein genommenen sternTV-Berichten überein. Zu Abweichungen kam es nicht.
1155
Die Angaben der Zeugen … und … werden zudem bestätigt durch die in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 126 bis 128 Fallakte I und die in Augenschein genommene Visitenkarte des Angeklagten B. mit dem Namen „…“, Bl. 272 Fallakte II. Auf die vorgenannten Lichtbilder wird inhaltlich Bezug genommen.
1156
Die Zeugin … bestätigte der Kammer, dass es sich bei der Visitenkarte um genau die Karte gehandelt habe, die der Angeklagte B. auch ihrer Mutter übergeben habe. Zudem habe sie für die Bezahlung des Mittels die Bankkarte des Angeklagten B. fotografiert. Bei dieser Fotografie handelt es sich um die in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 126 bis 128 Fallakte I, da darauf deutlich der Name …B. zu sehen ist. Die Kammer hat den Inhalt der abgebildeten Karte verlesen.
1157
Die Kammer verkennt ferner nicht, dass das Produkt BG-MUN auf dem der … nach den Angaben der Zeugen übergebenen Zettel (Bl. 130 Fallakte I) offenbar als Kosmetikprodukt beschrieben wird, das auf die Haut getropft werden soll. Allerdings ist die Kammer überzeugt, dass dies den Angaben der Zeugen, der Angeklagte B. habe der … BG-MUN nicht als Kosmetikprodukt, sondern – wie zuvor ausgeführt – als Heilmittel gegen Krebs verkauft, nicht entgegen. Keiner der Zeugen … oder … berichtete der Kammer von einem Kosmetikprodukt oder der Anwendung durch Tropfen auf die Haut. Das Mittel wurde weder so verkauft noch kam die … auf die Idee, BG-MUN kosmetisch anzuwenden. Dies war nicht der Grund für den Kauf. Ausweislich der übereinstimmenden Angaben der Zeugen … und … kaufte … BG-MUN zur Bekämpfung ihrer Krebserkrankung.
(2) Wahrheitsgehalt der Aussagen des Angeklagten B.
1158
Die Kammer hat überprüft und im Wesentlichen verneint, ob die festgestellten Angaben des Angeklagten B. zu BG-MUN der Wahrheit entsprechen.
1159
Es ist zur Überzeugung der Kammer widerlegt, dass das Mittel BG-MUN das Immunsystem derartig stärkt, dass der Krebs aufgelöst wird, das heißt dass die Krebszellen zum Platzen gebracht werden können. Außerdem entspricht es nicht der Tatsachenlage, dass mit BG-MUN der Krebs dann definitiv geheilt wird. Hinsichtlich der stofflichen Begutachtung von BG-MUN wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1160
Zu dieser Überzeugung ist die Kammer ferner auch aufgrund der plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen … gekommen, die sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen macht.
1161
Der Sachverständige … berichtete der Kammer schlüssig und nachvollziehbar, dass im Hinblick auf die Erkrankung der …, also Brustkrebs mit Knochenmetastasen, dem sog. fernmetastasierten Stadium mit den heute bekannten Behandlungsmethoden keine Aussicht auf eine vollständige Heilung bestehe. Unter Heilung sei dabei die dauerhafte Entfernung aller Tumorzellen aus dem Körper zu verstehen. Bei Erreichen dieses Stadiums betrage die durchschnittliche Lebenserwartung etwa 2 bis 4 Jahre nach dem ersten Auftreten von Metastasen. Bei Patientinnen mit isolierten Knochenmetastasen könne unter einer antiresorptiven Therapie eine langfristige Tumorkontrolle erreicht werden. Aus diesem Grund entbehre die Behauptung, dass BG-MUN das Immunsystem dazu bringen könne, dass Brustkrebs mit Knochenmetastasen aufgelöst werden könnten und Krebszellen zum Platzen gebracht werden könnten, jeder wissenschaftlichen Grundlage. Eine „definitive Heilung“, wie sie nach den Feststellungen der Kammer behauptet worden ist, sei im Stadium 4, also dem metastasierten Stadium, nicht möglich. Publiziert sei dazu nichts.
1162
Die Kammer erachtet außerdem die Behauptung des Angeklagten B., er habe sich mit BG-MUN selbst aus dem Rollstuhl geholfen, nachdem er einen schweren Unfall gehabt habe, als bloße Erfindung des Angeklagten B. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) (a) Bezug genommen.
1163
Auch die Behauptung, dass BG-MUN bereits als Arzneimittel zugelassen gewesen sei, aber aufgrund seiner großen Erfolge von der „Pharmalobby“ verfolgt worden und daher die Zulassung zurückgenommen worden sei, ist nachweislich falsch. BG-MUN war zu keinem Zeitpunkt als Arzneimittel zugelassen. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (3) (c) Bezug genommen.
(3) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung des Angeklagten B.
1164
Der Angeklagte B. handelte auch bei dem Verkauf an die … gewerbsmäßig.
1165
Es handelte sich um einen Verkauf der …, auch wenn die zugehörige Rechnung nicht mehr existiert. Da die … kein anderes nennenswertes Geschäft verfolgte, als BG-MUN in großen Stil zu vertreiben (vgl. C. III. 3. c) (1), handelte der Angeklagte B. beim Verkauf von BG-MUN an … gewerbsmäßig.
1166
Außerdem erfolgte die Überweisung der 5.900,00 € auf das Privatkonto des Angeklagten B., von dem dieser, wie sich aus der Verlesung der Kontounterlagen ergibt, seinen Lebensunterhalt bestreitet. Andere nennenswerte Einkünfte hatte der Angeklagte bis auf seine Unfallrente nicht.
(4) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1167
Der Angeklagte B. wusste, dass die Anpreisungen über BG-MUN, die er gegenüber … machte, nicht der Wahrheit entsprachen. Dabei kam es ihm gerade darauf an, BG-MUN aufgrund von Irrtümern über die Eigenschaften des Produktes an die schwer an Krebs erkrankte … zu vertreiben, um sich selbst zu bereichern. Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und c) Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1168
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite bei der Abgabe von BG-MUN an … wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) Bezug genommen.
1169
Die objektiven Feststellungen der Kammer beruhen auf den glaubhaften Angaben der Zeugen …, und … sowie auf den verlesenen Urkunden.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1170
Die Zeugen … und … haben den Geschehensablauf, wie festgestellt, übereinstimmend und für die Kammer glaubhaft geschildert. Der Zeuge … hat bestätigt, dass er … eine Veranstaltung des Angeklagten B. empfohlen hatte.
1171
Der Zeuge … berichtete der Kammer, der Zeuge … habe ihm anlässlich eines Kaufs eines technischen Gerätes von einem Produkt erzählt, das angeblich gegen Krebs helfen solle. Der Zeuge … habe ihn angerufen und von einem Vortrag des Angeklagten B. berichtet. Dort sei er aus Eigeninteresse im Februar 2018 hin, weil seine Mutter an Brustkrebs erkrankt gewesen sei. Er habe ihr helfen wollen. Der Vortrag sei in einem Hotel in H. gewesen. Der Angeklagte B. habe in dem Vortrag gesagt, dass das BG-MUN nahezu zu 100 % wirkungsvoll gegen Krebs sei, egal welche Art von Krebs. Dies habe er ganz deutlich gesagt. Das Mittel sorge dafür, dass der Körper sich erinnere, wie er sich selbst regenerieren könne. Das Produkt sei so toll, dass der Angeklagte B. von der „Pharmalobby“ verfolgt werde. Der Vortrag habe ihm Hoffnung gemacht. Deshalb sei er mit seiner Mutter zu einem zweiten Vortrag des Angeklagten B. gefahren. Dort sei es zu einem Gespräch zwischen seiner Mutter, dem Angeklagten B. und ihm selbst gekommen. Es sei darum gegangen, ob das Mittel auch wirklich helfe und wie man den Kauf abwickle. Es habe 3.500,00 € gekostet. Bei diesem Vortrag habe er auch die Angeklagte G. kennengelernt. Seine Mutter habe sich dann entschieden, BG-MUN zu kaufen, und per Überweisung bezahlt. Seine Mutter habe das Mittel dann 12 Wochen lang angewendet und es habe nicht geholfen. Danach habe der Angeklagte B. eine zweite Packung BG-MUN empfohlen und gesagt, seine Mutter solle zur Angeklagten G. gehen, da diese sich damit auskenne. Die Angeklagte G. habe ebenfalls eine zweite Packung angeraten.
1172
Außerdem habe sie weitere Untersuchungen gemacht. Seine Mutter sei nicht geheilt worden. Deshalb habe er den Angeklagten B. angerufen und das bezahlte Geld zurückverlangt. Dies habe der Angeklagte B. dann auch getan.
1173
Die Kammer hat keinen Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen …, weil die Zeugin … in der Hauptverhandlung die nachfolgenden Angaben gemacht hat, die den Bericht des Zeugen … ergänzen und mit diesem in Einklang stehen:
1174
Ihr Sohn habe von dem Zeugen … im Januar 2018 von einem Medikament gehört, das jemand vertreibe, wenn man Krebs habe. Ihr Sohn sei dort dann hingefahren. Im Februar 2018 habe sie dann selbst die Diagnose Mammakarzinom bekommen und deshalb sei sie einmal mitgefahren, um sich das anzuhören. Der Herr B. habe zu ihr gesagt, es funktioniere 100 %-tig. Ohne Einschränkungen. Er sei siegessicher rübergekommen. Das sei das BG-MUN gewesen. Sie habe es dann für 3.500,00 € gekauft. Das sei der Preis für den … gewesen. Ihr Sohn habe es telefonisch bei B. bestellt. Sie habe es ausprobieren wollen, ob es funktioniere. Sie habe das Mittel in die Bauchdecke gespritzt. So habe der B. es ihr gesagt. Es sei wirkungslos gewesen. Kein Erfolg, aber auch keine negativen Wirkungen. Sie habe dem B. dann gesagt, es funktioniere nicht. Da habe er sie an die G. verwiesen. Er habe gesagt, es liege bestimmt an ihrem Blut. Die G. habe aber keine Blutuntersuchung gemacht. Sie habe ein metallfarbenes Teil anfassen müssen und das habe dann Werte ihres Blutes diagnostiziert. Die G. habe ihr eine Liste mit homöopathischen Mitteln gegeben und gesagt, wenn alles eingestellt sei, dann bekomme sie nochmal eine Portion BG-MUN und dann sehe sie sehr gute Chancen. Das sei ihr alles zu viel gewesen. Ihr Sohn habe dann den B. angerufen und ihm gesagt, wenn sie das Geld wiederbekämen, dann sei alles gut, wenn nicht gingen sie alle rechtlichen Schritte. Das Geld sei dann im Sommer 2018 zurücküberwiesen worden.
1175
Der Zeuge … bestätigte gegenüber der Kammer, dass er den Zeugen … an den Angeklagten B. Anfang 2018 vermittelt habe. Er sei bei dem Vortrag in einem Hotel in der Nähe von H. in Hessen gewesen. Der Angeklagte B. habe versprochen, das BG-MUN Krebs heile. Er habe das Mittel entwickelt und es habe bereits ihm und 100 weiteren Menschen geholfen.
1176
Die Kammer ist aufgrund der übereinstimmenden Angaben dieser 3 Zeugen überzeugt, dass der Angeklagte B. den Zeugen … und … 100 %-tige Heilung des Mamakarzinoms der Zeugin … in Aussicht gestellt hat. Beide Zeugen nannten diese explizite Zahl. Ebenso konnte sich der Zeuge … erinnern, dass der Angeklagte B. eine Krebsheilung versprochen hat.
1177
Beide Zeugen … haben der Kammer das gekaufte BG-MUN als kleine Fläschchen mit einer pinken Flüssigkeit beschrieben, aus denen man mit einer Spritze Flüssigkeit entnimmt, um sie sich in den Bauch zu spritzen. Das BG-MUN sei in einem Karton verpackt gewesen. Sie könnten sich nicht erinnern, ob es einen Beipackzettel gegeben habe. Eine andere Verabreichungsform als die Injektion in den Bauch sei ihnen nicht mitgeteilt worden.
1178
Die Kammer schließt eine Beeinflussung der Zeugen durch den SternTV-Beitrag im Mai 2019 aus. Zwar wies der Zeuge … die Kammer darauf hin, dass der „ganze Betrug“ im Fernsehen mit versteckter Kamera aufgeflogen sei, jedoch ist aus dem geschilderten Sachverhalt ersichtlich, dass die Zeugen … bereits deutlich vor Ausstrahlung des Beitrages, nämlich im Sommer 2018, ihr Geld zurückverlangten. Dies taten sie nach ihren übereinstimmenden Angaben deshalb, weil das Mittel nicht gewirkt hatte. Daraus ergibt sich, dass den Zeugen zuvor eine besondere Wirkung versprochen worden sein muss und diese nicht eingetreten ist. Die Zeugen nahmen nämlich gerade die Wirkungslosigkeit zum Anlass, den gesamten Kaufpreis zurückzufordern.
1179
Die Kammer verkennt nicht, dass die Zeugen abweichend voneinander angegeben haben, zu welchem Zeitpunkt … an dem Mammakarzinom erkrankt ist. Nach den Angaben des … lag die Erkrankung bereits bei seinem ersten Besuch des Hotels in H. im Januar 2018 vor, während … angab, sie sei erst im Februar 2018 erkrankt. Die Kammer geht von einer fehlerhaften Erinnerung des … aus. Die Angabe der …, bei der es sich ja um die tatsächlich erkrankte Person handelt, trifft daher zur Überzeugung der Kammer zu.
1180
Die Kammer hat bei der Würdigung der Zeugenaussagen ferner berücksichtigt, dass die Zeugin … angegeben hat, dass sie BG-MUN billiger bekommen habe, um es auszuprobieren, ob es funktioniere. Daraus ist jedoch nicht der Schluss zu ziehen, dass die Zeugin dem Angeklagten B. hinsichtlich der versprochenen Wirkung nicht geglaubt hat und somit keinem Irrtum unterlag. Die Zeugin führte nämlich auch aus, dass … geplant habe, das Mittel zu vertreiben und daher Packungen günstiger bekommen habe. Sie habe dann eine dieser Packungen bekommen, auch wenn beim Angeklagten B. bestellt worden sei. Die weiteren Personen, die bei der Veranstaltung anwesend gewesen seien, hätten der Sache nicht so getraut. Sie selbst habe auf eine Wirkung gehofft und es daher ausprobieren wollen.
1181
Die Angaben der Zeugin werden gestützt durch den verlesenen Verwendungszweck der getätigten Überweisung in Höhe auf 3.500,00 € (vgl. Bl. 100 RS Sonderband Finanzermittlungen …). Dieser lautet „Präparat …“. Der Zeuge … hat die Vermittlung der Zeugen … gegenüber der Kammer bestätigt. Außerdem berichtete er, dass der Angeklagte B. ihm Vermittlungsprovisionen angeboten habe. Er sei bei dem Vortrag gewesen, weil er eine Einnahmequelle habe finden wollen. Dies steht ebenfalls mit den Angaben der Zeugin …
1182
Aus dem Vorstehenden schlussfolgert die Kammer, dass die Zeugin … das BG-MUN nach einer Vermittlung durch … bezogen und den mit diesem vereinbarten günstigeren Preis bezahlt hat. Sie hat aber trotz ihrer Wortwahl, dass sie BG-MUN billiger bekommen habe, um es auszuprobieren, den Ausführungen des Angeklagten B. genügend Glauben geschenkt, um 3.500,00 € in ein ihr zuvor unbekanntes Mittel zu investieren. Dabei war sie nach ihren glaubhaften Angaben von der Hoffnung getrieben, dass das Mittel ihr helfen könnte. Insofern kommt auch zum Tragen, dass der Zeuge … ebenfalls angab, dass der Vortrag des Angeklagten B. in ihm Hoffnung geweckt habe.
1183
Die Feststellungen der Kammer zum zeitlichen Ablauf, insbesondere zur Zahlung und Rückzahlung, beruhen auf den Angaben der Zeugen … sowie auf den verlesenen Kontoauszügen des Angeklagten B. (vgl. Bl. 100 RS Sonderband Finanzermittlungen B. Ulrich) und der verlesenen W...App-Nachricht des Angeklagten B. an die Angeklagte G. vom 20.06.2018 um 18:19:57 (UTC+2) (Bl. 145 Sonderband Asservatenauswertung), in der das Rückzahlungsdatum bestätigt wird. Durch die verlesenen Urkunden konnten die vagen Zeitangaben der Zeugen …, die sich auf Monatszeiträume beschränkt haben, konkretisiert werden.
(2) Wahrheitsgehalt der Aussagen des Angeklagten B.
1184
Die Kammer ist überzeugt, dass das Mittel BG-MUN die gegenüber den Zeugen … ausgelobte Wirkung nicht besaß.
1185
Hinsichtlich der stofflichen Begutachtung von BG-MUN wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1186
Der Sachverständige … hat der Kammer zudem in der Hauptverhandlung dargelegt, dass das Mittel BG-MUN nicht 100 %-tig ohne Einschränkungen ein Mammakarzinom heilt.
1187
Diesbezüglich führte der Sachverständige aus, dass es sich bei Brustkrebs um eine Vielzahl unterschiedlicher Tumore handle, die sich sowohl in der diagnostischen Betrachtung, also histologisch, immunhistochemisch und molekulargenetisch, als auch in der sich daraus ergebenden Therapie erheblich unterschieden. Die immer detailliertere Diagnostik erlaube inzwischen eine zunehmend individualisierte Therapie aus dem sich ständig erweiternden therapeutischen Arsenal. Trotz aller Fortschritte seien Ansprechraten von 100 % illusorisch. Es gebe nichts innerhalb der leitliniengerechten Behandlung von Krebserkrankungen, was den Anspruch auf eine 100 %-ige Wirksamkeit erhebe. Dass ein Produkt wie BG-MUN mit der analysierten Mischung aus zytosolischen Proteinen einer bovinen Zelllinie überhaupt effektiv gegen Brustkrebs sei, sei pathophysiologisch nicht zu erklären. In der nationalen und internationalen Literatur finde sich nichts, was diese Behauptung stützen würde.
1188
Diese Ausführungen macht sich die Kammer nach kritischer Prüfung aufgrund ihrer Plausibilität und Nachvollziehbarkeit vollständig zu Eigen. Es erscheint der Kammer im Hinblick auf die Ausführungen und die Vielzahl der in dem gegenständlichen Verfahren aufgetretenen einzelnen Erkrankungen ausgeschlossen, dass BG-MUN gegen jede einzelne, unabhängig von deren diagnostischer Betrachtung, eine hohe Wirksamkeit entfalten soll. Die Behauptung des Angeklagten B. ist nach dem Dafürhalten der Kammer auch deshalb aus der Luft gegriffen, weil der Angeklagte B. nach den Ausführungen der Zeugen … weder nach der genauen Erkrankung der Zeugin … gefragt hat, noch über das erforderliche Fachwissen verfügt, um ggf. bewerten zu können, ob ein Therapievorschlag für die individuelle Erkrankung einer Person sinnvoll ist. Dies ergibt sich bereits aus den eigenen Angaben des Angeklagten B. zu seinen persönlichen Verhältnissen.
1189
Hinsichtlich der Gewerbsmäßigkeit der Betrugshandlungen zulasten der Zeugin … wird auf die Ausführungen unter C. III. 8. d) (4) inhaltlich Bezug genommen. Diese Ausführungen gelten ebenso für den Verkauf von BG-MUN an die Zeugin …
(4) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1190
Der Angeklagte B. wusste, dass die Anpreisungen über BG-MUN, die er gegenüber … machte, nicht der Wahrheit entsprachen. Dabei kam es ihm gerade darauf an, BG-MUN aufgrund von Irrtümern über die Eigenschaften des Produktes an die schwer an Krebs erkrankte … zu vertreiben, um sich selbst zu bereichern und seinen Lebensunterhalt zu sichern. Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und c) Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1191
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite bei der Abgabe von BG-MUN an …, wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) Bezug genommen.
1192
Die objektiven Feststellungen der Kammer beruhen auf den Angaben der Zeugen …, soweit sie sich als glaubhaft erwiesen, und …, sowie auf den verlesenen Urkunden und Augenscheinsobjekten.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1193
Die Kammer hat den Zeugen …, der sich selbst den Namen „…“ gegeben hat, am 04.08.2021 und am 28.03.2023 zur Sache vernommen. Dabei machte der Zeuge … die nachfolgenden Angaben zum Geschehen:
(a) Angaben des … am 04.08.2021
1194
Er kenne sowohl die Angeklagte G. als auch den Angeklagten B., wobei er den Angeklagten B. öfters und die Angeklagte G. nur einmal getroffen habe. Der Herr B. habe ihm erzählt, dass sich die Frau G. mit der Benutzung des funktionellen Lebensmittels BG-MUN sehr gut auskenne.
1195
Er sei mit zwei Koreanern bei der Angeklagten G. gewesen und habe dort gedolmetscht. Es habe sich bei den beiden Herren um … und … gehandelt. Sie seien dort gewesen, um Informationen zu bekommen, eine Schulung für BG-MUN als funktionelles Lebensmittel. Das BG-MUN diene der Immunverstärkung in diversen Bereichen und der Kosmetik.
1196
Er habe den Angeklagten B. alle 4 bis 5 Monate getroffen, in der Nähe von Frankfurt. Einmal habe man sich auch auf Zypern getroffen. Er habe einem koreanischen Partner helfen wollen, denn der habe den Vertrag abschließen wollen. Es habe sich dabei um die südkoreanische Firma … gehandelt. Bei Herrn …, mit dem er bei der Angeklagten G. gewesen sei, handle es sich um den Präsidenten der Firma. Die Firma sei klein und beschäftige sich mit dem Vertrieb von funktionellen Lebensmitteln, jedoch keinen Arzneimitteln. Letztlich sei dir Firma nur gegründet worden, um BG-MUN zu importieren. Er sei für die Firma als eine Art Handelsvertreter tätig geworden. Das entsprechende Gewerbe habe er auf seine Ehefrau, die Zeugin …, angemeldet. Aber er habe für die Zeugin … gehandelt. Diese kümmere sich um die Verwaltung.
1197
Ein guter Freund von ihm, der … habe ihm den Angeklagten B. vorgestellt. … habe gesagt, es gebe ein funktionelles Lebensmittel, das gut für das Immunsystem sei. Das sei im Herbst 2017 oder Anfang 2018 gewesen. Es sei zu einem Treffen mit dem Angeklagten B. und … in einem Hotel in H. gekommen. Dort habe B. gesagt, es sei ein funktionelles Lebensmittel aus der Wirbelsäule von Tiersäuglingen und enthalte Stoffe, die am besten für das Immunsystem seien. Es sei gut für das Immunsystem, auch gegen diverse Krankheiten, wie Krebs und Parkinson. Der Angeklagte B. habe gesagt, das habe mit den Proteinen zu tun.
1198
Er habe da noch nichts gekauft, sondern das Mittel eine Woche später in Korea dem Herrn … vorgestellt. Er habe vorher Unterlagen von dem Angeklagten B. bekommen und diese übersetzt. Es habe sich um eine Urkunde für das funktionelle Lebensmittel und weitere Erklärungsunterlagen über BG-MUN gehandelt. Darin seien die chemischen Inhaltsstoffe gewesen.
1199
Die Koreaner hätten Interesse bekundet, wenn BG-MUN wirklich „diese Wirkung, dass es gut sei für Krebspatienten,“ habe. Er habe also für … einen Vertrag mit dem Angeklagten B. aushandeln sollen. Es sei auch ein Kaufvertrag abgeschlossen worden auf Wunsch von … in einer Größenordnung um die 300.000,00 € und zwar ca. im März 2018. Die Koreaner seien nach Deutschland gekommen und hätten das BG-MUN abgeholt, aber nur im Wert von 110.000,00 €. Es seien ca. 10 Sets gewesen. Die Koreaner hätten dann den Vertrag nicht richtig eingehalten und nur 110.000,00 € bezahlt. Das Geld sei an ihn und von ihm dann in Teilzahlungen an die … überwiesen worden. Es sei nicht zur vollständigen Bezahlung gekommen, weil die Wirkung von BG-MUN in Korea noch nicht bekannt und bewiesen gewesen sei. Der B. habe Firmen in Panama, Kroatien und Zypern gehabt. Es sei auch zu einer Vertragsänderung gekommen, weil der Angeklagte den Sitz der B. Group von Kroatien nach Zypern gewechselt sei. Er, der Zeuge …, habe von dem Geschäft auch selbst profitieren wollen. Gesehen habe er ebenso wie seine Ehefrau allerdings keinen Cent.
1200
Der Angeklagte B. habe gesagt, man müsse 1,5 ml pro Tag unter die Zunge nehmen. Dafür benutze man eine Spritze. Eine andere Benutzung der Spritze sei ihm nicht bekannt.
1201
Der Angeklagte B. habe gesagt, man könne es auch am Bauch spritzen, wenn der Patient Schwierigkeiten habe, den Mund aufzumachen.
1202
… habe es dann auch eingesetzt an Patienten der Krebsstufe 4 und 5, aber es habe überhaupt keine Wirkung gegeben. Sie hätten aber nur solche Patienten genommen, da es an anderen nicht erlaubt gewesen sei. Es seien auch Patienten gestorben. Dabei habe der Angeklagte B. aber nicht gesagt, dass es auf jeden Fall wirke, sondern, dass es Verbesserungen gebe. Studien oder Universitätsberichte hätte er nie erhalten. B. habe im Telefonat im Juni 2019 gesagt, er sei der erste gewesen, der durch BG-MUN definitiv seinen Krebs verloren habe.
1203
Er selbst sei immer skeptisch gewesen im Hinblick auf die Behauptungen des Angeklagten B.. Er habe nie richtig daran geglaubt. Trotz Tests an mehreren Personen in Korea sei keine Wirkung erzielt worden. Es seien auch 3 Patienten nach der Behandlung gestorben. Der Angeklagte B. habe dann gesagt, das liege an der falschen Anwendung. Deshalb sollten sie zur Angeklagten G. gehen, die sei eine Spezialistin.
1204
Zu einer Zulassung durch die … in Korea sei es nicht gekommen, da vorher alles gestoppt worden sei. Es habe den sternTV-Bericht gegeben und alles sei beendet worden.
(b) Angaben des … am 28.03.2023
1205
Er sage die Wahrheit. Seine Frau sei letztes Jahr an Krebs verstorben. Sie habe so viel BG-MUN genommen, sei aber trotzdem verstorben.
1206
Sein Bekannter … habe ihm den Angeklagten B. vorgestellt. Der Angeklagte B. habe das BG-MUN „für Krebsheilung“ gehabt. Es wirke wunderbar. Er habe ihn ein paar Mal getroffen und der Angeklagte B. habe ihm „Beweispapiere“ gegeben. Der Angeklagte B. habe gesagt, er habe ein hervorragendes Mittel entwickelt. Er habe selbst Krebs gehabt und sich damit geheilt. Der Angeklagte B. habe ihm mehrere Patente und Stellungnahmen übergeben, von Leuten, die geheilt worden seien. Er habe alles ins Koreanische übersetzt und an seinen Partner in Korea weitergeleitet. Die Unterlagen hätten sie sehr überzeugt. Der koreanische Partner habe dann ein Interesse gehabt, ein Geschäft mit dem Angeklagten B. zu machen. Sie hätten es in Korea als Krebsmittel vertreiben wollen. Der Schwerpunkt sei ein Nahrungsmittel gegen Krebs gewesen. Der Angeklagte B. habe gedacht, wenn man das BG-MUN nehme oder spritze, dann gebe es 5 Jahre keinen Krebs. Es könne Krebs vorbeugen. Seine Frau (Anmerkung der Kammer: die Zeugin … sei sehr krank gewesen. Er habe ihr BG-MUN in den Bauch und auf die Zunge gegeben, 2 Packungen. Aber letztes Jahr sei sie an Krebs verstorben.
1207
Der koreanische Partner habe Proben mitgenommen nach Korea. 8 bis 9 Personen seien aber verstorben. Er habe dem Angeklagten B. dann gefragt, warum das BG-MUN nicht funktioniere. Es wirke nicht. Der Angeklagte B. habe dann gesagt, „ihr habt es falsch eingesetzt“. Sie bräuchten einen Spezialisten zum Lernen und dann habe er ihnen die Angeklagte G. vorgestellt.
1208
Er und seine Frau hätten das Geld von der … an den Angeklagten weitergeleitet. Nach dem sternTV-Bericht habe man Abstand von dem Geschäft genommen. Danach habe der koreanische Partner mit dem Angeklagten B. einen neuen Vertrag über ein Produkt in Tablettenform abgeschlossen. Auf diesen Vertrag sei dann das bereits an den Angeklagten B. gezahlte Geld vollständig angerechnet worden. Das sei etwa im August oder September 2019 gewesen.
(c) Glaubhaftigkeit der Angaben des …
1209
Die Kammer hat die Angaben des Zeugen … anhand der objektiven Beweismittel überprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Angaben des Zeugen in seiner ersten Vernehmung vom 04.08.2021 in wesentlichen Teilen nicht der Wahrheit entsprechen und unglaubhaft sind. Vielmehr entsprechen die Angaben des Zeugen vom 28.03.2023 dem tatsächlichen Geschehen.
1210
Insofern ist zunächst festzustellen, dass die Angaben des Zeugen … sich in seinen beiden gerichtlichen Vernehmungen diametral widersprechen im Hinblick auf das, was der Angeklagte B. dem Zeugen … über BG-MUN gesagt haben soll. Hieß es bei der ersten Vernehmung noch, dass der Angeklagte B. lediglich gesagt habe, es habe sich bei BG-MUN um ein funktionelles Lebensmittel gehandelt, das das Immunsystem stärke und auch bei Krebs eingesetzt werde, behauptete der Zeuge … bei seiner zweiten Einvernahme, der Angeklagte B. habe gesagt, bei BG-MUN handle es sich um ein Krebsheilmittel. Dass er von dem Angeklagten B. Stellungnahmen von Patienten über die Heilung mit BG-MUN bekommen haben will, verschwieg der Zeuge … bei seiner ersten Vernehmung, obwohl er explizit nach übergebenen Unterlagen gefragt worden ist.
1211
Ebenso beharrte der Zeuge bei seiner ersten Einvernahme darauf, dass BG-MUN bis auf krankheitsbedingte Ausnahmen nur oral verabreicht werde und ein Lebensmittel sei, während er bei seiner zweiten Einvernahme die Einnahmeform der Injektion schilderte.
1212
Die Kammer ist aufgrund der weiteren Beweismittel sicher, dass die Angaben des Zeugen … vom 28.03.2022 dem tatsächlichen Geschehen entsprechen.
i. Kennenlernen des Zeugen … und des Angeklagten B.
1213
Die Angaben des Zeugen … dahingehend, wie er den Angeklagten B. kennengelernt hat, stimmten bei beiden Vernehmungen überein. Auch der Zeuge … teilte der Kammer mit, dass er Interessenten aus seinem Bekanntenkreis an den Angeklagten B. vermittelt habe. Das sei alles im gleichen Zeitraum passiert, nämlich im Jahr 2018. Aus diesem Grund hält die Kammer die Angaben des Zeuge …, die durch die Angaben des Zeugen … bestätigt werden, insoweit für glaubhaft.
ii. Stattfinden eines Vortrags in H.
1214
Die Angaben des Zeugen … hinsichtlich des Stattfindens eines Vortrags des Angeklagten B. über BG-MUN in einem Hotel in H. im Jahr 2018 entsprechen nach Überzeugung der Kammer ebenfalls der Wahrheit. Auch diese Angaben hat der Zeuge … bei beiden Einvernahmen übereinstimmend geschildert. Zudem berichtete auch der Zeuge … der Kammer von einem Vortrag in einem Hotel in H..
iii. Inhalt des Vortrags in H.
1215
Wie bereits dargelegt, erachtet die Kammer die Angaben des Zeugen … vom 04.08.2021 hinsichtlich des Inhalts des Vortrages des Angeklagten B. für widerlegt und damit unglaubhaft. Tatsächlich hat der Angeklagte B., wie es der Zeuge … am 28.03.2023 angegeben hat, behauptet, dass BG-MUN ein hochwirksames Krebsheilmittel sei, das man injizieren müsse.
1216
Die Kammer erachtet die Angaben des Zeugen … vom 04.08.2021 als widerlegt und legt ihren Feststellungen zum Inhalt des Vortrages die Angaben vom 28.03.2023 zugrunde, weil dies mit der objektiven Beweislage und den weiteren Angaben der Zeugen übereinstimmt.
1217
Zunächst übergab der Zeuge … der Kammer anlässlich seiner zweiten Einvernahme die von ihm zunächst vorenthaltenen Behandlungsberichte von Patienten (vgl. Anlage VIII zum Protokoll vom 28.03.2023), die die Kammer verlesen hat. Diese beinhalten auch Behauptungen von Heilungen von Krebserkrankungen durch BG-MUN, auch wenn es sich nicht um dieselben Erfahrungsberichte handelt, die etwa an die Zeugen … ausgehändigt wurden (vgl. C. III. 9. b)). Diese Berichte lagen der Firma … jedoch ebenfalls vor, weil sie in deren Powerpoint-Präsentation über BG-MUN, die die Kammer verlesen hat, verwendet worden sind (vgl. zu den Einzelheiten C. III. c) (3) (b)).
1218
Die Kammer ist sicher, dass auch die vom Zeugen … übergebenen Berichte vom Angeklagten B. stammen, auch wenn dieser dies während der Einvernahme des Zeugen … lautstark bestritten hat. Insofern wird auch die Ausführungen unter C. III. 3. c) (3) Bezug genommen.
1219
Außerdem berichtete der Zeuge … der Kammer übereinstimmend mit den Angaben des Zeugen … vom 28.03.2023, dass der Angeklagte B. bei seinem Vortrag über das Thema „BG-MUN Krebsheilung“ gesprochen habe. Er habe behauptet, dass es ihm und weiteren 100 Menschen geholfen habe. Es sei explizit um Heilungschancen gegangen.
1220
Auch die Ehefrau des Zeugen … die Zeugin … berichtete der Kammer, dass sie zwar bei dem Geschäft nicht dabei gewesen sei, aber „gehört habe“, dass das Mittel gegen Krebs helfen solle.
1221
Ebenso belegt das weitere Verhalten des Zeugen … nach Abschluss des Vertrages, dass er offensichtlich von einer krebsheilenden Wirkung von BG-MUN ausging, bzw. erwartete, dass eine solche eintrat.
1222
So schrieb er der Angeklagten G. am 30.10.2018 um 17:59:30 (UTC+1) Uhr folgende W...App-Nachricht, die die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 31 Sonderband Asservatenauswertung):
Ich danke Ihnen für Ihr Angebot.
Als sie Zyprus gewesen waren, war die Verbindung sehr schlecht gewesen.
Ich habe ein paar Fragen an Sie.
Ich bitte Sie höflichst nach Ihrer echten Erfahrung Antwort zu geben.
1. Mit BG-MUN haben Sie ca wieviele Krebs-Patienten im den letzten 3 Jahren geheilt?
Bitte können Sie Erfolgsquote informieren.
Z.b. 100 (Packungen) Einsatz davon ca. 20 % erfolgreich
(Offen gesagt, wir sind damit sehr zufrieden falls sie 50 % heilen würden)
2. Die meisten Patienten, die Sie behandelt haben, waren die letzte Stadion (Phase)?
3. Ausser Krebs haben sie welches Krankheiten behandelt
4. Haben Sie bei der Behandlung Bg-Mun (als Haupt Produkt oder Neben Produkt) immer benutzt?
5. Haben Sie schriftliche Dokumentation, dass sie bei der Behandlungen von Krebspatienten protokolliert haben.
Sehr geehrte Frau G., wir arbeiten in vollen Vertrauen auf Herrn B..
Aber leider haben wir nur wenig Erfolg gehabt.
Es geht hier um ein Leben.
Wenn Sie auf meine Fragen erst beantworten würden, bin ich sehr dankbar.
1223
Aus dieser Nachricht aus dem Oktober 2018 ergibt sich unzweifelhaft, dass der Zeuge … und sein Partner in Korea davon ausgingen, dass sie bei der Anwendung von BG-MUN bei Krebspatienten Erfolge haben würden. Wie der Zeuge … der Angeklagten G. mitteilte, blieben diese jedoch aus, was offensichtlich zu einer derart detaillierten Nachfrage führte. Dabei erwähnt der Zeuge … mehrfach das Wort „Heilung“, und zwar explizit „mit BG-MUN“. Auch im weiteren Chatverlauf mit der Angeklagten G. geht es weiter um Heilung von Krebs mit BG-MUN. Am 11.04.2019 fragte der Zeuge … erneut nach, wie viele Patienten die Angeklagte G. mit BG-MUN geheilt habe und teilte ihr mit, dass in Korea 7 von 11 Patienten gestorben seien (vgl. Bl. 34 Sonderband Asservatenauswertung).
1224
Am 25.04.2019 fragte der Zeuge … die Angeklagte G., ob diese einen koreanischen Krebspatienten behandeln könne, dieser habe schon 3 Packungen BG-MUN genommen, aber seine Krebszellen hätten sich nur noch weiter vergrößert (vgl. Bl. 36 Sonderband Asservatenauswertung).
1225
So wie der Zeuge … versuchte, bei der Angeklagten G. weitere Informationen zu BG-MUN erlangen, kontaktierte er auch mehrfach den Angeklagten B. per E-Mail.
1226
Auch aus diesen verlesenen Nachrichten ergibt sich, dass der Zeuge … eine Erwartungshaltung an BG-MUN hatte, die auf der Annahme basierte, dass es sich bei dem Produkt um ein hochwirksames Krebsmittel handelte.
1227
So teilte der Zeuge dem Angeklagten B. per E-Mail am 27.06.2019 mit, dass das Ergebnis der Tests mit BG-MUN „Null!!!!“ gewesen sei. In einer weiteren E-Mail vom selben Tag forderte er den Angeklagten B. auf, zu beweisen, ob BG-MUN wirklich funktioniere. Ebenso teilte er in einer weiteren E-Mail vom selben Tag mit, dass „was Herr … von dir BG-MUN benommen [sic!] hat, möchte er als Müll wegwerfen, weil es nicht funktioniert und viel mehr damit seine Firma gefährdet wird.“ In einer E-Mail vom 27.06.2019 um 17:07:27 Uhr hielt der Zeuge N1. dem Angeklagten B. explizit dessen Behauptung vor und bezichtigte ihn der Lüge:
„Weil BG-MUN überhaupt nicht gewirkt hat, möchte Korea nicht mehr bestellen, sondern Geld zurück bekommen. Bis zu 90 % Heilung! Das ist ein Lügen“ (vgl. Bl. 123 TÜ-Akte)
1228
Darüber hinaus hat der Angeklagte B. gegenüber dem Zeugen … seine Behauptungen auch mehrfach wiederholt, wie sich aus den im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung abgehörten Telefongesprächen zwischen dem Angeklagten B. und dem Zeugen … ergibt, wie der Kammer der Zeuge … berichtet hat. Die Gespräche wurden dabei zweifelsfrei zwischen dem Angeklagten B. und dem Zeugen … geführt, da dieser bestätigte, dass ausschließlich er mit dem Angeklagten B. telefoniert habe und zu keinem Zeitpunkt sein Sohn.
1229
In einem Gespräch vom 07.06.2019 um 12:48:28 sprachen der Zeuge … und der Angeklagte B. ausdrücklich über Heilung durch BG-MUN (Gesprächs-ID 212666921, Bl. 332 bis 338 d. TÜ-Akte):
Zeuge …: „Also so ich hab jetzt wirklich eine Frage. Du sollst einfach hören dann anwtorten…“
Angeklagter B.: „Ich beantworte dir immer ernsthaft.“
Zeuge …: „Ja. [nicht verständlich] funktioniert wirklich BG-MUN?
Angeklagter B.: „Also jetzt eines. Das BG-MUN funktioniert seit vielen Jahren. Ich war der allererste, der mit diesem Produkt definitiv seinen Krebs verloren hat.“
Angeklagter B.: „Definitiv. Daraufhin habe ich vielen Leuten helfen können..“ […]
1230
In einem weiteren Gespräch vom 17.06.2019 um 20:19:03 Uhr (Gesprächs-ID 214160879, Bl. 357 bis 361 d. TÜ-Akte) behauptete der Angeklagte B. gegenüber dem Zeugen … dass er bereits über 2.000 Leute behandelt habe, die Verbesserungen gezeigt hätten oder geheilt worden seien. Der russische Präsident … sei am Einkauf von „Unmengen“ für die „rote Armee“ interessiert. Ägypten kaufe 10.000 Stück pro Monat. Außerdem habe er Angebote von der Pharmaindustrie …. Er sei jeden Tag mit Leuten mit erfolgreichen Erfahrungen zusammen und ein grundehrlicher Mann. Auch die Angeklagte G. habe schon mehrere hundert Menschen beliefert. Die Frau in dem Bericht von RTL, „die … irgendwas“ sei behandelt und geheilt worden. Die Berichte von RTL seien lediglich gekauft.
1231
Aufgrund der vorstehenden Tatsachen gelangt die Kammer nach der Gesamtwürdigung zu der sicheren Überzeugung, dass die Angaben des Zeugen … zum Inhalt des Vortrages des Angeklagten B. bei seiner ersten Vernehmung unglaubhaft sind.
iv. Vertragsverhandlungen und Vertragsabschluss
1232
Die Feststellungen der Kammer zu den Vertragsverhandlungen und zum Vertragsabschluss beruhen auf den Angaben des Zeugen …, soweit sich diese durch die nachfolgenden objektiven Beweismittel als zutreffend erwiesen.
1233
Bereits in der verlesenen E-Mail des Angeklagten B. an den Zeugen … vom 22.03.2018, teilte der Angeklagte B. dem Zeugen … die Vertragsbedingungen für die Exklusivhändlerschaft von BG-MUN in Südkorea mit. Der Einkaufspreis sollte demnach 350,00 € netto betragen. Ferner solle noch ein persönlicher Vertrag zwischen den Parteien geschlossen werden (vgl. Bl. 394 Fallakte I).
1234
Aus dieser E-Mail schließt die Kammer, dass der Vortrag des Angeklagten B. in H. sowie die vom Zeugen … geschilderten Vertragsverhandlungen vor dem 22.03.2018 stattgefunden haben müssen, ohne dass der Zeitpunkt noch näher eingegrenzt werden könnte. Außerdem ergibt sich, dass sich die Vertragsparteien …. und der Angeklagte B. bereits geeinigt haben. Direkte Kommunikation zwischen dem Geschäftsführer der … dem … und dem Angeklagten B. hat dabei zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Dies passierte ausschließlich, wie der Zeuge … angab, durch dessen Vermittlung.
1235
In der Folge kam es zu dem vom Zeugen … beschriebenen „Exklusivliefervertrag“, den die Kammer ebenfalls verlesen hat. Dabei ließ sich die Firma … durch die Zeugin … vertreten. Diese hat jedoch, wie sie und der Zeuge … übereinstimmend angaben, keinerlei Rolle gespielt, sondern lediglich den Vertrag unterzeichnet. Tatsächlich vertreten wurde die … durch den Zeugen ….
1236
Die Unterschriften wurden am 30.04.2018 bzw. 02.05.2018 geleistet. Bei dem Exklusivliefervertrag handelt es sich ohne Zweifel um einen Rahmenvertrag, auf dessen Grundlage dann fortlaufend mindestens 1.000 Packungen BG-MUN, das im Übrigen nicht als BG-MUN „Cytosolfraktion“ bezeichnet wird, pro Monat durch die … bezogen werden sollten. Als „Vertragsbedingung“ wurde zudem vereinbart, dass … „sich zu Beginn der Zusammenarbeit“ verpflichtet „1.000 Packungen à 10 Einzelampullen à 3 ml zu je 3.500,- € abzunehmen“. Dabei wurde ein Zahlungsziel in 3 Schritten für die Gesamtsumme von 3.500.000,00 € vereinbart. Als Zielkonto wurde ein Konto der … Sparkasse mit der IBAN … angegeben, das die Kammer aufgrund der verlesenen BaFin-Auskünfte weder dem Angeklagten B. noch den Einziehungsbeteiligten oder der Angeklagten G. zuordnen konnte. Allerdings lässt sich das Konto der Zeugin … zuordnen, deren Kontoauszug der … Sparkasse vom 28.09.2019 für das Konto mit der IBAN … die Kammer ebenfalls verlesen hat (vgl. Bl. 384 bis 390 Fallakte I). Über die Zahlungsströme auf diesem Konto verfügte nach den Angaben der Zeugin … allein der Zeuge …, der ebenfalls bestätigte, seine Ehefrau lediglich als Strohmann eingesetzt zu haben.
1237
Wie der Zeuge … angegeben hat, wurde der Exklusivliefervertrag aufgrund einer neuen Firma des Angeklagten B. mit Unterschriftsleistungen der Beteiligten vom 12.06.2018, 13.06.2018 und 16.06.2018 abgeändert (vgl. Bl. 405 Fallakte I). Dabei wurden auch die Zahlungsbedingungen abgeändert. Aufgrund des Liefervertrages wurde der Firma … mit Rechnung vom 09.07.2018 900 Ampullen BG-MUN zu einem Ampullenpreis von 388,89 € also für insgesamt 350.000,00 € in Rechnung gestellt. Dabei wurde nunmehr abweichend vom Liefervertrag das Konto des Angeklagten B. bei der … Bank mit der IBAN … angegeben (vgl. Bl. 380 Fallakte I).
v. Zahlungen der … aufgrund des Exklusivliefervertrages
1238
Die Feststellungen zu den tatsächlich geflossenen Zahlungen beruhen auf den Angaben des Zeugen … und der Zeugin …, die diesbezüglich mit den verlesenen Urkunden in Einklang stehen.
1239
Die Kammer hat diesbezüglich die Kontoauszüge der Zeugin … sowie die Kontoauszüge des Angeklagten B. verlesen. Auf dem Konto der Zeugin … bei der … Sparkasse gingen zwischen 29.05.2018 und 12.09.2018 insgesamt 115.000,00 € von der Firma … ein. Davon leitete der Zeuge …, der, wie bereits ausgeführt, alleine über das Konto seiner Ehefrau verfügen konnte, insgesamt 112.000,00 € an den Angeklagten B. weiter. Insofern bleibt festzustellen, dass der Zeuge …, abweichend von seinen Behauptungen in der Hauptverhandlung, 3.000,00 € Vergütung von … einbehielt oder entgegen der Absprache im Innenverhältnis nicht weiterleitete.
1240
Die Kammer verkennt dabei nicht, dass der Zeuge … am 14.09.2018 20.000,00 € an den Angeklagten B. weiterleitete, wobei der Verwendungszweck abweichend von den übrigen Überweisungen, „Licencse Fee Arcording to contract on 06.07.2018“ lautete. Es besteht jedoch kein Anhaltspunkt dafür, dass es sich um eine Zahlung handelt, die sich nicht aus dem Rahmenvertrag ergeben hat. Insofern ist festzuhalten, dass der Angeklagte B. und die Firma … mit Vertrag vom 28.09.2018 – und damit nach Zahlung der vorgenannten Überweisung – eine weitere Vereinbarung schlossen, die auch eine Lizenzgebühr zum Gegenstand hat (vgl. Bl. ~ 25 f. Sonderband „Übersetzungen“). Allerdings sieht auch dieser Vertrag im Austausch für die Zahlung der „Lizenzgebühr“ die Lieferung von BG-MUN vor, die aufgrund des unverändert weiterbestehenden Rahmenvertrags aus diesem stammen muss. Insofern sieht die Vereinbarung vom 28.09.2018 auch eine Verrechnung vor. Aus diesem Grund ist zur Überzeugung der Kammer auch die Zahlung vom 14.09.2018 als durch den Liefervertrag verursacht und auf diesen bezahlt anzusehen.
1241
Aus den Kontoauszügen des Angeklagten B. ergaben sich zudem weitere direkte Zahlungen der …. an den Angeklagten B. in Höhe von 50.000,00 €, ohne dass jeweils ein Verwendungszweck angegeben wurde. Die Zahlungen erfolgten am 17.09.2018, am 08.10.2018 und am 01.11.2018. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Zahlungen der … für etwas anderes als den Vertrag über BG-MUN hätten erbracht werden sollen. Nach den Angaben des Zeugen …, hatte die …. zwar auch mal den … Tee des Angeklagten B. bestellt, jedoch in geringen Mengen. Einen anderen Vertrag als den zuvor aufgezeichneten Exklusivliefervertrag, der eine derart hohe Zahlung im Herbst 2018 rechtfertigen könnte, gab es zwischen den Parteien nicht.
vi. Übergabe von BG-MUN an Vertreter der …
1242
Die Angaben des Zeugen … zur Übergabe von BG-MUN an Vertreter der … sind glaubhaft. Das weitere Geschehen, insbesondere die Beschwerden der … über die Wirksamkeit von BG-MUN sind nur plausibel damit zu erklären, dass sie BG-MUN bezogen und in Korea tatsächlich eingesetzt haben.
vii. Rückabwicklung des Exklusivliefervertrags
1243
Die Feststellungen zur Rückabwicklung des Exklusivliefervertrages beruhen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Zeugen, die durch objektive Beweismittel bestätigt werden. Insbesondere aus den verlesenen E-Mails ergibt sich, wie bereits ausgeführt, dass der Zeuge … für die … eine Rückabwicklung des Vertrages initiieren wollte.
1244
Die Kammer konnte aufgrund der Angaben des Zeugen … nicht ausschließen, dass der Folgevertrag, auf den die bereits für BG-MUN gezahlten Beträge verrechnet worden sind, rechtmäßig war. Insofern hat die Kammer zugunsten des Angeklagten B. festgestellt, dass die Verrechnung auf einen ohne Täuschung abgeschlossenen Vertrag erfolgt ist und der Schaden daher vollständig wiedergutgemacht worden ist.
(2) Vorstellungsbild des Zeugen …
1245
Die Kammer ist überzeugt, dass der Zeuge … den Behauptungen des Angeklagten B. Glauben schenkte. Der Zeuge … behauptete bei seiner Vernehmung am 04.08.2021, insbesondere bei Vorhalt der zuvor genannten Gesprächsinhalte, er habe, selbst wenn der Angeklagte B. das so gesagt habe, nie fest daran geglaubt, sondern sei immer skeptisch gewesen. Er führte jedoch weiter aus, dass es trotz mehrmaligen Tests in Korea keine Wirkung gegeben habe.
1246
Am 28.03.2023 behauptete er hingegen, er habe versucht, seiner an Krebs erkrankten Frau mit der Einnahme von BG-MUN zu helfen. Die vom Angeklagten B. übergebenen Behandlungsberichte hätten ihn und seinen koreanischen Partner überzeugt.
1247
Zur Überzeugung der Kammer treffen die letztgenannten Angaben zu. Auch dies ergibt sich aus den bereits unter III. 8. f. (1) (c) ii. aufgeführten Gesprächen und Nachrichten. Insbesondere brachte der Zeuge … in diesen Gesprächen zum Ausdruck, dass er auf die Angaben des Angeklagten B. vertraut hatte und diese nunmehr, nachdem in Korea keinerlei Erfolge festgestellt werden konnten, für eine Lüge hielt.
(3) Vorstellungsbild des …
1248
Auch der Geschäftsführer der … schenkte den Angaben des Angeklagten B., die ihm durch den Zeugen … geschildert worden sind, zur Überzeugung der Kammer Glauben.
1249
Dies ergibt sich für die Kammer aus der Gesamtschau folgender Umstände:
1250
Der Zeuge … berichtete, dass der koreanische Partner aufgrund der vom Angeklagten B. übergebenen und vom Zeugen … übersetzten Behandlungsberichte von BG-MUN überzeugt gewesen sei.
1251
Die Kammer hat dabei ausgeschlossen, dass es durch den Zeugen … zu einem Übersetzungsfehler bei den Unterlagen kam. Zum einen ist die Kammer überzeugt, dass der Angeklagte B. tatsächlich Heilungen behauptete. Zum anderen hat die Kammer eine von der Firma … erstellte Powerpoint-Präsentation verlesen und in Augenschein genommen, die diese nach den Angaben des Zeugen … in Englisch verfasst haben, um BG-MUN in Korea zu vertreiben. Auf dieser Präsentation befindet sich auch das Logo der …, was die Angaben des Zeugen … bestätigt.
1252
In der in deutscher Übersetzung verlesenen Präsentation der … befindet sich auch eine Tabelle mit angeblich mit BG-MUN behandelten Personen. Diese Tabelle hat den im Wesentlichen selben Inhalt wie die vom Angeklagten B. ausgegebenen Behandlungsberichte über BG-MUN. Insbesondere befindet sich auch der Angeklagte B. selbst wiederum auch auf der Präsentation der … und zwar auch an achter Stelle, genauso wie im Ausgangsdokument. Für die Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. c) (3) Bezug genommen. Aus der verlesenen Präsentation ergibt sich eindeutig, dass die Informationen, so wie vom Angeklagten B. gegenüber dem Zeugen … behauptet, an … weitergegeben worden sind (vgl. Bl ≈ 26-37 Sonderband Übersetzungen).
1253
Ebenso spricht der Umstand, dass der Zeuge … dem Angeklagten B., wie bereits ausgeführt, mitteilte, der … wolle BG-MUN als Müll wegschmeißen, weil es nicht funktioniere für die Feststellung der Kammer. Auch die Tatsache, dass der Vertrag letztlich rückabgewickelt wurde, spricht dafür, dass … zunächst von einer hohen Wirksamkeit des BG-MUN überzeugt war und nur deshalb den beschriebenen Vertrag mit dem Angeklagten B. abschloss.
(4) Wahrheitsgehalt der Aussagen des Angeklagten B.
1254
Die Kammer ist überzeugt, dass die Behauptung des Angeklagten B. gegenüber dem Zeugen …, die dieser dann an den … weitergab, dass BG-MUN Krebs heile, nicht der Wahrheit entspricht.
1255
Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1256
Der Angeklagte B. handelte auch bei dem Verkauf an die … gewerbsmäßig.
1257
Es handelte sich um einen Verkauf der …. Da die … kein anderes nennenswertes Geschäft verfolgte, als BG-MUN in großen Stil zu vertreiben (vgl. C. III. 3. c) (1), handelte der Angeklagte B. beim Verkauf von BG-MUN an … gewerbsmäßig. Darüber hinaus handelte es sich um den Abschluss eines Rahmenvertrages, mit dem eine langfristige Geschäftsbeziehung und fortlaufende Lieferung von BG-MUN begründet werden sollte.
(6) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1258
Der Angeklagte B. wusste, dass die Anpreisungen über BG-MUN, die er gegenüber dem Zeugen … machte, nicht der Wahrheit entsprachen. Dabei kam es ihm gerade darauf an, BG-MUN aufgrund von Irrtümern über die Eigenschaften des Produktes an die … zu vertreiben, um sich selbst zu bereichern und seinen Lebensunterhalt zu sichern. Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und c) Bezug genommen.
1259
Dabei war dem Angeklagten B. ebenfalls bewusst, dass der Zeuge … als Vermittler für Korea handelte und daher die Informationen an den Geschäftsführer der … weitergeben würde. Bei der Täuschung des Zeugen … beabsichtigte der Angeklagte B. daher, dessen Irrtum über die Eigenschaften von BG-MUN auszunutzen und ihn dazu zu benutzen, seine Partner in Korea ebenfalls über BG-MUN zu täuschen und diese zu einem Vertragsabschluss zu bewegen.
1260
Dies schließt die Kammer aus den objektiven Umständen. Der Angeklagte B. wusste genau, dass sein eigentlicher Vertragspartner die …, vertreten durch … sein würde. Dies ergibt sich bereits aus dem geschlossenen Vertrag, in dem der Vertragspartner ausdrücklich und korrekt bezeichnet wird (vgl. Bl. 401 bis 402 Fallakte I).
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1261
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite bei der Abgabe von BG-MUN an die Vertreter der … wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) Bezug genommen.
9. Einzelfälle nach Übernahme des „Exklusivvertriebs“ durch die Angeklagte G.
1262
Die Kammer konnte … nicht mehr selbst einvernehmen, da diese bereits im Jahr 2019 verstorben ist. Dennoch ist die Kammer aufgrund der übrigen Beweismittel nach der Gesamtwürdigung zweifellos überzeugt, dass sich der Sachverhalt so, wie unter B. III. 1. festgestellt, zugetragen hat.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1263
Die Feststellungen zum objektiven Geschehensablauf beruhen auf den glaubhaften Angaben der Zeugen … und …. Die Angaben der Zeugen stehen im Einklang mit den verlesenen Urkunden und den Augenscheinsobjekten.
(a) Rohmaterial des SternTV-Interviews mit …
1264
Die Kammer konnte zwar … nicht mehr persönlich einvernehmen, hat sich jedoch durch die Inaugenscheinnahme des Rohmaterials des Interviews von SternTV mit … ein eigenes Bild von ihrer Sachverhaltsschilderung gemacht (vgl. Beweismittelordner Interview … SternTV).
1265
Das Interview wurde durch die Zeugin … geführt, die sich bei ihrer Einvernahme durch die Kammer auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO berufen hat.
1266
Die Kammer hat im nachfolgenden die Passagen des dargestellten Gesprächs, die später durch sternTV in die in Augenschein genommenen Fernsehberichte aufgenommen wurden, durch Fettdruck hervorgehoben, um Wiederholungen zu vermeiden. Eine Wertung ist mit dem Fettdruck nicht verbunden.
1267
… erzählt … zunächst von ihrer Speiseröhrenkrebsdiagnose mit Metastasen in Leber und Lunge im September 2017 und davon, dass ihr damals nur eine kurze Überlebenszeit in Aussicht gestellt worden sei. Die Ärzte hätten ihr einen Seelsorger angeraten. Auf einmal so eine Diagnose zu bekommen, das sei wirklich erschütternd gewesen. Das könne man gar nicht begreifen erst. Sie habe sich in Behandlung ins … Hospital begeben wegen des dort tätigen …. Sie sei mit einer Chemotherapie behandelt worden. Diesbezüglich sei sie sehr unsicher gewesen. Sie habe nach Alternativen geguckt und sich erkundigt, weil sie nicht gewusst habe, ob die Chemotherapie wirklich ihr Weg sei. Diesbezüglich habe sie viel gelesen und sich auch im Internet, insbesondere bei Facebook ausgetauscht. Man wolle einfach Meinungen und Ratschläge hören. Man greife nach jedem Strohhalm. Die ganze Situation sei seelisch eine starke Belastung. Sie habe dann bei Facebook einen Beitrag in einer Facebookgruppe gepostet. Daraufhin habe sie jemand angeschrieben und so habe sie Kontakt bekommen zu diesem ganzen Thema mit BG-MUN. Derjenige habe sie kontaktiert und gesagt, er komme aus Heidelberg und sein Bruder habe einen Gehirntumor. Er habe ein „ganz, ganz tolles Mittel“ entdeckt und seinem Bruder ginge es super und er wolle ihr gerne mal unverbindlich die Unterlagen zuschicken. Sie habe gesagt, ja warum nicht, das könne ja nicht schaden. Sie habe sich die übersandten Unterlagen angesehen und das habe sich interessant angehört. Aber nur allein aufgrund der Unterlagen hätte sie das nicht gemacht. Sie habe sich dann aber leider nicht selbst darüber informiert. Sie habe sich zunächst gar nicht weiter damit beschäftigt. Dann habe sie der Mann aus Heidelberg zwei oder drei Wochen später angerufen und gesagt, dass es seinem Bruder so toll gehe, seitdem er das BG-MUN nehme. Es sei alles super und er stehe kurz vor der Heilung. Er organisiere eine Gartenparty. Ob sie nicht Lust habe nach Heidelberg zu kommen. Der Hersteller des BG-MUN komme auch und auch eine Heilpraktikerin. Sie wisse nicht wieso, aber ihr Bauchgefühl habe ihr gesagt, sie solle dahinfahren und sie habe diese Menschen kennenlernen wollen. Sie habe sich gefreut. Das habe sich alles so toll angehört. Aber als Krebspatient wolle man natürlich das Positive hören. … … fragt …, was sie dann vor Ort erlebt habe…. schildert daraufhin in freier Rede folgendes: Es sei sehr nett gewesen. Es sei gegrillt worden. Der Mann sei gekommen und habe ihr gesagt, der Hersteller des BG-MUN wolle sie jetzt gerne kennenlernen. Sie sei dann separat in einen Teilbereich des Gartens gegangen und da sei dann der Herr ganz alleine in einem Gartenpavillon gewesen. Sie seien nur zu zweit gewesen. Sie habe ihn sich ganz anders vorgestellt. Er sei jemand mit einem langen Pferdeschwanz und „so ein bisschen freaky Typ“. Er habe ihr „absolut in den Mund“ gesprochen. Er habe ganz klar gesagt, er halte nichts von Chemotherapie, Heilungschancen bei Chemotherapie lägen bei 2 Prozent. Wenn Ärzte zum Beispiel, wenn deren Ehefrau krank wären mit Krebs, dann kämen sie zu ihm und bestellten auch das BG-MUN bei ihm. Die verabreichten ihren Frauen auch keine Chemotherapie. Das sei genau das gewesen, was sie habe hören wollen. Jemand, der einem das so schmackhaft mache, wenn man sowieso schon skeptisch sei, was Chemotherapien angehe. Er habe dann natürlich von seinem BG-MUN erzählt. Er habe also dieses Mittel entwickelt. Er habe es im Jahr 2016 auf den deutschen Markt gebracht. Dann seien die Pharma-Industrien auf ihn zugekommen und hätten ihm angeblich 40 Millionen € geboten für sein Medikament. Das habe er aber abgelehnt, weil er wisse genau oder er sage, die legten es in die Schublade oder ließen es verschwinden oder wie auch immer, es käme definitiv nicht auf den Markt. Dann habe er das abgelehnt und sei angeblich verfolgt worden von der Pharmaindustrie. Er sei nach Zypern gezogen. Sie hätten sich nett unterhalten und sie sei dann völlig euphorisch gewesen. Dann sei die Heilpraktikerin dazugekommen. Der Hersteller des BG-MUN und die Heilpraktikerin arbeiteten zusammen. Das bedeute, sie bekomme das BG-MUN überhaupt nicht auf dem deutschen Markt, sondern sie bekomme das nur über die Heilpraktikerin. Diese mache den Vertrieb. Die Heilpraktikerin sei sehr sympathisch rübergekommen.
1268
Die … stellt dann die Frage, was an diesem Abend der Hersteller und die Heilpraktikerin über die Wirkweise des BG-MUN erzählt hätten. Was hätten sie ihr versprochen, was könne dieses Lebensmittel? … antwortet darauf, dass ihr natürlich die Zusammensetzung genannt worden sei. Sie sei aber kein Fachmann und könne das nicht bewerten. Sie habe jetzt mit anderen darüber gesprochen und die hätten alle gleich gesagt, dass es bei den Bestandteilen sehr fragwürdig sei, dass es wirklich in der Krebstherapie helfe. Beide hätten ihr große Hoffnungen gemacht und natürlich das Beispiel des Bruders angeführt, dass es dem gut gehe. Den habe sie ja auch an dem Abend kennengelernt und der sei zufrieden gewesen. Der habe wirklich einen guten Eindruck gemacht. Sie könne das aber nicht bewerten und habe natürlich auch nicht das letzte CT gehabt. Jedenfalls hätten ihr die beiden große Hoffnungen gemacht und hätten ihr auch erzählt, welche Patienten angeblich das alles schon geschafft hätten mit BG-MUN und so weiter. Sie habe das geglaubt. Am nächsten Tag sei sie nach Hause gefahren und habe ihrer Familie mitgeteilt, dass sie die Chemotherapie abbrechen werde und sich jetzt auf BG-MUN konzentrieren werde.
1269
… fragt dann nach, ob es eine konkrete Aussage gegeben, dass wenn sie das nehme, dann könne sie damit eventuell ihren Krebs heilen. … schildert daraufhin, dass der Hintergrund der sei, dass dieses BG-MUN zur Stärkung des Immunsystem sei. Sie habe ja auch viele Bücher gelesen und da werde auch genannt, dass das Immunsystem, wenn es gestärkt sei, im Grunde genommen diese Krebszellen selber abtöten könne. Eigentlich solle sich der Körper selbst heilen. Im Nachhinein müsse sie sagen, wenn der Krebs so aggressiv sei, dann könne man da mit solchen Medikamenten nicht rangehen, das reiche einfach nicht. Das werfe sie der Heilpraktikerin vor, dass man sich in so einer schlimmen Erkrankung anmaße, zu sagen, „ich kann dich heilen, indem ich einfach das Immunsystem stärke mit einem Mittel“, was sehr viel versprechen solle, was aber den Krebs letztlich nicht heilen könne. Damit wolle sie nicht sagen, dass alles schlecht gewesen sei. Es sei mit Sicherheit auch gut gewesen, was die Heilpraktikerin gemacht habe, um ihren Körper wiederaufzubauen, weil die Chemotherapie koste ja auch sehr, sehr viel Kraft. Aber alleine mit BG-MUN eine so starke Erkrankung zu heilen, zu sagen, das kriegen wir hin, halte sie wirklich für sehr weit hergeholt.
1270
Die … wirft ein: „Aber das wurde Ihnen gesagt“. … bestätigt das und wiederholt: „Wir bauen mit BG-MUN bauen wir das Immunsystem wieder auf [sic]. Wir brauchen die Chemotherapie gar nicht. Wir halten von Chemotherapie überhaupt gar nichts. Mit diesem BG-MUN schaffen wir das und wir schaffen das, dass wir den Krebs heilen können. Das wurde mir definitiv gesagt.“
1271
… berichtet weiter, dass sie versucht habe noch weitere Betroffene zu finden. Sie habe mehrere Personen gefunden, die auch zu dieser Gartenparty eingeladen worden seien. Von dem Herrn … persönlich wisse sie, dass er mehrere eingeladen habe. Viele hätte abgesagt. Nachher hätten der Herr B. und die Heilpraktikerin ihm Vorwürfe gemacht, dass sich der Abend finanziell für sie nicht gelohnt habe, weil eben viele abgesagt hätten und so hätten zu wenig Umsätze an dem Abend gemacht werden können. Der Herr … habe im Grunde genommen den Lockvogel gespielt. Er kriege ja auch eine Provision. Jeder, der BG-MUN vermittle, bekomme eine Provision. Das sei auch nicht wenig. Man verdiene 500,00 € Vermittlungsprovision.
1272
… berichtet auf Nachfrage weiter, dass sie richtig guter Laune nach Hause gefahren sei. Sie habe mit der Heilpraktikerin auch schon einen Termin gemacht gehabt, wann sie dann das erste Mal nach … fahre. Ihre Familie sei geschockt gewesen über den Abbruch der Chemotherapie. Ihr Schwager, der auch Arzt sei, habe die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Sie habe sich aber nicht beirren lassen. Sie habe auch noch einen Termin für die Chemotherapie im … Hospital gehabt. Sie sei hingefahren und habe Professor … erklärt, dass sie sich so entschieden habe und das habe er akzeptiert. Dann habe sie aufgehört mit der Chemotherapie. Ihre Hoffnung, den Krebs zu heilen, sei sehr groß gewesen. Zumal sie ja das Beispiel des Bruders gehabt habe.
1273
… fragt …, wie die Familie reagiert habe. führt aus, die Familie sei geschockt gewesen. Ihr Schwager sei Arzt. Die hätten es nicht fassen können.
1274
Auf die Frage, welche Rolle Verzweiflung dabei spiele, antwortet …, Verzweiflung spiele eine sehr große Rolle. Man greife nach jedem Strohhalm. Man wolle das hören. Man wolle diese positive Nachricht hören und wenn dann jemand komme und einem verspreche, so der Körper schaffe das. Nun bauten sie das Immunsystem wieder auf. Dann schaffe man das ohne Chemotherapie. Dann sei man natürlich begeistert davon. Dann glaube man das auch und man vertraue diesen Menschen auch. Aber Verzweiflung spiele eine ganz große Rolle natürlich.
1275
fragt …, was sie bei dem ersten Termin in erlebt habe. … erzählt ihr, dass die Heilpraktikerin verschiedene Untersuchungen, eine Magnetfeldtherapie und so weiter gemacht habe. Das habe ihr ein bisschen angeschlagen, weil Heilpraktiker an keine Gebührenordnung gebunden seien. Die Rechnungen der Frau seien hanebüchen. Sie habe vor Ort das BG-MUN mitgenommen von ihr und habe dann angefangen das zuhause zu nehmen.
1276
… fragt dann, was der Befund nach den ganzen Untersuchungen der Heilpraktikerin gewesen sei. … berichtet, dass sie gesagt habe, dass es 5 vor 12 wäre bei ihr. Wenn sie jetzt nicht zu ihr gekommen wäre, dann hätte sie das nicht mehr lange überlebt. Ihr ganzer Körper wäre so geschwächt gewesen von diesen ganzen Chemos, dass sie das gar nicht mehr ohne lange geschafft hätte. Sie könne froh sein, dass sie zu ihr gekommen wäre, weil sonst hätte sie das ganze nicht mehr lange überlebt. Sie habe gesagt, das müsse sie jetzt erst einmal aufbauen mit Nahrungsergänzungsmitteln und so weiter. Sie habe eine ganze Litanei bekommen an Arznei und Medikamenten. Und dann habe sie ihr BG-MUN gegeben und gesagt: „So und jetzt gehen wir in die richtige Richtung und du wirst es schaffen und mit dem BG-MUN und diesen Nahrungsergänzungsmitteln bekommen wir die Krankheit in den Griff.“
1277
… kommentiert dies mit: „Ich finde es so unglaublich. Also eigentlich ist diese Frau auch hoch kriminell.“ … antwortet darauf: „Ja auch jetzt mit ihrem Professorentitel. Aber was ich nicht verstehen kann, wie die gesagt, die Tochter, die ist ja auch mit drin, die hat Medizin studiert. Aber die haben nur Geld im Kopf.“
1278
… lenkt sodann zum Thema zurück und fragt, wie lange … BG-MUN genommen hat. … berichtet dann in freier Rede, dass man BG-MUN immer über einen Zeitraum von insgesamt 40 Tagen einnehme. Alle 2 Tage gebe man sich selber eine kleine Bauchspritze. So das sei ganz wichtiger Aspekt. Der Hersteller habe ihr gesagt, dieses BG-MUN müsse im Körper erst einmal wirken. Denn sie hätte ja wieder eine Untersuchung machen wollen, um zu gucken, wie es denn wirkt. Und dann habe er ihr davon abgeraten, schon wieder eine Untersuchung zu machen, weil das BG-MUN solle erst einmal im Körper wirken. Das Problem sei, dass sie dadurch wieder viel Zeit verloren habe. Sonst hätte sie schon viel früher gesehen, dass es nämlich gar nichts bringe.
1279
… will wissen, was … glaube, was der eigentliche Grund gewesen sei, sie von der Untersuchung abzuhalten. Darauf erwidert …, dass er ganz klar sie abhalten wolle, dass sie nicht frühzeitig erkenne, dass es gar nichts gebracht hat. Sein Ziel sei gewesen, dass sie nochmal eine 2. oder 3. Dosierung nehme. Das habe ihr die Heilpraktikerin übrigens auch gesagt, dass man mit einem wahrscheinlich gar nicht auskomme, sondern dass man mindestens 2 oder 3 nehmen solle.
1280
Sie müsse aber wirklich sagen, sie habe sich in der Zeit körperlich sehr gut gefühlt. Sie habe anderthalb Packungen genommen. Eine Packung koste 5.900,00 €. Das finde sie schon stark, weil das laufe offiziell als Nahrungsergänzungsmittel oder Lebensmittel. Das sei auch für die Bestandteile ein völlig überzogener Preis. Sie habe ca. 15.000,00 € bei der Heilpraktikerin gelassen und es habe nichts gebracht.
1281
… fragt nach, wie sich das anfühle. … sagt folgendes: „Das fühlt sich sehr schlecht an und es ärgert mich auch sehr. Es ärgert mich sehr, dass ich wirklich dort an Personen geraten bin, die Geschäft machen. Geschäft mit Menschen, die sowieso schon eine Krankheit haben, die lebensgefährlich ist und dass man damit ein Geschäft macht, das macht mich wirklich sauer. Es ärgert mich sehr und jetzt unabhängig vom Geld. Mir ist das wirklich wichtig. Ich möchte andere Menschen davor schützen, dass sie nicht auch darauf reinfallen.“ Das Interview geht weiter mit der Frage der …, wann … gemerkt habe, dass da irgendwas nicht stimme. … berichtet, dass die beiden ihr zu einem MRT geraten hätten, da dieses eine geringere Strahlenbelastung habe als ein CT. Das MRT sei aber ein bisschen falsch gelaufen, weil da nur ein Teil gemacht worden sei. Aber auch da habe sich schon gezeigt, dass die Leber sehr belastet sei. Ihr Schwager sei ja Arzt, dem habe sie das Ergebnis ebenso geschickt wie der Heilpraktikerin und dem Hersteller des BG-MUN. Dieser habe kurze Zeit später angerufen und sei ganz euphorisch gewesen. Er habe gesagt, sie sei auf einem guten Weg. Die Organe arbeiteten super und sie sei kurz vor der Heilung. Sie habe dann auch ganz euphorisch ihre Schwiegermutter angerufen und dieser gesagt, das habe super geholfen. Es habe gewirkt und sie stehe kurz vor der Heilung. Ihr Schwager habe jedoch die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und gesagt, das stimme alles hinten und vorne nicht. Das Ergebnis stimme überhaupt nicht und die Organe seien schwer belastet und da könne man nicht von einer Heilung sprechen. Das sei der erste Moment gewesen, wo sie skeptisch geworden sei. Die … bittet … sodann darum, zu berichten, wie es nach dem MRT weiter gegangen sei. Zunächst sagt …, dass dann kurze Zeit später ein CT gemacht worden sei. Dies revidiert sie dann jedoch selbstständig und berichtet, dass sie zuvor nochmal eine halbe Packung BG-MUN genommen habe, in der Hoffnung, dass es helfe. Die Heilpraktikerin habe ihr nämlich empfohlen nochmal eine halbe Packung BG-MUN zu nehmen. Im November sei dann das CT gemacht worden. Dieses habe leider gezeigt, dass die Leber sehr stark belastet sei, sogar stärker als vorher. Das Ergebnis sei deutlich schlechter gewesen als vorher. Das BG-MUN habe gar nichts gebracht. Im Gegenteil hätten sich der Krebs und die Metastasen verstärkt. Sie habe das CT-Ergebnis wieder an die beiden und an ihren Schwager geschickt. Dann sei die Aussage der beiden gekommen, sie hätte psychosomatische Störungen und das sei dann das „i-Tüpfelchen“ gewesen. Wenn der Krebs so zugenommen habe, dann könne das nach ihrer Auffassung keine psychosomatische Störung sein. Die … möchte wissen, was die gemeint hätten mit der Aussage psychosomatische Störung. … sagt dazu, dass sie gemeint hätten, dass sie, die …, seelische Belastungen habe, und dass das kopfseitig wäre. Die ganze Krebserkrankung habe einen seelischen Ursprung. Die Heilpraktikerin habe ihr empfohlen, sie solle am besten nochmal für 3 Tage zu ihr kommen und nochmal eine komplette Packung BG-MUN nehmen. Ihre Entscheidung sei dann aber ganz klar gefallen. Sie habe den Kontakt sofort abgebrochen und habe auch keinen Kontakt mehr zu denen. Die … fragt nach, was das für ein Moment gewesen sei, als sie den CT-Befund gehabt habe. … erzählt, dass dies für sie ein ganz schrecklicher Moment gewesen sei, weil sie diesen Menschen vertraut hatte und sie habe das Gefühl gehabt, dass dieses Vertrauen missbraucht worden sei. Ihr sei es gut gegangen. Sie habe mit einem super Befund gerechnet und dann habe sie das Ergebnis bekommen, dass sich der Krebs verschlimmert habe. … äußert außerdem, dass sie sich vorgenommen habe, gegen beide Strafanzeigen zu stellen. Der Grund sei, dass es ihr ganz wichtig sei, dass diese Menschen damit nicht durchkämen. Sie wolle anderen Menschen helfen, dass diese nicht auch darauf reinfielen. Die Heilpraktikerin bilde inzwischen andere aus, um für BG-MUN Schulungen zu machen. Sie vertreibe das ganz massiv. … betont nochmals, dass sie einfach die Krebspatienten, die auch in dieser Lage seien, davor schützen wolle, dass sie nicht auch darauf reinfielen und vor allem, dass sie sich Beratung holten bei ihrem Hausarzt oder bei ihrem behandelnden Arzt. Sie sollten da auf keinen Fall irgendwas ohne Absprache unternehmen. Die … stellt sodann noch folgende Frage: „Wie fühlt sich das an, wenn man dann realisiert, dass man solchen Schwindlern aufgesessen ist und am Ende ja auch mit seinem eigenen Leben gespielt hat?“ … antwortet: „Es ist ein ganz ganz schreckliches Gefühl das zu erleben, dass man an solche Personen geraten ist, denen man das nicht zugetraut hätte. Wie gesagt, so wie ich sie kennengelernt habe, hätte ich das im Leben nicht geglaubt, dass es so läuft und ich bin sehr traurig. Ich bin sehr enttäuscht darüber, dass das Vertrauen für Menschen so missbraucht wird, dass es scheinbar nur ums Geld geht. Es geht nicht darum, die Menschen zu heilen, sondern es geht darum, Geld zu verdienen, und das in einer Höhe, die absolut nicht akzeptabel ist. Und wie gesagt, deshalb ist mir das so wichtig. Bevor andere Menschen sich vielleicht auch verschulden, noch einen Kredit aufnehmen oder wie auch immer, dass man auf jeden Fall davor warnt.“
(b) Glaubhaftigkeit der Äußerungen von …
1282
Die Kammer hält nach kritischer Überprüfung der Angaben und in der Gesamtschau mit den weiteren Beweismitteln die Angaben der … gegenüber der … für uneingeschränkt glaubhaft.
1283
Bei der Würdigung der vorstehenden Angaben von … ist sich die Kammer zunächst bewusst, dass es sich um ein Interview und nicht um eine Zeugeneinvernahme handelt. … steht nicht unter Wahrheitspflicht und antwortet stets auf die Fragen der Reporterin. Ein freier Bericht, wie er bei Zeugeneinvernahmen üblich wäre, liegt also nicht vor. Allerdings stellt die … ihre Fragen weitgehend offen und mit viel Raum für Antworten (z.B. Was ist in dieser Facebook-Gruppe passiert? Wie war es vor Ort bei der Gartenparty? Was wurde Ihnen über die Wirkweise erzählt? Was haben Sie das erste Mal bei der Heilpraktikerin erlebt? Usw.). Die Antworten der … erfolgen in freier Rede und ohne Unterbrechungen durch die …. Außerdem macht …, ohne zu zögern und mehrfach, Ausführungen zu ihrer Motivation. So wolle sie weitere schwer erkrankte Personen davor schützen, auch „auf die beiden reinzufallen“. Aus dem Interview wird deutlich, dass … der Meinung ist, durch die Angeklagten betrogen worden zu sein. Außerdem betont sie mehrmals, dass sie durch das von ihr geschilderte Verhalten der Angeklagten von der notwendigen medizinischen Hilfe abgehalten worden sei. In diesen Äußerungen schwingt daher auch der Vorwurf einer Gesundheitsschädigung durch die Angeklagten mit. Diese Vorwürfe hat sie auch gegenüber dem Zeugen … geäußert, bei dem es sich um einen Freund der Familie … und um den Rechtsanwalt der … handelt. Dieser berichtete der Kammer, dass … ihm gesagt habe, dass die Behandlung mit BG-MUN vollkommen sinnlos gewesen sei. Sie habe den Sachverhalt dann unbedingt öffentlich machen wollen und habe das ganze Geschehen als Betrug bezeichnet. Bei der Schilderung des Sachverhalts zum Zwecke der Anzeigenerstattung habe sie diesen so eingeschätzt, dass ihr ein wirkungsloses Präparat empfohlen worden sei und diese durch sie empfundene Ungerechtigkeit habe sie öffentlich machen wollen. Diese Motivation bekräftigten auch die Zeugen … und …. Demnach sei dies auch der Grund gewesen, weshalb sich … Anfang 2019 an sternTV gewendet hat. Sie habe das ganze publik machen wollen. Allein aus dem Umstand, dass sich … an ein Fernsehformat mit bundesweiter Reichweite wie sternTV gewandt hat, schließt die Kammer, dass es … darum ging, ihre Geschichte möglichst weit zu verbreiten, und zwar, weil sie sich durch die Angeklagten betrogen gefühlt hat und möglichst viele Menschen vor ihnen warnen wollte. Dabei hat sie sich auch zunächst ausschließlich an die Medien und nicht an die Polizei gewandt, obwohl sie sich als Opfer einer Straftat empfand. Die Anzeige plante … nach ihren Angaben zum Zeitpunkt des Interviews. Damit in Einklang stehend berichtete ihr Rechtsanwalt, der Zeuge …, der Kammer, dass … zu ihm gekommen sei und gesagt habe, sie habe sich bereits an sternTV gewendet und die hätten das aufgegriffen und einen Bericht gemacht. … sei aber mit dem Ersuchen, Strafanzeige zu stellen, noch vor Ausstrahlung des ersten Berichts zu ihm gekommen. Die Kammer hat bei der Beurteilung der Angaben der Zeugin … insgesamt im Blick gehabt, dass diese aufgrund der in sternTV getätigten Äußerungen einen erheblichen Belastungseifer gegenüber den Angeklagten G. und B. aufweist (vgl. C. III. 3. e) (5) (h)). Die Kammer kommt, wie nachfolgend dargestellt, gleichwohl zu dem Ergebnis, dass die Angaben der Zeugin … glaubhaft sind, weil sie mit den objektiven Beweismitteln in Einklang stehen.
1284
Die Angaben der … zu ihrer Erkrankung an Speiseröhrenkrebs und dem Stand der Erkrankung im September 2017 sind glaubhaft. Sie wurden bestätigt durch ihren behandelnden Arzt, den Zeugen …
i….. Kennenlernen von … und …
1285
Die Angaben der … hinsichtlich des Kennenlernens des Zeugen … im Juni 2018 und dessen Bericht über seinen an einem Gehirntumor erkrankten Bruder wurden bestätigt durch den Zeugen … und die nachfolgend im einzelnen aufgeführten Urkunden.
1286
Der Zeuge … berichtete der Kammer, er habe … über Facebook kennengelernt. Er habe … gesagt, dass sein Bruder BG-MUN nehme und damit seinen Gehirntumor geheilt habe. Das habe er zu diesem Zeitpunkt auch wirklich geglaubt. Die Angaben des Zeugen … und der … zu ihrem Kennenlernen sind glaubhaft, da sie durch den verlesenen Facebook-Chat zwischen … und dem Zeugen … sowie zwischen … und ihrer Tochter … bestätigt werden. Dieser Chat wurde auf dem Mobiltelefon der … gesichert, das die Kammer in der Hauptverhandlung vom 03.08.2021 selbst sichergestellt hat.
1287
Der Chat zwischen … und dem Zeugen … fand zwischen Juni 2018 und dem Februar 2019 statt. Die Nachrichten, mit denen der Austausch beginnt, sind augenscheinlich nicht mehr vorhanden. Allerdings schickte … per Facebook-Messenger am 11.06.2018 um 18:06:46 (UTC+2) einen Anhang mit dem Namen „BG-MUN komplet.info.pdf“ und nur wenige Sekunden später 2 weitere Dateien mit den Bezeichnungen „Wissenschaftliche Neuheiten.pdf“ und „Behandlungsberichte.pdf (vgl. Bl. 13 Sonderband Mobiltelefonauswertung „Hartung“). Daraufhin tauschen beide die nachfolgenden Nachrichten aus (vgl. Bl. 14 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“):
„Woher bist du denn darauf gekommen und wer kann das verabreichen?“
Nachricht vom 11.06.2018 um 20:10:18 (UTC+2))
„Zielt aber sehr auf eine Chemo begleitende Behandlung ab, oder?“
(Nachricht vom 11.06.2018 um 20:10:36 (UTC+2))
„Ich lese es gleich erst. Bei Facebook i einer Gruppe hat ich etwas gepostet. Daraufhin rief mich jemand an, dessen Bruder Gehirntumor hat.“
(Nachricht vom 11.06.2018 um 21:38:55 (UTC+2))
1288
Aus den vorstehenden Nachrichten ergibt sich, dass die Angaben von … und dem Zeugen … der Wahrheit entsprechen. Der Zeuge … hat insofern ausdrücklich bestätigt, dass er … von seinem an einem Gehirntumor erkrankten Bruder berichtet und ihr von BG-MUN erzählt habe. Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass die Dateien, die … am 11.06.2018 an ihre Tochter verschickt hat, ursprünglich von … stammen. Dies hat … auch genauso gegenüber … in dem sternTV-Interview berichtet.
1289
Aus den ausgetauschten Facebook-Nachrichten zwischen … und … ergibt sich ohne Weiteres, dass die Angaben, … habe … von seinem Bruder berichtet und diese zu seiner Gartenparty eingeladen, zutreffen.
1290
Bereits am 14.06.2018 tauschen … und … die nachfolgenden Nachrichten aus, die die Schilderungen bestätigen und aus denen sich weitere Informationen zu BG-MUN ergeben, die … von … erhalten hat (vgl. Bl. 3-5 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“)
„Hallo …, wie geht es deinem Bruder? Ich hatte heute ein unglaubliches Erlebnis mit meinem Professor. Ich wollte nur die Antikörpertherapie – er sagt: das geht nur zusammen mit Chemo. Er hat mich sehr viel Kraft gekostet, nein zu sagen. Freue mich darauf, euch kennen zu lernen.
(Nachricht vom 14.06.2018 um 21:21:30 (UTC+2))
„Hallo … Da hast du aber die richtige Entscheidung getroffen, Da hat der Professor bestimmt geschaut oder? Meinem Bruder geht es super er spielt wieder Fussball. Ich freue mich immer wenn ich ihn sehe da er so sehr sich zum positiven verändert hat. Er wird gesund und du auch :-)) Hast du die Genehmigung wegen dem 07.07,18 von deinem Mann bekommen? Kannst ihm sagen das du auf jeden Fall in besten Händen bist und umgeben mit sehr vielen netten Menschen. Wird dir bestimmt gefallen. Muss ich auf etwas bezüglich dem Essen? Freue mich auch dich kennen zu lernen. Wünsche dir einen schönen Abend Herzliche Grüsse …“
(Nachricht vom 14:06:2018 um 21:42:49 (UTC+2))
Es hat mich heute aber viel Kraft gekostet. Nein, es gibt nichts Besonderes bezüglich des Essens. Hast du den Hersteller schon informiert, dass ich komme? Ich werde mich bei meiner Krankenkasse schon einmal erkundigen es ist die … Krankenkasse
(Nachricht vom 14.06.2018 um 21:46:52 (UTC+2))
„Hallo … Ja der Hersteller weiss Bescheid Das bei der Krankenkasse ist ein Formular (Antrag) auf Kostenerstattung, Schönen Abend Gruss …
(Nachricht vom 14:06:2018 um 22:24:07 (UTC+2))
„Hallo …! Freut mich das der Urlaub schön ist. Meinem Bruder gehjt es gut der war soeben bei mir. Life Plus ist mir bekannz es soll eigentlich gut sei. Auf meinem Grillfest ist eine Freundin da die davon begeistert ist. Da gibt es bestimmt interessante Gespräche und meinem Bruder kannst du ja dann auch reden. Soll ich dem Hersteller von BG-Mun mal sagen das er eine Packung mehr dabei hat wenn du dich vielleicht entscheidest dies zu nehmen? So hätte er es dann schon dabei Wünsche dir noch einen schönen Urlaub. Herzliche Grüsse …#
(Nachricht vom 19.06.2018 um 17:06:59 (UTC+2))
Ja, auf jeden Fall. Ich kläre es vorher mit der Krankenkasse ab. Ist BG-Mun schon zugelassen?
(Nachricht vom 20:06:2018 um (UTC+2))
„Hallo …! hatte schon eine Zulassung und dann musste es zurück genommen werden. Das mit der Krankenkasse ist so geregelt das wenn du nach der Einnahme gesund bist du dann bei der Kasse einen Eintrag auf Kostenerstattung stellen kannst. Wir können ja nochmal telefonieren wenn vom Urlaub zurück bist. Wünsch dir noch schöne Tage Herzliche Grüsse …#
(Nachricht vom 20.06.2018 um 14:21:45 (UTC+2))
1291
Im weiteren Nachrichtenverlauf planen … und … die Reise von … von Osnabrück nach … für den 07.07.2018. Dabei weist … am 03.07.2018 darauf hin, dass sie mit ihrer Krankenkasse telefoniert habe. Es habe sich ergeben, dass BG-MUN kein zugelassenes Medikament in der EU sei und ihre Krankenkasse die Kosten daher nicht übernehmen wolle.
1292
Darauf antwortet …, dass sie das am Samstag klären könnten, wenn sie bei ihm sei. Das wäre am besten, wenn der Hersteller und eine Ärztin da seien.
1293
Hieraus ergibt sich, dass der Zeuge … erstens nochmals bestätigte, dass der Hersteller des Mittels kommen werde und zweitens auch eine Ärztin vor Ort sein werde.
1294
Am 06.07.2018 fragte … nochmals nach, für welchen Behandlungszeitraum die Gebühr von BG-MUN in Höhe von 5.900,00 € sei. Darauf antwortet der Zeuge …, dass der Zeitraum über 40 Tage gehe und nur einmalig benötigt werde (vgl. Bl 8 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
ii. Gartenparty am 07.07.2018
1295
Die Angaben der … zur Gartenfeier des Zeugen … sind ebenso glaubhaft. Wie bereits ausgeführt, ergibt sich aus dem Nachrichtenverlauf ohne weiteres, dass diese am 07.07.2018 an der Wohnanschrift des Zeugen … stattfand. So bedankt sich … am Morgen des 08.07.2018 beim Zeugen … für den tollen Abend. Ebenso hat der Zeuge … das Stattfinden der Gartenparty bestätigt. Auch die Zeugen … und … schilderten übereinstimmend und glaubhaft, dass … ohne Begleitung zu einer Gartenparty nach … fuhr.
1296
Die Kammer ist zudem überzeugt, dass sowohl der Angeklagte B. als auch die Angeklagte G. auf der Gartenparty anwesend waren, wie es … der … erzählt hat. Zum einen hat dies der Zeuge … bestätigt. Zum anderen ergibt sich dies auch aus dem W...App-Nachrichtenverlauf zwischen den Angeklagten, den die Kammer verlesen hat. So tauschen die Angeklagten am 17.06.2018 folgende Nachrichten aus (vgl. Bl. 144 Sonderband Asservatenauswertung):
… und … machen eine große Party mit Fachleuten und Käufern von BG-MUN.
(Nachricht vom 17.06.2018 um 10:39:22 (UTC+2))
„Geht klar. … und ich sind dabei – sie kann die ganze onkologische Medikation abdecken und ich das ganze Register der Komplementaermedizin. … sollte uns vielleicht noch sagen, was er genau von uns möchte.““
(Nachricht vom 17.06.2018 um 12:46:36 (UTC+2))
1297
Am 03.07.2018 teilt der Angeklagte B. der Angeklagten G. dann die Anschrift des Zeugen …, wie festgestellt, mit. Die Angeklagte G. kündigt an, sie werde für Samstag alles mitbringen. Im Nachgang zu der Gartenparty schreibt die Angeklagte G. dem Angeklagten B. zudem folgende Nachricht:
„Hallo … hat heute Abend angerufen. War aber im Restaurant und hatte gerade die Spendenuebergabe rum. Er wollte wissen, wie es uns gefallen hat und warum wir schon um 21 Uhr gefahren sind, weil im Nachgang noch Personen gekommen sind. Ich habe ihm gesagt, dass die Gartenparty privat schön war, aber dies nicht so mit uns wiederholt wird und dies sicherlich am Sonntag schon gesagt hast. Anscheinend hat er Angst, dass er seinen Anteil nicht bekommt.
Ich habe ihm gesagt, dass er uns die Namen der Personen vorab mitteilen soll, aber wir ja sowieso wieder nachfragen, wer von wem kommt. Dann war er zufrieden. […]
Schönen Abend und bis bald“
(Nachricht vom 10.07.2018 um 22:40:12 (UTC+2))
1298
Auch daraus ergibt sich, dass die Angeklagten gemeinsam, wie sie es zuvor vereinbart hatten, auf der Gartenparty des … waren.
1299
Nach Einvernahme der Zeugen stellt sich die Beweislage so dar, dass bis auf den Zeugen … alle weiteren einvernommenen Zeugen hinsichtlich der Geschehnisse – insbesondere dem Gespräch zwischen … und den Angeklagten – auf der Gartenparty Zeugen vom Hörensagen sind, denen grundsätzlich ein geringeres Gewicht im Rahmen der Beweiswürdigung zukommt. Die Kammer ist aber aufgrund der Gesamtschau überzeugt, dass die Angaben der … zu dem, was ihr von den Angeklagten B. und G. über BG-MUN erzählt worden ist, glaubhaft sind und hat sie daher ihren Feststellungen zugrunde gelegt. Die Kammer hat zur Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Angaben folgendes in die Gesamtschau miteinbezogen:
1300
Hinsichtlich der Gartenparty machte der Zeuge … nachfolgende Angaben: Es habe sich um eine Überlebensparty gehandelt, da er gedacht habe, sein Bruder sei durch BG-MUN von seinem Gehirntumor geheilt worden. Aus Dankbarkeit habe er den Angeklagten B. eingeladen. Dieser habe dann unangekündigt die Angeklagte G. mitgebracht. Diese habe als Therapeutin mit BG-MUN gute Erfahrungen gemacht. Er wisse, dass sich … mit dem Angeklagten B. über das BG-MUN unterhalten habe, aber nicht, was gesprochen worden sei. Er habe 2 Mal 400,00 € bekommen, weil die … dann BG-MUN gekauft habe. Er meine, sie habe einen Termin bei der G. gehabt und das BG-MUN dort gekauft. Ihm sei vom B. diesbezüglich gesagt worden, wenn er jemanden habe, der es wolle, dann bekomme er sein BG-MUN günstiger.
1301
Er selbst sei über einen Bekannten, den Zeugen …, an den Angeklagten B. gekommen. Sein Bruder habe einen Gehirntumor gehabt. Der Angeklagte B. habe damals über Erfolge gesprochen und ihm Fotos von Menschen gezeigt, die mit BG-MUN geheilt worden seien. Er habe aber nie jemanden der Leute von den Fotos kennengelernt. Der Angeklagte B. habe gesagt, die Heilungschancen seien sehr hoch. Außerdem habe er gesagt, dass die Pharmaindustrie für ihn ein rotes Tuch sei. Er sei der Entwickler vom BG-MUN und lasse es in Berlin herstellen. Es helfe bei sämtlichen Krebsarten. Es sei auch etwas zur Zulassung gesagt worden. In jedem Fall habe es keine gehabt. Er könne aber nicht mehr sagen, ob es mal eine Zulassung gehabt hatte oder ob es kurz vor der Zulassung gewesen sei. Dem Angeklagten B. sei auch mal ein hoher Betrag für BG-MUN geboten worden. Bei diesem Treffen mit dem Angeklagten B. sei die Angeklagte G. nicht dabei gewesen. Er sei aber bei ihr in der Praxis gewesen mit seinem Bruder, und zwar noch vor der Gartenparty. Er hätte dann BG-MUN vom Angeklagten B. bezogen und sein Bruder habe BG-MUN dann auch genommen. B. habe darüber aufgeklärt, dass man es spritzen müsse. Der Tumor sei dann bei seinem Bruder nicht mehr zu sehen gewesen. Letztlich sei sein Bruder aber bereits im Herbst 2018 wieder sehr krank geworden und auch am 16.01.2019 an einem Gehirntumor gestorben. Das habe er beiden Angeklagten sehr enttäuscht mitgeteilt.
1302
Der Zeuge … hat damit nach seinen eigenen Angaben nicht mitbekommen, worüber … und der Angeklagte B. gesprochen haben und hat auch nicht gesehen, ob die Angeklagte G. bei dem Gespräch mit … dabei war.
1303
… hat am 08.07.2018 um 07:26:57 Uhr eine Sprachnachricht an ihre Tochter … geschickt, die den nachfolgenden Inhalt hat:
„Guten Morgen meine Süße,
also das Treffen gestern Abend war der ober Hammer. Also der Wissenschaftler, der die diese Immuntherapie entwickelt hat, hat von zwei Pharmaindustrien ein Angebot in Höhe von über 40 Mio. € bekommen, das vom Markt zu nehmen. Es gibt so viel, was ich dir erzählen muss. Wir müssen am besten heute Abend mal telefonieren oder so. Aber es war der ober Hammer und ich wie gesagt, weiß jetzt meinen Weg und… Also die Überlebenschancen mit einer Chemo liegen bei 2 %. Überlebenschancen ohne Chemotherapie liegen bei 50 %. Und, also was er mir alles berichtet hat und erzählt hat, ist wirklich ober Hammer hart. Und es war noch eine Ärztin dabei und eine Heilpraktikerin, die hier in der Nähe auch eine Praxis hat und ich werde jetzt nächste Woche einen Termin machen dort in der Praxis. Dort werden noch verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Und ich kann heute wahrscheinlich schon mit der Immuntherapie starten.“
1304
Diese Sprachnachricht, an die sich die Zeugin … erinnern konnte, wurde unmittelbar am Tag nach der Gartenparty verschickt. … äußert sich darin ganz klar zu Inhalten des Gesprächs mit dem Angeklagten B., den sie offenbar für einen Wissenschaftler hält. Ebenso werden die Angeklagte G. („eine Heilpraktikerin“) sowie deren Tochter („eine Ärztin“) erwähnt. Die Schilderung gegenüber ihrer Tochter stimmt dabei mit dem, was sie gegenüber der … im Interview berichtet, überein. Damit sind diese Angaben auch glaubhaft. Als … im Juli 2018 ihrer Tochter eine kurze Sprachnachricht sandte, fühlte sie sich nicht betrogen. Im Gegenteil war sie fest davon überzeugt, dass sie nun den richtigen Weg einschlagen wird. Außerdem teilte sie diese Information mit ihrer Tochter und verfolgte dabei nicht die Absicht, die Inhalte des Gesprächs in irgendeiner Weise zu Beweiszwecken zu sichern. Es ist daher nicht ersichtlich, wieso die Inhalte der Sprachnachricht nicht der Wahrheit entsprechen sollten.
1305
Die Zeugen … und … berichteten der Kammer bei ihren Einvernahmen davon, was … ihnen über das Gespräch vom 07.07.2018 mit den Angeklagten erzählt hat.
1306
Der Zeuge … gab in seiner Einvernahme an, dass er zunächst privat von der neuen Therapie der … mitbekommen habe. Diese habe im Jahr 2018 berichtet, dass sie eine Behandlung in … bei der Angeklagten G. begonnen habe, aber ohne Details. Zwischen Herbst 2018 und Frühjahr 2019 meldete sie sich und berichtete vom Abbruch der Behandlung. Sie sei dann wegen einer Strafanzeige zu ihm gekommen. … habe ihm gesagt, sie sei auf der Gartenparty überzeugt worden, dass es eine Möglichkeit gebe, sie zu heilen. Auf der Feier sei ihr von B. gesagt worden, dass das Mittel als Arzneimittel nicht zugelassen sei, aber früher einmal zugelassen gewesen sei. Die Zulassung sei zurückgenommen worden. Die Konkurrenz habe dafür gesorgt, dass es nicht mehr als Arzneimittel habe vertrieben werden dürfen. Der Zeuge … wusste nicht, ob die Angeklagte G. bei dieser Grillfeier dabei war und konnte dementsprechend auch nicht berichten, was diese gesagt haben könnte. Er führte zudem aus, dass …, als sie mit ihm die Anzeige besprach, davon überzeugt gewesen sei, dass beide Angeklagte ihr eine Heilung durch BG-MUN zugesagt hätten.
1307
Der Zeuge …, bei dem es sich um den Witwer der … handelt, berichtete der Kammer, seine Frau habe nach ihrer Rückkehr aus … euphorisch von der Grillparty berichtet. Die Angeklagten hätten ihr tolle Dinge erzählt. B. habe gesagt, dass es das Mittel schon länger gebe und die „Pharma“ wäre da hinterher. Die hätten ihm 40 Millionen geboten für dieses Medikament. Das Mittel könne laut B. Krebs besiegen und Krebs heilen. Dies sei möglich, indem das Mittel das Immunsystem des Körpers anreize, und dann gebe es eine Heilungschance von nahezu 100 %. Er habe auch klar zu BG-MUN und gegen die Chemo geraten. Die G. habe erfolgreiche Behandlungsberichte erzählt. Außerdem habe die G. einen Professorentitel gehabt, der die … sehr beeindruckt habe. Einer der beiden Angeklagten habe auch gesagt, dass es einmal ein Arzneimittel gewesen sei. Von beiden Angeklagten sei sie total begeistert gewesen.
1308
Die Zeugin … teilte der Kammer mit, dass sie zu dieser Zeit gerade nach Köln umgezogen sei, weshalb sie nicht so viel mitbekommen habe. Ihre Mutter habe ihr gegenüber gesagt, dass es eine sehr, sehr gute Chance gebe, dass sie geheilt werde. Dieses Mittel stärke das Immunsystem. Ihre Mutter habe ihr auch erzählt, dass die Pharmaindustrie Interesse an dem Mittel gehabt habe. Es sei ein sehr hoher Betrag dafür geboten worden. Es sei aber nicht verkauft worden, deshalb könne es jetzt nur noch über private Leute vertrieben werden. Das habe ihre Mutter wohl von B. oder G. gehabt.
1309
Die Zeugin … berichtete der Kammer, ihre Mutter sei zu der Gartenparty hingefahren und total begeistert zurückgekommen. Auf der Party sei ihr nochmals gesagt worden, dass der Bruder des …, der schlechte Aussichten gehabt habe, geheilt sei von Krebs. Der Bruder sei auch selbst da gewesen. Ihre Mutter habe ihr berichtet, dass sie in einen separaten Bereich gekommen sei, wo G. und B. gewesen seien. Es sei ihr dann gesagt worden, dass BG-MUN ein sehr heilsames Medikament sei, das Krebs heilen könne und wenn sie Interesse habe, solle sie sich an die beiden wenden und in Therapie gehen. Das stärke das Immunsystem so sehr, dass der Körper dann selbst die Krebszellen löschen könne. Der Herr B. sei der Hersteller. Das habe sie ihr also ein paar Tage danach sehr euphorisch gesagt, da sie gedacht habe, sie habe eine Heilungsmöglichkeit gefunden.
1310
Ihre Mutter habe ihr außerdem berichtet, dass ihr gesagt worden sei, dass BG-MUN von der Pharmaindustrie verboten worden sei oder mal an die verkauft werden sollte für eine horrende Summe. Der B. habe es aber nicht verkaufen wollen. Daher gehe es gehe nun an der Pharmaindustrie vorbei und müsse deshalb als Nahrungsergänzungsmittel laufen, damit es vertrieben werden könne und dann heile es. Es gebe auch Listen mit Personen, die geheilt seien.
1311
Zunächst ist festzustellen, dass die Zeugen alle übereinstimmend mit den Angaben, die … gegenüber … gemacht hat, berichteten, was … von dem Gesprächsinhalten der Gartenparty erzählt hat. Abweichungen oder nennenswerte Inkonstanzen gibt es nicht. Die Kammer hält die Angaben der vorgenannten Zeugen und damit auch die Angaben von … für glaubhaft.
1312
Dies beruht auf den nachfolgenden Umständen:
1313
… hat dieselben Angaben auch gegenüber einer Freundin gemacht, die keinerlei persönliches Interesse am Ausgang des gegenständlichen Verfahrens hat, und zwar zu einem Zeitpunkt, als … selbst noch fest an eine Wirkung von BG-MUN glaubte und daher keinen Anlass gehabt hätte, die Angeklagten falsch zu belasten.
1314
So berichtete die Zeugin … gegenüber der Kammer folgendes:
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… habe ihr im Reitstall von BG-MUN berichtet. Es ginge ihr damit sehr viel besser. Sie habe Krebs gehabt und der Hund der Zeugin … auch. … habe gesagt, dass es sich um eine Immuntherapie handle, die das Immunsystem stärke und dadurch würden dann die Krebszellen angegriffen und vernichtet und dass man dadurch den Krebs heilen könnte. Es sei ein Medikament, das aber nicht offiziell als Medikament gelte, weil die Lobby der Medikamentenhersteller nicht daran interessiert sei, dass es etwas Revolutionäres gegen Krebs gebe. Sie habe es ausdrücklich Medikament genannt. Sie habe ihr dann auch Infoblätter gegeben. Die Zeugin … habe den Eindruck gehabt, dass … sehr überzeugt gewesen sei. Da sie ihrem Hund habe helfen wollen, habe sich dann für BG-MUN entschieden und dieses auch ihrem Hund … verabreicht. Ihr Hund sei jedenfalls erst kurz vor ihrer gerichtlichen Einvernahme verstorben. Eine Wirkung habe sie daher nie ausgeschlossen. Das Ganze sei aber bereits Anfang November 2018 gewesen.
1316
Die Zeugin … hat der Kammer ferner die Unterlagen vorgelegt, die ihr von … übergeben worden sind. Die Unterlagen befanden sich bereits bei den Akten und wurden von der Kammer vollständig verlesen. Die Kammer ist dabei sicher, dass diese ausschließlich von der … übergeben wurden. Die Zeugin K2. hatte zu dem Angeklagten B. nach ihren glaubhaften Angaben überhaupt keinen Kontakt und mit der Angeklagten G. lediglich ein kurzes Telefonat geführt. Sie hat ausdrücklich bestätigt, dass sie die Unterlagen von … erhalten hat. Die Übergabe der Unterlagen wurde außerdem durch die W...App-Nachricht der … an die Angeklagte G. vom 04.11.2018 bestätigt, in der … mitteilte, sie habe einer Bekannten aus dem Reitstall, deren Hund Krebs habe, Informationsmaterial zu BG-MUN gegeben (vgl. Bl. 63 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Dabei handelt es sich ohne jeden Zweifel um die Zeugin …. Bei den Unterlagen handelt es sich um den Beipackzettel sowie Behandlungsberichte (vgl. Bl. 211-214 Fallakte II). Hinsichtlich der Einzelheiten des Inhalts des Beipackzettels wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (1) Bezug genommen. In dem Behandlungsberichten wird suggeriert, dass Personen nach der Einnahme eines nicht namentlich benannten Mittels erhebliche Verbesserungen bis hin zur Heilung von Karzinomen erreichen konnten. Die Kammer ist ohne jeden Zweifel davon überzeugt, dass es sich bei diesem Schriftstück um die Datei „Behandlungsberichte.pdf“ handelt, die der Zeuge … an … geschickt und selbst vom Angeklagten B. erhalten hat. Wie bereits dargelegt, gibt es keine andere Möglichkeit, wie die Zeugin … in Besitz des Schriftstücks gelangt sein könnte, als … hat jedoch ihre schriftlichen Unterlagen entweder von dem Zeugen … – wie sie ihrer Tochter via Facebook-Nachricht mitgeteilt hat – oder von der Angeklagten G. Die Zeugin … konnte sich bei ihrer Einvernahme auch an die Behandlungsberichte erinnern. Die Kammer konnte zudem aufgrund der verlesenen E-Mails nachvollziehen, welche Dateien die Angeklagte G. … zur Verfügung gestellt hat. Am 07.08.2018 um 22:31:47 Uhr schickte die Angeklagte G. der … eine E-Mail mit dem Betreff „BG-MUN Erklärung und Preisliste“ (vgl. Bl. 17 Fallakte I). In der E-Mail nahm die Angeklagte G. darauf Bezug, dass sie … Informationen zu den BG-MUN Produkten übersende. An die E-Mail waren 5 PDF-Dateien angehängt. Es handelt sich um die Dateien „BG MUN ERKLÄRUNG.pdf“, „BG-MUN HERSTELLUNGSERKLÄRUNG.pdf“, „BG-MUN PRODUKTE.pdf“, „BG-MUN SET mit Preisen.pdf“ und „BG-MUN-Bestellformular 2018 08.pdf“. Die angehängten Dateien entsprechen dabei im Wesentlichen denen, die die Angeklagte G. am 05.08.2018 an den Zeugen … versandte (vgl. Bl. 1394-1402 d.A.). Bei der Datei „BG MUN ERKLÄRUNG.pdf“ handelt es sich um den Beipackzettel. Bei der Datei „BG-MUN HERSTELLUNGSERKLÄRUNG.pdf“ handelt es sich um ein Dokument, mit dem durch die … bescheinigt wird, dass die für die Herstellung von BG-MUN verwendete Zellsuspension ein Ausgangsmaterial für einen Wirkstoff zur Arzneimittelherstellung sei. Bei der Datei „BG-MUN PRODUKTE.pdf“ handelt es sich um einen Werbeflyer, auf dem sich neben BG-MUN weitere Produkte der … befinden. Auf diesem Flyerwird behauptet:
„Wir setzen das Prinzip einer integrativen immunbiologischen Krebstherapie um, mit der wir die körpereigenen Abwehr- und Heilkräfte stärken. Immuntherapie ist eine Immunstimulanz mit hohem Wirkungsgrad. Positive Ergebnisse konnten bisher bei schwer heilbaren Erkrankungen festgestellt werden.“
1317
Bei der Datei mit dem Namen „BG-MUN SET mit Preisen.pdf“ handelt es sich um eine Übersicht der BG-MUN Produkte mit den jeweiligen Preisen. Behandlungsberichte versandte die Angeklagte G. somit nicht an …. Diese können daher allein durch den Zeugen …, der diese wiederum vom Angeklagten B. hatte, an … gelangt sein.
1318
Die Kammer ist ferner überzeugt, dass die Behandlungsberichte sich trotz fehlender namentlicher Nennung allein auf BG-MUN beziehen. Dem Zeugen … wurde kein anderes Produkt durch den Angeklagten B. angepriesen. Diese Berichte sandte der Zeuge … der Zeugin … und diese dann an die Zeugin …. Darüber hinaus wäre die Weitergabe der Berichte an die Zeugin … vollständig sinnlos, wenn diese nicht BG-MUN zum Gegenstand hätten.
1319
Im Ergebnis hatte … also Behandlungsberichte vom Zeugen … bekommen, die eine Heilung durch BG-MUN suggerierten. Auch gegenüber der Zeugin … sprach … begeistert über die Wirkungen von BG-MUN. Die Zeugin … hat dabei keinerlei Falschbelastungsmotiv. So gab diese gegenüber der Kammer glaubhaft an, dass … sie gefragt habe, ob sie auch im sternTV-Bericht auftreten wolle. Das habe sie aber nicht getan, da sie schlicht nichts zu sagen gehabt hätte. Schließlich sei ihr Hund nicht an Krebs gestorben.
1320
… war zum Zeitpunkt ihrer Empfehlung von BG-MUN an die Zeugin … selbst noch begeistert von dem Produkt. Dies schreibt sie am 05.11.2018 selbst per W...App an die Zeugin … (vgl. Bl. 183 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1321
… befand sich nach der Gartenparty im regen Austausch mit beiden Angeklagten sowie dem Zeugen … über W...App und versandte zahlreiche Nachrichten, aus denen sich ergibt, dass sie tatsächlich überzeugt war, BG-MUN könne ihre schwere Krebserkrankung heilen.
1322
So schrieb sie am Morgen nach der Gartenparty folgende W...App-Nachricht an den Zeugen … die die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 23 Sonderband Mobiltelefonauswertung …):
Sitze im Zug – hat alles prima geklappt.
Ich danke dir, dass du den Kontakt zu mir aufgenommen hast! Du hast mir das Leben gerettet!
Ich gebe es gerne an meine Freundinnen weiter. Bitte halte mich auch auf dem Laufenden, wie es deinem Bruder geht.
Ich werde dir auch alles berichten.
Freue mich sehr, wenn wir uns Wiedersehen!
(Nachricht vom 08.07.2018 um 10:30:55 (UTC+2))
1323
Am 17.07.2018 teilte … dem Zeugen … mit, dass es ihr gut gehe und sie am nächsten Tag die 4. Spritze nehme. Am 20.08 sei eine CT-Untersuchung. Sie sei sehr gespannt (vgl. Bl. 28 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1324
Aus diesen Nachrichten ergibt sich bereits, dass … nach der Gartenparty geglaubt hat, dass ihr Leben gerettet werden könne. Außerdem erwartete sie sichtbare Ergebnisse bei ihrem CT. Dieser Eindruck bestätigt sich nochmals durch die W...App-Nachrichten, die … und der Angeklagte B. ausgetauscht haben. So schrieb … dem Angeklagten B. kurz nach der Gartenparty am 09.07.2018 folgendes:
Ich freue mich sehr, dass wir uns kennen gelernt haben.
Es kostet gerade sehr viel Kraft, mich gegen die Familie durchzusetzen, aber ich möchte weiterleben …
(Nachricht vom 09.07.2018 um 14:03:18 (UTC+2))
1325
Dies kommentiert der Angeklagte B. mit „Dann auf los los“ (Nachricht vom 09.07.2018 um 14:15:04 (UTC+2)).
Am 10.07.2018 um 19:21:39 (UTC+2) teilt der Angeklagte B. … mit, dass … Bruder an diesem Tag im CT oder MRT gewesen und „völlig geheilt bzw. krebsfrei“ sei. … antwortet ihm, dass sie das noch mehr motiviere und er ein tolles Mittel entwickelt habe, auf das sie sich sehr freue.
1326
Am 11.07.2018 schreibt … dem Angeklagten B. um 13:19:57 (UTC+2) Uhr:
Ich bin total begeistert von Euch.
… und ihre Tochter waren super – wir haben sehr viele Tests gemacht. Viele Werte, wie z.b. Zink, Selen usw sind sehr niedrig. … hat mir eben wörtlich gesagt, dass ich es in diesem Zustand mit weiter Chemo, nicht mehr lange geschafft hätte. Ich habe einen Schutzengel gehabt.
Ich danke euch allen sehr!
Wir schaffen das jetzt!!! Chemo mache ich morgen natürlich nicht mehr. Wenn ich wieder gesund bin, wollen …r und ich eine Party machen – du bist herzlich eingeladen. Jetzt stärken wir erst einmal den Körper und vernichten den Krebs.
1327
Auch hieraus ergibt sich eindeutig, dass … der Meinung war, dass durch die Stärkung des Körpers die Vernichtung ihrer Krebserkrankung möglich sei.
1328
Auch am 12.07.2018 führen beide eine entsprechende Unterhaltung auf W...App, aus der sich ergibt, wie der Angeklagte B. … in ihrem Glauben bestärkt. Zunächst leitete der Angeklagte B. der … folgende Nachricht des Zeugen … weiter:
„Hallo … auf dem MRT von meinem Bruder ist der Tumor vollkommen weg dazu ist er echt topfit. Ich fühlte es die ganze Zeit wenn ich die Wahl gehabt hätte zwischen dem Jackpot und dir ich hätte niemals den Jackpot genommen. Tausend Dank das es einen solchen Menschen wie dich gibt Wünsche dir noch schöne Tage und freue mich dich bald wieder zu sehen Gruß …“
(Nachricht vom 12.07.2018 um 17:40:25 (UTC+2))
Toll, dass du dich nicht hast erpressen lassen und das Geld nicht angenommen hast.
Es ist aber unglaublich oder soviele Menschen sterben an dieser Krankheit und es ein sehr gutes Mittel!
Danke, dass ich dich kennen lerne durfte. … meinte, dass ich einen Schutzengel gehabt habe.
(Nachricht vom 12.07.2018 um 17:55:21 (UTC+2))
1329
Durch diesen Nachrichtenverlauf wird auch nochmals die Richtigkeit der Angaben der … zum Thema Verkauf von BG-MUN für 40 Mio. an die Pharmaindustrie belegt. Ein weiteres Mal bekräftigt der Angeklagte B. in einer Konversation vom 04.09.2018 … in ihrem Glauben, dass ihre Erkrankung mit BG-MUN wirksam bekämpft werden könne (vgl. Bl. 125 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“):
Die Untersuchung findet am 25.9 statt. Ein MRT ist nicht möglich, da sie dabei nicht die Lunge sehen könnten wurde mir gestern mitgeteilt.
Was kann ich machen, wenn BG-MUN den Tumor nicht beseitigen konnte? Kennst du einen guten Arzt, der operieren könnte?
(Nachricht vom 04.09.2018 um 07:42:54 (UTC+2))
(Nachricht vom 04.09.2018 um 07:45:42 (UTC+2))
1330
… hat zudem aufgrund des Gesprächs mit den Angeklagten bei der Gartenparty und dem Termin bei der Angeklagten G. in ihrer Praxis am 11.07.2018 die weitere Behandlung mit einer Chemotherapie abgebrochen. Auch davon ist die Kammer aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt. Zunächst behauptet … dies in ihrem sternTV-Interview selbst. Diese Angabe ist glaubhaft und wird durch objektive Beweismittel belegt.
1331
… wandte sich bereits im Frühjahr 2018 zunehmend alternativen Heilmethoden zu. Diesbezüglich gab sie gegenüber … selbst an, dass sie nicht gewusst habe, ob eine Chemotherapie wirklich das richtige für sie sei. Sie sei unsicher gewesen und habe nach Alternativen gesucht.
1332
Zum Abbruch der Behandlung kam es jedoch erst im Zusammenhang mit der Gartenparty und dem Gespräch mit den Angeklagten bzw. mit der Angeklagten G. in deren Praxis. Der Zeuge … berichtete der Kammer, dass seine Patientin, Frau …, am 05.07.2018 die letzte Chemotherapie erhalten habe. Am 12.07.2018 wäre der nächste Termin gewesen. Diesen habe sie aber per E-Mail abgesagt. Dabei käme ein Zeitraum vom 06.07.2018 bis 12.07.2018 in Frage. Er könne es aufgrund der Aufzeichnungen aus seinem System heraus aber nicht mehr genauer ablesen. In der E-Mail habe nach dem Patientenakteninhalt gestanden, dass sie nun eine Immuntherapie mache. Die Kammer ist zweifelsfrei davon überzeugt, dass es erst nach der Gartenparty vom 07.07.2018 zur Absage der Chemotherapie am 12.07.2018 gekommen ist. Diesbezüglich wurde beim Termin in der Praxis der Angeklagten G. auf der Rückseite des Aufklärungsbogens für eine Vitalfeldanalyse am 11.07.2018 folgendes handschriftlich notiert, was die Kammer verlesen und in Augenschein genommen hat (vgl. Bl. 207 Rückseite Beweismittelordner Patientenunterlagen Naturheilpraxis G.):
„Zu viel Stress im Job, viel Sport (Reiten, Marathon), 2 Kinder Normalgeburt morgen Termin 9. Chemo, Frage ob sie das machen soll
hat sich nach Gespräch am Sa entschieden, dass sie ∅ Chemo mehr möchte“
1333
Diese Notiz wurde ohne jeden Zweifel für … am 11.07.2018 geschrieben. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass sie sich auf der Rückseite eines Aufklärungsbogens für … vom 11.07.2018 befindet und zum anderen daraus, dass der Inhalt zur Patientin … passt. Insbesondere fand die Gartenparty am Samstag vor dem Termin bei der Angeklagten G. statt und zum anderen war für Sabine Hartung ein weiterer Chemotherapietermin für den 12.07.2018 vorgesehen. … teilte dies auch, wie bereits dargelegt, am 11.07.2018 um 13:19:57 (UTC+2) Uhr per W...App dem Angeklagten B. mit („Chemo mache ich morgen natürlich nicht mehr.“). Allein die Existenz der Notiz belegt, dass der Abbruch der Chemotherapie bei dem Termin mit der Angeklagten G. nach wie vor ein offenes Thema war. Die Angeklagte G. hat somit von der der Sabine Hartung ärztlich angeratenen Behandlung mit einer Chemotherapie abgeraten und ihr zu einer Therapie mit BG-MUN zur Behandlung ihrer Krebserkrankung geraten, obwohl sie zumindest billigend in Kauf genommen hatte, dass das BG-MUN keine nennenswerte Wirkung gegen Krebserkrankungen entfaltet und deshalb keine angemessene Ersatztherapie für eine Chemotherapie war.
1334
Auch die Zeugen … und … haben der Kammer berichtet, dass … sich erst aufgrund des Gesprächs mit den beiden Angeklagten endgültig zum Abbruch entschieden habe. Dieser Geschehensablauf ist auch plausibel. … hat der … selbst erzählt, sie sei schon länger auf der Suche nach Alternativen zur Chemotherapie gewesen. Zugleich war ihr zweifellos bewusst, dass sie lebensgefährlich erkrankt war. Trotz ihrer Suche hat sie sich jedoch bis einschließlich 05.07.2018 regelmäßig der Chemotherapiebehandlung unterzogen. Wie bereits dargelegt, erfuhr … bereits ca. einen Monat vor der Gartenparty von dem Mittel BG-MUN und auch davon, dass der Bruder des Zeugen … damit angeblich seinen Gehirntumor geheilt habe. Dennoch kaufte sie, wie sie es auch … gesagt hat, das Mittel nicht allein aufgrund der ihr zugesandten Informationen (wie etwa den Behandlungsberichten). Sie wollte sich augenscheinlich vielmehr selbst von der Richtigkeit der Behauptungen überzeugen und folgte deshalb der Einladung des … zu seiner Gartenparty. Dabei hätte sie das Mittel auch einfach über … beim Angeklagten B. bzw. bei der Angeklagten G. bestellen können. Dass eine solche Möglichkeit grundsätzlich bestand, ist bereits dadurch belegt, dass dies etwa bei der verstorbenen Patientin … möglich war. Diese wurde nach den Angaben ihres Ehemanns vor der Kammer, dem Zeugen …, auf das BG-MUN im Internet aufmerksam und bestellte es sodann telefonisch bei der Angeklagten G., ohne jemals einen persönlichen Kontakt zu den Angeklagten gehabt zu haben. Vermittelt wurde sie dabei ebenfalls durch den Zeugen …. Dieser schrieb der Angeklagten G. zeitnah zur Bestellung der …, die nach den glaubhaften Angaben des Zeugen … etwa im Oktober 2018 stattgefunden hat, am 11.09.2018 eine W...App-Nachricht, dass sich eine Frau … bei der Angeklagten G. melden werde (vgl. Bl. 69 Sonderband Asservatenauswertung).
1335
Statt jedoch das Mittel einfach telefonisch zu bestellen, begab sich … nur 2 Tage nach der letzten Chemotherapie persönlich nach Wiesloch, um den Angeklagten B. kennenzulernen, dessen Anwesenheit ihr ja durch den Zeugen …, wie bereits dargelegt, angekündigt worden war. Aus diesem Umstand schließt die Kammer, dass … an dem Kauf von BG-MUN zwar interessiert war, aber noch keine endgültige Kaufentscheidung getroffen hatte. Diesen Schluss legt auch die vorbenannte Sprachnachricht der … an die Zeugin … vom Tag nach der Gartenparty nahe, in der sie betont, sie habe nun ihren Weg gefunden.
1336
Der Kauf von BG-MUN fand gleichwohl erst am 11.07.2018 statt, obwohl der Kauf bereits bei der Gartenparty in … möglich gewesen wäre. Zunächst wird auf die bereits erwähnte Konversation zwischen dem Zeugen … und … Bezug genommen, in der der Zeuge … anbietet, den Angeklagten B. zu bitten, BG-MUN nach … mitzubringen, was diese bejaht (vgl. „Soll ich dem Hersteller von BG-Mun mal sagen das er eine Packung mehr dabei hat wenn du dich vielleicht entscheidest dies zu nehmen?“). Der Angeklagte B. hatte am 07.07.2018 auch BG-MUN dabei, das … hätte kaufen können. Dies ist belegt durch eine W...App-Nachricht, die er am 04.07.2018 um 14:42:51 Uhr (UTC+2) an die Angeklagte G. sandte. Darin teilt er ihr mit, dass er ihr am Samstag, also am 07.07.2018, 7 Mal BG-MUN als Vorrat mitgeben können, dann habe sie auch welches für … und ….
1337
Gekauft hat … BG-MUN aber erst am 11.07.2018 in der Praxis der Angeklagten G. Dies ist belegt zum einen durch die Ankündigung des Angeklagten B. an die Angeklagte G. vom 09.07.2018 per W...App, in der er ihr ankündigt, dass diese das Geld in bar mitbringen werde. Zum anderen durch diverse W...App-Nachrichten der …. Dadurch werden zugleich die Angaben der … gegenüber … und die Angaben des Zeugen …, der es genauso wie … beschrieben hat, als zutreffend bestätigt. So teilte … am 09.07.2018 mit, dass sie am Mittwoch, also dem 11.07.2018, um 08:30 Uhr einen Termin bei der Angeklagten G. habe (vgl. Bl. 24 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Am 12.07.2018 teilte sie per W...App sowohl dem Angeklagten B. als auch … mit, dass sie nun mit BG-MUN begonnen habe.
1338
Nach einer erneuten kritischen Würdigung aller beschrieben Umstände kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass … von dem Zeugen … zunächst gesagt wurde, dass sein Bruder seinen Gehirntumor mit BG-MUN geheilt wurde. Er übersandte ihr Unterlagen zu BG-MUN, darunter auch Behandlungsberichte, in denen eine hohe Wirksamkeit bei Krebserkrankungen suggeriert wurde. …, die eine Alternative zu Chemotherapie in Erwägung zog, interessierte sich daraufhin für das Produkt. Da sie jedoch aufgrund der ihr übersandten Unterlagen nicht vollständig überzeugt war, wollte sie sich ein persönliches Bild machen und nahm die Einladung des Zeugen … zu einer Gartenparty nach Wiesloch am 07.07.2018 an. In dem Glauben, dass sie eventuell ein Produkt gefunden hatte, das sich als „ihr Weg“ erweisen könnte, nahm … am 05.07.2018 ihren Chemotherapietermin wahr. Am 07.07.2018 kam es zu einem Gespräch mit dem Angeklagten B., in dem dieser … gegenüber behauptete, dass BG-MUN das Immunsystem des Körpers derart stärken könne, dass der Krebs vernichtet werde. Er habe bereits Angebot der Pharmaindustrie über 40 Millionen € für sein Produkt bekommen. Als die Angeklagte G. hinzukam, verwiesen beide auf viele Erfolge, die sie mit BG-MUN bereits gehabt hätten, unter anderem den Bruder des Zeugen …. Aufgrund dieses Gesprächs glaubte … nun endlich „ihren Weg“ zur Heilung gefunden zu haben. Sie vereinbarte einen Termin in der Praxis der Angeklagten G. für den 11.07.2018, nahm diesen wahr und sagte den Termin für die Durchführung ihrer Chemotherapie vom 12.07.2018 nach dem Gespräch mit der Angeklagten G. ab.
1339
Die Angaben des Angeklagten B. zu einem Angebot der Pharmaindustrie über 40 Millionen € sowie die Behauptung, dass die Pharmaindustrie ihn verfolgt habe, weil er das Angebot abgelehnt habe, ist bereits geeignet, um eine hohe Wirksamkeit des BG-MUN zu suggerieren. … hat dieser Behauptung auch Glauben geschenkt. Dies ergibt sich bereits aus einer der vorbenannten W...App-Nachrichten, in der sie den Angeklagten B. lobt, dass er das Geld nicht genommen habe. Ebenso teilte sie dem Angeklagten B. am 17.07.2018 per W...App mit, dass sie gerne helfen möchte, die „Chemoindustrie“ zu bekämpfen (vgl. Bl. 91 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Am 19.07.2018 betont sie abermals per W...App gegenüber dem Angeklagten B., dass sie großes Interesse habe, mit ihm zusammen zu arbeiten und der „Pharmaindustrie Paroli zu bieten“ (Bl. 92 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1340
Insgesamt steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass … durch … auf BG-MUN aufmerksam und ihr Interesse daran geweckt wurde. Der Entschluss, die Behandlung auf BG-MUN umzustellen und die Chemo abzubrechen, fasste … aber erst aufgrund der Anpreisungen der beiden Angeklagten auf der Gartenparty und bei dem Besuch in der Praxis der Angeklagten G. am 11.07.2018 in …. Damit ist die Einlassung der Angeklagten G., … habe sich lange vor dem Kennenlernen für einen Abbruch der Chemotherapie entschieden (vgl. C. III. 2.) zur Überzeugung der Kammer widerlegt.
iii. Kauf von BG-MUN am 11.07.2018
1341
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Ausführungen zum Termin und zum Kauf von BG-MUN unter C. III. 9. a) (1) (b) ii. Bezug genommen. Die Kammer ist aufgrund des Preises, den … der … per Facebook-Messenger genannt hat sowie der W...App-Nachricht des Angeklagten B. vom 09.07.2018 an die Angeklagte G., überzeugt, dass … 5.900,00 € in bar für eine Packung BG-MUN an die Angeklagte G. bezahlte. Dabei glaubte sie, wie bereits ausgeführt, daran, dass sie ein hochwirksames Mittel gegen ihre Krebserkrankung erstand.
1342
Die Kammer ist überzeugt, dass die Angeklagten … zu einer Injektion von BG-MUN in die Bauchdecke mittels einer Spritze rieten. Die Angaben von … diesbezüglich sind glaubhaft. So schreibt sie selbst mehrfach an den Angeklagten B. per W...App, dass sie eine Spritze genommen habe (vgl. Nachricht v. 14.07.2018 um 07:48:12 Uhr, Nachricht v. 16.07.2018 um 07:35:58 Uhr Bl. 88, 90 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Außerdem haben die Zeugen … und … bestätigt, dass … sich das Mittel in den Bauch injiziert habe.
iv. Weiterer Behandlungsverlauf und fehlerhafte MRT-Untersuchung
1343
Die Kammer ist überzeugt, dass die Angeklagten im weiteren Verlauf der Behandlung der … mit BG-MUN eine immer bedeutendere Position einnahmen und auf die weiteren Entscheidungen der … hinsichtlich ihrer Behandlung erheblichen Einfluss nahmen. Dabei bewegten sie … dazu, anstehende Untersuchungen bei den behandelnden Ärzten zu verschieben, sodass eine Verschlechterung der Befunde erstmals im Oktober 2018 beschrieben werden konnte. Gegenüber … deuteten die Angeklagten den Befund jedoch als großen Erfolg und suggerierten ihr, dass die Heilung ihrer Erkrankung kurz bevorstehe.
1344
Diese Überzeug beruht auf den Angaben der … gegenüber …, die sich aufgrund der verlesenen W...App-Nachrichten und E-Mails als glaubhaft erweisen.
1345
… war von der Behandlung durch die Angeklagte G., die sie am 11.07.2018 aufnahm, vollkommen begeistert. Dies brachte sie gegenüber dem Zeugen …, aber auch gegenüber dem Angeklagten B. immer wieder zum Ausdruck. So schrieb sie dem Zeugen … am 11.07.2018 um 13:34:09 Uhr: „Ich kann es nicht fassen – du hast mich gerettet!!!“ (vgl. Bl. 25 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Der Zeuge … informierte sie noch am selben Tag darüber, dass auf dem Röntgenbild seines Bruders nichts mehr zu sehen sei, er sei vollkommen verschwunden, was beide euphorisch feiern (vgl. Bl. 25 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1346
Nach Abbruch der Chemotherapie und der Aufnahme der Behandlung mit BG-MUN fühlte sich …, so wie sie es … beschrieben hat, körperlich besser. Dies bestätigten die Zeugen … und …. Die Angaben sind glaubhaft, weil … dies auch gegenüber dem Zeugen … per W...App berichtete. Auf seine Frage vom 12.07.2018, wie es ihr nach der ersten Spritze gehe, antwortete sie, sehr gut, sie sei gerade geritten, herrlich sei das ohne Chemo (vgl. Bl. 27 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Auch dem Angeklagten B. teilte sie am 14.07.2018 mit, dass sie sich gut fühle und ihr aufgeblähter Bauch weg sei (vgl. Bl. 89 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1347
… hatte eigentlich einen Termin für ein CT am 20.08.2018, den sie jedoch auf Anraten der Angeklagten B. und G. absagte. Dies berichtete der Zeuge … der Kammer in seiner Einvernahme. Ein solches CT sei nach den Angaben des Zeugen … eigentlich alle 2 bis 3 Monate erforderlich gewesen. Das letzte CT habe der behandelnde Onkologe … im Mai 2018 gemacht. G. und B. hätten gesagt, dass das BG-MUN zunächst wirken solle und deshalb kein bildgebendes Verfahren erforderlich sei. Diese Angaben sind glaubhaft. Sie werden bestätigt durch die glaubhaften Angaben des behandelnden Arztes, dem Zeugen …. Dieser berichtete, … habe eine Untersuchung im CT im Sommer 2018 abgesagt. Warum, sei ihm allerdings nicht bekannt.
1348
Der Ablauf des Geschehens ist jedoch über die verlesenen W...App-Chatverläufe der … nachvollziehbar und auch diese bestätigen die Angaben des Zeugen …. Am 17.07.2018 um 20:56:47 (UTC+2) Uhr teilte … noch mit, dass sie am 20.08. eine CT-Untersuchung habe. Sie sei gespannt (vgl. Bl. 28 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Auch den Angeklagten B. informierte … per W...App-Nachricht am 19.07.2018 über das für den 20.08.2018 geplante CT (vgl. Bl. 92 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1349
Auf die Nachfrage des Zeugen … vom 23.07.2018, wie die Sachlage sei, antwortete …, dass sie heute auch schon mit … telefoniert habe. Ihr Körper sei massiv dabei, Schadstoffe abzubauen (vgl. Nachricht v. 23.07.2018 um 19:03:52 (UTC+2) Uhr, Bl. 30 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Am 26.07.2018 bemerkte … in einer Nachricht gegenüber der Angeklagten G., dass der nächste OP-Termin des … erst am 22.08.2018 also nach ihrem CT sei (vgl. Bl. 44 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Auch zu diesem Zeitpunkt war der Termin am 20.08.2018 offensichtlich noch nicht abgesagt. Dies ergibt sich auch aus den Nachrichten der … an den Angeklagten B. vom selben Tag (vgl. Bl. 94 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1350
Auch aus diesem Nachrichtenverlauf ergibt sich ein wachsender Einfluss der Angeklagten auf … und ihre weitere Behandlung. So teilte … dem Angeklagten B. am 26.07.2018 mit, dass sie noch den Port habe und fragte nach, ob dieser Einfluss auf das CT-Ergebnis habe. … wolle gerne, dass sie diesen vorher entferne. Ihre Familie sei aber dagegen. Der Angeklagte B. antwortete ihr, dass sie das entscheiden müsse. … habe aber Recht (vgl. Bl. 94 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Auch wenn der Angeklagte B. ihr nicht ausdrücklich zur Entfernung des Chemotherapie-Ports rät, wird seine Meinung deutlich. Auch die Angeklagte G. hatte vorher offensichtlich zur Entfernung des Ports geraten.
1351
Am 15.08.2018 teilte … dem Angeklagten B. mit, dass sie am Sonntag die letzte „BG-Spritze“ nehme und die CT-Untersuchung dann am 25.09.2018 sei. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie folglich den Termin am 20.08.2018 bereits abgesagt. Außerdem teilte sie dem Angeklagten B. mit, dass die Angeklagte G. ihr „unter Umständen“ zu einem weiteren Zyklus oder einem halben geraten habe. Sie fragte ihn, wie er das sehe und ob sie nicht erstmal das Ergebnis abwarten solle. Der Angeklagte B. hielt sich in seiner Antwort bedeckt und entgegnete lediglich, … solle das mit der Angeklagten G. besprechen. Dies entspricht genau dem von der Kammer festgestellten, unter den Angeklagten abgestimmten Modus Operandi, nach dem sich der Angeklagte B. zunehmend zurückzog und das Auftreten gegenüber den Patienten der Angeklagten G. überließ, (vgl. C. III. 6.).
1352
Aus dem weiteren Nachrichtenverlauf wird auch deutlich, dass es tatsächlich der Angeklagte B. war, der der … von der Durchführung des CT im August 2018 abgeraten hatte. Am 22.08.2018 führen … und der Angeklagte B. folgende W...App-Konversation (Bl. 110 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“):
Die letzte BG-MUN Spritze habe ich letzten Sonntag genommen. Am 25.09 ist das CT. Du sagtest, dass das Medikament im Körper wirken soll, daher einige Zeit zum CT.
Am Freitag bin ich wieder bei ….
Angenommen sie ist der Meinung, dass ich weiter BG-MUN nehmen soll – ist es vor dem CT sinnvoll? Oder lieber ersteinmal das CT abwarten?
Mir geht es gut – ich fühle mich gut – hatte gestern wieder eine Reitstunde.
(Nachricht vom 22.08.2018 um 07:51:11 (UTC+2))
(Nachricht vom 22.08.2018 um 08:18:59 (UTC+2))
1353
In dieser Situation wird deutlich, dass … einem Rat des Angeklagten B. folgend, den Termin für eine Untersuchung um über einen Monat verschoben hat. Der Angeklagte B. reagierte überhaupt nicht auf die Mitteilung der … zum CT. Er beantwortete auch keine der von … gestellten Fragen, sondern verwies auf die Angeklagte G., die ja – wie bereits dargelegt – … bereits zur weiteren Einnahme von BG-MUN geraten hatte. Der Angeklagte B. bestärkte … also in ihrem Vertrauen auf die Angeklagte G., denn das sei das Beste, weil diese … kenne.
1354
Am 25.08.2018 tauschen … und … folgende Nachrichten aus (vgl. Bl. 32 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“):
„Hallo …, das freut mich zu hören das auch bei dir der Tumor zurück gegangen ist durch was wurde das nun festgestellt? Mein Bruder hatte das MRT gemacht. Ich drück dir die Daumen das auch bei dir im September alles gut ist und der Tumor weg ist. Ich wünsche dir ein schönes und erholsames Wochenende Gruß …“
(Nachricht vom 25.08.2018 um 10:38:21 (UTC+2))
Sie hat es ausgependelt. Näheres dann am 25.9. mir geht es wirklich gut und ich weiß, dass wir es schaffen werden.
(Nachricht vom 25.08.2018 um 11:02:40 (UTC+2))
1355
Die Kammer ist überzeugt, dass mit „sie“ die Angeklagte G. gemeint ist. Dies ergibt sich daraus, dass … am 21.08.2018 mitteilte, dass sie am Freitag wieder bei … sei. Am Samstag, den 25.08.2018, schrieb sie dann dem Zeugen … die vorbezeichnete Nachricht. Der Zeuge … fragte explizit danach, wie festgestellt worden sei, dass der Tumor von … zurückgegangen sei. Zunächst hatte … ihm mitgeteilt, dass sie am 20.08.2018 einen CT-Termin habe. In Ihrer Antwort nimmt sie jedoch nicht auf ein Ergebnis einer solchen Untersuchung Bezug. Damit wird nochmals bestätigt, dass … einen solchen Termin nicht wahrgenommen hat. Stattdessen hat die Angeklagte G. schlicht behauptet, dass der Tumor zurückgegangen sei, ohne dass dies durch ein bildgebendes Verfahren überprüft worden wäre. Vielmehr hatte sie es ausweislich der Nachricht der … „ausgependelt“.
1356
Die weitere Beeinflussung durch die Angeklagten G. und B. wird durch den weitergehenden Nachrichtenverlauf bestätigt. Am 22.09.2018 teilte … dem Zeugen … mit, dass sie einen MRT-Termin am 01.10.2018 habe. Als der Zeuge … wissen will, ob es verschoben worden sei – zuvor hatte … den 25.09. genannt – schrieb … folgende Nachricht:
„Ich sollte ein CT bekommen. … und … haben mir aber ein MRT empfohlen – dieses hat keine Strahlenbelastung. Deshalb neuer Termin – bin sehr gespannt!!! Werde dir sofort berichten …“
(Nachricht vom 22.09.2018 um 10:51:52 (UTC+2); Bl. 34 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“)
1357
Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit dieser Angabe zu zweifeln, denn zum Zeitpunkt der Nachricht war … nach wie vor vollkommen begeistert von den Angeklagten und vertraute ihnen ohne Bedenken.
1358
Das Abraten von einem CT hin zu einem MRT durch die Angeklagten G. und B. wird nicht nur durch die bloße Behauptung der … gegenüber … und … belegt, sondern ergibt sich auch aus dem Nachrichtenaustausch zwischen … und den Angeklagten G. und B.. Auch dies belegt nochmals, dass die Angaben der … der Wahrheit entsprechen.
1359
Der Angeklagte B. riet … auf ihre Nachfrage per W...App-Nachricht vom 24.08.2018 ausdrücklich zu einem MRT und zwar mit der Begründung, dass das CT Fläche sei und das MRT Schichten (vgl. Bl. 113 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1360
Auch die Angeklagte G. suggerierte …, dass eine MRT-Untersuchung besser sei als eine CT-Untersuchung, und zwar entgegen dem ausdrücklichen Rat des behandelnden Arztes …. Dies ergibt sich aus dem folgenden Nachrichtenaustausch zwischen der Angeklagten G. und …:
Der Professor besteht auf einem CT, da er damit bessere Bilder erzielen könnte, als bei einem MRT. Wie siehst du das? Lg“
(Nachricht vom 19.09.2018 um 08:51:24 (UTC+2))
„Ich habe in Düsseldorf eine Klinik gefunden, wo ich auch kurzfristig Termine für ein MRT bekommen könnte.“
(Nachricht vom 19.09.2018 um 08:53:15 (UTC+2))
„Guten Morgen, ich würde es in Düsseldorf probieren. LG“
(Nachricht vom 19.09.2018 um 09:11:54 (UTC+2))
„Ok danke das wollte ich hören glg“
(Nachricht vom 19.09.2018 um 09:32:11 (UTC+2))
„Ich habe mich durchgesetzt/MRT! Danke für deine tolle Unterstützung““
(Nachricht vom 19.09.2018 um 09:49:35 (UTC+2))
1361
Allein die Existenz dieser Nachrichten belegt schon, dass das Thema MRT oder CT zwischen der Angeklagten G. und … auch schon zuvor besprochen worden sein muss, denn sonst hätte … keine Veranlassung gehabt, der Angeklagten G. von der ablehnenden Haltung des Professors – gemeint ist offensichtlich … – zu berichten und um Rat zu fragen. Die Angeklagte G. rät der … zwar nicht ausdrücklich von einem CT ab, sie sagt jedoch, was sie machen würde, und zwar in Kenntnis der Auffassung des behandelnden Arztes. Da man jedoch als Patient nach Auffassung der Kammer davon ausgehen darf, dass der Therapeut mit der Formulierung „ich würde das machen“ stets das nennt, was er für das Beste hält, wird durch die Behauptung der Angeklagten G. jedenfalls konkludent von einem CT abgeraten. Der Zeuge … konnte sich an ein Gespräch zum Thema MRT oder CT mit der … zwar nicht mehr erinnern und äußerte auch, dass man grundsätzlich mit beiden Untersuchungsmethoden das Voranschreiten einer Krebserkrankung detektieren könne. Allerdings schließt dies nicht aus, dass der Zeuge … damals gesagt hat, dass das CT bessere Bilder erzeuge und er dies gegenüber … auch so geäußert hat. Selbst wenn er dies nicht geäußert haben sollte, hat … dies jedenfalls gegenüber der Angeklagten G. so behauptet und die Angeklagte G. hat wie festgestellt reagiert. … informierte die Angeklagte G. noch am selben Tag über einen MRT-Termin am 01.10.2018 (vgl. Bl. 55 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1362
Ebenso riet der Angeklagte B. der …, nachdem diese ihm sowohl am 04.09.2018 als auch am 07.09.2018 mitgeteilt hatte, dass ihre Ärzte ihr gesagt hätten, dass sie bei einem MRT die Lunge nicht sehen könnten, ausdrücklich zur Durchführung eines MRT. Dabei teilte er ihr mit, dass ein MRT eine Schichtaufnahme in 3D sei, sauberer gehe es nicht (vgl. Bl. 127 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Genau wie die Angeklagte G., erteilte er also einen medizinischen Rat entgegen dem ärztlichen Rat.
1363
Kurz vor der MRT-Untersuchung suggerierte die Angeklagte G. der … erneut eine erfolgreiche Behandlung und deutete an, dass … vielleicht nochmal BG-MUN benötigen werde. Dies steht fest aufgrund der verlesenen W...App-Nachrichten zwischen der Angeklagten G. und … vom 29.09.2018. … bat die Angeklagte G. darum, ihr für die MRT-Untersuchung die Daumen zu drücken. Darauf antwortete die Angeklagte G.:
„Hallo liebe …, klar. Du merkst ja wie es dir geht. Ev wirst du noch eine oder ½ Packung BG-Mun brauchen, aber das weißt du ja GIG …
(Nachricht vom 29.09.2018 um 19:47:12 (UTC+2); Bl. 55 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“)
1364
Diese MRT-Untersuchung wurde am 01.10.2018 durchgeführt. Dabei unterlief der ausführenden Praxis jedoch ein Fehler. Zur Überzeugung der Kammer wurden nicht alle relevanten Körperstellen von … in die Untersuchung miteinbezogen. Es wurde ein MRT des Bauchraums (Abdomen) gemacht. Zur Feststellung der Entwicklung des Speiseröhrenkrebses wäre aber ein MRT des Brustraums (Thorax) erforderlich gewesen.
1365
Trotzdem deuteten die Angeklagten G. und B. gegenüber … das Ergebnis der Untersuchung als immensen Erfolg und behaupteten, dass der Tumor in der Speiseröhre vollständig verschwunden sei. Die Überzeugung der Kammer beruht auf den Angaben der … gegenüber …, die sich aufgrund des damit übereinstimmenden Verlaufs der verlesenen W...App-Nachrichten aus dem Oktober 2018, als zutreffend erweisen.
1366
Am 01.10.2018 teilte … mit, dass 900 Bilder gemacht worden seien, die nun ausgewertet würden. Sie habe noch kein Ergebnis (vgl. Bl. 34 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Auch den beiden Angeklagten teilte … per W...App mit, dass die Untersuchung am 01.10.2018 durchgeführt worden sei (vgl. Bl. 55 und 153 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1367
Am 04.10.2018 um 09:21:55 (UTC+2) Uhr meldete sich … bei der Angeklagten G. und teilte ihr mit, dass das Ergebnis des MRT da sei und sie es ihr direkt zumaile. Dasselbe teilte sie dem Angeklagten B. mit. Sie bitte ihn um Info (vgl. Bl. 155 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“. Um 10:18:07 (UTC+2) Uhr fragte der Angeklagte B. … nach einem Telefonat.
1368
Die Kammer ist überzeugt, dass der Angeklagte B. und die Angeklagte G. das Ergebnis gegenüber … als riesigen Erfolg ausgaben. Diese Überzeugung beruht auf nachfolgenden Umständen:
1369
Am 04.10.2018 um 14:05:56 (UTC+2) Uhr, und damit nach dem Telefonat mit dem Angeklagten B., meldete sich … erneut bei … und schrieb folgende Nachricht:
„…! Du hast mir das Leben gerettet! Das Ergebnis ist super!
Habe schon mit … und mit … telefoniert. Es sind nich Metastasen in Leber und Lunge, aber die Organe arbeiten kräftig!!!
1370
… hatte also sowohl mit dem Angeklagten B. als auch mit der Angeklagten G. telefoniert. Sie war offensichtlich davon überzeugt, dass sich alles erheblich verbessert hatte. Dies haben ihr die Angeklagten bestätigt. Noch am selben Tag teilte … dem Angeklagten B. mit, dass ihr Schwager frage, warum in den Ergebnissen nichts zu ihrer Speiseröhre gesagt werde (vgl. Bl. 155 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“)
1371
Somit hatte der Schwager der …, wie sie es … erzählt hat, Zweifel an der Richtigkeit dieser Interpretation des MRT-Ergebnisses. … teilte dies auch ausdrücklich den Angeklagten G. und B. am 05.10.2018 mit. Ihr Mann habe eine E-Mail an die Angeklagten aufgesetzt, deren Inhalt sie nicht kenne. Er und ihr Schwager zweifelten das MRT-Ergebnis an. Sie fühle sich bei den Angeklagten sehr gut aufgehoben. Sie wisse nicht, was richtig sei.
1372
Die Angeklagte G. beschwichtigte … und behauptete, dass es keinen Tumor in der Speiseröhre der … gebe, obwohl sich diese, wie sich später bestätigte, gerade nicht auf dem MRT-Bildern befand und es daher keinen Anhaltspunkt für die Richtigkeit ihrer Behauptung gab. Die Angeklagte G. schrieb folgendes:
„Hallo liebe …, bleib ruhig. Wenn an der Speiseröhre noch was wäre, dann würdest du es beim Essen merken. LG …“
(Nachricht vom 05.10.2018 um 18:20:38 (UTC+2); Bl. 56 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“)
1373
Der Angeklagte B. antwortete, dass für ihn alles abgeklärt sei (vgl. Bl. 156 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1374
… ließ sich zunächst beschwichtigen und glaubte weiter an einen großen Erfolg. Dies teilte sie am 06.10.2018 … mit. Es gebe noch Stress. Ihr Schwager erkenne das Ergebnis des MRT nicht an. Die Speiseröhre werde nicht erwähnt. Am Montag fahre sie wieder zu ….
1375
Am 08.10.2018 bestätigte sich der Verdacht des Schwagers der …, wie diese in nachfolgender Nachricht … mitteilte:
Hälst du … für seriös? Bei mir ist leider eine falsche Untersuchung gemacht worden. Er hat sie mir gegenüber so gedeutet, als wenn alles ok wäre?!
Jetzt weiß ich immer noch nicht, wie sich alles entwickelt hat und … möchte mir nocheinmal BG Mun empfehlen
(Nachricht vom 08.10.2018 um 11:29:12 (UTC+2); Bl. 36 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1376
Sie informierte auch die Angeklagte G. am 08.10.2018 sowie den Angeklagten B. (vgl. Bl. 57 und 155 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1377
Wie … es gegenüber … geschildert hat, empfand sie aufgrund der Geschehensablaufe eine gewisse Skepsis, vor allem gegenüber dem Angeklagten B. Dies brachte sie auch ausdrücklich gegenüber … zum Ausdruck.
v. Termin in der Praxis der Angeklagten G. und Bestellung von BG-MUN
1378
Die Kammer ist überzeugt, dass … noch am Tag der Nachricht vom 08.10.2018 an … einen Termin in der Praxis der Angeklagten G. wahrnahm, in dem diese der … empfahl, direkt mit der Behandlung mit BG-MUN fortzufahren, ohne das Ergebnis einer neuen Untersuchung abzuwarten.
1379
Diese Feststellung beruht auf den Angaben der … gegenüber der …, die durch die verlesenen W...App-Nachrichten bestätigt werden.
1380
Am frühen Morgen des 08.10.2018 teilte … dem Angeklagten B. mit, dass sie auf dem Weg zur Angeklagten G. sei und fragte ihn, ob er zufällig auch zu … komme, dass sie sich dort treffen könnten. Der Angeklagte B. erwiderte, er habe Termine, er werde sich melden (vgl. Bl. 157 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…). Auch … teilte sie am 08.10.2018 mit, dass sie auf dem Weg zu … sei. Daraus ergibt sich, dass … am 08.10.2018 einen Termin bei der Angeklagten G. wahrnahm.
1381
Die Angeklagte G. riet … zu einer weiteren Behandlung mit BG-MUN. Dies hatte sie, wie bereits zuvor dargelegt, schon öfter getan. Dabei war ihr bewusst, dass es noch kein aussagekräftiges Ergebnis des MRT gab, da eine falsche Untersuchung durchgeführt worden war. Dies hatte ihr … per W...App-Nachricht am 08.10.2018 noch vor dem Termin in der Praxis mitgeteilt.
1382
Nach dem Termin bei der Angeklagten G. am 08.10.2018 um 16:19:32 (UTC+2) Uhr schrieb …, dass sie nun so schnell wie möglich einen MRT-Termin für den Thorax mache. Danach werde entschieden, ob sie nochmals BG-MUN nehme (vgl. Bl. 37 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Daraus ist jedoch zur Überzeugung der Kammer nicht zu schließen, dass die Angeklagte G. … geraten hatte, die nächste Untersuchung abzuwarten, bevor sie mit der Einnahme von BG-MUN fortfahre. Das Gegenteil ergibt sich nämlich aus der Konversation zwischen der Angeklagten G. und … am Abend desselben Tages:
Ich habe mir überlegt, doch direkt mit BG-MUN weiter zu machen und nicht zu warten. Wenn möglich aber zunächst nur mit einer halben Portion (hat auch finanzielle Gründe).
Wie machen wir es mit der Abwicklung. Kannst du es senden?
(Nachricht vom 08.10.2018 um 21:31:13 (UTC+2))
„Hallo liebe …, alles klar. So hatten wir es ja auch besprochen und macht auch Sinn. Dann sende ich dir morgen per PDF-Datei die Rechnung für 5 Ampullen. Die Sendung gehrt dann per DHL raus. Dann kannst du den Sendungsverlauf verfolgen. LG …“
(Nachricht vom 08.10.2018 um 21:41:36 (UTC+2))
Alles klar. Ich denke auch, dass das der richtige Weg ist. Ich möchte nicht warten. Überweise es morgen sofort. Sitze immer noch im Zug … Lg …“
(Nachricht vom 08.10.2018 um 21:43:43 (UTC+2))
1383
Es ist ohne weiteres ersichtlich, dass die Angeklagte G. betont, dass man das sofortige Weiternehmen des BG-MUN schon zuvor auch so besprochen habe. … schließt sich eindeutig der Meinung der Angeklagten G. an, indem sie schreibt, dass sie auch denke, dass das der richtige Weg sei. Die Einlassung der Angeklagten G. ist insofern unvollständig. Diese hatte lediglich behauptet, dass sich … vor dem Vorliegen der MRT-Ergebnisse für einen erneuten Erwerb von BG-MUN entschieden habe. Tatsächlich entschied sich … aber gerade aufgrund des Anratens der Angeklagten zum erneuten Kauf.
1384
Die Bestellung vom 08.10.2018 wird nochmals bestätigt durch die verlesene Rechnung der Angeklagten G. an … vom 10.10.2018, die einen Betrag von 2.950,00 € für 5 Ampullen BG-MUN inklusive Spritzen- und Nadelset sowie 30,00 € Versandkostenpauschale ausweist (vgl. Bl. 35 Fallakte I). … bezahlte die volle Summe von 2.980,00 € per Überweisung auf das Konto der Angeklagten G. bei der … mit der IBAN … am 10.10.2018. Dies steht fest aufgrund der vorgenannten verlesenen Rechnung und dem damit korrespondierenden Kontobewegungen des vorbezeichneten Kontos der Angeklagten G., die die Kammer ebenfalls verlesen hat (vgl. Bl. 175 Sonderband Finanzermittlungen G.). Ebenso hat … dies der Angeklagten G. per W...App am 10.10.2018 um 09:49:51 (UTC+2) Uhr mitgeteilt (vgl. Bl. 60 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1385
Die Versendung von BG-MUN per Post an … ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus den W...App-Nachrichten zwischen … und der Angeklagten G. vom 10.10.2018 und 12.10.2018 aus denen sich die Versendung und die Ankunft des Paktes ergibt (vgl. Bl. 60 und 61 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1386
… nahm das BG-MUN in der Folge ein, wie sie es … beschrieben hat. Dies ergibt sich auch so aus den verlesenen W...App-Nachrichten zwischen der Angeklagten G. und …, in denen … die Einnahme ankündigt und der Angeklagten G. mitteilte, wann sie die letzte Dosis einnehme (vgl. Bl. 60 und 63 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1387
Die Kammer erachtet die Einlassung der Angeklagten G., dass sie bei … keine 15.000,00 € abgerechnet habe, für nicht entscheidungserheblich. Gegenstand des Verfahrens sind allein die Verkäufe von BG-MUN an …. Die übrigen Termine bei der Angeklagten G. und deren Abrechnung sowie etwaige Reise- und/oder Übernachtungskosten sind für die Entscheidung ohne jede Bedeutung.
vi. CT-Untersuchung vom 20.11.2018 und Reaktion der Angeklagten
1388
Die Kammer ist überzeugt, dass es letztlich am 20.11.2018 zu einer CT-Untersuchung bei … kam, bei der sich eine erhebliche Verschlechterung der Krebserkrankung herausstellte. Die Angeklagten stellten dies gegenüber … als deren eigenes Verschulden aufgrund „psychosomatischer Störungen“ dar. … verstarb ohne jeden Zweifel am ...2019 an ihrer Krebserkrankung.
1389
Die vorgenannten Feststellungen beruhen, soweit sie nicht den Tod betreffen, auf den Angaben der … gegenüber …, die sich nach kritischer Prüfung auch diesbezüglich als glaubhaft erweisen, weil sie durch die nachfolgenden objektiven Beweismittel belegt werden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Angaben der … wird auf die Ausführungen unter C. III. 9. a) (1) (a) Bezug genommen.
1390
Bereits am 10.10.2018 teilte … der Angeklagten G. per W...App mit, dass die nächste Untersuchung für den 20.11.2018 angesetzt sei. Das Gespräch mit „dem Professor“ sei am 26.11.2018. Jetzt würden sie Vollgas geben (vgl. Bl. 60 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Auch den Angeklagten B. ließ sie noch im Oktober 2018 wissen, dass am 20.11.2018 das CT anstehe (vgl. Bl. 161 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“).
1391
Die durch das CT festgestellte erhebliche Verschlechterung der Erkrankung wurde bestätigt durch die Angaben des behandelnden Arztes, dem Zeugen … sowie durch die Zeugen … und ….
1392
Am 23.11.2018 übersandte … der Angeklagten G. den CT-Befund per W...App und fragte, was die Angeklagte G. dazu sage. Die Angeklagte G. antwortete ihr daraufhin, dass sie am nächsten Tag telefonieren könnten (vgl. Bl. 67 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Ob dieses Telefonat zustande kam und was dort ggf. besprochen wurde, konnte nicht geklärt werden. Danach kommt es zu keinerlei nennenswerter Kommunikation mehr über W...App zwischen … und der Angeklagten G. Am 28.11.2018 bittet … darum, aus dem Verteiler für die BG-MUN Schulung herausgenommen zu werden. Im März 2019 bittet sie die Angeklagte G., ihr eine fehlende Rechnung über 5.900,00 € für BG-MUN zuzusenden.
1393
Auch mit dem Angeklagten B. teilte … per W...App ihren CT-Befund.
1394
Die Kammer ist überzeugt, dass die Angeklagten G. und B. der … gegenüber behaupteten, die fehlende Wirkung des BG-MUN liege an „psychosomatischen Störungen“ bei der …. Ihre Familie habe nicht an die Wirkung geglaubt und deshalb habe es auch nicht geholfen.
1395
Die diesbezüglichen Schilderungen der … werden belegt durch die eigenen Angaben der Angeklagten G. gegenüber den Reportern von sternTV in den in Augenschein genommenen Videoaufnahmen vom 10.05.2019. Hinsichtlich der Einzelheiten des Inhalts wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. e) (3) (b) Bezug genommen. Die Angaben der Angeklagten G. gegenüber den Reportern von sternTV, die ohne eine diesbezügliche Nachfrage gemacht wurden, beinhalten genau das, was … behauptet, was ihr von der Angeklagten G. gesagt worden sei. Die Kammer hat die Einzelheiten bereits unter C. III. 4. b) (3) (c) (S. 274) ausgeführt, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Aus der unter C. III. 4. b) (3) (c) ausgeführten E-Mail der Angeklagten G. an den Zeugen Dr. K. bestätigt sich zudem nochmals, dass die Angeklagte G. BG-MUN unter der Behauptung verkauft hat, dass damit Metastasen reduziert würden, und zwar so, dass „alles weg ist“.
1396
Vom Tod der … aufgrund ihrer Krebserkrankung haben übereinstimmend und glaubhaft die Zeugen … und … sowie … berichtet.
1397
Auch die Angaben der … hinsichtlich einer Provision des Zeugen … für die Verkäufe von BG-MUN an … erweisen sich als glaubhaft aufgrund der weiteren objektiven Beweismittel. Die Kammer ist ohne jeden Zweifel davon überzeugt, dass es sich bei der „Gartenparty“ des Zeugen … tatsächlich um eine Verkaufsveranstaltung für BG-MUN gehandelt hat, wie … es der … berichtet hat.
1398
Der Zeuge … bestritt bei seiner Einvernahme mehrfach und ausdrücklich, dass es sich bei seiner Gartenparty um eine Verkaufsveranstaltung gehandelt habe. … sei „die einzige“ schwerkranke Person und lediglich zufällig dort gewesen. Alle übrigen Gäste seien „Freunde“ gewesen.
1399
Hinsichtlich einer Provision gab er an, er habe das BG-MUN, das er für seinen Bruder gekauft habe, günstiger bekommen. Er habe 2-mal einen Preisnachlass in Höhe von ca. 400,00 € bekommen. Der Angeklagte B. habe ihm gesagt, wenn er jemanden habe, dann kriege er seine Packung günstiger.
1400
Der Zeuge … setzte sich bei weiteren Nachfragen zu den vorherigen Aussagen in Widerspruch. Außerdem sind seine Angaben hinsichtlich des Zwecks der Gartenparty widerlegt und daher nicht glaubhaft.
1401
Auf die Frage, wie der Angeklagte B. auf der Gartenparty aufgetreten sei, behauptete der Zeuge …, dass der Angeklagte B. halt mit verschiedenen Leuten über das BG-MUN gesprochen habe. Es habe sich um Freunde oder Leute, die sich informiert hätten, gehandelt. Dies ist ein Widerspruch zur Behauptung, dass alle Gäste bis auf … Freunde gewesen seien. Außerdem gab der Zeuge … gegenüber … im verlesenen W...App-Chat zu, dass er 2 bis 3 Leute für einen „Austausch“ kontaktiert habe. Zugleich revidierte er, dass auf der Party nur Freunde gewesen seien. Außer … sei nur seine Nachbarin da gewesen, die mit dem „…“ habe sprechen wollen (vgl. Nachricht v. 18.02.2019, Bl. 43 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Wie unter C. III. 9. a) (1) (b) ii. bereits ausgeführt, hatte der Zeuge … auch gegenüber dem Angeklagten B. kommuniziert, er mache eine Party für Fachleute und Käufer von BG-MUN. Auf die diesbezüglichen Ausführungen unter C. III. 9. a) (1) (b) ii., die nochmals den Charakter der Gartenparty belegen, wird Bezug genommen.
1402
Die Zahlung einer Provision für den 2. Kauf der … ist belegt durch die verlesene W...App-Kommunikation zwischen der Angeklagten G. und dem Zeugen …. Die Angeklagte G. teilte dem Zeugen … in zeitlichen Zusammenhang zum 2. Kauf der … am 08.10.2018 am 13.10.2018 mit, dass der Zeuge …, wie besprochen, 200,00 € Provision von „…“ bekomme, die sie mit offenen Forderungen verrechnen werde (vgl. Bl. 69 Sonderband Asservatenauswertung). Bei der Abkürzung … handelt es sich zweifellos um die aus Osnabrück stammende …. Die Kammer schließt dies aus den passenden Initialen, dem passenden Ort und dem zeitlichen Zusammenhang zum 2. Kauf von ….
viii. Professorentitel der Angeklagten G.
1403
Die Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Professorentitel der Angeklagten G. bei der Kaufentscheidung der … irgendeine Rolle gespielt hat.
1404
Im in Augenschein genommenen Interview der … mit … erwähnt diese den Professorentitel der Angeklagten G. nur sehr kurz. Auf die Ausführungen unter C. III. 9. a) (1) (a) wird Bezug genommen.
1405
Aus den Angaben ergibt sich nicht, wann … von dem Professorentitel erfahren hat und ob dieser ihre Kaufentscheidung beeinflusste.
1406
Die Kammer hat sich daher ein eigenes Bild gemacht und kommt nach Würdigung aller Beweise zu dem Ergebnis, dass … bei dem Kauf von BG-MUN nicht durch einen Professorentitel der Angeklagten G. beeinflusst wurde.
1407
Der Zeuge … berichtete der Kammer, dass … ihm bei der Strafanzeigenerstellung gesagt habe, dass sie bereits im Juli 2018 von dem Professorentitel der Angeklagten G. erfahren habe. Diesen habe die Angeklagte G. von der … Universität …. Auch deshalb habe sie der Angeklagten G. vertraut.
1408
Auch der Zeuge … berichtete der Kammer, er sei sich relativ sicher, dass … ihm sehr früh berichtet habe, dass die Angeklagte G. einen Professorentitel gehabt habe, der sie sehr beeindruckt habe.
1409
Die Zeugin … führte gegenüber der Kammer aus, dass ihre Mutter zu ihren Lebzeiten auch mal über einen Professorentitel der Angeklagten G. gesprochen habe und überrascht gewesen sei. Sie könne aber nicht mehr sagen, wann genau das eine Rolle gespielt habe.
1410
Aus diesen Zeugenaussagen konnte die Kammer nicht mehr nachvollziehen, wann genau der Professorentitel … bekannt geworden ist. In den verlesenen E-Mails der Angeklagten G. an … bzw. … vom 07.08.2018 (Bl. 17 Fallakte I), 06.10.2018 (Anlage I zum Protokoll v. 03.08.2021), taucht der Professorentitel in der E-Mail-Signatur nicht auf. Auch auf der Rechnung an … vom 10.10.2018 ist kein Professorentitel aufgeführt.
1411
Erstmals zu sehen ist er in einer E-Mail der Angeklagten G. an … vom 13.11.2018, in der sich die Angeklagte G. in der E-Mailsignatur als „…G. – Heilpraktikerin“ bezeichnet (vgl. Bl. 34 Fallakte I).
1412
Dieser Zeitraum der erstmaligen Nutzung des Professorentitels gegenüber … steht auch mit den Angaben der Zeugin … in Einklang. Diese berichtete der Kammer, dass sie … von dem Professorentitel der Angeklagten G. auf ihrer Rechnung berichtet habe. Darüber sei … erstaunt gewesen. Sie beide hätten sich darüber gewundert, denn auf der Rechnung der … sei dieser nicht drauf gewesen. Wie bereits dargelegt fand der Kauf von BG-MUN durch die Zeugin … im November 2018 und damit in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu der neuen E-Mailsignatur der Angeklagten G. statt. Die Angaben der Zeugin … werden zudem gestützt durch die verlesene W...App-Konversation zwischen der Zeugin … und …. In dieser übersandte die Zeugin … den „Professor“ am 08.11.2018. … antwortete darauf, dass sie das stutzig mache und fragte, ob „sie sich den Titel“ gekauft habe (vgl. Bl. 184 Sonderband Mobiltelefonauswertung „…“). Auch dies spricht dafür, dass … erst im November 2018 von dem Professorentitel Kenntnis erlangt hat. Die Kammer kann somit nicht ausschließen, dass … erst im November 2018 von dem Professorentitel der Angeklagten G. erfuhr und geht daher davon aus, dass dieser für die beiden Käufe von BG-MUN keine Rolle spielte. Soweit der Zeuge … der Ansicht war, dass ihm seine Frau bereits im Juli von dem Professorentitel berichtet hat, hat er sich offensichtlich geirrt. Die Glaubhaftigkeit des Zeugen … wird dadurch nach Überzeugung der Kammer nicht berührt.
(2) Wahrheitsgehalt der Aussagen der Angeklagten
1413
Die Kammer ist überzeugt, dass der Angeklagte B. und die Angeklagte G. … in den wesentlichen Punkten mit der Unwahrheit bedient haben.
1414
Zur Überzeugung der Kammer ist BG-MUN nicht in der Lage, das Immunsystem des Körpers derart zu stärken, dass der Krebs vernichtet wird. Ebenso wenig hatte BG-MUN im Juli 2018 bereits vielen geholfen. Ein Angebot der Pharmaindustrie über 40 Millionen € gab es zu keinem Zeitpunkt. Ebenso wenig hatte die Angeklagte G. im Juli 2018 mit dem Mittel BG-MUN bereits große Erfolge gegen Krebs erzielt.
1415
Das Ergebnis der MRT-Untersuchung war entgegen den Behauptungen der Angeklagten kein großer Erfolg.
1416
Die Feststellungen zu den nicht vorhandenen krebsheilenden Eigenschaften von BG-MUN beruhen auf den Feststellungen zur stofflichen Zusammensetzung, wegen derer auf die Ausführungen unter C. III. 3. (4), (5) und (6) Bezug genommen wird, sowie auf den nachfolgenden Ausführungen des Sachverständigen …, die die Kammer nach eigener Prüfung für plausibel und nahvollziehbar hält und sich zu eigen macht:
1417
Der Sachverständige … führte aus, dass es durch nichts wissenschaftlich untermauert sei, dass BG-MUN eine immunologische Therapie gegen Speiseröhrenkrebs sei. Derzeit behandle man Patienten mit einem inoperablem, fortgeschrittenem oder metastasiertem Ösophaguskarzinom tatsächlich mit einer Immuntherapie, und zwar mit Checkpoint-Inhibitoren. Dies sei wirksamer als der bisherige Standard einer Chemotherapie. Eine Heilung von Speiseröhrenkrebs im metastasierten Stadium, also Stadium 4 sei derzeit nicht möglich. Das Produkt BG-MUN hingegen enthalte keinerlei Hormone oder Interleukine, also Botenstoffe oder Wachstumsfaktoren. Es existierten daher keinerlei Hinweise, die für die klassischen, wissenschaftlich gut definierten Mechanismen der Zellkommunikation und/oder Regeneration beschrieben seien. Immuneffektorzellen seien in dem Produkt ebenfalls nicht enthalten. Die Behauptung könne daher pathophysiologisch nicht erklärt werden. Wissenschaftliche Daten gebe es nicht. Die Behauptung entbehre daher jeder wissenschaftlichen Grundlage. Es sei pathophysiologisch nicht zu erklären, wie BG-MUN mit seiner Mischung aus zytosolischen Proteinen überhaupt gegen das Ösophaguskarzinom wirksam sein solle.
1418
Die Kammer konnte, wie bereits mehrfach ausgeführt, keine Person feststellen, die durch BG-MUN nachhaltig von ihrer Krebserkrankung geheilt worden sein soll. Die Angeklagte G. hatte keinerlei nennenswerten Erfolge, auch wenn sie dies stets behauptete.
1419
Ein Angebot der Pharmaindustrie über 40 Millionen Euro ist durch nichts belegt und bleibt eine reine Erfindung des Angeklagten B. Aufgrund der dargelegten „Entdeckung“ von BG-MUN und dem Tatplan des Angeklagten B. kann ausgeschlossen werden, dass er das Produkt irgendwelchen Pharmaunternehmen angeboten hat. Ein Angebot von 40 Millionen Euro für ein vollständig ungeprüftes Präparat erscheint der Kammer abwegig.
1420
Wie bereits ausgeführt, stellte sich die Behandlung mit BG-MUN für … als großer Fehlschlag heraus. Anders lautende Behauptungen der Angeklagten entsprachen nicht der Tatsachenlage.
(3) Tatbeteiligung des Angeklagten B.
1421
Hinsichtlich des ersten Verkaufs von BG-MUN ergibt sich die Tatbeteiligung des Angeklagten B. bereits unmittelbar aus den von ihm gegenüber der Sabine Hartung vorgenommenen Täuschungshandlungen.
1422
Beim zweiten Verkauf von BG-MUN im Oktober 2018 gingen die Angeklagten G. und B. tatplangemäß vor Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 6. Bezug genommen.
1423
Der Angeklagte B. lieferte, dem Tatplan entsprechend um den 24.09.2018 5 Packungen BG-MUN, bzw. das notwendige Material, also Ampullen und Schachteln, an die Angeklagte G., von denen diese dann 5 Ampullen an … veräußerte. Die Lieferung von BG-MUN ergibt sich aus der diesbezüglich verlesenen Rechnung vom 24.09.2018 (vgl. Asservat 8.2).
(4) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung durch die Angeklagten
1424
Beide Angeklagte handelten bei beiden Verkäufen an … jeweils gewerbsmäßig. Hinsichtlich des ersten Verkaufs ergibt sich dies bereits aus dem Ambiente der „Gartenparty“, die jedenfalls die beiden Angeklagten als Verkaufsveranstaltung betrachteten.
1425
Bei dem zweiten Verkauf im Oktober 2018 handelte es sich hinsichtlich der Angeklagten G. ausweislich der verlesenen Rechnung um einen Verkauf im Rahmen ihres Gewerbes, das keinen anderen Zweck hatte, als BG-MUN zu veräußern.
1426
Hinsichtlich des Angeklagten B. handelte es sich bei der Lieferung um ein Geschäft der …, woraus sich das gewerbsmäßige Handeln des Angeklagten B. ohne jeden Zweifel ergibt.
(5) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1427
Der Angeklagte B. wusste bei beiden Verkäufen, dass die Anpreisungen über BG-MUN, die er bzw. die Angeklagte G. gegenüber … machte, nicht der Wahrheit entsprachen. Dabei kam es ihm gerade darauf an, BG-MUN aufgrund von Irrtümern über die Eigenschaften des Produktes an die schwer an Krebs erkrankte … zu vertreiben, um sich selbst zu bereichern und seinen Lebensunterhalt zu sichern. Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und c) Bezug genommen.
1428
Die Vorgehensweise beim zweiten Verkauf von BG-MUN entsprach dem Tatplan der Angeklagten. Bei der Lieferung von BG-MUN an die Angeklagte G. war dem Angeklagten B. bewusst, dass diese das BG-MUN unter falschen Anpreisungen in den Verkehr bringen würde.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1429
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite bei der ersten Abgabe von BG-MUN an … wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) Bezug genommen.
1430
Hinsichtlich der zweiten Abgabe wusste der Angeklagte B. genau, dass die Angeklagte G. BG-MUN als Arzneimittel in den Verkehr bringen würde, weil dies dem gemeinsamen Tatplan entsprach. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 6. Bezug genommen.
(6) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1431
Die Angeklagte G. nahm bei beiden Verkäufen von BG-MUN an … zumindest billigend in Kauf, dass die Anpreisungen über BG-MUN, die sie bzw. der Angeklagten B. machten, nicht der Wahrheit entsprachen. Dabei nahm sie zumindest billigend in Kauf, dass … aufgrund der durch die Angeklagten hervorgerufenen Fehlvorstellungen über die Eigenschaften des Produkts zum Kauf motiviert wurde. Dabei verfolgte die Angeklagte G. das Ziel, sich selbst zu bereichern und sich eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1432
Die Angeklagte G. wusste, dass BG-MUN rechtlich als Arzneimittel einzustufen war und beabsichtigte in beiden Verkäufen, dies durch die Abgabe an … in den Verkehr zu bringen. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. b) Bezug genommen.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1433
Die Feststellungen zum objektiven Geschehensablauf beruhen auf den glaubhaften Angaben der Zeugen … und … sowie …. Die Angaben der Zeugen stehen im Einklang mit den verlesenen Urkunden.
1434
Die Zeugin … berichtete der Kammer, dass sie nur die Angeklagte G. kenne, nicht jedoch den Angeklagten B. Sie habe seit 2013 Darmkrebs und sei schon mehrfach operiert worden. Zuletzt sei der Krebs gewachsen und das Operieren nicht mehr möglich gewesen. Diese Nachricht habe für sie ein Todesurteil bedeutet. Sie habe nur gedacht, ok, jetzt werde sie sterben, wenn man sie nicht operieren könne. Dann sei ein Freund ihres Sohnes gekommen, der „…“ …. Der habe gesagt, er habe jemanden in Bayern, der ein tolles Mittel habe, das gegen Krebs helfe. Da habe sich ein Tor aufgemacht. … habe ihnen Adresse und Telefonnummer der Angeklagten G. gegeben. Sie seien dann am 14.05.2018 dorthin gefahren zur Frau G. Ihr Sohn sei dabei gewesen und habe alles mitgeschrieben. Auch ihr Mann sei mitgekommen, sie seien zu dritt gewesen, auch im Sprechzimmer. … habe vorher noch – am 28.04.2018 – E-Mails geschickt über das Wundermittel. In den E-Mailanhängen sei von Heilung gesprochen worden. Die Daten habe sie sich aufgeschrieben. 1 oder 2 Spritzen und es gehe einem gut. … habe auch gesagt, er kenne jemanden, dem sei es direkt besser gegangen. Wenn man keine Perspektive habe, dann nehme man das an und die Hoffnung sei da. Sie hätten dann mit dem … ausgemacht, dass sie das Geld bei einem Rechtsanwalt hinterlegen sollten, bis die Angeklagte G. festgestellt habe, ob es geholfen habe.
1435
Sie wisse nicht mehr, ob sie sich bei diesem Termin zum Kauf entschlossen hätten. Sie denke aber, dass sie schon mit dem Entschluss hingefahren seien, es zu kaufen. Entscheidend sei gewesen, dass es helfe. Der … habe gesagt, die Angeklagte G. sage, es helfe und es habe diese E-Mails gegeben. Sie seien nur wegen BG-MUN zur Angeklagten G. gefahren.
1436
Die Angeklagte G. habe gesagt, dass die Pharmaindustrie gegen das Mittel sei, weil es helfe. Sie wolle nicht, dass es zu bekannt werde. Sie werde sich durch BG-MUN besser fühlen. Es werde ihr den Krebs nehmen – das habe ja auch so in den Berichten aus der E-Mail gestanden, über die sie mit der Angeklagten nicht gesprochen habe. Die Angeklagte G. habe gesagt, sie solle ihren Ärzten vor der OP nicht sagen, dass sie das BG-MUN nehme. Das komme nicht so gut an bei der Schulmedizin. So habe sie es dann auch gemacht. Außerdem habe die Angeklagte von ihren Erfolgen gesprochen und, dass sie es selbst nehme.
1437
Der … habe ihnen das Mittel dann am 17.05.2018 persönlich gebracht. Am 22.05.2018 hätte sie eine Rechnung aus Breisach bekommen. Am 24.05.2018 habe sie angefangen, BG-MUN in ihren Bauch zu spritzen. Die Angeklagte G. habe ihr gesagt, wie sie das Mittel spritzen solle. In der Zwischenzeit sei sie beim Arzt gewesen und da sei beim MRT rausgekommen, dass man den Tumor nun doch operieren könne. Vor und nach dieser OP, die am 06.06.2018 stattgefunden habe, habe sie dann BG-MUN genommen. Sie warte heute noch auf die Wirkung. Eine Veränderung habe es nicht gegeben. Es sei ihr auch nicht besser gegangen. Sie seien dann nochmal am 09.07.2018 zur G. hingefahren und dann habe es geheißen, dass sie nach dem Befund nochmal eine Packung brauche. Für 5.900,00 €. Wenn sie das nicht mache, brauche sie nicht mehr kommen. Sie habe dann ihren Sohn angerufen und der habe gesagt, es sei sinnvoll, wenn die G. das sage, dass man das nicht unterbreche. Wegen der ersten Bestellung sei die Angeklagte G. empört gewesen. Sie habe gesagt, das mache sie so nicht mehr, das BG-MUN müsse sofort bezahlt werden. Sie, die Zeugin …, habe es dann weitergenommen, wie die G. es aufgeschrieben habe. In der Hoffnung es werde besser. Am 13.07.2018 sei ihr das Mittel in Rechnung gestellt worden. Es sei komisch gewesen, eine Rechnung aus Panama. Aber … habe gesagt, alles habe seine Ordnung. Die Angeklagte habe ihr gesagt, sie müsse das Geld überweisen und habe das Mittel dann wegen des Sommers nicht verschicken wollen. Deshalb habe … es abgeholt. Am Tag der Ausstrahlung von dem stern-TV-Bericht im Fernsehen habe die G. angerufen und gesagt, sie brauche nach dem letzten Befund vom MRT noch eine 3. Packung. Die Angeklagte habe auch gesagt, es komme etwas im Fernsehen, sie wisse aber nicht was. Sie, die Zeugin …, habe das dann im Fernsehen aufgenommen und nur gedacht, das dürfe sie ihrem Mann nicht zeigen, der rege sich nur auf. Sie sei fix und fertig gewesen und habe die 3. Packung telefonisch abbestellt. Ihr Mann sei dann stinksauer direkt zur Polizei gerannt. Sie habe ihm gesagt, er solle sich beruhigen. Sie habe sich das erst in Ruhe erarbeitet.
1438
Der Zeuge …, der Ehemann der Zeugin … berichtete in Einklang mit den Angaben der Zeugin …, er kenne nur die Angeklagte G. Seine Frau habe Darmkrebs und sei sehr schwer erkrankt. Ein guter Bekannter seines Sohnes habe den Kontakt zur Angeklagten G. hergestellt, der …. Sie hätten alle ihre Erwartungen auf BG-MUN gesetzt und gedacht, durch das BG-MUN werde seine Frau den Krebs besiegen. Der … habe ihnen Unterlagen geschickt, da habe man gedacht, es könnten Tote wieder auferstehen. Aufgrund der Berichte hätten sie schon Hoffnungen gehabt. Diese seien ja dann noch gesteigert worden. Sie hätten sich überreden lassen, Kontakt zur G. herzustellen und seien dann auch nach S. gefahren. Aufgrund der Aufklärung hätten sie sich dann entschlossen, das zu kaufen. Er sei mit seiner Frau im Sprechzimmer gewesen. Beim ersten Kauf habe der … das Mittel zu ihnen gebracht, beim zweiten habe sein Sohn es in … abgeholt. Er selbst habe das Mittel seiner Frau in den Bauch gespritzt, weil die Angeklagte G. das so gesagt habe. Sie seien also erst vom … angesprochen worden, dann zur Angeklagten G. gefahren und hätten dann BG-MUN gekauft. Die Wunderheilung sei ausgeblieben. Die hätten sie schon erwartet wegen der Berichte des …. Die Angeklagte G. habe in dem Gespräch auch gesagt, dass man eine Heilung erreichen könne. Sie habe gesagt, dass sie es auch nehme und es auch gegen andere Sachen helfe, nicht nur Krebs. Sie dürften darüber aber nichts erzählen, weil die Pharmaindustrie da hinterher sei. Die steckten dahinter, dass das Mittel nicht auf den Markt komme. Sie hätten dann 5.900,00 € überwiesen. Die zweite Packung hätten sie bei der G. in der Praxis persönlich bestellt. Sie habe ihre Messungen gemacht und gesagt seine Frau sei auf einem guten Weg, aber es reiche noch nicht und seine Frau müsse nochmal was nehmen. Wegen der ersten Bestellung sei sie entsetzt gewesen und habe gesagt, das laufe so nicht mehr. Sie hätten dann bei der Angeklagten G. bestellt. Die zweite Rechnung war von der …. Das habe sie stutzig gemacht. Sein Sohn habe den … angerufen, aber der habe gesagt, es habe alles seine Richtigkeit.
1439
Er habe den Bericht bei RTL gesehen und sei auf 180 gewesen. Er habe gedacht, das müsse er anzeigen, er könne das nicht so stehenlassen. Er sei rausgestürmt aus dem Haus und zur Polizei.
1440
Der Zeuge …, bei dem es sich um den Sohn der Zeugin … handelt, bestätigte nochmals den Bericht seiner Eltern. Die Krebserkrankung seiner Mutter sei im März 2018 weit fortgeschritten gewesen. Die Ärzte hätten gesagt, seine Mama solle das Leben noch genießen. Sein Fußballkollege, der …, sei zu ihm gekommen und habe gesagt, er habe Kontakt zu jemandem, der habe ein Mittel, das gegen alle möglichen Krankheiten erfolgsversprechend sei. Das sei die G. gewesen. Der … habe ihm eine E-Mail geschickt. Da seien so Patientenaufzeichnungen drin gewesen, mit denen das Mittel beworben wurde. Aids, Alzheimer und Krebs. Außerdem habe der … gesagt, er habe auch einen persönlichen Kontakt, wo er was mitbekommen habe. Nach dem Gespräch mit … seien sie zu dritt nach … gefahren und dort sei ihnen das Mittel von der Angeklagten G. empfohlen worden. Der Kontakt sei entscheidend gewesen. Es sei nicht der … gewesen, der gesagt habe BG-MUN helfe seiner Mutter, sondern die Angeklagte G. Er sei mit im Sprechzimmer gewesen. Dort sei viel besprochen worden. Er habe damals auch ein Protokoll gemacht. Es sei genauso gewesen, wie im Fernsehen und damit meine er sternTV. Es sei ein Naturheilmittel, das schon mal als Medizin zugelassen gewesen sei. Nun sei es ein Nahrungsergänzungsmittel. Die Pharmaindustrie feuere dagegen. Seine Mutter dürfe das Mittel bei ihren Ärzten nicht erwähnen, weil die Pharmaindustrie mit der Schulmedizin unter einer Decke stecke. Dann habe sich seine Mutter entschieden, das Mittel zu kaufen. Sie hätten es aber bei … bestellt. Der habe den Kontakt nach Breisach gehabt und es dort bestellt und dann vorbeigebracht. Das sei bei der G. ganz schlecht angekommen.
1441
Das Mittel sei dann auch eingenommen worden. Erst habe es geheißen oral, aber die Angeklagte G. habe gesagt, man müsse es spritzen.
1442
Die G. habe wohl auch zur zweiten Packung geraten, aber da sei er nicht dabei gewesen. Er habe nur gehört, dass die Rechnung aus Panama sei. Da habe ihn sein Papa angerufen. Die … seien damals in den Medien gewesen. Er habe deshalb den … kontaktiert und auch die G. Der … habe gesagt, er müsse das klären und dann, dass alles in Ordnung sei. Die G. habe gesagt, man müsse die Therapie schon fortsetzen, sonst helfe es nichts. Sie habe Druck aufgebaut. Von einer ärztlichen Behandlung habe die Angeklagte jedoch nie abgeraten. Die Wunderheilung seiner Mutter habe es nicht gegeben. Es habe dann wohl noch einen Anruf der G. gegeben wegen einer dritten Packung. Dann sei eine TV-Sendung gekommen und sein Vater habe aus einer Emotion heraus Strafanzeige gestellt. Der sei nicht aufzuhalten gewesen.
1443
Die Angaben der Zeugen … stehen miteinander zwanglos in Einklang. Sie werden ferner durch die weiteren Beweismittel bestätigt. Die Kammer erachtet die Angaben daher für glaubhaft und hat sie ihren Feststellungen zugrunde gelegt.
1444
Der Zeuge … berichtete der Kammer, er habe den Angeklagten B. Anfang 2018 kennengelernt. Der Angeklagte B. habe BG-MUN vorgestellt in einem Hotel in Frankfurt. Der Angeklagte habe gesagt, dass man mit BG-MUN praktisch Tumore wieder rückgängig machen könne. Es sei generell um Krebs gegangen. Die Angeklagte G. sei nicht dabei gewesen. Das Mittel werde gespritzt oder oral eingenommen und erneuere dann die kranken Zellen. Die Heilungschancen seien definitiv gut. Er habe auch per E-Mail Infomaterial erhalten. Es habe sich um Statements von Betroffenen gehandelt. Diese seien sehr positiv gewesen. Er meine, die hätten Krebs gehabt. Im April oder Mai 2018 habe er der … von den Ausführungen des Angeklagten B. berichtet. Sie habe es dann auch mal probieren wollen. Er wisse, dass sie mit der Angeklagten G. in Kontakt getreten sei. Er habe das Mittel dann über den … geholt und sie habe es dann überwiesen. Er habe dafür einen Nachlass von 400,00 € für sein eigenes BG-MUN bekommen.
1445
Die an den Zeugen … übersandte E-Mail des Zeugen … vom 27.04.2018 um 06:48 Uhr, weitergeleitet von … an den Zeugen … am 28.04.2018 um 8:11 Uhr, hat die Kammer verlesen (vgl. Bl. 99 Fallakte I). In dieser E-Mail teilte der Zeuge … mit, dass er wie telefonisch besprochen ein paar Infos zu dem „Krebsheilmittel BG-MUN“ sende und, dass damit „schon nachweislich über 2.000 Menschen von schweren und zum Teil als unheilbar geltenden Krankheiten geheilt“ worden seien.
1446
Die mitübersandten „Krankenberichte in Absprache mit Patienten“ hat die Kammer ebenfalls verlesen (vgl. Bl. 78 bis 84 Fallakte I). Sie haben genau den Inhalt, den die Zeugen beschrieben haben. Dort heißt es ausdrücklich:
„Die hier genannten Patienten bestätigen die Aussage in jeglicher Form, dass durch die Einnahme von BG-MUN und Zusatzprodukte als kompaktes Immunstärkungspacket [sic!], die positive Veränderung im Körper stattgefunden hat. Jegliche vorangegangenen Behandlungen irgendeiner Art waren ohne Erfolg.“
1447
Sodann folgen 15 Erfahrungsberichte in anonymisierter Form, das heißt mit Alters- und Geschlechtsangabe sowie der Angabe der Erkrankung. Die bezeichneten Erkrankungen sind MS, „familiäres Mittelmeerfieber“, Leberkrebs, Lungenkrebs, Prostatakrebs, Darmkrebs, „Krebs im Unterhautfettgewebe“, Aids, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Blasenkrebs, Hepatitis C und Rheuma. Alle Erfahrungsberichte widmen sich der vollständigen Heilung der bezeichneten Erkrankung. Zu den Inhalten dieser Erfahrungsberichte hat die Kammer bereits unter C. III. 3. c) (3) (a) umfassende Ausführungen gemacht, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.
1448
Auch der Inhalt des Schriftstücks „Totgesagte leben länger“, das dem Zeugen Kunde über „BG-MUN forte“ ausgehändigt worden ist, befindet sich unter den Berichten (vgl. für die Einzelheiten C. III. 8. c) (1)).
1449
Die Kammer ist ohne jeden Zweifel davon überzeugt, dass der Angeklagte B. der Urheber dieser Berichte ist und diese dem Zeugen … geschickt hat, der sie dann an die Zeugen … weitergeleitet hat. Zum einen hat der Zeuge … dies genauso geschildert. Zum anderen hat sich der Angeklagte B. selbst in Form eines Erfahrungsberichts auf dem verlesenen Schriftstück verewigt, und zwar mit denselben Behauptungen, die er auch gegenüber der Kammer aufgestellt hat und die die Kammer für nicht glaubhaft erachtet. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 1. und C. III. 4. a) (2) sowie C. III. 3. c) (3) (b) Bezug genommen. Dort hat die Kammer bereits dargelegt, weshalb sie von der Urheberschaft des Angeklagten B. überzeugt ist.
1450
Die Angaben der Zeugen … zum weiteren Geschehen werden ferner bestätigt durch die in Augenschein genommene und verlesene handschriftliche Übersicht der Termine der … bei der Angeklagten G. auf dem Praxispapier der Angeklagten G. (vgl. Bl. 129 BMO Naturheilpraxis …). Demnach befand sich die Zeugin …, wie sie es gegenüber der Kammer berichtet hat, erstmals am 14.05.2018 und danach erst wieder am 09.07.2018 in der Praxis der Angeklagten G.
1451
Die Kammer hat zudem die von der … ausgestellte Rechnung vom 22.05.2018 an die Zeugin … in Höhe von 5.900,00 € für eine Packung BG-MUN verlesen (vgl. Bl. 101 Fallakte I). Aus dieser ergibt sich auch, dass der Zeuge … in die Bestellung involviert war.
1452
Aus dem bestätigten Zeitablauf ergibt sich für die Kammer ohne jeden Zweifel, dass es erst zu einem Besuch in der Praxis der Angeklagten G. kam und dann das erste Mal BG-MUN gekauft wurde. Für die Kammer steht ohne Zweifel fest, dass die Mitwirkung der Angeklagten G. den Kaufentschluss der Zeugin … erst endgültig ausgelöst hat. Diesbezüglich gab die Zeugin … zwar an, sie denke, dass sie das BG-MUN bereits zuvor habe kaufen wollen. Zugleich berichtete sie aber, dass sie es nicht mehr sagen könne. Die Zeugen … und … berichteten jedoch übereinstimmend, dass sie nur wegen BG-MUN zur Angeklagten gefahren seien und die Entscheidung auch erst dort gefallen sei, nachdem die Angeklagte die krebsheilende Wirkung von BG-MUN bestätigt hatte.
1453
Dabei ist die Kammer vollständig davon überzeugt, dass die Angeklagte das Mittel BG-MUN als Krebsheilmittel angepriesen und behauptet hat, dass sie bereits große Erfolge mit dem Mittel gehabt habe.
1454
Dies berichteten zunächst alle 3 Zeugen … übereinstimmend. Ein solcher Gesprächsinhalt ist auch hochwahrscheinlich, weil die Zeugen … schließlich allein wegen BG-MUN zur Angeklagten G. gefahren sind und dabei bereits die Inhalte der Erfahrungsberichte im Kopf hatten. Sie hatten also bereits die Hoffnung, ein Krebsheilmittel gefunden zu haben. Nach ihren glaubhaften Angaben hat die Angeklagte diese Hoffnung bestärkt. Hätte die Angeklagte lediglich von einer Stärkung des Immunsystems gesprochen, erscheint es der Kammer unwahrscheinlich, dass die Zeugen dies ohne Nachfrage hingenommen haben sollen und dann trotzdem von einer krebsheilenden Wirkung ausgingen. Das haben jedoch alle 3 ausdrücklich als ihre Erwartungshaltung bekundet.
1455
Die Kammer ist auch sicher, dass die Angaben der Zeugen nicht durch den sternTV-Bericht verfälscht worden sind.
1456
Alle 3 berichteten ohne Umschweife, dass sie den Bericht gesehen haben. Dabei waren alle Zeugen … in der Lage, differenziert zu berichten, dass der Zeuge … aufgrund des Berichts sofort zur Polizei gegangen ist. Aus den Schilderungen der Zeugen … und … wird deutlich, dass diese das Vorgehen des … als überstürzt angesehen haben. Aufgrund dieser differenzierten Ansicht, die nunmehr auch der Zeuge … bekundet hat, ist ein besonderes Belastungsinteresse, etwas zu berichten, was tatsächlich nicht stattgefunden hat, nicht ersichtlich. Die Zeugen haben zudem allesamt Inhalte bekundet, die nicht im sternTV-Bericht zu sehen waren, wie etwa die ausdrückliche Aufforderung der Angeklagten G., … möge ihrer Ärztin nicht von der Behandlung mit BG-MUN berichten. Die Richtigkeit der Angaben konnte zudem durch Verlesung der von dem Zeugen … gefertigten und übergebenen Notizen verifiziert werden. Diese tragen den Kopf der Naturheilpraxis der Angeklagten G., wurden also auf deren Praxispapier gefertigt. Dort heißt es ausdrücklich: „BG-MUN Mo/Mi/Fr 1 ml Spritzen/nicht oral“. Der Zeuge … hat somit die ausdrückliche Anweisung der Angeklagten G., sich das Mittel, statt es in den Mund zu nehmen, zu injizieren, aufgeschrieben.
1457
Im Hinblick darauf, dass die Angeklagte den Zeugen … nach Überzeugung der Kammer die vorbezeichnete Wirkung von BG-MUN angepriesen hat, ist für die Kammer uneingeschränkt plausibel, dass die Zeugin … sich erst nach dem Besuch bei der Angeklagten für einen Kauf von BG-MUN entschieden hat. Der Termin bei der Angeklagten G. hatte nach den übereinstimmenden Bekundungen aller 3 Zeugen keinen anderen Zweck, als sich über BG-MUN zu informieren.
1458
Anders als von der Angeklagten G. beabsichtigt, kauften die Zeugen … das BG-MUN dann jedoch über den Zeugen … und nicht direkt bei ihr. Als sie schließlich bei dem nächsten Termin am 09.07.2018 herauskam, dass die Zeugen … bei dem Zeugen … bestellt hatten, reagierte die Angeklagte G. erbost. Davon berichteten übereinstimmend die Zeugen … und …. Die Verstimmung der Angeklagten G. am 09.07.2018 beruht zur Überzeugung der Kammer vor allem darauf, dass die Zeugen … BG-MUN über die …, also über den Zeugen …, gekauft haben. Als die Angeklagte G. von dem Kauf erfuhr, war es bereits zu einem Zerwürfnis mit dem Zeugen … gekommen (vgl. C. III. 3. g) (2) bis (4). Zudem hat der Zeuge … das Geschäft gemacht und die 5.900,00 € von den Zeugen … vereinnahmt und damit die Angeklagte G. um den Gewinn von 2.900,00 € gebracht.
1459
Die Kammer ist ferner überzeugt, dass die Angeklagte G. in diesem Termin am 09.07.2018 behauptete, dass … zur erfolgreichen Behandlung ihrer Erkrankung noch eine zweite Packung BG-MUN brauchen werde. Dabei handelt es sich ebenfalls um die typische Verkaufsmasche der Angeklagten G., die diese in zahlreichen Fällen zum Einsatz brachte. Die Empfehlung eine zweite Packung zu kaufen, gehörte ausweislich der verlesenen E-Mail an den Zeugen Dr. K. vom 25.02.2019 (vgl. C. III. 4. b) (3) (c)) zum Repertoire der Angeklagten G. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Zeugen … die Kammer diesbezüglich mit der Unwahrheit bedient haben. Insbesondere berichteten nur die Zeugen … und … ausführlich, was bei dem Termin passiert ist. Der Zeuge … berichtete im Einklang mit den Angaben seiner Eltern, dass er davon zwar gehört habe, aber keine eigenen Wahrnehmungen gemacht habe, weil er bei diesem Termin nicht dabei gewesen sei. Außerdem hat die Angeklagte selbst dies so dem Angeklagten B. per W...App-Nachricht vom 11.07.2018 mitgeteilt (vgl. Bl. 149 Sonderband Asservatenauswertung). Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Angeklagte G. zugleich mitteilt, der Zeuge … habe angerufen, weil er für die Zeugin … BG-MUN brauche und der … keine mehr habe. Diese Nachricht lässt sich jedoch ohne weiteres damit erklären, dass die Zeugin … abermals versucht hat, BG-MUN über den Zeugen … zu bestellen. Dies scheiterte jedoch daran, dass das Geschäft zwischen dem Angeklagten B. und der … zu diesem Zeitpunkt bereits gescheitert war (vgl. C. III. 3. g) (3)). Die Angeklagte G. war nunmehr die Exklusivvertriebspartnerin des Angeklagten B. Dies war dem Zeugen … offensichtlich nicht bekannt, weshalb er vergeblich versuchte, das BG-MUN bei der … (bzw. der …) zu bestellen und sich letztlich an die Angeklagte G. wandte, die dann wiederum BG-MUN beim Angeklagten B. bestellte, um dieses an … auszuliefern.
1460
Der zweite Kauf von BG-MUN ist ferner belegt durch die Rechnung des Angeklagten B. vom 13.07.2018, die die Kammer in deutscher Übersetzung verlesen hat (vgl. Anlage XVI zum Protokoll v. 28.02.2023). Ebenso wird durch die Rechnung belegt, dass der Preis 5.900,00 € betrug. Die von den Zeugen berichtete Überweisung auf das Konto des Angeklagten B. bei der …-Bank wird belegt durch die verlesenen Kontoauszüge dieses Kontos, auf denen sich der Zahlungseingang von 5.900,00 € befindet (vgl. Bl. 106 Sonderband Finanzermittlungen …). Dies teilte der Angeklagte B. auch der Angeklagten G. per W...App-Nachricht mit (vgl. Bl. 150 Sonderband Asservatenauswertung).
1461
Die Abholung von BG-MUN in der Praxis der Angeklagten G. wurde vom Zeugen … glaubhaft berichtet. Ebenso haben alle 3 Zeugen glaubhaft bekundet, dass die Zeugin … keinerlei Besserung erfuhr und auch bei ihrer Einvernahme am 11.01.2022 noch an ihrer Krebserkrankung litt.
1462
Die Verlesung der zwischen den Angeklagten ausgetauschten W...App-Nachrichten ergab zudem, dass der Angeklagte B. der Angeklagten G. am 18.07.2018 mitteilte, dass diese von … „2.5 Vorteil“ habe. Einen denkbaren Geldfluss in Höhe von 2.500,00 € zwischen den Konten der Angeklagten konnte die Kammer jedoch aufgrund der verlesenen Kontoauszüge der Angeklagten nicht feststellen. Die Kammer konnte daher nicht zweifelsfrei feststellen, wann und wie die Angeklagte durch das Geschäft mit den Zeugen … einen geldwerten Vorteil erlangt hat. Gleichwohl ist die Kammer davon überzeugt, dass die Angeklagte in einer nicht mehr feststellbaren Art und Weise finanziell von dem Geschäft profitierte.
(2) Wahrheitsgehalt der Angaben der Angeklagten G.
1463
Die Kammer hat überprüft und im Wesentlichen verneint, ob die festgestellten Angaben der Angeklagten G. der Wahrheit entsprechen.
1464
Zur Überzeugung der Kammer entspricht die Angabe, das Mittel BG-MUN könne bei Darmkrebs eine Heilung erreichen, nicht der Tatsachenlage.
1465
Hinsichtlich der stofflichen Begutachtung von BG-MUN wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1466
Diese Feststellung beruht ferner auf den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen …, die sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen macht.
1467
Der Sachverständige … führte gegenüber der Kammer aus, dass die Prognose für den weiteren Verlauf einer Darmkrebserkrankung davon abhänge, in welchem Stadium sich der Tumor zum Zeitpunkt der Entdeckung befinde, also wie sehr er die Darmwand befallen habe und ob es bereits Metastasen in Lymphknoten und anderen Organen gebe. Grundsätzlich gelte, je früher der Krebs entdeckt werde, desto größer seien die Überlebenschancen des Patienten. So betrage die Überlebensrate 5 Jahre nach Ausbruch der Erkrankung im Stadium I 95 % und sinke bis im Stadium IV, also dem metastasierendem Tumorstadium, auf 5 %. Patienten im Stadium IV könnten in der Regel nicht mehr geheilt werden. Man könne durch eine Chemotherapie die Lebenserwartung und Lebensqualität dieser Patienten zurzeit maximal auf 24 Monate erhöhen.
1468
Es sei zudem festzustellen, dass es innerhalb der Erkrankung „Darmkrebs“ viele unterschiedliche Arten gebe, die sich sowohl in der diagnostischen Betrachtung als auch in der sich daraus ergebenden Therapie erheblich unterschieden. Aufgrund der immer detaillierteren Diagnostik gebe es eine zunehmend individualisierte Therapie aus dem sich ständig erweiternden therapeutischen Arsenal. Trotz aller Fortschritte seien jedoch Ansprechraten von 100 % illusorisch. Dass ein Produkt wie BG-MUN mit der analysierten Mischung von zytosolischen Proteinen einer bovinen Zelllinie überhaupt effektiv gegen Darmkrebs sein solle, sei pathophysiologisch nicht zu erklären. In der nationalen und internationalen Literatur finde sich nichts, was diese Behauptung stützen würde. Sie entbehre jeder wissenschaftlichen Grundlage.
1469
Die Kammer teilt die Auffassung des Sachverständigen. Es ist bereits nicht mit der Vielzahl an möglichen Erkrankungsarten von Darmkrebs zu vereinbaren, dass BG-MUN pauschal gegen jede dieser Arten wirksam sein soll, da ja gerade jeder dieser Erkrankungen einen individuellen Therapieansatz benötigt. Eine Individualisierung von BG-MUN ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
1470
Auch bei der Behauptung der Angeklagten, sie habe bereits große Erfolge mit BG-MUN gehabt, handelt es sich um eine Aussage, die nicht der Tatsachenlage entspricht.
1471
Als die Angeklagte G. diese Behauptung aufstellte, war bei …, der ersten Krebspatientin, bei der die Angeklagte G. BG-MUN anwendete, ein unverändertes Tumorwachstum aufgetreten und diese letztlich im Oktober 2017 an ihrer Erkrankung verstorben. … hatte ebenso wenig eine nachhaltige Verbesserung ihrer Erkrankung erlebt, bei der es sich im Übrigen schon nicht um Krebs gehandelt hatte. Eine Heilung der Brustkrebserkrankung der … war, wie die Angeklagte wusste, nicht eingetreten. Die Behauptung der Angeklagten, irgendwelche eigenen nennenswerten Erfolge – und darunter versteht die Kammer in Übereinstimmung mit den Zeugen … eine Remission der Erkrankung – bei Krebserkrankungen erzielt zu haben, entbehrte jeder tatsächlichen Grundlage.
1472
Auch die Behauptung der Angeklagten G., die Zeugin … brauche eine zweite Packung BG-MUN für das gewünschte Ergebnis, ist unwahr. Da BG-MUN zur Überzeugung der Kammer gegen den Darmkrebs der Zeugin … nichts auszurichten vermochte, ist es auch ausgeschlossen, dass eine zweite Packung BG-MUN etwas daran hätte ändern können. Auch die weitere Einnahme eines gegen Krebs wirkungslosen Mittels führt nicht zur gewünschten Heilung.
1473
Einzig die Behauptung der Angeklagten, BG-MUN auch selbst eingenommen zu haben, entspricht der Wahrheit. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) (2) Bezug genommen.
(3) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung der Angeklagten G.
1474
Der Verkauf von BG-MUN an die Zeugin … im Juli 2018 war ein Geschäft im Rahmen des gemeinsamen Tatplans der Angeklagten G. und B. Einzig und allein deshalb, weil die Angeklagte G. ihre Vorbereitungen für ihr Gewerbe … noch nicht abgeschlossen hatte, stellte der Angeklagte B. die Rechnung noch selbst aus. Die Angeklagte G. handelte, um sich eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu sichern. Dies ergibt sich auch aus der Tatsache, dass die Angeklagte später erneut versuchte, der Zeugin … BG-MUN gegen ihre Erkrankung ein drittes Mal zu verkaufen. Die Kammer konnte zwar nicht mehr sicher feststellen, wann und wie die Angeklagte einen geldwerten Vorteil für den Verkauf an die Zeugin … erhalten hat, ist jedoch sicher, dass es einen solchen Vorteil gegeben hat.
(4) Beteiligung des Angeklagten B.
1475
Wie bereits unter C. III. 9. b) (1) dargestellt, nahm der Angeklagte B. die Bestellung der Angeklagten G. entgegen und lieferte an diese dem Tatplan entsprechend BG-MUN aus. Er vereinnahmte zudem die durch ihn in Rechnung gestellten 5.900,00 €.
(5) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung des Angeklagten B.
1476
Das Geschäft mit den Zeugen … wickelte der Angeklagte B., wie sich aus der verlesenen Übersetzung der Rechnung vom 13.07.2018 ergibt, über die B. Group S. A. mit Sitz in … ab. Daran konnten sich auch die 3 Zeugen … noch sehr gut erinnern. Da, wie die Kammer bereits unter C. III. 3. c) (1) festgestellt hat, die B. Group S. A. keinen anderen Betriebszweck hatte, als im großen Stil BG-MUN zu vertreiben, handelte es sich auch für den Angeklagten B. um einen Verkauf, mit dem er eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang, nämlich um sich sein Leben zu finanzieren, erschließen wollte.
(6) Subjektiver Tatseite des Angeklagten B.
1477
Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und C. III. 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1478
Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) Bezug genommen.
(7) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1479
Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) und C. III. 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1480
Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. b) Bezug genommen.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1481
Die objektiven Feststellungen der Kammer zu dem Verkauf von BG-MUN an die Familie … beruhen auf den übereinstimmenden und glaubhaften Angaben der Zeugen … und …. Die Angaben sind zwanglos mit den verlesenen Urkunden in Einklang zu bringen und finden so abermals ihre Bestätigung.
1482
Der damals 19-jährige Zeuge … berichtete der Kammer in seiner ersten Einvernahme am 02.09.2021, dass er lediglich die Angeklagte G. kenne und bei dieser in Behandlung gewesen sei. Er sei auch vor BG-MUN bereits bei der Angeklagten G. wegen seiner Erkrankung an Colitis Ulcerosa in Behandlung gewesen. Dabei handle es sich um eine chronische Darmentzündung.
1483
Ihm sei im Kopf geblieben, dass das BG-MUN das Immunsystem allgemein stärken solle. Das solle dann die Krankheit bekämpfen, sodass der Körper sich selbst heilen könne. Seine Krankheit solle nicht von heute auf morgen geheilt werden, aber es habe mit BG-MUN eine Aussicht darauf bestanden, dass sie irgendwann geheilt werde. Die Angeklagte habe gesagt, dass es allgemein möglich sei, dass die chronische Krankheit irgendwann vergehen könne, auch wenn dies medizinisch nicht so gesehen werde. Außerdem habe sie ihm gesagt, dass das BG-MUN einmal zugelassen worden sei, aber dann doch nicht mehr, weil die Pharmaindustrie es dann doch nicht mehr zugelassen habe. Er wisse aber nicht wieso.
1484
Er habe eine oder eineinhalb Packungen bestellt. Das wisse er nicht mehr genau. Man nehme das BG-MUN unter die Zunge, könne es sich aber auch irgendwie in den Bauch spritzen. Er habe da beides gemacht, da die Angeklagte G. beides empfohlen habe. Das Spritzen habe aber effektiver sein sollen.
1485
Bezahlt habe er aber nicht, das seien seine Eltern gewesen. Sie hätten sich den Kauf aber erst überlegt. Es sei ihm aber damals so schlecht gegangen, dass er diese Option habe nutzen wollen, dass es ihm irgendwie zur Heilung verhilft.
1486
Geholfen habe ihm das Mittel nicht. Das habe er auch der Angeklagten G. mitgeteilt. Diese habe gesagt, das könne ein bisschen dauern.
1487
Vor und nach der Behandlung mit BG-MUN sei er auch bei Ärzten gewesen. Neben BG-MUN habe er keine anderen Mittel genommen.
1488
Einen Betrug traue er den Angeklagten G. nicht zu. Sie habe sich immer viel Zeit genommen und sei mit dem Herzen dabei gewesen.
1489
Bei seiner zweiten Einvernahme am 17.03.2023 berichtete der Zeuge … mit seinen früheren Angaben in Einklang stehend und widerspruchsfrei, dass ihm das Mittel BG-MUN von der Angeklagten G. vorgeschlagen worden sei. Er habe während der Behandlung mit BG-MUN mal mit einem Fußballkollegen darübergeschrieben. Bei dem habe das BG-MUN bei derselben Krankheit gewirkt, zumindest als sie miteinander geschrieben hätten. Erstmals vorgeschlagen worden sei es ihm aber von der Angeklagten G. Das Mittel habe er aus Verzweiflung gekauft. Es habe sich vielversprechend angehört. Sie, die Angeklagte G., habe es vielversprechend kommuniziert. Er habe den Kauf vorher mit seinen Eltern besprochen. Die hätten es dann befürwortet, weil sie gedacht hätten, das werde etwas bringen. Seine Eltern hätten sich dann auch mit der Angeklagten G. getroffen und mit ihr gesprochen. Die habe man nicht außen vorgelassen. Es sei also nicht nur um die Zahlung gegangen. Sie alle hätten gehofft, dass es wirke. Das Mittel habe primär das Immunsystem stärken sollen. Er selbst habe gewusst, dass es nicht zu 100 % klappen werde. Er verstehe aber, dass sein Vater Heilung verstanden habe, wenn er dies so gesagt habe. Er mache niemanden dafür verantwortlich, dass es nicht geklappt habe. Er traue der Angeklagten G. nicht zu, die Krankheit für Geld auszunutzen. Er könne aber nicht bestreiten, „wie schlimm es für andere“ gewesen sei.
1490
Damit in Einklang stehend berichtete die Zeugin …, bei der es sich um die Mutter des Zeugen … handelt, in ihrer ersten Vernehmung am 02.09.2021, dass sie die Angeklagte G. schon ungefähr 10 Jahre kenne. Wie jede Mutter habe sie gewollt, dass ihr Kind „heil werde“. Sie seien auch bei Ärzten gewesen. Das sei aber alles zu langsam und die Medikamente zu stark für ihren Sohn gewesen.
1491
Die Angeklagte G. sei lieb und nett gewesen und sie hätten darüber gesprochen, dass sie ihrem Sohn helfen könne. Man gebe eben alles für sein krankes Kind. … leide bereits seit 8 oder 9 Jahren an Colitis Ulcerosa. Sie selbst sei ein oder zweimal bei der Angeklagten G. gewesen. Bei der Behandlung selbst sei sie nicht dabei gewesen, denn das habe ihr Sohn mit damals 18 Jahren nicht gewollt. Es sei aber gesagt worden, dass BG-MUN etwas Gutes sei und er werde heil. Sie kenne die Angeklagte und habe ihr vertraut. Wenn sie sage, das helfe, dann sei das so. Sie wisse nicht, ob die Krankheit habe weggehen sollen, das solle die Kammer … fragen. Sie denke nicht, dass das so gewesen sei, es sei auch nicht so gekommen.
1492
Sie hätten zuhause gesprochen und hätten mehr Informationen gewollt. Wenn es heile, dann mache man alles. Einmal hätten sie alle drei, also sie selbst, ihr Mann und ihr Sohn, mit der Angeklagten G. gesprochen. Die Angeklagte habe gesagt, dass BG-MUN etwas Gutes sei, es heile. Es sei auch darüber gesprochen worden, was das noch alles heilen könne. Viele Krankheiten seien das gewesen, Krebs sei genannt worden. Es stärke das Immunsystem und vermeide viele Krankheiten. Da habe sie gedacht, das sei genau das Richtige für ihren Sohn. Sie denke es habe sich um ein pflanzliches Mittel gehandelt, weil die Angeklagte doch Heilpraktikerin sei, also ein Nahrungsergänzungsmittel. Die Angeklagte G. habe auch noch mit ihrem Mann gesprochen. Sie hätten es dann haben wollen und es dann auch bekommen.
1493
… habe damals dauerhaft Medikamente einnehmen müssen, seit er 8 Jahre alt sei. Er habe die Medikamente nicht mehr nehmen wollen. Deshalb hätten sie gedacht, dass das die einzige Lösung sei. Er habe dann nur BG-MUN genommen. Sie hätten eine halbe Packung gekauft. Die ganze Packung sei ein bisschen teuer gewesen. Sie hätten gedacht, wenn es helfe, dann würden sie auch die andere Hälfte kaufen. Es habe aber nicht geholfen, deshalb hätten sie auch nicht mehr gekauft. Ihr Mann habe das Mittel bezahlt.
1494
In ihrer zweiten Einvernahme am 12.06.2023 berichtete die Zeugin … mit den vorherigen Angaben in Einklang stehend und widerspruchsfrei, dass sie selbst die Angeklagte G. schon lange kenne und mit ihr über die Erkrankung ihres Sohnes gesprochen habe. Ihr Sohn habe ihr einmal berichtet, dass ein Studienfreund, der auch an Colitis Ulcerosa leide, auch so etwas genommen habe, sie wisse aber nicht, ob es dasselbe war. Sie hätten gewollt, dass ihr Sohn wieder gesund wird. Sie hätten BG-MUN auf Empfehlung der Angeklagten G. gekauft. Sie seien zu dritt dort gewesen, als das BG-MUN gekauft worden sei.
1495
Sie sei dafür gewesen, das BG-MUN zu kaufen. Ihr Sohn sei erst dagegen gewesen, weil es zu teuer gewesen sei. Ihr Sohn habe dann mit seinem Studienfreund gesprochen und habe dann gesagt, wenn es dem was gebracht habe, dann bringe es vielleicht auch was bei ihm. Die ganze Familie habe darüber gesprochen und dann hätten sie gesagt, vielleicht bringt es was und deshalb müsse man es probieren. Ihr Mann sei nur an diesem Tag mit zur Praxis gegangen. Er habe der Heilpraktikerin nichts geglaubt. Sie selbst habe Druck gemacht, dass sie zu dritt hingehen sollten. Ihr Mann habe sich gesträubt und sie habe gesagt, es sei schön, wenn er selber hören könne, dass es was bringe. Deshalb seien sie zu dritt dort gewesen. Ihr Mann habe mit der Angeklagten G. gesprochen und dieser auch Fragen gestellt. Die Angeklagte G. habe ihrem Sohn sehr gute Tipps zur Ernährung gegeben, die sie noch heute anwendeten.
1496
Zuletzt stellte sie die Reihenfolge, wann ihr Sohn mit der Angeklagten und wann er mit seinem Freund gesprochen habe, dahingehend klar, dass ihr Sohn von einem Freund, der an der gleichen Krankheit leide, von BG-MUN gehört habe. Dieser habe ihm gesagt, er sei bei der Angeklagten G. gewesen. Sie habe dann gesagt, dass sie die doch kennen würden, und dann könne er das auch so machen.
1497
Der Zeuge …, bei dem es sich um den Vater des Zeugen … handelt, berichtete der Kammer bei seiner ersten Einvernahme am 02.09.2023 folgendes:
1498
Er kenne die Angeklagte G. schon seit 2016. Sein Sohn habe eine chronische Erkrankung und sei bei ihr zwischen 2016 und 2018 in Behandlung gewesen. Sein Sohn habe eine Lösung für seine Krankheit gesucht. Zu den Behandlungen habe er seinen Sohn nicht begleitet.
1499
Er habe dann mitbekommen, dass das Mittel von einem Bekannten seines Sohnes empfohlen worden sei. Sein Sohn habe berichtet, dass die G. gesagt habe, dass einige Leute durch dieses „Medikament“ besser geworden seien. Es seien schon einige geheilt worden. So seien sie bei der Sache gelandet. Es seien auch Leute geheilt worden, die dieselbe Erkrankung gehabt hätten, wie sein Sohn.
1500
Er habe ein Gespräch mit der Angeklagten geführt, das habe eine halbe Stunde oder 20 Minuten gedauert. Die Angeklagte habe nicht gesagt, was die Inhaltstoffe seien, danach hätten sie auch nicht gefragt. Sie habe gesagt, das Mittel sei 5- bis 10-mal wirksamer als normale Mittel. Damit meine er die Mittel, die sein Sohn sonst genommen habe. Auf Nachfrage, ob die Angeklagte G. einen Vergleich mit den von ihr angebotenen pflanzlichen Mittel gemeint haben könnte, äußerte der Zeuge, das könne schon sein, oder eben auch das, was sein Sohn vom speziellen Arzt bekomme. Also die cortiosonhaltigen Medikamente. Cortison halte die Krankheit inaktiv, sodass der Körper in Gang bleibe. Das, was die Angeklagte G. empfohlen habe, habe die 5- oder mehrfache Wirkung. Sie habe gesagt, es werde schnell gehen. Deshalb hätten sie es ausgewählt. Er habe 5 Ampullen gekauft und in 2 Raten gezahlt. Eine am 27.08.2018 und eine am 01.10.2018, insgesamt 2.750,00 €. Er denke, dass er ein „Medizinprodukt“ gekauft habe. Sie hätten das aber gleich mitnehmen können.
1501
Gewirkt habe es vielleicht augenblicklich, aber nicht langfristig. Sein Sohn sei auch in ärztlicher Behandlung gewesen.
1502
In seiner zweiten Einvernahme am 12.06.2023 ergänzte der Zeuge … die vorigen Angaben widerspruchfrei wie folgt:
„Sein Sohn habe ihm gesagt, sein Freund sei mit BG-MUN geheilt worden. Dieser habe seinem Sohn gesagt, dass er ein Medikament habe, dass das Heilungsverfahren verschnellere. Das habe die Heilpraktikerin auch gesagt, dass es schneller sei als die normalen Sachen.“
1503
Die Reihenfolge sei die gewesen, dass sein Sohn zunächst mit der Heilpraktikerin gesprochen habe. Es sei ein wirksames Medikament. Dann habe er von seinem Freund gehört, dass dieser das gleiche Mittel genommen habe und schneller geheilt worden sei. Von der gleichen Krankheit, wie der …. Sie hätten die Angeklagte G. gekannt und BG-MUN gekauft, weil sie gewollt hätten, dass ihr Kind so bald wie möglich seine Gesundheit zurückbekomme. Seine Frau habe ihm gesagt, er solle mal eine Lösung bei der Heilpraktikerin suchen. Die Krankheit seines Sohnes sei eine schwierige Situation gewesen. Die Angeklagte sei die letzte und ergebnislose Hoffnung gewesen. Er habe von der G. bestätigt bekommen, dass es positive Fälle mit dem Medikament gegeben habe, dass Leute geheilt worden seien. Er sei der Zahler gewesen.
1504
Die vorbezeichneten Aussagen der Zeugen ergänzen einander und widersprechen sich nicht. Ebenso stehen die Gesprächsinhalte mit der Angeklagten G. miteinander in Einklang. Es gibt keinen Anlass an der Richtigkeit der Angaben der Zeugen … zu zweifeln. Alle 3 Zeugen betonten, dass sie die Angeklagte G. schon lange kennen würden. Die Zeugen … und … betonten mehrfach, dass sie der Angeklagten G. ein betrügerisches Verhalten nicht zutrauen würden. Ein irgendwie gearteter Belastungseifer ist daher nicht festzustellen.
1505
Die Kammer verkennt nicht, dass allein der Zeuge … angegeben hat, dass die Angeklagte gesagt habe, dass BG-MUN 5- bis 10-mal so wirksam sei wie die herkömmlichen Mittel des …. Dabei ist jedoch festzustellen, dass alle 3 Zeugen angaben, dass es vor dem Kauf von BG-MUN nochmal zu einem Gespräch zwischen den Eltern des … und der Angeklagten G. gekommen sei. Dies hat die Angeklagte G. auch so auf der verlesenen Rechnung vom 27.08.2018 mit den Worten „Aufklärung und Einnahmeempfehlung ist erfolgt am 27.08.2018 durch Eltern … und …“ (vgl. Anlage II zum Protokoll vom 02.09.2021) festgehalten. Dabei hat es sich nach den glaubhaften Angaben der Zeugin … um ein Gespräch gehandelt, dass nur geführt wurde, weil der Zeugen …, der auch ausweislich des verlesenen Kontoauszuges allein für die Behandlungskosten aufkam (vgl. Anlage II zum Protokoll vom 02.09.2021), von der durch den Sohn erläuterten Wirkung nicht überzeugt gewesen sei. Insofern ist es für die Kammer plausibel, dass der Zeuge … sich an die Aussagen, die ihn letztlich von einer hohen Wirkung von BG-MUN und dem damit verbundenen Kauf überzeugt haben, besonders gut erinnern kann. Vor dem Gespräch mit der Angeklagten G. war der Zeuge … nämlich skeptisch. Dies wird auch bekräftigt durch die Tatsache, dass es das einzige Mal war, dass der Zeuge … mit zur Praxis der Angeklagten G. gefahren ist. Die Rechnung hätte ohne Weiteres, wie auch in anderen Fällen, überwiesen werden können. Tatsächlich fuhr jedoch der Zeuge … mit seiner Familie zur Praxis der Angeklagten G. Dies lässt sich nicht nur damit erklären, dass er das BG-MUN bezahlen sollte, sondern fügt sich ins Bild ein, dass der Zeuge … selbst mit der Angeklagten G. sprechen wollte, um sich von der Richtigkeit der heilenden Wirkung des BG-MUN zu überzeugen.
1506
Auch der verlesene W...App-Verlauf zwischen der Angeklagten G. und dem Zeugen … bestätigt, dass sogar der Zeuge … an eine erhebliche Verbesserung seines Zustandes glaubte, obwohl er, wie er angab und was die Zeugin … bestätigte, schwer erkrankt und verzweifelt war. Insofern hat der Zeuge … bei seiner Zeugeneinvernahme heruntergespielt, wie sicher er sich tatsächlich war, dass das BG-MUN ihm helfen werde.
1507
Bereits in einer Nachricht am 07.09.2018 teilte er der Angeklagten G. mit, dass es „mal so mal so aber nicht wirklich deutlich besser“ sei. Auf Nachfrage was noch nicht besser sei, teilte er mit: „Allgemein alles also auch Blutungen und ab und zu Bauchschmerzen“ (vgl. Bl. 51 Sonderband Asservatenauswertung). Daraus ergibt sich, dass der Zeuge … eine schnelle (Kauf am 27.08.2018) und deutliche Verbesserung seines Zustandes erwartete, die jedoch nicht eingetreten war.
1508
Die Kammer hat geprüft und sicher ausgeschlossen, dass die Angaben der Zeugen … durch die sternTV-Berichte beeinflusst wurden. Die von den Zeugen geschilderten Gesprächsinhalte, insbesondere die Angaben des Zeugen …, waren nicht Inhalt der sternTV-Berichte, können somit also nicht suggeriert worden sein. Außerdem haben die Zeugen … und … angegeben, den sternTV-Bericht nicht gesehen zu haben. So führte … aus, dass ihr zwar ein Link zugeschickt worden sei, gesehen habe sie den Bericht aber nicht. Lediglich der Zeuge … gab an, dass er den Bericht gesehen habe. Die Angaben des Zeugen … sind jedoch frei von jedem Belastungseifer, obwohl er mit dem Betrugsvorwurf gegen die Angeklagte G. vor seiner Aussage aufgrund des tendenziösen Berichts konfrontiert wurde. Im Gegenteil betonte der Zeuge mehrmals, dass er ihr ein solches Verhalten nicht zutraue.
1509
Die Kammer ist aufgrund der vorstehenden glaubhaften Angaben überzeugt, dass die Familie … ihre Kaufentscheidung erst aufgrund der weiteren Informationen und Angaben der Angeklagten G. im Gespräch vom 27.08.2018 fällte. Dies war ausweislich der Angaben der Grund, warum es überhaupt noch einmal zu einem ca. halbstündigen Gespräch mit der Angeklagten G. kam. Dabei kam es insbesondere zu den festgestellten Aussagen zur Wirksamkeit des BG-MUN gegenüber ….
1510
Die vorherige Lobpreisung von BG-MUN durch den Freund des Zeugen … war für die Kaufentscheidung des … nicht ursächlich. Dieser vertraute auf die ihm gegenüber gemachten Angaben der Angeklagten G., die jedoch tatsächlich nicht der Wahrheit entsprachen. So hat er es selbst angegeben, und auch sein Sohn hat diese Ansicht bekräftigt.
1511
Aufgrund dieser Aussagen und in dem Glauben, er könne seinen Sohn von der Krankheit befreien, bezahlte der Zeuge … sodann die 2.750,00 €, wie er es angegeben hat, in 2 Raten auf das Konto der Angeklagten G. Dies ist belegt durch die verlesene Rechnung sowie durch die verlesenen Kontoauszüge des … und der Angeklagten G. (vgl. Anlage II zum Protokoll vom 02.09.2021 sowie Bl. 172 Rückseite und Bl. 174 Rückseite Sonderband Finanzermittlungen G.).
(2) Wahrheitsgehalt der Angaben der Angeklagten G.
1512
Die Kammer hat überprüft und im Wesentlichen verneint, ob die festgestellten Angaben der Angeklagten G. der Wahrheit entsprechen.
1513
Richtig ist, dass für das Mittel BG-MUN keinerlei arzneimittelrechtliche oder eine behördliche Zulassung anderer Art existierte. Diesbezüglich hat die Kammer die behördlichen Auskünfte des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 17.08.2021 (Bl. 3837 bis 3839 d.A.) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 11.10.2021 (Bl. 3985 bis 3987 d.A.) verlesen, aus denen sich dies ergibt. Aufgrund der vorstehenden Auskünfte ist widerlegt, dass BG-MUN in der Bundesrepublik Deutschland einmal zugelassen war.
1514
Zur Überzeugung der Kammer entsprechen die Angaben, das Mittel BG-MUN könne das Immunsystem derart stärken, dass der Körper Colitis Ulcerosa selbst heilen könne und dass BG-MUN eine 5- bis 10-fach so starke Wirkung entfalte wie herkömmliche Mittel gegen diese Erkrankung, nicht der Tatsachenlage.
1515
Hinsichtlich der stofflichen Begutachtung von BG-MUN wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1516
Diese Feststellung beruht ferner auf den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen …, die sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen macht.
1517
Hinsichtlich der Erkrankung Colitis Ulcerosa führte der Sachverständige aus, dass es sich um eine vom Enddarm ausgehende chronisch-entzündliche Darmerkrankung handle. Der akute Schub sei durch blutigen Durchfall und beständigen Harn- und Stuhldrang charakterisiert. Stuhlfrequenzen von etwa 40-mal innerhalb von 24 Stunden seien keine Seltenheit. Die Krankheit verlaufe in Schüben und habe eine unbekannte Ursache. Allerdings nehme man in der Wissenschaft eine genetisch bedingte krankhaft gesteigerte Immunreaktion gegen die Darmflora an. Die Erkrankung behandle man mit Steroiden. Gelinge das bei einem akuten Schub nicht, so bedürfe dieser einer intensiveren Behandlung, vor allem mit TNF-Inhibitoren, Calcineurin-Inhibitoren und anderen Immunsuppressiva.
1518
Der Sachverständige berichtete der Kammer weiter, dass nach Aktenlage, also anhand der ihm übersandten Anklageschrift sowie den Fragen der Kammer, BG-MUN Cytosolfraktion überwiegend dazu habe eingesetzt werden sollen, um das bei einem Patienten geschwächte bzw. insuffiziente Immunsystem zu stärken, um damit Krebs zu besiegen. Die vorbezeichnete Behauptung führe dazu, dass nun mit demselben Produkt eine überschießende Immunantwort behandelt werden solle.
1519
Wie das Produkt BG-MUN mit seiner Mischung aus zytosolischen Proteinen effektiv bei einer Therapie der Colitis Ulcerosa sein solle, sei pathophysiologisch nicht zu erklären. Er habe in der nationalen und internationalen Literatur nichts finden können, was eine solche Behauptung stützen könne. Sie entbehre daher jeder wissenschaftlichen Grundlage.
1520
Die Kammer teilt die Auffassung des Sachverständigen. Die Beweisaufnahme hat keinerlei evidenzbasierte Studien ergeben, die die Behauptung der Angeklagten G. stützen könnte. Ebenso teilt die Kammer die Auffassung, dass eine Behandlung von gegenläufigen Krankheitsbildern, nämlich einmal das „Stärken“ des Immunsystems mit dem Ziel, eine (Krebs-)vernichtende Immunantwort zu provozieren, und einmal das „Stärken“ des Immunsystems bei einer Krankheit, die mit Immunsuppressiva behandelt werden muss, weil es sich nach dem wissenschaftlichen Kenntnisstand um eine krankhafte Überreaktion des Immunsystems handelt, nicht miteinander vereinbar ist. Es handelt sich um einen nicht aufklärbaren Widerspruch, wie ein Mittel in der Lage sein soll, gleichzeitig das Immunsystem zu stärken und zu unterdrücken.
(3) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung der Angeklagten G.
1521
Der Verkauf von BG-MUN an den Zeugen … für dessen Sohn … war Teil des eigens dafür eröffneten Gewerbes der Angeklagten G. „…“, wie sich aus der verlesenen Rechnung ergibt (vgl. Anlage II zum Protokoll v. 02.09.2021, Bl. 145 Sonderband Hauptverhandlungsprotokolle). Daraus schließt die Kammer, dass sich die Angeklagte G. eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschafft hat und auch verschaffen wollte.
(4) Beteiligung des Angeklagten B.
1522
Dem Tatplan entsprechend lieferte der Angeklagte das für den Verkauf an die Familie … erforderliche BG-MUN um den 21.08.2018. Dies ergibt sich aus der diesbezüglich verlesenen Rechnung des Angeklagten B. an die Angeklagte G. vom 21.08.2018 (vgl. Asservat 8.2).
(5) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung des Angeklagten B.
1523
Hinsichtlich des Angeklagten B. handelte es sich bei der Lieferung von BG-MUN um ein Geschäft der …, woraus sich das gewerbsmäßige Handeln des Angeklagten B. ohne jeden Zweifel ergibt.
(6) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1524
Die Vorgehensweise beim Verkauf von BG-MUN an die Familie … entsprach dem Tatplan der beiden Angeklagten. Bei der Lieferung von BG-MUN an die Angeklagte G. war dem Angeklagten B. bewusst und von diesem gewünscht, dass diese das BG-MUN unter falschen Anpreisungen in den Verkehr bringen würde. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1525
Bei der Lieferung von BG-MUN an die Angeklagte G. wusste der Angeklagte B. genau, dass die Angeklagte G. BG-MUN als Arzneimittel in den Verkehr bringen würde, weil dies dem gemeinsamen Tatplan entsprach. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) und 6. Bezug genommen.
(7) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1526
Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) und C. III. 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1527
Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. b) Bezug genommen.
1528
Die objektiven Feststellungen der Kammer zu den Verkäufen von BG-MUN an die Zeugin … beruhen auf deren glaubhaften Angaben, die zwanglos mit den verlesenen Urkunden in Einklang zu bringen sind und so abermals bestätigt werden.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1529
Die Zeugin … berichtete der Kammer, dass sie nur die Angeklagte G. persönlich kenne. Mit dem Angeklagten B. habe sie einen kurzen telefonischen Kontakt gehabt. Er habe ihr gesagt, dass der Kontakt von einer Heilpraktikerin aufgenommen werde. Das sei dann die Angeklagte G. gewesen.
1530
Ihr Mann habe im Juni 2018 die Diagnose unheilbares Adenokarzinom erhalten. Es sei Lungenkrebs gewesen, der sich erst durch Hautmetastasen gezeigt habe. Da habe der Krebs bereits in die Schädelbasis, den Beckenkamm, die Nieren und die Leber gestreut gehabt. Er sei dann am 23.02.2020 gestorben.
1531
Wenn man in seinem Alter eine solche Diagnose erhalte, dann ziehe es einem den Boden unter den Füßen weg und man suche nach jedem Strohhalm. Die Ärzte sagten einem bei jedem Besuch, er habe keine Chance. Aber man denke eben, es müsse einfach irgendwo etwas geben und man suche und suche. Und dann finde man etwas, das der Strohhalm sei.
1532
Jemand habe ihr von dem BG-MUN erzählt, aber sie könne nicht mehr erinnern, wer das gewesen sei. Sie habe das BG-MUN über das Internet gefunden. Dort habe sie auch eine Telefonnummer gefunden. Dann habe sie mit dem Angeklagten B. telefoniert. Sie habe gesagt, ihr Mann sei schwer krank. Sie interessiere sich für BG-MUN und ob sie es über ihn bekommen könne. Er habe gesagt, nein, er gebe es weiter an eine Heilpraktikerin. Das sei Anfang September 2018 gewesen. Die Heilpraktikerin habe sie dann ganz schnell kontaktiert. Zwischen den Telefonaten hätten nur ein paar Stunden gelegen, aber es sei nicht derselbe Tag gewesen. So habe sie die Angeklagte G. im September 2018 kennengelernt. Der Angeklagten G. habe sie geschildert, worum es gehe. Sie habe ihr die Erkrankung mitgeteilt und gesagt, dass die Erkrankung unheilbar sei. Sie interessiere sich für BG-MUN. Die Angeklagte habe gesagt, dass der Patient eigentlich zu ihr in die Praxis nach … kommen müsse. Ihr Mann habe aber eine Lungenentzündung gehabt. Die 350 km Fahrt seien nicht machbar gewesen. Das habe sie der Angeklagten gesagt. Die Angeklagte G. habe gesagt, dass das BG-MUN ihrem Mann helfen könne, wieder gesund zu werden. Es solle mithelfen, dass sich die Körperabwehr verbessere und das Wachstum der bösartigen Krebszellen einschränke. Es solle jedoch ausschließlich verabreicht werden, keine Chemotherapie machen oder fortsetzen. Die Angeklagte sei sehr zuversichtlich gewesen, dass das BG-MUN ihrem Mann helfen werde. Sie habe gefragt, ob sie nicht ohne Besuch in der Praxis BG-MUN haben könnten, um es selbst anzuwenden. Die Angeklagte habe am nächsten Tag mit ihrer Familie in den Urlaub fahren wollen. Sie, die Zeugin …, habe aber keine Zeit verlieren wollen. Sie hätte an diesem Tag mehrmals mit der Angeklagten G. telefoniert. Zunächst habe die Angeklagte angerufen, dann habe sie der Angeklagten den Befund ihres Mannes fotografiert und geschickt und dann hätten sie nochmals telefoniert. Dann sei klar gewesen, dass man sich in Dasing treffen werde. Nachdem die Angeklagte den Befund gelesen habe, habe sie gesagt, wenn man das BG-MUN mache, dann werde es ihm sicher helfen. Ob sie da heilen gesagt habe, könne sie nicht mehr sicher sagen, aber sicher helfen. Deshalb hätten sie sich bei dem McDonald’s in Dasing am nächsten Tag um halb Zehn getroffen. Dort habe sie der Angeklagten G. 5.900,00 € in bar gegeben und dafür 10 oder 12 kleine Ampullen mit einer rosaroten Flüssigkeit und 30 Spritzen erhalten. Außerdem habe sie ein Paket mit verschiedenen Vitaminpräparaten bekommen, die ihr Mann zum BG-MUN habe nehmen sollen, um die Wirkung zu verbessern. Ihr Mann habe nie Kontakt mit der Angeklagten gehabt und sei auch in Dasing nicht dabei gewesen, weil er zu krank gewesen sei.
1533
Das BG-MUN nehme man entweder wie Thrombosespritzen direkt in die Bauchfalte oder mit einer Spritze direkt unter die Zunge ein. Sie habe es ihrem Mann erst gespritzt. Er habe aber mit leichten Entzündungssymptomen reagiert, deshalb seien sie auf eine orale Einnahme umgestiegen. Die Angeklagte G. habe die Empfehlung gegeben, das BG-MUN zu spritzen. Sie habe es so gemacht, wie es ihr gesagt worden sei. Als das mit den Rötungen passiert sei, habe die Angeklagte G. gesagt, sie hätte zu tief gestochen. Sie habe dann extra aufgepasst, aber es sei gleichgeblieben. Danach habe sie es oral gemacht.
1534
Die Angeklagte habe klar gesagt, ihr Mann solle die Chemo nicht machen, weil die seinen Körper mehr kaputt mache, als dass sie Gutes tue. Außerdem dämme die Chemotherapie die Wirkung von BG-MUN ein. Ihr Mann habe aber gesagt, er mache nur beides. Zu einem Abbruch sei es nicht gekommen.
1535
Mitte oder Ende Januar 2019 hätten sie es nochmal gekauft. Ihr Mann habe sich auf den Standpunkt gestellt, dass er nicht wisse, ob es geholfen habe. Es sei ihm auch besser gegangen, aber er habe ja auch eine Chemotherapie gemacht. Sie hätte dann gedacht, sie hätten ja nichts zu verlieren und die Ärzte hätten ihren Mann bereits abgeschrieben. Das BG-MUN sei ihnen für denselben Preis geschickt worden und sie hätten dann überwiesen. Sie denke, es habe da keinen Kontakt mit der Angeklagten gegeben. Zugleich bekundete die Zeugin, dass es ihre freie Entscheidung gewesen sei, nochmals zu kaufen. Die Angeklagte sei aber nicht überrascht gewesen, weil ihrer Meinung nach die Behandlung mit BG-MUN wegen der Chemo ja nicht so habe wirken können.
1536
Wie die Ärzte mit ihrem Mann und ihr umgegangen seien, das spotte jeder Beschreibung. Die Angeklagte habe ihr das Gefühl gegeben, dass sie ihr helfen wolle und das habe ihr gut getan. Die Kontaktaufnahme mit der Angeklagten sei, anders als die Ärzte, eine positive Erfahrung gewesen. Sie habe ihnen helfen wollen und da sei klar gewesen, dass sie es probieren wollten. Den sternTV-Bericht habe sie nicht gesehen. Eine Freundin habe sie darauf angesprochen, aber sie schaue solche Sendungen nicht. Sie habe dazu auch nicht im Internet gesucht.
1537
Die Angaben der Zeugin … erweisen sich zur Überzeugung der Kammer als glaubhaft.
1538
Das Telefonat mit dem Angeklagten B. konnte zwar nicht mehr durch die Mobiltelefonauswertung aufgefunden werden, jedoch hat der Angeklagte B. auch mit anderen Kunden im Zusammenhang mit BG-MUN telefoniert. So zeichnete die Polizei im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung am 03.09.2019 um 18:25:27 Uhr ein Gespräch des Angeklagten mit … auf, in dem dieser der … sein BG-MUN anpries, das die Kammer verlesen hat (vgl. Gesprächs-ID 224088744, Bl. 423 bis 429 TÜ-Akte). Für die Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. c) (4) Bezug genommen. In dem vorbezeichneten Gespräch verwies der Angeklagte … zwar nicht an die Angeklagte G., dies ist jedoch nach Überzeugung der Kammer allein dem Umstand geschuldet, dass zum Zeitpunkt des aufgezeichneten Gesprächs die Zusammenarbeit zwischen den Angeklagten bereits beendet war, da die Angeklagte G. aufgrund der Durchsuchungsmaßnahmen im Mai 2019 Kenntnis von dem gegen sie laufenden Ermittlungsverfahren erlangt hatten.
1539
Zuvor hatte der Angeklagte B., wie die Angeklagten es vereinbart hatten, die Kunden, die sich an ihn wandten, an die Angeklagte G. verwiesen. Dies ergibt sich für die Kammer zweifelsfrei aus der verlesenen Anfrage der … über die Internetseite des Angeklagten B., die dieser kommentarlos an die Angeklagte G. weiterleitete (vgl. Bl. 459 bis 462 Fallakte I). Für die Einzelheiten wird auf C. III. 6. b) (1) Bezug genommen.
1540
Das von der Zeugin … geschilderte Vorgehen der Angeklagten entsprach genau dem von der Kammer festgestellten Tatplan, da die Angeklagte G. zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme durch die Zeugin … bereits den Exklusivvertrieb von BG-MUN übernommen hatte (vgl. für die Einzelheiten C. III. 6.).
1541
Die Telefonate zwischen der Zeugin … und der Angeklagten G. am 01.09.2018 werden belegt durch die schriftliche Dokumentation der Angeklagten G. auf ihrer Rechnung vom 02.09.2018, die die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 23 Fallakte II). Die Rechnung dokumentiert weiter, dass eine Abholung des BG-MUN durch die Zeugin … für einen Preis von 5.900,00 € am 02.09.2018 erfolgt ist, wie die Zeugin … es der Kammer geschildert hat. Ferner ergibt sich dies auch aus den verlesenen W...App-Nachrichten der Zeugin … und der Angeklagten G. vom 01.09.2018, in denen auf ein zuvor geführtes Telefonat Bezug genommen wird. Die Angeklagte kündigte in einer dieser Nachrichten an, sie werde sich in einer Stunde melden. Damit ist auch das zweite Telefonat, das die Zeugin … geschildert hat, belegt.
1542
Die Kammer ist überzeugt, dass auch die Angaben der Zeugin … zu dem, was die Angeklagte G. ihr über BG-MUN und dessen Wirkung gesagt hat, der Wahrheit entsprechen. Die Zeugin betonte mehrmals, dass sie sich bei der Angeklagten G. gut aufgehoben gefühlt hat. Diese habe ihr im Vergleich zu vielen Ärzten ein sicheres Gefühl gegeben. Sie legte keinerlei Belastungseifer an den Tag und schilderte ruhig und sachlich, was ihr von der Angeklagten gesagt worden ist. Dabei beschrieb sie auch eindringlich, dass sie das BG-MUN für einen rettenden Strohhalm gehalten habe. Ein rettender Strohhalm bei einer unheilbaren Erkrankung kann aber nur dann vorliegen, wenn dieser Strohhalm gegen eine solche Erkrankung zumindest erfolgsversprechend erscheint.
1543
Eine Beeinflussung der Zeugin durch den sternTV-Beitrag kann die Kammer vorliegend ausschließen, weil die Zeugin auf ausdrückliche Nachfrage glaubhaft angegeben hat, zwar zu wissen, dass es den Bericht gibt, ihn jedoch nicht gesehen und auch nicht danach im Internet gesucht zu haben. Da die Zeugin … keinerlei Kenntnis vom Inhalt des sternTV-Berichts hatte, kann sie auch nicht von den dort gezeigten Szenen beeinflusst worden sein. Diese haben im Übrigen auch einen anderen Inhalt als das von der Zeugin geschilderte Gespräch.
1544
Die Kammer kann ferner ausschließen, dass der Zeugin … die Inhalte ihrer Aussage durch die polizeiliche Einvernahme im Ermittlungsverfahren suggeriert wurden und sie deshalb keine eigenen Wahrnehmungen berichtet hat. Diesbezüglich berichtete die Zeugin …, dass es sich bei BG-MUN um Aminosäuren und tierische Stoffe handle. Zucker sei auch darin gewesen. Bei der Polizei sei BG-MUN als „Zuckerwasser“ bezeichnet worden. Das habe der Polizist aber erst nach der Vernehmung gesagt. Das sei ihr aber auch egal, weil sie es halt einfach probiert hätten. Sie habe eben nach dem gegriffen, was auch nur ein bisschen helfe.
1545
In Einklang damit berichtete der Zeuge …, der die Zeugin …t einvernommen hat, er habe der Zeugin den Sachverhalt kurz in eigenen Worten beschrieben. Bei Eröffnung des Tatvorwurfs sei die Zeugin nicht extrem erschüttert gewesen von den polizeilichen Ermittlungen. Ihr sei schon klar gewesen, dass es nicht geholfen habe.
1546
Die Kammer ist überzeugt, dass die Behauptungen der Angeklagten G. kausal für die Kaufentscheidung der Zeugin … geworden sind. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Initiative von der Zeugin … ausging und diese den Angeklagten B. kontaktierte, weil sie sich für einen Kauf von BG-MUN interessierte. Gleichwohl kam es im Anschluss zu 2 Gesprächen mit der Angeklagten G.. Offensichtlich sprachen die Zeugin … und die Angeklagte über den Befund des …, sonst hätte die Zeugin … keinen Anlass gehabt, wie per W...App geschrieben und auch gegenüber der Kammer berichtet, der Angeklagten G. die Befunde zu schicken. Erst danach kam es zu einem zweiten Telefonat und auch dann kam es erst zur Absprache, dass man sich in Dasing treffe. Die Kammer sieht in dem Umstand, dass die Zeugin … den Urlaub der Angeklagten vor dem Kauf nicht mehr abwarten wollte und auch die Praxis nicht mit ihrem Mann besuchen wollte, keine dieser Feststellung entgegenstehenden Tatsachen. Offensichtlich war, nach den glaubhaften Schilderungen der Zeugin …, der … zum Zeitpunkt des BG-MUN-Kaufs schwer krank. Die Zeugin … wollte ihrem Mann schnellstmöglich helfen und ihm weiteres Leid ersparen, zumal die Zeugin … ja gerade erst von der Angeklagten gehört hatte, dass BG-MUN ein hochwirksames Krebsmittel sei.
1547
Die Kammer konnte zudem mittels der verlesenen W...App-Nachrichten und einem von der Zeugin … während dem Treffen mit der Angeklagten G. in Dasing angefertigten Notizzetteln zweifelsfrei verifizieren, dass die Angeklagte G. der Zeugin … dazu geraten hat, ihrem Mann … BG-MUN subkutan zu injizieren. Die Zeugin … hat dafür eine genaue Anleitung handschriftlich notiert, die sie der Kammer gegenüber in ihrer Einvernahme auch noch wiedergeben konnte. Die handschriftliche Notiz hat die Kammer in Augenschein genommen und verlesen (vgl. Bl. 22 Fallakte II). Ferner hat die Zeugin … der Kammer von den Entzündungen um die „Einspritzstellen“ per W...App berichtet, die die Angeklagte G., wie die Zeugin es berichtet hat, auf ein zu tiefes Stechen zurückführte (vgl. Bl. 49 Sonderband Asservatenauswertung).
1548
Die Kammer ist weiter überzeugt, dass es im Januar 2019 zu einem weiteren Kauf von BG-MUN kam, wie es die Zeugin … berichtet hat. Diesbezüglich behauptete die Zeugin zunächst, es habe keinen telefonischen Kontakt mit der Angeklagten G. gegeben. Später korrigierte sie sich und gab an, dass die Angeklagte nicht überrascht gewesen sei, über die zweite Bestellung, weil ihrer Meinung nach die Behandlung mit BG-MUN wegen der Chemo ja nicht so habe wirken können. Die Kammer ist überzeugt, dass es zu einem Telefonat kam, in dem die Angeklagte G. sinngemäß geäußert hat, dass das BG-MUN aufgrund der von … durchgeführten Chemotherapie nicht richtig habe wirken können.
1549
Diese Überzeugung beruht auf folgenden Umständen:
1550
Aus den verlesenen W...App-Nachrichten zwischen der Zeugin … und der Angeklagten G. ergibt sich, dass die Zeugin … die Angeklagte G. am 02.01.2019 um 15:31:56 (UTC+1) folgende Nachricht schrieb (vgl. Bl. 50 Sonderband Asservatenauswertung):
„Liebe Frau G., wir hoffen, Sie hatten schöne Weihnachtsfeiertage und wünschen Ihnen für 2019 alles Gute und Gesundheit! Die Chemo bei … ist seit ein paar Wochen vorbei, er bekommt jetzt alle 3 Wochen das Immunpräparat und alle 4 Wochen das Biphosphonat wegen der Stelle am Beckenkamm. Und wir würden nochmal das BG-Mun versuchen. Was meinen Sie? Wäre das kurzfristig möglich und empfehlenswert? Viele Grüße aus … – … und …“
1551
In der nächsten Nachricht von 17:20:20 (UTC+1) Uhr fragte die Angeklagte G. sodann nach der E-Mailadresse und der Adresse der …. Die Angeklagte G. legte gegenüber ihren Kunden jedoch stets ein tadelloses Benehmen an den Tag. Es ist kaum denkbar, dass sie Neujahrsgrüße nicht erwidert und die an sie gestellte Frage vollständig ignoriert. Außerdem wäre dann der Zusatz der Zeugin …, dass die Angeklagte über diese Anfrage nicht überrascht gewesen sei, nicht erklärbar.
1552
Die Angeklagte G. vermerkte jedoch auf der dem Kauf zugehörigen Rechnung vom 02.01.2019: „vielen Dank für Ihre heutige Bestellung per W...App sowie telefonisch vom 02.01.2019.“ Diese Rechnung hat die Kammer verlesen (vgl. Bl. 24 Fallakte II).
1553
Die Kammer ist daher überzeugt, dass es zwischen der Zeugin … und der Angeklagten G. zu einem Telefonat kam, in dem die Angeklagte G. wie zuvor ausgeführt, zu einer weiteren Packung BG-MUN riet, da dieses mit einer Chemotherapie nur eingeschränkt wirke. Die Zeugin … kaufte auch nur aufgrund dieses Telefonats erneut BG-MUN. Wie sich aus der zuvor zitierten Nachricht ergibt, fragte sie ja gerade bei der Angeklagten nach, ob ein erneuter Versuch mit BG-MUN empfehlenswert sei. Eine solche Empfehlung hat die Angeklagte ohne jeden Zweifel abgegeben, sonst hätte die Zeugin … nicht noch einmal gekauft.
1554
Der Kaufpreis von 5.900,00 € ergibt sich ebenfalls aus der verlesenen Rechnung. Die Bezahlung per Überweisung von dem Konto der Zeugin … auf das Konto der Angeklagten G. in zwei Raten zu je 3.000,00 € bzw. 2.900,00 € jeweils am 07.01.2019 und am 08.01.2019 – nach den glaubhaften Angaben der Zeugin … wegen eines Überweisungslimits – konnte die Kammer aufgrund der verlesenen Kontoauszüge der Zeugin … (vgl. Bl. 22 Fallakte II) sowie der verlesenen Kontoauszüge der Angeklagten G. (vgl. Bl. 180 Rückseite Sonderband Finanzermittlungen …) nachvollziehen. Aus den glaubhaften Angaben der Zeugin … ergibt sich zudem, dass ihr das BG-MUN mit der Post von der Angeklagten G. geschickt worden ist.
1555
Ohne jeden Zweifel hat die Angeklagte G. der … von einer Fortsetzung der Chemotherapie ihres Mannes abgeraten. Die Ausführungen der Zeugin … diesbezüglich sind uneingeschränkt glaubhaft. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Zeugin … dies nicht aus eigener Erinnerung berichtet hat und auch keinen Hinweis, dass die Zeugin … eine unwahre Tatsachenbehauptung aufgestellt hat, um die Angeklagte G. zu belasten. Im Gegenteil betonte die Zeugin mehrfach, dass sie sich bei der Angeklagten gut aufgehoben gefühlt habe. Die Angaben der Zeugin … stehen auch in Einklang mit den zwischen ihr und der Angeklagten G. ausgetauschten W...App-Nachrichten. Die Zeugin … berichtete, dass die Angeklagte G. gesagt habe, dass die Chemotherapie die Wirkung des BG-MUN eindämme. Das BG-MUN könne es nicht mehr so einfach kompensieren. Die Chemo zerstöre vieles im Körper. Insofern ist festzuhalten, dass die Angeklagte G. nach den glaubhaften Angaben sogar ausdrücklich von einer Chemotherapie abgeraten hat. Dieses Abraten wird im Hinblick auf den Empfängerhorizont der Zeugin … auch noch durch die Behauptung verstärkt, dass die Wirkung des eigentlich hochwirksamen Mittels für einen Preis von 5.900,00 € eingedämmt werden könnte. Die Zeugin … hat nach ihrem Bericht auch mit ihrem Mann darüber gesprochen. Dieser habe jedoch keinen Abbruch der Chemotherapie gewollt. Nach dem glaubhaften Bericht der Zeugin haben beide es auch als Abraten von der Chemotherapie aufgefasst.
1556
Aus den verlesenen W...App-Nachrichten ergibt sich damit in Einklang stehend, dass die Angeklagte G. wegen der laufenden Chemo zur Injektion geraten hat (vgl. Bl. 50 Sonderband Asservatenauswertung). Dabei ist auffällig, dass die Angeklagte G. auch in den Fällen … und … sowie in den heimlichen Aufnahmen von sternTV zu einer Injektion geraten hat, weil das BG-MUN dann besser wirke. Für die Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. e) (3) (b) sowie C. III. e. f) (1) und (2) Bezug genommen. Die verlesene W...App-Nachricht fügt sich daher schlüssig ins Bild und lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Angeklagte der Zeugin … zur Injektion geraten hat, weil deren Mann die Chemotherapie gerade nicht beenden wollte.
1557
Die in Aussicht gestellte Heilung des … trat nicht ein, weil er nach den glaubhaften Angaben der Zeugin … am 23.02.2020 an seiner Erkrankung verstorben ist.
(2) Wahrheitsgehalt der Angaben der Angeklagten G.
1558
Die Kammer hat überprüft und im Wesentlichen verneint, ob die festgestellten Angaben der Angeklagten G. zu BG-MUN der Wahrheit entsprechen.
1559
Zur Überzeugung der Kammer entsprechen die Angaben, dass BG-MUN helfe, dass sich die Körperabwehr verbessere und so das Wachstum bösartiger Krebszellen eingeschränkt werde, sowie, dass BG-MUN bei einem unheilbaren Adenokarzinom helfe, wieder gesund zu werden, nicht der Tatsachenlage.
1560
Hinsichtlich der stofflichen Begutachtung von BG-MUN wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1561
Diese Feststellungen beruhen ferner auf den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen …, die sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen macht.
1562
Der Sachverständige führte insofern aus, dass es keine wissenschaftlichen Belege dafür gebe, wie ein Gesunder sein Immunsystem vorbeugend stärken könne. Bei einem Kranken könnte vorliegend die Aussage, dass BG-MUN die Körperabwehr verbessere und so helfe, das Wachstum bösartiger Krebszellen einzuschränken, so verstanden werden, dass sich in den analysierten Proben des Produktes unter anderem auch ein Protein aus der Gruppe der Chaperone, dem sogenannten „heat shock protein“ befunden habe. Auf diesem Gebiet werde in seiner Abteilung seit Jahrzehnten intensiv geforscht. Er könne insoweit feststellen, dass ein molekularer Mechanismus der Effektivität der klinischen „Hypthermie“, also der Erwärmung von Tumoren, darin bestehe, dass die Zellen durch den „Hitzestress“ die Proteinproduktion auf ein sogenanntes „heat shock protein“ umstellten. Hyperthermierte Tumorzellen produzierten vermehrt „heat shock proteine“ und präsentierten diese an ihrer Zelloberfläche. Dies führe zu einer spezifischen Immunantwort, wodurch diese Zellen vom Immunsystem erkannt und eliminiert würden. Dieser Effekt sei jedoch für sich allein genommen nicht ausreichend wirksam und müsse daher mit Strahlen- oder Chemotherapie kombiniert werden. Wissenschaftliche Belege oder Studien darüber, dass das BG-MUN eine solche Wirkung entfalten könne, gebe es nicht.
1563
Hinsichtlich der Frage, ob BG-MUN bei einem als unheilbar diagnostizierten Adenokarzinom helfen könne, wieder gesund zu werden, führte der Sachverständige … von großer Sachkunde getragen plausibel aus, dass es weder Belege noch Hinweise darauf gebe, dass BG-MUN bei einer solchen Erkrankung unterstützen oder diese gar heilen kann.
1564
Die Medizin könne aufgrund der immer detaillierteren Diagnostik von Adenokarzinomen inzwischen eine zunehmend individualisierbare Therapie aus dem sich ständig erweiternden therapeutischen Arsenal anbieten. Trotz dieser Fortschritte seien Ansprechraten von 100 % illusorisch. Es gebe nichts innerhalb der leitliniengerechten Behandlungen von Krebserkrankungen, was einen solchen Anspruch erhebe. Dass das Produkt BG-MUN mit der analysierten Mischung von zytosolischen Proteinen einer bovinen Zelllinie überhaupt effektiv gegen Lungenkrebs sein solle, sei pathophysiologisch nicht zu erklären. Diese Annahme werde auch durch die nationale und internationale Literatur nicht gestützt. Die Aussage entbehre daher jeder wissenschaftlichen Grundlage.
1565
Sollte die Behauptung dahingehend zu verstehen sein, dass das Produkt BG-MUN in supportiver Therapieindikation erfolgreich eingesetzt werden könne, also um Symptome zu lindern, so gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass dies den Tatsachen entspreche. Publiziert sei dazu in der nationalen und internationalen Literatur nichts.
1566
Die Kammer ist überzeugt, dass BG-MUN … weder helfen konnte, gesund zu werden, noch seine Körperabwehr zu verbessern, um das Wachstum bösartiger Krebszellen einzuschränken. Deshalb ist auch die Behauptung der Angeklagten G., BG-MUN habe aufgrund der Chemotherapie nicht richtig wirken können, falsch. Da BG-MUN zur Behandlung der Krebserkrankung des … vollständig wirkungslos war, wurde es auch nicht durch die Chemotherapie in seiner „Wirkung“ beeinträchtigt.
(3) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung durch die Angeklagte G.
1567
Der Verkauf von BG-MUN an die Zeugin … für deren Ehemann … war Teil des eigens dafür eröffneten Gewerbes der Angeklagten G. „…“, wie sich aus der verlesenen Rechnung ergibt (vgl. Bl. 24 Fallakte II). Daraus schließt die Kammer, dass sich die Angeklagte G. eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschafft hat und auch verschaffen wollte.
(4) Beteiligung des Angeklagten B.
1568
Wie unter C. 9. d) (1) ausgeführt, leitete der Angeklagte B. die Zeugin … an die Angeklagte G. weiter, damit diese dem Tatplan gemäß BG-MUN an die Zeugin … veräußern konnte. Insofern konnte die Kammer eine direkte Tatbeteiligung des Angeklagten B. am Fall …, die über die Lieferung von BG-MUN um den 21.08.2018 hinausgeht, feststellen. Dabei ist festzuhalten, dass das Weiterleiten der Zeugin … an die Angeklagte G. der von den Angeklagten im Vorhinein besprochenen Tatausführung entsprach. Demnach sollte nämlich die Angeklagte G. die von dem Angeklagten B. erfundenen Täuschungen verbreiten, um die Patienten zum Kauf von BG-MUN zu bewegen (vgl. C. III. 6.).
(5) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung durch den Angeklagten B.
1569
Hinsichtlich des Angeklagten B. handelte es sich bei der Weiterleitung der Zeugin … um die Initiierung eines BG-MUN-Geschäfts, von dem der Angeklagte B. in einer Höhe von 3.000,00 € auf seinem Privatkonto profitierte. Er hatte im Übrigen keine weiteren Einkünfte, handelte daher gewerbsmäßig.
(6) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1570
Die Vorgehensweise beim Verkauf von BG-MUN an die Zeugin … entsprach dem Tatplan der beiden Angeklagten. Bei der Weiterleitung der Zeugin … an die Angeklagte G. war dem Angeklagten B. bewusst und von diesem gewünscht, dass diese das BG-MUN unter falschen Anpreisungen in den Verkehr bringen würde. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1571
Bei Weiterleitung der Zeugin … zum Kauf von BG-MUN an die Angeklagte G. wusste der Angeklagte B. genau, dass die Angeklagte G. BG-MUN als Arzneimittel in den Verkehr bringen würde, weil dies dem gemeinsamen Tatplan entsprach. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) und 6. Bezug genommen.
(7) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1572
Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) und C. III. 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1573
Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. b) Bezug genommen.
1574
Die Feststellungen zum objektiven Geschehensablauf beruhen auf den glaubhaften und miteinander in Einklang stehenden Angaben der Zeugen … und … sowie den verlesenen Urkunden.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1575
Der Zeuge … berichtete der Kammer in seiner Einvernahme den Geschehensablauf wie folgt:
„Er kenne lediglich die Angeklagte G. Er sei bereits seit ca. 15 Jahren ihr Nachbar. Etwa im März 2018 sei seine Tochter, die am 15.06.2015 geboren sei, an Diabetes-Typ-I erkrankt und habe sich mit ihrer Mutter im Krankenhaus befunden. Zu dieser Zeit habe in … eine Messe stattgefunden. Dort habe er am Stand der CSU die Angeklagte G. getroffen. In einem Smalltalk-Gespräch habe er ihr von der Erkrankung erzählt. Da habe sie gesagt, sie habe da etwas und sie könne helfen. Das habe er zunächst komisch gefunden, weil die Ärzte gesagt hätten, da gehe nichts, das bleibe jetzt so und die Angeklagte habe gesagt, sie könne helfen.“
1576
Im August sei es zu einem privaten Treffen mit der Angeklagten gekommen und da habe sie von dem Mittel erzählt, das sie habe. Dieses Mittel sei vom Markt genommen worden, weil die Heilung davon so gut gewesen sei und die „Pharma“ wolle nicht, dass es so etwas gebe. Sie seien dann in die Praxis der Angeklagten gegangen. Dort habe sie dann gesagt, dass das BG-MUN das Immunsystem seiner Tochter stärken werde und die Viren, die den Diabetes verursacht hätten, abtöten würde und dass sich die Zellen der Bauspeicheldrüse neu aufbauen und regenerieren könnten. Dann höre der Diabetes auf. Sie nutze es sonst zur Krebsbehandlung und habe da super Erfolge und auch schon Krebs geheilt. Da habe sie auch Beispiele von Patienten genannt, die geheilt worden seien, ohne Chemotherapie. Die „Pharma“ habe nicht gewollt, dass so ein tolles Mittel auf dem Markt sei, weil die ja dann kein Geld mehr verdienen würden. Außerdem habe die Angeklagte gesagt, dass das Mittel einmal zugelassen gewesen sei. Bei diesem Termin sei auch die Tochter der Angeklagten G., …G., dabei gewesen. Die habe das mit dem Zellwachstum dann noch mehr oder weniger als Ärztin erklärt. Federführend sei jedoch die Angeklagte G. gewesen.
1577
Sie hätten es dann probiert, weil sie gedacht hätten, sie würden sich wegen ihrer Tochter später Vorwürfe machen, wenn sie es nicht probiert hätten. Das sei am 27.08.2018 gewesen, so habe er es sich aufgeschrieben. Da habe die Angeklagte ihnen eben das BG-MUN vorgestellt. Im Termin hätten sie sich dann auch für einen Versuch entschieden. Für sie sei es ganz klar eine Möglichkeit gewesen, nochmal was zu verändern, denn im Krankenhaus sei ganz klar gewesen, das sei nicht heilbar.
1578
Am 15.10.2018 seien sie dann nochmals in der Praxis gewesen und hätten auch das erste Mal BG-MUN gekauft. Bei diesem Termin sei er dabei gewesen. Die Angeklagte habe die Einnahme erklärt. Da habe es erst geheißen, dass man das am besten spritzen müsse. Das hätten sie aber nicht gewollt. Dann habe es geheißen, es gehe auch oral, das heiße unter die Zunge nehmen und dort 20 Sekunden halten. Sie hätten insgesamt 6 Ampullen gekauft und das habe ca. 3.500,00 € gekostet. 500,00 € hätten sie verrechnet, weil die Angeklagte G. für ihren Geburtstag ein Zelt gebraucht habe. Die Rechnung sei dann auch erst später erstellt worden. Er habe das Geld überwiesen.
1579
Das Ganze sei ihm zwar komisch vorgekommen, aber Industrie sei nun mal Industrie und die mache eben auch nicht alles richtig. Wenn man ein Kind mit 4 Jahren habe, dann wolle man es heilen. Die Angeklagte habe auch behauptet, dass das nur jetzt am Anfang funktioniere, weil die Bauchspeicheldrüse habe ja nicht aufgehört. Sie hätten sich in 10 bis 15 Jahren keine Vorwürfe machen wollen.
1580
Es habe aber nicht geholfen. Im Gegenteil, während der Einnahme seien die Zuckerwerte seiner Tochter geschwankt und es habe Schwierigkeiten gegeben. Eine positive Veränderung sei nicht eingetreten.
1581
Die Angeklagte habe dazu gesagt, dass das Zeit brauche.
1582
Die Angeklagte habe gesagt, sie habe einen Bekannten, der habe das BG-MUN entwickelt, und sie vertreibe es exklusiv.
1583
Die Tochter sei währenddessen fortlaufend mit einer Insulinpumpe behandelt worden. Davon abgeraten habe die Angeklagte zu keinem Zeitpunkt.
1584
Den Bericht von sternTV habe er im Fernsehen gesehen. Sie hätten bereits ins Bett gehen wollen, dann sei eine Vorschau über das Krebsmittel BG-MUN in sternTV gekommen. Sie hätten beschlossen, sich das anzuschauen und hätten noch gelacht, dass da gleich die … komme. So sei es dann auch gewesen. Sie seien sprachlos gewesen. Das, was im Fernsehen gezeigt worden sei, sei 1:1 wie bei ihnen gewesen. Sie hätten sich selbst da sitzen sehen. Sie hätten noch am selben Abend die Angeklagte G. angerufen und darauf angesprochen. Die habe behauptet, die Fakten dort entsprächen nicht den Tatsachen.
1585
Die Zeugin … bestätigte die Angaben des Zeugen … vollständig und machte folgende weitere Angaben zur Sache:
1586
Sie habe die Angeklagte G. nach dem Gespräch mit ihrem Mann auf der Messe auch mal auf der Straße wegen … angesprochen und diese habe gesagt, sie habe ein Mittel, das der … helfen könne. Das erste Treffen im August sei privat erfolgt und bei der Angeklagten zuhause gewesen.
1587
Die Angeklagte habe das BG-MUN ganz leger vorgestellt. Es sei gut für … und könne die Bauchspeicheldrüse wieder aufbauen, weil die ja noch wachse, dass die dann wieder richtig funktioniere. So gut, dass die … von der Insulinpflicht wegkomme.
1588
Sie hätten sich dann innerhalb der Familie besprochen und sich Zeit gelassen. Aber dann hätten sie sich, weil die Chancen gut standen, dass ihre Tochter diabetesfrei werde und eine normale Kindheit habe, dazu entschieden. Sie hätten insgesamt 6 Ampullen gekauft. Die Angeklagte habe berichtet, sie beziehe es von einem Bekannten. Sie habe auch gesagt, dass das Mittel auf dem Markt als Krebsheilmittel zugelassen gewesen sei, aber dann habe das zurückgenommen werden müssen, weil der Erfolg so groß gewesen sei. Aber Heilpraktiker dürften das schon noch nehmen.
1589
Die … sei in der Zeit immer wieder gepiekst worden, deshalb hätten sie mit der Angeklagten vereinbart, dass sie keine weitere Spritze bekomme, sondern BG-MUN über den Mund einnehmen könne.
1590
Die Behandlung sei nicht so erfolgreich gewesen. … Werte seien immer noch schlecht gewesen. Sie hätten dann eine Blutuntersuchung machen lassen und dann habe die Angeklagte gesagt, … habe erhöhte Werte für Pfeiffersches Drüsenfieber, das habe sich auf die Bauchspeicheldrüse gelegt und deshalb sei diese kaputt. Das sei die Ursache für den Diabetes. Dass es nicht wirke, liege auch daran, dass sie es der … nicht richtig gegeben habe. Außerdem gebe es einen unbekannten Infekt im Körper und deshalb wirke es nicht.
1591
Seit der sternTV-Sendung hätten sie nur noch geringen Kontakt mit der Angeklagten G. gehabt. Sie habe die Angeklagte gefragt, ob sie das gewusst habe und die Angeklagte habe gesagt, sie habe der … nie wehtun, sondern wirklich helfen wollen.
1592
Die Angaben der Zeugen ergänzen sich und stehen schlüssig miteinander in Einklang. Die Kammer hat eine Beeinflussung der Zeugen … durch den von ihnen angesehenen sternTV-Bericht ausgeschlossen. Insofern ist festzustellen, dass beide Zeugen offenlegten, dass sie den sternTV-Bericht gesehen hatten. Der Zeuge … war in der Lage, das dort Gesehene zu reflektieren und mit dem, was die Angeklagte ihnen gesagt hat, zu vergleichen. Bei einem Vergleich fällt nach Auffassung der Kammer sofort auf, dass sich die Inhalte in wesentlichen Punkten unterscheiden. Diabetes und die Wirkung von BG-MUN auf diese Erkrankung war zu keinem Zeitpunkt Inhalt der sternTV-Beiträge. Eine Suggestion durch die Inhalte des durch die Zeugen im Fernsehen gesehenen Beitrages ist daher nicht möglich.
1593
Der objektive Geschehensablauf wird zudem bestätigt durch die verlesenen Notizen zur Behandlung von … (Bl. 214 bis 215 Fallakte III). Darin wurden die einzelnen Termine und Treffen, insbesondere auch das private Abendessen zwischen der Familie … und der Angeklagten festgehalten. Für den 15.10.2018 wurde ausdrücklich der Start der Einnahme von BG-MUN Proteinkomplex bis zum 11.11.2018 festgehalten. Dabei kam es ausweislich des verlesenen Schriftstücks zur Übergabe von BG-MUN. Insgesamt wurde eine Kur mit 6 Ampullen schriftlich festgehalten. Dies stimmt auch mit den von der Kammer verlesenen Rechnungen der Angeklagten G. überein, die 3 Ampullen zum 01.12.2018 und 3 Ampullen zum 19.02.2019 für jeweils 1.530,00 € ausweisen. Diesbezüglich berichtete der Zeuge …, dass die Rechnungen erst nach dem Kauf ausgestellt wurden. Damit hat er für die Kammer plausibel erklärt, woher die Diskrepanz in der zeitlichen Abfolge durch die Schilderung der Zeugen und die Rechnungen herrührt.
1594
Die zweite Bestellung von BG-MUN im Dezember 2018 ist belegt durch die verlesene W...App-Nachricht der Zeugin … an die Angeklagte G. vom 10.12.2018 (vgl. Bl. 26 Sonderband Asservatenauswertung). Aus dieser Nachricht ergibt sich auch, dass die Zeugin zuvor mit … zur Behandlung bei der Angeklagten G. war. Dies ist für die Kammer nachvollziehbar der Tag, an dem die Angeklagte G. den Zeugen mitteilte, dass BG-MUN Zeit brauche, um zu wirken. Diese Auffassung wird auch gestützt durch den weiteren Nachrichtenverlauf, da die Angeklagte G. nachfragte, ob dies dann die 6. Ampulle sei. Da die Zeugen … insgesamt aber nur 6 Ampullen gekauft haben, muss der Hinweis, dass BG-MUN Zeit braucht, um zu wirken, zuvor gefallen sein.
1595
Im Januar 2019 teilte die Zeugin … der Angeklagten G. ferner mit, dass BG-MUN nichts geändert habe, wie sie es der Kammer berichtet hat (vgl. Bl. 27 Sonderband Asservatenauswertung).
1596
Die Rechnungen der Angeklagten G. wurden nach den Angaben der Eheleute … auch bezahlt. Dies wird bestätigt durch den verlesenen Kontoauszug der … mit der … der Angeklagten G., aus dem sich 2 Geldeingänge vom Konto des … in Höhe von jeweils 1.530,00 € am 09.04.2019 ergeben (Bl. 183 Rückseite Sonderband Finanzermittlungen G.).
(2) Wahrheitsgehalt der Angaben der Angeklagten G.
1597
Die Kammer ist überzeugt, dass die Angeklagte G. die Zeugen … in den wesentlichen Aussagen mit der Unwahrheit bedient hat.
1598
Richtig ist, dass für das Mittel BG-MUN keinerlei arzneimittelrechtliche oder eine behördliche Zulassung anderer Art existierte. Auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (3) (c) wird Bezug genommen.
1599
Zur Überzeugung der Kammer entsprechen die Angaben, dass das Mittel BG-MUN das Immunsystem stärken und die Viren, die die Erkrankung der … hervorgerufen hätten, abtöten könnte, dass sich dadurch aufgrund von … Alter deren Zellen regenerieren könnten und sie so von Diabetes geheilt werden könnte und dass Insulin dann nicht mehr erforderlich sei, nicht der Wahrheit.
1600
Hinsichtlich der stofflichen Begutachtung von BG-MUN wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1601
Diese Feststellung beruht ferner auf den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen …, die sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen macht.
1602
Der Sachverständige führte zunächst aus, dass Diabetes mellitus ein Überbegriff für verschiedene Erkrankungen des Stoffwechsels sei, die gemein hätten, dass sie zu erhöhten Blutzuckerwerten führen, entweder weil die Patienten einen Mangel am Hormon Insulin hätten und/oder weil die Wirkung des Insulins vermindert sei. Man unterscheide verschiedene Formen, wobei die Hauptformen Typ-1 und Typ-2-Diabetes mellitus seien. Typ-1 werde dabei durch einen absoluten Mangel des Hormons Insulin verursacht. Es handle sich um ein absolutes Versagen der Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die das Hormon produzierten. Die Erkrankung beginne meist im Kindes- oder Jugendalter und sei bisher nicht heilbar. Die betroffenen Patienten müssten sich deshalb ihr ganzes Leben lang Insulin spritzen. Man diagnostiziere die Erkrankung über serologische Marker, die Autoantikörper – häufig von Beta-Zellen – nachweisen könnten. Der autoimmunologische Prozess der Zerstörung der Beta-Zellen gehe also dem Auftreten eines Diabetes voraus.
1603
Aufgrund dieser Ausführungen, die die Kammer nach eigener Prüfung als plausibel und nachvollziehbar erachtet, handelt es sich bei Typ-1-Diabetes um eine Autoimmunerkrankung. Dies hat der Sachverständige auch nochmals dargelegt. Bei Diabetes-Typ-1 gebe es eine überschießende Immunantwort.
1604
Wie bereits ausgeführt, ist es zur Überzeugung der Kammer aus wissenschaftlicher Sicht nicht möglich, dass durch BG-MUN gleichzeitig eine überschießende Immunantwort eingedämmt und bei anderen Erkrankungen, wie zum Beispiel Krebs, ein insuffizientes Immunsystem gestärkt werden soll. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 3 a) (8) Bezug genommen.
1605
Weiter führte der Sachverständige … aus, dass es unklar sei, wie BG-MUN mit seiner Mischung aus zytosolischen Proteinen einer bovinen Zelllinie effektiv bei der Therapie des Diabetes-Typ-1 sein solle. Pathophysiologisch sei dies jedenfalls nicht zu erklären. Er habe auch nichts in der nationalen und internationalen Literatur finden können, was diese Aussage stütze. Wissenschaftliche Belege gebe es keine.
1606
Zudem hat die Angeklagte im nicht auflösbaren Widerspruch behauptet, dass BG-MUN die Viren abtöten könne, die den Diabetes verursacht hätten. Nach ihrer Behauptung handelt es sich bei diesen Viren um das Pfeiffersche Drüsenfieber. Gleichzeitig behauptete sie später auf den Vorwurf, dass BG-MUN nicht geholfen habe, dies liege an einem unbekannten Infekt im Körper. Es ist völlig schleierhaft, wieso BG-MUN die Viren des Pfeifferschen Drüsenfiebers abtöten können soll, jedoch seine Wirkung durch einen anderen Infekt dann vollständig abhandenkommen soll. Bereits diese sich widersprechenden Behauptungen der Angeklagten G. sprechen dafür, dass es sich um eine reine Erfindung der Angeklagten G. handelt.
1607
Die weitere Behauptung der Angeklagten G., sie habe bereits große Erfolge mit BG-MUN in der Krebsbehandlung gehabt und habe auch schon Krebs heilen können, ist eine Lüge. In der gesamten Beweisaufnahme hat sich kein einziger Zeuge aufgetan, der durch die Angeklagte G. mit BG-MUN nachhaltig von seiner Krebserkrankung geheilt worden ist. Im Gegenteil haben die Zeugen berichtet, dass es trotz der Einnahme von BG-MUN zu einem unveränderten Wachstum ihrer Tumore oder Metastasen gekommen ist. Eine Heilung konnte die Kammer in keinem einzigen Fall feststellen. Insofern kann auch von großen Erfolgen in der Krebsbehandlung mit BG-MUN keine Rede sein. Zur Überzeugung der Kammer bezog sich die Behauptung der Angeklagten G. jedoch auf eine nachhaltige Verbesserung der Erkrankung selbst durch BG-MUN, da sie dieses unmittelbar mit der gänzlichen Heilung in Verbindung brachte. Genau so haben es die Zeugen …, wie sie der Kammer berichtet haben, auch verstanden. Eine nachhaltige Verbesserung des Erkrankungsbildes hat sich bei keinem der einvernommenen Zeugen eingestellt.
1608
Auch die Behauptung der Angeklagten G., BG-MUN brauche Zeit, um zu wirken, ist nachweislich falsch. Da die Kammer, wie bereits dargelegt, überzeugt ist, dass BG-MUN gegen den Diabetes-Typ-1 der … überhaupt nichts ausrichten kann, braucht BG-MUN denknotwendig auch keine Zeit, um zu wirken. Etwaige Wirkungen gegen diese Erkrankung nach längerer Einnahme sind nach den zuvor dargelegten Ausführungen des Sachverständigen …, denen sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt, nicht zu erwarten.
(3) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung durch die Angeklagte G.
1609
Die beiden Verkäufe BG-MUN an die Zeugen … für deren Tochter … waren Teil des eigens dafür eröffneten Gewerbes der Angeklagten G. „…“, wie sich aus den verlesenen Rechnungen ergibt (vgl. Bl. 195 und 196 Fallakte III). Daraus schließt die Kammer, dass sich die Angeklagte G. eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschafft hat und auch verschaffen wollte.
(4) Beteiligung des Angeklagten B.
1610
Die Kammer hat aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs zwischen den Lieferungen von BG-MUN und den jeweiligen Ankäufen festgestellt, dass der Ankauf von 3 Ampullen BG-MUN am 15.10.2018 aus der Lieferung von BG-MUN bzw. des notwendigen Materials durch den Angeklagten B. um den 24.09.2018 stammt, weil es in dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang keine andere Lieferung an die Angeklagte G. gab, wie sich aus den verlesenen Rechnungen des Angeklagten B. an die angeklagte G. ergibt (vgl. Asservat 8.2).
1611
Dasselbe gilt für den Ankauf 3 weiterer Ampullen BG-MUN Anfang Dezember 2018. Die damit unmittelbar in Zusammenhang stehende Lieferung von BG-MUN ist die um den 20.11.2018.
(5) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung des Angeklagten B.
1612
Hinsichtlich des Angeklagten B. handelte es sich bei beiden Lieferungen von BG-MUN um ein Geschäft der …, woraus sich das gewerbsmäßige Handeln des Angeklagten B. ohne jeden Zweifel ergibt.
(6) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1613
Die Vorgehensweise beim Verkauf von BG-MUN an die Familie … entsprach dem Tatplan der beiden Angeklagten. Bei der Lieferung von BG-MUN an die Angeklagte G. war dem Angeklagten B. jeweils bewusst und von diesem gewünscht, dass diese das BG-MUN unter falschen Anpreisungen in den Verkehr bringen würde. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1614
Bei den beiden Lieferungen von BG-MUN an die Angeklagte G. wusste der Angeklagte B. genau, dass die Angeklagte G. BG-MUN als Arzneimittel in den Verkehr bringen würde, weil dies dem gemeinsamen Tatplan entsprach. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) und 6. Bezug genommen.
(7) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1615
Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) und C. III. 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1616
Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. b) Bezug genommen.
1617
Die Feststellungen zum objektiven Geschehensablauf beruhen auf den glaubhaften und miteinander in Einklang stehenden Angaben der Zeugen … und … sowie auf den verlesenen Urkunden.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1618
Der Kammer war es nicht mehr möglich, die Zeugin … zum Tatgeschehen zu befragen, da diese bereits am 04.11.2018 verstorben ist.
1619
Die Kammer hat daher den Zeugen …, den Ehemann der … zur Sache befragt. Dieser berichtete der Kammer bei seiner Einvernahme, dass er die Angeklagte G. kenne, den Angeklagten B. jedoch nicht. Seine Frau sei vor ca. 3 Jahren schwer an Lungenkrebs erkrankt gewesen. Nach der ersten Chemotherapie sei es ihr sehr schlecht gegangen. Ein Arbeitskollege habe ihnen empfohlen, zu einem Heilpraktiker zu gehen. Sie hätten dann den Heilpraktiker …, den sie auch schon von anderen Behandlungen gekannt hätten, aufgesucht. Der habe sich seine Frau angeschaut und gesagt, er könne nichts machen. Er kenne aber jemanden, da könnten sie mal anrufen und einen Termin machen. Das BG-MUN habe er nicht erwähnt. Sie hätten dann bei der Angeklagten G. angerufen und einen Termin gemacht. Sie seien zusammen einmal hingefahren und dort sei ihnen dann ein „spezielles Medikament BG-MUN zusammengestellt“ worden. Es seien auch Messungen gemacht worden und dann seien sie wieder nach Hause gefahren. Auf das BG-MUN hätten sie gewartet, aber es sei schon zu spät gewesen. Die G. habe Blutmessungen, ohne einen Tropfen Blut abzunehmen, durchgeführt. Das Gerät habe ein Protokoll erstellt und dann habe die G. Naturheilmittel zusammengestellt, für die man kein Rezept brauche. Diese Sachen hätten sie dann in der Apotheke geholt. Nur das BG-MUN nicht, das sei direkt von der Angeklagten gekommen. Sie hätten es nicht direkt mitgenommen, es sei geschickt worden. Sie hätten das Geld dann überwiesen. Er denke, es habe etwa 6.000,00 € gekostet. Zur Wirkung des BG-MUN habe er die Angeklagte G. befragt. Sie habe gesagt, dass das BG-MUN Krebszellen verbrenne. Er habe aber keine Ahnung, was man sich als Laie darunter vorstellen müsse. Der Krebs solle gelindert werden. Er könne nicht sagen, dass eine Heilung versprochen worden sei. Sie hätten damals das Gefühl gehabt, dass sie was getan hätten und gehofft, dass es seiner Frau helfen werde. Er denke das sei im Oktober 2018 gewesen.
1620
Er habe mit der Ärztin seiner Frau über BG-MUN gesprochen, weil er ja nicht gewusst habe, ob sich das mit der Behandlung vertrage. Die habe keine Erkenntnisse dazu gehabt und – nachdem sie es gegoogelt habe – davon abgeraten. Der Ertrinkende halte sich eben an einem Strohhalm fest. Er denke, vielleicht sei er damals nicht Herr seiner Sinne gewesen. Man habe eben irgendwas tun wollen und nicht nur zusehen. Das sei ganz schlimm gewesen.
1621
Mit BG-MUN seien Kanülen geliefert worden. Er habe das BG-MUN in die Kanüle gemacht und dann unter die Zunge getan. Dann habe man warten müssen. Damit das direkt durch die Venen ins Blut gehe. Seine Frau habe nicht alles nehmen können. Sie sei am 04.10.2018 gestorben. Er habe dann die Angeklagte G. angerufen und ihr das gesagt. Sie habe gesagt, sie könne die nicht verbrauchten Ampullen nicht zurücknehmen wegen der Ablaufzeit. Er könne es ja auch selbst nehmen. BG-MUN habe nichts gebracht. Oder es sei halt einfach schon zu spät gewesen.
1622
Die vorigen Angaben des Zeugen … haben sich im Rahmen der Beweisaufnahme vollumfänglich – mit Ausnahme des Todesdatums der … – bestätigt und liegen daher den Feststellungen der Kammer zugrunde.
1623
Der Zeuge … berichtete der Kammer im Einklang mit den Angaben des Zeugen …, dass er Heilpraktiker sei und gelegentlich Patienten zur Angeklagten G. geschickt habe. Er kenne auch den Angeklagten B. Einmal sei er da bei der Angeklagten G. gewesen zu einem ausgemachten Treffen mit dem B. Das habe ihn aber alles nicht überzeugt. Er habe auf jeden Fall 2 Patienten zur Angeklagten G. vermittelt. Er sei dann sehr überrascht gewesen, dass er eine Provision bekommen habe. Das Geld sei auf einmal überwiesen worden. Die vermittelten Patienten hätten Krebs gehabt und gefragt, was sie tun sollten nach 2 Chemos. Er habe dann gesagt, sie sollten mal zur Angeklagten G. gehen. Er könne sich da an die Familie … erinnern. Er selbst behandle keine Krebspatienten, er könne das nicht und traue sich das nicht zu. Er wolle niemandem schaden. Die Angeklagte habe gesagt, vielleicht könne sie was machen. Sie habe aber nicht von einer hundertprozentigen Heilung gesprochen. Was die Angeklagte dann mit den Patienten gemacht habe, wisse er nicht. Sie habe nur gesagt, er bekomme 400,00 €, weil die Patientin bei ihr sei. BG-MUN sei nicht erwähnt worden. Ihm gegenüber sei jedenfalls nie ein Heilungsversprechen abgegeben worden. Mit den … habe er später nicht mehr gesprochen.
1624
Der Zeuge … bestätigte damit die Angaben des Zeugen …, dass er sie an die Angeklagte G. vermittelt habe. Ebenso erscheint es der Kammer glaubhaft, dass es danach zu keinem Kontakt mehr mit dem Zeugen … kam, da sich der Grund für die Behandlung durch einen Heilpraktiker mit dem Tod der … erledigt hatte. Die Vermittlung sowie die vom Zeugen … angegebene Provision wird ferner bestätigt durch die zugehörige und verlesene Rechnung des Zeugen … an die Angeklagte G. vom 15.11.2018 (vgl. Bl. 64 Fallakte III), die der Zeuge der Angeklagten G. per E-Mail schickte. Auch diese E-Mail hat die Kammer verlesen (vgl. Bl. 63 Fallakte III).
1625
Der Termin bei der Angeklagten G. fand am 04.10.2018 statt und ist belegt durch die verlesene W...App-Nachricht zwischen der Angeklagten G. und der Familie … vom 27.09.2018 (vgl. Bl. 42 Sonderband Asservatenauswertung), mit dem die Angeklagte den Termin für den 04.10.2018 um 10:30 Uhr bestätigt.
1626
Die Kammer ist überzeugt, dass die Angeklagte G. den Zeugen … gesagt hat, dass BG-MUN Krebszellen verbrennen könne.
1627
Zunächst ist festzustellen, dass die Angeklagte G. am 04.10.2018 handschriftlich auf ihrem Praxisnotizblock für … die Bestellung von einem BG-MUN-Set vermerkte. Diesen Zettel hat die Kammer in Augenschein genommen und verlesen (vgl. Bl. 50 Fallakte III). Wie der Zeuge … es berichtete, wird auf dem Zettel eine orale Einnahme angeraten. Außerdem heißt es dort: „Proteinkomplex zur Unterstützung bei der Bewältigung von Aufgaben des Immunsystems“. Dies schließt jedoch zur Überzeugung der Kammer nicht aus, dass die Angeklagte G. BG-MUN mündlich als hochwirksames Krebsmittel angepriesen hat, das Krebszellen verbrennen kann.
1628
Für die Richtigkeit der Angaben des Zeugen … spricht die verlesene W...App-Kommunikation. Dort heißt es:
„Nach unserem Telefonat ist mir eines noch nicht klar. Ist die von Ihnen vorgeschlagene Maßnahme nur zur Entgiftung oder bekämpft sie auch den Tumor?#
(Nachricht vom 01.10.2018 um 11:19:42 (UTC+2), Bl. 42 Sonderband Asservatenauswertung)
die vorgeschlagenen Maßnahmen dienen der Organstabilisierung, wenn die Organe nicht mehr richtig arbeiten, vergiftet sich der Körper selbst. Dh durch die Organstabiliaierung [sic!] wird auch die Entgiftung unterstützt und der Therapievorschlag bewirkt auch eine Reduzierung der Krebszellen/Metastasen.“
(Nachricht vom 01.10.2018 um 11:36:47 (UTC+2), Bl. 42 Sonderband Asservatenauswertung)
„Haben Sie noch Fragen – wir sehen uns ja am Do. Sie wollten sich ja die BG-MUN Therapie noch überlegen. Falls Sie sich doch noch dazu am Donnerstag entschließen, können wir da alles in Ruhe besprechen. Denn die Untersuchungsergebnisse geben ja doch nochmal anders Aufschluss über den Gesamtzustand.“
(Nachricht vom 01.10.2018 um 11:43:18 (UTC+2), Bl. 43 Sonderband Asservatenauswertung)
1629
Aus diesen Nachrichten ergibt sich, dass die Angeklagte G. explizit behauptet, ihr Therapievorschlag – wobei sie BG-MUN ausdrücklich als Therapie bezeichnet – bewirke auch eine Reduzierung von Krebszellen bzw. Metastasen, und zwar noch vor dem persönlichen Gespräch am 04.10.2018. Da der Zeuge … offensichtlich noch persönliche Fragen hatte, kam es vor dem 04.10.2018 auch nicht zu einer Bestellung von BG-MUN. Dies geschah erst, wie der Zeuge berichtet hat, im Termin. So hat es die Angeklagte auch auf ihrer Rechnung vermerkt, die die Kammer verlesen hat. Es ist daher ohne weiteres plausibel, dass die Angeklagte G. die Wirkweise von BG-MUN, nämlich, dass es Krebszellen verbrenne, in dem Termin vom 04.10.2018 nochmals beschrieben hat.
1630
Die Kammer kann insofern auch ausschließen, dass der Zeuge … die Wirkbeschreibung aus den sternTV-Berichten übernommen hat. Der Zeuge … berichtete nicht davon, dass er diese überhaupt gesehen hat. Im Einklang damit berichtete der Zeuge KOK … glaubhaft, der den Zeugen … im Ermittlungsverfahren vernommen hat, dass der Zeuge … nichts von den Strafanzeigen gegen die Angeklagten gewusst habe. Er sei aus allen Wolken gefallen, als er ihm den Tatvorwurf eröffnet habe. Als der Zeuge auf der Polizeiwache erschienen sei, habe er zwar mit dem Namen G. etwas anfangen können, jedoch keinerlei Unterlagen dabei gehabt. Diese seien nachgereicht worden. Für die Kammer ergibt sich aus diesem Umstand, dass der in Thüringen beheimatete Zeuge … die sternTV-Berichterstattung nicht gesehen und auch keine Kenntnis über das Verfahren in I. durch die Medien erlangt hat. Er erschien unvorbereitet zur Zeugeneinvernahme und hatte bis dahin nicht geahnt, dass es ein Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagten gibt. Der Zeuge … gab weiter an, er selbst habe dem Zeugen … auch nichts über den sternTV-Bericht gesagt, da er erst heute bei der Einvernahme durch die Kammer erfahren habe, dass es diesen überhaupt gebe. Die Kammer hat somit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge … den sternTV-Beitrag gesehen oder überhaupt Kenntnis von dessen Existenz hatte und dies der Kammer bewusst verschwiegen hat.
1631
Aus den Angaben des Zeugen … ergeben sich ferner große Diskrepanzen zum sternTV-Beitrag im Hinblick auf die angeratene Einnahmeform. Diesbezüglich war dem Zeugen allein die orale Einnahme bekannt. Auch auf Vorhalt verneinte er, dass ihm eine Injektion angeraten worden sei. Vielmehr berichtete der Zeuge, er sei über die Kanülen verwirrt gewesen und habe deswegen die Angeklagte angerufen. Diese habe gesagt, es gebe keinen Tropfen Blut, die Spritze sei zum Träufeln da.
1632
Außerdem war der Zeuge ersichtlich nach wie vor der Ansicht, dass BG-MUN etwas gebracht hätte, wenn seine Frau es früher bekommen hätte. Er betonte mehrmals, es sei einfach zu spät gewesen für …. Daraus ergibt sich zugleich, dass der Zeuge den Angaben der Angeklagten Glauben geschenkt hat.
1633
Die Bestellung, die Kosten für BG-MUN und der Versand haben sich durch Verlesen der Rechnung vom 04.10.2018 bestätigt (vgl. Bl. 49 Fallakte III). Die Kammer konnte zudem die vom Zeugen … angegebene Überweisung des Kaufpreises durch Verlesung des von ihm an … übergebenen Kontoauszuges sowie durch Verlesung der Kontoauszüge der Angeklagten G. verifizieren (vgl. Bl. 51 Fallakte III und Bl. 175 Sonderband Finanzermittlungen …). Aus diesen Auszügen ergibt sich auch, dass der Zeuge … die Zahlung am 08.10.2018 angewiesen hat.
1634
Die Kammer hat den Todestag der … abweichend von den Angaben des Zeugen … mit 04.11.2018 statt 04.10.2018 festgestellt. Dies beruht darauf, dass der Zeuge … bei seiner Einvernahme offensichtlich das Datum vertauscht hat. Wie bereits ausgeführt, steht fest, dass es erst am 04.10.2018 zum Kauf von BG-MUN gekommen ist. Zu diesem Zeitpunkt hat also … noch gelebt, da sie ja persönlich bei der Angeklagten G. war. Auch am 18.10.2018 hat … noch gelebt, da es noch Nachfragen zu einem bei ihr aufgetretenen Hautausschlag an die Angeklagte G. per W...App gab, die die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 43 Sonderband Asservatenauswertung).
1635
Zugleich berichtete der Zeuge …, seine Frau habe das BG-MUN nicht mehr vollständig nehmen können. Er habe die Hälfte der Packung zurückgeben wollen. Ausweislich der verlesenen Einnahmeanweisung vom 04.10.2018 sollte … jeden 2. Tag 1,5 ml oral einnehmen. In einer Packung BG-MUN befinden sich 10 Ampullen zu je 3 ml. Das BG-MUN wurde nach Zahlungseingang ausweislich der verlesenen W...App-Konversation am 10.10.2018 versendet. Es ist daher plausibel, dass … tatsächlich am 04.11.2018 gestorben ist. Zu diesem Zeitpunkt war jedenfalls noch eine größere Menge BG-MUN vorhanden und die Einnahme konnte nicht beendet werden.
1636
Die Kammer hält auch den Anruf des Zeugen … bei der Angeklagten G. nach dem Tod seiner Frau für eine glaubhafte Angabe. Zum einen ist es nachvollziehbar, dass er versucht hat, das in seinen Augen hochwirksame Krebsmittel zurückzugeben. Es hat immerhin fast 6.000,00 € gekostet. Außerdem hatte der Zeuge … nach seiner subjektiven Bewertung keinerlei Verwendung mehr für das Produkt, da er selbst ja gerade nicht an Krebs erkrankt war. Zum anderen ist durch den verlesenen W...App-Chat belegt, dass es jedenfalls im März 2019, also nach dem Tod der …, noch Kontakt zwischen dem Zeugen … und der Angeklagten G. gab. Der Kontakt ist also mit dem Tod der … nicht abgebrochen. Es liegt auf der Hand, dass der Zeuge … der Angeklagten G. auch erzählt hat, dass seine Ehefrau an Krebs verstorben ist.
(2) Wahrheitsgehalt der Angaben der Angeklagten G.
1637
Zur Überzeugung der Kammer entsprechen die Behauptungen der Angeklagten G., BG-MUN stabilisiere die Organe und bekämpfe Krebszellen sowie BG-MUN verbrenne Krebszellen, nicht der Tatsachenlage.
1638
Hinsichtlich der stofflichen Begutachtung von BG-MUN wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1639
Diese Feststellung beruht ferner auf den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen …, die sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen macht.
1640
Der Sachverständige führte aus, dass aus medizinischer Sicht unklar sei, was mit „Stabilisierung“ der Organe gemeint sei. Ein solcher Begriff sei in der Medizin nicht gebräuchlich oder definiert. Anhand der pathophysiologischen Zusammensetzung des Produkts BG-MUN sei ein wirksames Bekämpfen von Krebszellen nicht zu erklären. Publiziert sei dazu jedenfalls nichts. Hinsichtlich der Ausführungen des Sachverständigen zu einem nicht vorhandenen Effekt der enthaltenen Heat-Shock-Proteine wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (8) Bezug genommen.
1641
Der Sachverständige äußerte weiter, dass auch der Begriff „verbrennen von Krebszellen“ in der Medizin nicht gebräuchlich sei. Er könne jedenfalls ausschließen, dass es sich bei BG-MUN um ein thermisches, hitzedestruktives Therapieverfahren handle wie beispielsweise die thermische Laserinduzierte Thermoablation oder Radiofrequenzablation, wie sie bei der lokoregionalen Behandlung von isolierten Lebermetastasen etabliert sei. Zur Abtötung von Krebszellen, sollte dies gemeint sein, sei BG-MUN nicht in der Lage. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer diesbezüglich Bezug auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (8), welche auch hier uneingeschränkt gelten.
(3) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung durch die Angeklagte G.
1642
Der Verkauf von BG-MUN an … war Teil des eigens dafür eröffneten Gewerbes der Angeklagten G. „…“, wie sich aus der verlesenen Rechnung ergibt (vgl. Bl. 49 Fallakte III). Daraus schließt die Kammer, dass sich die Angeklagte G. eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschafft hat und auch verschaffen wollte.
(4) Beteiligung des Angeklagten B.
1643
Der Angeklagte B. stellte der Angeklagten G. auch bei dem Verkauf an … die notwendigen Unterlagen und mündlichen Anpreisungen zur Verfügung, wie es dem gemeinsamen Tatplan entsprach.
1644
Außerdem hat die Kammer aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Lieferungen von BG-MUN und des Ankaufs der … festgestellt, dass der Ankauf von einer Packung BG-MUN am 08.10.2018 aus der Lieferung von BG-MUN bzw. des notwendigen Materials durch den Angeklagten B. um den 24.09.2018 stammt, weil es in dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang keine andere Lieferung an die Angeklagte G. gab, wie sich aus den verlesenen Rechnungen des Angeklagten B. an die Angeklagte G. ergibt (vgl. Asservat 8.2).
(5) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung des Angeklagten B.
1645
Hinsichtlich des Angeklagten B. handelte es sich bei beiden Lieferungen von BG-MUN um ein Geschäft der …, woraus sich das gewerbsmäßige Handeln des Angeklagten B. ohne jeden Zweifel ergibt.
(6) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1646
Die Vorgehensweise beim Verkauf von BG-MUN an … entsprach dem Tatplan der beiden Angeklagten. Bei der Lieferung von BG-MUN an die Angeklagte G. war dem Angeklagten B. jeweils bewusst und von diesem gewünscht, dass diese das BG-MUN unter falschen Anpreisungen in den Verkehr bringen würde. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1647
Bei den beiden Lieferungen von BG-MUN an die Angeklagte G. wusste der Angeklagte B. genau, dass die Angeklagte G. BG-MUN als Arzneimittel in den Verkehr bringen würde, weil dies dem gemeinsamen Tatplan entsprach. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) und 6. Bezug genommen.
(7) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1648
Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) und C. III. 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1649
Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. b) Bezug genommen.
1650
Die objektiven Feststellungen der Kammer zu dem Verkauf von BG-MUN an … beruhen auf den glaubhaften Angaben der Zeugin …. Die Angaben sind zwanglos mit den verlesenen Urkunden in Einklang zu bringen und finden so abermals ihre Bestätigung.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1651
Die Zeugin … berichtete der Kammer bei ihrer Einvernahme folgendes:
1652
Sie kenne nur die Angeklagte G., denn dort sei sie gewesen in … und habe das BG-MUN gekauft. Sie sei lediglich einmal dort gewesen. Vorher sei sie bei Dr. K. gewesen, das sei ein Arzt in …. Sie denke, das sei im Herbst 2018 gewesen. Sie habe Brustkrebs, sei bereits 3-mal operiert und auch bestrahlt worden. Aber sie habe Knochenmetastasen bekommen. Die Erkrankung sei erstmals im Mai 2016 diagnostiziert worden.
1653
Dr. K. habe ihr BG-MUN empfohlen, das könne sie über die Angeklagte G. beziehen. Dass es ihr helfen könne, habe er über eine Kinesiologie festgestellt. Dafür habe er ihren Arm heruntergedrückt. Dr. K. habe gesagt, dass es ein ganz neues Mittel sei. Er sei auf einer Schulung gewesen und das Mittel solle gut sein. Er könne aber noch nichts zu Erfahrungen sagen. Es sei in Amerika auf dem Markt und hier noch nicht zugelassen. Sie habe von Dr. K. einen Zettel bekommen. Dort habe gestanden, es handle sich um Stammzellen von Kälbern und da sei ein Trägerstoff drauf, der dann helfe gegen Krebs.
1654
Sie habe das BG-MUN erst nicht haben wollen, weil es so teuer sei und sie so eine kleine Rente habe. Er habe eine Flasche gehabt und ihr diese 3-mal gespritzt. Er habe auch gesagt, man müsse es spritzen. Mehr sei nicht gegangen, dafür habe sie zur Angeklagten G. gemusst.
1655
Sie habe dann gedacht, sie nehme 5 Flaschen. Sie habe die Angeklagte dann gegoogelt, sie angerufen und ihr per E-Mail ihren Krankheitsverlauf geschickt. Dann habe sie einen Termin ausgemacht und sei hingefahren. Sie habe vorher mit der Angeklagten telefoniert und habe auch gefragt, ob diese BG-MUN da habe, weil es wohl jemand habe bringen müssen. In der Praxis habe sie ca. 1,5 Stunden mit der Angeklagten gesprochen über ihre Krankheit. Dann habe die Angeklagte ihr das BG-MUN empfohlen und sie habe es gekauft. Die 5.900,00 € habe sie in bar bezahlt. Sie habe die Angeklagte mehrmals gefragt, ob es wirklich helfe. Diese habe stets mit ja geantwortet. Sie habe gefragt „auch bei Knochenmetastasen?“ und die Angeklagte habe auch das bejaht. Sie habe gesagt, sie habe gute Erfahrungen mit mehreren Patienten speziell bei Knochenmetastasen. Sie denke das sei am 22.01.2019 gewesen. Sie habe es gekauft, in der Hoffnung, dass es helfe. Sie sei wirklich voller Hoffnung gewesen. Die Angeklagte habe ihr große Hoffnungen gemacht. Es habe aber nicht geholfen. Sie sei immer noch krank. Die Metastasen seien weiter gewachsen und auch der Tumormarker weiter angestiegen.
1656
Die Angeklagte G. habe ihr auch gezeigt, wie man das BG-MUN spritze. Dabei habe sie gesagt, man müsse es spritzen. Oral helfe es nicht. Deshalb habe sie, die Zeugin …, ja auch Spritzen dazu bekommen. Die Angeklagte G. habe gesagt, das gehe in den Bauch, links oder rechts. Erst aufziehen mit der langen Nadel, dann auf die kurze Nadel und so dann reinspritzen. Ohne Desinfektion, die brauche sie nicht. Sie habe es dann 10 Wochen lang genommen. Geholfen habe es nicht. Das habe sie Dr. K. mitgeteilt. Dieser habe gesagt, wenn sie das der G. sage, dann müsse sie es nur nochmal nehmen. Er habe den Tumormarker kontrolliert, der schier durch die Decke gegangen sei.
1657
Sie habe der Angeklagten eine E-Mail geschrieben, dass es nicht geholfen habe. Sie habe auch gefragt, ob es noch nachwirke, könne sich jetzt aber nicht mehr erinnern, ob sie darauf eine Antwort bekommen habe. Sie habe den Kontakt dann abgebrochen, auch zu Dr. K.
1658
Den sternTV-Bericht habe sie nicht gesehen. Dr. K. habe sie einmal danach gefragt, aber auch ihm habe sie mitgeteilt, dass sie das nicht gesehen habe.
(b) Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin …
1659
Die Angaben der Zeugin … sind glaubhaft. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kauf der BG-MUN-Ampullen bei der Angeklagten G. kausal auf deren Behauptungen, BG-MUN helfe bei Knochenmetastasen und sie habe da bereits gute Erfahrungen gemacht, zurückzuführen sind. Dabei hat zwar der Zeuge … auch Angaben über BG-MUN gegenüber der Zeugin … gemacht, diese waren aber nicht kausal für den Kauf der Zeugin.
1660
Der Zeuge Dr. K. bestätigte, dass er die Zeugin … mit BG-MUN behandelt habe, und behauptete, dass deren Schmerzen weggegangen seien. Leider sei der Tumormarker jedoch weiter gestiegen.
1661
Die Behandlung durch Dr. K. ist ferner belegt zum einen durch dessen handschriftliche Notizen vom 24.10.2018, von denen die Zeugin … berichtet hat, und die die Kammer verlesen und in Augenschein genommen hat (vgl. Bl. 166 bis 167 Fallakte I). Dort hat Dr. K. notiert: „BG-Mun wäre optimal wirksam“ und zwar unter der Überschrift „kinesiol. Ursachentest“, wie die Zeugin … es der Kammer berichtet hat. Die Kammer hat ferner das „Infoblatt Immuntherapie mit BG-MUN“ verlesen und in Augenschein genommen, von dem die Zeugin … der Kammer berichtet hat (vgl. Bl. 169 bis 170 Fallakte I). Diesbezüglich bestätigte der Zeuge Dr. K. die Angabe der Zeugin …, dass er der Urheber des Schriftstücks ist. Er berichtete diesbezüglich, er habe dort die Informationen zusammengeschrieben, die er von der Angeklagten bekommen hatte, damit er seinen Patienten nicht immer alle Zettel von der Angeklagten G. übergeben müsse. Bei den dort erwähnten Nebenwirkungen habe er geschrieben, was er selbst beobachtet habe.
1662
Die von der Zeugin … aufgeführten Informationen, die sie von Dr. K. bekommen haben will, befinden sich alle auf dem von diesem verfassten Infoblatt, genauso, wie die Zeugin es geschildert hat.
ii. Feststellungen zur Kenntnis des Dr. K.
1663
Die Kammer ist überzeugt, dass alle Informationen, die der Zeuge Dr. K. auf das Infoblatt aufgenommen hat, ursprünglich von der Angeklagten G. stammen. Diesbezüglich wird zunächst auf die Ausführungen unter C. III. 3. b) (3) (c) Bezug genommen. Die Informationen hatte die Angeklagte G. dem Zeugen Dr. K. per E-Mail geschickt und im Übrigen telefonisch erläutert. Der Zeuge Dr. K. gab diesbezüglich glaubhaft an, dass er den Hersteller des BG-MUN, also den Angeklagten B., angeschrieben habe. Er habe jedoch nie eine Antwort erhalten. Dies verwundert angesichts der Tatsache, dass die Angeklagte G. zu diesem Zeitpunkt, nämlich ca. im August 2018, wie sich aus der E-Mail des Dr. K. ergibt, bereits den Exklusivvertrieb übernommen hatte, nicht. Dieses Vorgehen entsprach nämlich genau dem Tatplan der Angeklagten. Für die Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 6. Bezug genommen.
1664
Zudem besuchte der Zeuge Dr. K. im am 23.11.2018 ein Seminar über BG-MUN mit dem Titel „BG-MUN Cytosolfraktion über Grundlagen, Wirkungsweise und Einsatzbereiche“ bei der Angeklagten G., wie er der Kammer berichtete. Für die Einzelheiten zur Glaubhaftigkeit dieser Angabe wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) (3) (d) Bezug genommen.
1665
Insofern kann folglich festgestellt werden, dass keine einzige Information, die der Zeuge Dr. K. an seine Patienten weitergegeben hat, mit Ausnahme der von ihm in einem Selbstversuch festgestellten Nebenwirkungen, von ihm stammte. Vielmehr kamen alle diese Informationen von der Angeklagten G., die diese wiederum, dem gemeinsamen Tatplan entsprechend, vom Angeklagten B. bezogen hatte.
1666
Die Kammer ist außerdem sicher, dass der Zeuge Dr. K., als er BG-MUN gegenüber … im Oktober 2018 erstmals erwähnte, von einer krebsheilenden Wirkung des BG-MUN überzeugt war.
1667
Der Zeuge Dr. K. berichtete der Kammer, dass er im Sommer 2018 erstmals von dem Mittel gehört habe, und zwar über seine Patientin …. Diese habe ihm auch von der Angeklagten G. berichtet, behauptet, BG-MUN sei ein Organextrakt und dass es bereits jemanden von einem Hirntumor geheilt habe. Er solle sich für Einzelheiten an die Angeklagte G. wenden, die das im deutschen Raum vertreibe und einen Überblick über die Patienten habe. Er habe dann Kontakt zu der Angeklagten G. aufgenommen. Die habe ihm nicht viel neues gesagt und ihm Informationsmaterial zugesandt. Da habe gestanden, dass BG-MUN der Grundstoff für die Herstellung eines Arzneimittels sei. Er habe sich dann gefragt, ob das nun ein Arzneimittel sei oder nicht. Das mit dem Gehirntumor habe ihn interessiert. Er kenne niemanden, der das überlebt habe. Er habe dann auch MRT-Bilder bekommen vor und nach BG-MUN. Danach sei der Tumor viel kleiner gewesen. Er habe auch mal mit jemandem gesprochen. Er meine, der heiße Koller. Er habe einen Selbstversuch vorgenommen. Er habe dann angefangen, es Patienten zu empfehlen. Der Zeuge Dr. K. behauptete weiter, er habe auch Erfolge in der Krebstherapie mit BG-MUN gehabt.
1668
Diese Angaben des Dr. K. sind, mit Ausnahme, dass er nennenswerte Erfolge in der Krebstherapie gehabt habe, glaubhaft.
1669
Die Kammer hat die entsprechende E-Mail, mit der der Zeuge Dr. K. Kontakt zur Angeklagten G. aufgenommen hat, verlesen (vgl. Bl. 1392 bis 1393 d.A.). Diese wurde vor dem 03.08.2018 um 17:42 Uhr an die Angeklagte verschickt, weil die Antwort der Angeklagten G. um diese Zeit versendet wurde. Die E-Mail des Zeugen Dr. K. ist nicht datiert. Hier teilte er der Angeklagten G. bereits mit, dass er von … von einer „vielversprechenden Form der biologischen Krebstherapie“ gehört habe. In einer weiteren E-Mail teilte er ihr zudem mit, dass er bereits eine Beschreibung von … bekommen habe (vgl. Bl. 1391 d.A.). Am 05.08.2018 versandte die Angeklagte G. dann die bereits bezeichneten Unterlagen an den Zeugen Dr. K. (vgl. Bl. 1394 bis 1402 d.A.).
1670
Aus dem verlesenen E-Mailverkehr bestätigt sich zudem, dass dem Zeugen Dr. K. gegenüber, obwohl er dies bei seiner Einvernahme ausdrücklich bestritten hat, auch von der Angeklagten G. eine effektive Wirkung gegen Krebserkrankungen, insbesondere auch unter der Behauptung, BG-MUN könne Tumore bzw. Metastasen reduzieren, angepriesen wurde. So behauptete der Zeuge Dr. K., dass die Angeklagte G. lediglich vorsichtig formuliert habe, dass BG-MUN zur Unterstützung von Aufgaben des Immunsystems sei. Es sei nicht gesagt worden, das heile Krebs. Niemand habe von Verbrennen von Krebs gesprochen. Er wisse nicht mehr, ob die Angeklagte über Erfolgschancen gesprochen habe.
1671
Die Kammer ist jedoch sicher, dass diese Behauptungen des Zeugen Dr. K. nicht der Wahrheit entsprechen.
1672
Diese Schlussfolgerung beruht auf folgenden Tatsachen:
1673
Hinsichtlich der angeblich vorsichtigen Formulierung der Angeklagten G. handelt es sich um ein Zitat aus dem Beipackzettel von BG-MUN.
1674
Der Zeuge Dr. K. erwähnte gegenüber der Angeklagten G. ausdrücklich den Zeugen …, dessen Bruder durch BG-MUN angeblich von seinem Gehirntumor geheilt worden sein soll. Es erscheint der Kammer vollständig abwegig, dass darüber und damit auch über die krebsheilende Wirkung von BG-MUN in einem Telefonat zwischen dem Zeugen Dr. K. und der Angeklagten G. überhaupt nicht gesprochen worden sein soll. Dieser Geschehensablauf drängt sich anhand der verlesenen E-Mails vielmehr auf. So erwähnte der Zeuge Dr. K. den Zeugen …, der der Angeklagten G. bekannt war, da sie sich am 07.07.2018 auf der Gartenparty dieses Zeugen befunden hatte (vgl. C. III. 9. a) (1) (b) i.), bereits in der E-Mail am 03.08.2018, in der er und die Angeklagte G. ein Telefonat absprachen (vgl. Bl. 1391 d.A.). Dieser Anruf fand dann auch statt, da sich die Angeklagte G. am 05.08.2018 per E-Mail beim Zeugen Dr. K. für den Anruf bedankte (vgl. Bl. 1394 d.A.).
1675
Am 25.08.2018 um 15:40:31 Uhr schrieb der Zeuge Dr. K. der Angeklagten G. dann nachfolgende E-Mail (vgl. Bl. 1408 d.A.):
ich freue mich, das BG-Mun zunächst an mir selbst und evtl. Familienmitgliedern auszuprobieren. Ich habe Ihnen und auch Herrn … bei Ihren Angaben zu diesem Produkt vertraut und nun sozusagen eine Menge Geld für die berühmte ‚Katze im Sack‘ ausgegeben. Ich zweifle keinesfalls an der geschilderten Wirkung. Wäre es aber trotzdem möglich, dass ich als Therapeut evtl. vertrauliche/interne Infos zur genauen Zusammensetzung des Produktes bekomme? Als Arzt habe ich wie auch Sie als Heilpraktikerin Verantwortung für die Behandlung meiner Patienten und sollte es schon irgendwie vertreten können und selbst davon überzeugt sein, wenn ich Patienten solch eine teure Behandlung empfehle. Wenn Patienten die Internet-Infos zur … oder BG-Health lesen, bekommen sie möglicherweise Angst bzw. sind verunsichert, da fast keine Informationen (zumindest öffentlich) zu bekommen sind, der Firmensitz sich auf … befindet usw. Das ist für einen Laien und Patienten nicht gerade Vertrauen erweckend. Ich weiß, dass extrem gute Produkte von Behörden teilweise verfolgt werden, von der Pharmaindustrie bekämpft/verdrängt werden und ihren Firmensitz ins Ausland verlagern müssen usw. Das kenne ich auch von anderen genialen Produkten. […]#
1676
Vorliegend wird ausdrücklich schriftlich festgehalten, dass der Zeuge Dr. K. auf die Angaben des Zeugen … und der Angeklagten vertraue und nicht an der geschilderten Wirkung zweifle. Ebenso wird ohne ersichtlichen Zusammenhang eine Verfolgung durch die Pharmaindustrie thematisiert. Im Hinblick auf die Art und Weise, wie die Angeklagte G. BG-MUN angepriesen hat (vgl. C. III. 3. e) (3) (b)) und der Tatsache, dass wiederum auf den Gesprächsinhalt zwischen dem Zeugen Dr. K. und dem Zeugen … Bezug genommen wird, schließt die Kammer, dass es auch im Gespräch zwischen der Angeklagten und dem Zeugen Dr. K. um die Inhalte des Gesprächs zwischen Dr. K. und dem Zeugen … mithin die Heilung eines Gehirntumors durch BG-MUN sowie um die Verfolgung des Präparats durch die Pharmaindustrie ging. Es ist nicht ersichtlich, wieso der Zeuge Dr. K. plötzlich und zusammenhanglos der Angeklagten G. per E-Mail von einer Verfolgung durch die Pharmaindustrie berichten sollte. Die Erwähnung der Pharmaindustrie war nach den Feststellungen der Kammer fester Bestandteil der Verkaufsmasche von BG-MUN (vgl. C. III. 3. c) (4) und C. III. 6.). Dementsprechend ist es ohne weiteres plausibel, dass er sich tatsächlich auf Aussagen der Angeklagten G. in deren zuvor geführten Telefonat bezog.
1677
Die Gesprächsinhalte in Bezug auf Krebsheilung bzw. Verringerung von Tumoren und Metastasen ergeben sich zudem auch aus der verlesenen E-Mail des Zeugen Dr. K. an die Angeklagte G. vom 04.12.2018 um 07:08:07 Uhr (vgl. Bl. 1442 d.A.). Dort heißt es:
ich war ganz zuversichtlich bei den ersten klinischen und laborchemischen Kontrollen gewesen, wurde jetzt aber etwas enttäuscht. Habe jetzt für alle 3 BG-Mun-Patienten … Kontrollen durchgeführt. Trotz korrekter Anwendung kam es bei den beiden Tumor- bzw. Leukämiepatienten zu einem unveränderten Tumorwachstum, so als hätte man gar nichts gemacht. Auch Frau … hatte eine minimale vorübergehende Besserung ihrer Allergien, Asthma und der schweren Infektanfälligkeit, aber jetzt ist alles wieder beim Alten. Obwohl ich alle Patienten vorher naturheilkundlich und ursachenmedizinisch gut vorbereitete: Störfeldsanierung, Zähne/Metalle, Narben, Ernährung, Darmsanierung, Auffüllung aller Mängel, Elektrosmog-Reduktion, Geopathie-Sanierung usw. Es kann ja nicht sein, dass solch ein teures Produkt z.B. überhaupt nicht wirkt, wenn man während der Therapie 1 Glas Wasser mit Kohlensäure trinkt. Da stimmt dann etwas nicht mit der Wirksamkeit des Produktes. Ich werde das BG-Mun noch einige Zeit weiter beobachten, auch anderen Patienten empfehlen, hatte aber ehrlich gesagt für diesen hohen Preis eine entsprechende Wirkung erwartet. Am Ende fällt der Misserfolg ja nicht auf dich, sondern auf mich als verantwortlichen Therapeuten zurück, wenn eine vielversprechende Therapie kaum bzw. nicht wirkt.
1678
Auch aus dieser E-Mail wird deutlich, dass der Zeuge Dr. K. mit erheblichen Veränderungen am Tumorwachstum seiner Patienten rechnete. Da dies nicht eintrat, äußerte er Zweifel an der Wirksamkeit des Produktes BG-MUN. Die Verknüpfung von fehlender Tumorreduktion und BG-MUN sowie die Mitteilung dessen an die Angeklagte G. setzt jedoch voraus, dass die Angeklagte G. dem Zeugen Dr. K. vorher genau dies als zu erwartende Wirkung kommuniziert hat. Eine Antwort der Angeklagten G. auf die E-Mail vom 04.12.2018 konnte nicht festgestellt werden. Die Angeklagte G. hat ferner eine ausdrückliche Reduzierung von Tumoren mit BG-MUN gegenüber dem Zeugen Dr. K. in einer E-Mail vom 25.02.2019 behauptet. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) (3) (c) Bezug genommen.
1679
Die objektiven Beweismittel sprechen daher klar gegen die Schilderung des Zeugen Dr. K. Die Angaben sind diesbezüglich nicht glaubhaft. Gleichwohl wird aus den vorbenannten E-Mails und der Schilderung des Zeugen Dr. K. deutlich, dass er von einer entsprechenden Wirkung von BG-MUN ausging. Als er der Zeugin … erstmals im Oktober 2018 von BG-MUN berichtete und weitergab, was er an Informationen von der Angeklagten G. erhalten hatte, handelte er somit nach Überzeugung der Kammer gutgläubig. Zweifel über die Wirksamkeit von BG-MUN regten sich bei Dr. K. erst, als er im Zuge der Behandlung schwer kranker Patienten mit BG-MUN feststellte, dass es keinerlei medizinisch messbaren Behandlungserfolge gab.
1680
Die Kammer ist ferner ohne jeden Zweifel davon überzeugt, dass die Angeklagte G. dem Zeugen Dr. K. mitgeteilt hat, dass man BG-MUN anstatt es oral einzunehmen, auch subkutan injizieren könne. Diesbezüglich hat der Zeuge Dr. K. behauptet, die Angeklagte G. habe ihm gesagt, man nehme BG-MUN sublingual ein. Er habe sich die Einnahme per Injektion selbst ausgedacht. Eine ausdrückliche Empfehlung dazu habe es nicht gegeben. Die Kammer erachtet diese Aussagen ebenfalls für nicht glaubhaft. In der zuvor bezeichneten E-Mail hat der Zeuge Dr. K. der Angeklagten G. mitgeteilt, es „trotz korrekter Anwendung“ keinerlei Verbesserungen gegeben habe. Unterstellt, die korrekte Anwendung sei die in der Packungsbeilage und angeblich durch die Angeklagte G. empfohlene sublinguale Einnahme und die Injektion lediglich eine Idee des Zeugen Dr. K., ist der eklatante Widerspruch zu den Angaben der einvernommenen Zeugen … und … und … und … nicht zu erklären. Alle 4 Zeugen berichteten der Kammer, dass der Zeuge Dr. K., aber auch die Angeklagte G. ihnen zur Injektion von BG-MUN geraten hätten. Wäre die sublinguale Einnahme die „korrekte Anwendung“, die Zeugen hätten sich aber auf alleinige Idee des Zeugen Dr. K. entgegen der ausdrücklichen Anweisung der Angeklagten G. BG-MUN injiziert, ist nicht zu erklären, wieso der Zeuge Dr. K. gegenüber der Angeklagten G. von der „korrekten Anwendung“ gesprochen haben sollte. Denn diese müsste ja dann nach den Angaben des Zeugen Dr. K. davon ausgehen, dass die Zeugen … und Runge BG-MUN sublingual eingenommen haben. Tatsächlich haben sich aber sowohl … als auch … BG-MUN subkutan gespritzt.
iii. Verabreichung von BG-MUN durch Dr. K.
1681
Die Angaben der Zeugin … zur ersten Einnahme von BG-MUN durch eine Injektion des Dr. K. sind glaubhaft.
1682
Wie bereits ausgeführt, riet Dr. K. seinen Patienten zur Injektion von BG-MUN. Der Zeuge Dr. K. bestätigte die Behandlung der Zeugin … mit zunächst einer Ampulle BG-MUN. Dies ist ferner belegt durch die verlesene Rechnung des Zeugen Dr. K. vom 15.01.2019, in der der Zeugin … für die „Immuntherapie mit BG-Mun“ in der Praxis des Zeugen Dr. K. Materialkosten in Höhe von 553,00 € für eine Ampulle BG-MUN in Rechnung gestellt wurden (vgl. Bl. 173 Fallakte I).
1683
Der in Rechnung gestellte Betrag entspricht zur Überzeugung der Kammer dem Selbstkostenpreis des Zeugen Dr. K. für eine Ampulle BG-MUN. Er bezahlte nämlich ausweislich der verlesenen E-Mail der Angeklagten G. an den Zeugen Dr. K. vom 22.08.2018 5.900,00 € pro Packung abzüglich 400,00 € Provision, wenn er seine Praxis als Rechnungsanschrift angab, zuzüglich 30,00 € Versand also insgesamt 5.530,00 € für 10 Ampullen BG-MUN, sodass eine Ampulle ihn genau 553,00 € gekostet hat (vgl. Bl. 1404 d.A.).
iv. Ankauf von BG-MUN bei der Angeklagten G.
1684
Die Angaben der Zeugin …, dass der Ankauf von 10 Ampullen BG-MUN bei der Angeklagten G. erfolgten, ist ebenfalls mit den objektiven Beweismitteln in Einklang zu bringen und daher glaubhaft.
1685
Aus den verlesenen E-Mails zwischen Dr. K. und der Zeugin … vom 18.01.2019 ergibt sich, dass … dem Zeugen Dr. K. zunächst mitteilte, dass ihre Freunde und Familie sie bei dem Kauf von 10 Ampullen BG-MUN unterstützen würden. Der Zeuge Dr. K. teilte ihr daraufhin mit, dass sie das direkt beim Hersteller bestellen müsse, da er beim Verkauf von einer Packung ein steuerrechtliches Problem habe, weil dies beim Finanzamt nach Gewerbe aussehe und er als Arzt kein Gewerbe betreiben und keine Medikamente verkaufen dürfe. Angehängt an diese E-Mail und auch von dem Zeugen Dr. K. darauf hingewiesen, war ein Dokument mit dem Namen „Infoblatt BGMUN.docx“. Bei diesem handelt es sich um das zuvor bezeichnete Infoblatt, auf dem sich auch die Kontaktdaten der Angeklagten G. befinden, insbesondere die Telefonnummer sowie die E-Mailadresse (vgl. Bl. 187 und Bl. 170 Fallakte I).
1686
In der Folge kam es, wie die Zeugin … es beschrieben hat, zu einem Telefonat mit der Angeklagten G., das auch durch die E-Mail der Zeugin … an die Angeklagte G. vom 18.01.2019 um 10:38:01 Uhr dokumentiert ist, da die Zeugin darin ausdrücklich schreibt, sie wolle den Termin bei der Angeklagten am 22.01. bestätigen (vgl. Bl. 199 Fallakte I). In dieser E-Mail bestellte die Zeugin … auch 10 Ampullen BG-MUN und kündigte an, dass Dr. K. ihre Unterlagen übersenden werde. Die Angeklagte teilte sodann dem Zeugen Dr. K. per E-Mail vom 18.01.2019 um 13:15:14 Uhr mit, dass die Zeugin … BG-MUN bestellt habe und es nächste Woche abholen werde. Außerdem bedankte sie sich für die übersandten Unterlagen, die der Zeuge Dr. K. ihr zuvor per E-Mail geschickt hatte (vgl. Bl. 201 Fallakte I).
1687
Die Angaben der Zeugin … sind auch glaubhaft im Hinblick auf das, was die Angeklagte G. ihr über BG-MUN, ihre Erfolge und die Behandlung von Knochenmetastasen gesagt hat. Außerdem schenkte die Zeugin … diesen Angaben der Angeklagten Glauben.
1688
Die Angaben finden ihre Bestätigung in den verlesenen E-Mails der Zeugin … an die Angeklagte G. aus dem April 2019. In einer E-Mail vom 04.04.2019 teilte die Zeugin … der Angeklagten G. mit, dass sie sich BG-MUN bis zum 01.04.2019 gespritzt habe. Nun sei sie in der Reha und es sei Blut entnommen worden und ein MRT an der Hüfte gemacht worden. Die Ergebnisse übersandte sie im E-Mail-Anhang. Die Zeugin … fragte sodann explizit:
„Was raten Sie mir? Wann kann ich mit einer Verbesserung rechnen?#
(vgl. Bl. 203 Fallakte I)
1689
In einer weiteren E-Mail vom 05.04.2019 teilte sie der Angeklagten, die sie mit „…“ ansprach, mit, dass das MRT eine Ausbreitung der Metastasen zeige und der Tumormarker CA 15-3 vom Januar 2019 von 380 auf jetzt 680 gestiegen sei. Sie fragte sodann erneut:
„Wie sind Ihre Erfahrungen? Wird es doch noch besser werden?#
(vgl. Bl. 205 Fallakte I)
1690
Die Angeklagte G. forderte die Zeugin … sodann auf, einen Termin zu vereinbaren, dann könne man alles weitere besprechen. Außerdem solle die Zeugin … mitteilen, welche Kontrollen bzw. Therapien sie zwischen ihrem letzten Besuch bis zuletzt gehabt habe (vgl. Bl. 206 Fallakte I). Darauf antwortete die Zeugin … am 10.04.2019, dass sie keinerlei Therapien gemacht habe, sondern nur BG-MUN gespritzt und die Vitamine und alles, was die Angeklagte aufgeschrieben habe, genommen habe. Sowohl die Blutuntersuchung als auch das MRT hätten schlechte Ergebnisse erbracht. Sie fragte ausdrücklich nach, ob sie noch hoffen könne, dass sich etwas verbessere. Außerdem fragte sie explizit nach, ob die Spritzen noch nachwirkten und es eine Besserung gebe.
1691
Aus diesem E-Mailverkehr ergibt sich unzweifelhaft, dass die Zeugin … ernstlich mit einem Rückgang ihrer Tumorerkrankung rechnete, und zwar aufgrund der Behandlung mit BG-MUN. Andere Therapien hatte sie ja nicht durchgeführt. Dementsprechend ist der Schriftverkehr nur damit zu erklären, dass die Zeugin … erwartete, dass der Tumormarker sinken und die Metastasen zurückgehen würden.
1692
Diese Erwartung ist zur Überzeugung der Kammer auch auf das Gespräch mit der Angeklagten G. in deren Praxis am 22.01.2019 und die darin geäußerten Erfolge der Angeklagten sowie auf die Behauptung, BG-MUN wirke auch bei Knochenmetastasen, zurückzuführen. Die Kammer ist überzeugt, dass die Zeugin H2. zwar durch Dr. K. auf eine Behandlung mit BG-MUN hingewiesen worden war, dass sie aber die endgültige Kaufentscheidung für BG-MUN erst bei der Angeklagten G. fällte und ihre Erwartungen an eine entsprechende Wirkung des BG-MUN gegen ihre Erkrankung auf die Behauptungen der Angeklagten G. zurückzuführen sind.
1693
Die Kammer stützt diese Feststellung auf folgende Tatsachen:
1694
Die Zeugin … berichtete glaubhaft, die Angeklagte habe ihr große Hoffnungen gemacht. Sie habe mit der Angeklagten eineinhalb Stunden gesprochen über ihre Krankheit. Dann habe die Angeklagte ihr das BG-MUN empfohlen und sie habe es gekauft.
1695
Zuvor hat die Zeugin …, wie bereits ausgeführt, auch versucht, BG-MUN bei dem Zeugen Dr. K. zu bestellen. Trotzdem bestellte sie das Mittel bei der Angeklagten G. nicht einfach per Post. Auch dies wäre, wie bereits unter C. III. 9. a) (1) (b) ii. ausgeführt, ohne Weiteres möglich gewesen. Dies wäre für die schwer erkrankte Zeugin … erheblich viel weniger Aufwand in zeitlicher und finanzieller Hinsicht gewesen. Der Besuch bei der Angeklagten G. lässt sich auch nicht damit erklären, dass die Zeugin … BG-MUN unbedingt persönlich abholen wollte, um etwaige finanzielle Verluste bei Verlust des Paketes zu vermeiden, da sie die entsprechenden finanziellen Mittel ja bei Familie und Freunden leihen musste. BG-MUN wurde nämlich grundsätzlich per Express und versichert versandt, wie die Angeklagte G. dem Zeugen Dr. K. per verlesener E-Mail mitteilte (vgl. Bl. 1405 d.A.).
1696
Die Zeugin … führte weiter aus, dass sie vor dem Termin mit der Angeklagten telefoniert und gefragt habe, ob diese BG-MUN da habe, weil es wohl jemand habe bringen müssen. Im Lichte dieser Aussagen sowie der Tatsache, dass sich die Zeugin … vor dem Kauf von BG-MUN und der Geldübergabe in bar am 22.01.2019 noch von der Angeklagten zu BG-MUN hat beraten lassen, ja sogar explizit Fragen zur Wirkung gegen Knochenmetastasen gestellt hat, ist die Bestellung der Zeugin … per E-Mail bei der Angeklagten G. lediglich als Klärung der Vorrätigkeit von BG-MUN und als Reservierung zu sehen. Die Zeugin hat sich von der Angeklagten G. auch nochmals hinsichtlich der Einnahmeform beraten lassen, obwohl ihr dies bereits durch Dr. K. gesagt worden war. Diesbezüglich war die Zeugin in der Lage, detailliert zu schildern, was genau die Angeklagte ihr zur Injektion gesagt hat. Offensichtlich hat die Zeugin … Beratungsbedarf gehabt. Dies äußert sich ja gerade darin, dass sie explizite Fragen zu der Behandlung ihrer Erkrankung mit BG-MUN an die Angeklagte G. gestellt hat. Insofern ist in der Bestellung per E-Mail keine finale Kaufentscheidung zu sehen. Die Zeugin bezahlte den Kaufpreis für BG-MUN in bar erst nach der Beratung durch die Angeklagte G., die auch nochmals explizit auf der ausgestellten Rechnung vermerkt ist, die die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 171 Fallakte I). Insofern war zur Überzeugung der Kammer die Beratung der Angeklagten G., insbesondere die Beantwortung der Fragen zu Knochenmetastasten, kausal für die Kaufentscheidung der ….
1697
Die Bezahlung von 5.900,00 € wurde auch handschriftlich durch die Angeklagte G. auf der Rechnung quittiert, wie sich aus dem durchgeführten Augenschein und der zugehörigen Verlesung ergeben hat (vgl. Bl. 171 Fallakte I). Darüber hinaus kontaktierte die Zeugin …, nachdem das Mittel keine Wirkung gezeigt hat, mehrfach die Angeklagte G. und fragte diese nach ihren Erfahrungen. Auch dies spricht dafür, dass sie auf die Angaben der Angeklagten vertraut hat.
1698
Die Angeklagte G. hat der Zeugin … ohne jeden Zweifel zur Injektion von BG-MUN geraten. Dies ergibt sich aus den Angaben der Zeugin …, die durch die verlesene E-Mail vom 10.04.2019 bestätigt wurden, in der die Zeugin … gegenüber der Angeklagten G. ebenfalls von der Einnahme durch Spritzen spricht.
1699
Wie bereits ausgeführt, trat die erwartete Verbesserung nicht ein. Die Zeugin … berichtete der Kammer glaubhaft, dass sie auch bei ihrer Einvernahme am 04.08.2021 nach wie vor an ihrer Krebserkrankung litt. Zu einem Schrumpfen der Metastasen ist es, wie bereits dargelegt, zu keinem Zeitpunkt gekommen.
1700
Die Kammer kann ausschließen, dass die Angaben der Zeugin … nicht ihrer eigenen Wahrnehmung entstammen, sondern ihr lediglich durch die stern-TV-Berichte suggeriert worden sind. Wie bereits ausgeführt, hat die Zeugin … glaubhaft angegeben, dass sie den Bericht nicht gesehen habe. Der Zeuge Dr. K. habe ihr zwar mitgeteilt, dass es diesen gebe, sie habe ihn aber nicht gesehen. Für die Kammer ist angesichts der Tatsache, dass die Zeugin vollumfänglich wahrheitsgemäß ausgesagt hat, nicht ersichtlich, wieso die Zeugin … die Kammer in diesem Punkt mit der Unwahrheit bedienen sollte. Vielmehr hat die Zeugin …, wie die Zeugin … ausgeführt hat, den Ermittlungsbehörden die entsprechenden E-Mails des Zeugen Dr. K. zugeleitet und damit gerade offengelegt, dass sie zumindest Kenntnis von der Existenz des Fernsehbeitrages hatte. Dies hat sie auch gegenüber der Kammer so angegeben. Außerdem ergibt sich, wie bereits ausgeführt, aus den verlesenen E-Mails die Richtigkeit der Angaben der Zeugin … im Hinblick auf das, was ihr durch die Angeklagte G. zu BG-MUN gesagt worden ist. Die Kammer hat außerdem die vom Zeugen Dr. K. an die Zeugin … versendeten E-Mails zu den stern-TV-Berichten verlesen (vgl. Bl. 193 bis 195 Fallakte I). Genaue Inhalte von dem, was die Angeklagte G. in dem sternTV-Bericht zu BG-MUN sagt, finden sich in den E-Mails nicht. Auch damit kann die Erinnerung der Zeugin … somit nicht verfälscht worden sein.
(2) Wahrheitsgehalt der Angaben der Angeklagten G.
1701
Zur Überzeugung der Kammer entsprechen die Behauptungen der Angeklagten G., dass BG-MUN gegen Knochenmetastasen helfe und dass sie bei Knochenmetastasen bereits gute Erfahrungen gemacht habe, nicht der Tatsachenlage.
1702
Hinsichtlich der stofflichen Begutachtung von BG-MUN wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1703
Diese Feststellung beruht ferner auf den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen …, die sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen macht.
1704
Der Sachverständige führte aus, dass grundsätzlich eine Brustkrebserkrankung, wenn sie rechtzeitig erkannt und leitliniengerecht behandelt werde, meistens heilbar sei. Allerdings bestehe im fernmetastasierten Stadium (Stadium IV) mit heute bekannten Behandlungsmethoden keine Aussicht auf eine vollständige Heilung, d.h. die dauerhafte Entfernung aller Tumorzellen aus dem Körper. Grundsätzlich könne bei Patientinnen mit isolierten Knochenmetastasen, die bei Brustkrebs stets das gleiche Tumorgewebe umfassten wie der Primärtumor selbst, unter einer antiresorptiven Therapie eine langfristige Tumorkontrolle erreicht werden. Es sei pathophysiologisch nicht zu erklären, dass ein Produkt wie BG-MUN mit der analysierten Mischung von zytosolischen Proteinen einer bovinen Zelllinie überhaupt effektiv gegen Brustkrebs und damit auch gegen die entsprechenden Metastasen sein soll. Die Behauptung, dass BG-MUN gegen solche Knochenmetastasen helfen könne, entbehre jeder wissenschaftlichen Grundlage. Publiziert sei dazu nichts.
1705
Die Behauptung der Angeklagten G. gegenüber der Zeugin …, sie habe bereits gute Erfahrungen mit BG-MUN gegen Knochenmetastasen, die auf Brustkrebs zurückzuführen sind, entspricht zur Überzeugung der Kammer ebenfalls nicht den Tatsachen.
1706
Die einzige weitere Patientin mit einer entsprechenden Erkrankung im gegenständlichen Verfahren war …. Diese war jedoch niemals bei der Angeklagten G. in Behandlung und ist im Übrigen trotz einer Behandlung mit BG-MUN an ihrer Erkrankung verstorben. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 8. d) Bezug genommen.
1707
Auch die Zeugin … litt an Brustkrebs. Diese hatte jedoch mitgeteilt, dass das BG-MUN ihr nicht geholfen habe und diesbezüglich ihr Geld zurückgefordert. Auch das war der Angeklagten G. bekannt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter C. III. 8. e) Bezug genommen.
1708
Ebenso litt die bereits im Oktober 2018 verstorbene … zunächst an Brustkrebs und dann an Leukämie. Diesbezüglich berichtete der Zeuge … glaubhaft, seine Frau habe zum Zeitpunkt der Behandlung bei der Angeklagten G. und dem Ankauf von BG-MUN nur noch an einer Leukämie gelitten und sei dann im Oktober 2018 daran verstorben.
1709
Hinsichtlich der ebenfalls an Brustkrebs mit Knochenmetastasen leidenden und am 15.03.2020 verstorbenen … berichtete ihr Ehemann, der Zeuge …, seine Frau habe das bestellte BG-MUN zurückgeschickt und nie eingenommen.
1710
Der Zeuge … berichtete, seine an Brustkrebs erkrankte und am 29.09.2018 verstorbene Freundin … sei niemals bei der Angeklagten G. gewesen. Er kenne die Angeklagte nicht. Die Kammer hat das Verfahren in den Fällen … und … gemäß § 154 Abs. 2 StPO durch Beschluss eingestellt.
1711
Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte G. tatsächlich irgendwelche nennenswerten Erfolge bei Patientinnen mit Brustkrebs und Knochenmetastasen erzielt hätte, gibt es deshalb nicht. Es handelt sich zur Überzeugung der Kammer um eine reine Erfindung der Angeklagten G.
(3) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung durch die Angeklagte G.
1712
Der Verkauf von BG-MUN an die Zeugin … war Teil des eigens dafür eröffneten Gewerbes der Angeklagten G. „…“, wie sich aus der verlesenen Rechnung ergibt (vgl. Bl. 171 bis 172 Fallakte I). Daraus schließt die Kammer, dass sich die Angeklagte G. eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschafft hat und auch verschaffen wollte.
(4) Beteiligung des Angeklagten B.
1713
Der Angeklagte B. stellte der Angeklagten G. auch bei dem Verkauf an … die notwendigen Unterlagen und mündlichen Anpreisungen zur Verfügung, wie es dem gemeinsamen Tatplan entsprach. Dabei wurde die Zeugin … nach dem Vertriebssystem angeworben, das sich die beiden Angeklagten vorstellten. Aus diesem Grund erhielt der Zeuge Dr. K. auch eine Provision in Höhe von 400,00 € von der Angeklagten G.
1714
Außerdem hat die Kammer aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Lieferungen von BG-MUN und des Ankaufs der Zeugin … festgestellt, dass der Ankauf von einer Packung BG-MUN am 22.01.2019 aus der vom Angeklagten B. veranlassten Lieferung von BG-MUN bzw. des notwendigen Materials um den 07.01.2019 stammt, weil es in dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang keine andere Lieferung an die Angeklagte G. gab, wie sich aus den verlesenen Rechnungen des Angeklagten B. an die Angeklagte G. ergibt (vgl. Asservat 8.2).
(5) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung des Angeklagten B.
1715
Hinsichtlich des Angeklagten B. handelte es sich bei beiden Lieferungen von BG-MUN um ein Geschäft der …, woraus sich das gewerbsmäßige Handeln des Angeklagten B. ohne jeden Zweifel ergibt.
(6) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1716
Die Vorgehensweise beim Verkauf von BG-MUN an die Zeugin … entsprach dem Tatplan der beiden Angeklagten. Bei der Lieferung von BG-MUN an die Angeklagte G. war dem Angeklagten B. bewusst und von diesem gewünscht, dass diese das BG-MUN unter falschen Anpreisungen in den Verkehr bringen würde. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1717
Bei der Lieferung von BG-MUN an die Angeklagte G. wusste der Angeklagte B. genau, dass die Angeklagte G. BG-MUN als Arzneimittel in den Verkehr bringen würde, weil dies dem gemeinsamen Tatplan entsprach. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) und 6. Bezug genommen.
(7) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1718
Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) und C. III. 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1719
Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. b) Bezug genommen.
(1) Objektiver Geschehensablauf
1720
Die objektiven Feststellungen der Kammer zu dem Verkauf von BG-MUN an … beruhen auf den übereinstimmenden und glaubhaften Angaben der Zeuginnen … und …. Die Angaben sind zwanglos mit den verlesenen Urkunden in Einklang zu bringen und finden so abermals ihre Bestätigung.
1721
Die Zeuginnen … und … berichteten der Kammer den Sachverhalt wie festgestellt im Wesentlichen übereinstimmend. Dabei konnte die Zeugin … auch von eigenen Wahrnehmungen beim ersten Behandlungsgespräch in der Praxis der Angeklagten G. berichten, da diese damals dabei gewesen ist. Beide gaben zudem übereinstimmend an, die Angeklagte G. habe … in Aussicht gestellt, dass BG-MUN in Bezug auf die Erkrankung der … an Colitis Ulcerosa dafür sorge, dass alles schneller weggehe und die Chancen auf eine Heilung verbessert würden.
1722
Die Bestellung einer Packung BG-MUN per E-Mail, und zwar am 30.04.2019, wurde bestätigt und im Hinblick auf das Bestelldatum konkretisiert durch die Rechnung der Angeklagten G. an die Zeugin … vom 03.05.2019, da dies dort so festgehalten wurde. Diese Rechnung hat die Kammer verlesen (vgl. Bl. 225 Fallakte III).
1723
Die Zeugin … berichtete der Kammer weiter, sie habe das Mittel dann kurz darauf persönlich abgeholt und habe dann auch eine handschriftliche Einnahmeanweisung der Angeklagten G. erhalten. Diese habe abweichend die orale Anwendung ausgewiesen. Zuvor sei ihr zu einer Injektion in den Bauch geraten worden. Die Kammer hat sich durch die Verlesung der Einnahmeanweisung vom 08.05.2019 ein eigenes Bild davon gemacht (vgl. Anlage IV zum Protokoll vom 10.08.2021). Aufgrund der Datumsangabe ließ sich der Abholtag des BG-MUNs rekonstruieren, da die Zeugin … diesen nicht mehr genau benennen konnte.
1724
Die Kammer konnte sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugen, dass die Angeklagte G. … zu einer subkutanen Injektion von BG-MUN geraten hat, wie diese es der Kammer berichtete. Diesbezüglich gab die Zeugin … an, dass die Einnahmeempfehlung nicht in ihrem Beisein abgegeben worden sei. Die schriftliche Einnahmeempfehlung der Angeklagten G. weist eindeutig eine orale Anwendung aus. Demnach soll … das BG-MUN „2 min unter der Zunge einwirken lassen“. Ebenso weist die verlesene Rechnung eine orale Anwendung aus. In diesem Zusammenhang kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Zeugin … der Kammer berichtete, sie habe bereits am 15.05.2019 den (ersten) sternTV-Bericht gesehen und das BG-MUN deshalb gar nicht mehr eingenommen. In diesem sternTV-Bericht wurde ebenfalls eine subkutane Injektion durch die Angeklagte G. behauptet. Die Kammer kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass der Zeugin … tatsächlich nur eine orale Anwendung empfohlen wurde. Die objektiven Beweismittel legen einen solchen Anwendungshinweis nahe. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass viele Patienten den Beipackzettel erhalten haben und ihnen entgegen dem Beipackzettel zu einer subkutanen Injektion geraten wurde. In diesen Fällen ließ sich jedoch eine solche Anwendung regelmäßig durch weitere objektive Beweismittel belegen. Vorliegend müsste sich die Kammer bei der Feststellung allein auf die Angaben der Zeugin … stützten, die im offenen Widerspruch zu den weiteren Beweismitteln stehen. Hinsichtlich dieser Angaben kann daher eine suggestive Wirkung des sternTV-Berichts nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.
1725
Die Kammer hat in diese Würdigung auch miteinbezogen, dass die Zeugin … weiter berichtet hat, sie habe die in Augenschein genommene und verlesene Rückgabebestätigung vom 24.07.2019 (vgl. Bl. 224 Fallakte III) geschrieben. Auf dieser bezeichnete sie die Bestandteile des „BG-MUN Set“ wie folgt: „10 Glasampullen, 30 Spritzen, 30 Nadeln und 30 Injektions-Kanülen (lang)“. Zu diesem Zeitpunkt ging die Zeugin … also von Injektions-Kanülen aus. Allerdings hatte sie auch da den stern TV-Bericht bereits gesehen, so dass dieser Umstand nicht geeignet ist, eine etwaige suggestive Wirkung für die Anordnung einer Injektion auszuschließen.
1726
Die erkennbaren handschriftlichen Ergänzungen stammen nach den Angaben der Zeugin … von der Angeklagten G. Dies erscheint auch plausibel, weil die Unterschrift „…“ und die Handschrift sich nicht unterscheiden. Die Angeklagte G. ergänzte die Bestätigung um die Worte „Cytosolfraktion“ und „Proteinkomplex“. Außerdem setzte sie das Wort „Injektions“ in eine Klammer und schrieb direkt darunter „Aufziehnadeln“.
1727
Am 24.07.2019 war die Durchsuchung bei der Angeklagten G. bereits durchgeführt worden.
1728
Die Kammer kann im Hinblick auf die übrigen Angaben der Zeugen … ausschließen, dass diese dem sternTV-Bericht entnommen wurden und tatsächlich nicht erlebnisbasiert sind.
1729
Zum einen haben beide Zeuginnen … an dem Behandlungstermin teilgenommen, in dem die Angeklagte G. behauptet hat, dass BG-MUN dafür sorgen könne, dass die – nicht heilbare – Erkrankung der … doch geheilt werden könne. Colitis Ulcerosa war zu keinem Zeitpunkt Inhalt der sternTV-Berichte. Außerdem berichtete die Zeugin …, die Angeklagte G. habe gesagt, dass BG-MUN von der Nabelschnur des Kalbs sei, und dass, wenn man BG-MUN nehme, es ein schnellerer Heilungsprozess sei als mit den Tabletten. Eine solche Aussage hat die Angeklagte G. auch gegenüber dem Zeugen … im Zusammenhang mit der Colitis Ulcerosa Erkrankung seines Sohnes … gemacht. Sie war jedoch nicht Inhalt des stern TV-Berichts, was ebenfalls für die Richtigkeit der Angaben spricht.
1730
Die Angaben der Zeuginnen … zur Zahlung von BG-MUN konnte durch Verlesung der Rechnung vom 03.05.2019 (vgl. Bl. 225 Fallakte III) sowie die verlesenen Kontounterlagen der Angeklagten G. von ihrem Konto bei der … mit der IBAN …, auf denen der Zahlungseingang von 5.900,00 € vom Konto der Familie … zu sehen ist, bestätigt werden.
1731
Die Angaben der Zeuginnen … hinsichtlich der Rückabwicklung des BG-MUN-Kaufs sind durch objektive Beweismittel belegt und daher glaubhaft. Die Kammer hat diesbezüglich den W...App-Chat zwischen der Angeklagten G. und der Zeugin … verlesen (vgl. Bl. 200-201 Sonderband Asservatenauswertung). Aus diesem ergibt sich, dass die Zeugin … die Angeklagte G. am 18.07.2019 aufforderte, die 5.900 € zurückzubezahlen. Sie werde ihr danach das BG-MUN zurückbringen. Außerdem teilte sie der Angeklagten G. mit, dass sie lange nichts mehr gehört habe und auch kein Schreiben des Anwalts der Angeklagten G. erhalten habe. Sie habe sich daher auch entschieden, sich an einen Anwalt zu wenden.
1732
Erst aufgrund der Androhung, einen Anwalt einzuschalten, zahlte die Angeklagte G. der Zeugin … die 5.900,00 € zurück. Die Ankunft des Geldes wurde von der Zeugin … am 23.07.2019 mitgeteilt und bestätigt sich auch durch die verlesenen Kontounterlagen der Angeklagten G. Dort wurde am 18.07.2019 eine Überweisung an … und … mit dem Verwendungszweck „Rueckzahlung Frau …“ in Höhe von 5.900,00 € registriert.
1733
Die Rückgabe des BG-MUN am 24.07.2019 wurde durch die Zeugin … geschildert und findet seine Bestätigung in dem bereits erwähnten Rückgabeprotokoll.
(2) Wahrheitsgehalt der Angaben der Angeklagten G.
1734
Zur Überzeugung der Kammer entsprechen die Behauptungen der Angeklagten G., dass BG-MUN bei der Colitis Ulcerosa der Zeugin … helfen könne, damit die Schübe schneller weggehen und die Chancen verbessert werden, dass die Krankheit schließlich weggehe, sowie die Behauptung, dass das Mittel bereits früher auf dem Markt gewesen sei, aber dann hätte die Pharmaindustrie dafür gesorgt, dass es vom Markt genommen werde, weil es so gute Ergebnisse erzielt habe, nicht der Tatsachenlage.
1735
Hinsichtlich der stofflichen Begutachtung von BG-MUN wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) und b) Bezug genommen.
1736
Diese Feststellung beruht ferner auf den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen …, die sich die Kammer nach eigener Prüfung zu eigen macht.
1737
Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf die Ausführungen zur Behandlung von Colitis Ulcerosa mit BG-MUN unter C. III. 9. c) (2) Bezug genommen.
1738
Zur Überzeugung der Kammer war BG-MUN zu keinem Zeitpunkt zugelassen. Eine Zulassung wurde auch niemals zurückgenommen. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. a) (3) (c) Bezug genommen.
(3) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung durch die Angeklagte G.
1739
Der Verkauf von BG-MUN an die Zeugin … war Teil des eigens dafür eröffneten Gewerbes der Angeklagten G. „…“, wie sich aus der verlesenen Rechnung ergibt (vgl. Bl. 225 Fallakte III). Daraus schließt die Kammer, dass sich die Angeklagte G. eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschafft hat und auch verschaffen wollte.
(4) Beteiligung des Angeklagten B.
1740
Der Angeklagte B. stellte der Angeklagten G. auch bei dem Verkauf an … die notwendigen Unterlagen und mündlichen Anpreisungen zur Verfügung, wie es dem gemeinsamen Tatplan entsprach.
1741
Außerdem hat die Kammer aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Lieferungen von BG-MUN und des Ankaufs der Zeugin … festgestellt, dass der Ankauf von einer Packung BG-MUN am 08.05.2019 aus der Lieferung von BG-MUN bzw. des notwendigen Materials durch den Angeklagten B. um den 07.01.2019 stammt, weil es in dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang keine andere Lieferung an die Angeklagte G. gab, wie sich aus den verlesenen Rechnungen des Angeklagten B. an die Angeklagte G. ergibt (vgl. Asservat 8.2).
(5) Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung des Angeklagten B.
1742
Hinsichtlich des Angeklagten B. handelte es sich bei der Lieferung von BG-MUN um ein Geschäft der …, woraus sich das gewerbsmäßige Handeln des Angeklagten B. ohne jeden Zweifel ergibt.
(6) Subjektive Tatseite des Angeklagten B.
1743
Die Vorgehensweise beim Verkauf von BG-MUN an die Zeugin … entsprach dem Tatplan der beiden Angeklagten. Bei der Lieferung von BG-MUN an die Angeklagte G. war dem Angeklagten B. bewusst und von diesem gewünscht, dass diese das BG-MUN unter falschen Anpreisungen in den Verkehr bringen würde. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 4. a) und 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1744
Bei der Lieferung von BG-MUN an die Angeklagte G. wusste der Angeklagte B. genau, dass die Angeklagte G. BG-MUN als Arzneimittel in den Verkehr bringen würde, weil dies dem gemeinsamen Tatplan entsprach. Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. a) und 6. Bezug genommen.
(7) Subjektive Tatseite der Angeklagten G.
1745
Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter C. III. 4. b) und C. III. 6. Bezug genommen.
(b) Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz
1746
Es wird auf die Ausführungen unter C. III. 5. b) Bezug genommen.
10. Vermögensverschiebungen an … und …
a) Einlassung der Einziehungsbeteiligten und des Angeklagten B.
1747
Die Einziehungsbeteiligten … und … waren lediglich am 25.01.2022, als die Kammer deren persönliches Erscheinen gemäß § 427 Abs. 2 S. 1 StPO angeordnet hatte, in der Hauptverhandlung anwesend. Dort haben sie nach Belehrung keine Angaben zur Sache gemacht. Ebenso hat auch der Angeklagte B. zu Vorgängen, die die Frage der Einziehung und/oder der Vermögensverschiebung zugunsten von … und … betreffen, keine Angaben gemacht.
b) Festgestellte Zahlungen des Angeklagten B. an … und …
1748
Die unter B. IV. getroffenen Feststellungen beruhen im Einzelnen auf den nachfolgenden Beweismitteln:
1749
Ausweislich der verlesenen Kontoauszüge des Angeklagten B. von seinem Bankkonto bei der … mit der IBAN … sowie der verlesenen Kontoauszüge der Konten seiner Ehefrau, der Einziehungsbeteiligten …, und seiner Tochter, der Einziehungsbeteiligten … steht zweifelsfrei fest, dass der Angeklagte B. im Tatzeitraum aufgrund der gegenständlichen Betrugstaten (abzüglich der zurückbezahlten Beträge) 34.600,00 € auf seinem Konto vereinnahmt hat. Davon hat der Angeklagte B. zur Überzeugung der Kammer der Einziehungsbeteiligten … im Tatzeitraum insgesamt 29.700,00 € und der Einziehungsbeteiligten … insgesamt 4.900,00 € zugewendet. Die den Einziehungsbeteiligten jeweils zugewendeten Beträge erfolgten stets nach Eingang von Betrugserträgen und unentgeltlich.
1750
Der Angeklagte B. vereinnahmte 6.000,00 € durch das Geschäft mit dem Zeugen … sowie weitere 5.900,00 € durch den Verkauf von BG-MUN an …. Die Beträge im Gesamtwert von 11.900,00 € wurden jeweils auf sein Konto überwiesen.
1751
Die Kammer hat die bereits zurückgezahlten Taterträge im Fall … sowie die Taterträge aus dem ersten Verkauf an die Zeugen … sowie die Zahlung der Zeugin … hier nicht berücksichtigt, weil die Beträge an die Erben der verstorbenen … sowie an die Zeugin … zurückerstattet wurden. Beim ersten Verkauf an die Zeugen … handelte es sich um eine Barzahlung. Eine entsprechende Einzahlung auf das Konto des Angeklagten B. konnte nicht festgestellt werden. Eine entsprechende Übergabe von Bargeld an die Einziehungsbeteiligten … oder … konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.
1752
Nach Eingang der vorbezeichneten vereinnahmten Tatbeute wandte der Angeklagte B. der Einziehungsbeteiligten … am 07.03.2018 eine Zahlung von 600,00 €, am 03.06.2018 eine Zahlung in Höhe von 3.000,00 € und am 18.06.2018 eine Zahlung in Höhe von 1.500,00 € zu.
1753
Die Einziehungsbeteiligte … erhielt am 03.05.2018 eine Zahlung von 500,00 €, am 09.05.2018 eine Zahlung von 200,00 € und am 28.06.2018 eine Zahlung in Höhe von 100,00 €.
1754
Es handelte sich also um Vermögensverschiebungen in Höhe von insgesamt 5.900,00 €.
1755
Am 18.07.2018 erhielt der Angeklagte B. 5.900,00 € von den Zeugen …. Im Zuge dieses Geldeingangs und der bereits erlangten Tatbeute wandte der Angeklagte B. der Einziehungsbeteiligten … sodann noch am 18.07.2018 weitere 2.000,00 € und am 31.07.2018 nochmals 1.000,00 € zu.
1756
Am 22.08.2018 und am 23.08.2018 bezahlte der Angeklagte B. zweimal 5.000,00 € an den Zeugen …. Dieser berichtete der Kammer, der Angeklagte B. habe bei ihm ein Fahrzeug, einen Bentley, gekauft. Der Vertragspartner sei allerdings … gewesen. Diese Angaben sind glaubhaft, weil sie sich durch die Verlesung des entsprechenden Kaufvertrages bestätigt haben. Zudem wurde das Fahrzeug mit dem amtlichen KennzIN-UB... wie sich aus dem verlesenen Fahrzeugschein ergibt, auf … zugelassen.
1757
Insofern wandte der Angeklagte B. seiner Ehefrau … insgesamt weitere 13.000,00 € zu. Die Kammer hat vorliegend allerdings nur 11.900,00 € eingezogen, weil bei der Zuwendung von den zweiten 5.000,00 € nur 3.900,00 € als inkriminiert angesehen werden konnten.
1758
Der nächste, teilweise inkriminierte Zufluss an die Einziehungsbeteiligte … in Höhe von 16.500,00 € erfolgte am 28.08.2018. Zuvor hatte der Angeklagte B. anteilig an den Verkäufen von einer halben Packung BG-MUN an die Zeugen … 1.500,00 € und von dem Verkauf einer ganzen Packung BG-MUN an die Zeugin … 3.000,00 € betrügerisch erlangt. Aus diesem Grund können von den zugewendeten 16.500,00 € lediglich 4.500,00 € als inkriminiert betrachtet werden.
1759
Am 02.10.2018 vereinnahmte der Angeklagte B. Zahlungen für diejenige Lieferung BG-MUN, aus der eine halbe Packung an …, 3 Ampullen an die Zeugen … und eine Packung an … abgegeben wurde. Die insoweit anteilig erlangten 1.500,00 €, bzw. 900,00 € bzw. 3.000,00 € wurden durch den Angeklagten … anschließend vollständig an die beiden Einziehungsbeteiligten verschoben.
1760
So kam es am 08.10.2018 zu einer Zahlung in Höhe von 2.000,00 € und am 06.11.2018 zu einer Zahlung in Höhe von 2.000,00 €, von der aber nur 1.300,00 € als inkriminiert betrachtet werden können, an die Einziehungsbeteiligte …. An die Einziehungsbeteiligte … überwies der Angeklagte B. am 10.01.2018 1.000,00 €, am 25.10.2018 nochmals 1.000,00 € und am 01.11.2018 weitere 100,00 €.
1761
Mit der Lieferung von BG-MUN um den 21.11.2018 erhielt der Angeklagte B. für die Abverkäufe einer Packung BG-MUN an die Zeugin … 3.000,00 € und für den Verkauf von 3 Ampullen BG-MUN an die Zeugen … anteilig 900,00 €. Am 28.11.2018 wandte er zunächst … 1.000,00 € und dann … 4.000,00 € zu, von denen die Kammer aber nur 2.900,00 € als inkriminiert betrachten kann, weil die überwiesene Summe die inkriminierten Einkünfte des Angeklagten B. überschreitet.
1762
Am 10.01.2019 erhielt der Angeklagte B. für die Lieferung von BG-MUN, von der eine Packung an die Zeugin … ging, für diese Packung anteilig 3.000,00 €. Davon wandte er am 13.01.2019 1.000,00 € und am 18.01.2019 weitere 1.000,00 € … zu und die übrigen 1.000,00 € am 04.02.2019 an ….
1763
Die Feststellungen zum Vermögensarrest bei den Einziehungsbeteiligten und zur Höhe des nach wie vor arretierten Vermögens beruhen auf dem diesbezüglich verlesenen Arrestbeschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 16.08.2019, den Angaben des Zeugen …, der bei den Einziehungsbeteiligten die finanziellen Verhältnisse untersucht hat, den verlesenen Unterlagen zur Notveräußerung der beschlagnahmten Fahrzeuge der Einziehungsbeteiligten … und des verlesenen Hinterlegungsscheins für Bargeld durch die Einziehungsbeteiligte ….
c) Unentgeltlichkeit der Zuwendungen
1764
Die Kammer konnte für die vorbezeichneten Zahlungen des Angeklagten B. an … und … keinen rechtlichen Grund ermitteln.
1765
… war zum Zeitpunkt der Zuwendungen bereits 18 Jahre alt und bezog ausweislich ihrer verlesenen Kontoauszüge regelmäßige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.
1766
Für … wäre es zwar denkbar, dass es sich bei den Zuwendungen um Unterhaltszahlungen des Angeklagten B. aufgrund der zwischen ihnen bestehenden Ehe handelte. Gleichwohl schließt die Kammer dies aufgrund der Höhe der Beträge und den unregelmäßigen Zahlungen aus. Teile des zugewendeten Vermögens wurden zudem verwendet, um … einen Bentley, also ein Luxusfahrzeug zu kaufen, obwohl diese nach dem glaubhaften Bericht des Zeugen … bereits über 3 weitere Fahrzeuge, namentlich einen Hummer Jeep, einen Mercedes SL sowie einen Fiat, verfügte. Von der Erfüllung eines etwaigen Unterhaltsanspruchs durch den Kauf des Bentleys mit inkriminiertem Vermögen kann daher keine Rede sein.
11. Entdeckung der gegenständlichen Taten
1767
Die Feststellungen zum Aufdecken der Taten der Angeklagten beruhen auf den in Augenschein genommenen sternTV-Berichten sowie dem zugehörigen Bericht des Zeugen … (vgl. C. III. 3. e) (5)).
1768
Die Feststellungen zur Rücknahme der Heilpkratikererlaubnis der Angeklagten G. beruhen auf dem Bescheid des Landratsamtes N.-S. vom 26.09.2019, den die Kammer verlesen hat (vgl. Bl. 23 bis 30 Sonderband Verwaltungsstreitsache). Aus dem Bescheid ergibt sich, dass der Widerruf der Erlaubnis auch mit den Inhalten des sternTV-Beitrages begründet wurde.
1769
Die Feststellungen zur anhängigen Verwaltungsstreitsache zwischen der Angeklagten G. und dem Freistaat Bayern beruhen auf dem diesbezüglich verlesenen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 23.07.2021, Az. M 16 K 19.5384.
1770
Die Feststellungen zum beruflichen Verbleib der Angeklagten G. seit dem Widerruf ihrer Heilpraktikererlaubnis beruhen auf ihren diesbezüglichen Angaben im Rahmen ihrer Einlassung zu ihren persönlichen Verhältnissen. Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte G. seitdem nochmals tätig geworden ist, bestehen nicht.
1771
Die Feststellungen zur erheblichen medialen Vorverurteilung mit der damit einhergehenden Prangerwirkung aufgrund der stern TV-Berichterstattung beruhen auf den diesbezüglichen Angaben der Angeklagten G., die durch die Zeugin … … bestätigt wurden. Insofern berichtete die Angeklagte im Rahmen ihrer Einlassung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, dass es aufgrund der Berichterstattung Morddrohungen gegen sie und ihre Familie gegeben habe. Sie sei auf offener Straße beschimpft worden. Der mediale Rufmord habe alles kaputt gemacht. Sie habe alle ihre öffentlichen Ämter niederlegen müssen.
1772
Die Zeugin … bei der es sich um eine ehemalige Praxisangestellte der Angeklagten G. handelt, bestätigte die Angaben der Angeklagten G. Es habe unerfreuliche Anrufe gegeben. Die Anrufer hätten gesagt, dass die Angeklagte hinter Gitter gehöre, dass sie nicht mehr praktizieren dürfe. Die Angeklagte G. habe bei solchen Anrufen aufgelegt. Sie selbst habe ebenfalls E-Mails und Facebook-Nachrichten bekommen.
1773
Aufgrund des grundlegend negativen Tenors der Berichterstattung hält die Kammer die Angaben der Angeklagten G. im Hinblick auf „Hate-Speech“ gegen sie für naheliegend und glaubhaft.
12. Feststellungen zum Verfahrensgang
1774
Die Feststellungen zum Verfahrensgang beruhen auf den Feststellungen des Vorsitzenden sowie auf dem Gang der Hauptverhandlung.
1775
Aufgrund des unter B. festgestellten Sachverhaltes hat sich die Angeklagte G. des Betruges in 11 Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel, des unerlaubten Inverkehrbringens nicht zugelassener Fertigarzneimittel, der Beihilfe zum unerlaubten Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel in 5 Fällen und des Missbrauchs von Titeln gemäß §§ 21 Abs. 1, 96 Nr. 5 Var. 1 AMG in der ab 24.12.2016 gültigen Fassung, §§ 132 a Abs. 1 Nr. 1, 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Alt. 1, 25 Abs. 2, 27, 52, 53 StGB und der Angeklagte B. des Betruges in 14 Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel gemäß §§ 21 Abs. 1, 96 Nr. 5 Var. 1 AMG in der ab 24.12.2016 gültigen Fassung, §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Alt. 1, Nr. 2 Alt. 1, 25 Abs. 1 Alt. 1 und Alt. 2, 25 Abs. 2, 52, 53 StGB strafbar gemacht.
Arzneimittelrechtliche Einordnung von BG-MUN
1. Kein Funktionsarzneimittel
1776
BG-MUN ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein Funktionsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG.
1777
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG handelt es sich bei Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen um ein Funktionsarzneimittel, wenn diese im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder um eine medizinische Diagnose zu erstellen.
1778
Nach der aktuellen Rechtsprechung ist eine pharmakologische Wirkung im Sinne des Gesetzes als eine nennenswerte Auswirkung auf den Stoffwechsel und die Beeinflussung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers zu definieren, die zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der Körperfunktionen bestimmt ist und somit Auswirkungen auf die Gesundheit im Allgemeinen hat. Es muss sich dabei um Wirkungen handeln, die außerhalb der normalen im menschlichen Körper ablaufenden Lebensvorgänge liegen. Die pharmakologischen Eigenschaften müssen wissenschaftlich festgestellt und durch belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse belegt sein, wobei ein positiver Wirksamkeitsnachweis nicht erforderlich ist. (EuGH LMuR 2008, 28, 34; BGH NStZ-RR 2020, 84; BGH GRUR 2009, 834, 835).
1779
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme existieren für BG-MUN keine Belege für eine pharmakologische Wirkung im vorgenannten Sinne.
2. Präsentationsarzneimittel
1780
BG-MUN ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ein Präsentationsarzneimittel und aufgrund der verbrauchsfertigen Verpackung für den Verbraucher als Fertigarzneimittel einzustufen.
1781
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass das Mittel BG-MUN ein Präsentationsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG ist, weil aufgrund seiner Aufmachung bei einem Verbraucher schlüssig, aber mit Gewissheit, der Eindruck entsteht, dass das BG-MUN als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung von Krebs und anderen schweren Erkrankungen des Menschen bestimmt ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter C. III. 3. b) (2) Bezug genommen.
1782
Da die Kammer nicht mehr feststellen konnte, wann und durch wen die einzelnen Bestandteile einer BG-MUN-Packung verkaufsfertig abgepackt wurden, bzw. aufgrund der Durchsuchung im Mai 2019 feststeht, dass die Angeklagte G. jedenfalls auch nicht abgepackte und unetikettierte Ampullen und noch nicht zusammengebaute Pappschachteln für BG-MUN in ihrer Praxis aufbewahrte, konnte ihr ein Vorrätighalten von nicht zugelassenen Arzneimitteln jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden.
1783
Aus diesem Grund geht die Kammer insoweit zugunsten der beiden Angeklagten davon aus, dass BG-MUN erst kurz vor der Abgabe so verpackt wurde, dass es einem Präsentationsarzneimittel entsprach und die Angeklagten sich erst strafbar gemacht haben, soweit das fertig verpackte BG-MUN an die Patienten abgegeben wurde. Insoweit entfällt auch eine etwaige Strafbarkeit des Angeklagten B. wegen Inverkehrbringens nicht zugelassener Fertigarzneimittel bei den einzelnen Lieferungen an die Angeklagte G., weil davon auszugehen ist, dass er lediglich das Material geliefert hat.
Strafbarkeit der Angeklagten
1784
Der Angeklagte B. und die Angeklagte G. haben sich zur Überzeugung der Kammer in den einzelnen Fällen wie folgt strafbar gemacht:
1785
Die Betrugstaten zum Nachteil der … hat der Angeklagte B. teilweise durch die zu diesem Zeitpunkt nicht ausschließbar noch vorsatzlos handelnde Angeklagte G. begangen und war insoweit mittelbarer Täter gemäß §§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB. In beiden Fällen hat er zudem das als Arzneimittel einzustufende BG-MUN gegen Aushändigung von Bargeld an … abgegeben, obwohl BG-MUN keine arzneimittelrechtliche Zulassung hatte. Aus diesem Grund hat er sich tateinheitlich des Inverkehrbringens nicht zugelassener Fertigarzneimittel gemäß § 96 Nr. 5 AMG schuldig gemacht.
1786
Die Angeklagte G. hat sich in beiden Fällen nicht des Betruges zum Nachteil der … strafbar gemacht, weil sie nicht ausschließbar keinen Vorsatz hatte. Gleichwohl hat sie Abgabe von BG-MUN durch den Angeklagten B. in ihrer Praxis in beiden Fällen ermöglicht und ihre Praxis dafür zur Verfügung gestellt, obwohl sie wusste, dass BG-MUN keine arzneimittelrechtliche Zulassung hatte. Insofern hat sich die Angeklagte G. durch die Förderung des Inverkehrbringens von BG-MUN durch den Angeklagten B. jeweils der Beihilfe zum Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel gemäß § 96 Nr. 5 AMG, § 27 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
1787
Die Betrugstat zum Nachteil der … im März 2017 hat der Angeklagte B. eigenhändig durchgeführt und sich deshalb gemäß § 263 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Die Angeklagte G. ist nicht des Betruges schuldig, weil sie nicht ausschließbar ohne Vorsatz handelte. Durch die Übergabe von BG-MUN an … hat sich der Angeklagte B. tateinheitlich des Inverkehrbringens nicht zugelassener Fertigarzneimittel schuldig gemacht, § 96 Nr. 5 AMG. An dieser Tat des Angeklagten B. hat die Angeklagte G. als Gehilfin teilgenommen, weil sie die Abgabe in ihrer Praxis organisiert und ermöglicht hat, § 96 Nr. 5 AMG, § 27 Abs. 1 StGB.
1788
In den beiden weiteren Taten zum Nachteil der … hat die Kammer den Angeklagten B. nicht verurteilt, weil die Taten nicht Gegenstand der Anklage gegen den Angeklagten B. waren. Die Angeklagte G. handelte sowohl im Juni als auch im September 2017 nicht ausschließbar ohne Vorsatz, sodass eine Betrugsstrafbarkeit entfällt. Gleichwohl hat sie das Inverkehrbringen von nicht zugelassenen Fertigarzneimitteln des Angeklagten B. im Juni 2017 vorbereitet, indem sie das Treffen des Angeklagten B. mit … in … initiierte, und hat sich deshalb der Beihilfe zum Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel strafbar gemacht, § 96 Nr. 5 AMG, § 27 Abs. 1 StGB. Bei der Abgabe von BG-MUN im September 2017 handelte die Angeklagte G. als Täterin, weil sie das BG-MUN selbst abgab, und ist daher des Inverkehrbringens nicht zugelassener Fertigarzneimittel schuldig.
1789
… Der Angeklagte B. täuschte den Zeugen … maßgeblich über die Eigenschaften von BG-MUN und erlangte die Tatbeute. Ebenso war er es, der BG-MUN an den Zeugen … abgab. Aus diesem Grund hat er sich des Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel strafbar gemacht.
1790
Die Angeklagte G. initiierte den Kontakt zwischen dem Angeklagten B. und …. Insofern hat sie das Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel durch den Angeklagten B. vorbereitet und sich deshalb der Beihilfe strafbar gemacht. Eine Straftat nach § 263 Abs. 1 StGB bei der Angeklagten G. liegt nicht vor, da diese nicht ausschließbar ohne Vorsatz handelte.
1791
Der Angeklagte B. hat sich beim Verkauf und der Übergabe von BG-MUN an Alexandra … des Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel strafbar gemacht.
1792
Der Angeklagten G. lag der Fall … bereits nach Anklage nicht zur Last. Sie war an dieser Tat auch nicht beteiligt.
1793
Der Angeklagte B. hat sich beim Verkauf und der Übergabe von BG-MUN an … des Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel strafbar gemacht.
1794
Der Angeklagten G. lag der Fall … bereits nach Anklage nicht zur Last.
1795
Im Fall …. hat sich der Angeklagte B. des Betruges in mittelbarer Täterschaft in Tateinheit mit Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel strafbar gemacht. Dazu täuschte er den Tatmittler, den Zeugen …, und nutzte diesen, um den Geschäftsführer der … entsprechend zu täuschen.
1796
Die Kammer hat das Verfahren im Hinblick auf die der Angeklagten G. zur Last gelegte Tat in Zusammenhang mit dem Verkauf von BG-MUN an die … Gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
1797
Bei dem Verkauf von BG-MUN an … am 11.07.2018 haben sich die Angeklagten jeweils des Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Fertigarzneimittels gemäß § 96 Nr. 5 AMG, §§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 2, 52 StGB strafbar gemacht. Im Juli 2018 handelte die Angeklagte G. mindestens mit bedingtem Vorsatz. Darüber hinaus hatten die Angeklagten bereits den gemeinsamen Tatplan abgesprochen. Der mittäterschaftliche Tatbeitrag des Angeklagten B. besteht in der Täuschung der … auf der „Gartenparty“ in Wiesloch und der Zurverfügungstellung von BG-MUN.
1798
Bei dem Verkauf von BG-MUN an … am 08.10.2018 hat sich die Angeklagte G. abermals des Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Fertigarzneimittels strafbar gemacht. Der Angeklagte B. lieferte das dafür erforderliche Rohmaterial für BG-MUN um den 24.09.2018 und stellte der Angeklagten G. die notwendigen Täuschungsmaterialen sowie die erforderliche Betrugsmasche zur Verfügung. Insofern hat er sich ebenfalls des Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel strafbar gemacht.
1799
Die Angeklagten haben sich jeweils des mittäterschaftlichen Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Fertigarzneimittels strafbar gemacht.
1800
Die Angeklagten haben sich jeweils des mittäterschaftlichen Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Fertigarzneimittels strafbar gemacht. Das BG-MUN für die Familie … stammte dabei aus einer Lieferung des Angeklagten B. an die Angeklagte G. vom 21.08.2018.
1801
Die Angeklagten haben sich in beiden Fällen jeweils des mittäterschaftlichen Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Fertigarzneimittels strafbar gemacht.
1802
Der Tatbeitrag des Angeklagten B. liegt im Fall aus dem September 2018 darin, dass er die … bei einem Telefonat entsprechend dem gemeinsamen Tatplan an die Angeklagte G. vermittelte und dass er der Angeklagten G. das für BG-MUN notwendige Material, d.h. Ampullen, Verpackungen und Etiketten für den Verkauf an … lieferte.
1803
Im Januar 2019 besteht der Tatbeitrag des Angeklagten B. in der Lieferung des für BG-MUN notwendigen Materials, d.h. Ampullen, Verpackungen und Etiketten, am 20.11.2018.
1804
Die Angeklagte G. hat sich wegen des Verkaufs von BG-MUN im Oktober 2018 und Anfang Dezember 2018 jeweils wegen Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Fertigarzneimittels strafbar gemacht.
1805
Der Angeklagte B. lieferte der Angeklagten G., wie bereits ausgeführt, am 24.09.2018 und am 20.11.2018 das Material für BG-MUN.
1806
Da es sich bei der Lieferung vom 24.09.2018 um einen einzelnen Tatbeitrag des Angeklagten B. handelt, hat die Kammer für die Fälle … im Oktober 2018 und … im Oktober 2018 sowie den Verkauf an … im Oktober 2018 (vgl. D. II. 12) Tateinheit im Sinne des § 52 StGB angenommen. Insofern hat sich der Angeklagte B. also nur einmal wegen Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen nicht zugelassener Arzneimittel strafbar gemacht.
1807
Genauso hat die Kammer auch den aus der Lieferung des Angeklagten B. vom 20.11.2018 folgenden zweiten Verkauf im Dezember 2018 an die Familie … und den zweiten Verkauf an die Familie … im Januar 2019 behandelt.
1808
Auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Konkurrenzen beim uneigentlichen Organisationsdelikt wird Bezug genommen (vgl. BGH, Beschluss v. 29.11.2017 – 5 StR 335/17, BeckRS 2017, 136208).
1809
Die Angeklagte G. hat sich wegen des Verkaufs von BG-MUN im Oktober 2018 an … wegen Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Fertigarzneimittels strafbar gemacht.
1810
Hinsichtlich des Angeklagten B. wird auf die Ausführungen unter D. II. 11. Bezug genommen.
1811
Die Angeklagte G. hat sich wegen des Verkaufs von BG-MUN am 22.01.2019 an … wegen Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Fertigarzneimittels strafbar gemacht.
1812
Diesbezüglich besteht der Tatbeitrag des Angeklagten B. in der Lieferung des für BG-MUN notwendigen Materials am 07.01.2018. Insofern hat er sich ebenfalls des Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel strafbar gemacht.
1813
Die Angeklagte G. hat sich wegen des Verkaufs von BG-MUN am 08.05.2019 an … wegen Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Fertigarzneimittels strafbar gemacht.
1814
Diesbezüglich besteht der Tatbeitrag des Angeklagten B. ebenfalls in der Lieferung des für BG-MUN notwendigen Materials am 07.01.2018. Insofern hat die Kammer Tateinheit zwischen dem Fall … und dem Fall … hinsichtlich der Taten des Angeklagten B. angenommen.
15. Missbrauch von Titeln
1815
Durch das unbefugte Führen des akademischen Grades „Prof.“ hat sich die Angeklagte G. des Missbrauchs von Titeln gemäß § 132 a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht.
1816
Gemäß § 52 Abs. 2 StGB ist der Strafrahmen demjenigen Delikt zu entnehmen, welches die höchste Strafe androht. Dabei darf die Prüfung, welches Strafgesetz die schwerste Strafe androht, erst erfolgen, nachdem für jeden einzelnen Tatbestand der im Einzelfall anzuwendende Strafrahmen festgestellt wurde (vgl. v. Heintschel-Heinegg, in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Auflage 2020, § 52 Rn. 120).
1817
Vorliegend hat sich der Angeklagte B. in allen verurteilten Fällen jeweils des Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Arzneimittels strafbar gemacht. Für den Betrug sieht das Gesetz gemäß § 263 Abs. 1 StGB einen Regelstrafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren vor. Für die Verwirklichung des § 96 Nr. 5 AMG sieht das Gesetz einen Regelstrafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr vor. Insofern ist der Strafrahmen vorliegend grundsätzlich dem Betrugstatbestand nach § 263 Abs. 1 StGB zu entnehmen.
1818
Vorliegend hat der Angeklagte B. nach den Feststellungen der Kammer in allen Fällen gewerbsmäßig im Sinne des § 263 Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB gehandelt. Aus diesem Grund hat die Kammer bei allen Taten des Angeklagten B. den dafür vorgesehenen Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren zugrunde gelegt. Hinsichtlich der Tat zulasten der … (B. II. 6.) hat der Angeklagte B. zudem das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 2 Var. 1 StGB verwirklicht, das ebenfalls einen Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht.
1819
Die Kammer hat vorliegend im Rahmen einer vorgenommenen Gesamtbetrachtung, bei der alle Umstände gewürdigt worden sind, die für die Wertung der Tat und die Person des Angeklagten B. in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorangehen oder nachfolgen, für jeden einzelnen Fall geprüft, ob trotz Vorliegens des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 1 Var. 1 bzw. § 263 Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 2 Var. 1 StGB ausnahmsweise von der Annahme eines besonders schweren Falls abzusehen ist, und diese Frage im Ergebnis bei allen Taten des Angeklagten B. verneint:
1820
Zugunsten des Angeklagten B. hat die Kammer die lange Verfahrensdauer von mehr als 4 Jahren und den Umstand, dass sich der Angeklagte B. bereits seit mehr als 3 Jahren in Untersuchungshaft befindet, gewertet. Ferner hat die Kammer zugunsten des Angeklagten B. seine alters- und gesundheitsbedingt erhöhte Haftempfindlichkeit berücksichtigt. Den Vertrieb von BG-MUN hat der Angeklagte B. am 52. Hauptverhandlungstag zwar im Grunde eingeräumt, ohne jedoch auch nur ansatzweise zuzugestehen, dass die mit dem Vertrieb von BG-MUN verbundenen Behauptungen frei erfunden waren. Dennoch hat die Kammer das Einräumen zumindest der Vertriebseigenschaft zugunsten des Angeklagten B. eingestellt. Ferner hat die Kammer zugunsten des Angeklagten B. im Blick gehabt, dass die Taten allesamt lange zurückliegen. Außerdem hat die Kammer die Prangerwirkung, die über das, was üblicherweise mit einem öffentlichen Strafverfahren verbunden ist, weit hinaus geht, berücksichtigt. Insbesondere durch die wiederholte mediale Berichterstattung in sternTV, die bundesweit ausgestrahlt wurde, wurde der Angeklagte B. in einer Art und Weise öffentlich bloßgestellt, die über die herkömmlichen Folgen, mit denen die negative Berichterstattung im Rahmen eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens üblicherweise verbunden ist, weit hinausgeht. Schließlich hat sich zugunsten des Angeklagten B. ausgewirkt, dass es sich bei BG-MUN um eine als solche ungefährliche Substanz gehandelt hat und die abgegebenen Mengen jeweils gering waren.
1821
Zulasten des Angeklagten B. wiegt allerdings, dass er zum Zeitpunkt aller Taten bereits einschlägig wegen Betruges vorbestraft war, hinsichtlich der Taten, die nach Rechtskraft des Strafbefehls des Amtsgerichts Ingolstadt vom 11.04.2018, rechtskräftig seit 11.05.2018, begangen worden sind (vgl. B. III.), eine weitere einschlägige Verurteilung, wenn auch nur durch einen Strafbefehl, vorhanden war und der Angeklagte B. insofern in offener und einschlägiger Bewährung handelte. Insoweit wirkte sich auch die hohe Rückfallgeschwindigkeit zulasten des Angeklagten B. aus. Außerdem hat der Angeklagte B. bei jeder Tat tateinheitlich einen Betrug und einen AMG-Verstoß begangen. Erschwerend hat sich zudem ausgewirkt, dass der Angeklagte B. in den Fällen … und … die verzweifelte Lage schwer kranker Menschen zur Tatbegehung ausgenutzt hat. Schließlich hat die Kammer bei allen Fällen jeweils die konkrete Schadenshöhe in die Strafzumessung einbezogen, wobei die Kammer zudem im Blick hatte, dass der Erlös zwischen den Angeklagten B. und G. in der Regel aufgeteilt wurde.
1822
Aufgrund dessen hat die Kammer nach durchgeführter Gesamtwürdigung in allen Fällen jeweils den Strafrahmen gemäß § 263 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB zugrunde gelegt, der Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht.
a) Tat B. II. 1. a) und Tat B. II. 1. b) …
1823
Innerhalb des eröffneten Strafrahmens hat die Kammer zusätzlich zu den in E. I. 1. genannten Strafmilderungsgesichtspunkten bei beiden Taten berücksichtigt, dass der Schaden bei den Erben der … aufgrund der Rückzahlung durch die Angeklagte G. vollständig kompensiert worden ist. Zugleich hat die Kammer dabei im Blick gehabt, dass es zu einer Überkompensation gekommen ist.
1824
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. berücksichtigt und dabei den jeweils konkreten Schaden in Höhe von 4.000,00 € im Fall B. II. 1. a) bzw. 2.000,00 € im Fall B. II. 1. b) eingestellt.
1825
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. II. 1. a) eine Freiheitsstrafe von
und für die Tat B. II. 1 b) eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1826
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1827
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. unter Einstellung des konkret verwirklichten Schadens in Höhe von 4.000,00 € eingestellt.
1828
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. II. 2. a) eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1829
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1830
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. unter Berücksichtigung des konkret verwirklichten Schadens von 6.000,00 € eingestellt.
1831
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. II. 3. eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1832
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt. Außerdem hat sie zugunsten des Angeklagten B. berücksichtigt, dass der Fall … Inhalt der von sternTV bundesweit ausgestrahlten Fernsehbeiträge war und der Angeklagte B. durch die damit einhergehende Prangerwirkung beeinträchtigt wurde.
1833
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. unter Berücksichtigung des konkret verwirklichten Schadens von 5.900,00 € eingestellt.
1834
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. II. 4. eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1835
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt. Außerdem hat sie zugunsten des Angeklagten B. berücksichtigt, dass er den verwirklichten Schaden von 3.500,00 € vollständig wiedergutgemacht hat.
1836
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. unter Berücksichtigung des zunächst verwirklichten Schadens in Höhe von 3.500,00 € eingestellt.
1837
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. II. 5. Eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1838
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt. Außerdem hat sie zugunsten des Angeklagten B. berücksichtigt, dass die … aufgrund der Verrechnung im Jahr 2019 eine Schadenskompensation in voller Höhe durch den Angeklagten B. bekommen hat. Insofern ist auch die bereits durch den Vertragsabschluss eingetretene schadensgleiche Vermögensgefährdung nachträglich entfallen.
1839
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer zusätzlich zu den Ausführungen unter E. I. 1. berücksichtigt, dass der Angeklagte B. durch die Tat zugleich 2 Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 StGB verwirklicht hat. Insofern beinhaltete die Tat einen Vermögensverlust großen Ausmaßes in Höhe von 162.000,00 €. Der Vertrag hatte sogar ein restliches Volumen und damit einen Gefährdungsschaden in Höhe von 3.338.000,00 € (also 3.500.000,00 € abzüglich der bereits geleisteten Summe von 162.000,00 €).
1840
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. II. 6. eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1841
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt. Außerdem hat sie zugunsten des Angeklagten B. berücksichtigt, dass der Fall … Inhalt der von sternTV bundesweit ausgestrahlten Fernsehbeiträge war und der Angeklagte B. durch die damit einhergehende Prangerwirkung beeinträchtigt wurde.
1842
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. unter Berücksichtigung des konkret verwirklichten Schadens von 5.900,00 € eingestellt.
1843
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 1. a) eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1844
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1845
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. unter Berücksichtigung des konkret verwirklichten Schadens von 5.900,00 € eingestellt.
1846
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 2. eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1847
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1848
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. unter Berücksichtigung des konkret verwirklichten Schadens von 2.750,00 € eingestellt.
1849
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 3 eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1850
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1851
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. unter Berücksichtigung des konkret verwirklichten Schadens von 5.900,00 € eingestellt.
1852
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 4. a) eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
k) Tat B. III. 1. b) …, B. III. 5. a) … und B. III. 6. …
1853
Wie bereits ausgeführt, besteht nach Auffassung der Kammer aufgrund des den Sachverhalten B. III. 1. b) …, B. III. 5. a) … und B. III. 6. … zugrundeliegenden einheitlichen Tatbeitrages der Lieferung des für BG-MUN benötigten Materials, also Ampullen, Verpackung und Etiketten, durch den Angeklagten B. rechtlich eine Tateinheit im Sinne des § 52 StGB. Es handelt sich somit um eine Tat des Angeklagten B.
1854
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt. Außerdem hat sie zugunsten des Angeklagten B. berücksichtigt, dass der Fall … Inhalt der von sternTV bundesweit ausgestrahlten Fernsehbeiträge war und der Angeklagte B. durch die damit einhergehende Prangerwirkung beeinträchtigt wurde.
1855
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. unter Berücksichtigung des konkreten (kumulierten) Schadens von 10.440,00 € eingestellt.
1856
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 1. b) …, B. III. 5. a) … und B. III. 6. … eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
I) Tat B. III. 4. b) … und B. III. 5. b) …
1857
Wie bereits ausgeführt, besteht nach Auffassung der Kammer aufgrund des den Sachverhalten B. III. 4. b) … und B. III. 5. b) … zugrundeliegenden einheitlichen Tatbeitrages der Lieferung des für BG-MUN benötigten Materials, also Ampullen, Verpackung und Etiketten, durch den Angeklagten B. rechtlich eine Tateinheit im Sinne des § 52 StGB. Es handelt sich somit um eine Tat des Angeklagten B.
1858
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1859
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. unter Berücksichtigung des konkreten (kumulierten) Schadens von 7.430,00 € eingestellt.
1860
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 4. b) … und B. III. 5. b) … eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
m) Tat B. III. 7. … und B. III. 8 …
1861
Wie bereits ausgeführt, besteht nach Auffassung der Kammer aufgrund des den Sachverhalten Tat B. III. 7. … und B. III. 8 … zugrundeliegenden einheitlichen Tatbeitrages der Lieferung des für BG-MUN benötigten Materials, d.h. Ampullen, Etiketten und Verpackung, durch den Angeklagten B. rechtlich eine Tateinheit im Sinne des § 52 StGB. Es handelt sich somit um eine Tat des Angeklagten B.
1862
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. I. 1.) strafmildernd berücksichtigt. Außerdem hat sich zugunsten des Angeklagten B. ausgewirkt, dass die Angeklagte G. der Zeugin … die bezahlten 5.900,00 € zurückerstattet hat und bei dieser somit letztlich kein Schaden verblieben ist.
1863
Zulasten des Angeklagten B. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. I. 1. unter Berücksichtigung des konkreten (kumulierten) Schadens von 11.800,00 € eingestellt, wobei die Kammer hier auch berücksichtigt hat, dass der Schaden bei … wiedergutgemacht wurde.
1864
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 7. … und B. III. 8 … eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
a) Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe
1865
Die Kammer hat hinsichtlich der Einzelstrafen der Fälle B. II. 1 bis 5. gemäß §§ 53, 54, 55 StGB unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten und unter Einbeziehung der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Ingolstadt vom 11.04.2018, Az. 8 Ls 61 Js 4530/16, verhängten Einzelstrafen und Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet. Die mit Strafbefehl des Amtsgerichts Ingolstadt vom 11.04.2018 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe ist noch nicht vollstreckt.
1866
Die Kammer hat dabei nochmals die Person des Angeklagten B. und das Gesamtbild der Taten, insbesondere auch der des Strafbefehls des Amtsgerichts Ingolstadt, die teilweise ebenfalls die Anpreisung von BG-MUN zum Gegenstand haben, zusammenfassend gewürdigt. Für die Kammer war auch hinsichtlich des Angeklagten B. bestimmend, dass durch alle Straftaten im Wesentlichen dasselbe Rechtsgut verletzt wurde. Außerdem hat die Kammer im Blick gehabt, dass aufgrund der Zäsurwirkung des nicht vollstreckten Strafbefehls eine Gesamtstrafenbildung der Fälle B. II. 1 bis 5. mit den Fällen B. II. 6. und B. III. 1 bis 8 nicht möglich ist. Deshalb hat die Kammer zugunsten des Angeklagten B. einen Härtefallausgleich im Rahmen der Gesamtstrafenbildung durchgeführt. Ferner hat die Kammer zugunsten eingestellt, dass alle Taten in einem engen zeitlichen, sachlichen und situativen Zusammenhang stehen.
1867
Angesichts des Ausmaßes der Verfehlungen des Angeklagten B., des Gesamtgewichts seiner Taten und der Auswirkungen der Gesamtstrafe auf seine Person erachtete die Kammer für die Fälle B. II. 1 bis 5. Unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 1 Jahr 6 Monaten und Einbeziehung der bereits durch das Amtsgericht Ingolstadt verhängten Einzelstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1868
Gemäß §§ 58 Abs. 2 Satz 2 StGB in Verbindung mit § 56 f Abs. 3 StGB hat die Kammer nach pflichtgemäßem Ermessen die vom Angeklagten B. im Bewährungsverfahren zum vorbezeichneten Strafbefehl vollständig geleistete Geldauflage in Höhe von 3.000,00 € auf die Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten angerechnet. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände und der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten B. erschien es der Kammer angemessen, die Geldauflage mit 1 Monat 2 Wochen auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen.
b) Bildung einer Gesamtstrafe im Übrigen
1869
Aus den Einzelstrafen für die Fälle B. II. 6. Und B. III. 1. Bis 8. Hat die Kammer unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von
als tat- und schuldangemessen erachtet.
1870
Die Kammer hat dabei nochmals die Person des Angeklagten B. und das Gesamtbild der Taten berücksichtigt. Für die Kammer war erneut bestimmend, dass durch alle Straftaten stets dasselbe Rechtsgut verletzt wurde. Ferner hat die Kammer zugunsten eingestellt, dass alle Taten in einem engen zeitlichen, sachlichen und situativen Zusammenhang stehen. Außerdem hat die Kammer auch hier einen Härteausgleich wegen der Zäsurwirkung in die Abwägung miteinbezogen.
4. Anrechnung der Auslieferungshaft
1871
Die Kammer hat in Ausübung des durch § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB eingeräumten Ermessens bestimmt, dass die gegen den Angeklagten B. auf … vollzogene Auslieferungshaft im Verhältnis 1 zu 1 auf die gegen den Angeklagten B. verhängte Strafe anzurechnen ist.
1872
Erschwerte Haftbedingungen, welche einen hiervon abweichenden Anrechnungsmaßstab rechtfertigen könnten, wurden vom Angeklagten B. wie folgt geltend gemacht: Er habe eine Zelle mit 2 weiteren Personen teilen müssen. Es habe nur Etagenbetten gegeben. Tagsüber seien die Zellen offen gewesen, sodass er zur Toilette haben gehen können. Diese sei wie ein „Dixiklo“ gewesen.
1873
Die Kammer hält nach pflichtgemäßer Abwägung die geschilderten Haftbedingungen nicht für so nachteilig und vom gewöhnlich in den EU-Mitgliedstaaten vorkommenden Haftbedingungen nach unten abweichend, dass ein anderer Maßstab als das Verhältnis von 1 zu 1 angezeigt erscheint.
1874
Die Angeklagte G. hat sich in der Mehrheit der verurteilten Fälle jeweils des Betruges in Tateinheit mit Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Arzneimittels strafbar gemacht. In den Fällen B. II. 1 bis 3. ist die Angeklagte G. der Beihilfe zum Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Fertigarzneimittel schuldig. Außerdem ist sie des Missbrauchs von Titeln schuldig.
1875
Für den Betrug sieht das Gesetz gemäß § 263 Abs. 1 StGB einen Regelstrafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren vor. Die Verwirklichung des § 96 Nr. 5 AMG sieht einen Regelstrafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr vor. Für den Missbrauch von Titeln gemäß § 132 a StGB sieht das Gesetz einen Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vor.
1876
Vorliegend hat die Angeklagte G. nach den Feststellungen der Kammer in den Fällen B. III. gewerbsmäßig im Sinne des § 263 Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB gehandelt. Aus diesem Grund hat die Kammer bei allen Betrugstaten der Angeklagten G. den dafür vorgesehenen Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren zugrunde gelegt.
1877
Die Kammer hat vorliegend im Rahmen einer vorgenommenen Gesamtbetrachtung, bei der alle Umstände gewürdigt worden sind, die für die Wertung der Tat und die Person der Angeklagten G. in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorangehen oder nachfolgen, für jeden einzelnen Fall geprüft, ob trotz Vorliegens des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB in den Fällen B. III. ausnahmsweise von der Annahme eines besonders schweren Falls abzusehen ist, und diese Frage im Ergebnis bei allen Betrugstaten der Angeklagten G. verneint:
1878
Zugunsten der Angeklagten G. spricht vorliegend in den Fällen B. III. die lange Verfahrensdauer von mehr als 4 Jahren, das lange Zurückliegen der Taten sowie der Umstand, dass es sich bei BG-MUN um eine als solche ungefährliche Substanz gehandelt hat und die abgegebenen Mengen gering waren. Außerdem hat die Kammer zugunsten eingestellt, dass die Angeklagte G. nicht vorbestraft ist und ihr aufgrund der gegenständlichen Verurteilung erhebliche berufliche Konsequenzen bevorstehen bzw. sie ihren Beruf als Heilpraktikerin nicht mehr wird ausüben können. So hatte sie bereits im Ermittlungsverfahren den Bescheid über die Rücknahme ihrer Heilpraktikererlaubnis erhalten und übt diesen Beruf seither nicht mehr aus. Ferner hat die Kammer die Prangerwirkung, die über das, was üblicherweise mit einem öffentlichen Strafverfahren verbunden ist, weit hinaus geht, berücksichtigt. Insbesondere durch die wiederholte mediale Berichterstattung in sternTV, die bundesweit ausgestrahlt wurde, wurde die Angeklagte G. in einer Art und Weise öffentlich bloßgestellt, die über die herkömmlichen Folgen, mit denen die negative Berichterstattung im Rahmen eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens üblicherweise verbunden ist, weit hinausgeht. Nicht außer Acht gelassen hat die Kammer auch, dass die Angeklagte G. letztlich in ein bereits bestehendes, betrügerisches Geschäftsmodell des Angeklagten B. eingestiegen ist.
1879
Zu Lasten der Angeklagten G. wiegt allerdings bei allen Betrugstaten, dass sie bei jeder Tat tateinheitlich einen AMG-Verstoß begangen hat. Erschwerend hat sich zudem ausgewirkt, dass die Angeklagte G. in den Fällen … und … die verzweifelte Lage schwer kranker Menschen zur Tatbegehung ausgenutzt hat. Schließlich hat die Kammer bei allen Fällen jeweils die konkrete Schadenshöhe in die Strafzumessung einbezogen, wobei die Kammer zudem im Blick hatte, dass der Erlös zwischen den Angeklagten B. und G. in der Regel aufgeteilt wurde.
1880
Aufgrund dessen hat die Kammer nach durchgeführter Gesamtwürdigung in den Fällen B. III. jeweils den Strafrahmen gemäß § 263 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB zugrunde gelegt, der Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht.
1881
Im Hinblick auf die Fälle B. II. 1 bis 3., mit Ausnahme des Falles B. II. 2. c), in dem die Angeklagte G. als Täterin tätig wurde, hat die Kammer den gesetzlichen Strafrahmen des § 96 Nr. 5 AMG gemäß § 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemildert und einen Strafrahmen von Geldstrafe zwischen 5 und 270 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe von 1 bis zu 9 Monaten zugrunde gelegt. Im Fall B. II. 2. c) verbleibt es beim Regelstrafrahmen des § 96 Nr. 5 AMG von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.
1882
Innerhalb des zugrunde gelegten, gemilderten Strafrahmen des § 96 Nr. 5 AMG von Geldstrafe zwischen 5 und 270 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe von 1 bis zu 9 Monaten hat die Kammer zusätzlich zu den in E. II. 1. genannten Strafmilderungsgesichtspunkten, die auch für diese Taten Anwendung finden, bei beiden Taten berücksichtigt, dass der durch den Angeklagten B. verursachte Schaden bei den Erben der … aufgrund der Rückzahlung durch die Angeklagte G. vollständig kompensiert worden ist. Zugleich hat die Kammer dabei im Blick gehabt, dass es zu einer Überkompensation durch die Angeklagte G. gekommen ist.
1883
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer sowohl für die Tat B. II. 1. a) als auch für die Tat B. II. 1. b) jeweils eine Geldstrafe von
60 Tagessätzen zu je 25,00 €
für tat- und schuldangemessen.
1884
Die Festsetzung der Tagessatzhöhe beruht auf einer Schätzung gemäß § 40 Abs. 3 StGB. Für die Schätzung waren folgende Erwägungen maßgebend:
1885
Im Rahmen der Erhebung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gab die Angeklagte G. an, seit der Einstellung ihrer Tätigkeit als Heilpraktikerin im September 2019 keine eigenen Einkünfte mehr zu erzielen und letztlich vom Einkommen ihres Ehemannes zu leben. Nähere Angaben zum Einkommen des Ehemanns wurden nicht gemacht, sondern lediglich mitgeteilt, dass er kaufmännischer Angestellter ist und sich bereits in Alterszeit befindet. Der Ehemann …G. hat sich gegenüber der Kammer auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Der Kammer ist darüber hinaus aufgrund der Angaben der Angeklagten G. bekannt, dass das gemeinsam genutzte Wohnhaus im Miteigentum des Ehepaars G. steht. Die Kammer hat bei der Bemessung der Tagessatzhöhe berücksichtigt, dass die Angeklagte G. einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann hat. Darüber hinaus hat die Kammer im geringen Umfang den Mietwert des Miteigentumsanteils am selbst genutzten Wohnhaus berücksichtigt, wobei nähere Feststellungen hierzu nicht getroffen werden konnten, da Angaben zum Wert und zur Belastung der Immobilie nicht gemacht wurden. Von etwaigen Ermittlungen hierzu, beispielsweise durch eine Durchsuchung oder durch die Erholung eines Sachverständigengutachtens hat die Kammer aus Gründen der Verhältnismäßigkeit abgesehen und dementsprechend die Tagessatzhöhe – auch unter Berücksichtigung der Schulden der Angeklagten – zugunsten der Angeklagten G. niedrig geschätzt.
1886
Innerhalb des für die Taten B. II. 2. a) und b) zugrunde gelegten, gemilderten Strafrahmen des § 96 Nr. 5 AMG von Geldstrafe zwischen 5 und 270 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe von 1 bis zu 9 Monaten hat die Kammer die in E. II. 1. genannten Strafmilderungsgesichtspunkten, die auch hier Anwendung finden, bei beiden Taten berücksichtigt.
1887
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer sowohl für die Tat B. II. 2. a) als auch für die Tat B. II. 2. b) jeweils eine Geldstrafe von
60 Tagessätzen zu je 25,00 €
1888
Für die Tat B. II. 2. c) hat die Kammer den Regelstrafrahmen des § 96 Nr. 5 AMG von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zugrunde gelegt und unter erneuter Abwägung der bereits ausgeführten Strafmilderungsgründe unter E. II. 1. eine Geldstrafe von
90 Tagessätzen zu je 25,00 €
als notwendig aber auch ausreichend zur Ahndung der Tat erachtet.
1889
Hinsichtlich der Tagessatzhöhe wird auf die Ausführungen unter E. II. 2. a) Bezug genommen.
1890
Innerhalb des für die Tat B. II. 3. zugrunde gelegten, gemilderten Strafrahmen des § 96 Nr. 5 AMG von Geldstrafe zwischen 5 und 270 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe von 1 bis zu 9 Monaten hat die Kammer die in E. II. 1. genannten Strafmilderungsgesichtspunkten bei der Tat berücksichtigt.
1891
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. II. 3. eine Geldstrafe von
60 Tagessätzen zu je 25,00 €
für tat- und schuldangemessen.
1892
Hinsichtlich der Tagessatzhöhe wird auch insoweit auf die Ausführungen unter E. II. 2. a) Bezug genommen.
1893
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer bei beiden Taten die bereits genannten Kriterien (E. II. 1.) strafmildernd berücksichtigt. Außerdem hat sie zugunsten der Angeklagten G. bei beiden Taten berücksichtigt, dass der Fall … Inhalt der von sternTV bundesweit ausgestrahlten Fernsehbeiträge war und die Angeklagte G. durch die damit einhergehende Prangerwirkung beeinträchtigt wurde.
1894
Zulasten der Angeklagten G. hat die Kammer die Strafschärfungsgründe aus E. II. 1. unter Berücksichtigung der konkret verwirklichten Schäden von 5.900,00 € bei der Tat B. III. 1. a) bzw. von 2.980,00 € bei der Tat B. III. 1. b) eingestellt. Außerdem hat die Kammer berücksichtigt, dass die Angeklagte G. der … im Rahmen der wahrheitswidrigen Anpreisung von BG-MUN im Fall B. III. 1 a) von der Fortführung der Chemotherapie abgeraten hat, obwohl sie zumindest billigend in Kauf nahm, dass BG-MUN gegen Krebs wirkungslos und damit keine adäquate Ersatztherapie ist.
1895
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 1. a) eine Freiheitsstrafe von
und im für die Tat B. III. 1. b) eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1896
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. II. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1897
Zulasten der Angeklagten G. hat die Kammer die bereits unter E. II. 1 ausgeführten Erwägungen unter Berücksichtigung des konkret verwirklichten Schadens von 5.900,00 € im Blick gehabt.
1898
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 2. eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1899
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. II. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1900
Zulasten der Angeklagten G. hat die Kammer die unter E. II. 1 ausgeführten Erwägungen unter Berücksichtigung des konkret verwirklichten Schadens von 2.750,00 € eingestellt.
1901
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 3. eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1902
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. II. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1903
Zulasten der Angeklagten G. hat die Kammer bei beiden Taten die bereits unter E. II. 1 ausgeführten Erwägungen unter Berücksichtigung des jeweils konkret verwirklichten Schadens von 5.900,00 € eingestellt. Außerdem hat die Kammer bei der Tat B. III. 4. a) zulasten der Angeklagten G. berücksichtigt, dass sie dem schwer an Krebs erkrankten … im Rahmen der Anpreisung von BG-MUN von der Fortführung seiner Chemotherapie abgeraten hat, obwohl sie zumindest billigend in Kauf nahm, dass BG-MUN gegen Krebs wirkungslos und damit keine adäquate Ersatztherapie ist. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass … diesem Rat nicht gefolgt ist.
1904
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 4. a) und b) jeweils eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1905
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer bei beiden Taten die bereits genannten Kriterien (E. II. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1906
Zulasten der Angeklagten G. hat die Kammer die unter E. II. 1 ausgeführten Erwägungen bei beiden Taten unter Berücksichtigung der konkret verwirklichten Schäden von jeweils 1.530,00 € eingestellt.
1907
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 5. a) und b) jeweils eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1908
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. II. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1909
Zulasten der Angeklagten G. hat die Kammer die bereits unter E. II. 1 ausgeführten Erwägungen unter Berücksichtigung des konkret verwirklichten Schadens von 5.900,00 € eingestellt.
1910
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 6. eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1911
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. II. 1.) strafmildernd berücksichtigt.
1912
Zulasten der Angeklagten G. hat die Kammer die bereits unter E. II. 1 ausgeführten Erwägungen unter Berücksichtigung des konkret verwirklichten Schadens von 5.900,00 € eingestellt.
1913
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 7. eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1914
Innerhalb des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer die bereits genannten Kriterien (E. II. 1.) strafmildernd berücksichtigt. Außerdem hat die Kammer eingestellt, dass die Angeklagte G. der Zeugin B. die bezahlten 5.900,00 € für BG-MUN, wenn auch erst nach Androhung rechtlicher Schritte, vollständig zurückbezahlt hat.
1915
Zulasten der Angeklagten G. hat die Kammer die bereits unter E. II. 1 ausgeführten Erwägungen unter Berücksichtigung des zunächst konkret verwirklichten Schadens von 5.900,00 € eingestellt.
1916
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für die Tat B. III. 8. eine Freiheitsstrafe von
für tat- und schuldangemessen.
1917
Innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr hat die Kammer zugunsten der Angeklagten G. wiederum eingestellt, dass diese nicht vorbestraft ist, die gegenständliche Verurteilung ihr die Ausübung des Heilpraktikerberufs unmöglich machen wird, die lange Verfahrensdauer von 4 Jahren, das lange Zurückliegen der Tat sowie die aufgrund der sternTV-Berichte erfolgte Prangerwirkung. Ferner hat sich zugunsten der Angeklagten G. ausgewirkt, dass der Angeklagte B. die Idee hatte, ihr den Titel zu „verleihen“ und die Initiative hierzu somit vom Angeklagten B. ausging.
1918
Zulasten der Angeklagten G. hat die Kammer berücksichtigt, dass sie den Titel über rund ein halbes Jahr geführt hat und, dass er als Instrument zur Begehung von Betrugsstraftaten gedacht war.
1919
Bei Abwägung sämtlicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe erachtet die Kammer für den Missbrauch von Titeln eine Geldstrafe von
120 Tagessätzen zu je 25,00 €
Für tat- und schuldangemessen.
1920
Hinsichtlich der Tagessatzhöhe wird auf die Ausführungen unter E. II. 2. a) Bezug genommen.
1921
Unter nochmaliger Berücksichtigung sämtlicher Strafzumessungskriterien und insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Taten in einem engen zeitlichen, sachlichen sowie situativen Zusammenhang stehen hält die Kammer unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 1 Jahren und 4 Monaten eine
Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren
für notwendig, aber auch ausreichend zur Ahndung der Straftaten der Angeklagten G..
Keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung
1922
Im vorliegenden Verfahren ist nicht gegen das Gebot einer zügigen Verfahrenserledigung verstoßen worden.
1923
Aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention folgt, dass jeder Angeklagte ein Recht auf ein faires rechtsstaatliches Strafverfahren und damit auch auf eine angemessene Beschleunigung des Verfahrens sowie auf eine gerichtliche Entscheidung innerhalb angemessener Frist hat. Ob eine solche rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab, die in einer umfassenden Gesamtwürdigung festgestellt werden müssen.
1924
Die Feststellungen zum Verfahrensgang (vgl. A. III.) ergeben, dass die Ermittlungen angemessen und im Wesentlichen mit der erforderlichen Beschleunigung geführt wurden. Der Zeitraum von Anklageerhebung bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens und Verhandlungsbeginn betrug rund 7 Monate. Dies ist angesichts des Umfangs des Verfahrens noch angemessen, zumal insoweit auch die Verteidigung mehrfach die Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zur Anklageschrift beantragt und anschließend auch umfangreiche Stellungnahmen abgegeben hat. Das Hauptverfahren war zwar mit 64 Hauptverhandlungstagen und einer Verfahrensdauer von beinahe 2 Jahren ungewöhnlich lang. Diese lange Verhandlungsdauer ist in erster Linie auf das – zulässige – Verteidigungsverhalten beider Angeklagten zurückzuführen.
1925
Die Verteidigung hat, nachdem der weit überwiegende Teil der Beweisaufnahme bereits erfolgt war, mehrfach die Aussetzung des Verfahrens bzw. eine Fortführung über mehrere Monate zur Auswertung von Daten beantragt, zahlreiche Beweisanträge gestellt und mehrfach Befangenheitsanträge gegen die Richter gestellt. Zu zahlreichen Gelegenheiten erklärte die Verteidigung, dass sie nicht in der Lage sei, unmittelbar Stellung zu nehmen oder Zeit brauche, um Anträge zu stellen, und beantragte Fristverlängerungen im Verfahren, die gewährt wurden. Beispielsweise sahen sich beide Angeklagte bzw. deren Verteidiger im Hauptverhandlungstermin von 02.02.2023 immer noch nicht in der Lage, Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen und erklärten, noch Vorbereitungszeit zu benötigen, obwohl der Vorsitzende in den Terminen zuvor bereits mehrfach darauf hingewiesen hatte, dass bei nächster Gelegenheit die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erhoben werden sollen. Die dadurch verursachten Verzögerungen im Hauptverfahren sind zwar zulässige Möglichkeiten der Prozessbeeinflussung der Angeklagten, gleichwohl können diese Verzögerungen nicht dem Gericht zugerechnet werden (vgl. Marx, in: Marx/Roderfeld, Rechtschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 1. Auflage 2012).
1926
Die Kammer hat gegen den Angeklagten B. die Einziehung von Wertersatz in der tenorierten Höhe gemäß §§ 73, 73 c StGB angeordnet.
1927
Einzuziehen nach § 73 Abs. 1 StGB ist grundsätzlich jeder Vermögenswert, den der Täter oder Teilnehmer durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt hat. Durch die rechtswidrige Tat sind Vermögenswerte erlangt, die dem Täter oder Teilnehmer aufgrund bzw. unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatbestands zufließen (vgl. BGH, Beschluss v. 14.02.2018 – 4 StR 648/17, Rn. 5).
1928
Vorliegend hat der Angeklagte B. im Fall B. II. 2. a) 4.000,00 € in bar vereinnahmt. In den Fällen B. II. 3. und 4. sowie B. III. 2. wurden dem Angeklagten B. einmal 5.900,00 €, einmal 6.000,00 € und nochmals 5.900,00 überwiesen.
1929
Für die Sachverhalte nach Abschluss des Exklusivliefervertrages mit Ausnahme des Falles B. III. 1. a), in dem die Kammer keinen Zahlungsfluss nachweisen konnte, hat der Angeklagte B. von der Angeklagten G. für jede verkaufte Packung BG-MUN tatplangemäß 3.000,00 € bzw. anteilig nach Ampullen jeweils 300,00 € pro Ampulle erhalten. Insofern ist festzustellen, dass der Angeklagte B. für die halbe Packung BG-MUN an die Familie … und an … (B. III. 1. b)) jeweils 1.500,00 € von der Angeklagten G. per Überweisung erlangt hat. Für die Packungen an … und … hat er jeweils 3.000,00 € erlangt. Hinsichtlich der Zeugen … hat der Angeklagte B. für 6 Ampullen von der Angeklagten G. 900,00 € erlangt.
1930
Etwaige abzugsfähige Aufwendungen im Sinne des § 73 d Abs. 1 StGB waren nicht ersichtlich.
1931
Gegen den Angeklagten B. war somit die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 38.600,00 € gemäß §§ 73 Abs. 1, 73 c StGB anzuordnen.
1932
In den Fällen … und … ist eine Einziehung gemäß § 73 e Abs. 1 Satz 1 StGB ausgeschlossen, weil deren Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten bereits erloschen ist. Diesen Geschädigten wurde der Kaufpreis von BG-MUN bereits erstattet bzw. bereits geleistete Zahlungen wurden anderweitig verrechnet.
1933
Die Kammer hat gegen die Angeklagte G. die Einziehung von Wertersatz in der tenorierten Höhe gemäß §§ 73, 73 c StGB angeordnet.
1934
Die Angeklagte G. hat vorliegend von … (B. II. 2. c)) 4.300,00 € durch das Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel erlangt.
1935
Im Fall … (B. III. 1. a)) hat die Angeklagte G. 5.900,00 € in bar erlangt. In den Fällen B. III. 1. b) und 3. bis 7. hat die Angeklagte G. 32.420,00 € vereinnahmt.
1936
Etwaige abzugsfähige Aufwendungen im Sinne des § 73 d Abs. 1 StGB waren nicht ersichtlich.
1937
Gegen die Angeklagte G. war somit die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 42.620,00 € gemäß §§ 73 Abs. 1, 73 c StGB anzuordnen.
1938
In den Fällen … und … ist eine Einziehung gemäß § 73 e Abs. 1 Satz 1 StGB ausgeschlossen, weil deren Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten bereits erloschen ist. Diesen Geschädigten wurde der Kaufpreis von BG-MUN bereits durch die Angeklagte G. erstattet.
1939
Die Angeklagten G. und B. sind Gesamtschuldner in Höhe von 16.800,00 €. Dies entspricht dem Betrag, den die Angeklagte G. tatplangemäß an den Angeklagten B. weitergeleitet hat.
1940
Gegen die Einziehungsbeteiligten … und … war gemäß §§ 73, 73 b Abs. 1 Nr. 2 a), 73 c StGB die Einziehung in tenorierter Höhe anzuordnen.
1941
Ein Ausschluss der Einziehung nach § 73 e Abs. 2 StGB liegt nicht vor, da eine ausreichende Summe bei den Einziehungsbeteiligten gesichert wurde und die Sicherung bis heute fortbesteht.
1942
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 StPO.