Titel:
Erfolglose Normenkontrolle gegen einen im beschleunigten Verfahren beschlossenen Bebauungsplan, der u.a. eine Straßenverkehrsfläche auf privaten Grundstücken zulässt
Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, § 101 Abs. 2
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 7, § 2 Abs. 3, § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 S. 1, S. 2 Hs. 2
BayStrWG Art. 6 Abs. 3, Abs. 4, Art. 67 Abs. 3, Abs. 4
BayVwVfG Art. 41 Abs. 3 S. 2, Art. 44 Abs. 1
Leitsätze:
1. Unter einem sog. „Etikettenschwindel“ versteht man einen Sonderfall der mangelnden Planungserforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 S. 1 BauGB) wegen nicht ernsthaft verfolgter Planungsziele, wenn ein Bebauungsplan Festsetzungen enthält, die nicht dem entsprechen, was von der Gemeinde tatsächlich gewollt ist, sondern die von ihr nur vorgeschoben werden, um das eigentliche (im Regelfall unzulässige) Planungsziel zu verdecken. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die erstmalige Anlegung eines Bestandsverzeichnisses entfaltet Rechtswirkungen regelmäßig nur für solche Grundstücke, deren Flurnummern in der Eintragung genannt sind. Die fehlende Benennung kann für die Erfassung der gesamten Wegefläche aber unschädlich sein, soweit der Wegeverlauf und -umfang dennoch eindeutig festliegt. Dies kann aufgrund einer genauen Beschreibung des Wegeverlaufs der Fall sein. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Setzt ein Bebauungsplan eine Straßenverkehrsfläche neben einem Wohngrundstück fest, kann nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 BauGB nur dann auf die Ermittlung konkret zu erwartender Immissionswerte verzichtet werden, wenn schon nach der Zahl der täglich zu erwartenden Kfz-Bewegungen im Hinblick auf die konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls keine Belästigungen zu besorgen sind, die die Geringfügigkeits-/Bagatellgrenze überschreiten. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolle, Festsetzung einer Straßenverkehrsfläche auf privaten Grundstücken, Abwägung der Eigentümerbelange, straßenrechtliche Widmung, Bebauungsplan, städtebauliche Erforderlichkeit, Etikettenschwindel, Gefälligkeitsplanung, Vollzugshindernis, enteignungsrechtliche Vorwirkung, Abwägung, Eigentümerbelange, Bestandsverzeichnis, konkludente Zustimmung, Verkehrslärm, Alternativenprüfung
Fundstellen:
BayVBl 2023, 672
BeckRS 2023, 13707
LSK 2023, 13707
Tenor
I. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan Nr. 16/1 „Östliche J. straße“, bekannt gemacht am 6. Februar 2019.
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Der im beschleunigten Verfahren aufgestellte Bebauungsplan Nr. 16/1 „Östliche J. straße“, mit dem im Wesentlichen ein allgemeines Wohngebiet und östlich davon eine öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt werden, wurde am 28. Januar 2019 vom Stadtrat der Antragsgegnerin als Satzung beschlossen, am 29. Januar 2019 durch die erste Bürgermeisterin ausgefertigt und am 6. Februar 2019 ortsüblich bekanntgemacht.
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Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines im Plangebiet liegenden, ca. 1.000 m² großen Grundstücks (FlNr. … Gemarkung O …, … ). Das südwestlich darauf befindliche Gebäude wurde aufgrund einer Baugenehmigung von 1934 bis zur Betriebsaufgabe im Jahr 2006 (Gewerbeabmeldung 1.5.2006) als Gaststätte mit Wirtschaftsgarten genutzt. Seitdem fand und findet dort anderweitige gewerbliche Nutzung statt. Im östlichen und nördlichen Bereich dieses Grundstücks verläuft eine Anliegerstraße (Abzweig der J. ….), welche nördlich anschließende Bebauung erschließt und in den in den Nachbarort K. … führenden Fußweg „G. …“ einmündet. Diese Wegeführung wird durch die angegriffene Bebauungsplanung aufgegriffen, indem auf dem Grundstück der Antragstellerin im betroffenen Bereich auf einer Fläche von unstrittig jedenfalls deutlich über 300 m² ein Teil der festgesetzten öffentlichen Verkehrsfläche zu liegen kommt. Zwischen den Beteiligten ist seit Jahren streitig, ob die bestehende, von der Allgemeinheit seit Jahren faktisch genutzte Wegefläche straßenrechtlich gewidmet ist.
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Am 13. Februar 2019 stellte die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag. Der Bebauungsplan leide bereits an formellen Mängeln. Die abwägungserheblichen Belange seien nicht in der gebotenen Weise ermittelt und bewertet worden. Der massive Eingriff in das Eigentumsrecht der Antragstellerin durch die Festsetzung einer Straßenverkehrsfläche auf ihrem Grundstück sei nicht berücksichtigt worden, zumal die Fläche nicht als beschränkt öffentlicher Weg für den Anliegerverkehr gewidmet sei. Es sei nicht thematisiert worden, ob die gastronomische Nutzung des Gasthauses in Anbetracht der festgesetzten öffentlichen Verkehrsfläche noch möglich sei. Die Antragsgegnerin habe sich auch keine Gedanken zum Immissionsschutz hinsichtlich des Kfz-Verkehrs gemacht und sich nicht mit der im Rahmen der schalltechnischen Untersuchung festgestellten Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm auseinandergesetzt. Ebenso habe sie ungeklärt gelassen, ob der aufgrund der Planung mögliche Kirchturm der im Plangebiet ansässigen Kirchengemeinde mit einer Höhe von 13 m ggf. weitere schutzwürdige Belange der Nachbarschaft auslöse.
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Der Bebauungsplan sei nicht erforderlich. Er diene dazu, die Antragstellerin zu enteignen. Die Enteignung stelle aber nicht das mildeste Mittel dar, weil Alternativen bestünden und sich zudem der Plan wegen des Privateigentums der Antragstellerin nicht umsetzen lasse. Es sei von „Etikettenschwindel“ auszugehen, weil zwar ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt worden, von der Antragsgegnerin jedoch nur die Festsetzung eines Misch- oder Dorfgebiets gewollt sei und diese zudem in erster Linie die Festsetzung einer Verkehrsfläche verfolge, um vergangene Versäumnisse zu legalisieren. Von einer wirksamen Widmung für den Anliegerverkehr sei nicht auszugehen. In der Eintragungsverfügung zum Straßenbestandsverzeichnis vom 9. März 1962 sei das Grundstück der Antragstellerin nicht benannt und die Länge sei mit lediglich 450 m angegeben. Der Weg ende also vor dem Grundstück der Antragstellerin. Es sei für die ehemaligen Eigentümer ohne Benennung der Grundstücke nicht möglich gewesen, Widerspruch gegen eine etwaige Bestandserfassung zu erheben. Hieran ändere auch weder der Gemeinderatsbeschluss von 1980 noch die verfügte „Berichtigung“ des Bestandsverzeichnisses von 1981 etwas, die der damaligen Eigentümerin auch nicht zugestellt worden sei. Eine Berichtigung habe nicht erfolgen können, weil die ursprüngliche Eintragungsverfügung das Grundstück der Antragstellerin nicht betroffen habe. Die zusätzliche Aufnahme sei vielmehr ein eigener Widmungsakt, der der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedurft hätte. Der Plan sei zudem allein im Interesse der Kirchengemeinde aufgestellt worden, die ihre baulichen Pläne mangels ausreichender Erschließung bisher nicht habe verwirklichen können.
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Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin gegen das Abwägungsgebot verstoßen. Es werde eine öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt, die 40% der gesamten Grundstücksfläche der Antragstellerin betreffe. Diese unverhältnismäßige Belastung könne nicht durch ein Allgemeininteresse gerechtfertigt werden. Alternative Möglichkeiten seien umfangreich erörtert worden. Es bestünden zudem Defizite bei der Art der baulichen Nutzung. Die Gaststätte werde rechtsfehlerhaft als nicht bestandsgeschützt angesehen. Es sei ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt worden, obwohl der Charakter der näheren Umgebung einem Dorfgebiet entspreche. Zudem werde der geltende TA Lärm-Wert um 9 dB(A) tags und 11 dB(A) nachts überschritten, wofür der mögliche Wirtsgarten als Verursacher angegeben werde. Die Begründung führe an, dass eine Betrachtung ohne den Wirtsgarten eine Überschreitung der Richtwerte um 2 dB(A) bei seltenen Ereignissen ergebe. Dies sei widersprüchlich. Es erschließe sich auch nicht, weshalb die Gaststätte mit Wirtschaftsgarten nur die Immissionsrichtwerte für ein Misch- bzw. Dorfgebiet an der Bestandsbebauung im Osten und Süden einhalten müsse.
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Die Antragstellerin beantragt,
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den Bebauungsplan Nr. 16/1 „Östliche J. straße“ für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die in die Abwägung einzustellenden Belange seien ermittelt und sachgerecht bewertet worden. Mit den Planauswirkungen auf das Eigentumsrecht der Antragstellerin habe sich der Stadtrat auseinandergesetzt und dabei auch eine mögliche Wiederinbetriebnahme der Gaststätte und das Erfordernis von Stellplätzen hierfür berücksichtigt. Der zusätzlich zu erwartende Kfz-Verkehr sei bedacht, jedoch als geringfügig betrachtet worden. Ebenso habe der 13 m hohe Kirchturm Berücksichtigung gefunden und seien die Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm gewürdigt worden.
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Der Bebauungsplan sei städtebaulich erforderlich. Mit ihm werde ein positives Plankonzept verfolgt. Ziel sei es u.a., die Erschließung in der erforderlichen Breite zu sichern. Die Frage der Widmung sei keine der Erforderlichkeit, sondern allenfalls eine der Abwägung, die fehlerfrei erfolgt sei. Es würden weniger als 33% der Grundstücksfläche der Antragstellerin in Anspruch genommen und es seien nur die für die Erschließung zwingend notwendigen Flächen festgesetzt worden. Andere Erschließungsmöglichkeiten, auch die von der Antragstellerin vorgeschlagenen, seien geprüft worden. Weiter sei berücksichtigt worden, dass bereits seit 1962 eine öffentliche gewidmete Verkehrsfläche auf dem Grundstück der Antragstellerin bestanden habe, die also seit jeher nicht privat habe genutzt werden können. Die Widmung des „G. …“ sei im Zuge der Erstanlegung des Bestandsverzeichnisses erfolgt. Die Eintragungsverfügung sei unanfechtbar geworden. Es sei unschädlich, dass das Grundstück der Antragstellerin darin keine Erwähnung finde, da sich der Wegeverlauf eindeutig aus der Beschreibung der Anfangs- und Endpunkte ergebe. Die unzutreffende Längenangabe zum Weg spiele keine Rolle. Die Antragsgegnerin habe die Interessen der benachbarten Betriebe, der Kirche und der Wohneigentümer in die Abwägung eingestellt. Es sei abzuwägen gewesen, dass die nur über den Weg erschlossenen Grundstücke für Einsatzfahrzeuge sowie Kanalreinigungswagen erreichbar sein müssten. Im Ergebnis habe man das Interesse der Antragstellerin als nachrangig angesehen. Auch die Festsetzung der Gebietsart sei nicht zu beanstanden. Es sei überprüft worden, ob die Wiederansiedlung einer Gaststätte wohngebietsverträglich sei. Die Überschreitung von 2 dB(A) nach der TA Lärm beziehe sich nicht auf den Wirtschaftsgarten, sondern auf den angrenzenden Orgelbaubetrieb, der nur an wenigen Tagen im Jahr Orgelpfeifen mittels Hochdruck reinige.
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Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der vorgelegten Planaufstellungsakte und der Widmungsakte „G.“ der Antragsgegnerin Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Normenkontrollantrag, über den der Senat gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
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I. Der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist zulässig. Er wurde innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt. Die Antragstellerin ist insbesondere antragsbefugt, weil sie Eigentümerin eines im Plangebiet liegenden Grundstücks ist und sich gegen bauplanerische Festsetzungen wendet, die ihr Grundstück unmittelbar betreffen (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 – 4 BN 17.17 – juris Rn. 5 m.w.N.).
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II. Der Normenkontrollantrag ist unbegründet. Der Bebauungsplan Nr. 16/1 „Östliche J. straße“ leidet nicht an beachtlichen Fehlern.
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1. Dem Bebauungsplan fehlt entgegen den Einwendungen der Antragstellerin insbesondere nicht die städtebauliche Erforderlichkeit.
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a) Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinne erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2017 – 4 BN 2.17 – juris Rn. 3 m.w.N.; BayVGH, U.v. 30.7.2021 – 9 N 18.1995 – juris Rn. 18). Nicht erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, bei denen zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit des Plans, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung, für die das Abwägungsgebot maßgeblich ist (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – juris Rn. 10 m.w.N.; BayVGH, U.v. 2.10.2022 – 9 N 21.190 – juris Rn. 23).
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Den vorstehenden Anforderungen entspricht der angegriffene Bebauungsplan. Mit ihm soll das Plangebiet als allgemeines Wohngebiet entwickelt und mittels Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, zur Bauweise und zur überbaubaren Grundstücksfläche städtebaulich geordnet werden. Nachverdichtungspotentiale sollen mit Blick auf die Erschließungssituation geregelt werden (s. Planbegründung, S. 4, 10 f.). Hinsichtlich der Festsetzung einer Straßenverkehrsfläche hat die Antragsgegnerin in der Planbegründung (s. S. 3, 5, 8) ausgeführt, dass die bereits existierende Straße „G. …“, die die Grundstücke FlNr. … (altes Feuerwehrgerätehaus), … (Wohnhaus) und … (Kirche der S. ….) im Geltungsbereich des Bebauungsplans sowie drei weitere östlich davon gelegene bebaute Grundstücke erschließe, im Anschluss an die J. straße zum Teil auf zwar gewidmeten, jedoch privaten Grundstücksflächen verlaufe. Mit dem Bebauungsplan solle eine ausreichende Erschließung einschließlich der Erreichbarkeit durch Rettungskräfte gesichert werden.
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Die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets stellt hier auch nicht – wie die Antragstellerin meint – einen sogenannten „Etikettenschwindel“ dar. Hierunter versteht man einen Sonderfall einer mangelnden Planungserforderlichkeit wegen nicht ernsthaft verfolgter Planungsziele, wenn ein Bebauungsplan Festsetzungen enthält, die nicht dem entsprechen, was von der Gemeinde tatsächlich gewollt, sondern die von ihr nur vorgeschoben werden, um das eigentliche (im Regelfall unzulässige) Planungsziel zu verdecken (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2002 – 4 CN 5.01 – BauR 2002, 1348; BayVGH, B.v. 20.12.2022 – 1 NE 22.1604 – juris Rn. 21; U.v. 9.6.2021 – 15 N 20.1412 – juris Rn. 61; OVG NW, U.v. 9.6.2022 – 7 D 49/17.NE – BauR 2022, 1303). Es ist nicht ersichtlich, dass die hier in Rede stehende Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung in diesem Sinne ihrer städtebaulichen Rechtfertigung entbehren könnte. Die Bebauungssituation im eng gefassten Plangebiet, an der sich die Antragsgegnerin orientiert und deren Bewahrung ein legitimes Planungsziel darstellt (vgl. BVerwG, B.v. 15.3.2012 – 4 BN 9.12 – juris Rn. 3), zeigt Wohnnutzung und eine bestehende kirchliche Nutzung. Beide Nutzungstypen sind in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig (vgl. § 4 Abs. 2 BauNVO). Außerdem geht die Antragsgegnerin hinsichtlich des Anwesens der Antragstellerin von einer 1934 genehmigten ehemaligen Gaststätte auf dem Grundstück der Antragstellerin mit insgesamt 77 Plätzen in Haupt- und Nebenraum, Außensitzbereich sowie einem in Dörfern ehemals üblichen Saal im OG aus, was die Antragstellerin im Übrigen auch nicht (substantiiert) bestreitet, und stuft sie in nicht zu beanstandender Weise als eine der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisewirtschaft ein (vgl. Aufstellungsakte, Bl. 338, 342). Die mögliche Wiederansiedlung einer solchen Gaststätte, die die Antragsgegnerin bei ihrem Plankonzept berücksichtigt hat (vgl. nur Planbegründung, S. 9), wäre ebenfalls mit dem geplanten Gebietscharakter verträglich. Darüber hinaus erschließt sich auch sonst nicht, dass die Antragsgegnerin eigentlich ein Misch- oder Dorfgebiet gewollt habe. Aus dem in der Planbegründung (S. 7) zwar etwas verkürzt und missverständlich dargestellten Ergebnis der schalltechnischen Untersuchung (s. S. 3, 15 f. u. 18), dass die Gaststätte wohngebietsverträglich betrieben werden kann, wenn sie an der an das Plangebiet im Osten und Süden sich anschließenden Bestandsbebauung entsprechend des dortigen Gebietscharakters die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für ein Misch-/Dorfgebiet einhält, lässt sich solches nicht ableiten.
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Überdies spricht nichts für eine gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verstoßende sog. „Gefälligkeitsplanung“, weil die Erweiterungsabsicht der im Plangebiet angesiedelten Kirchengemeinde, wie die Antragstellerin darlegt, der maßgebliche Grund für die Planaufstellung gewesen sei. Die Grenze zu einer Gefälligkeitsplanung wäre überschritten, wenn die Planung bzw. eine einzelne Festsetzung ausschließlich dem Zweck dienen würde, private Interessen zu befriedigen und deshalb die planende Gemeinde das ihr zur Verfügung gestellte Planungsinstrumentarium des Baugesetzbuches zweckwidrig einsetzt (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2021 – 15 N 20.1649 – juris Rn. 32 m.w.N.; U.v. 9.12.2021 – 1 N 19.447 – juris Rn. 19). Hierfür bestehen in Anbetracht der angeführten städtebaulichen Ziele keine Anhaltspunkte. Nach der Planbegründung und den vorgelegten Akten dürften auch nicht in erster Linie die kirchlichen Erweiterungsabsichten den konkreten Planungsanlass gegeben haben, sondern vor allem auch die im Hinblick auf die Inanspruchnahme des Grundstücks der Antragstellerin fortgesetzt konfliktträchtige Erschließungssituation. Dies muss aber nicht weiter vertieft werden, weil eine städtebaulich begründete Planung jedenfalls auch privaten Interessen dienen und durch private Interessenträger angestoßen worden sein darf (vgl. BVerwG, B.v. 30.12.2009 – 4 BN 13.09 – juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 28.4.2017 – 9 N 14.404 – juris Rn. 29).
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b) Dem Bebauungsplan steht auch nicht als Vollzugshindernis entgegen, dass die Festsetzung einer Straßenverkehrsfläche auf einem im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstück nicht deren Willen entspricht.
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Einem Bebauungsplan oder einzelnen seiner Festsetzungen fehlt die Erforderlichkeit, wenn die verfolgten Ziele verfehlt werden, insbesondere wenn das planerische Ziel, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken oder einer sich für die Zukunft abzeichnenden Bedarfslage gerecht zu werden, nicht erreicht werden kann, wenn also etwa der Verwirklichung des Bebauungsplans auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – juris Rn. 4 f.; U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 12.12.2022 – 15 N 22.1064 – juris Rn. 17).
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Die Festsetzung einer Verkehrsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB begründet zwar nicht schon eine Rechtspflicht des betroffenen Grundstückseigentümers, auf seinem Privatgrundstück die Errichtung einer Erschließungsstraße zu dulden. Sie hat keine enteignungsrechtliche Vorwirkung (vgl. BVerwG, U.v. 27.8.2009 – 4 CN 5.08 – BVerwGE 134, 355 = juris Rn. 24; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2022, § 9 Rn. 107). Dieser Umstand muss aber nicht dazu führen, dass nach der anzustellenden Prognose die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Bebauungsplan oder eine einzelne Festsetzung realistischerweise nicht umgesetzt werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 – 4 CN 4.13 – BVerwGE 150, 101 = juris Rn. 14). Flächenfestsetzungen tragen in aller Regel schon dadurch eine Vollzugswahrscheinlichkeit in sich, dass die Zulässigkeit neuer Vorhaben (§ 29 Abs. 1 BauGB) an ihnen zu messen ist (§ 30 BauGB; vgl. BVerwG, B.v. 24.2.2022 – 4 BN 49.21 – juris Rn. 4). Unter Würdigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls ist zu beurteilen, ob angesichts von Bekundungen des Nutzungsberechtigten davon auszugehen ist, dass die Verwirklichung der Festsetzung auf Dauer ausgeschlossen erscheint. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass allein der Wille eines Grundstückseigentümers, die Realisierung einer bestimmten Festsetzung zu verhindern, regelmäßig nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Festsetzung führt (BVerwG, B.v. 24.2.2022 a.a.O.).
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Dies zugrunde gelegt, besteht selbst dann, wenn man davon absieht, dass die Wegefläche auf dem Grundstück der Antragstellerin wirksam straßenrechtlich gewidmet ist (wird unter 2. ausgeführt), vorliegend kein Vollzugshindernis. Dass Verkaufsverhandlungen in der Vergangenheit nicht zum Erfolg geführt haben und gegenwärtig keine Verkaufsbereitschaft zu bestehen scheint, genügt hierfür nicht. Die Antragstellerin wird die betreffende Fläche aufgrund der nutzungsbeschränkenden Wirkung der bauleitplanerischen Festsetzung nicht anderweitig baulich nutzen können. Vorstellungen eines Eigentümers oder seiner Rechtsnachfolger können sich bis zur Realisierung des Bebauungsplans ändern (vgl. Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 1 Rn. 48 m.w.N.). Darüber hinaus stellt das Städtebaurecht für die Umsetzung der planerischen Vorstellungen gegen den Willen des aktuellen Grundeigentümers eine Reihe von planakzessorischen Instrumenten zur Verfügung, zu denen insbesondere die Enteignung (§§ 85 ff. BauGB) zählt (vgl. BayVGH, U.v. 13.11.2013 – 1 N 11.2263 – juris Rn. 26). Ob eine Enteignung der Fläche zulässig ist, wäre ggf. in einem Enteignungsverfahren zu klären. Dass sie von vornherein ausscheidet, ist aufgrund des Vortrags der Antragstellerin, eine solche stelle nicht das mildeste Mittel dar, weil z.B. eine Umlegung oder alternative öffentliche Verkehrsflächen in Betracht kämen, nicht ersichtlich. Insoweit wird auch auf die nachfolgenden Ausführungen zum Abwägungsgebot und dort auf die Ausführungen zur Alternativenprüfung ( II. 2. a) cc) verwiesen.
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2. Der Bebauungsplan leidet auch nicht an einem beachtlichen Abwägungsmangel.
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Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. § 2 Abs. 3 BauGB ergänzt dieses materiell-rechtliche Abwägungsgebot um die Verfahrensanforderung (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), dass die abwägungserheblichen Belange in wesentlichen Punkten (zutreffend) zu ermitteln und zu bewerten sind. Zu ermitteln und zu bewerten sowie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind alle Belange, die in der konkreten Planungssituation nach Lage der Dinge in die Abwägungsentscheidung eingestellt werden müssen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Dabei differenziert das Gesetz in Bezug auf die Fehlerfolgenregelungen zwischen Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis. Für die Abwägung ist nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2022 – 9 N 21.190 – juris Rn. 43).
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a) Es stellt weder einen beachtlichen Ermittlungs- oder Bewertungsfehler noch einen materiellen Abwägungsmangel dar, dass die Antragsgegnerin bei der Festsetzung der Straßenverkehrsfläche von einer wirksamen straßenrechtlichen Widmung des über das Grundstück der Antragstellerin führenden Weges und damit von der Eigenschaft als öffentliche Straße ausgegangen ist.
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aa) Der Weg von K. … nach U. … (sogen. „G. …“) gilt seit der erstmaligen Anlegung des betreffenden Bestandsverzeichnisses für beschränkt öffentliche Wege der Antragsgegnerin (Blatt-Nr. 3) am 9. März 1962 als gewidmeter öffentlicher (selbständiger Geh-) Weg.
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Die Eintragung in das Bestandsverzeichnis stellt bei der Erstanlegung im Rahmen der Rechtsbereinigung nach Art. 67 Abs. 3, 4 BayStrWG vom 11. Juli 1958 (GVBl. S. 147), anders als bei nachträglichen Eintragungen aufgrund von Verfügungen nach Art. 6 ff. BayStrWG, den maßgeblichen konstitutiven Verwaltungsakt dar (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2005 – 8 ZB 04.2279 – juris Rn. 5 m.w.N.; U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – juris Rn. 35; B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 11; Häußler in Zeitler, BayStrWG, Stand September 2021, Art. 67 Rn. 19). Die Eintragungsverfügung ist dagegen eine rein interne Anweisung und in der Regel auch dann kein Verwaltungsakt, wenn sie einem Beteiligten mitgeteilt wird, weil eine feststellende oder rechtsgestaltende Rechtswirkung erst mit der Eintragung ins Bestandsverzeichnis verbunden ist (Häußler in Zeitler a.a.O. m.w.N.). Auch ob die nach Art. 67 Abs. 3 Satz 4 BayStWG vorgesehene Unterrichtung (von der Auslegung) gegenüber Beteiligten bzw. Eigentümern stattgefunden hat, ist irrelevant. Es kommt nach der obergerichtlichen Rechtsprechung allein auf die öffentliche Bekanntmachung und Auslegung des Bestandsverzeichnisses gemäß Art. 67 Abs. 3 Sätze 2 und 3 BayStrWG an (Häußler in Zeitler a.a.O. Rn. 27 f. m.w.N.).
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(1) Die Eintragung in das Bestandsverzeichnis hat hier die erforderliche Außenwirkung erlangt, indem deren Auslegung (vom 1.7.1962 bis 31.12.1962) öffentlich bekanntgemacht worden ist (vgl. Widmungsunterlagen „Gängle“, Bl. 2 und Art. 67 Abs. 3 Bay-StrWG; zur Frist von 3 Jahren als rein ordnungspolitischer Zielvorgabe vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2012 – 8 b 11.2934 – juris Rn. 60). Widersprüche der betroffenen privaten Eigentümer oder Dritter sind augenscheinlich nicht eingelegt worden (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2005 – 8 ZB 04.2279 – juris Rn. 8), sodass von der Unanfechtbarkeit der Eintragung auszugehen ist. Mangels vorgetragener oder ersichtlicher besonders schwerwiegender und offensichtlicher (materieller) Fehler (vgl. Art. 44 BayVwVfG) ist die Erstanlegung auch nicht nichtig, sondern entfaltet Tatbestandswirkung (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2005 a.a.O. Rn. 5; U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – juris Rn. 54 f.; B.v. 22.7.2016 – 8 ZB 15.1304 – juris Rn. 9 m.w.N.). Die Eintragung im Bestandsverzeichnis begründet somit die unwiderlegbare Vermutung, dass der betreffende Weg gewidmet ist und die Eigenschaft einer öffentlichen Straße hat (Widmungsfiktion) sowie der Grundeigentümer und dinglich zur Nutzung Berechtigte der Widmung zugestimmt hat (Zustimmungsfiktion) (vgl. Häußler in Zeitler a.a.O. Rn. 38).
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(2) Die Widmungsfiktion wirkt auch hinsichtlich des vom Weg in Anspruch genommenen Grundstücks der Antragstellerin FlNr. … und des nördlich davon gelegenen weiteren privaten Grundstücks FlNr. … Dem steht nicht entgegen, dass diese beiden Grundstücke bei der Ersteintragung des Weges im Bestandsverzeichnis am 9. März 1962, anders als die sich nördlich anschließenden Wegegrundstücke FlNr. … und …, nicht explizit aufgeführt wurden. Ebensowenig spricht hiergegen die nur mit 450 m angegebene Weglänge.
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Zwar gilt grundsätzlich, dass die erstmalige Anlegung eines Bestandsverzeichnisses Rechtswirkungen regelmäßig nur für solche Grundstücke entfaltet, deren Flurnummern in der Eintragung genannt sind (vgl. BayVGH, U.v. 21.4.2016 – 8 B 15.129 – juris Rn. 21 m.w.N.; B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 11). Die fehlende Benennung kann für die Erfassung der gesamten Wegefläche aber unschädlich sein, soweit der Wegeverlauf und -umfang dennoch eindeutig festliegt. Dies kann aufgrund einer genauen Beschreibung des Wegeverlaufs der Fall sein (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2017 – 8 ZB 17.1189 – juris Rn. 20; U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – juris Rn. 45 ff.; B.v. 15.3.2017 a.a.O. Rn. 12). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Eintragungen nach Art. 67 Abs. 3 BayStrWG nur der Bestandserfassung dienten, der Verlauf bestehender Straßen oder Wege aber zugleich durch tatsächliche Umstände in der Natur fixiert war und aus diesem Grund für die Beschreibung bzw. Darstellung des Verlaufs der Straße bei Ersteintragung weniger strenge Anforderungen gelten als für (Neu-)Widmungen nach Art. 6 BayStrWG (vgl. BayVGH, B.v. 18.12.1998 – 8 ZE 98.3210 – juris Rn. 4).
35
Hiervon ausgehend ist trotz fehlender Benennung der Flurnummern der beiden auch heutzutage von der Wegefläche betroffenen privaten Grundstücke von deren Erfassung im Bestandsverzeichnis von 1962 auszugehen. Dass auch Teilflächen der Grundstücke FlNr. … und … den Weg, wie er im Bestandsverzeichnis eingetragen ist, bilden, ergibt sich insbesondere aus der dortigen Benennung seines Endpunktes („Einmündung in die O. … (BV Nr. 94) zwischen HsNr. … und …“). Die genannten Anwesen entsprechen ausweislich des von der Antragsgegnerin vorgelegten Verzeichnisses zu Straßenänderungen ab 1. März 1969 dem der Antragstellerin (J. … ..) und dem östlich davon gelegenen Nachbaranwesen (J. … ..). Der Weg von U. … nach K. … führte 1962 also – wie heute – von der damaligen O. … … (heute J. ….) aus östlich an dem auf dem Grundstück der Antragstellerin vorhandenen Gaststättengebäude vorbei und weiter über das Grundstück FlNr. … entlang dessen westlicher Grenze, an der im Norden das im Bestandsverzeichnis bezeichnete Wegegrundstück … beginnt. Das sich wiederum hieran anschließende Wegegrundstück FlNr. … endet in K. … am ebenfalls im Bestandsverzeichnis benannten Anfangspunkt (s. Widmungsakte, Bl. 50). Diese durchgehende Wegeführung ist im Übrigen auf im Bayernatlas auffindbaren, historischen Karten (Zeitraum 1951 bis 1965) mittels einer einen Fußweg darstellenden gestrichelten Linie dokumentiert.
36
Die nach der Eintragung im Bestandsverzeichnis von 1962 mit 450 m angegebene Wegelänge führt zu keiner anderen Beurteilung. Nach Messungen mit Hilfe der Instrumente des Bayernatlas beträgt die Gesamtlänge des Weges, tatsächlich eher über 500 m. Dementsprechend findet sich seit den Eintragungen im Bestandsverzeichnis vom 18. Mai 1981 die Angabe einer Teilstrecke von 505 m. Der ursprünglich angegebenen Wegelänge, die grundsätzlich nur einen Auslegungsgesichtspunkt unter mehreren möglichen darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 15), kommt vorliegend aber keine durchgreifende Bedeutung zu. Aufgrund der eindeutigen Benennung der Stelle mit der Einmündung in die O. … … als Endpunkt lässt sich trotz der Längendiskrepanz nicht am Verlauf des öffentlichen Weges über das Grundstück der Antragstellerin oder das andere betroffene private Grundstück zweifeln. Vielmehr ist auch mit Blick auf die Existenz des Weges in der Natur sowie der Größenordnung der Abweichung von einer unschädlichen messtechnischen Ungenauigkeit auszugehen (vgl. auch Häußler in Zeitler a.a.O., Art. 67, Rn. 41). Infolge der Endpunktbenennnung ist die notwendige Anstoßwirkung für die betroffenen privaten Grundstückseigentümer, ihre Betroffenheit durch die Wegefläche erkennen zu können, sichergestellt (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 49 m.w.N.).
37
bb) Darüber hinaus ist auch eine wirksame Erweiterung der Widmung des beschränkt öffentlichen Weges von K. … nach U. … für das südliche, auf den Grundstücken FlNr. … und … verlaufende Teilstück auf die Beschränkung für den Anliegerverkehr (und nicht mehr nur auf den Fußgängerverkehr) erfolgt. Diese Widmungsänderung ist wie die nach Vorstehendem nur der Klarstellung des bestehenden Widmungsumfangs dienende Berichtigung des Bestandsverzeichnisses nach § 5 Abs. 2 der Verzeichnis-Verordnung – VerzVO – hinsichtlich der ebenfalls betroffenen privaten Grundstücke (FlNr. …, ….) und der Weglänge (vgl. auch BayVGH, B.v. 21.12.2017 – 8 ZB 17.1188 – juris Rn. 26 f.) am 18. Mai 1981 in das Bestandsverzeichnis eingetragen worden.
38
Die förmliche Verfügung, ein Teilstück des beschränkt öffentlichen Weges hin zu Anliegerverkehr zu widmen, ist am 1. Dezember 1980 vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossen worden. Als Allgemeinverfügung war sie ortsüblich bekanntzumachen (vgl. Art. 6 Abs. 4 BayStrWG in der ab dem 2.7.1974 geltenden Fassung und Art. 41 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG; Häußler in Zeitler, BayStrWG, Art. 6 Rn. 47 ff.; Erdhofer in PdK Bayern, BayStrWG, Stand Juni 2020, Art. 6, Anm. 5.1). Dies ist unter Angabe ihres vollständigen Inhalts (vgl. Art. 41 Abs. 4 BayVwVfG und U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2022, § 41 Rn. 177) und unter Anfügung der Rechtsbehelfsbelehrungam 12. Januar 1981 durch Anschlag an der Amtstafel sowie am 24. Januar 1981 durch Veröffentlichung im Amtsblatt des Landkreises F. … erfolgt (vgl. Art. 27 Abs. 2 i.V.m. Art. 26 Abs. 2 GO). Einer zusätzlichen förmlichen Bekanntmachung gegenüber den hier betroffenen damaligen Grundeigentümern bedurfte es als Wirksamkeitsvoraussetzung daneben nicht. Dass Rechtsmittel gegen die Widmungsänderung eingelegt worden wären, was – bei fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung- spätestens innerhalb eines Jahres ab der Bekanntgabe hätte erfolgen müssen (vgl. § 58 Abs. 2 VwGO), ist nicht vorgetragen oder ersichtlich. Es ist daher auch hinsichtlich der Widmungsänderung zugunsten von Anliegerverkehr von deren Bestandskraft auszugehen.
39
Die Widmungsänderung ist mangels schwerwiegender und offensichtlicher Mängel (vgl. Art. 44 BayVwVfG) wirksam. Sie stellt keine unzulässige personenbezogene Nutzungsbeschränkung dar (vgl. Häußler in Zeitler, BayStrWG, Art. 6, Rn. 39 m.w.N.). Soweit mit ihr in Bezug auf die privaten Grundstücke FlNr. … und … zusätzliche Beeinträchtigungen der jeweiligen Eigentumspositionen verbunden waren und deshalb trotz der bestehenden Widmung die damalige Zustimmung der Eigentümer als erforderlich anzusehen sein sollte (vgl. Art. 6 Abs. 3 BayStrWG), resultiert hieraus ebenfalls nicht die Unwirksamkeit der Widmungsänderung. Es spricht zwar einiges dafür, dass im Fall des Fehlens jeden rechtlichen Ansatzes für eine privatrechtliche Verfügungsbefugnis von der Unwirksamkeit einer Widmung auszugehen ist (vgl. zum Meinungsstand Häußler in Zeitler, BayStrWG, Art. 6 Rn. 32 f., Art. 53 Rn. 15 m.w.N.) Für eine Widmungsänderung könnte entsprechendes gelten (vgl. VG München, U.v. 12.7.2007 – M 2 K 06.3796 – juris Rn. 23; Anders in BayVBL 1963, 173, 176; vgl. aber auch BayVGH, B.v. 8.8.2000 – 8 ZB 00.1744 – juris Rn. 9 zu unbeschränkter Widmung bei Zustimmung nur mit Einschränkung). Beides muss jedoch nicht weiter vertieft werden, weil hier jedenfalls von einer konkludenten Zustimmung der damaligen Eigentümer auszugehen ist.
40
Die Zustimmung des Eigentümers zur Widmung einer Straße auf seinem Grundstück ist eine empfangsbedürftige, grundsätzlich nach Zugang unwiderrufliche Willenserklärung, für die keine Form vorgeschrieben ist. Auch wenn sie dem öffentlichen Recht angehört, sind bei ihrer Auslegung die Grundsätze der §§ 133 ff. BGB anwendbar. Aus der Formfreiheit der Zustimmung folgt, dass sie sowohl schriftlich als auch mündlich als auch nonverbal, z.B. durch schlüssiges Verhalten gegeben werden kann. Auch Letzterem muss aber ein Art. 6 Abs. 3 BayStrWG entsprechender eindeutiger Erklärungsinhalt beizumessen sein, d.h. das Einverständnis des Grundstückseigentümers erkennen lassen, dass auf einer näher bestimmten Fläche mit seiner Billigung öffentlicher Verkehr stattfinden soll (vgl. BayVGH, U.v. 28.8.2002 – 8 B 97.2432 – juris Rn. 15 m.w.N. und unter Bezugnahme auf BayVerfGH, B.v. 5.7.1984 – Vf. 109-VI-83 – juris; VG Aachen, U.v. 5.10.2020 – 10 K 1874/15 – juris Rn. 67).
41
Nach diesen Maßstäben ist hier von einer zumindest konkludent erklärten Zustimmung der früheren Grundstückseigentümer auszugehen, weil sie mit Wissen und Wollen Straßenausbauarbeiten einschließlich der Asphaltierung der Wegefläche zum Zweck der Befahrbarkeit mit Kraftfahrzeugen, die nach Aktenlage bereits Anfang der 1970iger Jahre stattgefunden haben (vgl. Widmungsunterlagen, Bl. 22, 28, 31), von der Gemeinde auf ihren Grundstücken haben durchführen lassen (vgl. BayVGH, U.v. 28.8.2002, a.a.O. Rn. 18). Auch soweit sich den Widmungsunterlagen zum „G. …“ entnehmen lässt, dass im Jahr 1972 zwischen der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin im Eigentum und der Antragsgegnerin Korrespondenz über den Ankauf einer Grundstücksteilfläche stattfand, ist nicht ersichtlich, dass trotz des Nichtzustandekommens eines Kaufvertrags bzw. einer entsprechenden Grundstücksübertragung von der damaligen Eigentümerin Einwendungen oder Abwehrmaßnahmen gegen den Ausbau zum Zweck der Benutzung für den Anliegerverkehr mit Kraftfahrzeugen erhoben bzw. ergriffen worden wären. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall, weil die Verhandlungen auf ein fehlendes eigenes Nutzungsinteresse der damaligen Eigentümerin hinsichtlich der betroffenen Grundstücksfläche und auf deren Einverständnis mit dem Anliegerverkehr schließen lassen. Die einmal erteilte Zustimmung blieb sodann wirksam, auch wenn die Widmungsänderung erst 1981 erfolgte; selbst ein zwischenzeitlicher Eigentumswechsel wäre unschädlich (vgl. VG Augsburg, U.v. 5.9.2012 – Au 6 K 12.619 – juris Rn. 24 m.w.N.).
42
cc) Darüber hinaus läge auch kein zur Unwirksamkeit der Festsetzung der Straßenverkehrsfläche führender Abwägungsmangel vor, wenn die straßenrechtliche Widmung als unwirksam anzusehen wäre, weil jedenfalls nicht ersichtlich ist, dass dieser auf das Ergebnis des Verfahrens oder der Abwägung von Einfluss gewesen sein könnte (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB bzw. § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB). Es ist nicht ersichtlich, dass die Planung ohne ihn hätte anders ausfallen können (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 15 N 14.2033 – juris Rn. 42; vgl. auch BVerwG, U.v. 22.3.2007 – 4 CN 2.06 – juris Rn. 23). Das gilt erst Recht im Fall einer Unwirksamkeit nur der Widmungsänderung aus dem Jahr 1981.
43
Die Antragsgegnerin hat sich ausgiebig mit der Frage bestehender Erschließungsalternativen auseinandergesetzt (vgl. Planaufstellungsakte, Bl. 340, 358 ff.). Ihre Prüfung ergab nachvollziehbar keine naheliegenden bzw. vernünftigen Möglichkeiten anderweitiger Erschließung. Soweit sie über den Talgrund oder über das nördliche „G. …“ führen müssten, würden sie Straßenausbaumaßnahmen im Außenbereich bedingen, die mit weitreichenden Natureingriffen verbunden wären sowie voraussichtlich auch Hochwasserschutzprobleme im Hinblick auf den vorhandenen Bach sowie das Erfordernis von Brückenbauten mit sich brächten. Innerörtliche Alternativen, z.B. die Erschließung des Grundstücks FlNr. … entlang der westlichen Bebauung oder eine Verbindung mittels einer Zufahrt zwischen den Grundstücken FlNr. … und … würden ebenso immer die Inanspruchnahme privater Grundstücke erfordern und zudem jeweils nicht die Erschließungsbedürfnisse sämtlicher Anlieger des „G. …“ hinsichtlich einer verkehrsvermittelnden Verbindung mit dem öffentlichen Wegenetz erfüllen (vgl. BayVGH, B.v. 12.6.2003 – 8 ZB 03.599 – juris Rn. 2; OVG Saarl, U.v. 1996 – 9 R 6/95 – juris). Auch die von der Antragstellerin vorgeschlagene andere Wegeführung über ihr Grundstück und das Grundstück FlNr. … (vgl. S. 5 der Antragsbegründung vom 11.2.2019) würde ihr Grundstück zwar entlasten, dafür aber das Grundstück FlNr. … durchschneiden. Der Gebäudebestand auf diesem Grundstück stünde zudem ersichtlich der Realisierung der notwendigen Kurvenradien entgegen (vgl. Planaufstellungsakte, Bl. 141 f.). Die mit dem Bebauungsplan festgesetzte Straßenverkehrsfläche entspricht dagegen einer seit Jahren etablierten und praktikablen Verkehrsführung, die die Erschließung aller Anlieger auf kurzem Wege gewährleistet und für das Befahren mit beispielsweise LKW für die Müllabfuhr sogar noch ertüchtigt werden kann (vgl. Aufstellungsakte, Bl. 140). Im Bereich der bestehenden Wegefläche, die mindestens seit Jahrzehnten keiner privaten Nutzung mehr zur Verfügung stand, befinden sich zudem Versorgungsleitungen.
44
b) Die Abwägung der Antragsgegnerin ist nicht deshalb fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin nicht von einer bestandsgeschützten Gaststättennutzung auf dem Grundstück der Antragstellerin ausgegangen ist.
45
Ob der aus der nach Aktenlage 1934 erteilten Baugenehmigung für eine Gaststätte auf dem Grundstück der Antragstellerin resultierende Bestandsschutz zwischenzeitlich erloschen ist, nachdem wohl seit einer entsprechenden Gewerbeabmeldung im Jahr 2006 keine Gaststätte mehr, sondern nur noch andere Gewerbe auf dem Grundstück betrieben wurden, kann dahingestellt bleiben (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.2022 – 15 ZB 22.1489 – juris Rn. 15, 62 m.w.N. zu den Voraussetzungen des Verlustes von Bestandschutz). Wie unter I. 1 a) bereits ausgeführt, hat die Antragsgegnerin die mögliche Wiederansiedlung einer der Versorgung des Gebietes dienenden Schank- und Speisewirtschaft berücksichtigt. Sie ist dabei davon ausgegangen, dass trotz der Festsetzung der Straßenverkehrsfläche Teile der Grundstücksfläche (ca. 30%) nicht überbaut wären, sodass ein Teil der erforderlichen Stellplätze auf dem Grundstück verwirklicht werden könne (s. Aufstellungsakte, Bl. 338 ff., 342 ff.). Dies ist ebenso wenig zu beanstanden wie ihre Annahme, dass die Wegefläche auch der bisherigen Gaststättennutzung nicht zur Verfügung gestanden hat und ohnehin einer straßenrechtlichen Widmung unterliegt. Ginge man von fortgesetztem Bestandsschutz aus, dürfte sich dies im Übrigen auf die zu erbringende Anzahl von Stellplätzen deutlich reduzierend auswirken.
46
Darüber hinaus würde ein entsprechender Verfahrens- oder Abwägungsvorgangsfehler wiederum nicht zur Unwirksamkeit der Straßenverkehrsfestsetzung bzw. des Bebauungsplans führen. Es gilt das unter I. 2.a) cc) Gesagte. Mit Blick auf das Fehlen von realistischen Alternativen und die bestehende Wegeführung, die auch bisher keine Nutzung für Gaststättenzwecke zugelassen hat, die eingeschränkt werden müsste, besteht kein Anhalt dafür, dass die Antragsgegnerin zu einem anderen Verfahrens- oder Abwägungsergebnis kommen könnte (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB bzw. § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB).
47
c) Die Festsetzung der Oberkante Gebäude von 13 m über dem natürlichen Gelände im Teilgebiet WA 1, durch die die Errichtung eines Kirchturms der ansässigen Kirchengemeinde ermöglicht werden soll, lässt keinen Abwägungsfehler erkennen.
48
Auf den schon im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgebrachten Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe es unterlassen, „ggf. weitere schutzwürdige Belange der Nachbarschaft“ aufzuklären, hat diese darauf hingewiesen, dass ein eventuell entstehender Kirchturm keine Glocke haben werde und Abstandsflächen einzuhalten sind. Nachbarliche Belange, die gemäß § 2 Abs. 3 BauGB zu ermitteln und zu bewerten sowie gemäß § 1 Abs. 7 BauGB abzuwägen wären, hier von der Antragsgegnerin aber nicht berücksichtigt wurden, sind nicht ersichtlich.
49
d) Der Bebauungsplan ist nicht aus Gründen des Verkehrslärmschutzes abwägungsfehlerhaft.
50
Lärmschutzbelange sind grundsätzlich dann in die Abwägung einzubeziehen, wenn die Lärmbelastung infolge des Bebauungsplans ansteigt. Auch eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms gehört daher grundsätzlich zu den abwägungsrelevanten Belangen bei der Aufstellung eines Bebauungsplans (vgl. BVerwG, B.v. 6.3.2013 – 4 BN 39.12 – BayVBl 2013, 545 = juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – juris Rn. 24 m.w.N.). Dies hängt nicht davon ab, ob das lärmbetroffene Grundstück innerhalb oder außerhalb des überplanten Gebiets liegt und gilt ebenso für bereits vorhandene Bebauung an einer festgesetzten Straße (vgl. BVerwG, B.v. 30.11.2006 – 4 BN 14.06 – juris Rn. 4 f.; B.v. 8.6.2004 – 4 BN 19.04 – juris Rn. 6). Nur wenn der Lärmzuwachs völlig geringfügig ist oder sich nur unwesentlich auf ein Grundstück auswirkt, muss er nicht in die Abwägung eingestellt werden, wobei die Schwelle der Abwägungsrelevanz bei Verkehrslärmerhöhungen sich nicht allein durch einen Vergleich von Lärmmesswerten bestimmen lässt und auch ein errechneter Dauerschallpegel, der für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbar ist, zum Abwägungsmaterial gehören kann. Ob die Bagatellgrenze überschritten ist, ist stets anhand einer einzelfallbezogenen, wertenden Betrachtung der konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der Vorbelastung sowie der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebiets zu beurteilen (BVerwG, B.v. 24.5.2007 – 4 BN 16.07 – juris Rn. 5; BayVGH, U.v. 9.3.2020 – 15 N 19.210 – juris Rn. 18 m.w.N.; U.v. 12.8.2019 – 9 N 17.1046 -juris Rn. 47 m.w.N.).
51
Eine planende Gemeinde treffen daher in der Regel im Vorfeld der Abwägung Ermittlungspflichten gemäß § 2 Abs. 3 BauGB hinsichtlich der immissionsschutzrechtlichen Auswirkungen ihrer Planung. Um diesen gerecht zu werden, muss aber nicht immer eine sachverständige Einschätzung eingeholt werden, sondern kann auch eine grobe Abschätzung genügen, wenn schon diese erkennen lässt, dass wegen des ersichtlich geringen Ausmaßes zusätzlicher planbedingter Verkehrsbewegungen beachtliche nachteilige Lärmbeeinträchtigungen offensichtlich ausscheiden. Der Satzungsgeber muss sich allerdings als Grundlage seiner Abwägungsentscheidung in einer Weise mit den zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen vertraut machen, die es ihm ermöglicht, hieraus entstehende Konflikte umfassend in ihrer Tragweite zu erkennen (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – juris Rn. 25 m.w.N.; U.v. 27.4.2016 – 9 N 13.1408 – juris Rn. 23 ff.). Setzt ein Bebauungsplan eine Straßenverkehrsfläche neben einem Wohngrundstück fest, kann nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 BauGB nur dann auf die Ermittlung konkret zu erwartender Immissionswerte verzichtet werden, wenn schon nach der Zahl der täglich zu erwartenden Kfz-Bewegungen im Hinblick auf die konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls keine Belästigungen zu besorgen sind, die die Geringfügigkeits- / Bagatellgrenze überschreiten. Auch diese Bewertung hat in der Regel auf einer sachverständigen Grobabschätzung zu erfolgen, soweit es nicht z.B. um Fallgestaltungen geht, bei denen über einen kleinräumigen Bebauungsplan nur die Möglichkeit des Zuwachses einzelner Häuser in der Nachbarschaft ermöglicht wird (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 a.a.O. m.w.N.).
52
Gemessen hieran hat die Antragsgegnerin in Bezug auf eine zu erwartende planbedingte Verkehrslärmzunahme nicht gegen § 2 Abs. 3 BauGB bzw. in der Folge § 1 Abs. 7 BauGB verstoßen. Sie hat den zu erwartenden Kfz-Verkehr entgegen der pauschalen Behauptung der Antragstellerin nicht außer Acht gelassen. Vielmehr ist sie deshalb, weil es sich weiterhin um eine Sackgasse handelt, nur Anliegerverkehr stattfinden soll und auch hinsichtlich eines beabsichtigten Ersatzneubaus der ansässigen Kirchengemeinde allenfalls von einer moderaten Erweiterung auszugehen sei, von einer geringfügigen und somit vernachlässigbaren planbedingten Verkehrszunahme ausgegangen (vgl. Aufstellungsakte, Bl. 302R, 347R, 350, 356 f.). Diese Einschätzung ist im Hinblick auf die Festsetzung eines sehr kleinräumigen allgemeinen Wohngebiets, das bereits vollständig bebaut ist und für welches im nördlichen Bereich zudem Begrenzungen hinsichtlich der höchstzulässigen Zahl der Wohnungen vorgenommen wurden (eine Wohnung je 500 m², s. textliche Festsetzung unter § 4 des Bebauungsplans und Begründung, S. 10 f.) nicht zu beanstanden. Auch mit Blick auf einen möglichen Neu- bzw. Erweiterungsbau der im Plangebiet bereits ansässigen Kirchengemeinde gilt nichts Anderes. Auf dem Grundstück FlNr. … befindet sich bereits eine Kapelle mit etwa 60 Sitzplätzen und entsprechende Infrastruktur. Sowohl der zu einer gewünschten Bebauung vorgelegte „Grundriss Bebauungsvorschlag“ (Aufstellungsakte, Bl. 181), der eine Kapelle und ein Wohnhaus sowie drei Garagen und 14 Stellplätze als Planung zeigt, als auch die „Projektstudie Gemeindezentrum O. …: Errichtung einer Kapelle mit Wohnanlage“ (Aufstellungsakte, Bl. 183), wonach der Hauptraum der Kapelle lediglich eine Fläche von ca. 120 m² haben soll und für „Parken Kapelle“ zehn Stellplätze vorgesehen sind, lassen nicht auf eine erhebliche Zahl von zusätzlichen Fahrzeugbewegungen schließen. Dass hinsichtlich planbedingten Verkehrslärms Belästigungen zu besorgen sind, die die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, hat auch die Antragstellerin selbst nicht (substantiiert) vorgetragen.
53
e) Aus der Behandlung des Immissionsschutzbelangs resultiert auch ansonsten kein Abwägungsmangel. Die Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Hinblick auf Gewerbegeräuschimmissionen die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für ein allgemeines Wohngebiet im Bebauungsplangebiet eingehalten werden können.
54
Der von ihr im Aufstellungsverfahren eingeholten „Schalltechnischen Untersuchung der Gewerbegeräusche“ vom 15. Januar 2018 zu folge, auf die in der Begründung zum Bebauungsplan ausdrücklich Bezug genommen wird (s. Aufstellungsakte, Bl. 393), wurden Lärmemissionen sowohl der beiden östlich des Plangebiets benachbarten Gewerbebetriebe (Haustechnik und Orgelbau) als auch einer fiktiven, wieder in Betrieb genommenen Gaststätte auf dem Grundstück der Antragstellerin berücksichtigt. Die Untersuchung kam in Bezug auf den Gaststättenlärm zu dem Ergebnis, dass die Richtwerte der TA Lärm für ein allgemeines Wohngebiet (9 dB(A) am Tag, 11 dB(A)) in der Nacht) nur an der Gaststätte selbst durch den (simulierten) Betrieb des ehemaligen, östlich des Gaststättengebäudes angeordneten Wirtschaftsgartens, also in unschädlicher Weise nur beim Emittenten, überschritten würden. Ansonsten sei der Betrieb einer Gaststätte im geplanten allgemeinen Wohngebiet – unter Einhaltung der betreffenden Richtwerte – möglich, soweit diese in Bezug auf die Bestandsbebauung im Osten und Süden, also angrenzende Bebauung außerhalb des Plangebiets, die Immissionsrichtwerte der LA Lärm bezogen auf die dort vorhandene Misch-/Dorfgebietsstruktur einhalte (s. schalltechnische Untersuchung, insbesondere S. 3, 15 f. u. 18). Hinsichtlich der vorhandenen Gewerbebetriebe (Haustechnik und Orgelbau) und einer Überschreitung des Tag-Immissionsrichtwerts der TA Lärm für ein allgemeines Wohngebiet um 2 dB(A) an der Gaststätte bzw. dem Anwesen der Antragstellerin, die auf das maximal an sechs Tagen im Jahr stattfindende Ausblasen von Orgelpfeifen zurückzuführen ist, hat der Gutachter diese gemäß Nr. 7.2 i.V.m. 6.3 der TA Lärm bewertet. Der Immissionsrichtwert hierfür (tags 70 dB(A), nachts 55 dB(A)) wird nicht überschritten. All dies erweist sich nicht als widersprüchlich oder fehlerhaft und wurde von der Antragsgegnerin zutreffend berücksichtigt. Mag die Darstellung zum gewerblichen Immissionsschutz in der Planbegründung auch etwas verkürzt und deshalb ggf. in Teilen missverständlich sein, ergibt sich jedenfalls aus dem Abwägungsmaterial, insbesondere aus dem zusammenfassenden Abwägungsbeschluss vom 28. Januar 2019 (s. Aufstellungsakte, Bl. 357, 359), dass die Antragsgegnerin die betreffenden Belange umfassend und zutreffend erfasst sowie dementsprechend sachgerecht abgewogen hat.
55
f) Die Antragsgegnerin hat den Charakter der näheren Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB nicht unberücksichtigt gelassen.
56
Es genügt insoweit eine überschlägige Ermittlung (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2014 – 1 N 13.586 – juris Rn. 31 m.w.N.). Der Planung liegt eine zutreffende Bestandserfassung des Plangebiets zugrunde (vgl. dazu II. 1. a). Die im Osten, Süden und Westen angrenzenden Bereiche hat die Antragsgegnerin als Wohn- und Mischgebiete angesehen. Außerdem ist sie von unbeplantem Innenbereich ausgegangen (s. Planbegründung, S. 393). Konkretisiert wird dies noch dadurch, dass sich die Antragstellerin die Einschätzung aus der Schalluntersuchung zu eigen macht, wonach im Osten und Westen von Mischgebietsstrukturen auszugehen ist. Die bloße Behauptung der Antragstellerin, es handele sich um ein Dorfgebiet bietet darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Einschätzung falsch liegen könnte und hieraus Abwägungsmängel resultieren.
57
g) Schließlich gibt es auch keine alternative Straßenführung, die das Erschließungsproblem besser lösen würde als die festgesetzte Variante.
58
Die Alternativenprüfung der Antragsgegnerin wäre nur dann abwägungsfehlerhaft, wenn sie eine andere Straßenführung außer Acht gelassen oder gar verworfen hätte, obwohl diese unter dem Gesichtspunkt der einschlägigen öffentlichen und privaten Belange eindeutig besser geeignet wäre und sich folglich geradezu aufdrängt (vgl. BayVGH, U.v. 24.5.2012 – 2 N 12.448 – juris Rn. 48, 52 m.w.N.; OVG LSA, U.v. 15.4.2021 – 2 K 69/19 – juris Rn. 59 m.w.N.; OVG RhPf, U.v. 13.2.2019 – 8 C 11387/18 – juris Rn. 59). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Insbesondere ist nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin die von der Antragstellerin zuletzt vorgeschlagene Alternative, die wegen zu geringer Kurvenradien nicht durchführbar scheint und zudem das ebenfalls private Grundstück (FlNr. ….) erheblich massiver in Anspruch nehmen würde, nicht ernsthaft erwogen hat. Auf die Ausführungen unter II. 2. a) cc) wird verwiesen.
59
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.
60
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).