Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 31.05.2023 – AN 3 S 22.01934
Titel:

Erfolgloser Eilantrag gegen eine Nutzungs- und Beseitigungsanordnung eines illegalen Lagerplatzes im Außenbereich und im Landschaftsschutzgebiet

Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 1, § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1, Abs. 5 S. 1, § 88, § 113 Abs. 1 S. 1, § 114 S. 1, § 122 Abs. 1
BayBO Art. 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2, Art. 55, Art. 57 Abs. 4, Art. 76 S. 1, S. 2
BauGB § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Nr. 5, Nr. 7
BayVwZVG Art. 21a, Art. 31 Abs. 2, Art. 36 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Bei der Auslegung von Prozessanträgen sind neben dem Antrag insbesondere die Antragsbegründung sowie das gesamte übrige Vorbringen des Antragstellers zu berücksichtigen, ferner seine Interessenlage, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen für das Gericht und die übrigen Beteiligten als Empfänger der Prozesserklärung erkennbaren Umständen ergibt. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor, muss im Regelfall nicht näher begründet werden, weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen). (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein (passiver) Bestandsschutz kommt für eine nicht von einer bestandskräftigen Baugenehmigung gedeckten Nutzung allenfalls dann in Betracht, wenn die Nutzung seit ihrem Bestehen in irgendeinem – namhaften – Zeitraum dem maßgebenden materiellen Recht entsprochen hat und im früheren Zeitraum ihres Bestands eine förmliche Genehmigung nicht erforderlich war, die Anlage maW vormals verfahrensfrei errichtet werden durfte; allein eine lange – nicht genehmigte, aber genehmigungspflichtige – Nutzung begründet keinen Bestandsschutz (wie Decker BayVBl. 2011, 517 (520 f. mwN und 524). (Rn. 64) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Baurecht, Nutzungsuntersagung, Beseitigungsanordnung, Lagerplatz, Außenbereich, Landschaftsschutzgebiet, Sofortvollzug, formelle Illegalität, offensichtliche Genehmigungsfähigkeit, intendiertes Ermessen, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, Splittersiedlung, Bestandsschutz, Vertrauenstatbestand, besonderes öffentliches Vollzugsinteresse, Zwangsgeldandrohung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 13434

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine durch den Antragsgegner erlassene Nutzungsuntersagung sowie Beseitigungsanordnung hinsichtlich eines Lagerplatzes im Außenbereich.
2
Der Antragsteller, der in … ein Baugeschäft betreibt, ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung … Das Grundstück liegt zwischen dem Ort … und … im Landschaftsschutzgebiet „Schutzzonen im Naturpark …“. Im Flächennutzungsplan ist das Grundstück des Antragstellers als Fläche für sonstige Landwirtschaft ausgewiesen. Die letzte Wohnbebauung (…, …, FlNr. … der Gemarkung …) ist ca. einen Kilometer in westlicher Richtung entfernt.
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Mit Schreiben des Antragsgegners vom 8. Januar 2020 an den Antragsteller wurde diesem mitgeteilt, dass der Antragsgegner Kenntnis davon erlangt habe, dass das Grundstück des Antragstellers teilweise als Lagerplatz genutzt werde, obwohl diesbezüglich keine Baugenehmigung vorliege. Der Antragsteller wurde zudem aufgefordert, die Nutzung des Grundstücks als Lagerplatz zu unterlassen und das abgelagerte Material unverzüglich zu beseitigen sowie den natürlichen Oberboden wiederherzustellen. Dem Antragsteller wurde hierzu auch der Erlass einer entsprechenden kostenpflichtigen Anordnung angedroht, sollte dieser das Grundstück nicht bis zum 30. Juni 2020 geräumt und den Oberboden wiederhergestellt haben. Gleichzeitig wurde dem Antragsteller auch die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt.
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Mit Antrag vom 21. Januar 2020 begehrte der Antragsteller die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben „Erdaushubzwischenlager/ Brennholzlager“ auf dem Grundstück des Antragstellers. Das Lager sollte ausweislich der Bauvorlagen im nordöstlichen Bereich des Grundstücks angrenzend an die Kreisstraße im Norden und den Feldweg im Osten auf einer Grundfläche von 1058 qm und mit einem Umfang von 150 m entstehen. Die Errichtung von baulichen Anlagen war nicht vorgesehen.
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Die Standortgemeinde erteilte mit Beschluss vom 12. Februar 2020 das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben.
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Mit Schreiben des Antragsgegners vom 21. April 2020 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass die Ablehnung des Bauantrags beabsichtigt sei und dem Antragsteller die Gelegenheit gewährt werde, den Bauantrag zurückzunehmen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Vorhaben des Antragstellers im Außenbereich nicht privilegiert und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen sei. Das Vorhaben könne hierbei nicht genehmigt werden, da öffentliche Belange beeinträchtigt würden. So widerspreche das Vorhaben den Festsetzungen des Flächennutzungsplans, welcher eine sonstige landwirtschaftliche Fläche vorsehe. Außerdem stünden Belange der Natur- und Landschaftspflege entgegen. Schließlich sei durch das Vorhaben auch die Entstehung bzw. Verfestigung einer Splittersiedlung zu befürchten.
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Hierauf erwiderte der Antragsteller mit Schreiben vom 17. November 2020, dass die angekündigte Ablehnung nicht nachvollzogen werden könne. So sei fraglich, was es für einen Unterschied darstellen solle, ob die Erde auf dem Grundstück auf einem Haufen gelagert oder verteilt werde. Es handele sich außerdem um reinen Mutterboden. Zudem sei in Sichtweite des Grundstücks des Antragstellers ein Holzlagerplatz vorhanden, welcher wohl ebenfalls den Festsetzungen des Flächennutzungsplans widersprechen dürfte. Unverständlich sei ferner, inwiefern Belange der Natur- und Landschaftspflege entgegenstehen sollen, zumal sich die übrige Fläche des Grundstücks für die nächsten fünf Jahre in einem Bienenprogramm befinde. Auch befänden sich in unmittelbarer Nähe bzw. Sichtweite zum Grundstück des Antragstellers eine Halle, ein Haus und ein Holzlagerplatz, sodass eine Splittersiedlung bereits jetzt vorhanden sei.
8
Der Antragsteller fügte seinem Schreiben Lichtbilder seines Grundstücks und der näheren Umgebung bei.
9
Mit Schreiben vom 4. Mai 2021 nahm der Antragsgegner hierzu Stellung und teilte dem Antragsteller mit, dass an der beabsichtigten Ablehnung des Bauantrags festgehalten werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sehr wohl einen Unterschied mache, ob es sich um einen gewerblichen Lagerplatz oder um eine landwirtschaftliche Fläche handele. Außerdem liege das Grundstück innerhalb des Landschaftsschutzgebietes „Schutzzonen im Naturpark …“, weshalb die Natur und Landschaft in diesem Bereich aufgrund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen zu schützen sei. Zuletzt befänden sich in unmittelbarer Nähe des Grundstücks des Antragstellers keine baurechtlich genehmigten Anlagen. Das nächste baurechtlich genehmigte Gebäude befinde sich in ca. 800 m östlicher Richtung auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … Dort sei dem Antragsteller eine Lagerhalle sowie ein Lagerplatz genehmigt worden.
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Mit Schreiben vom 14. Mai 2021 nahm der Antragsteller den Bauantrag zurück und kündigte die Beseitigung des Lagerplatzes für Brennholz sowie die Reduzierung der Aufschüttung auf die verfahrensfreie Größe nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO für den Herbst des Jahres 2021 an Mit Schreiben des Antragsgegners vom 8. Juni 2021 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass das Baugenehmigungsverfahren aufgrund der Rücknahme des Antrags eingestellt werde.
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Mit Mail vom 29. Juli 2022 wurden dem Antragsgegner durch die Standortgemeinde aktuelle Lichtbilder hinsichtlich des Zustands des Grundstücks des Antragstellers übermittelt.
12
Mit Bescheid vom 2. August 2022 – dem Antragsteller am 4. August 2022 zugestellt – erließ der Antragsgegner folgende Anordnung:
1. Dem Antragsteller wird die Nutzung des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, als Lagerplatz untersagt.
2. Die Nutzung des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, als Lagerplatz ist spätestens einen Monat nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheids aufzugeben.
3. Der Antragsteller wird als Eigentümer des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, verpflichtet, das abgelagerte Oberbodenmaterial – bis zum Ablauf von 3 Monaten nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheids – rückstandslos und vollständig zu beseitigen.
4. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 bis 3 dieses Bescheids wird angeordnet.
5. Falls der Antragsteller die in den Nrn. 1 und 2 festgelegten Pflichten nicht erfüllt, werden Zwangsgelder zur Zahlung fällig, und zwar
a. ein Zwangsgeld von 1.000,00 EUR bei Weiternutzung des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, als Lagerplatz und b. ein Zwangsgeld von 2.000,00 EUR bei Nichtbeseitigung des Oberbodenmaterials auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …
6. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller als Veranlasser zu tragen.
7. Für die Anordnung wird eine Gebühr in Höhe von 250,00 EUR und Auslagen in Höhe von 4,11 EUR festgesetzt.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Nutzungsuntersagung auf Art. 76 Satz 2 BayBO beruhe. Die Nutzungsänderung des Grundstücks des Antragstellers zu einem Lagerplatz unterliege der Genehmigungspflicht. Eine Verfahrensfreiheit aufgrund von Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 BayBO scheide wegen der gewerblichen Nutzung aus. Eine Baugenehmigung hinsichtlich eines Lagerplatzes liege für das Grundstück des Antragstellers nicht vor, weshalb die Nutzung formell rechtswidrig erfolge. Das im Außenbereich gelegene Vorhaben beeinträchtige außerdem verschiedene öffentliche Belange. So widerspreche es den Darstellungen des Flächennutzungsplans, da dieser eine sonstige landwirtschaftliche Fläche festsetze. Auch stünden dem Vorhaben Belange der Natur- und Landschaftspflege entgegen, da das Vorhaben das durch Naturschutz- oder Landschaftsschutzbestimmungen geschützte Gebiet beeinträchtige. Schließlich sei durch das Vorhaben auch die Entstehung bzw. Verfestigung einer Splittersiedlung zu befürchten, da das Grundstück des Antragstellers deutlich von der nächstgelegenen Bebauung abgesetzt sei.
14
Die Anordnung der Beseitigung fuße auf Art. 76 Satz 1 BayBO, dessen tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegend erfüllt seien. Das Vorhaben sei ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden und könne auch nachträglich nicht genehmigt werden. Ein hierzu eingereichter Bauantrag des Antragstellers für ein Erdaushubzwischenlager/ Brennholzlager sei bereits abgelehnt worden. Wie bereits hinsichtlich der Nutzungsuntersagung angeführt, beeinträchtige das Vorhaben auch öffentlich-rechtliche Belange.
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Die Anordnungen seien jeweils unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. So seien die Anordnungen sowohl geeignet als auch erforderlich, um rechtmäßige Zustände herzustellen. Es sei dabei auch berücksichtigt worden, dass eine nachträgliche Genehmigung nicht möglich sei. Dies sei bereits vorab geprüft worden und wegen der Beeinträchtigung verschiedener öffentlich-rechtlicher Belange abgelehnt worden. Die Anordnung sei auch verhältnismäßig, da das Interesse des Antragstellers hinter dem Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der Baugesetze und der Herstellung rechtmäßiger Zustände zurückstehen müsse. Der Antragsteller sei als Eigentümer des betroffenen Grundstücks als Zustandsstörer auch der richtige Adressat der Anordnungen.
16
Die sofortige Vollziehung sei anzuordnen gewesen, da Bauen ohne Beachtung der formellen Voraussetzungen, insbesondere ohne Baugenehmigung, eine Störung der öffentlichen Ordnung darstelle, die von den Behörden zu unterbinden sei. Die Verhinderung unzulässiger Bauarbeiten und ihrer Fortsetzung liege dabei stets im besonderen öffentlichen Interesse. Der ungenehmigte Lagerplatz liege in einer besonders schützenswerten Landschaft und wirke deshalb besonders störend. Das Vorbild des Antragstellers würde zur Nachahmung anspornen und damit die Effektivität der Verwaltungstätigkeit ernstlich gefährden. Es bestehe in der Regel ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO daran, dass unzulässige bauliche Anlagen in der freien Landschaft wegen der Gefahr von Bezugsnahmen ehestmöglich beseitigt würden.
17
Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes sei nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers bemessen worden. Die zur Beseitigung gesetzte Frist sei im Hinblick auf die Größe und Beschaffenheit der Haufwerke sowie die Jahreszeit angemessen.
18
Dem Bescheid war eine Kostenverfügung vom 2. August 2022 beigefügt, in welcher der Antragsteller zur Zahlung von 254,11 EUR aufgefordert wurde. Die Vollziehung des geschuldeten Betrags wurde am 12. September 2022 bis 11. September 2023 ausgesetzt.
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Am 18. Januar 2023 – dem Antragsteller am 25. Januar 2023 zugestellt – erließ der Antragsgegner folgenden „Änderungsbescheid“:
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Die Anordnung des Antragsgegners vom 2. August 2022 wird wie folgt geändert:
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Die Ziffern 1 bis 5 der Anordnung werden durch folgende Regelungen ersetzt:
1. Das Verbringen weiterer Materialien zur Lagerung auf das Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, wird ab sofort untersagt.
2. Der Antragsteller wird als Eigentümer des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, verpflichtet, die Haufwerke auf dem Grundstück bis zum 30. Juni 2023 rückstandslos und vollständig zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand des Grundstücks wiederherzustellen.
3. a) Für den Fall, dass entgegen des in Nr. 1 angeordneten Verbringungsverbotes weitere Materialien auf das o.a. Grundstück verbracht werden, wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000,00 EUR angedroht.
b) Für den Fall, dass die Beseitigung und Wiederherstellung nach Nr. 2 der Anordnung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfolgt, wird ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000,00 EUR angedroht.
4. Für die Ziffern 1 bis 2 wird die sofortige Vollziehung angeordnet.
Die Nr. 6 und 7 der Anordnung vom 2. August 2022 erhalten die Ziffer 5 und 6.
Die Änderung der Anordnung vom 2. August 2022 ergeht kostenfrei von Amts wegen.
22
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anordnung vom 2. August 2022 einer Anpassung bedurft habe, um einen möglichen Widerspruch hinsichtlich Ziffer 4 und Ziffer 2 und 3 des Bescheides auszuräumen. Dazu seien – neben sonstigen redaktionellen Änderungen – nach dem Kalender klar bestimmte Fristen für die auferlegten Pflichten festgelegt worden. Das sofortige Verbringungsverbot sei dabei geeignet, angemessen und verhältnismäßig. Möglichkeiten zur Beprobung und ggf. zur Zwischenlagerung vor Entsorgung von Erdaushub bestünden regelmäßig auf der Baustelle bzw. dem Ort des Anfalls. Erforderlichenfalls könne der Erdaushub auf eine für diesen Zweck genehmigte Fläche verbracht werden. Die Frist für die Beseitigung der Haufwerke auf dem Lagerplatz einschließlich der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands sei ebenso geeignet, angemessen und verhältnismäßig. Bis zum 30. Juni 2023 sei es organisatorisch und witterungsbedingt zumutbar, geeignete Verwertungs- oder Beseitigungswege zu finden und die Räumung des Grundstücks ordnungsgemäß durchzuführen.
23
Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit wurde wie schon im ursprünglichen Bescheid mit der Lage des Grundstücks im Landschaftsschutzgebiet und der besonderen Störwirkung des Vorhabens begründet. Im Übrigen wurde auf die Begründung des Bescheids vom 2. August 2022 Bezug genommen.
24
Der Antragsteller hat zunächst am 1. September 2022 Klage gegen den Bescheid vom 2. August 2022 erhoben und „gegen den Kostenbescheid“ einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz „gegen die sofortige Vollstreckbarkeit“ gestellt. Am 21. Februar 2023 hat der Antragsteller dann „Widerspruch“ gegen den Bescheid vom 18. Januar 2023 eingelegt.
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Zur Begründung führt der Antragsteller aus, dass der gesammelte Erdaushub schrittweise nach dem Jahr 1990 entstanden sei. Bis zum Schreiben des Antragsgegners vom 8. Januar 2020 habe sich hieran niemand gestört oder sei beeinträchtigt gewesen. Der auf dem Grundstück vorhandene, reine Mutterboden werde auf dem Grundstück des Antragstellers außerdem zu privaten Zwecken gelagert und habe nichts mit dem Bauunternehmen zu tun. Es sei angedacht gewesen, den Mutterboden zur Bonitätsverbesserung der Ackerflächen zu verwenden oder Flächen bei der Neupflanzung der Weinberge des Antragstellers auszugleichen bzw. aufzufüllen. Der Antragsteller habe sich zudem an die Vereinbarung mit dem Antragsgegner gehalten und keine Veränderung an dem Erdaushub vorgenommen. Ende Juli 2022 sei auf dem Weg neben dem Erdaushub Boden angesammelt worden. Dieser sei zum Wegebau bis zur Weinbergshütte … benötigt worden. Das Bauunternehmen des Antragstellers sei damit beauftragt, die Weinbergshütte zu sanieren. Dies gehe aber nur, wenn ein entsprechender Weg vorhanden sei. Mit dem vorhandenen Erdaushub habe diese jedoch absolut nichts zu tun, da in den letzten zehn Jahren keine Veränderungen am Erdaushub vorgenommen worden seien. Dies liege daran, dass die umliegenden Ackerflächen Teil eines laufenden Bienenprogramms seien und bis zum 31. Dezember 2024 nicht verändert werden dürften. Zum anderen diene die Anhäufung für die Tierwelt als Rückzugsort. Seit Jahren habe sich beispielsweise ein Dachs in dem Erdaushub angesiedelt. Es sei daher widersprüchlich, wenn einerseits mit dem Landschaftsschutzgebiet „Schutzzonen im Naturpark …“ argumentiert werde und andererseits die Schutzzone für Flora und Fauna auf dem Grundstück des Antragstellers entfernt werden solle. Der Antragsteller sei davon überzeugt, entsprechend des Landschaftsschutzgebiets gehandelt zu haben.
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Es sei unverständlich, dass mit der Entstehung einer Splittersiedlung argumentiert werde. Diese sei bereits jetzt vorhanden, da in den letzten zehn Jahren in unmittelbarer Nähe andere Bauvorhaben, beispielsweise eine Halle, ein Haus und ein Holzlagerplatz, ohne Probleme genehmigt und gebaut worden seien.
27
Das Verhalten der Standortgemeinde und speziell des Bürgermeisters hinsichtlich der Amtshilfe werfe letztlich auch die Frage auf, ob es zu einem Vermischen privater und öffentlicher Interessen gekommen sei.
28
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
29
Zur Begründung verweist der Antragsgegner auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid.
30
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu den Verfahren AN 3 S 22.01934 und AN 3 K 22.01933 sowie der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
31
Der Antrag hat keinen Erfolg.
32
1. Der Antrag ist gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers vom 1. September 2022 gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 2. August 2022 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 18. Januar 2023 auszulegen.
33
Gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO darf das Gericht über das Antragsbegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Es hat vielmehr das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln. Dabei sind die für die Auslegung von Willensäußerungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden. Bei der Auslegung sind neben dem Antrag insbesondere die Antragsbegründung sowie das gesamte übrige Vorbringen des Antragstellers zu berücksichtigen, ferner seine Interessenlage, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen für das Gericht und die übrigen Beteiligten als Empfänger der Prozesserklärung erkennbaren Umständen ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 26.04.2018 – 3 C 11.16 – DVBl 2018, 1621 = juris Rn. 14; U.v. 1.9.2016 – 4 C 4.15 – BVerwGE 156, 94 = juris Rn. 9; BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238 = juris Rn. 37). In Eilverfahren, in denen eine mündliche Verhandlung, in der auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken ist (§ 86 Abs. 3 VwGO), nicht stattfindet, ist wegen des verfassungsrechtlichen Gebotes der Effektivität des Rechtsschutzes eine Auslegung zu Gunsten des Antragstellers vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2002 – 10 CE 02.1467 – juris Rn. 7; B.v. 24.6.2019 – 8 CS 19.817 – juris Rn. 12).
34
Mangels konkreter Antragstellung und unter Beachtung des Umstands, dass der Antragsteller nicht anwaltlich vertreten ist, ist sein Antragsbegehren unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zugunsten des Antragstellers als umfassend gegen sämtliche Anordnungen und Verfügungen des Antragsgegners auszulegen. Zwar hat der Antragsteller mit der Klageerhebung am 1. September 2022 zunächst ausdrücklich nur einstweiligen Rechtsschutz „gegen den Kostenbescheid“ (gemeint wahrscheinlich die dem Bescheid beigelegte Kostenverfügung vom 2. August 2022) und „gegen die sofortige Vollstreckbarkeit“ gestellt. Auf eine Aufforderung der Präzisierung des Antragsbegehrens mit gerichtlichem Schreiben vom 23. Februar 2023 reagierte der Antragsteller nicht. Bei Betrachtung aller Umstände ergibt sich für die Kammer jedoch, dass der Antragsteller tatsächlich eine Vollüberprüfung des streitgegenständlichen Bescheids begehrt. Hierfür spricht schon allein der Umstand, dass der Antragsteller im Rahmen der Klage- und Antragsbegründung ausschließlich Ausführungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der angeordneten Nutzungsuntersagung und Beseitigungsanordnung machte. Hinsichtlich der verfügten Kosten oder der Zwangsgeldandrohung äußerte sich der Antragsteller dagegen nicht, was darauf schließen lässt, dass sich der Antragsteller hauptsächlich gegen die Nutzungsuntersagung und Beseitigungsanordnung wehren will.
35
2. Der Antrag ist – nach entsprechender Auslegung – insoweit zulässig als er sich gegen die Ziffern 1 bis 5 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18. Januar 2023 richtet, insbesondere ist der Antrag statthaft. Die Klage des Antragstellers gegen den ihn belastenden streitgegenständlichen Bescheid stellt eine Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO dar. Diese Klage entfaltet gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO und § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG keine aufschiebende Wirkung. Folglich ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderlich, um die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und wiederherzustellen.
36
Soweit sich der Antrag gegen die Ziffer 6 (Gebühren und Auslagen) des Bescheids richtet, dürfte er aufgrund der zwischenzeitlich durch den Antragsgegner ausgesetzten Vollziehung der Kosten mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sein. Dies braucht jedoch nicht entschieden werden, da der Antrag jedenfalls vollumfänglich unbegründet ist (siehe hierzu 3.).
37
3. Der Antrag ist unbegründet.
38
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen bzw. wiederherstellen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob diejenigen Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten, oder diejenigen, die für die aufschiebende Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Neben den formellen Anforderungen an die Anordnung des Sofortvollzugs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sind im Rahmen der Interessenabwägung die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches Indiz zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall nur die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos.
39
Der Antrag hat keine Aussicht auf Erfolg, da die Anordnung des Sofortvollzugs formell rechtmäßig ist und im Rahmen der summarischen Prüfung keine Erfolgsaussichten der Hauptsache gegeben sind. Auch ein besonderes Vollzugsinteresse liegt jeweils vor.
40
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit trägt dem Begründungserfordernis ausreichend Rechnung.
41
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind regelmäßig die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe anzugeben, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2018 – 9 CS 18.996 – juris Rn. 14). An dieses Begründungserfordernis sind jedoch inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet.
42
Der Antragsgegner hat hier jeweils auf die besonders schützenswerte Landschaft und die Gefahr von Bezugnahmen abgestellt und ist damit auf die Besonderheiten des konkreten Falles eingegangen. Den gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist damit Genüge getan. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, spielt für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs keine Rolle (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2).
43
b) Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass die erhobene Anfechtungsklage keinen Erfolg haben wird.
44
In formeller Hinsicht begegnet der Bescheid keinen Bedenken, hierzu trägt auch der Antragsteller nichts vor. Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 8. Januar 2020 zur beabsichtigten Nutzungsuntersagung und Beseitigungsanordnung angehört (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG). Im Übrigen könnten Mängel der Anhörung noch bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeholt werden (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG).
45
aa) Die in Ziffer 1 des Bescheids verfügte Nutzungsuntersagung erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.
46
Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, so kann diese Nutzung untersagt werden (Art. 76 Satz 2 BayBO). Bei einem gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtigen Vorhaben genügt hierfür die sogenannte formelle Illegalität, wenn also eine Nutzung bzw. Nutzungsänderung vorliegt, die die Variationsbreite einer vorliegenden Baugenehmigung verlässt, und die Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 4 BayBO nicht vorliegen (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – BayVBl 2012, 86). Es entspricht regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch den Erlass einer Nutzungsuntersagung unterbindet. Sie darf aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.7.2021 – 1 CS 21.153 – juris Rn. 10; B.v. 27.5.2020 – 1 ZB 19.2258 – juris Rn. 7). Dies ist nur der Fall, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung beurteilt werden kann, ob die geänderte Nutzung zulässig ist (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 15.5.2020 – OVG 2 S 17/20 – juris Rn. 5; BayVGH, U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – BayVBl 2012, 86). Die baurechtliche Prüfung in einem Genehmigungsverfahren ist grundsätzlich nicht vorwegzunehmen.
47
(1) Der Lagerplatz des Antragstellers ist formell illegal.
48
Ausweislich der sich in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder sowie öffentlich zugänglicher Luftbildaufnahmen nutzt der Antragsteller den nordöstlichen Bereich seines Grundstücks zur Lagerung von aufgehäuftem Mutterboden und Brennholz (eigene Angabe des Antragstellers, vgl. Bl. 17 d. Behördenakte zum Vorgang …). Teilweise ist auf den Lichtbildern (vgl. Bl. 11 d. Behördenakte zum Vorgang …) auch die Anhäufung von Bauschutt bzw. gröberen Gesteins zu erkennen. Es ist dabei irrelevant, aus welchem Grund die genannten Materialien auf dem Grundstück gelagert werden. Anhand historischer Luftbildaufnahmen (abrufbar über den BayernAtlas Plus) kann die Nutzung des Grundstücks als Lagerplatz auch mindestens bis zum Jahr 2005 nachvollzogen werden. Im chronologischen Verlauf zeigt sich dabei, dass sich die Nutzung über die Jahre hinweg intensivierte.
49
Hinsichtlich dieser geänderten Nutzung des Grundstücks liegt keine Baugenehmigung vor. Einen diesbezüglich gestellten Bauantrag nahm der Antragsteller aufgrund der durch den Antragsgegner signalisierten fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens zurück.
50
Eine Baugenehmigung ist jedoch gemäß Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 BayBO i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BayBO erforderlich, nachdem für die geänderte Nutzung andere öffentlich-rechtliche Anforderungen in Betracht kommen (Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO) und eine Verfahrensfreiheit nicht gegeben ist (Art. 57 Abs. 4 Nr. 2 BayBO).
51
Die Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO für die Änderung der Nutzung von Anlagen greift nicht ein, da für die neu ausgeübte Nutzung als Lagerplatz andere öffentlich-rechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die wohl bisherige Nutzung als landwirtschaftliche Fläche, insbesondere, da es sich in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nicht um ein privilegiertes Außenbereichsvorhaben handelt. Generell gilt dabei, dass Nutzungsänderungen im Außenbereich (§ 35 BauGB) praktisch immer bauplanungsrechtlich relevant sind und damit die Genehmigungsfrage neu aufwerfen (vgl. Weinmann in BeckOK BauordnungsR Bayern, 25. Ed. 15.3.2023, BayBO Art. 57 Rn. 266). Deshalb macht es aus Sicht der Kammer sehr wohl einen Unterschied, ob der Erdboden unberührt auf dem Grundstück verteilt ist oder zu wesentlichen Erhebungen aufgehäuft wird. Denn so wird aus einer landwirtschaftlichen Fläche bzw. einem unbebauten Grundstücksteil eine bauliche Anlage wie schon Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 BayBO zeigt. Im Übrigen zeigen die Lichtbilder in der Behördenakte, dass gerade nicht nur Mutterboden auf dem Grundstück des Antragstellers gelagert wird.
52
Eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 und 2 BayBO ist nicht gegeben (Art. 57 Abs. 4 Nr. 2 BayBO). Insbesondere ist Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. a und b BayBO nicht einschlägig da der Lagerplatz weder einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb noch einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient. Der Antragsteller betreibt ein Bauunternehmen. Eine Priviligierung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB besteht nicht. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob der Lagerplatz gewerblich oder privat durch den Antragsteller genutzt wird. Außerdem liegt der Lagerplatz im Außenbereich. Nach eigener Aussage des Antragstellers kommt auch eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO, ginge man zugunsten des Antragstellers von einer bloßen Aufschüttung (Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BayBO) aus, nicht in Betracht, da die Anhäufungen über die in der Vorschrift genannten Maße hinausgehen.
53
(2) Der Antragsgegner hat sein bestehendes Ermessen in rechtmäßiger Weise ausgeübt (§ 114 Satz 1 VwGO).
54
Das dem Antragsgegner eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen, mit der die ihr obliegende Aufgabe, für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen, möglichst effektiv erfüllt wird. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor, muss im Regelfall daher nicht näher begründet werden, weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen). Allerdings dürfen insbesondere mit Blick auf das Übermaßverbot keine Besonderheiten vorliegen, die ausnahmsweise ein Absehen von der Untersagung erfordern. Eine formell rechtswidrige Nutzung darf daher grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist bzw. unter Bestandsschutz steht. Auch wäre es unverhältnismäßig, eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vorher vergeblich aufgefordert zu haben, einen Bauantrag zu stellen. Es entspricht zudem gefestigter Erkenntnis, dass die bloße Duldung einer rechtswidrigen baulichen Anlage über längere Zeiträume hinweg im Sinn des schlichten Unterlassens des bauaufsichtlichen Einschreitens auch bei Kenntnis der Bauaufsichtsbehörde den späteren Erlass einer Beseitigungsanordnung nicht ausschließt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bauaufsichtsbehörde aufgrund des Hinzutretens besonderer Umstände einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl. BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 15 CS 16.1774 – juris Rn. 35).
55
Gemessen an diesen Maßstäben sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Insbesondere ist das Vorhaben des Antragstellers materiell illegal und nicht genehmigungsfähig. Auch kann sich der Antragsteller nicht auf Bestandsschutz oder einen Vertrauenstatbestand berufen.
56
Der Lagerplatz ist als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB im Außenbereich nicht genehmigungsfähig, da öffentliche Belange beeinträchtigt sind.
57
Das Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), welcher für das Grundstück des Antragstellers eine sonstige landwirtschaftliche Fläche vorsieht. Welche Nutzung dem Flächennutzungsplan entspricht, ergibt sich bei der Darstellung von Flächen für die Landwirtschaft (§ 5 Abs. 2 Nr. 9 Buchst. a BauGB) aus § 201 BauGB, worin der Begriff der Landwirtschaft im Sinn des Baugesetzbuchs definiert ist. Danach ist Landwirtschaft insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei. Grundmerkmal der Landwirtschaft in diesem Sinn ist jedenfalls für die hier in Rede stehende Acker- und Grünlandnutzung die „unmittelbare Bodenertragsnutzung“, also die Gewinnung pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse durch die Bewirtschaftung des Bodens auf Äckern, Wiesen und Weiden (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 15 ZB 13.2647 – juris Rn. 31 m.w.N).
58
Daran fehlt es vorliegend.
59
Dem Vorhaben stehen außerdem Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) entgegen. Dabei ist es nicht entscheidend, dass der zu bebauende Grundstücksbereich in einem nach dem Bayer. Naturschutzgesetz förmlich unter Schutz gestellten Bereich liegt (vgl. BayVGH, U.v. 6.11.2007 – 14 B 06.1933 – juris Rn. 28). Die Errichtung von baulichen Anlagen im Außenbereich beeinträchtigt diese Belange in der Regel auch ohne förmliche Inschutznahme (BayVGH, B.v. 11.6.2012 – 9 ZB 09.271 – juris Rn. 11). Die wichtige Bedeutung für Naturschutz und Landschaftspflege wird hier jedoch durch die förmliche Inschutznahme bestätigt (Verordnung über den „Naturpark …“ vom 8. März 1988, GVBl. S. 95). Eine Befreiung von den Verboten der Verordnung wurde nicht erteilt und käme auch nicht in Betracht. Dass im hier maßgeblichen Bereich die Ziele des Natur- und Landschaftsschutzes nicht mehr erreicht werden könnten, weil es bereits kleinere Hütten, landwirtschaftliche Nebengebäude und einen Holzlagerplatz in der näheren Umgebung gibt, kann nicht angenommen werden. Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass seine Anhäufungen der Tierwelt als Rückzugsort dienen würden und damit in Einklang mit dem Landschaftsschutzgebiet stünden, so ist dem zu entgegnen, dass die Errichtung eines Lagerplatzes dem in § 4 der Verordnung über den Naturpark … zugrunde gelegten Schutzzweck, wonach u.a. die Vielfalt, Eigenart und Schönheit des für den … typischen Landschaftsbildes bewahrt werden soll, zuwiderläuft. Es soll hierdurch eben gerade verhindert werden, dass Eingriffe – wie hier vorliegend durch den Lagerplatz geschehen – in dieses besonders schützenswerte Landschaftsbild vorgenommen werden. Wenn sich nunmehr zufällig Tiere auf dem Lagerplatz angesiedelt haben sollten, so kann dies nichts an dem Umstand ändern, dass das Vorhaben nicht genehmigungsfähig ist.
60
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners lässt das Vorhaben jedoch nicht die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB).
61
Dieser Belang soll vor einer unerwünschten Zersiedlung des Außenbereichs schützen. Der Begriff der Siedlung ist dabei nicht auf zum Wohnen bestimmte Gebäulichkeiten beschränkt, sondern bezieht sich auch auf andere Anlagen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1976 – IV C 42.74 – juris; U.v. 18.2.1983 – 4 C 19.81 – juris). Unter Entstehung ist ein Vorgang zu verstehen, der in Richtung auf eine Zersiedlung des Außenbereichs durch Schaffung einer Splittersiedlung begründet ist. Die Entstehung einer Splittersiedlung kann bereits durch die erstmalige Zulassung eines Bauvorhabens zu befürchten sein. Splittersiedlungen sind jedoch nicht schon um ihrer selbst Willen zu missbilligen, vielmehr ist eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange erst dann gegeben, wenn das Entstehen zu „befürchten“ ist (vgl. BVerwG, U.v. 3.6.1977 – IV C 37.75 – BVerwGE 54, 73). Zu befürchten ist das Entstehen einer Splittersiedlung nur dann, wenn das Vorhaben zu einer unerwünschten Splittersiedlung führt, wobei unerwünscht in diesem Sinn eine Splittersiedlung dann ist, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedelung auch eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Dabei streitet für das Vorliegen einer Zersiedlung gewissermaßen eine starke Vermutung (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2018 – 2 B 18.1797 – juris). Es ist nicht zu verlangen, dass infolge der Zulassung des Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Ausreichend ist vielmehr, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden können, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Entstehung einer Splittersiedlung) versagt und damit ein Bezugsfall geschaffen würde, auf den sich andere berufen könnten. Mit der Versagung der Genehmigung soll bereits den Anfängen gewehrt werden (vgl. BayVGH, U.v. 27.7.2018 – 15 B 17.1169 – juris).
62
Nach diesen Maßstäben trägt die Argumentation des Antragsgegners nicht. Nicht jedoch, wie der Antragsteller meint, weil bereits eine Splittersiedlung vorhanden wäre, sondern weil auf dem Grundstück des Antragstellers keinerlei baulichen Anlagen vorhanden sind, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt wären. Solche Anlagen wurden durch den Antragsteller auch nicht im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens beantragt.
63
Der Antragsteller kann sich auch nicht auf einen Bestandsschutz seines Lagerplatzes berufen.
64
Eine Nutzungsuntersagung hat mangels Rechtswidrigkeit der Nutzung zu unterbleiben, wenn Letztere Bestandsschutz genießt (vgl. BayVGH, B.v. 2.11.2020 – 1 ZB 20.597 – juris Rn. 4; B.v. 5.11.2020 – 1 ZB 20.598 – juris Rn. 5). Vom (passiven) Bestandsschutz wird nicht nur der legale Bestand einer baulichen Anlage erfasst, sondern auch deren Nutzung (Decker, BayVBl 2011, 517/528). Unabhängig davon, dass die moderne Eigentumsdogmatik das Ob und den Umfang des Bestandsschutzes nicht mehr unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, sondern aus der jeweiligen gesetzlichen Regelung als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) – hier Art. 76 Satz 2 BayBO – ableitet (BVerwG, U.v. 12.3.1998 – 4 C 10.97 – BVerwGE 106, 228 = juris Rn. 25 f.; VGH BW, U.v. 9.11.2020 – 3 S 2590/18 – juris Rn. 63 ff.; Decker, BayVBl. 2011, 517 / 519 ff.), kommt ein (passiver) Bestandsschutz einer nicht von einer bestandskräftigen Baugenehmigung gedeckten Nutzung allenfalls dann in Betracht, wenn die Nutzung seit ihrem Bestehen in irgendeinem – namhaften – Zeitraum dem maßgebenden materiellen Recht entsprochen hat und im früheren Zeitraum ihres Bestands eine förmliche Genehmigung nicht erforderlich war (BayVGH, U.v. 17.10.2006 – 1 B 05.1429 – juris Rn. 24 m.w.N.), die Anlage m.a.W. vormals verfahrensfrei errichtet werden durfte; allein eine lange – nicht genehmigte, aber genehmigungspflichtige – Nutzung begründet demnach keinen Bestandsschutz (Decker, BayVBl. 2011, 517/520 f. m.w.N. und 524). Zudem gewährleistet der Bestandsschutz zwar, dass sich die rechtmäßige Nutzung einer baulichen Anlage auch gegen neues Recht durchsetzt. Vom Bestandsschutz gedeckt ist aber nur die nach Art und Umfang unveränderte Nutzung (BVerwG, B.v. 21.6.1994 – 4 B 108.94 – ZfBR 1995, 55 = juris Rn. 4; B.v. 14.4.2000 – 4 B 28.00 – NVwZ-RR 2000, 758 = juris Rn. 4, 6; BayVGH, U.v. 21.12.1999 – 2 B 94.1741 – juris Rn. 18). Bei Nutzungsänderungen kann daher ein vormaliger Bestandsschutz entfallen (Decker, BayVBl. 2011, 517/528 f.); dasselbe gilt bei relevanten Nutzungsintensivierungen, die in der Sache einer Nutzungsänderung gleichkommen (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.1999 a.a.O.).
65
Nach diesen Maßstäben kommt dem Lagerplatz des Antragstellers kein (passiver) Bestandsschutz zu. Nach den Angaben des Antragstellers soll der Erdaushub auf dem Grundstück des Antragstellers schrittweise nach 1990 entstanden sein. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung vom 29. Juli 1969 (GVBl. 1969 S. 184 ff.) am 1. Oktober 1969 zählen Lagerplätze jedoch als bauliche Anlagen, die grundsätzlich genehmigungspflichtig sind. Seit der BBauG-Novelle 1976 sind Lagerstätten über § 29 Abs. 1 BBauG bzw. (heute) BauGB an §§ 29 ff. BauGB auf ihre bauplanungsrechtliche Zulässigkeit zu messen (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2021 – 15 ZB 20.2906 – juris Rn. 17). Die Nutzung des Grundstücks als Lagerplatz erfolgte daher seit jeher formell illegal. Auch entsprach die Nutzung zu keinem Zeitpunkt dem maßgebenden materiellen Recht (siehe hierzu die obigen Ausführungen). Denn jedenfalls standen schon seit Beginn die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege entgegen, nachdem die Verordnung über den „Naturpark …“ aus dem Jahr 1988 stammt.
66
Der Antragsgegner hat gegenüber dem Antragsteller auch keinerlei Vertrauenstatbestand (vgl. BayVGH, U.v. 8.7.2022 – 15 B 22.772 – juris Rn. 66 m.w.N.) in den Fortbestand der Nutzung gesetzt. Sobald der Antragsgegner von der illegalen Nutzung erfahren hat, wurde ein entsprechendes bauaufsichtliches Verfahren eingeleitet und dem Antragsteller zu keinem Zeitpunkt signalisiert, dass man den baurechtswidrigen Zustand dulden würde. Alleine, dass die Nutzung jahrelang unbeanstandet geblieben ist genügt nicht, um ein einen relevanten Vertrauenstatbestand beim Antragsteller hervorzurufen (BayVGH, B.v. 12.8.2019 – 15 ZB 19.918 – juris Rn. 9).
67
(3) Der Antragsteller wurde voraussichtlich auch in rechtmäßiger Weise als Störer in Anspruch genommen. Als Grundstückseigentümer ist er als Zustandsstörer anzusehen. Nach dem Vortrag des Antragstellers deutet auch vieles darauf hin, dass er ebenfalls als Handlungsstörer verantwortlich wäre.
68
(4) Das besondere Vollzugsinteresse gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO ist gegeben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Nutzungsuntersagung in der Regel gerechtfertigt ist, wenn die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO vorliegen, da ein öffentliches Interesse daran besteht, dass die Genehmigungspflicht eingehalten wird. Dieses öffentliche Interesse überwiegt im allgemeinen das private Interesse, die rechtswidrige Nutzung vorläufig fortsetzen zu dürfen (vgl. BayVGH, B.v.18.2.2003 – 1 CS 02.2750 – juris Rn. 16; B.v. 7.7.2005 – 25 CS 05.1192 – juris Rn. 4; B.v. 5.10.2010 – 1 CS 10.1793 – juris Rn. 21). Wie oben ausgeführt liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung voraussichtlich vor. Anhaltspunkte, dass die Abwägung zwischen dem öffentlichen und den privaten Interessen des Antragstellers in diesem Fall anders ausfallen müsste, ergeben sich weder aus dem Vorbringen des Antragstellers noch sind solche anderweitig ersichtlich.
69
bb) Die in Ziffer 2 des Bescheids verfügte Beseitigungsanordnung erweist sich nach summarischer Prüfung ebenfalls als rechtmäßig.
70
Rechtsgrundlage für die Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Hiernach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn Anlagen (Art. 2 Abs. 1 BayBO) im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Tatbestandlich ist daher Voraussetzung, dass die Anlage formell und materiell illegal ist.
71
(1) Wie oben bereits dargestellt ist der Lagerplatz sowohl formell als auch materiell illegal. Die Anordnung wird auch von der Rechtsgrundlage getragen. Soweit vom Antragsteller über die Beseitigung hinaus die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des Grundstücks verlangt wird, so ist darin kein zusätzliches positives Tun (welches auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO hätte gestützt werden müssen) zu erblicken. Soweit der Kläger nämlich vorliegend den Lagerplatz bzw. die auf dem Grundstück gelagerten Materialien vollständig entfernt, kann die Fläche wieder als landwirtschaftliche Nutzfläche dienen und der ursprüngliche Zustand ist wiederhergestellt (so auch VG Ansbach, U.v. 8.8.2018 – AN 17 K 17.00104 – juris Rn. 44).
72
(2) Der Antragsgegner hat auch das sein in Art. 76 Satz 1 BayBO eingeräumte Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Nach Art. 40 BayVwVfG hat eine Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Ein gem. § 114 VwGO seitens des Gerichts zu berücksichtigender Ermessensfehler ist nicht gegeben. Die Ermessenserwägungen im streitgegenständlichen Bescheid sind zwar knapp, aber ausreichend. Bei der Ermessensentscheidung über das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände genügt es regelmäßig, dass die Behörde – so wie hier – zum Ausdruck bringt, der beanstandete Zustand müsse wegen seiner Rechtswidrigkeit beseitigt werden (vgl. BayVGH U.v. 13.4.2015 – 1 B 14.2319 – juris Rn. 31 unter Bezug auf BVerwG U.v. 18.4.1996 – 4 C 22.94 – BVerwGE 110, 64; B.v. 17.8.2022 – 15 ZB 22.1402 – juris Rn. 13 m.w.N). Insbesondere geht aus dem Bescheid hervor, dass dem Antragsgegner bewusst war, dass ihm im Rahmen der Entscheidung nach Art. 76 Satz 1 BayBO ein Ermessen zusteht. Ein Ermessensausfall scheidet daher aus. Auch stellte der Antragsgegner zurecht darauf ab, dass ein milderes Mittel – namentlich die nachträgliche Genehmigung des Lagerplatzes – mangels Genehmigungsfähigkeit nicht in Betracht kam.
73
Auch wurde seitens des Antragsgegners bei der Ausübung des Ermessens der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Nach Auffassung der Kammer scheidet ein milderes Mittel – namentlich die nachträgliche Genehmigung des Lagerplatzes – mangels Genehmigungsfähigkeit aus.
74
Die Anordnung der Beseitigung erscheint auch nicht als unangemessen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wurde gewahrt.
75
Dieser Grundsatz beinhaltet, dass der durch die behördliche Maßnahme zu erwartende Schaden nicht erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen darf. Zwischen Erfolg und Schaden muss ein angemessenes Verhältnis bestehen. Abzuwägen ist dabei zwischen dem Schaden des Betroffenen und dem Vorteil, welcher der Allgemeinheit durch die behördliche Maßnahme erwächst, und umgekehrt. So müsste gegebenenfalls von einer rechtlich zulässigen und vielleicht sogar gebotenen Maßnahme Abstand genommen werden, wenn ihre Wirkung einen materiellen oder ideellen Schaden hervorrufen würde, der, gemessen an dem Gesamtvorgang, unverhältnismäßig ist. Haben jedoch Gebote oder Verbote Eingang in öffentlich-rechtliche Vorschriften gefunden, so besteht damit ein hinreichend öffentliches Interesse an ihrer Einhaltung (vgl. Decker in Busse/Kraus, 149. EL Januar 2023, BayBO Art. 76 Rn. 243 m.w.N.).
76
Im Rahmen der Abwägung kommt den Gemeinwohlbelangen vorliegend ein größeres Gewicht zu und das Interesses des Antragstellers am Erhalt seines Lagerplatzes muss zurücktreten. Entscheidend ist hierbei die Lage im schützenswerten Landschaftsschutzgebiet zu berücksichtigen. Auch im Übrigen ist weder vom Antragsteller vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, weshalb die Belange des Antragstellers ausnahmsweise das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Baugesetze überwiegen sollten.
77
Der Antragsgegner kann sich – wie oben bereits ausgeführt – auch nicht auf einen Bestands- oder Vertrauensschutz berufen.
78
(3) Der Antragsteller wurde voraussichtlich auch in rechtmäßiger Weise als Störer in Anspruch genommen. Als Grundstückseigentümer ist er als Zustandsstörer anzusehen. Nach dem Vortrag des Antragstellers deutet auch vieles darauf hin, dass er ebenfalls als Handlungsstörer verantwortlich wäre.
79
(4) Ein besonderes Vollzugsinteresse ist ausnahmsweise in diesem besonders gelagerten Fall gegeben.
80
Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist für die Anordnung des Sofortvollzugs ein besonderes Vollzugsinteresse erforderlich. Die Vollziehung des Verwaltungsakts muss wegen öffentlicher oder überwiegender privater Interessen besonders dringlich sein und keinen Aufschub bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens dulden (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2012 – 15 CS 12.130 – juris Rn. 12). Eine baurechtliche Beseitigungsanordnung ist in aller Regel eine schwerwiegende Maßnahme, deren Vollzug dem Betroffenen hohe Kosten verursacht und nur schwer rückgängig zu machende Zustände schafft. Ihr Gewicht wird durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung verstärkt, weil dadurch die Entscheidung in der Hauptsache im Kern vorweggenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 – 2 CS 98.2373 – juris Rn. 16). Erforderlich ist deshalb ein besonderes Vollzugsinteresse, das im Falle der Baubeseitigung grundsätzlich nicht mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist und regelmäßig im Hinblick auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 80 Abs. 1 und 2 VwGO grundsätzlich zu verneinen sein wird (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 149. EL Januar 2023, BayBO, Art. 76 Rn. 332 ff.). Bei Beseitigungsanordnungen ist deshalb regelmäßig ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2007 – 1 CS 06.3006 – juris Rn. 27). Selbst die offensichtliche Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung genügt in der Regel nicht, um deren sofortige Vollziehung zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – BayVBl 2019, 391 – juris Rn. 25).
81
Von dem Grundsatz, dass der Sofortvollzug einer Beseitigungsanordnung die Hauptsache in unangemessener Weise vorwegnimmt, hat die Rechtsprechung jedoch Ausnahmen zugelassen und Fallgruppen gebildet (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 149. EL Januar 2023, BayBO, Art. 76 Rn. 334 ff.). Ein besonderes öffentliches Interesse für die sofortige Beseitigung wird bei einfachen Anlagen (wie z.B. Feldstadel, Werbeanlagen etc.), die problemlos und ohne großen Aufwand, vor allem ohne Substanzverlust, ab- und ggf. später, sollte sich die Beseitigungsanordnung als rechtswidrig erweisen, wiederaufgebaut werden können, zu bejahen sein, weil durch die Beseitigung keine endgültigen, nicht wieder umkehrbaren Verhältnisse geschaffen werden. Damit läuft auch der effektive Rechtsschutz nicht leer. Außerdem wurde die Anordnung des Sofortvollzugs bei Bauwerken, die in besonders schützenswerten Landschaften, in einem Landschaftsschutz- oder Naturschutzgebiet liegen und deshalb besonders störend wirken, anerkannt (vgl. bspw. BayVGH, B.v. 15.3.2006 – 25 CS 05.2410 – juris Rn. 5).
82
Gemessen an diesen Maßstäben ist hier ausnahmsweise vom Vorliegen eines besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses auszugehen. Der zu beseitigende Lagerplatz ist im Landschaftsschutzgebiet „Schutzzonen im Naturpark …“ sowie im grundsätzlich von Bebauung freizuhaltenden Außenbereich situiert und liegt damit in einer besonders schützenswerten Landschaft. Aufgrund der exponierten und gut einsehbaren Lage direkt an der Kreisstraße wirkt der Lagerplatz in der schützenswerten Landschaft auch als besonders störend. Hinzu kommt, dass dem Antragsteller nach Ansicht der Kammer durch die sofortige Vollziehung der Beseitigung weder ein großer Aufwand noch ein wesentlicher Substanzverlust droht. Die am Grundstück des Antragstellers gelagerten Objekte können ohne Weiteres bis zur Entscheidung in der Hauptsache anderweitig gelagert werden. Sollte sich die Beseitigungsanordnung schließlich doch als rechtswidrig erweisen, so wäre die ursprüngliche Nutzung als Lagerplatz mit geringem Aufwand wiederherzustellen.
83
cc) Auch die Zwangsgeldandrohungen sind nicht zu beanstanden.
84
Insbesondere ist die Frist zur Beseitigung nicht zu kurz bemessen. Nach Art. 31 VwZVG kann die Anordnungsbehörde (Art. 30 VwZVG) eine von ihr erlassene Beseitigungsanordnung durch Zwangsgeld vollstrecken, wenn die Pflicht zur Vornahme einer Handlung nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ist bei der Androhung der Vollstreckung für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Eine Frist ist angemessen und zumutbar, wenn sie einerseits das behördliche Interesse an der Dringlichkeit der Ausführung berücksichtigt und andererseits dem Betroffenen die nach der allgemeinen Lebenserfahrung erforderliche Zeit gibt, seiner Pflicht nachzukommen (vgl. BayVGH, B.v. 1.4.2016 – 15 CS 15.2451 – juris Rn. 26 m.w.N.).
85
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Beseitigung des vorliegenden Lagerplatzes erfordert nach allgemeiner Lebenserfahrung keinen solch besonderen Aufwand, der nicht innerhalb von ca. fünf Monaten zu bewältigen wäre. Besondere Gründe, die hier eine andere Bewertung rechtfertigen, hat der Antragsteller nicht vorgebracht. Der Umstand, dass der Lagerplatz bereits seit den 1990er Jahren errichtet worden sein soll und seitdem – rechtswidrig – genutzt wird, spricht dabei im öffentlichen Interesse eher für eine kürzere als für eine längere Frist (vgl. BayVGH, B.v. 1.4.2016 – 15 CS 15.2451 – juris Rn. 27).
86
Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von jeweils 1.000,00 EUR. Es bewegt sich am unteren Rand des zulässigen Rahmens von 15 EUR bis 50.000,00 EUR und orientiert sich am wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers an der weiteren Nutzung des Lagerplatzes (Art. 31 Abs. 2 VwZVG).
87
dd) Hinsichtlich der in Ziffer 6 des Bescheids vom 2. August 2022 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 18. Januar 2023 getroffenen Kostenentscheidung, die ihre Rechtsgrundlage in den vom Antragsgegner zitierten Vorschriften des Kostengesetzes (KG) findet, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Insbesondere bewegt sich die festgesetzte Gebühr in Höhe von 250,00 EUR am unteren Rand des vorgegebenen Rahmens von 25 EUR bis 2.500,00 EUR.
88
Nach alldem war der Antrag vollumfänglich abzulehnen.
89
4. Angesichts seines Unterliegens trägt der Antragsteller die Kosten des Verfahrens, § 154 Abs. 1 VwGO.
90
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Dabei wird für das Hauptsacheverfahren der Auffangstreitwert zugrunde gelegt, der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes halbiert wird (vgl. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).