Inhalt

AG Dachau, Endurteil v. 14.06.2023 – 2 C 666/22
Titel:

Kein Umsatzsteuerersatz bei Beseitigung von Schäden durch vorsteuerabzugsberechtigte Konzessionsnehmerin

Normenketten:
BGB § 249, § 398, § 823 Abs. 1
StVG § 7 Abs. 1
VVG § 115
Leitsatz:
Beseitigt eine vorsteuerabzugsberechtigte Konzessionsnehmerin in Anbetracht der von ihr übernommenen Verkehrssicherungspflicht Unfallschäden an einer Autobahn, macht sie einen eigenen Schaden geltend, für den sie keine Umsatzsteuer vom Unfallverursacher geltend machen kann. (Rn. 39 – 45)
Schlagworte:
Umsatzsteuer, Verkehrssicherungspflicht, Vorsteuerabzug
Fundstelle:
BeckRS 2023, 13378

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.989,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 15.7.2020 zu bezahlen.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 35%, die Beklagte 65%.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um den Ersatz der Kosten der Wiederherstellung eines Autobahnabschnitts.
2
Die Klägerin ist für den Betrieb eines Autobahnabschnitts auf der BAB 8 aufgrund eines Konzessionsvertrags zwischen BRD und der A. GmbH und eines O& M-Vertrags zwischen letzterer und der Klägerin zuständig. Im Hinblick auf den Inhalt der Verträge wird auf die Anlagen K1 und K2 Bezug genommen.
3
Die Beklagte ist die Haftpflichtversicherung eines Autofahrers, der auf dieser Autobahn in Abschnitt 440 bei Kilometer 4.683 am …2019 in einen Unfall verwickelt war. Dabei kam der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs nach rechts von der Fahrbahn ab und fuhr in den angrenzenden Lärmschutzwall und einen Leitpfosten und prallte gegen das Verkehrszeichen Z453.
4
Die Klägerin beseitigte die beschädigten Teile und sorgte für deren Abtransport. Zudem wurde am 19.12.2019 der beschädigte Gabelständer der Verkehrstafel entfernt und ein neuer Anker gesetzt, so dass das Großverkehrszeichen wieder aufgestellt werden konnte. Am 20.12.2019 wurde von den Mitarbeitern der Klägerin auf dem Grünstreifen Humus aufgebracht.
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Die Beklagte leistete auf den mit Schreiben vom 13.3.2020 geltend gemachten Schaden einen Betrag von 5.403,65 € als Schadensersatz und begründete die Abzüge mit Schreiben vom 14.7.2020.
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Mit Schreiben vom 15.3.2022 forderten die Anwälte der Klägerin Zahlung des Restbetrags.
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Die Klägerin trägt vor, es sei durch den Unfall ein Schaden in Höhe von netto insgesamt 8.393,39 € eingetreten. Das Aufbringen des Humus sei erforderlich gewesen zur Instandsetzung des Flurschadens. Ein Abzug Neu-für-alt sei nicht angebracht, da ihr kein Vorteil entstanden sei durch die neue Verkehrstafel. Sie habe nur das Recht, die Autobahn bis 2037 zu betreiben. Bis dahin wäre das alte Schild noch nutzbar gewesen, so dass sie durch das neue Verkehrszeichen keine Aufwendungen erspare.
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Zudem ist die Klägerin der Ansicht, dass die Beklagte die Mehrwertsteuer von 1.594,74 € auf die geleisteten Arbeiten schuldet, da der Schaden bei der Bundesrepublik eingetreten sei, nicht aber bei der Klägerin.
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Die Klägerin hat den Antrag im Hinblick auf die Umsatzsteuer erweitert und im Hinblick auf die zunächst beantragten außergerichtlichen Anwaltskosten vor der mündlichen Verhandlung reduziert. Sie beantragt zuletzt,
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.584,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.989,74 € ab dem 14.4.2020 und aus der Gesamtforderung ab Zustellung der Klageerweiterung zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte trägt vor, die Leistungen seien in dem Umfang nicht erforderlich gewesen. So sei kein entsprechender Flurschaden, sondern nur Reifenspuren auf dem Bankett entstanden, so dass das Aufbringen von 1,5 t Humus nicht erforderlich gewesen sei. Zudem sei für das Verkehrsschild ein Abzug Neu-für-alt vorzunehmen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin sei nicht passivlegitimiert. Zudem habe die Klägerin einen eigenen Schaden erlitten, so dass ob der Vorsteuerabzugsberechtigung keine Umsatzsteuer auf die Fremdrechnung zu leisten sei, zumal diese auch keine Umsatzsteuer ausweise. Im Übrigen habe die Klägerin Eigenleistungen erbracht, die ebenfalls nicht der Umsatzsteuer unterlägen.
13
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen H. und I. Hinsichtlich des Inhalts der Aussagen der Zeugen wird auf das Protokoll … Bezug genommen. Im Übrigen wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nur in Höhe von 2.989,74 € begründet.
15
I. Die Klageerweiterung in Höhe der Umsatzsteuer ist nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. Mit Antrag vom 9.12.2022, der den ursprünglichen Antrag ersetzt (“nunmehr beantragt“), werden die außergerichtlichen Anwaltskosten nicht weiter geltend gemacht. Insofern liegt eine wirksame Rücknahme vor der mündlichen Verhandlung vor, § 269 Abs. 1 ZPO.
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II. Das Amtsgericht Dachau ist örtlich zuständig, da sich der Unfall im Bezirk des Amtsgerichts Dachau ereignet hat, § 32 ZPO.
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Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 ZPO mit §§ 23 Nr. 1, 71 GVG.
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III. Die Klage ist im Umfang des zugesprochenen Betrags begründet. Der Anspruch ergibt sich aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB i.V. m. § 115 VVG und § 398 BGB.
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1. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG sind erfüllt. Das bei der Beklagten versicherte Kraftfahrzeug (§ 7 Abs. 1 StVG) hat unstreitig bei der Fahrt auf der Autobahn, mithin bei dessen Betrieb einen Unfall verschuldet und Beschädigungen an den zur Autobahn gehörenden Teilen (Verkehrstafel und Böschung) verursacht.
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Gemäß § 7 StVG besteht mithin die Pflicht, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen.
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a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert.
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Zwar ist die Klägerin nicht Eigentümerin des Verkehrsschildes und der Böschung. Diese stehen vielmehr unstreitig im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland (Art. 90 Abs. 1 GG i.V. m. § 1 Abs. 4 Ziffer 3 FStrG). Diese hat ihre Schadensersatzansprüche jedoch gemäß § 398 BGB an die A. GmbH, diese wiederum an die Klägerin abgetreten. Aus Ziffer 24.2 ergibt sich nämlich die Verpflichtung des Konzessionsgebers und aus dem O& M-Vertrag wiederum die Verpflichtung der A. GmbH, etwaige Ansprüche gegen Dritte aufgrund durch Drittgewalt verursachter Schäden an den Konzessionsnehmer abzutreten. Die Klagepartei hat die entsprechenden Verträge jedenfalls auszugsweise vorgelegt.
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Darüber hinaus hat die Klägerin die Abtretungserklärungen von der Bundesrepublik Deutschland, an die A. GmbH sowie die weitere Abtretungserklärung von der A. GmbH an die Klägerin vorgelegt. Schon damit hat die Klagepartei substantiiert vorgetragen und durch Urkundenbeweis nachgewiesen, dass ihr die streitgegenständlichen Ansprüche abgetreten wurden.
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Zudem hat die Klägerin in § 21 des O& M-Vertrags Verkehrssicherungspflichten übernommen, die ihrerseits die A. von der Eigentümerin der Autobahn übernommen hatte. In § 21 des O& M-Vertrags ist nämlich geregelt, dass die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf den Konzessionsgegenstand auf den Konzessionsnehmer zur Ausübung während des Konzessionsvertragszeitraums übertragen wird. Der Konzessionsnehmer nimmt bei Übernahme der Verkehrssicherungspflichten selbständig sämtliche Aufgaben wahr und führt selbständig sämtliche Maßnahmen durch, die zur Erfüllung der Pflicht erforderlich sind (vgl. Grüneberg/Sprau BGB 81. Aufl. § 823 Rn. 50).
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Der Konzessionsnehmer nach § 24 des O& M-Vertrags sieht im Fall einer Beschädigung, Zerstörung oder sonstiger Beeinträchtigung die Wiederherstellung des vertraglich geschuldeten Zustands auf eigene Kosten durch die Klägerin vor, im Fall von Drittgewalt, wenn und soweit sie den entstandenen Schaden von dem Verursacher erstattet bekommt. Der Konzessionsnehmer hat dabei auch nach der Formulierung des Vertrags selbständig sämtliche Maßnahmen durchzuführen und als eigene Aufgaben wahrzunehmen, die zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich sind. Damit ist der Klägerin auch ein eigener Schaden entstanden, den sie auch selbst – zumindest aufgrund der Abtretung – geltend machen kann (Grüneberg BGB vor § 249 Rn. 106).
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2. Auch der haftungsausfüllende Tatbestand der §§ 249 ff. BGB ist erfüllt.
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a) Das Gericht ist überzeugt davon, dass die Leistungen bezüglich des Flurschadens 1,5 t Humus aufzubringen waren.
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Die Einvernahme der Zeugen H. ergab, dass ein Flurschaden entstanden war. Der Zeuge hat angegeben, dass die obere Grasnabe über eine Länge von 40 m bei einer Breite von 40 bis 50 cm und einer Tiefe von 5 bis 10 cm beschädigt gewesen sei, so dass dort Humus habe aufgebracht werden müssen, damit es nicht zu Ausspülungen kommt und das Mähen dort mit einem Mähgerät weiter möglich bleibe.
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Der Zeuge I. hat diese Angabe bestätigt, sprach allerdings nur von einer Breite von 20 cm, jedoch einer Tiefe von bis zu 15 cm.
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Das Gericht hat keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Aussagen, auch wenn die Zeugen bei der Klägerin angestellt sind. Die Zeugen konnte die Angaben zur Spurrinne nämlich durch Fotos, die sie zur Akte gaben, belegen.
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Legt man die Angaben der Zeugen zugrunde, ergibt sich, dass jedenfalls über 1 m³ Erdreich aufzubringen waren. Da Erdreich von 1 qm ca. 1,5 t wiegt, geht das Gericht auch dann, wenn die Zeugen die Masse des Erdreichs nur geschätzt haben, von den von der Klägerin abgerechneten Beträgen für 1,5 t Humus aus, § 287 ZPO.
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In Anbetracht dessen sind auch die übrigen abgerechneten Beträge für die Beseitigung des Flurschadens, nämlich die Kosten der Transporter und die geltend gemachte Arbeitszeit zu ersetzen. Der Zeuge Harzer hat den Einsatz der Transportfahrzeuge bestätigt und ausgeführt, dass die Arbeiten an zwei Tagen durchgeführt werden mussten, da nicht alles Material gleichzeitig auf dem Hänger transportiert werden könne. Somit sind auch die Kosten für die Fahrzeuge und Arbeitskräfte zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen.
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b) Zudem ist der von der Klägerin geltend gemachte Betrag für das Verkehrsschild zu ersetzen; ein Abzug Neu-für-alt kommt nicht in Betracht, da die Klägerin das bis zum Unfall angebrachte Schild nicht binnen der Konzessionszeit hätte ersetzen müssen, ihr mithin kein Vorteil dadurch entstanden ist.
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Soweit die Beklagte bestritten hat, dass die Konzessionszeit bis 2037 läuft, ist durch die Präambel des vorgelegten Abtretungsvertrags nachgewiesen, dass der Vertrag eine Laufzeit bis 30.4.2037 haben sollte. Auch nach dem Vortrag der Beklagtenseite ist von einer Nutzungsdauer des Verkehrsschildes von 25 Jahren auszugehen, in Anbetracht der bis zum Unfall erfolgten Nutzungsdauer von 7 Jahren somit von einer Restnutzungsdauer von 18 Jahren, gerechnet ab Dezember 2019. Damit steht aber fest, dass das alte Schild von der Klägerin vor Ende des Konzessionsvertrags im April 2037 nicht mehr hätte ausgetauscht werden müssen. Mithin hat die Klägerin durch Austausch des Schildes keine Aufwendungen erspart. Darauf, dass die Bundesrepublik als Eigentümerin der Autobahn und damit auch des Verkehrsschildes nicht schon im Jahr nach der Rückgabe der Autobahn, sondern erst später Aufwendungen für das Verkehrsschild zu tätigen hat, kommt es nicht an. Die Klägerin macht insofern den bei ihr entstandenen Schaden geltend.
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Dass das neue Schild im Übrigen einen Mehrwert und damit Vermögensvorteil für die Klägerin darstellen würde, ist nicht schlüssig vorgebracht.
36
c) Insgesamt steht daher fest, dass die Beseitigung des Schadens durch die Klägerin und einer von dieser eingesetzten Drittfirma netto 8.393,39 € erfordert hat.
37
Abzüglich der geleisteten Zahlung von 5.403,65 € besteht daher noch ein Anspruch der Klägerin in Höhe von 2.989,74 €.
38
3. Die Beklagte befindet sich aufgrund ihres Schreibens vom 14.7.2020 seit dem 15.7.2020 mit der Zahlung der Restforderung von netto 2.989,74 € in Verzug gemäß § 286 Abs. 3 BGB. Ab diesem Zeitpunkt ist die Forderung daher zu verzinsen.
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III. Ein Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer auf den gesamten Nettobetrag der Schadensbeseitigungskosten steht der Klägerin allerdings nicht zu, da ihr insofern aufgrund ihrer unstreitigen Vorsteuerabzugsberechtigung kein Schaden in Höhe der Umsatzsteuer entstanden ist. Die Bundesrepublik könnte in Anbetracht der Abwälzung der Verkehrssicherungspflicht auf die Klägerin höchstens fiktive Kosten abrechnen, die die Klägerin allerdings nicht an Stelle ihres Schadens abrechnen kann.
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1. Nach dem Konzessionsvertrag über das hier relevante Autobahnsteilstück nach dem A-Modell übernimmt der Konzessionsnehmer Verkehrssicherungspflichten nach § 21 wie folgt: Die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf den Konzessionsgegenstand wird auf den Konzessionsnehmer zur Ausübung während des Konzessionsvertragszeitraums übertragen. Der Konzessionsnehmer nimmt dabei selbständig sämtliche Aufgaben wahr und führt selbständig sämtliche Maßnahmen durch, die zur Erfüllung der Pflicht erforderlich sind. Zudem ist der Konzessionsnehmer im Fall einer Beschädigung, Zerstörung oder sonstiger Beeinträchtigung auf eigene Kosten zur Wiederherstellung des vertraglich geschuldeten Zustands verpflichtet, im Fall von Drittgewalt, wenn und soweit er den entstandenen Schaden von dem Verursacher erstattet bekommt (§ 24 des Vertrags). Zu diesem Zweck verpflichtet sich der Konzessionsgeber, etwaige Ansprüche gegen Dritte aufgrund durch Drittgewalt verursachte Schäden an den Konzessionsnehmer abzutreten. Nur in dem Umfang, in dem eine Wiederherstellungspflicht nicht besteht, kann der Konzessionsgeber vom Konzessionsnehmer die Wiederherstellung des vertraglich geschuldeten Zustands gegen Übernahme der Kosten verlangen.
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Mithin ist infolge des Unfalls vom …2019 die Bundesrepublik zwar an ihrem Eigentum geschädigt. Allerdings hat die Klägerin aus dem Vertrag die Verpflichtung übernommen, diesen Schaden selbst zu beseitigen, um ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Somit macht die Klägerin nicht – wie sie meint – einen Schaden der Bundesrepublik als Konzessionsgeberin geltend, die die Beseitigung von Unfallschäden auf die Klägerin vertraglich abgewälzt hat und daher nicht für die Schadensbeseitigung zahlen muss, sondern einen eigenen Schaden, für den die Klägerin eigene Aufwendungen getätigt hat. Dies wird bestätigt durch den Vortrag der Klägerin zum nicht berechtigten Abzug Neufür alt. Diesen begründet die Klägerin nämlich damit, dass sie keinen vermögenswerten Vorteil aus der Erneuerung des Schildes erhalte, da sie nur bis 2037 Konzessionsnehmerin sei. Würde sie – wie im Hinblick auf die Umsatzsteuer behauptet – allein einen Schaden des Konzessionsgebers geltend machen, so müsste sie sich aber dessen Vorteil einer nun längeren Haltbarkeit des Schildes als Abzug Neu-für-alt entgegenhalten lassen. Richtigerweise steht die Klägerin aber insofern auf dem Standpunkt, dass es nur auf die Betrachtung ihrer Vermögenslage ankomme (s. oben).
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Daher stellten die Zahlungen, die der Konzessionsnehmer vom Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung erhält, gerade kein zusätzliches Entgelt für eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung an den Konzessionsgeber dar, sondern dienen allein der Kompensation des Schadens der Klägerin. Diese hat in Ansehung der übernommenen Verkehrssicherungspflichten selbständig sämtliche Maßnahmen durchzuführen und als eigene Aufgaben wahrzunehmen, die zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich sind. Damit kann die Klägerin als Konzessionsnehmerin nicht den Schadensersatzanspruch des Bundes geltend machen, sondern im Wege der Drittschadensliquidation einen eigenen. Davon geht ersichtlich auch die Klägerin aus.
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Mithin entspricht die Konstellation der, die der BGH im Urteil vom 18.03.2014, VI ZR 10/13 nicht beanstandet hat, wonach nämlich die Umsatzsteuer von keiner Partei bezahlt werden müsse, wenn die Aufträge nicht im Namen der Bundesrepublik, sondern im Namen des Vorsteuerabzugsberechtigten erteilt worden sind bzw. er selbst Leistungen erbringt. Nach dem Vortrag der Klagepartei hat sie die Aufträge an Dritte (zumindest auch) im eigenen Namen erteilt, nämlich zur Erfüllung der Pflichten aus § 21 des Konzessionsvertrags. Da die Klägerin unbestritten vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann die Vorsteuer mithin von Schädigern nicht geltend gemacht werden.
44
Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass der Konzessionsgeber einen eigenen Schaden erlitten hat, dessen Beseitigung er allerdings nicht beauftragen muss, da durch die Vereinbarung der Schaden schon auf die Konzessionsnehmerin verlagert ist, würde die Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) dazu führen, dass die Klägerin nicht den insofern höheren Schaden des Bundes, sondern nur den eigenen Schaden ersetzt verlangen kann. Dieser umfasst ob ihrer Vorsteuerabzugsberechtigung allerdings nicht die Umsatzsteuer.
45
Zudem hat das Gericht schon darauf hingewiesen, dass nicht vorgetragen ist, dass die Finanzbehörden nun die Umsatzsteuer schon nachgefordert hätten. Die Erstattung einer fiktiven Umsatzsteuer kann jedoch nach der Rechtsprechung nicht gefordert werden. Darauf, dass die Bescheide derzeit nicht rechtskräftig sind, kommt es nicht an, da damit noch nicht feststeht, dass die Umsatzsteuer auch tatsächlich noch anzuführen sein wird.
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IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Rücknahme einer nicht streitwerterhöhenden Nebenforderung bleibt insofern außer Betracht.
47
V. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich hinsichtlich der Klagepartei aus § 709 und hinsichtlich der Beklagten §§ 708 Nr.11 mit 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung …