Titel:
Zuwendungsrecht, Dezemberhilfe, Antragsberechtigung (verneint), Einzelhandelsunternehmen
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Dezemberhilfe, Antragsberechtigung (verneint), Einzelhandelsunternehmen
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 17.08.2023 – 22 ZB 23.1009
Fundstelle:
BeckRS 2023, 13000
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger, ein Unternehmen des Einzelhandels mit Spielwaren, begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Zuwendung im Rahmen der außerordentlichen Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe).
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Mit am 28. April 2021 unterzeichnetem, bei der Beklagten am 29. April 2021 eingegangenem Antrag (...) beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung der Dezemberhilfe. Als Branche, in der das Unternehmen schwerpunktmäßig tätig ist, ist im Antrag „Einzelhandel mit Spielwaren“ angegeben. Abzüglich einer Verrechnung von Leistungen aus anderen Programmen ergab sich im elektronischen Antrag eine voraussichtliche Höhe der Dezemberhilfe von 138.422,30 EUR. Dem Antrag war ferner ein Schreiben des prüfenden Dritten beigefügt, in dem darauf hingewiesen wurde, dass die Einzelhandelsgeschäfte wegen einer staatlichen Anordnung im Dezember 2020 für den Zeitraum ab 16. Dezember 2020 geschlossen waren. Klargestellt wird weiter, dass aufgrund einer Ungleichbehandlung zu anderen Branchen (z.B. Gastronomie) die Dezemberhilfe beantragt werde.
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Unmittelbar nach Eingang des Antrags gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Mai 2021 eine Abschlagszahlung für die Dezemberhilfe in Höhe von 50.000,- EUR. Die Bewilligung der Höhe der Abschlagszahlung für die Dezemberhilfe und die Auszahlung eines ersten Abschlags erging dabei unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid.
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Ab Ende Mai 2021 stellte die Beklagte über das elektronische Antragsportal Rückfragen zur Antragstellung, insbesondere hinsichtlich der direkten Betroffenheit der Antragstellerin, da sie weder unter den Bund-Länder-Beschluss noch die dazugehörige Schließungsverordnung falle. Der Kläger ließ durch den prüfenden Dritten erneut auf eine ungerechtfertigte und verfassungswidrige Ungleichbehandlung verweisen und – auf die Ankündigung einer Aufhebung und Rücknahme der Abschlagszahlung hin – seinen Antrag ausdrücklich aufrechterhalten.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 9. August 2021 wurde der Antrag auf Gewährung einer Dezemberhilfe abgelehnt (1.), der unter Vorbehalt der vollständigen Prüfung ergangene Bescheid vom 2. Mai 2021 über eine Abschlagszahlung auf die Dezemberhilfe aufgehoben (2.) der zu erstattende Betrag auf 50.000 EUR festgesetzt und unter Fristsetzung für die Rückzahlung die Verzinslichkeit des Erstattungsbetrags anordnet (3. und 4.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf eine fehlende direkte Betroffenheit der Antragstellerin abgestellt, da Unternehmen des Einzelhandels von der Schließungsanordnung auf Grundlage der Beschlüsse vom 28. Oktober, 25. November und 2. Dezember 2020 nicht betroffen gewesen seien und zunächst weiter geöffnet blieben. Die Schließung der Einzelhandelsunternehmen sei erst durch eine weitere Schließungsanordnung im Dezember angeordnet worden.
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Mit am 3. September 2021 eingegangenem Schriftsatz ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. August 2021 zu verpflichten, dem Kläger die begehrte außerordentliche Wirtschaftshilfe „Dezemberhilfe“ antragsgemäß zu gewähren,
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die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 29. April 2021 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
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Zur Begründung wird im Schriftsatz vom 19. Oktober 2022 darauf abgestellt, dass bereits die der Förderung zugrundeliegende Zuwendungsrichtlinie für die Gewährung der Dezemberhilfe rechtswidrig sei, da sie gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Im Einzelnen adaptiert die Klagebegründung hierzu maßgeblich die Argumentation eines Rechtsgutachtens aus dem März 2021, das durch den Handelsverband Deutschland (HDE e.V.) beauftragt wurde (vgl. https://einzelhandel.de/Rechtsgutachten). Darin wird im Wesentlichen davon ausgegangen, dass in der unterschiedlichen Ausgestaltung der Hilfsprogramme für die vom Lockdown betroffenen Unternehmen ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liege, aus dem sich ein Anspruch auf Gewährung der außerordentlichen Wirtschaftshilfe herleiten lasse. Diese Ungleichbehandlung bestehe zunächst hinsichtlich der Höhe bzw. der Art der Unterstützung, die in Form der November- und Dezemberhilfe einen Ersatz von bis zu 75% der Umsätze des jeweiligen Vorjahresmonats bedeute, in Form der etwa für stationäre Einzelhändler zur Verfügung stehenden Überbrückungshilfe III indes lediglich eine Erstattung der Fixkosten ermögliche. Auch in zeitlicher Hinsicht bestehe eine Ungleichbehandlung über einen Zeitraum von zwei Monaten, da die vom Lockdown ab dem 16. Dezember 2020 betroffenen Unternehmen, wie insbesondere stationäre Einzelhändler, ebenfalls länger als zwei Monate schließen mussten, aber keine auf den Umsatz bezogene Unterstützung erhalten hätten. Diese Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte und Personengruppen sei auch nicht gerechtfertigt. Es komme ein strenger Maßstab zur Anwendung, weil die Betriebsschließungen schwerste Grundrechtseingriffe darstellten, die die Corona-Hilfen teilweise kompensieren sollen. Die bestehende Gestaltung der Hilfsprogramme überschreite die Grenzen des Spielraums und der Typisierungsbefugnis des Subventionsgebers. Rechtsfolge der ungerechtfertigten Ungleichbehandlung sei ein Anspruch auf Gewährung der außerordentlichen Wirtschaftshilfe, welcher auch nicht im Hinblick auf verfügbare Haushaltsmittel oder auf unionsrechtlichen Vorgaben ausgeschlossen sei.
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Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 22. September 2021 beantragt die Beklagte
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Sie verteidigt den streitbefangenen Bescheid und verweist insbesondere erneut auf die fehlende Betroffenheit des Klägers im Sinne der Zuwendungsrichtlinie. In Bezug auf die vorgebrachte Argumentation des durch den Handelsverband Deutschland beauftragten Rechtsgutachtens weist die Beklagte insbesondere auch unter Vorlage des gemeinsamen Vermerks des Bundesministeriums für Wirtschaft und des Bundesministeriums der Finanzen vom 12. Juli 2021 darauf hin, in dem Gutachten werde verkannt, dass keine wesentliche Gleichheit hinsichtlich der von den Corona-Maßnahmen doch sehr unterschiedlich betroffenen Unternehmen vorliege. Der Kläger habe sie ihr stationäres Einzelhandelsgeschäft länger geöffnet halten können. In den Ausführungen zur Klagebegründung fehle es an einer Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Staatshaftungsrechts und ihrer Bedeutung für pandemiebedingte Betriebseinschränkungen. Im Kern werde versucht, einen aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Rechtsanspruch der von infektionsschützenden Maßnahmen betroffenen Unternehmen auf staatliche Entschädigungsleistungen zu begründen.
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Mit Beschluss vom 2. Mai 2023 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Mit Einverständnis der Beteiligten (vgl. Schreiben vom 2.11.2022 und 28.11.2022) kann über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Sie ist unbegründet.
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Der Kläger hat gegen die Beklagte den von ihr geltend gemachten Anspruch, sinngemäß gerichtet auf Verpflichtung zur Bewilligung und Auszahlung der unter dem 29. April 2021 beantragten außerordentlichen Wirtschaftshilfe (Dezemberhilfe) in Höhe von 138.422,30 EUR nicht inne (§ 113 Abs. 5 VwGO). Vielmehr erweist sich der Ablehnungsbescheid vom 9. August 2021 in seiner Nr. 1 als rechtmäßig. Ein Anspruch ergibt sich weder auf Grundlage der auf der einschlägigen Zuwendungsrichtlinie beruhenden Zuwendungspraxis zur Dezemberhilfe (nachfolgend unter 1.) noch besteht ein Anspruch auf oder unter Ausweitung dieser Praxis (nachfolgend unter 2.). Auch hat der Kläger keinen Anspruch auf Aufhebung der Rücknahme- und Rückforderungsanordnungen in Nrn. 2 bis 4 des streitbefangenen Bescheids vom 9. August 2021, da sich diese als rechtmäßig erweisen und den Kläger nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; dazu nachfolgend unter 3.).
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1. Bei der Dezemberhilfe handelt es sich, auch ausweislich der einschlägigen Förderrichtlinie in Satz 2 der Einleitung, um eine Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch im Rahmen der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel. Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
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1.1 Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 – 7 C 24.85 – juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 – juris Rn. 61; BayVGH, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – juris Rn. 24; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).
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1.2 Soweit der Kläger eine bereits im Grundsatz strengere zuwendungsrechtliche Rechtfertigungsprüfung als maßstäblich ansieht, kann dem nicht gefolgt werden. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 17). Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung gilt für den Bereich der Subventionen bzw. gewährenden Staatstätigkeit eine besonders große Gestaltungsfreiheit (vgl. grundlegend BVerfG, B.v. 12.2.1964 – 1 BvL 12/62 – juris Rn. 24; aus der Literatur z.B. Boysen, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 110 m.w.N.), die sich zutreffend an den vorgenannten Maßstäben auszurichten hat. Dies gilt auch und gerade mit Blick darauf, dass von der Versagung der Zuwendung Freiheitsgrundrechte, hier die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und das Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, betroffen sein können (vgl. dazu BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1.17 – juris Rn. 21 f.; NdsOVG, U.v. 15.11.2016 – 8 LB 58.16 – juris Rn. 37 ff.; grundsätzlich kritisch zum Ansatz einer gegenseitigen Verstärkung von Freiheits- und Gleichheitsrechten Boysen, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 109). Mit der Versagung der Dezemberhilfe geht kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers einher. Die Nichtgewährung einer Zuwendung, auf die – wie hier (vgl. dazu im Einzelnen nachfolgend) – kein Anspruch besteht, ist selbst auch dann kein eigentumsrechtlich beachtlicher Eingriff durch Unterlassen in durch Art. 14 GG geschützte Rechtsgüter, wenn ohne die Zuwendung die wirtschaftliche Existenzvernichtung des Grundrechtsträgers drohte (vgl. BVerwG, U.v. 11.5.2006 – 5 C 10.05 – juris Rn. 76; ferner etwa Kämmerer, in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 124 Rn. 40 m.w.N.).
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Nicht überzeugend ist in diesem Zusammenhang der durch das von dem Kläger in Bezug genommene Rechtsgutachten für den Handelsverband Deutschland (im Folgenden: HDE-Gutachten) verfolgte Ansatz, die Betroffenheit der Freiheitsgrundrechte auf der Ebene der Betriebsschließungen unmittelbar zur Maßstabsbildung für eine Zuwendungsgewährung heranzuziehen. Die zunächst sehr allgemeine Zielsetzung des Zuwendungsgebers, mit den Corona-Hilfsprogrammen wirtschaftliche Auswirkungen der Betriebsschließungen zu kompensieren bzw. die Existenz u.a. von Unternehmen zu sichern, ist aus Sicht des das HDE-Gutachtens Anlass dafür, unter dem Gesichtspunkt der durch die Betriebsschließungen gegebenenfalls betroffenen Freiheitsgrundrechte strengere Maßstäbe an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung bei der Zuwendungsgewährung anzulegen (Seite 33 ff. des Gutachtens). Dies trifft indes nicht zu.
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Richtigerweise sind vielmehr die Ebenen der Betriebsschließungen einerseits und jene der Zuwendungsgewährung andererseits zu trennen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass insoweit schon rein tatsächlich unterschiedliche staatliche Eingriffe inmitten stehen. Während die Betriebsschließungen als solche naheliegend zu einer Betroffenheit in den relevanten Freiheitsgrundrechten, besonders Art. 12 und 14 GG führen können, liegt der Ansatzpunkt auf Ebene der Zuwendungsgewährung, die hier allein verfahrensgegenständlich ist, gänzlich anders: Hierbei geht es primär darum, ob die Gewährung (gegebenenfalls auch einem dritten Wirtschaftsteilnehmer) bzw. insbesondere die Nichtgewährung der Zuwendung als solche eine Grundrechtsbetroffenheit bedingt (vgl. zu dieser Unterscheidung auch VG Berlin, U.v. 3.6.2022 – 26 K 129/21 – juris Rn. 32). Wie bereits ausgeführt, liegt dabei allerdings der Schwerpunkt auf dem Gleichheitssatz, auch wenn eine Betroffenheit in Freiheitsgrundrechten, insbesondere Art. 12 GG, daneben denkbar ist (so auch der Ansatz bei BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1.17 – juris Rn. 21).
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Zu einer möglichen Betroffenheit von Art. 12 GG werden im Einzelnen sehr nuancenreiche Ansätze vertreten (vgl. etwa die Übersichten bei Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 105; ders. in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 124 Rn. 45 ff.). Grundsätzlich ist zwar mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass die Berufsfreiheit im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG die freie unternehmerische Betätigung einschließlich des Verhaltens der Unternehmer im Wettbewerb umfasst. Diese Wettbewerbsfreiheit kann beeinträchtigt sein, wenn die öffentliche Hand durch berufs- oder wirtschaftslenkende Maßnahmen den freien Wettbewerb behindert. Die Annahme eines Eingriffs in das Grundrecht setzt dabei nicht voraus, dass die Beschränkung der Wettbewerbsfreiheit bezweckt ist. Ein Eingriff in diesen Schutzbereich der Berufsfreiheit liegt vielmehr bereits dann vor, wenn das betreffende hoheitliche Handeln aufgrund seiner tatsächlichen Auswirkungen die Berufsfreiheit zumindest mittelbar beeinträchtigt und insoweit eine deutlich erkennbare berufsregelnde Tendenz oder eine voraussehbare und in Kauf genommene schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit gegeben ist. So ist insbesondere in dem Ausschluss von staatlichen Wirtschaftsförderungsmaßnahmen, der bei den ausgeschlossenen Wettbewerbern einen erheblichen Konkurrenznachteil bewirkt, ein Eingriff in die Berufsfreiheit gesehen worden (BVerwG, U.v. 17.12.1991 – 1 C 5/88 – juris Rn. 16 f. unter Bezugnahme auf BVerfG, B.v. 12.6.1990 – 1 BvR 355/86 – juris Rn. 63).
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Hierfür ist indes in der vorliegenden Konstellation nichts ersichtlich. Die Klagepartei argumentiert zentral mit einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber Unternehmen insbesondere der Gastronomiebranche, die mit der außerordentlichen Wirtschaftshilfe der November- und Dezemberhilfe eine teilweise Entschädigung für die Coronabedingten staatlichen Betriebsschließungen erhalten haben, die wirtschaftlich erheblich über die Leistungen der Überbrückungshilfe II und III hinausgehen, die sie selbst erhalten hat bzw. würde (vgl. insbesondere Schriftsatz der Klägerseite vom 19.10.2022, S. 7, S. 22 ff. des HDE-Gutachtens). Aus der Perspektive einer Betroffenheit der Wettbewerbsfreiheit ist hierbei, ausgehend von dem in der Zuwendungsrichtlinie geregelten Zweck, zu berücksichtigen, dass es nach Nr. 1 Satz 3 der Zuwendungsrichtlinie das Ziel der Dezemberhilfe ist, durch einen Beitrag zur Kompensation des Umsatzausfalls die wirtschaftliche Existenz unter anderem von Unternehmen zu sichern, die infolge der Beschlüsse der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 28. Oktober, vom 25. November und vom 2. Dezember 2020 von Coronabedingten Betriebsschließungen bzw. Betriebseinschränkungen im Dezember 2020 betroffen sind und deshalb erhebliche Umsatzausfälle erleiden. Die Perspektive des Zuwendungsgebers ist mithin von der Stützung der Wirtschaft insgesamt geprägt und hat in ihrer allgemeinen Zielrichtung zunächst nicht die individuelle, rechtlich begründete Stützung bestimmter Unternehmen im Blick. Vor diesem Hintergrund erscheint es bereits fernliegend, dass die Zuwendung die für einen Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit im Grundsatz erforderliche berufsregelnde Tendenz oder eine voraussehbare und in Kauf genommene schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit aufweist (hierzu BVerwG, U.v. 17.12.1991 – 1 C 5/88 – juris Rn. 17; aus der Literatur z.B. Kühling in: Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht – Band 1, 4. Aufl. 2019, § 30 Rn. 15 m.w.N.). Da ferner eine Ungleichbehandlung bzw. Schlechterstellung im Vergleich zu gänzlich anderen Branchen – insbesondere der Gastronomie – gerügt wird, kann daraus weiterhin kein relevantes Wettbewerbsverhältnis (vgl. Kühling, aaO) abgeleitet werden, in dem etwa im Sinne der ausgeführten Rechtsprechung durch die Zuwendungsvergabe ein erheblicher Konkurrenznachteil entstünde.
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Damit ist bei der hier inmitten stehenden Konstellation eine Betroffenheit auch in Freiheitsgrundrechten, insbesondere Art. 12 GG, nicht ersichtlich. Inwieweit sich mittelbar unter dem Gesichtspunkt einer – im weitesten Sinne – Kompensation für Grundrechtsbetroffenheiten aufgrund der Betriebsschließungen über die bestehende Begünstigung hinausreichende Ansprüche ergeben, ist eine davon getrennt zu betrachtende Frage (siehe im Folgenden unter 2).
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1.3 Maßstäblich für die Überprüfung der Zuwendungsgewährung ist sonach – wie oben ausgeführt – angesichts der erheblichen Gestaltungsfreiheit des Zuwendungsgebers im Zusammenhang einer Billigkeitsleistung eine Willkürkontrolle. Dieser hält die hier inmitten stehende Ablehnung der Dezemberhilfe stand. Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 ZB 22.1151 – juris Rn. 17; B.v. 31.3.2022 – 6 ZB 21.2933 – juris Rn. 7; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; VG München, U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 23).
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Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. Im Vorwort der hier einschlägigen Richtlinie des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie für die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (Dezemberhilfe – BayMBl. 2020, Nr. 816 vom 30.12.2020, zuletzt geändert mit Bekanntmachung vom 12.1.2022 – BayMBl. 2022, Nr. 27) wird im Übrigen auch ausdrücklich klargestellt, dass die Dezemberhilfe im Rahmen der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch nach pflichtgemäßem Ermessen gewährt wird.
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1.4 Der Kläger hat – zunächst auf Grundlage der bestehenden Zuwendungspraxis der Beklagten bzw. der entsprechenden Zuwendungsrichtlinie – keinen Anspruch auf die beantragte Zuwendung. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte in ihrer ständigen Vollzugspraxis zur Bestimmung des Kreises der als direkt Betroffene antragsberechtigten Unternehmen auf der Grundlage der Nr. 2.1 Satz 1 lit. b auf Unternehmen (und Soloselbstständige einschließlich selbstständiger Angehörige der Freien Berufe im Haupterwerb) abstellt, wenn ihre wirtschaftliche Tätigkeit vom Lockdown betroffen ist, weil sie aufgrund der auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober, vom 25. November und vom 2. Dezember 2020 erlassenen Bestimmungen auf Landesebene, insbesondere der Schließungsverordnungen, den Geschäftsbetrieb einstellen mussten.
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1.4.1 Der Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit ihnen die mit der Funktion der Zuwendungsbehörde beliehene Beklagte (vgl. § 47b ZustV) sind nicht daran gehindert, im Sinne einer Eingrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger und Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken (vgl. auch VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; U.v. 14.7.2021 – M 31 K 21.2307 – juris Rn. 23). Dies gilt gleichermaßen für die sachliche Eingrenzung einer Zuwendung und die Festlegung der relevanten Maßstäbe zur Bestimmung der Höhe einer Zuwendung. Denn nur der Zuwendungsgeber bzw. die Zuwendungsbehörde bestimmen im Rahmen des ihnen eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Insoweit besitzen Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit diesen die Beklagte die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 19; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 – juris Rn. 19; VG München, B.v. 31.10.2022 – M 31 E 22.5178 – juris Rn. 24; U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris Rn. 26; U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.548, BeckRS 2022, 42039 Rn. 28; U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.982 – juris Rn. 25 f.; U.v. 14.6.2021 – W 8 K 20.2138 – juris Rn. 30).
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Diesen Maßstäben genügt die sowohl durch den Richtliniengeber vorgegebene als auch durch die Zuwendungsbehörde in ihrer ständigen Zuwendungspraxis umgesetzte Maßgabe, nach der als direkt Betroffene nur solche Unternehmen antragsberechtigt sind, deren wirtschaftliche Tätigkeit vom Lockdown betroffen ist, weil sie aufgrund der auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober, vom 25. November und vom 2. Dezember 2020 erlassenen Bestimmungen auf Landesebene den Geschäftsbetrieb einstellen mussten (oder es sich bei ihnen um Beherbergungsbetriebe oder Veranstaltungsstädten handelt, vgl. Ziff. 2.1 Satz 1, der Zuwendungsrichtlinie, insbesondere Buchst. b, Doppelbuchst. aa sowie Fußnote 9). Dies stellt im Sinne der eingangs ausgeführten Maßstäbe eine durch sachbezogene Gesichtspunkte gerechtfertigte und damit jedenfalls nicht willkürliche Ab- bzw. Eingrenzung der maßgeblichen Zuwendungsmaßstäbe dar.
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Ziel der Dezemberhilfe ist es – wie ausgeführt, vgl. Nr. 1 Satz 3 der Zuwendungsrichtlinie – durch einen Beitrag zur Kompensation des Umsatzausfalls die wirtschaftliche Existenz u.a. von Unternehmen und Soloselbstständigen zu sichern, die in der Folge des Beschlusses der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und den Regierungschefs der Länder vom 28. Oktober 2020 von Coronabedingten Betriebsschließungen bzw. Betriebseinschränkungen im November 2020 betroffen sind, und deshalb erhebliche Umsatzausfälle erleiden. Es handelt sich daher um ein Instrument, das spezifisch an eine Betroffenheit durch den vorgenannten politischen Beschluss anknüpft. Dies unterscheidet die Dezemberhilfe – im Übrigen gleichermaßen die Novemberhilfe (vgl. dazu VG München, U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris) – von den anderen Instrumenten und Programmen der Corona-Wirtschaftshilfe, die ohne Bezug auf bestimmte einschränkende Maßnahmen oder konkrete politische Beschlüsse an Coronabedingte Einbußen anknüpfen. Beispielhaft sichtbar wird dies etwa in Nr. 1 Satz 4 der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III – BayMBl. 2021, Nr. 132 vom 19.2.2021), wo im Rahmen der Zweckbestimmung lediglich allgemein von Coronabedingten erheblichen Umsatzausfällen die Rede ist. Der abweichende Charakter der Dezemberhilfe – und Novemberhilfe – zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass hierbei abweichend von den übrigen Instrumenten der Corona-Wirtschaftshilfe ein (anteiliger) Ersatz von Umsätzen stattfindet, wohingegen ansonsten die Leistungen in aller Regel auf den (anteiligen) Ersatz bestimmter betrieblicher Fixkosten beschränkt sind. Dementsprechend versteht auch der Zuwendungsgeber die Novemberhilfe als ein „sehr spezifisches Instrument“ zur Unterstützung von Unternehmen, die auf Grundlage des oben genannten Beschlusses und der daraufhin erlassenen Schließungsverordnungen der Länder ihren Geschäftsbetrieb einstellen mussten, bzw. von denjenigen, die indirekt oder direkt über Dritte von diesen Schließungsanordnungen betroffen sind (vgl. Antwort des Staatssekretärs Dr. N., Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf eine Schriftliche Frage des Abgeordneten Meiser, BT-Drs. 19/24779, S. 33).
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Soweit der Kläger in dieser Zuwendungspraxis eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen erblickt, die – wie der Kläger – erst infolge der Beschlüsse der Bundeskanzlerin und der Regierungschefin und Regierungschefs der Länder vom 13. Dezember 2020 von Betriebsschließungen bzw. Betriebseinschränkungen ab dem 16. Dezember 2020 betroffen war, und solchen, bei denen dies bereits seit dem 2. November 2020 infolge der Beschlüsse vom 28. Oktober, vom 25. November und vom 2. Dezember 2020 der Fall war, trifft dies mithin nicht zu. Vielmehr handelt es sich dabei um eine sachgerechte und willkürfreie Vorgehensweise, die sich durch den spezifischen Charakter der November- und Dezemberhilfe und ihren Bezug auf bestimmte Beschränkungsmaßnahmen rechtfertigt. Denn die Betroffenheit von bestimmten Schließungsanordnungen in formaler Hinsicht geht auch mit einer tatsächlich unterschiedlichen Belastung einher. Dies ist ein ausreichender, sachlicher Differenzierungsgrund. Die Beklagte durfte so willkürfrei auf die zeitliche Dauer der Betroffenheit durch die Schließungsanordnungen und die dadurch bedingte größere Intensität der Beeinträchtigung abstellen (im Ergebnis ebenso VG Gießen, U.v. 29.8.2022 – 4 K 1659/21.GI – juris Rn. 35 ff.; VG Berlin, U.v. 3.6.2022 – 26 K 129/21 – juris Rn. 24 ff.; VG München, U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 32).
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Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Förderrichtlinie und der darauf aufbauenden Förderpraxis bestehen keine triftigen Anhaltspunkte. Der Kläger wird nicht anders behandelt als andere Antragstellerinnen und Antragsteller, die ebenfalls bei einer erstmaligen Betriebsschließung aufgrund der auf Grundlage des Bund-Länderbeschlusses vom 13. Dezember 2020 erlassenen Bestimmungen nicht gefördert wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in vergleichbaren Zuwendungsfällen anders verfahren wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Erwägungen, die Förderung als solche auf Unternehmen zu beschränken, welche von den Schließungsanordnungen auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020, 25. November 2020 und 2. Dezember 2020 betroffen waren und ihre Leistung nicht mehr anbieten durften, stellen einen vertretbaren sachlichen Grund für die Verneinung der Förderberechtigung des Klägers dar (VG Würzburg, U.v. 15.11.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 44; VG Magdeburg, U.v. 30.11.2021 – 3 A 61/21 MD – juris Rn. 42).
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1.4.2 Unabhängig davon ist dem Zuwendungs- und Richtliniengeber bzw. der Zuwendungsbehörde ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz auch ein bestimmtes Maß an Typisierung zuzugestehen. Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen Gleichheitsgebote zu verstoßen (vgl. zuletzt etwa BVerfG, B.v. 29.1.2019 – 2 BvC 62/14 – juris Rn. 47 m.w.N.; zum Ganzen auch Boysen, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 98 f.). Gleiches gilt im Wesentlichen auch für die Bindung der Verwaltung im Bereich einer Zuwendungsgewährung (vgl. etwa VG München, U.v. 6.7.2021 – M 31 K 20.6548 – juris Rn. 38). Der Zuwendungsgeber ist daher nicht gehindert, den Förderungsgegenstand nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Dies umso mehr deswegen, weil ihm – wie bereits ausgeführt – sachbezogene Gesichtspunkte dabei in einem sehr weiten Umfang an die Hand gegeben sind. Der Zuwendungsgeber darf im Rahmen des von ihm verfolgten Regelungskonzepts die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Maßnahmen in seine Entscheidung einfließen lassen und muss nicht sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten – auch wenn diese durch infektionsschutzrechtliche Maßnahmen ebenfalls betroffen sind – in gleicher Weise begünstigen (vgl. im Zusammenhang der infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen OVG NRW, B.v. 26.3.2021 – 13 B 363/21.NE – juris Rn. 100).
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Ausgehend von der bereits dargelegten Zielbestimmung der November- und Dezemberhilfe, die Betroffenheit von bestimmten Schließungsanordnungen (teilweise) auszugleichen, kann zur Differenzierung der Antragsberechtigung auf die Coronabedingte angeordneten hoheitlichen Betriebsschließungen bzw. Betriebsbeschränkungen im Sinne der Ziffern 5 bis 8 des Beschlusses von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020 abgestellt werden. Von der November- und Dezemberhilfe ausdrücklich nicht umfasst sind sonach Unternehmen, wie der Kläger, aus Branchen, die erst auf Grundlage späterer Beschlüsse schließen mussten, wie insbesondere der Einzelhandel aufgrund des Bund-Länder-Beschlusses vom 13. Dezember 2020. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Zuwendungsgeber ausweislich des im Verfahren durch die Beklagte vorgelegten gemeinsamen Vermerks des Bundesministeriums für Wirtschaft und des Bundesministeriums der Finanzen vom 12. Juli 2021 eine über Umsätze pauschalierende Erstattung von Fixkosten über einen längeren Zeitraum für alle Betroffenen aus finanziellen und inhaltlichen Gründen für nicht sachgerecht erachtet und dabei auf die stark unterschiedlichen Kostenstrukturen der verschiedenen Branchen im Verhältnis zum erzielten Umsatz verweist und bei einer pauschalierte Kostenerstattung in einem branchenoffenen Programm von unverhältnismäßigen Überkompensationen ausgeht. Nachvollziehbar wird dazu des weiteren darauf verwiesen, dass anstelle der November – und Dezemberhilfe die Überbrückungshilfe III bereitsteht, die auf Grundlage des Beschlusses vom 13. Dezember 2020 zum zentralen Unterstützungsinstrument für betroffene Unternehmen ausgebaut wurde und somit für betroffene Unternehmen im Förderzeitraum November 2020 bis Juni 2021 zur Verfügung steht. Darüber hinaus wurde der mit den Schließungsanordnungen verbundene Wertverlust von Waren und anderen Wirtschaftsgütern im Einzelhandel und anderen Branchen durch Teilabschreibungen aufgefangen. Es liegt mithin kein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss der erst seit dem 16. Dezember 2020 vom Lockdown betroffenen Einzelhändler vor.
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Die gegenteilige Argumentation des vom Kläger vorgelegten und maßgeblich zur Klagebegründung in Bezug genommenen HDE-Gutachtens vom März 2021 überzeugt nicht. Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit ihm die mit der Funktion der Zuwendungsbehörde beliehene Beklagte stellen für ihre Differenzierung im Rahmen der Antragsberechtigung schon nicht auf eine frühere oder längere Betroffenheit der antragsberechtigten Unternehmen i.S.d. Nr. 2.1 lit. b der Zuwendungsrichtlinie einerseits und des Klägers als von den Bund-Länder-Beschlüssen vom 13. Dezember 2020 betroffenen Einzelhandelsunternehmen andererseits ab, sondern nehmen vielmehr maßgeblich in den Blick, dass die über Umsätze pauschalierende Erstattung von Fixkosten über einen längeren als von der November- und Dezemberhilfe erfassten Zeitraum hinaus und zudem auch branchenübergreifend insbesondere aus finanziellen Gründen nicht sachgerecht gewesen wäre. Denn mit der Überbrückungshilfe III steht auch eine Zuwendung für Unternehmen (und Soloselbstständige sowie Angehörige der Freien Berufe) wie den Kläger zur Verfügung, die unmittelbar oder mittelbar durch Coronabedingte Auflagen oder Schließungen betroffen sind. Diese Überbrückungshilfe erfolgt durch teilweise Übernahme der erstattungsfähigen Fixkosten für die Monate November 2020 bis Juni 2021 als Billigkeitsleistung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Zweifelsohne unterscheiden sich die Zuwendungsformen der Dezemberhilfe und der Überbrückungshilfe III in erheblicher Weise in der Höhe der zu gewährenden Billigkeitsleistung. Die Höhe der Billigkeitsleistung nach der Dezemberhilfe beträgt 75% des Vergleichsumsatzes, wobei Vergleichsumsatz grundsätzlich der Umsatz im Dezember 2019 ist, während die Überbrückungshilfe III einen Anteil – je nach Umsatzrückgang – von 40 bis 100% der Fixkosten im Fördermonat im Vergleich zum entsprechenden Monat des Jahres 2019 ersetzt. Darüber hinaus fördert die Überbrückungshilfe ergänzend zu einer reinen Fixkostenerstattung in gewissem Umfang auch die zumindest temporäre wirtschaftliche Anpassung von Unternehmen an die Umstände der Corona-Pandemie (vgl. insbesondere Nr. 3.1 Satz 1 Buchst. n und p der Zuwendungsrichtlinie zur Überbrückungshilfe III), namentlich durch den Ersatz von baulichen Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen, Investitionen in Digitalisierung oder Hygienemaßnahmen (vgl. zu diesen Aspekten z.B. BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris Rn. 26; VG München, U. v. 10.3.2023 – M 31 K 22.1123 – juris Rn. 29; VG Würzburg, U.v. 13.2.2023 – W 8 K 22.1507 – juris Rn. 84, 92, 99; U.v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1263 – juris Rn. 82 f.). Gerade vor dem Hintergrund dieser letztgenannten Komponente der Überbrückungshilfe ist zudem die insbesondere der Argumentation des HDE-Gutachtens (S. 23 f.) zugrundeliegende Ausgangsthese einer allgemeinen Schlechterstellung von Empfängern der Überbrückungshilfe im Vergleich zu Empfängern der November- und/oder Dezemberhilfe zumindest sehr einzelfallabhängig zu sehen. Dass die vorgenommene Differenzierung völlig ungeeignet und willkürlich wäre, um durch die Zahlungen eines Beitrags zu den betrieblichen Fixkosten das angestrebte Ziel einer Sicherung wirtschaftlicher Existenzen zu erreichen, ist hingegen nicht ersichtlich. Letztlich geht selbst das vorgenannte HDE-Gutachten hiervon nicht aus, wenn es die Leistungen nach der Überbrückungshilfe III lediglich als nicht adäquate Kompensation ansieht (vgl. dort S. 36 f.).
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2. Ein Anspruch auf die begehrte Dezemberhilfe besteht ferner auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Ausweitung der bestehenden Begünstigung, insbesondere nicht vor dem Hintergrund einer Entschädigung oder eines Ausgleichs für Maßnahmen im Vollzug des Infektionsschutzrechts, insbesondere Betriebsschließungen.
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2.1 Dies ergibt sich zunächst bereits in grundsätzlicher Weise aus dem Charakter der Dezemberhilfe, die eine Billigkeitsleistung darstellt. Eine solche ist von einer gegebenenfalls erforderlichen Entschädigung oder einem Ausgleich für infektionsschutzrechtliche Maßnahmen kategorisch zu unterscheiden (von dieser Unterscheidung ausgehend insbesondere BVerfG, B.v. 10.2.2022 – 1 BvR 1073/21 – juris Rn. 38; weiterhin etwa OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 11.5.2021 – OVG 11 S 41/21 – juris Rn. 61; VG Würzburg, U.v. 13.2.2023 – W 8 K 22.1507 – juris Rn. 112; U.v. 15.11.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 45; VG München, U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 38; zu den Überbrückungshilfen auch VG Schwerin, U.v. 17.3.2023 – 3 A 964/22 SN – juris Rn. 33; zum Ganzen Becker, in: Huster/Kingreen, InfektionsschutzR-HdB, Kap. 9 Rn. 58; Dörr, in: BeckOGK, Stand: 1.5.2022, BGB § 839 Rn. 1085.1). Aufgrund ihres Billigkeitscharakters sind Zuwendungen bzw. freiwillige Leistungen bereits grundsätzlich nicht geeignet, die Funktion rechtlich bestehender Ersatzverpflichtungen zu übernehmen (vgl. Grefrath, NJW 2022, 215, 220 unter Verweis auf weitere Unterschiede in den Rechtsfolgen). Der Zuwendungsgeber hat sich im Fall der Dezemberhilfe für den Weg einer solchen Billigkeitsleistung entschieden (vgl. Satz 2 der Einleitung der Zuwendungsrichtlinie, hierzu näher Becker, aaO.). Aus dem Umstand, dass derartige Billigkeitsleistungen insbesondere im Rahmen der Verhältnismäßigkeit infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen, namentlich von Betriebsschließungen, eine Rolle spielen und etwa durch Abmilderung wirtschaftlicher Folgen von infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen eine Minderung des Eingriffsgewichts darstellen können (vgl. beispielhaft BVerfG, B.v. 23.3.2022 – 1 BvR 1295/21 – juris Rn. 28; OVG Bremen, U.v. 19.4.2022 – 1 D 126/21 – juris Rn. 105; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 11.5.2021 – OVG 11 S 41/21 – juris Rn. 61; OVG NRW, B.v. 26.3.2021 – 13 B 363/21.NE – juris Rn. 87; VGH BW, B.v. 22.3.2021 – 1 S 649/21 – juris Rn. 82; zu Recht auf den Zusammenhang mit weiteren staatlichen Entlastungsmaßnahmen hinweisend SächsOVG, B.v. 22.12.2020 – 3 B 438/20 – juris Rn. 50 f.), lässt sich indes umgekehrt gerade keine maßstabsbildende Bedeutung für die Bemessung der Billigkeitsleistung entnehmen. Denn sie übernimmt trotz dieses Zusammenhangs gerade nicht die Funktion einer Entschädigungsgrundlage im technischen Sinne, die neben andere Institute – wie etwa die Grundsätze über den enteignenden Eingriff – tritt (hierzu umfassend und im Zusammenhang infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen statt vieler Dörr, in: BeckOGK, Stand: 1.5.2022, BGB § 839 Rn. 1081 ff.). Selbst wenn sich etwa eine infektionsschutzrechtliche Maßnahme auch unter Berücksichtigung einer bestehenden Billigkeitsleistung als unverhältnismäßig darstellen würde, hätte das zunächst nur Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme, würde jedoch nicht zu einem Anspruch auf eine Billigkeits- bzw. freiwillige Leistung in gleichsam „ausreichendem“ Umfang führen. Unter dem Gesichtspunkt einer Ausgleichsleistung oder einer Entschädigung besteht mithin kein Anspruch auf Schaffung oder Erweiterung einer freiwilligen Leistung (VG München, U.v. 17.10.2022 – M 31 K 21.4328 – juris Rn. 40; eingehend U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 38; vgl. auch VG Berlin, U.v. 3.6.2022 – 26 K 129/21 – juris Rn. 31). Vor diesem Hintergrund führt auch der durch den Kläger maßgeblich verfolgte Ansatz nicht weiter, die Zuwendungsvergabe und insbesondere ihren (inhaltlichen wie zeitlichen) Umfang letztlich auch mittelbar an einer ihr zugedachten Entschädigungsfunktion bzw. an Verhältnismäßigkeitserwägungen in Bezug auf zugrunde liegende Eingriffsmaßnahmen, hier maßgeblich mit Blick auf die Schwere der Grundrechtseingriffe, die durch die Betriebsschließungen entstanden sind, zu messen (vgl. insbesondere Seite 33 ff. des HDE-Gutachtens, Schriftsatz der Klagepartei vom 19.10.2022, S. 7).
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2.2 Unabhängig davon besteht im Übrigen auch in der Sache keine Entschädigungspflicht, die zu einem entsprechend erweiterten Umfang der Billigkeitsleistung führen könnte. Die im Rahmen der COVID-19-Pandemie angeordneten flächendeckenden infektionsschutzrechtliche Maßnahmen sind als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG anzusehen und entschädigungslos hinzunehmen. Die Kammer folgt der aktuellen rechtlichen Bewertung des Bundesgerichtshofs, wonach es in einem offenen Widerspruch zum Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Entschädigung stünde, wenn die Gerichte – gestützt auf das richterrechtliche Institut des enteignenden Eingriffs – im Zusammenhang mit einer Pandemiebekämpfung im Anwendungsbereich von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG massenhafte und großvolumige Entschädigungen zuerkennen würden (BGH, U.v. 17.3.2022 – III ZR 79/21 – juris Rn. 59; zuvor bereits etwa LG München I, U.v. 28.4.2021 – 15 O 7232/20, BeckRS 2021, 15930 Rn. 53 m.w.N.). Ebenso wenig kann dem Kläger unter dem Gesichtspunkt der sogenannten ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung des Eigentums eine Entschädigung zuerkannt werden. Es erscheint bereits sehr zweifelhaft, ob dieses Rechtsinstitut, das bislang vor allem auf Härtefälle bei unzumutbaren Belastungen einzelner Eigentümer angewandt worden ist, geeignet ist, auf Pandemielagen sachgerecht im Sinne einer gerechten Lastenverteilung zu reagieren. Jedenfalls wäre es im Hinblick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Entschädigung nicht zulässig, dem Kläger vorliegend einen Ausgleichsanspruch kraft Richterrechts unter dem Gesichtspunkt der ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung zu gewähren. Zutreffend weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass Hilfeleistungen für von einer Pandemie schwer betroffene Wirtschaftsbereiche keine Aufgabe der Staatshaftung sind. Vielmehr folgt aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), dass die staatliche Gemeinschaft Lasten mitträgt, die aus einem von der Gesamtheit zu tragenden Schicksal entstanden sind und nur zufällig einen bestimmten Personenkreis treffen (BVerfG, B.v. 3.12.1969 – 1 BvR 624/56 – juris Rn. 83). Hieraus folgt zunächst nur die Pflicht zu einem innerstaatlichen Ausgleich, dessen nähere Gestaltung weitgehend dem Gesetz- und Richtliniengeber überlassen ist (BGH, aaO, Rn. 62). Erst eine solche Regelung kann konkrete Ausgleichsansprüche der einzelnen Geschädigten begründen. Dieser sozialstaatlichen Verpflichtung kann der Staat zum Beispiel dadurch nachkommen, dass er – wie im Fall der COVID-19-Pandemie geschehen – haushaltsrechtlich durch die Parlamente abgesicherte Ad-hoc-Hilfsprogramme auflegt („Corona-Hilfen“), die die gebotene Beweglichkeit aufweisen und eine lageangemessene Reaktion zum Beispiel durch kurzfristige existenzsichernde Unterstützungszahlungen an betroffene Unternehmen erlauben.
41
Dem Richtlinien- bzw. Zuwendungsgeber steht es auch mit Blick auf seine vorgenannte sozialstaatliche Verpflichtung frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben bzw. hier durch die beliehene Beklagte handhaben zu lassen. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls sogar bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 13; VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 28). Dies ist, wie vorstehend dargelegt, hier nicht der Fall. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Erörterung dazu, ob ein durch eine gleichheitswidrige Zuwendungspraxis bewirkter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV auch vorliegend nur dadurch geheilt werden könnte, dass er die betreffende Leistung auch den zu Unrecht Ausgeschlossenen gewährte (vgl. BVerwG, U.v. 21.8. 2003 – 3 C 49.02 – juris Rn. 14 ff.; U.v. 25.7.2007 – 3 C 10.06 – juris Rn. 36 ff.). Mit Blick auf die vorgenannten Ausführungen des Bundesgerichtshofs, die die Kammer uneingeschränkt teilt, bestünden daran jedenfalls für die hier inmitten stehenden finanziellen Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie nicht unerhebliche Zweifel, denen indes mit Blick auf das vorstehend Erörterte mangels Entscheidungserheblichkeit hier nicht weiter nachgegangen werden muss.
42
2.3 Vor dem Hintergrund der wie ausgeführt fehlenden Antragsberechtigung der Klägerin im Rahmen der Dezemberhilfe führt auch der hilfsweise gestellte Antrag auf ermessensfehlerfreie Bescheidung nicht weiter.
43
3. Der angefochtene Bescheid vom 9. August 2021 ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), als die Beklagte darin die Aufhebung des Bescheids vom 2. Mai 2021 über eine Abschlagszahlung auf die Dezemberhilfe (Ziff. 2) und die Erstattung der gewährten Abschlagszahlung i.H.v. 50.000,- Euro (Ziff. 3) sowie deren Verzinsung (Ziff. 4) angeordnet hat.
44
3.1 Es kann offenbleiben, ob als Rechtsgrundlage für die Rücknahme der mit Bescheid vom 2. Mai 2021 gewährten Abschlagszahlung Art. 48 BayVwVfG herangezogen werden kann, wofür einiges spricht und wovon die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids ausgeht. Denn es handelt sich vorliegend offensichtlich um die Konstellation einer lediglich vorläufigen bzw. vorbehaltlichen Bewilligung einer Abschlagszahlung (vgl. hierzu grundsätzlich BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 33; ferner etwa VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 58 m.w.N.). Gemäß Ziff. 2 des die Abschlagszahlung gewährenden Bescheids vom 2. Mai 2021 erging die Bewilligung ausdrücklich unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid. Hierauf nimmt ferner der Tenor des streitgegenständlichen Bescheids vom 9. August 2021 ausdrücklich Bezug. Grundsätzlich ist nach den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB zu erforschen, wie der Adressat einen Verwaltungsakt unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers stellt sich der Bescheid über eine Abschlagszahlung als vorläufiger Zuwendungsbescheid dar (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 14 f.; zu einer entsprechenden Konstellation VG München, U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 42).
45
In diesem Fall einer vorbehaltlichen Regelung bzw. eines Schlussbescheids ist eine Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG nicht erforderlich bzw. findet diese Vorschrift keine Anwendung. Vielmehr wird die vorläufige Gewährung der Abschlagszahlung durch den endgültigen, hier streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid ersetzt und erledigt. Der Bewilligungsbescheid ist lediglich die Grundlage für die vorläufig geleistete Abschlagszahlung; hierin erschöpft sich seine Rechtswirkung. Demgegenüber kommt dem angefochtenen Bescheid in dieser Hinsicht der Charakter eines Schlussbescheids mit dem Regelungsgehalt zu, die beantragte Dezemberhilfe (endgültig) abzulehnen und die sich hieraus angesichts der erfolgten Abschlagszahlung ergebende Überzahlung nebst Zinsen zurückzufordern (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 34; U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 16; ferner etwa VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 58; VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2014 – 13 K 430/13 – juris Rn. 42).
46
Kommt ein Gericht zu dem Ergebnis, ein Bescheid sei zu Unrecht auf eine nicht tragfähige – oder wie hier: weniger nahe liegende – Rechtsgrundlage gestützt worden, ist es gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch verpflichtet zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Bescheid mit Blick auf sonstige Rechtsgrundlagen aufrechterhalten werden kann (vgl. rechtsgrundsätzlich BVerwG, B.v. 29.7.2019 – 2 B 19/18 – juris Rn. 24; U.v. 19.8.1988 – 8 C 29/87 – juris; U.v. 31.3.2010 – 8 C 12/09 – juris Rn. 16; ebenso BayVGH, U.v. 23.7.2020 – 14 B 18.1472 – juris Rn. 29; VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 56; U.v. 3.8.2017 – M 2 K 16.3853 – juris Rn. 18; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, Rn. 7a zu § 47). Bei einer solchen Konstellation bedarf es keiner (richterlichen) Umdeutung, sodass die Aufrechterhaltung des Bescheides auch nicht davon abhängt, ob die Voraussetzungen für eine Umdeutung nach Art. 47 BayVwVfG erfüllt sind. So liegt der Fall hier. Der Regelungsgehalt des angegriffenen Bescheids bleibt unverändert, wenn die Aufhebung der gewährten Abschlagszahlung in zutreffender Weise als Schlussbescheid unter endgültiger Ablehnung der Dezemberhilfe anstelle einer Rücknahme des Bescheids über eine Abschlagszahlung angesehen wird, zumal der Tenor des streitgegenständlichen (Aufhebungs-)Bescheids, wie ausgeführt, ohnehin auf den Vorbehalt der vollständigen Prüfung im gewährenden Bescheid Bezug nimmt.
47
Erforderlich sind zudem auch keine anderen oder zusätzlichen als die im streitgegenständlichen Bescheid vorgenommen Ermessenserwägungen, zumal das Verständnis als lediglich die vorläufige Gewährung der Abschlagszahlung ersetzender Schlussbescheid zu deutlich weniger anspruchsvollen Voraussetzungen für die getroffene Regelung führt. Schließlich entspricht dies auch der Absicht der Beklagten; auch die Rechtsfolgen erweisen sich für den Kläger endlich nicht als ungünstiger (vgl. in ähnlicher Konstellation VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 56).
48
3.2 Die Verpflichtung zur Erstattung der nach endgültiger Ablehnung der Dezemberhilfe durch den streitgegenständlichen Bescheid rechtsgrundlos erfolgten Abschlagszahlung i.H.v. 50.000,- Euro folgt aus Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG (analog). Der in Form einer vorläufigen Regelung ergangene Bescheid über eine Abschlagszahlung vom 2. Mai 2021 hat wie ausgeführt gemäß Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG seine Rechtswirkung dadurch verloren, dass er durch die streitgegenständliche endgültige Ablehnung ersetzt wurde. Wird ein Verwaltungsakt, der eine Zuwendung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt, der die Zuwendung in geringerer Höhe festsetzt, oder wie hier gänzlich ablehnt, so gelten nach herrschender Auffassung die Erstattungsvorschriften des Art. 49a Abs. 1 und 3 BayVwVfG entsprechend (BayVGH, U.v. 10.11.2021 – 4 B 20.1961 – juris Rn. 18, 28; unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 11.5.2016 – 10 C 8/15 – juris Rn. 11; U.v. 19.11.2009 – 3 C 7/09 – juris Rn. 24).
49
Gegen die ferner angeordnete Verzinsung bei Zahlungsverzug bestehen keine Bedenken, zumal mit dieser Regelung ohnehin von der auf Grundlage des Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG möglichen Verzinsung zum Teil abgesehen wurde.
50
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
51
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.