Titel:
Verjährung eventueller Ansprüche gegen Audi wegen des dort entwickelten, hergestellten und eingebauten 3,0-Liter-Motors bei Klageerhebung im Jahr 2022 (hier: Audi SQ5)
Normenketten:
BGB § 195, § 199 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, § 823 Abs. 2, § 826, § 852
ZPO § 148, § 167, § 522 Abs. 2
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
Fahrzeugemissionen-VO Art. 5 Abs. 2
Typgenehmigungsverfahrens-RL Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1, Art. 46
Leitsätze:
1. Vgl. zu 3,0 Liter-Motoren von Audi mit unterschiedlichen Ergebnissen auch: BGH BeckRS 2021, 37683; BeckRS 2022, 21374; KG BeckRS 2023, 2608; OLG Bamberg BeckRS 2023, 10858; BeckRS 2023, 10853; BeckRS 2023, 11790; OLG Brandenburg BeckRS 2022, 32170; OLG Braunschweig BeckRS 2022, 28824; BeckRS 2022, 27100; OLG Nürnberg BeckRS 2023, 5896; BeckRS 2023, 5895; BeckRS 2023, 8575; BeckRS 2023, 9333; OLG Zweibrücken BeckRS 2022, 39887; BeckRS 2022, 39888; BeckRS 2022, 18797; BeckRS 2022, 34107; BeckRS 2022, 36850; BeckRS 2022, 41600; OLG München BeckRS 2022, 43580; BeckRS 2023, 7833; BeckRS 2023, 12847; BeckRS 2023, 13677; BeckRS 2022, 36080 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1); OLG Bamberg BeckRS 2022, 28703 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1) sowie OLG Brandenburg BeckRS 2021, 52227 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1). (redaktioneller Leitsatz)
2. Dem Käufer eines Audi-Fahrzeugs mit 3,0 l V6 Turbodieselmotor fällt hinsichtlich der fehlenden Kenntnis der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom Diesel-Abgasskandal jedenfalls ab dem Jahr 2018 grob fahrlässige Unkenntnis zur Last, da ab Mitte des Jahres 2017 auch die V-TDI Problematik aufgrund der durch das KBA festgestellten Auffälligkeiten in der Motorsteuerungssoftware von V6-Dieselmotoren infolge einer konstanten Medienberichterstattung (Überarbeitung von 850.000 Fahrzeugen, Rückrufe, Bußgeldbescheid über 800 Mio. €) und einer Vielzahl veröffentlichter Pressemitteilungen des KBA und der Herstellerin im Fokus der Öffentlichkeit gestanden habe. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Zustellung einer Klage am 10.3.2022 wirkt nicht gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung Mitte Dezember 2021 zurück, wenn der Kläger Verzögerungen im Zusammenhang mit der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses zu verantworten hat. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es ist auch im Lichte der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21.03.2023 nicht erkennbar, dass im Sinne der Differenzhypothese oder im Wege der normativen Kontrolle der Differenzhypothese im Schutzbereich des § 823 Abs. 2 BGB die Gewährung großen Schadensersatzes geboten wäre. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
5. Hätte die Herstellerin das KBA um entsprechende Auskunft gebeten, hätte das KBA das von der Herstellerin im Fahrzeug verwendeten Thermofenster nicht als unzulässig beurteilt, so dass die Herstellerin beim Einbau dieses Thermofensters jedenfalls in unvermeidbarem Verbotsirrtum gehandelt hätte. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, Audi AG, 3.0 l V6 Dieselmotor, unzulässige Abschalteinrichtung, Verjährung, grob fahrlässige Unkenntnis von der konkreten Betroffenheit, Medienberichterstattung, Pressemitteilungen, Differenzhypothese, unvermeidbarer Verbotsirrtum
Vorinstanz:
LG Augsburg vom -- – 021 O 4817/21
Fundstelle:
BeckRS 2023, 12797
Tenor
1. Der Antrag des Klägers, das Verfahren gemäß § 148 ZPO (analog) bis zur Entscheidung des Rechtsstreits vor dem Europäischen Gerichtshof im Verfahren C-100/21 auszusetzen, wird zurückgewiesen.
2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 13.12.2022, Az. 021 O 4817/21, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 31.01.2023, Az. 021 O 4817/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.06.2023.
4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert im Berufungsverfahren auf bis zu 45.000,00 € festzusetzen. Binnen vorgenannter Frist können die Parteien auch zum Streitwert des Berufungsverfahrens Stellung nehmen.
Gründe
1
Die Voraussetzungen für eine Aussetzung gemäß § 148 ZPO (analog) liegen nicht vor, da das Vorabentscheidungsverfahren C-100/21 mit Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21.03.2023 (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111) beendet wurde.
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1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung lässt noch hinreichend erkennen, welche Gründe der Kläger den Erwägungen des Landgerichts entgegensetzt.
3
2. Die Berufung ist aber offensichtlich unbegründet. Das Landgericht hat etwaige Ansprüche des Klägers aus §§ 823 ff. BGB zutreffend aufgrund der erhobenen Verjährungseinrede verneint. Die hiergegen mit der Berufung erhobenen Rügen verfangen nicht. Zu den Berufungsangriffen ist Folgendes anzumerken:
4
a) Mangels vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien kommt allenfalls eine deliktische Haftung der Beklagten im Zusammenhang mit dem vom Kläger am 09.10.2017 beim … Zentrum …, Zweigniederlassung der … vorgenommenen Erwerb des Fahrzeugs Audi SQ5, Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN): … ausgestattet mit einem 3,0 l V6 Turbodieselmotor (240 KW/326 PS, Hubraum 2.967 ccm, Abgasnorm: EU6), Datum der Erstzulassung: 27.03.2017, Kilometerstand bei Erwerb: 4.800 km, zum Preis von 58.460,00 € brutto (Anlagen K A1, K A2) in Betracht. Offenbleiben kann deshalb, ob das Fahrzeug des Klägers einen Mangel im Sinne des § 434 BGB in der bis zum 31.12.2021 gültigen Fassung aufweist.
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b) aa) Der Senat teilt in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung, dass für eine deliktische Haftung der Beklagten die Klagepartei grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen trägt (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2022 – VII ZR 442/21, BeckRS 2022, 19714 Rn. 25; BGH, NJW 2019, 3638, 3641; OLG München, NJW-RR 2019, 1497, 1498; Senat, Hinweisbeschluss vom 13.11.2020 – 27 U 4262/20). Bei der Inanspruchnahme einer juristischen Person hat der Anspruchsteller dementsprechend auch darzulegen und zu beweisen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter (§ 31 BGB) die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat (vgl. BGH, NJW-RR 2021, 1029 Rn. 14; BGH, NJOZ 2021, 1327 Rn. 15; BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 35).
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Selbst wenn man unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze zugunsten der Klagepartei hinsichtlich des Schadenseintritts das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO für ausreichend erachten würde und berücksichtigt, dass ein Schaden im Sinne des § 826 BGB auch in einer auf einem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen kann, ohne dass es auf die objektive Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung ankommt (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 740 Rn. 26; BGH, NJW 2022, 1674 Rn. 12; BGH, NJW-RR 2021, 1029 Rn. 23 m.w.N.) und ein Geschädigter, der durch das deliktische Handeln eines Dritten zum Abschluss eines Kaufvertrags bestimmt worden ist, wenn er die Kaufsache behalten möchte, als Schaden von dem Dritten den Betrag ersetzt verlangen kann, um den er den Kaufgegenstand – gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung – zu teuer erworben hat (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 1033 Rn. 7 ff.; BGH, NJW-RR 2022, 23 Rn. 17; BGH, NJW 2021, 3041 Rn. 12 ff., 15 ff.), steht vorliegend dem Kläger gegen die Beklagte weder ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB (analog) bzw. § 831 BGB noch aus anderen deliktsrechtlichen Vorschriften zu. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsführers kann sich die Beklagte mit Erfolg auf die von ihr erhobene Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) berufen.
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bb) Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist 3 Jahre. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).
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(1) (a) Für den Beginn der Verjährung gemäß § 199 Abs. 1 BGB genügt es, dass der geschädigte Fahrzeugkäufer Kenntnis vom „Diesel-“ bzw. „Abgasskandal“ im Allgemeinen, von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs und von der Relevanz dieser Betroffenheit für seine Kaufentscheidung hat, wobei letztere Kenntnis nicht gesondert festgestellt werden muss, sondern naturgemäß beim Geschädigten vorhanden ist (vgl. BGH, NJW 2022, 1311 Rn. 17 m.w.N.; OLG Köln, Urteil vom 17.01.2023 – 3 U 88/22, BeckRS 2023, 2516 Rn. 20). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorhanden, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist (vgl. BGH, NJW 2017, 248 Rn. 10; BGH, Urteil vom 08.05.2014 – I ZR 217/12, BeckRS 2014, 12893 Rn. 38). § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt nur auf die Kenntnis der tatsächlichen Umstände ab, mithin des Lebenssachverhalts, der die Grundlage des Anspruchs bildet (vgl. BGH, NJW 2016, 629 Rn. 39 m.w.N.). Dabei ist weder notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können (vgl. BGH, NJW 2008, 2576 Rn. 27). Die erforderliche Kenntnis ist vielmehr bereits vorhanden, wenn die dem Geschädigten bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners als naheliegend erscheinen zu lassen. Es muss dem Geschädigten lediglich zumutbar sein, aufgrund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch mit dem verbleibenden Prozessrisiko, insbesondere hinsichtlich der Nachweisbarkeit von Schadensersatz auslösenden Umständen. Die dreijährige Verjährungsfrist gibt dem Geschädigten dann noch hinreichende Möglichkeiten, sich für das weitere Vorgehen noch sicherere Grundlagen, insbesondere zur Beweisbarkeit seines Vorbringens, zu verschaffen (vgl. BGH, NJW 2021, 918 Rn. 8 m.w.N.). Allerdings steht es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der vom Gesetz geforderten positiven Kenntnis gleich, wenn der Geschädigte diese Kenntnis nur deswegen nicht besitzt, weil er vor einer sich ihm ohne Weiteres anbietenden, gleichsam auf der Hand liegenden Erkenntnismöglichkeit, die weder besondere Kosten noch nennenswerte Mühe verursacht, die Augen verschlossen hat (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 681 Rn. 7 m.w.N.).
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Aus der Regelung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, die nur auf die Kenntnis der den Anspruch begründenden tatsächlichen Umstände abstellt, ergibt sich, dass das Risiko der fehlerhaften rechtlichen Bewertung eines Sachverhalts vom Gesetz grundsätzlich dem Anspruchsinhaber auferlegt wird (vgl. BGH, NJW 2016, 629 Rn. 39). Nicht erforderlich ist also in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig – als erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos – einzuschätzen vermag. In diesen Fällen fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (vgl. BGH, NJW 2021, 918 Rn. 9 m.w.N.).
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(b) Grobe Fahrlässigkeit (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB) setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis liegt dann vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung vorgeworfen werden können (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 681, 683 Rn. 13 m.w.N.). Dabei bezieht sich die grob fahrlässige Unkenntnis ebenso wie die Kenntnis auf Tatsachen, auf alle Merkmale der Anspruchsgrundlage und bei der Verschuldenshaftung auf das Vertretenmüssen des Schuldners, wobei es auf eine zutreffende rechtliche Würdigung nicht ankommt. Ausreichend ist, wenn dem Gläubiger aufgrund der ihm grob fahrlässig unbekannt gebliebenen Tatsachen zugemutet werden kann, zur Durchsetzung seiner Ansprüche gegen eine bestimmte Person aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos Klage – sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage – zu erheben (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 681, 683 Rn. 14).
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(c) Die Darlegungs- und Beweislast für Beginn und Ablauf der Verjährung und damit für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB trägt der Schuldner. Soweit es um Umstände aus der Sphäre des Gläubigers geht, hat dieser aber an der Sachaufklärung mitzuwirken und erforderlichenfalls darzulegen, was er zur Ermittlung der Voraussetzungen seiner Ansprüche und der Person des Schuldners getan hat (vgl. BGH, NJW 2021, 3250 Rn. 17; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2022 – 6 U 236/21, BeckRS 2022, 32281 Rn. 24).
12
(d) Nach diesen Grundsätzen ist die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil, soweit das Landgericht unter Berücksichtigung des Vortrags der Parteien und nach Anhörung des Klägers, der angegeben hatte, von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom Abgasskandal erst kurz vor dem Aufspielen des Software-Updates durch die Werkstatt Kenntnis erlangt zu haben (vgl. Protokoll der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Augsburg vom 22.11.2022, S. 2), mit dem nach § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO erforderlichen Maß „für wahr erachtet“ hat, dass dem Kläger angesichts der u.a. flächendeckenden Medienberichterstattung seit Mitte des Jahres 2017 jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis ab dem Jahr 2018 zur Last falle, nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat seiner Überzeugungsbildung ersichtlich zu Grunde gelegt, dass es dafür keiner absoluten oder unumstößlichen Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit bedarf, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, NJW 2021, 3250 Rn. 19; BGH, NJW 2020, 1072 Rn. 9; BGH, NJW 2014, 71 Rn. 8; OLG Brandenburg, Hinweisbeschluss vom 23.12.2019 – 11 U 62/19, BeckRS 2019, 38188 Rn. 5). Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Eingangsgerichts sind auf Grund der vom Kläger in der Berufungsbegründung vorgebrachten Bedenken nicht gegeben.
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Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung dargelegt, dass die sog. „Dieselthematik“ aufgrund der seit dem Jahr 2015 andauernden medialen Berichterstattung hinsichtlich der EA189-Fahrzeuge der Allgemeinheit bekannt war. Ferner hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass ab Mitte des Jahres 2017 auch die V-TDI Problematik aufgrund der durch das Kraftfahrt-Bundesamt festgestellten Auffälligkeiten in der Motorsteuerungssoftware von V6- bzw. V8-Dieselmotoren infolge einer konstanten Medienberichterstattung und einer Vielzahl veröffentlichter Pressemitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamts und der Beklagten im Fokus der Öffentlichkeit gestanden habe. Insbesondere hätten die Medien über die Pläne der Beklagten, bis zu 850.000 Fahrzeuge mit Sechs- bzw. Achtzylinder-Dieselmotoren der Abgasnormen EU5 und EU6 zu überarbeiten, berichtet. Die Medienberichterstattung über die Beanstandungen des Kraftfahrt-Bundesamts an V6- bzw. V8-Dieselmotoren der Abgasnormen EU5 und EU6 und die erlassenen Rückrufe habe auch im Jahr 2018 nicht abgerissen. Die Pressemitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts vom 23.01.2018, über die unter Nennung der betroffenen Fahrzeugtypen, u.a. des streitgegenständliche Fahrzeugs SQ5 in der Presse u.a. auf Spiegel-Online, in der Bild am Sonntag oder der SZ berichtet wurde, habe folgenden Wortlaut gehabt (vgl. Klageerwiderung, S. 15): „Bei der Überprüfung der Audi 3.0 l Euro 6, Modelle A4, A5, A6, A7, A8, Q5, SQ5, Q7, durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wurden unzulässige Abschalteinrichtungen nachgewiesen. (…). Das KBA hat deshalb in den vergangenen Wochen verpflichtende Rückrufe dieser Fahrzeuge angeordnet, um die Vorschriftsmäßigkeit der produzierten Fahrzeuge wiederherzustellen.“ Ebenso habe der gegen die Beklagte im Zusammenhang mit der Ausweitung des Dieselskandals erlassene Bußgeldbescheid über die Summe von insgesamt 800 Mio. € große Aufmerksamkeit in der Presse erfahren. Zudem habe auf der Internetseite der Beklagten abgefragt werden können, ob das Fahrzeug mit der vom Kraftfahrt-Bundesamt beanstandeten Bedatung der Motorsteuerungssoftware ausgestattet ist.
14
Die Beklagte hat die Informationsmaßnahmen und die Presseberichterstattung ausreichend konkret dargelegt, ohne dass sich der Kläger hierzu erklärt hat. Die Beklagte hat schlüssig vorgetragen, dass dem Kläger im Jahr 2018 bekannt war, dass die Beklagte unzulässige Abschalteinrichtungen verwendet hat, dass es deswegen zu Rückrufen durch das Kraftfahrt-Bundesamt gekommen ist, und dass auch das Fahrzeug des Klägers hiervon betroffen ist. Zwar handelt es sich vorliegend nicht um dieselbe Abschaltlogik wie beim Motor EA 189, die so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten wurden, und die in den Medien als „Schummelsoftware“ oder „Manipulationssoftware“ bezeichnet wurde. Aus der Beschreibung der Funktion der hier vorliegenden Abschalteinrichtung in der Pressemitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts und der hierzu begleitenden Berichterstattung unter Schlagworten wie „Abgasskandal“ oder „Betrugssoftware“ ist aber ausreichend erkennbar, dass die hier eingesetzte Abschalteinrichtung („Aufheizstrategie“, Strategie A) vergleichbar manipulativ ist und ebenfalls eine Vielzahl von Fahrzeugen betrifft (vgl. OLG Köln, Urteil vom 17.01.2023 – 3 U 88/22, BeckRS 2023, 2516 Rn. 29).
15
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits in der Klageschrift zu der Entwicklung des sog. „Dieselskandals“ seit dem Jahr 2015 bzw. zur Verwicklung der Beklagten umfangreich vorgetragen (vgl. Klage, S. 33 ff., 53 f.) und dabei zwischen dem Motor EA 189 und einem 3.0-Liter-Motor differenziert hat. Auch war es für die Zumutbarkeit der Klageerhebung und damit für den Beginn der Verjährungsfrist nicht erforderlich, die Verwirklichung des objektiven und subjektiven Tatbestands des § 826 BGB zuverlässig einer namentlich benannten Person im Hause der Beklagten zuzuordnen. Es hätte genügt, wenn der Kläger konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen hätte, dass es ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten war, der vorsätzlich sittenwidrig gehandelt hat. Dafür hätte der Verweis auf die durch den Kläger gerügte Strategie A, auch „Aufheizstrategie“ genannt, die Vielzahl der betroffenen Fahrzeuge und die damit verbundenen weitreichenden Konsequenzen ausgereicht (vgl. BGH, NJW 2021, 918 Rn. 23 m.w.N.). Eine abweiche Wertung aufgrund des Vortrags des Klägers, dass das Software-Update erst im Jahr 2019 auf das gegenständliche Fahrzeug aufgespielt wurde, ist nicht geboten, zumal auch der Kläger im Schriftsatz vom 03.06.2022 (dort S. 1) davon ausgegangen ist, dass – nachdem der Rückrufbescheid im Jahr 2018 ergangen ist – die Verjährungsfrist gemäß § 199 BGB am 31.12.2018 zu laufen begonnen habe.
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Die Unkenntnis des Klägers hinsichtlich aller anspruchsbegründenden Tatsachen beruht aus den genannten Gründen auf einer groben Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB). Allein die Tatsache, dass – vor dem Hintergrund des schon länger bekannten EA 189-Diesel-Skandals – auch 3-Liter-Motoren betroffen waren, lässt es als objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erscheinen, wenn man sich nicht weiter darum kümmert, ob auch das eigene Fahrzeug betroffen ist oder nicht (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 21.04.2023 – 35 U 7250/22e, BeckRS 2023, 9332 Rn. 4). Die Beschaffung der erforderlichen Informationen war dem Kläger ohne besonderen Aufwand möglich. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB begann daher spätestens mit Schluss des Jahres 2018 zu laufen und endete somit mit Ablauf des 31.12.2021.
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cc) Der Ablauf der Verjährungsfrist ist nicht rechtzeitig gemäß §§ 209, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Zustellung der seit 16.12.2021 anhängigen Klage gehemmt worden. Die Zustellung der Klage am 10.03.2022 hat nicht gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung Mitte Dezember 2021 zurückgewirkt. Dem Kläger sind hierbei solche nicht nur geringfügigen Verzögerungen zurechenbar, die er oder seine Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) bei gewissenhafter Prozessführung hätten vermeiden können. Verzögerungen sind mithin dann zurechenbar, wenn der Kläger oder seine Prozessbevollmächtigten durch nachlässiges – auch leicht fahrlässiges – Verhalten zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen haben (vgl. BGH, NJW 2022, 2196 Rn. 18). Der Kläger hat vorliegend Verzögerungen im Zusammenhang mit der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses zu verantworten, die eine Rückwirkung im Sinne von § 167 ZPO ausschließen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die – in der Sache nicht zu beanstandenden – Darlegungen des Landgerichts in dem Endurteil vom 13.12.2022 (vgl. Endurteil, S. 6 f.) Bezug.
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dd) (1) Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Verjährungseinrede treuwidrig (vgl. § 242 BGB) erhebt, bestehen nicht. An der Verjährung des Schadensersatzanspruchs ändert das sog. Thermofenster, dessen Vorhandensein der Kläger behauptet, nichts. Nach dem Grundsatz der Schadenseinheit (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 740 Rn. 75; BGH, NJW-RR 2022, 850 Rn. 20) werden schadensersatzpflichtige Manipulationen an der Abgassteuerung/Motorsteuerungssoftware, sei es durch Verwendung einer „Aufheizstrategie“ (Strategie A) oder der vom Kläger behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtungen, sei es durch das Thermofenster, als ein und dasselbe Schadensereignis behandelt, sodass Beginn und Ende der Verjährungsfrist gleich laufen (vgl. OLG München, Endurteil vom 27.06.2022 – 17 U 8117/21, BeckRS 2022, 17267 Rn. 28; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2022 – 6 U 236/21, BeckRS 2022, 32281 Rn. 42).
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(2) Selbst wenn man – entgegen der Auffassung des Senats – eine Verjährung des Schadensersatzanspruchs im Hinblick auf das sog. Thermofenster verneinen wollte, kann der Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 BGB bzw. § 831 BGB, Art. 5 Abs. 1, 2 i.V.m. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007, Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 bzw. den §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV herleiten. Dieser Anspruch scheitert jedenfalls neben der fehlenden schlüssigen Darlegung des erforderlichen subjektiven Tatbestandes auch in Ansehung der ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21.03.2023 – C-100/21, NJW 2023, 1111 in der Sache an dem Umstand, dass dem Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB kein Anspruch auf großen Schadensersatz wegen eines ungewollten Vertragsschlusses zusteht (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 20). Gleiches gilt hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG. Weder Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 noch §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV dienen dem Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des einzelnen Fahrzeugerwerbers.
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(a) (aa) Zwar hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 21.03.2023 – C-100/21, NJW 2023, 1111 anerkannt, dass Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 die Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs schützen und damit ein Anspruch des Käufers einhergeht, dass das Fahrzeug nicht mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgestattet ist (vgl. EuGH, Urteil vom 21.03.2023 – C-100/21, BeckRS 2023, 4652 Rn. 88 f.). Er hat aber nicht festgestellt, dass bereits die Nichterfüllung dieses Anspruchs bei richtlinien- und/oder verordnungsgetreuer Auslegung automatisch einen Schaden darstellt/darstellen muss. Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof deutlich gemacht, dass die Mitgliedstaaten vorsehen müssen, dass der Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgestatteten Fahrzeugs einen Anspruch auf Schadensersatz durch den Hersteller dieses Fahrzeugs – hier nach § 823 Abs. 2 BGB – hat, soweit dem Käufer durch diese Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 91, 95; OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 22; LG Schwerin, Urteil vom 28.03.2023 – 3 O 436/21, BeckRS 2023, 5885 Rn. 29). Entsprechend hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung u.a. eine Unsicherheit hinsichtlich der Möglichkeit hervorrufen kann, das Fahrzeug anzumelden, zu verkaufen oder in Betrieb zu nehmen, und letztlich beim Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüsteten Fahrzeugs zu einem Schaden führen kann (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 84; OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 22). Ob und wann im Anwendungsbereich des hier maßgeblichen § 823 Abs. 2 BGB von einem Schaden auszugehen ist, ist eine Frage des deutschen Rechts (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 92).
21
(bb) Unabhängig hiervon ist die Rückabwicklung eines angeblich ungewollten Vertrags nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls nicht vom Schutzzweck des Typgenehmigungsrechts erfasst. Neben weiteren Voraussetzungen kommt es für einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB nämlich darauf an, dass sich im konkreten Schaden die Gefahr verwirklicht hat, vor der die betreffende Norm schützen sollte (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 73; OLG Schleswig, Beschluss vom 18.07.2022 – 7 U 198/21, BeckRS 2022, 18482 Rn. 29). Das wirtschaftliche Selbstbestimmungsinteresse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liegt nicht im sachlichen Aufgabenbereich der Vorschriften des Typgenehmigungsrechts bzw. des deutschen Umsetzungsrechts (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2022 – III ZR 270/20, BeckRS 2022, 10055 Rn. 28; BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 75 f.; OLG Schleswig, Beschluss vom 18.07.2022 – 7 U 198/21, BeckRS 2022, 18482 Rn. 29). Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21.03.2023, Az. C-100/21, ergibt sich nichts anderes. Der Europäische Gerichtshof hat nicht festgestellt, dass die vorgenannten Schutzgesetze dem Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des einzelnen Fahrzeugerwerbers dienen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 25). Er hat die Vorlagefrage nicht dem Vorschlag des Generalanwalts Rantos (Schlussanträge vom 02.06.2022 – C-100/21, BeckRS 2022, 12232 Rn. 50) folgend dahin beantwortet, dass Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG dahin auszulegen sind, dass sie insbesondere das Interesse, kein Fahrzeug zu erwerben, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgestattet ist, schützen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 25). Schäden, die aus einer ungültigen und auch den Käufer schützenden Übereinstimmungsbescheinigung resultieren – z.B. Schäden aus einer verzögerten Fahrzeugzulassung oder einer konkret drohenden Betriebsuntersagung –, machen Kläger aber regelmäßig nicht geltend, wenn sie behaupten, einen vermeintlich ungewollten Vertrag rückgängig machen zu wollen (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 74 ff.; OLG Schleswig, Beschluss vom 18.07.2022 – 7 U 198/21, BeckRS 2022, 18482 Rn. 29).
22
(cc) Unter Berücksichtigung dessen ist dem Kläger kein konkreter Schaden entstanden. Das Fahrzeug des Klägers ist zugelassen und die Betriebserlaubnis nicht wieder entzogen worden. Als verletztes Schutzgut macht der Kläger sein wirtschaftliches Selbstbestimmungsrecht und damit den Schutz des Käufers vor dem Abschluss eines ungewollten Vertrags geltend (vgl. Klage, S. 100 ff., 107, Berufungsbegründung, S. 130). Es ist auch im Lichte der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21.03.2023 – C 100/21, NJW 2023, 1111 nicht erkennbar, dass im Sinne der Differenzhypothese oder im Wege der normativen Kontrolle der Differenzhypothese im vorliegend betroffenen Schutzbereich des § 823 Abs. 2 BGB die Gewährung großen Schadensersatzes geboten wäre (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 45; OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 26). Durch eine nach Erteilung der EG-Typgenehmigung entdeckte Unzulässigkeit einer Abschalteinrichtung kann nur eine Unsicherheit hinsichtlich der Möglichkeit, das Fahrzeug anzumelden, zu verkaufen oder in Betrieb zu nehmen, bestehen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 27). Eine solche stellt selbst aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs noch keinen Schaden dar (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 84). Bejaht wurde lediglich, dass ein individueller Käufer eines Kraftfahrzeugs gegen den Hersteller dieses Fahrzeugs einen Anspruch darauf hat, dass dieses Fahrzeug nicht mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007 ausgestattet ist (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 89; OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 27). Auch eine normative Korrektur des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 45; BGH, NJW-RR 2015, 275 Rn. 17 m.w.N.) ist nicht geboten (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 29 ff.).
23
Vorliegend hat die Beklagte im Hinblick auf das sog. Thermofenster nicht im Wege einer gezielten Täuschung der Zulassungsbehörde und mittelbar des Klägers vorsätzlich (s. u.) in dessen allgemeine Handlungsfreiheit eingegriffen. Bei einer (hier nicht einmal fahrlässigen, s.u.) Schutzgesetzverletzung im Anwendungsbereich des § 823 Abs. 2 BGB ist das wirtschaftliche Selbstbestimmungsrecht aus den genannten Gründen sachlich nicht betroffen. Haftungsausfüllend ist durch die vom Europäischen Gerichtshof ins Feld geführte „Unsicherheit hinsichtlich der Möglichkeit, das Fahrzeug anzumelden, zu verkaufen oder in Betrieb zu nehmen“, (noch) kein Schaden entstanden. Ein abweichendes subjektives Empfinden ist im Hinblick auf die „einfache“ Schutzgesetzverletzung aus Sicht der Verkehrsanschauung nicht maßgeblich. Bei Berücksichtigung aller Umstände ist der Vertragsschluss des Klägers nicht als unvernünftig, nicht als den konkreten Vermögensinteressen unangemessen und damit nicht als nachteilig anzusehen. Vielmehr kann der Kläger – in Unterstellung einer bei ihm vorherrschenden Unsicherheit im Sinne des Europäischen Gerichtshofs – das streitgegenständliche Fahrzeug ungehindert ummelden oder verkaufen; mit einer fehlenden Akzeptanz der Übereinstimmungsbescheinigung im Zuge eines Verkaufs bzw. der Ummeldung des Fahrzeugs ist nicht zu rechnen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 33).
24
(b) Darüber hinaus fehlt es bezüglich des sog. Thermofensters am gemäß § 823 Abs. 2 BGB erforderlichen Verschulden der Beklagten. Vorsatz und Fahrlässigkeit hinsichtlich eines Verstoßes gegen drittschützende Normen kann hier nicht festgestellt werden.
25
(aa) Ein Schädigungsvorsatz der Beklagten bzw. ihrer verfassungsmäßigen Vertreter (§ 31 BGB) oder Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB) lässt sich nicht daraus ableiten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nach Vortrag des Klägers mit einem sogenannten „Thermofenster“-Mechanismus ausgestattet ist (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 32). Anders als bei einer Software, die die Situation auf dem Prüfstand erkennt, deswegen in einen anderen Modus schaltet und deren Unzulässigkeit deshalb ebenso wie die Gefahr eines Widerrufs der erschlichenen Betriebszulassung auf der Hand liegt, ist dies beim sog. „Thermofenster“ gerade nicht der Fall. Es sind vorliegend keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Einbau der Einrichtung mit der in Rede stehenden Funktionsweise in den streitgegenständlichen Motor in Kenntnis des Risikos einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung der betroffenen Fahrzeuge bzw. in dem Bewusstsein geschehen ist, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen und dieser Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde. Denn der Einschätzung im Hinblick auf das Thermofenster konnte auch eine möglicherweise falsche, aber bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17.12.2020, NJW 2021, 1216 bzw. bis zu den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 14.07.2022 in den Rechtssachen Az. C-128/20, C-134/20 und C-145/20 (vgl. Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union Nr. 124/22 vom 14.07.2022) dennoch vertretbare Gesetzesauslegung zugrunde liegen, dass es sich um eine zulässige Abschalteinrichtung handele (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 101/21, BeckRS 2021, 34034 Rn. 24). Im Hinblick auf die unsichere Rechtslage ist nicht dargetan, dass sich den für die Beklagte tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung des Klägers hätte aufdrängen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.10.2021 – VII ZR 50/21, BeckRS 2021, 38656 Rn. 19). Auch aus einer etwaig unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise des Thermofensters gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt folgen keine Anhaltspunkte dafür, dass die für die Beklagte handelnden Personen in dem Bewusstsein agierten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Denn dem Kraftfahrt-Bundesamt war die Verwendung von Thermofenstern bei allen Herstellern und die in diesem Zusammenhang geführte rechtliche Diskussion um den Motorschutz bekannt. Es war deshalb zu einer Überprüfung des Emissionsverhaltens der Fahrzeuge – gegebenenfalls nach weiteren Rückfragen beim Hersteller – ohne weiteres in der Lage (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2022 – III ZR 205/20, BeckRS 2022, 3677 Rn. 25 m.w.N.). Unerheblich ist hierbei, ob es andere technische Möglichkeiten gab, mit denen auch bei geringerer Reduzierung der Abgasrückstände das Risiko von Motorschäden vermieden und zugleich die weiteren Schadstoffgrenzen eingehalten werden konnten. Unabhängig davon, ob solche Möglichkeiten der Beklagten auch bekannt gewesen waren, kann es keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellen, wenn ein Kfz-Hersteller nicht der Vorreiter der technischen Entwicklung ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2020 – I-5 U 110/19, BeckRS 2020, 9904 Rn. 42), zumal die Verordnung (EG) 715/2007 den Einsatz einer bestimmten Technologie nicht vorschreibt (vgl. EuGH, NJW 2022, 3769 Rn. 92).
26
(bb) (aaa) Maßstab für die Bestimmung der Fahrlässigkeit im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB ist § 276 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, VersR 1968, 378, 379; MüKoBGB/Wagner, 8. Auflage 2020, BGB § 823 Rn. 611). Gemäß dieser Vorschrift handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Welche Sorgfalt jeweils erfordert wird, ist ohne Rücksicht auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Betroffenen nach einem objektiven Maßstab zum Zeitpunkt der Verursachung des Schadens bzw. dem Zeitpunkt, zu dem eine Schadensabwendung in Betracht kam, zu beurteilen (vgl. BGH, NJW 2021, 1818 Rn. 32 m.w.N.; OLG Hamm, Beschluss vom 04.08.2022 – 21 U 106/21, BeckRS 2022, 19655 Rn. 10; Grüneberg/Grüneberg, 82. Auflage 2023, BGB, § 276 Rn. 15 f.). Fahrlässigkeit setzt unter anderem die Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit voraus. Ein Rechtsirrtum ist nur ganz ausnahmsweise unvermeidbar, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte. Es genügt zum Beispiel, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde die Rechtsfrage zugunsten des Schuldners beantwortet hätte. In diesem Fall sind auch die sonst zu fordernden Erkundigungen des Schuldners über Bestand und Umfang seiner Verpflichtung entbehrlich und scheidet eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Schutzgesetz aus (vgl. BGH, NJW-RR 2017, 1004, 1005; OLG Hamm, Urteil vom 24.06.2022 – 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 66; OLG Hamm, Beschluss vom 04.08.2022 – 21 U 106/21, BeckRS 2022, 19655 Rn. 10).
27
(bbb) Unter Beachtung dieser Grundsätze hätte die Beklagte durch den Einbau eines sog. Thermofensters in das streitgegenständliche Fahrzeug nicht fahrlässig gehandelt. Das Kraftfahrt-Bundesamt ist und war gemäß § 2 Abs. 1 EG-FGV in Verbindung mit Art. 3 Nr. 29 und Art. 4 Abs. 4 und Abs. 2 der Richtlinie 2007/46/EG diejenige Behörde, die in Deutschland für die Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben zu sorgen hat. Hätte die Beklagte das Kraftfahrt-Bundesamt um entsprechende Auskunft gebeten, hätte das Kraftfahrt-Bundesamt das von der Beklagten im Fahrzeug des Klägers verwendeten Thermofenster jedoch nicht als unzulässig beurteilt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.06.2022 – 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 65 ff., 69 f.). Dieser Schluss ist im Hinblick auf das Thermofenster schon deshalb gerechtfertigt, weil dem Kraftfahrt-Bundesamt sowohl das Vorhandensein als auch die grundsätzliche Funktionsweise und die in diesem Zusammenhang geführte rechtliche Diskussion um den Motorschutz seit Jahren bekannt ist (vgl. BGH, VersR 2022, 1173 Rn. 25; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.03.2023 – 14 U 292/22, BeckRS 2023, 5904 Rn. 8 OLG Hamm, Urteil vom 24.06.2022 – 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 70). Da das Verschulden nach objektiv-normativen Kriterien verkehrskreisbezogen festzustellen ist, ergibt sich eine Bewertung als pflichtwidrig insofern nicht. Die Beklagte trifft daher nicht der Vorwurf, sie habe das streitgegenständliche Fahrzeug unter fahrlässigem Verstoß gegen die genannten europarechtlichen Vorschriften mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Verkehr gebracht. Sie hätte jedenfalls in unvermeidbarem Verbotsirrtum gehandelt und einen Verstoß gegen die genannten Vorschriften auch bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht erkennen müssen (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 20.04.2023 – 1 U 1472/22, BeckRS 2023, 9056 Rn. 23; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.03.2023 – 14 U 292/22, BeckRS 2023, 5904 Rn. 45 m.w.N.). Etwas anderes ist unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers zu der Pressemitteilung der Deutsche Umwelthilfe e. V. und der am 17.11.2022 veröffentlichten Dokumente der R. B. GmbH nicht geboten. Dies bereits deswegen, weil die dem Senat aus Parallelverfahren bekannten Unterlagen jeden konkreten Bezug zu dem im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motor der Schadstoffklasse EU6 vermissen lassen. Soweit das Kraftfahrt-Bundesamt im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof im Urteil vom 14.07.2022 – C-134/20, wonach eine zulässige Abschaltung unter den im Unionsgebiet herrschenden Fahrbedingungen nicht während des überwiegenden Teils eines Jahres aktiv sein darf, Anhörungsverfahren eingeleitet hat, ist das Ergebnis der neuerlichen Untersuchungen offen und lässt keine Rückschlüsse auf die Erkennbarkeit einer etwaigen Unzulässigkeit des Thermofensters für die Beklagte zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.04.2023 – 17 U 1673/22, BeckRS 2023, 8575 Rn. 31 m.w.N.).
28
c) Der Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB ist verjährt. Er setzt sich – da es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht um einen Neuwagen handelt (vgl. BGH, NJW 2022, 1311 Rn. 30; BGH, NJW-RR 2022, 850 Rn. 14) – nicht in Form des sog. Restschadensersatzanspruchs aus § 852 S. 1 BGB fort.
29
aa) Nach § 852 S. 1 BGB ist der Ersatzpflichtige, der durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat, auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus der unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sollen demjenigen, der einen anderen durch unerlaubte Handlung schädigt und dadurch sein Vermögen mehrt, auch bei Verjährung des Schadensersatzanspruchs nicht die auf diese Weise erlangten Vorteile verbleiben (vgl. BGH, NJW 2022, 1311 Rn. 26). Wenn ein Vermögensverlust beim Geschädigten einen entsprechenden Vermögenszuwachs beim Schädiger zur Folge gehabt hat, ist er nach § 852 S. 1 BGB auch dann herauszugeben, wenn diese Vermögensverschiebung dem Schädiger durch Dritte vermittelt worden ist. Unberührt bleibt davon die Notwendigkeit, dass der Vermögenszuwachs auf dem Vermögensverlust des Geschädigten beruhen muss. Daher setzt ein Anspruch aus § 852 S. 1 BGB jedenfalls voraus, dass die Herstellerin im Verhältnis zum Geschädigten etwas aus dem Fahrzeugverkauf an diesen erlangt hat (vgl. BGH, NJW 2022, 1311 Rn. 27 f.; BGH NJW 2021, 918 Rn. 29).
30
bb) Auf dieser Grundlage hat das Landgericht eine Vermögensverschiebung im Sinne von § 852 S. 1 BGB im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu Recht verneint. Jedenfalls in mehraktigen Fällen wie bei dem Kauf eines von der Herstellerin mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebrachten und von dem Geschädigten erst später von einem Dritten erworbenen Gebrauchtwagens führt der letztgenannte Erwerbsvorgang zu keiner Vermögensverschiebung im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und der Herstellerin. Denn der Herstellerin, die einen etwaigen Vorteil bereits mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs als Neuwagen realisiert hat, fließt im Zusammenhang mit dem im Abschluss des ungewollten Vertrags liegenden Vermögensschaden des Geschädigten durch ihre unerlaubte Handlung nichts – mehr – zu. Bei einem Gebrauchtwagenverkauf, der – wie hier – zwischen dem klagenden Geschädigten und einem Dritten abgeschlossen wird, partizipiert die Beklagte als Herstellerin weder unmittelbar noch mittelbar an einem etwaigen Verkäufergewinn aus diesem Kaufvertrag, sei es, dass der Gebrauchtwagen von einer Privatperson oder von einem Händler an den Geschädigten verkauft wurde. Deshalb scheidet in diesen Fällen ein Anspruch aus § 852 S. 1 BGB aus (vgl. BGH, NJW 2022, 1311 Rn. 30 m.w.N.).
31
d) Mangels eines Schadensersatzanspruchs des Klägers hat auch der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs keinen Erfolg. Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Freistellung von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung und kein Anspruch auf Zinsen zu. Auch einen Anspruch auf Deliktszinsen hat der Kläger nicht (vgl. BGH, NJW 2020, 2796 Rn. 17 ff.). Die Berufung erweist sich insgesamt als unbegründet.
32
Aus den dargelegten Gründen hat die Berufung unter keinem Gesichtspunkt Aussicht auf Erfolg. Der Senat beabsichtigt daher, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
33
Nach Sachlage empfiehlt es sich, zur Vermeidung unnötiger weiterer Kosten die Rücknahme der Berufung binnen o.g. Frist zu prüfen. Im Falle einer Rücknahme ermäßigt sich gemäß Nr. 1222 S. 2 KV zum GKG die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0.