Titel:
Erfolgloser Antrag auf sofortige Vollziehbarkeit einer Schonzeitverkürzung für Rehwild
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Nr. 4, Abs. 6, § 80a Abs. 3 S. 2
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, Abs. 4
BayJG Art. 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2
BJagdG § 22 Abs. 1 S. 3
Leitsätze:
1. Der Verweis in § 80a Abs. 3 S. 2 VwGO auf § 80 Abs. 6 VwGO stellt eine Rechtsgrundverweisung und keinen Rechtsfolgenverweis dar, so dass ein vorheriger Antrag bei der Behörde nur in den Fällen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwGO erforderlich ist. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer Schonzeitverkürzung handelt es sich um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 UmwRG. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 iVm Abs. 3 Nr. 1 BayJG, § 22 Abs. 1 S. 3 BJagdG (Schonzeitverkürzung) handelt es sich um eine unter § 1 Abs. 4 UmwRG fallende umweltbezogene Rechtsvorschrift. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
4. Wildschäden kommt das Gewicht eines besonderen Grundes nach dem Wortlaut der Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG, § 22 Abs. 1 S. 3 BJagdG nur zu, wenn übermäßige Wildschäden zu befürchten sind und diese durch die Verkürzung der Schonzeit vermieden werden können. Die übliche Schadensverursachung durch Wild, für das Schonzeiten festgelegt sind, vermag daher die Verkürzung der Schonzeit noch nicht zu rechtfertigen. Vielmehr ist erforderlich, dass die übermäßigen Wildschäden nicht allein auf mangelnder Abschusserfüllung beruhen, sondern auf andere jagd- und forstliche Faktoren, die im Einzelfall zu prüfen und zu bewerten sind und denen durch zumutbare Schutzmaßnahmen nicht wirksam begegnet werden kann, zurückzuführen sind. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
5. Es bestehen erhebliche Zweifel an der erforderlichen Ermittlung einer ausreichenden Tatsachengrundlage, wenn die handelnde Behörde seine Entscheidung über eine Schonzeitaufhebung im Frühjahr 2023 allein auf Dokumente aus dem Jahr 2021 gestützt hat. (Rn. 39 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
6. Ein Bescheidsadressat kann unterlassenes Ausüben von Ermessensgesichtspunkten nicht für die handelnde Behörde im Sinne des § 114 VwGO nachholen. Allein die Behörde ist „Herrin“ des Bescheids. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verwaltungsakt, Vollziehung, Sofortvollzug, Schonzeitaufhebung, Schonzeitverkürzung, Tatsachengrundlage, übermäßige Wildschäden, mangelnde Abschusserfüllung, unzumutbare Schutzmaßnahmen
Fundstelle:
BeckRS 2023, 12379
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Beigeladenen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der ihm für da vom 1. April 2023 bis 30. April 2023 gewährten Schonzeitverkürzung für Rehwild.
2
Der Antragsteller ist Besitzer des … . Mit Schreiben vom 10. Februar 2023 beantragte er eine Schonzeitverkürzung für Schmalrehe und Böcke auf den 1. April 2023.
3
Mit Bescheid vom 31. März 2023 (Ziffern 1 und 2) hob das Landratsamt Roth die Schonzeit für Rehwild (Schmalrehe und Böcke) für da vom 01. April 2023 bis 30. April 2023 auf. Für die Jagdjahre 2019/2020 bis 2021/2022 sei der Abschussplan übererfüllt worden, was jedoch auf die Erfassungsungenauigkeit des Antragstellers zurückgeführt werden könne. Jedenfalls sei für das Eigenjagdrevier in diesem Zeitraum die Möglichkeit der Überziehung von Abschussplänen nach S. 16 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AVBayJG noch nicht ausgeschöpft gewesen. Ob der Abschussplan 2022/2023 bis 2024/2025 erfüllt bzw. übererfüllt werde, könne noch nicht festgestellt werden. Im ersten Jagdjahr seien 19 Tiere erlegt worden; der Abschussplan sehe im Gesamten einen Abschuss von 57 Tieren vor. Das weise zudem eine zu hohe Verbissbelastung und besonders hohe Borkenkäferschäden auf. Zur Begründung verweise das Landratsamt u.a. auf die Stellungnahme des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Roth/Weißenburg. Aus dem Gutachten des AELF gehe hervor, dass die Wildschäden im, die durch den Rehwildverbiss entstehen, auch im Zusammenhang mit der forstlichen Situation vor Ort als deutlich über dem üblichen Maß bewertet werden. Die Anpflanzung der dringend benötigten zukunftsfähigen Laubbäume würden durch einen zu hohen Rehwildbestand zu einem erheblichen Teil verbissen. Da erhöhte Abschusszahlen und die bisherigen Jagdstrategien zu keinem Erfolg geführt haben, werde die Schonzeitverkürzung als Möglichkeit gesehen, dem Verbiss im Frühjahr, solange den Rehen keine ausreichenden Äsungsflächen zur Verfügung stehen, entgegenzuwirken und somit weitere Wildschäden im Wald zu verhindern. Schonzeitverkürzungen seien auch als Präventivmaßnahmen zulässig. Neben dem AELF würden auch u.a. der Jagdbeirat beim Landratsamt Roth, der Jagdberater sowie der Hegeringleiter die Schonzeitaufhebung für das Eigenjagdreviere befürworten. Die untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt Roth sowie der Bereich Naturschutz bei der Regierung von Mittelfranken hätten mitgeteilt, dass aus artenschutzfachlicher Sicht keine Einwände gegen die Schonzeitverkürzung bestünden. Das Veterinäramt Roth habe aus tierschutzrechtlicher Sicht keine Einwände gegen die Schonzeitverkürzung erhoben.
4
Gegen den Bescheid erhob der Beigeladene am 6. April 2023 unter dem Az. AN 16 K 23.693 Klage. Er beantragt dort die Aufhebung der Ziffern 1 und 2 des Bescheides des Antragsgegners vom 31. März 2023.
5
Mit bei Gericht am 19. April 2023 eingegangenem Schreiben begehrt der Antragsteller die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 31. März 2023.
6
Zur Begründung trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass er bereits im Jahr 2022 eine Schonzeitverkürzung von der Antragsgegnerin erhalten habe, da an Rotbuchen, die er aufgrund der Förderung des AELF Roth ohne Schutz gegen Wildverbiss gepflanzt habe, ein Wildschaden festgestellt worden sei. Seitdem laufe ein Projekt „Schonzeitverkürzung versus Verhütung von Wildschäden“ mit einer Laufzeit von drei Jahren, das sich aktuell im zweiten Jahr befinde. Er habe daher für das Jagdjahr 2023/2024 erneut einen entsprechenden Antrag auf Schonzeitverkürzung ab dem 1. April 2023 gestellt. Mittlerweile habe er weitere Pflanzungen in seinem Wald vorgenommen (550 Rotbuchen ohne Einzelschutz im Wert von 1.375,00 EUR). Am 17. April 2023 habe er bei Untersuchung der Pflanzen festgestellt, dass von den 550 ausgebrachten bereits 81 Stück bei oberflächlicher Prüfung verbissen seien und Wildschäden aufwiesen. Dies bedeute einen Anteil von 14,73 Prozent, weitere Schäden, auch an den übrigen Pflanzungen des Antragstellers (Fördervolumen von rund 14.000,00 EI-JR), seien zu erwarten. Er habe auf Grund der aufschiebenden Wirkung der Klage sein Ziel, im April 2023 seine Forstkulturen zu beschützen und einen Großteil der zu erbringenden Jahresstrecke von 27 Stück Rehwild in dieser Zeit zu erlegen, was auch Sinn und Zweck des Pilotprojekts gewesen sei, nicht weiter verfolgen können. Der Verbiss nehme täglich zu, da das Rehwild auf hochwertige Nährstoffe aktuell angewiesen sei. Zudem wäre der Antragsteller nicht gehalten, vor Anrufung des Gerichts einen Antrag beim Antragsgegner zu stellen. Nach einer Gewährung der Schonzeitverkürzung im April 2022 könnten aus forstlicher Sicht heute noch keine positiven Ergebnisse festgestellt werden. Zudem handele es sich bei der gepflanzten Forstkultur aus dem Dezember 2022 um eine solche, die nach der ersten Schonzeitverkürzung gepflanzt worden sei. Ein entsprechendes forstliches Gutachten werde erst 2023 neu erstellt. Es seien keine weniger einschneidenden Maßnahmen ersichtlich. Der Einzelschutz von Pflanzungen sei mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden.
7
Der Antragsteller beantragt,
die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 31. März 2023.
8
Der Antragsgegner beantragt,
9
Der Beigeladene beantragt,
10
Zur Erwiderung trägt der Antragsgegner vor, dass Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung des eigenen Bescheides nicht ersichtlich seien.
11
Der Beigeladene führt aus, dass der Antrag bei Gericht bereits unzulässig sei, da zuvor kein entsprechender Antrag bei dem Antragsgegner gestellt worden sei. Der Antrag sei zudem unbegründet, da die durch den Beigeladenen erhobene Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolgreich sei. Die Hauptsacheklage sei als Umweltrechtsbehelf zulässig und der Beigeladene habe eine entsprechende Klagebefugnis gemäß UmwRG. Die vom Beigeladenen erhobene Klage sei auch begründet. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Schonzeit als eng auszulegende Ausnahmevorschrift lägen nicht vor. Der in der Bescheidsbegründung angeführte Klimawandel sei kein revierbezogenes Phänomen. Die revierweise Aussage aus 2021, die der Antragsgegner herangezogen hätte, sei sehr dürftig formuliert und ohne weitere Begründung. Forstkulturen seien in der revierweisen Aussage ebenfalls ausgelassen. Der Antragsgegner habe bei seiner Bewertung nicht geprüft, ob die im Jahre 2022 gestattete Apriljagd bereits zur Verbesserung geführt habe, noch in Erwägung gezogen, die Jagd auf die vom Antragsteller in den Vordergrund gestellten Buchenpflanzungen zu beschränken. Auch habe der Antragsgegner nicht ausreichend ermittelt, inwieweit mildere Maßnahmen, wie beispielsweise Einzelschutz der Pflanzungen, möglich gewesen wären. Ein Revierbegang im Jahre 2023 habe offenbar nicht stattgefunden. Ein Verbiss von 14,72 Prozent bei der Buche sei keineswegs gravierend.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogene Behördenakte, die Gerichtsakte sowie die Gerichtsakte im Verfahren AN 16 K 23.693.
13
Der Antrag gemäß S 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. S. 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, jedoch unbegründet.
14
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 31. März 2023 erweist sich voraussichtlich als rechtswidrig, so dass der Antragsteller kein anerkennenswertes Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit dieses streitgegenständlichen Bescheides geltend machen kann.
15
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere war ein vorheriger Antrag bei dem Antragsgegner auf Anordnung eines Sofortvollzugs nicht erforderlich, so dass ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen ist. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts stellt der Verweis in S 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO auf S. 80 Abs. 6 VwGO eine Rechtsgrundverweisung und keinen Rechtsfolgenverweis dar, so dass ein vorheriger Antrag bei der Behörde nur in den Fällen des S. 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO erforderlich ist (vgl. m.w.N. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, S 80a Rn. 22).
16
Der vorliegende Antrag ist auch statthaft nach S 80a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VwGO, da der Beigeladene gegen den den Antragsteller begünstigenden Verwaltungsakt der Aufhebung der Schonzeit vom 31. März 2023 einen Hauptsacherechtsbehelf eingelegt hat und der Antragsgegner in diesem streitgegenständlichen Bescheid einen Sofortvollzug nicht angeordnet hat.
17
2. Der Antrag ist unbegründet.
18
Gemäß S 80a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VwGO kann das Gericht auf Antrag des Begünstigten nach S. 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung eines begünstigenden Verwaltungsaktes anordnen, wenn ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt einlegt.
19
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer eigenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs des Dritten/Beigeladenen in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur auf Grund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 u.a. -juris Rn. 8; B.v. 16.9.2014 – 7 VR 1.14- juris Rn. 10). Bei offenen Erfolgsaussichten findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BVerwG, B.v. 14.4.2005-4 VR 1005.04 – BVerwGE 123, 241 = juris Rn. 12).
20
In Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall dem öffentlichen Interesse am Unterbleiben des Sofortvollzugs des streitgegenständlichen Bescheides der Vorrang gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, vorläufig von der Schonzeitaufhebung im Bescheid vom 31. März 2023 Gebrauch zu machen, einzuräumen. Denn der Bescheid des Antragsgegners vom 31. März 2023 erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung als rechtswidrig.
21
2.1 Die Klage des Beigeladenen in der Hauptsache (AN 16 K 23.693) erweist sich voraussichtlich als zulässig. Insbesondere ist die Klage als Umweltrechtsbehelf zulässig und der Beigeladene besitzt die erforderliche Klagebefugnis.
22
Der Beigeladene ist gemäß S. 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 UmwRG voraussichtlich klagebefugt.
23
Nach S. 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 UmwRG kann eine nach S. 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach S. 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach S. 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1) oder geltend macht, in ihrem satzungsmäßigen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach S. 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassung berührt zu sein (Nr. 2). Nach S. 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG muss die Vereinigung bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach S. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a bis 6 UmwRG oder gegen deren Unterlassen zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.
24
Der Beigeladene ist eine nach S. 3 Abs. 1 UmwRG i.V.m. S. 63 Abs. 2 BNatSchG im Freistaat Bayern anerkannte landesweit tätige Naturschutzvereinigung (vgl. Bekanntmachung nach S. 3 Abs. 1 Satz 5 UmwRG auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums für Umweltund Verbraucherschutz: www.stmuv.bavern.de/themen/naturschutz/orqanisation/naturschutzvereiniqunqen).
25
Bei der streitgegenständlichen Schonzeitverkürzung handelt es sich um eine Entscheidung nach S. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG.
26
Nach dem als weitem Auffangtatbestand (vgl. VG Neustadt/W2.straße, B.v. 25.2.2021 – 5 K 384/20.NW -juris Rn. 20 m.w.N.) konzipierten S. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ist die im Streit stehende Genehmigung der Aufhebung der Schonzeit ein Verwaltungsakt, durch den unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union ein anderes als in den Nummern 1 bis 2b genanntes Vorhaben zugelassen wird. Hierbei kann für die Bestimmung des Vorhabensbegriffs auf die weite Begriffsbestimmung in S. 2 Abs. 4 UVPG zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.9.2019 – 7 C 5.18, BVerwGE 166, 321 = juris Rn. 22 ff.; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, S. 1 UmwRG Rn. 19). Vorhaben sind hiernach die Errichtung, der Betrieb und die Änderung von technischen und sonstigen Anlagen sowie die Durchführung und Änderung von sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahmen.
27
Nach der Legaldefinition des S. 1 Abs. 4 UmwRG sind umweltbezogene Rechtsvorschriften Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von S. 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG (Nr. 1) oder Faktoren im Sinne von S. 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG (Nr. 2) beziehen. Der Begriff der umweltbezogenen Rechtsvorschriften ist weit zu verstehen. Es genügt, wenn die Bestimmungen wahrscheinlich unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen auf die Umwelt haben (vgl. BayVGH, U.v. 1.10.2019 – 14 BV 17.1278 u.a. -juris Rn. 32). Erfasst sind damit alle Normen, die zumindest auch dazu beitragen, dass gegenwärtige und künftige Generationen in einer ihrer Gesundheit und ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt leben können, weiter auch Normen, die – wie S. 1 Abs. 7 BauGB – verlangen, dass die Belange des Umweltschutzes gerecht abgewogen werden (Abwägungsgebote), so dass jeder im Rahmen eines Abwägungsvorgangs auch der Umwelt zuzurechnende Belang dessen Umweltbezogenheit insgesamt begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 18.11, BVerwGE 144, 243 = juris Rn. 12; Happ in Eyermann a.a.O., S. 1 UmwRG Rn. 31).
28
Nach diesen Maßstäben handelt es sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts bei Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG, S. 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG um eine unter S. 1 Abs. 4 UmwRG fallende umweltbezogene Rechtsvorschrift. Das Jagdrecht weist in Art. 1 Abs. 2 BayJG zahlreiche Berührungspunkte mit dem Naturschutzrecht auf. So soll das Gesetz u.a. dazu dienen, einen artenreichen und gesunden Wildbestand in einem ausgewogenen Verhältnis zu seinen natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, die natürlichen Lebensgrundlagen des Wildes zu sichern und zu verbessern und die jagdlichen Interessen mit den sonstigen öffentlichen Belangen, insbesondere mit den Belangen der Landeskultur, des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen. Auf Grund des weiten Verständnisses ist ein Umweltbezug der Vorschrift bereits auf Grund der dargelegten (allgemeinen) Bezugnahmen auf das Naturschutzrecht gegeben. Darüber hinaus ergibt sich der Umweltbezug der streitgegenständlichen Vorschrift auch aus dem Sinn und Zweck der Schonzeiten, denn diese verfolgen den Zweck der Hege des Wildes und sollen die Aufzucht der Jungtiere sicherstellen (OVG SH, u.v. 22.5.2017 4 KN 11/15- juris Rn. 51; VG Ansbach, B.v. 1.4.2021 -AN 16 E 21.524 -juris Rn. 12). Dass eine Aufhebung der Schonzeit direkte Auswirkungen auf die Hege des Wildes und die Aufzucht der Jungtiere haben kann, liegt schon in der Natur der Sache begründet.
29
Indem der Beigeladenen Bedenken gegen die Schonzeitaufhebung erhoben hat und einen Verstoß gegen Art, 33 Abs. 5 Nr. 2 i.v.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG, S. 22 Abs. 1 satz 3 BJagdG rügt, macht er geltend, dass die erteilte Genehmigung Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können (S. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG). Dabei macht der Beigeladene auch die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend (S. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG). Schließlich macht der Beigeladene ebenfalls geltend, durch die Schonzeitaufhebung in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt zu sein (S. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG). Zweck des Beigeladenen ist nach S. 2 seiner Satzung der Umwelt-, Natur- und Artenschutz, insbesondere durch Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs mit Wildtieren und deren Lebensräumen sowie Tierschutz. Damit ist der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich und der mit dem Rechtsbehelf angegriffenen Entscheidung gegeben (vgl. hierzu insgesamt: BayVGH, U.v. 16.9.2022 – 19 N 19.1368 -juris Rn. 176 ff.; VG München, B.v. 30.3.2022 – M 7 S 22.1695 -juris Rn. 15 ff.)
30
2.2 Die Klage des Beigeladenen (AN 16 K 23.693) erweist sich nach der gebotenen summarischen Prüfung als voraussichtlich begründet, da der Bescheid des Antragsgegners vom 31. März 2023 voraussichtlich rechtswidrig ist.
31
Den Maßstab für die Erfolgsaussichten der Hauptsache bestimmt S. 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG als eine von S. 113 VwGO abweichende Sonderregelung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, S. 2 UmwRG Rn. 18). Der Erfolg eines zulässig erhobenen Rechtsbehelfs nach 5 2 Abs. 1 UmwRG setzt hiernach voraus, dass die angegriffene Entscheidung gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind und der Verstoß Belange berührt, die zu den satzungsgemäßen Zielen der Vereinigung gehören. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist insoweit grundsätzlich die Sach- und Rechtlage im Zeitpunkt des Bescheidserlasses.
32
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage verstößt der Bescheid vom 31 . März 2023 voraussichtlich gegen maßgebliche Umweltvorschriften und ist mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig.
33
2.2.1 Gemäß Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG, S. 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG kann die Jagdbehörde durch Einzelanordnung für bestimmte Gebiete oder für einzelne Jagdreviere aus besonderen Gründen, insbesondere aus Gründen der Wildseuchenbekämpfung und Landeskultur, zur Beseitigung kranken und kümmernden Wildes, zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, zu wissenschaftlichen Zwecken, Lehr- und Forschungszwecken, bei Störung des biologischen Gleichgewichts oder der Wildhege die Schonzeiten aufheben.
34
Nach der Vorgabe des S. 19 Abs. 1 Nr. Ic der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (AVBayJG) unterliegen Schmalrehe vom 1. Mai bis 31. Januar und Böcke vom 1. Mai bis 15. Oktober der Jagd. Außerhalb der Jagdzeiten ist Wild gemäß S. 22 Abs. 1 Satz 2 BJagdG mit der Jagd zu verschonen (Schonzeiten). Schonzeiten verfolgen den Zweck der Hege des Wildes und sollen die Aufzucht der Jungtiere sichern (vgl. OVG SH, U.v. 22.5.2017 – 4 KN 1 1/15 -juris Rn. 51; VG Ansbach, B.v. 1.4.2021 -AN 16 E 21.542 – Rn. 12).
35
2.2.2 Der Bescheid des Antragsgegners vom 31. März 2023 erweist sich voraussichtlich als rechtswidrig, da der Antragsgegner insbesondere die entsprechenden Tatsachen für die streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung zur Aufhebung der Schonzeit bei weitem nicht ausreichend ermittelt hat. Dementsprechend wurden zudem Verhältnismäßigkeitsabwägungen nicht ausreichend dargestellt sowie das Ermessen nicht rechtmäßig ausgeübt.
36
Wie sich aus dem Wortlaut des Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG, S. 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG ergibt, können Schonzeiten nur aus besonderen Gründen aufgehoben werden.
37
Im Ergebnis dürfte es vorliegend nicht entscheidungserheblich darauf ankommen, ob S. 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG bzw. Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG als Ausnahmebestimmung eng auszulegen sind mit der Folge, dass bei der Frage, ob ein besonderer Grund im Sinne der genannten Normen vorliegt, ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. OVG Münster, U.v. 30.3.2015 – 16 A 1610/13 -juris Rn. 65 f.; VG Ansbach, B.v. 1.2.2021 -AN 16 E 21.00520 -juris Rn. 16; VG München, B.v. 24.1.2012 – M 7 SE 12.166 -juris Rn. 17) oder es genügen soll, wenn die Ausweitung der Jagdzeiten unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände vernünftigerweise geboten ist und die besonderen Gründe höheres Gewicht haben als die Gründe für die allgemeine (regelmäßig dem Schutz von brut- und setzzeitdienende) Schonzeitregelung (vgl. VG Neustadt/W2.straße, U.v. 25.2.2021 -5 K 384/20.NW -juris Rn. 41 mit Verweis auf BayVGH, U.v. 11.12.2017- 19 N 14.1022 -juris Rn. 96 und u.v. 13.2.2019 – 19 N 15.420 -juris Rn. 108). Die Norm des S. 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG verlangt jedenfalls das Vorliegen besonderer Gründe für die Aufhebung der Schonzeit. Sie benennt beispielhaft mögliche Gründe zur Rechtfertigung einer Schonzeitaufhebung; dabei macht die Verwendung des Wortes „insbesondere“ deutlich, dass die Aufzählung der besonderen Gründe nicht abschließend ist. Die Vielfalt der vom Gesetzgeber benannten Gründe (jagdliche, landeskulturelle, wissenschaftliche) veranschaulicht, dass völlig unterschiedliche Motive eine Aufhebung der Schonzeit rechtfertigen können. Aus der gesetzgeberischen Wortwahl („besondere Gründe“) in Verbindung mit der Breite der benannten Beispiele ist zu ersehen, dass der Rechtfertigungsgrund für die Aufhebung der Schonzeit kein außerordentliches oder herausragendes Gewicht haben muss. Es genügt, wenn die Ausweitung der Jagdzeiten unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände vernünftigerweise geboten ist. Es ist eine Sondersituation erforderlich, die mittels der regulären administrativen Maßnahmen nicht gesteuert werden kann und deshalb durch eine Abweichung von den allgemein geregelten Jagdzeiten bewältigt werden muss (vgl. BayVGH, Urt. v. 16.9.2022 – 19 N 19.1368 -juris Rn. 242).
38
Wildschäden kommt das Gewicht eines besonderen Grundes nach dem Wortlaut der Art. 33 Abs. 3 Nr. 1 BayJG, S. 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG nur zu, wenn übermäßige Wildschäden zu befürchten sind und diese durch die Verkürzung der Schonzeit vermieden werden können. Von einem übermäßigen Wildschaden ist auszugehen, wenn er das übliche Maß von durch Wild verursachten Schäden erheblich und in einem Umfang übersteigt, dessen Hinnahme dem Geschädigten nicht mehr zuzumuten ist (vgl. OVG Münster, U.v. 30.3.2015 – 16 A 1610/13 -juris Rn. 62 m.w.N.). Die übliche Schadensverursachung durch Wild, für das Schonzeiten festgelegt sind, vermag daher die Verkürzung der Schonzeit noch nicht zu rechtfertigen. Vielmehr ist erforderlich, dass die übermäßigen Wildschäden nicht allein auf mangelnder Abschusserfüllung beruhen, sondern auf andere jagd- und forstliche Faktoren, die im Einzelfall zu prüfen und zu bewerten sind und denen durch zumutbare Schutzmaßnahmen nicht wirksam begegnet werden kann, zurückzuführen sind (vgl. VG München, B.v. 30.3.2022 – M 7 S 22.1688 – juris Rn. 36).
39
2.2.3 Das Gericht hat bereits erhebliche Zweifel daran, dass der Antragsgegner die für seine Entscheidung über die Schonzeitaufhebung erforderliche und ausreichende Tatsachengrundlage ermittelt hat. Dementsprechend konnte der Antragsgegner aus Sicht des Gerichts auch sein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben.
40
Der Antragsgegner stützt seinen streitgegenständlichen Bescheid überwiegend auf das forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2021 betreffend die Hegegemeinschaft Abenberg sowie die ergänzende revierweise Aussage zur Verjüngungssituation im Jagdrevier des Antragstellers, beides ausgestellt vom AELF Roth-Weißenburg. Hier ist bereits auffällig, dass diese Dokumente eben aus dem Jahr 2021 stammen. Neuere Dokumente, seien es auch Ergänzungen oder (Teil-) Aktualisierungen sind in der Behördenakte nicht vorhanden. Inwieweit der Antragsgegner zu weiteren Erkenntnissen kommt, die er in dem streitgegenständlichen Bescheid darlegt, erschließt sich dem Gericht nicht. Denn in der Behördenakte befinden sich keinerlei weitere Unterlagen aus früheren Jahren, um nachvollziehen zu können, inwieweit sich die Verbissbelastung in dem konkreten Jagdrevier des Antragstellers entwickelt hat. Ebenfalls befänden sich keinerlei Unterlagen in der Behördenakte, die weiteren Aufschluss über die Sachverhaltsermittlungen des Antragsgegners geben könnten. Der Antragsgegner hält in seinem streitgegenständlichen Bescheid zwar fest, dass eine Revierbegehung stattgefunden hat, hält ein Ergebnis jedoch nur lapidar in einem Satz fest. Aktenvermerke oder ausführliche Stellungnahmen der Beteiligten finden sich in der Behördenakte nicht. Damit sind die Schlussfolgerungen des Antragsgegners für das Gericht nicht nachvollziehbar bzw. überprüfbar. Ebenso findet sich in der Behördenakte lediglich ein sehr kurzer Aktenvermerk vom 27. März 2023, wonach verschiedene Stellen angehört worden seien und den Antrag des Antragstellers befürworteten bzw. keine Einwände gegen eine Schonzeitaufhebung hätten. Inhaltlich für das Gericht nachvollziehbar wird kein Sachverhalt dargelegt bzw. einzelne Stellungnahmen der Akte beigefügt.
41
Ebenfalls wäre es vor der streitgegenständlichen Aufhebung der Schonzeit wohl angezeigt gewesen, einen Reviergang zu machen bzw. aktuelle Informationen über das Jagdrevier einzuhoJen. Dies betrifft zum einen ein mögliches forstliches (Ergänzungs-) Gutachten bzw. aktuelle Ausführungen. Zum anderen wäre es gerade im vorliegenden Fall, wonach die Schonzeitaufhebung im Rahmen eines „Pilotprojektes“ stattfinden soll, interessant gewesen, zu eruieren, inwieweit sich die Schonzeitaufhebung im April 2022 auf das Jagdrevier, nicht nur die Neuanpflanzung des Antragstellers, und den entsprechenden Wildbestand ausgewirkt hat. Hierzu finden sich keinerlei Aussagen des Antragsgegners im Bescheid oder der Behördenakte.
42
Darüber hinaus ist für das Gericht vorliegend im streitgegenständlichen Bescheid nicht erkennbar, dass der Antragsgegner Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte ausreichend berücksichtigt hat bzw. sein Ermessen entsprechend ausübte. Als mildere Mittel zu einer Schonzeitverkürzung kämen durchaus eine Einzäunung des Gebietes der Neuanpflanzungen insgesamt bzw. auch ein Einzelschutz der Anpflanzungen in Betracht. Der Antragsgegner lässt in dem Bescheid hierzu Aussagen vermissen und stützt diesbezügliche wenige Aussagen auf Stellungnahmen des Antragstellers, offenbar ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Nach Aussage des Antragstellers sei ihm ein Einzelschutz vom AELF verwehrt worden. Der Antragsgegner geht in dem streitgegenständlichen Bescheid auf diese Aussage ein, ohne sie offenbar zu überprüfen oder zu hinterfragen. Auf etwaige Kosten in diesem Zusammenhang geht der Antragsgegner nicht ein, wenngleich dies der Antragsteller dann im gerichtlichen Verfahren vorträgt, ohne dass dies jedoch Auswirkungen auf das Unterlassen im Bescheid haben kann. Ein Bescheidsadressat kann unterlassenes Ausüben von Ermessensgesichtspunkten nicht für die handelnde Behörde im Sinne des S. 114 VwGO nachholen. Allein die Behörde ist „Herrin“ des Bescheids.
43
Es wäre zudem durchaus zu diskutieren gewesen, ob eine entsprechende Schonzeitaufhebung auf Teile des Reviers, insbesondere zum Schutz der neu angepflanzten Laubbäume, möglich und notwendig gewesen wäre. Auch diesbezüglich finden sich keine Aussagen im streitgegenständlichen Bescheid oder angestellte Überlegungen in der Behördenakte.
44
Soweit im streitgegenständlichen Bescheid bzw. vom Antragsteller im gerichtlichen Verfahren vorgetragen wird, dass die klimabedingte Vorverlagerung der Austreibungsphase der heimischen Flora dazu führt, dass die Waldverjüngung dadurch gefährdet ist, dass das Rehwild noch innerhalb der Schonzeit die frischen Triebe junger Baumsetzlinge äst, ist festzuhalten, dass es sich hierbei um einen Umstand handelt, der nicht nur im Jagdrevier des Antragstellers, sondern allgemein um Tragen kommt. Soweit das im Bayerischen Jagdgesetz verankerte Waldverjüngungsziel hierdurch gefährdet sein sollte, ist es Sache des Verordnungsgebers, diesen Umstand mit den Zielen abzuwägen, die mit den festgesetzten Schonzeiten verfolgt werden, und eine entsprechende Regelung zu finden. Bezogen auf sein Revier kann der Antragsteller dieser Gefahr jedenfalls dadurch entgegentreten, dass er im laufenden Jagdjahr gerade die Anzahl der Jungtiere und der Nachwuchsträger reduziert und dadurch in den kommenden Jahren die Verbissbelastung in seinem Jagdrevier mindert.
45
Auch diesbezüglich ist festzuhalten, dass die relativ hohe Abschussquote und die Erfüllung des Abschussplanes bzw. Übererfüllung und deren Auswirkungen für das Jagdrevier von dem Antragsgegner in dem streitgegenständlichen Bescheid nicht gewürdigt wurden bzw. ist für das Gericht nicht erkennbar, ob überhaupt Ermittlungen hierzu angestellt wurden.
46
Soweit der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren vorträgt, dass ein Anteil von 14,73 Prozent der gesamt neu ausgebrachten Pflanzen verbissen seien und Wildschäden aufwiesen, so ist jedenfalls diesbezüglich festzuhalten, dass dies noch keinen übermäßigen Wildschaden im Sinne der Rechtslage darstellt.
47
Soweit der Antragsteller vorträgt, dass ein Einzelschutz der Anpflanzungen nicht möglich sei auf Grund der hohen Kosten, so kann das Gericht dies im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht ohne Weiteres nachprüfen. Jedenfalls wäre es Aufgabe des Antragsgegners gewesen, entsprechende Zahlen zu ermitteln, zu bewerten und in ihr Ermessen im streitgegenständlichen Bescheid einzustellen. Dies ist vorliegend nicht erfolgt.
48
Auf Grund der durchgreifenden Bedenken an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides, die voraussichtlich die Verletzung einer umweltbezogenen Rechtsvorschrift indizieren und die vom Satzungszweck des Beigeladenen umfasst sind, überwiegt das Interesse der Öffentlichkeit an einer aufschiebenden Wirkung der Klage des Beigeladenen gegenüber dem Interesse des Antragstellers an einem Sofortvollzug.
49
Der Antrag ist daher abzulehnen.
50
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus S. 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO.
51
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren für erstattungsfähig zu erklären, da er einen Antrag gestellt hat und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Zudem hat er mit seinen Ausführungen maßgeblich die Sachverhaltsermittlung gefördert.
52
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus SS 53 Abs. 2 Nr. 21 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.