Titel:
Voraussetzungen eines zulässigen vergleichenden Warentests
Normenketten:
BGB § 823 Abs. 1, § 824 Abs. 1, § 1004
GG Art. 5 Abs. 1
Leitsätze:
1. Ein vergleichender Warentest, der negativ wertende Äußerungen über die von einem Unternehmen angebotenen Waren oder Dienstleistungen zum Gegenstand hat, berührt grundsätzlich das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gem. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 3 GG bzw. die durch Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 3 GG geschützten Unternehmensgrundrechte des betroffenen Wirtschaftsunternehmens. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein vergleichender Warentest als Ausdruck des Rechts auf freie Meinungsäußerung gem. Art. 5 Abs. 1 GG ist regelmäßig zulässig, wenn die zugrunde liegenden Untersuchungen neutral, sachkundig und im Bemühen um objektive Richtigkeit konzipiert und durchgeführt worden sind und sowohl die Art des Vorgehens bei der Prüfung als auch die aus den Untersuchungen gezogenen Schlüsse vertretbar, dh diskutabel erscheinen (vgl. BGH BeckRS 1997, 5141 "Druckertest"). (Rn. 32 – 61) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unterlassung, Testbericht, Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb, Kreditgefährdung, vergleichender Warentest, Produkttest
Fundstellen:
AfP 2023, 80
BeckRS 2023, 1236
LSK 2023, 1236
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für den Beklagten – hinsichtlich der Kosten – gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Unterlassung der Verbreitung eines Testberichts über das Produkt der Klägerin …, einem Fahrradheckträger, sowie die Verbreitung verschiedener Behauptungen bezogen auf das Produkt, ferner Auskunft über Zeitpunkt und Umfang der Verletzungshandlung und Feststellung des Ersatzes sämtlicher dadurch entstandener oder noch entstehender Schäden.
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Die Klägerin ist Herstellerin von Fahrradheckträgern. Zu den Produkten der Klägerin gehört neben anderen Fahrradheckträgern insbesondere auch der Fahrradheckträger …, vormals ….
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Im Rahmen eines Fahrradheckträgertests vom 27.01.2021 unterzog die Beklagte neben anderen Fahrradheckträgern den … der Klägerin einem Test und bewertete diesen mit der Note „mangelhaft“. Das Testergebnis wurde von der Beklagten in der Printausgabe 2/2021 vom 27.01.2021 veröffentlicht (Anlage K 2). Eine weitere Veröffentlichung erfolgte und erfolgt online unter der … (Anlage K 3).
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Im Fließtext der Printausgabe führte die Beklagte u.a. aus:
„… flog sogar komplett ab (siehe Foto S. 73). Von diesen drei Trägern kann bei einem Unfall ein zusätzliches Risiko für die Menschen im Verkehr ausgehen. Sie sind mangelhaft.“ (Seite 70)
„Der Träger hob ab, nachdem er sich im Crashtest von der Anhängerkupplung gelöst hatte. Wir stellten weitere Sicherheitsprobleme fest. So beschädigte der … bei einer Vollbremsung in den Fahrtests zudem die Heckklappe des Prüffahrzeugs. (Seite 73)
Auf Seite 73 unten wird neben einer Abbildung des Heckträgers unter anderem ausgeführt: „Der … flog komplett ab"
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Auf Seite 72 fasst die Beklagte die Bewertungsergebnisse zusammen, bewertet den Heckträger der Klägerin mit „mangelhaft“ und führt in der Fußnote zum Crashtest aus: „Träger hat sich gelöst“.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Testberichterstattung wird auf den Inhalt der Anlagen K 2 und K 3 Bezug genommen.
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Vor der Durchführung des Tests wurden die Hersteller der ausgewählten Fahrradheckträger informiert und ihnen das Prüfprogramm zum „Projekt Fahrradträger für die Anhängerkupplung“ Projektnummer … mit Stand 18. Mai 2020 übersandt (Anlage K 4). Im Nachgang hierzu kam es zu einer Fachbeiratssitzung, an der die Beklagte sowie die Hersteller der zur Prüfung ausgewählten Fahrradheckträger teilgenommen haben. Im Anschluss daran wurde den Herstellern das modifizierte Prüfprogramm mit Stand 26. Juni 2020 übermittelt (Anlage K 5). Die Beklagte beauftragte die … mit der Durchführung der Prüfungen auf Grundlage des Prüfprogramms Anlage K 5. Nach Durchführung der Tests wurde der Klägerin von der Beklagten eine Excel Tabelle zur Verfügung gestellt (Anlage K 6).
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Mit Schreiben vom 24.03.2021 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 31.03.2021 auf, die sich für die Klägerin aus dem Testurteil „mangelhaft“ resultierenden Fragen zu klären (Anlage K 8). Die Beklagte erwiderte hierauf mit Schreiben vom 31.03.2021 (Anlage K 9). Es folgte weitere Korrespondenz mit Schreiben der Klägerin vom 29.04.2021 (Anlage K 10) und Schreiben der Beklagten vom 11.05.2021 (Anlage K 11). Auf den Inhalt der Anlagen K 8, K 9, K 10 und K 11 wird Bezug genommen.
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Die Klägerin trägt vor, der von der Beklagten veröffentlichte Testbericht basiere auf einem nicht sachgerecht ausgewählten und durchgeführten Prüfverfahren. Die von der Beklagten vorgenommene Bewertung „mangelhaft“ sei nicht haltbar. Es liege ein Mangel an Neutralität, Sachlichkeit und Objektivität vor.
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Die Prüfmethode der Beklagten sei schon deshalb nicht angemessen, da die Beklagte für die Durchführung des Crashtests kein Fahrzeugheck nachgebildet habe. Die Erforderlichkeit eines nachgebildeten Fahrzeughecks ergebe sich für die von der Beklagten vorgenommene Prüfung nach den Prüfvorgaben (Anlage K 5) insbesondere aus der DIN 75303 (Anlage K 7). Die Nachbildung eines Fahrzeughecks sei danach bei einem typischen Auffahrunfall in der Stadt bis zu 16 km/h optional. Bei der Verdoppelung der Geschwindigkeit resultiere aus der DIN 75303 das zwingende Erfordernis, das Fahrzeugheck nachzubilden. Rückschlüsse für Schäden an einem Fahrzeugheck ließen sich auch bei einem Crashtest nur verifizieren, wenn tatsächlich ein Fahrzeugheck nachgebildet werde, eben wie von der DIN 75303 vorgeschlagen. Die Klägerin habe den Fahrzeugheckträger auch im Einklang mit der DIN 75303 entwickelt. Die von der Beklagten gewählte Prüfmethode … beruhe daher auf einer fehlenden Sachkunde, da die Auswahl des Testverfahrens nicht mehr vernünftig gewesen sei.
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Ferner sei der Fahrradheckträger der Klägerin vor dem Test lediglich mit einer Schließkraft von 434 N auf einer Anhängerkupplung montiert worden, was sich aus der Tabelle Anlage K 6 ergebe. Dies entspreche nicht der Bedienungsanleitung (Anlage K 1), wonach der Fahrradheckträger mit einer Schließkraft von mindestens 47 kg, also 461,07 N, montiert werden müsse. Zum Zeitpunkt des Prüfbeginns sei daher der Heckträger nicht korrekt auf der Anhängerkupplung montiert gewesen. Die aus den durchgeführten Untersuchungen gezogenen Schlüsse seien damit als sachlich nicht mehr vertretbar zu betrachten.
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Die Beurteilung der Beklagten sei aber auch schon aufgrund eines Vergleichs mit dem ebenfalls getesteten … nicht vertretbar, da auch dieser sich von der Kupplung gelöst habe. Zudem seien zwei unterschiedliche Prüfschlitten – bzw. Kupplungskonfigurationen eingesetzt worden.
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Letztlich habe der von der Beklagten durchgeführte Crashtest noch nicht einmal den eigenen Testvorgaben gemäß Prüfprogramm Anlage K 5 unter Ziffer D 1 entsprochen, da bei dem streitgegenständlichen Träger der Klägerin die vorgegebene maximale Verzögerung in Höhe von 10 g um 30 % und die vorgegebene Einwirkdauer von 50 ms um über 20 % überschritten worden sei.
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Die Klägerin beantragt,
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist,
a) den Testbericht über das Produkt der Klägerin …, wiedergegeben in der Zeitschrift „test“ Nr. 2/2021 vom 27. Januar 2021, Seiten 30 bis 74 und im Internet unter https://www.t....de/Fahrradtraeger-fuer-die-Anhaengerkupplung-im-Test-1179461-0/, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen und/oder online verfügbar zu machen:
b) folgende Behauptungen bezogen auf das Produkt der Klägerin … zu verbreiten:
aa) „… hob sogar komplett ab“
bb) „Der … log komplett ab“
cc) „von diesen drei Trägern kann bei einem Unfall ein zusätzliches Risiko für die Menschen im Verkehr ausgehen. Sie sind mangelhaft“,
dd) „Träger hob ab, nachdem er sich im Crashtest komplett von der Anhängerkupplung gelöst hatte“,
ee) „Wir stellten weitere Sicherheitsprobleme fest. So beschädigte der … bei einer Vollbremsung in den Fahrtests zudem die Heckklappe des Prüffahrzeugs“,
ff) „Die Bewertung „mangelhaft“ in der Rubrik „Sicherheit“ allein mit der Fußnote „Träger hat sich gelöst“ als Begründung
gg) Die Bewertung „mangelhaft“ in der Rubrik „test-Qualitätsurteil 100 %“ allein mit der Fußnote „Träger hat sich gelöst“ als Begründung
2. Der Klägerin Auskunft zu geben über den Zeitpunkt und Umfang der Verletzungshandlungen nach Ziffer 1.1., aufgeschlüsselt nach Veröffentlichungsmedien unter Angabe von Auflagen, Zeitraum und Verbreitungsgebiet zu erteilen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in vorstehender Ziffer 1.1. näher bezeichneten Verletzungshandlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
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Die Beklagte beantragt
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Die Beklagte trägt vor, in der Fachbeiratssitzung vom 04.06.2020, an welcher auch ein Vertreter der Klägerin teilgenommen habe, sei das vorläufige Prüfprogramm beraten worden. Insbesondere auch die Prüfungspunkte „C.2. Erstmontage“ und „D. Fahreigenschaften“ seien in dem Programmentwurf vom 18.05.2020 und in der finalen Version unverändert gewesen. Die Klägerin habe keinerlei Einwände gegen das besprochene Prüfprogramm erhoben (Anlage K 5), das der Klägerin auch übersandt worden sei. Nach Vorliegen der Messergebnisse sei die Klägerin im Rahmen der sogenannten Anbietervorinformation von den objektiv nachprüfbaren Ergebnissen informiert worden (Anlagenkonvolut B 4). Hierzu habe die Klägerin Stellung nehmen können. Die Klägerin sei daher schon aus diesem Grund mit ihren Einwänden ausgeschlossen.
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Entgegen der Darstellung der Klägerin erfülle das Prüfprogramm der Beklagten die Voraussetzungen der Objektivität des Tests. Die Beklagte sei schon nicht an vorhandene DIN-Normen gebunden, sondern könne aus sachlichen Gründen über deren Anforderungen hinausgehen. In diesem Zusammenhang sei vertretbar, dass die Beklagte den Crashtest abweichend von der DIN-Norm bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h durchgeführt habe. Zudem stehe das Prüfprogramm aber auch im Einklang mit den Vorgaben der DIN 75303, insbesondere der unter Ziffer 5.7.5. geregelten „Crash-Simulationsbeanspruchung“. Aus der DIN 75303 ergebe sich nicht, dass der Crashtest zwingend unter Verwendung des Fahrzeughecks bzw. der Nachbildung eines Fahrzeughecks durchzuführen sei.
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Auch die Montage des Fahrradträgers sei ordnungsgemäß erfolgt, insbesondere nach den Vorgaben der Gebrauchsanweisung der Klägerin. Der von der Klägerin zitierte Wert in Anlage K 6 sei nicht zugrunde zu legen. Der in Zeile 123 angegebene Wert von 434 N beziehe sich auf die Situation nach dem Einrasten des Trägers. Bei jedem der unter lit. D des Prüfprogramms vorgesehenen Tests sei aber vor der Durchführung des Tests so lange nachgespannt worden bis der in der Bedienungsanleitung vorgeschriebene Wert von 47 kg (461,07 N) erreicht gewesen sei. Aus dem weiteren in Anlage K 6, Zeile 124, angegebenen Wert von 349 N („Schließkraft nach den Fahrversuchen“) ergebe sich, dass sich der Fahrradträger während der Fahrt gelockert habe.
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Richtig sei, dass die 1. Prüfung auf einer Anlage der … durchgeführt worden sei, während die 2. und 3. Prüfung auf einer eigenen Anlage des … durchgeführt worden sei und daher unterschiedliche Prüfschlitten verwendet worden seien. Welche Relevanz dies habe, ergebe sich aus dem Klägervortrag nicht. Ferner habe auch die unterschiedliche Farbgebung der Anhängerkupplung bei dem … Produkt und dem Produkt der Klägerin keinerlei Auswirkung auf die Eignung des streitgegenständlichen Tests. Die Crashtest-Prüfungen des …-Trägers und des Produkts der Klägerin seien zu gleichen Bedingungen erfolgt. Im übrigen sei auch der … Träger mit „mangelhaft“ bewertet worden mit dem Hinweis in Fußnote 2 „Träger hat sich gelöst“.
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Richtig sei zwar auch, dass bei den Crashtests die Anforderungen an die Parameter Verzögerung (ca. 10 g), Einwirkdauer (50 ms) und Geschwindigkeit (30 km/h) wie sie unter lit. D 1 des Prüfprogramms aufgeführt sind, überschritten wurden. Bei dynamischen Tests wie Crashtests sei es schon physikalisch nicht möglich, vorgegebene Werte exakt zu „treffen“. Im Test müssten die Mindestanforderungen überschritten werden, da das Prüfinstitut nur so sicherstellen könne, dass die Anforderungen an den Versuch eingehalten werden. Sämtliche im Test befindlichen Fahrradträger seien auch denselben Bedingungen ausgesetzt gewesen, so dass es zu keiner Ungleichbehandlung der Klägerin gekommen sei. Zudem habe die Klägerin die Werte, die in der Anbietervorinformation für die Klägerin ausgewiesen gewesen seien, nicht moniert. Mit diesem neu vorgebrachten Einwendungen sei die Klägerin daher ohnehin ausgeschlossen.
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Die Kammer hat mündlich zur Sache verhandelt. Auf das Protokoll vom 28.04.2022 (Bl. 71/73 d.A.) und vom 24.11.2022 (Bl. 119/126 d.A.) wird Bezug genommen. Die Kammer hat ferner Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen … und …
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Ergänzend wird auf sämtliche gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Unterlassung wegen einer schuldhaften Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetriebs durch die streitgegenständliche vergleichende Warentest-Berichterstattung (§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB) noch wegen Kreditgefährdung durch die schuldhafte Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen (§§ 824, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB). Ebenso wenig steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in diesem Zusammenhang zu. Denn weder verletzt die streitgegenständliche Berichterstattung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Grundsätze einer – zulässigen – vergleichenden Warentest-Berichterstattung noch liegt eine unwahre Tatsachenbehauptung vor.
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I. Für die Beurteilung ist zunächst zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen zu unterscheiden. Denn der Anspruch aus § 824 Abs. 1 BGB ist grundsätzlich gegenüber einem Unterlassungsanspruch bzw. Schadensersatzanspruch wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG vorrangig, weil letzter einen Auffangtatbestand darstellt. Allerdings gilt dies nur, soweit es sich bei der zugrundeliegenden Behauptung um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt (vgl. dazu schon BGH v. 09.12.1975 – … – Rz. 20 f.; alle Entscheidungen, auch im Folgenden und soweit nicht gesondert gekennzeichnet, zitiert nach juris-Datenbank). Der Inhalt von und die Berichterstattung über – insbesondere vergleichende – Warentests stellt sich nun einerseits zwar regelmäßig als das Ergebnis einer Bewertung und somit als eine Meinungsäußerung, nicht als eine Tatsachenbehauptung dar, und dies gilt nicht nur für die eigentlichen Testresultate, sondern auch für deren Begründung (Hoene in Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl., Köln 2019, § 22, Rz. 22 m.w.N.). Daraus folgt allerdings nicht, dass ein Testbericht und jede in ihm enthaltene Äußerung mit selbständigem Wert stets als Wertung und niemals als tatsächliche Behauptung zu behandeln wäre, sondern „es kann durchaus sein, dass ein Testbericht je nach seinem schwerpunktmäßigen Inhalt und der Verselbständigung seiner zugrunde gelegten Umstände – jedenfalls überwiegend – rechtlich als tatsächliche Behauptung zu behandeln ist“ (BGH v. 09.12.1975 – Az. VI ZR 157/73 – Rz. 21). Wenn daher im Rahmen eines Testberichts den tatsächlichen Feststellungen eine eigenständige Bedeutung zukommt, sie dem Werturteil also nicht lediglich als unselbständige Wertungselemente untergeordnet sind, und deshalb von dem Durchschnittsleser, dessen Verständnis hierfür maßgeblich ist, als Aussage über nachweisbare Fakten und Grundlage für sein eigenes Qualitätsurteil über das getestete Produkt aufgefasst werden, so sind diese Tatsachenbehauptungen vorrangig am Maßstab des § 824 BGB zu prüfen (BGH v. 21.02.1989 – … – Rz. 12; BGH v. 17.06.1997 – … – Rz. 10; OLG Dresden v. 15.08.2022 … – Rz. 7; Korte, Praxis des Presserechts, 2. Aufl., München 2019, § 2, Rz. 259; Reichold in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 824 BGB (Stand: 24.06.2020), Rz. 18 – „Warentest“).
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Wird hingegen nicht eine einzelne, konkrete Tatsachenbehauptung als unwahr angegriffen, sondern der vergleichende Warentestbericht als solcher, so steht das Ergebnis einer Wertung im Vordergrund, so dass regelmäßig die Berichterstattung sowohl im Hinblick auf die eigentlichen Testresultate als auch im Hinblick auf deren Begründung als Meinungsäußerung zu beurteilen ist (BGH v. 09.12.1975 – Az.: VI ZR 157/73 – Rz. 21 ff.; Hoene, a.a.O., § 22, Rz. 22 m.w.N.). Insoweit ist der Bereich der Meinungsäußerung bei vergleichenden Warentests besonders weit gezogen (Korte, a.a.O., § 2, Rz. 258).
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Maßgeblich ist daher stets der Bedeutungsgehalt einer angegriffenen Äußerung in dem Testbericht im konkreten Einzelfall.
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II. Vorliegend greift die Klägerin unter Ziffer 1 a) den Testbericht im Hinblick auf das Produkt der Klägerin insgesamt an, wobei die Klägerin darauf abstellt, dass dieser auf einem nicht sachgerecht ausgewähltem und durchgeführten Prüfverfahren beruhe und die von der Beklagten vorgenommene Bewertung nicht haltbar sei. Insofern ist hinsichtlich der Bewertung durch die Beklagte und der Grundlage für diese Bewertung nach den oben dargestellten Grundsätzen von einer Meinungsäußerung auszugehen.
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Soweit die Klägerin unter Ziffer 1 b) ebenfalls die Bewertung und die Begründung hierzu angreift („Die Bewertung „mangelhaft“ in der Rubrik „Sicherheit“ allein mit der Fußnote „Träger hat sich gelöst“ als Begründung und „Die Bewertung „mangelhaft“ in der Rubrik „test-Qualitätsurteil 100 %“ allein mit der Fußnote „Träger hat sich gelöst“) so steht auch das Ergebnis als Bewertung im Vordergrund und ist insgesamt als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Gleiches gilt für die Bewertung, dass von dem Träger ein zusätzliches Risiko für die Menschen im Verkehr ausgehe („von diesem drei Trägern kann bei einem Unfall ein zusätzliches Risiko für die Menschen im Verkehr ausgehen. Sie sind mangelhaft“).
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Soweit die Klägerin zudem die Äußerungen „… hob sogar komplett ab“, „Der … flog komplett ab“, „Träger hob ab, nachdem er sich im Crashtest komplett von der Anhängerkupplung gelöst hatte“ und „Wir stellten weiteren Sicherheitsprobleme fest. So beschädigte der … bei einer Vollbremsung in den Fahrtests zudem die Heckklappe des Prüffahrzeugs“ angreift, sind diese nach Auffassung der Kammer ebenfalls anhand der für Meinungsäußerungen geltenden Kriterien zu messen. Zwar enthalten diese Äußerungen für sich gesehen auch Tatsachenbehauptungen, die dem Beweis zugänglich sind. Sie stellen aber allesamt die Grundlage für die Testbewertung der Beklagten dar, so dass ihnen wegen ihrer Einbettung in diesem Testbericht keine eigenständige Bedeutung zukommt. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass von der Klägerin schon nicht behauptet wird, dass die Tatsachenbehauptungen unwahr seien. Denn der streitgegenständliche Fahrradträger der Klägerin hatte sich bei den Tests unstreitig von der Anhängerkupplung gelöst und ist abgeflogen. Die Klägerin behauptet auch nicht, dass bei der Vollbremsung etwa die Heckkappe des Fahrzeugs nicht beschädigt wurde. Vielmehr greift die Klägerin diese Äußerungen im Hinblick auf die Art und Weise der Durchführung der Tests an. Es handelt sich damit bei den angegriffenen Äußerungen um bloße zum Testergebnis hinführende und diesem untergeordnete Wertungselemente. Damit überwiegt ihr Wertungscharakter, so dass sie trotz ihres Tatsachengehalts nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Meinungsäußerung zu qualifizieren sind.
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III. Vorliegend sind demnach die angegriffenen Äußerungen sowie der Test insgesamt an den Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB sowie der zu vergleichenden Warentests ergangenen Rechtsprechung zu messen und nicht des § 824 Abs. 1 BGB.
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IV. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung gemäß den §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung ihres Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stellt sich der Testbericht und die diesem zugrunde liegenden Untersuchungsergebnisse als eine in Abwägung mit Art. 5 Abs. 1 GG zulässige Meinungsäußerung dar.
32
1. Ein vergleichender Warentest, der – insbesondere negativ wertende – Äußerungen über die von einem Unternehmen angebotenen Waren oder Dienstleistungen zum Gegenstand hat, berührt grundsätzlich das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gem. Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG bzw. die durch Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 geschützten Unternehmensgrundrechte des betroffenen Wirtschaftsunternehmens, weil dessen wirtschaftliche Stellung und das Vertrauen der Kundschaft in die Waren und Dienstleistungen gefährdet werden können (OLG München v. 18.02.2015 – … – Rz. 141 f.). Ob sich eine vergleichende Warentest-Berichterstattung als zulässig oder als unzulässiger Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, kann nur aufgrund einer Güter- und Pflichtenabwägung beantwortet werden (BGH v. 09.12.1975 – … – Rz. 26). Dabei gilt, dass sich ein Gewerbebetrieb grundsätzlich einer – auch vergleichenden – Kritik seiner Leistungen stellen muss und dies sowohl im Interesse der Verbraucheraufklärung und der Markttransparenz als auch im wohlverstandenen eigenen Interesse der Ersteller und Anbieter, um deren Erzeugnisse und Leistungen es geht (BGH v. 09.12.1975 – … – Rz. 28). Nach der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung ist – außerhalb von hier ohnehin nicht vorliegenden Wettbewerbsverhältnissen – ein vergleichender Warentest als Ausdruck des Rechts auf freie Meinungsäußerung im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG daher regelmäßig zulässig, wenn die zugrunde liegenden Untersuchungen neutral, sachkundig und im Bemühen um objektive Richtigkeit konzipiert und durchgeführt worden sind und sowohl die Art des Vorgehens bei der Prüfung als auch die aus den Untersuchungen gezogenen Schlüsse vertretbar, d.h. diskutabel erscheinen (BGH v. 09.12.1975 – … Rz. 31 f.; BGH v. 17.06.1997 – … – Rz. 10; OLG München v. 18.02.2015 – Az.: … Rz. 145; Hoene, a.a.O., § 22, Rz. 25; Korte, a.a.O., § 2, Rz. 260). Unter diesen Voraussetzungen ist, wie das OLG München ausgeführt hat (Urteil v. 18.02.2015 – Az.: … – Rz. 145), „dem Tester in der Frage der Angemessenheit der Prüfungsmethoden, der Auswahl der Testobjekte und der Darstellung der Untersuchungsergebnisse ein erheblicher Entscheidungsfreiraum zuzubilligen“ (so auch BGH v. 17.06.1997 – … – Rz. 10).
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2. Diesen Maßstab zugrunde gelegt, stellt sich die streitgegenständliche Testberichterstattung als zulässig dar, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststeht, dass der konkrete Warentest die Anforderungen im Hinblick auf Neutralität, Sachkunde und das Bemühen um die objektive Richtigkeit in Bezug auf Konzeption und Durchführung erfüllt und sowohl die Art des Vorgehens als auch die aus der Untersuchung gezogenen Schlüsse mindestens vertretbar sind.
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2.1. Der Warentest stellt sich in Konzeption und Durchführung als neutral dar. Mangelnde Neutralität wurde von der Klägerin schon nicht gerügt und ist auch vorliegend nicht ersichtlich.
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2.2. Der Warentest ist auch in der Konzeption und Durchführung von einem ausreichenden Bemühen um objektive Richtigkeit geprägt.
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2.2.1. Objektivität bedeutet, wie der BGH bereits ausgeführt hat, nicht die objektive Richtigkeit der Ergebnisse, sondern ein Bemühen um objektive Richtigkeit (BGH v. 09.12.1975 – … Rz. 31). Das bedeutet, wie das OLG München in seinem Urteil vom 18.02.2015 ausgeführt hat (… Pre – Rz. 146), „nicht nur, dass die Prüfungsmethoden und -kriterien von der Sache her vertretbar sein müssen und die Darstellung der Testergebnisse nicht in verzerrender und missverständlicher Weise erfolgen darf. Der Test muss auch nach der Zusammensetzung der Produkte einen sinnvollen, an der Verbraucherwartung orientierten Vergleich erlauben und darf nicht auf einer einseitigen Auswahl der zum Vergleich gestellten Waren und Leistungen beruhen, sondern muss den Grundsatz der Gleichbehandlung beachten“.
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2.2.2. Diesen Maßstab zugrunde gelegt, wahrt der streitgegenständliche Warentest in der Konzeption sowie in der Durchführung der Tests die erforderliche Objektivität.
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a) Soweit die Klägerin rügt, dass der Crashtest auf einem Prüfschlitten und nicht auf einem nachgebildeten Fahrzeugheck durchgeführt worden ist, ist dies nach Auffassung der Kammer nicht geeignet, die Objektivität in Frage zu stellen. Entgegen der Behauptung der Klägerin ergibt sich die Notwendigkeit der Nachbildung eines Fahrzeughecks nicht aus der DIN 75303.
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aa) Die Beklagte ist schon nicht an Normen ohne Gesetzeskraft, wie etwa die DIN-Norm, gebunden. Insbesondere stellt es keine Verletzung des Objektivitätsgebots dar, wenn der Tester etwa an Sicherheitskriterien höhere Anforderungen stellt als die einschlägige DIN. Abweichungen von der DIN sind daher zulässig, wenn diese vertretbar sind (vgl. auch Hoene in Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl., Köln 2019, § 22, Rz. 22.31 m.w.N.).
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Nach diesen Maßstäben hält die Kammer eine Abweichung der Crashgeschwindigkeit von 16 km/h gemäß der DIN-Norm auf 30 km/h, wie von der Beklagten durchgeführt, für vertretbar. Bei den Anforderungen der DIN-Norm handelt es sich um Mindestanforderungen. Soweit die Beklagte daher aus Sicherheitsgründen über diese Mindestanforderungen hinausgeht, ist dies nicht nur vertretbar, sondern für den Verbraucher auch notwendig, da jedenfalls ein Crash im Stadtverkehr auch bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h nicht abwegig ist. Der Verbraucher wird davon ausgehen wollen, dass ein entsprechender Heckträger auch einer Crashgeschwindigkeit von 30 km/h stand hält. Die Klagepartei hat in diesem Zusammenhang auch nicht vorgetragen, dass es bei einer Crashgeschwindigkeit von 30 km/h bei Nachbildung eines Fahrzeughecks zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, sprich der Fahrradheckträger sich nicht gelöst hätte. Es wird daher schon nicht klar, welche Auswirkungen auf das Testergebnis in Bezug auf die Klägerin eine entsprechende Hecknachbildung gehabt hätte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass, soweit eine Hecknachbildung erfolgt, diese nach der einschlägigen DIN-Norm gerade nicht als zusätzliche Verstärkung wirken darf. Soweit die Klägerin ihre Forderung nach einer Fahrzeughecknachbildung damit begründet, dass Rückschlüsse für Schäden an dem Fahrzeugheck sich nur dann verifizieren ließen, wenn tatsächlich auch ein Fahrzeugheck nachgebildet werde, kann auch dies nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Denn Beschädigungen am Fahrzeug gehörten nicht zu dem Prüfungsumfang bei dem Crashtest. Unter Ziffer D.1 des Prüfprogramms (Anlage K 5) ist vielmehr festgehalten: „Beurteilt werden die Struktur- und Montagefestigkeit der Fahrradträger auf den Grundträgern sowie der Kugelkupplung bzw. die Befestigung der Fahrräder auf den Trägern.“ Ob Beschädigungen an dem Fahrzeug auftreten, wird gerade nicht mit dem beanstandeten Crashtest, sondern vielmehr im Rahmen des Tests „Vollbremsung“ (Ziffer D.2. des Prüfprogramms) getestet, bei welchem unstreitig ein Fahrzeugheck nachgebildet wurde.
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bb) Jedenfalls steht aber auch die von der Beklagten durchgeführte Prüfmethode im Einklang mit der DIN 75303. Die Durchführung eines Crashtests wie dem streitgegenständlichen ist dort unter Ziffer 5.7.5. geregelt. Für den hier streitgegenständlichen Hecklastträger ist unter 5.7.5.2., dort Hecklastträger nach Bild C.5 bis Bild C.7, (Anlage K 7) Folgendes geregelt:
„Alle Crash-Simulationen können unabhängig von einem Fahrzeug mit einer Vorrichtung oder mit einem Fahrzeug selbst bzw. einem repräsentativen Fahrzeugausschnitt durchgeführt werden.
Die Vorrichtung ist derart zu gestalten, dass eine Befestigung des Hecklastträgers nach Herstellervorgabe realisiert werden kann. Die Nachbildung eines Fahrzeug – hecks zur möglichen Abstützung des Hecklastträgers während der Crash-Simulation ist zulässig.
Die feste Verankerung der Vorrichtung, die Nachbildung eines Fahrzeughecks oder des Fahrzeugausschnittes auf einem beweglichen Prüfschlitten darf nicht als zusätzliche Verstärkung wirken.
Nach der Beladung mit der zulässigen Nutzlast des Heckträgers wird auf den Prüfschlitten, auf dem der Hecklastträger montiert ist, eine horizontale und entgegen der Fahrtrichtung wirkende Beschleunigung nach Bild 3 aufgebracht.“
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Nach dem Wortlaut der DIN ergibt sich daher daraus gerade nicht, dass der Crashtest im vorliegenden Fall zwingend auf einer Fahrzeughecknachbildung stattzufinden hat, vielmehr stellt die DIN-Norm ausdrücklich auf eine „Vorrichtung“ ab und erachtet es lediglich als zulässig unter bestimmten Voraussetzungen ein Fahrzeugheck nachzubilden.
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Auch ergibt sich aus der DIN 75303 entgegen der Auffassung der Klägerin bei einer Erhöhung der Geschwindigkeit auf 30 km/h (statt den in der DIN angegebenen 16 km/h) nicht das zwingende Erfordernis einer Nachbildung des Fahrzeughecks. Unter Ziffer 5.7.5.1 ist vielmehr ausgeführt:
„Werden Prüfungen mit erhöhten Anforderungen durchgeführt, so sind diese nur dann ersatzweise zulässig, wenn diese Anforderungen höhere Beschleunigungsgrenzen bzw. anspruchsvollere Zeitregimes mit dem Ziel der Erreichung einer höheren dynamischen Belastung umfassen. In diesem Fall ist eine adäquate Erhöhung der Schlittengeschwindigkeit zulässig.“
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Die DIN-Norm spricht damit ausdrücklich von einer Erhöhung der „Schlittengeschwindigkeit“, nicht aber davon, dass bei einer Geschwindigkeitserhöhung zwingend ein Fahrzeugheck nachzubilden wäre. Letztlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die vorliegende Prüfmethode bei allen getesteten Fahrradheckträgern gleichermaßen durchgeführt wurde, die entsprechenden Ergebnisse sich aber lediglich bei dem Träger der Klägerin feststellen ließen.
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Nach alldem hat die Beklagte nach Auffassung der Kammer ihren Ermessensspielraum im Hinblick auf die Durchführung des Tests nicht überschritten.
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cc) Schließlich ist die Klägerin auch mit diesem Einwand schon deshalb ausgeschlossen, da sie im Rahmen der Fachbeiratssitzung und nach Zusendung des Prüfprogramms (Anlage K 5) keine Einwände gegen die Prüfungsmethode erhoben hat.
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Maßgebliche Bedeutung für die Frage, ob eine Prüfungsmethode diskutabel ist oder nicht, kommt den Beratungen im Fachbeirat der … und den Stellungnahmen der Hersteller zu.
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Bei einer vergleichenden Untersuchung der … besteht die Besonderheit, dass regelmäßig ein Fachbeirat einberufen wird. Dieses Gremium berät die Stiftung bei der sachgerechten Auswahl der zu untersuchenden Produkt- und Dienstleistungssegmente, der Festlegung der für die Verbraucher wichtigen Eigenschaften, der Verwendung geeigneter Prüfverfahren, der Grundzüge der Bewertung sowie der sachgerechten Darstellung der Prüfergebnisse (§ 10 I der Satzung). Die Fachbeiräte bestehen satzungsgemäß aus jeweils drei bis zehn geeigneten Fachleuten und werden durch die Stiftung von Fall zu Fall für einzelne Untersuchungsvorhaben oder für eine Reihe von miteinander im Zusammenhang stehende Untersuchungsvorhaben berufen (§ 10 II der Satzung). Zwar können weder der Fachbeirat noch der Hersteller die … zu einem anderen Verfahren zwingen, da der Stiftung selbst die Kompetenz bleibt, abschließend über die Testdurchführung zu entscheiden. Der Beratungsverlauf stellt jedoch ein ganz erhebliches Indiz für die Frage dar, ob die von der … geplante Testdurchführung vertretbar ist. Wäre sie dies nicht, stünden substanzielle Einwände aus dem Kreis des Fachbeirats oder der zu dem geplanten Testdurchführungsprogramm angehörten Hersteller, deren Produkte in den Test einbezogen werden sollen, zu erwarten (OLG Stuttgart, Urt. v. 5.4.2018 – 2 U 99/17).
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Entgegen dem Vortrag der Klägerin ist die Kammer davon überzeugt, dass aus den Angaben der Beklagten in dem Prüfprogramm (Anlage K 5) klar ersichtlich war, dass der Crash-test mit einem Prüfschlitten durchgeführt wird. Denn in Ziffer D.1 Crashtest ist ausdrücklich angegeben, dass der Prüfschlitten in Anlehnung an DIN 75303 jeweils pro System eine Crash aus 30 km/h mit zirka 10 g Verzögerung über eine Einwirkdauer von 50 ms absolviert. Ferner wird ausgeführt, dass durch eine kontrollierte hohe Beschleunigung der Katapultanlage der Effekt einer Verzögerung bei einem Fahrzeugcrash simuliert wird. Im Gegensatz dazu ist unter Ziffer D.2. Vollbremsung ausdrücklich ausgeführt, dass der Test mit einem Testfahrzeug durchgeführt wird. Da in Ziffer D.1. und D.2 auch ausgeführt wird, welche Eigenschaften mit dem jeweiligen Test beurteilt werden sollen, ist für die Differenzierung auch in dem Prüfprogramm der sachliche Grund zu erkennen. Damit muss der Klägerin, der auch unstreitig die Anlage K 5 zur Verfügung gestellt wurde, klar gewesen sein, dass der Crashtest mittels eines Prüfschlittens durchgeführt wird. Einwendungen diesbezüglich hat die Klägerin unstreitig nicht erhoben.
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b) Soweit die Klägerin die mangelnde Objektivität des Tests damit begründet, dass der Fahrradheckträger falsch montiert worden sei, ist die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Fahrradheckträger der Klägerin entsprechend der Bedienungsanleitung montiert wurde.
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Gemäß Bedienungsanleitung (Anlage K 2) muss der Fahrradheckträger entsprechend den Herstellervorgaben mit einer Schließkraft von mindestens 47 kg (Seite 13, Anlage K 2) montiert werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist vorliegend davon auszugehen.
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Der Zeuge …, der bei dem … als Experte an der Testung beteiligt war, gab in seiner Vernehmung im Termin vom 24.11.2022 an, es seien bei der Testung die Fahrradträger mehrerer Marken auf ein simuliertes Zugfahrzeug entsprechend den Herstelleranleitungen angebracht worden. Der Zeuge konnte sich an die Testung des streitgegenständlichen Fahrradträgers noch erinnern und gab an, dass bei der Montage die Vorgaben des Herstellers eingehalten worden seien, und zwar sowohl bei der Montage der Träger als auch bei der Montage auf der Simulationsvorrichtung. Er gab weiter an, in der Anleitung seien 47 kg angegeben, das entspreche 470 N. Die jeweiligen Messwerte der Befestigung seien nicht dokumentiert worden. Sie hätten die Montage entsprechend den Herstelleranleitungen durchgeführt und dann die Ergebnisse dokumentiert, nicht die Zwischenschritte. Der Zeuge führte weiter aus, er habe die Bedienungsanleitung auf Englisch gelesen. Er könne sich zwar an die Montage entsprechend der Anleitung nicht im Einzelnen erinnern. Der Zeuge erklärte aber weiter, wie die Kraftmessung ausgeführt worden sei. Die sei durch ein kalibriertes Messgerät erfolgt, die Montage sei dann abgeschlossen, wenn das Messgerät 47 kg anzeige. Wenn diese Kraft erreicht sei, werde nicht mehr nachgespannt.
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Die Angaben des Zeugen waren schlüssig und widerspruchsfrei. Der Zeuge schilderte bildhaft, wie die Montage des streitgegenständlichen Trägers zu erfolgen hat und wie die Kraftmessung erfolgte und gab auch Erinnerungslücken offen preis. Die Kammer zweifelt nicht an den glaubhaften Angaben des Zeugen und erachtet diesen gleichsam als glaubwürdig.
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Soweit dem Zeugen die Angabe aus Zeile 123 der Anlage K 6 vorgehalten wurde, aus der sich eine Zahl von 434 N ergibt, so kann dies die Angaben des Zeugen nicht erschüttern, denn diese Angaben beziehen sich nicht auf den Crashtest, sondern auf die dynamischen Prüfungen (außer Crashtest), die nicht durch den Zeugen Bors durchgeführt wurden. Angaben hierzu konnte der Zeugen demnach schon nicht machen.
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Die Angaben des Zeugen … stehen auch im Einklang mit den Angaben des Zeugen … der bei dem Test die statischen Prüfungen im Labor und die dynamischen Prüfungen auf dem Fahrgelände vorgenommen hat. Auch der Zeuge … konnte im Detail angegeben, wie der Fahrradheckträger montiert werden musste und führte schließlich aus, man habe nachspannen müssen, bis man den Wert aus der Bedienungsanleitung, er meine 47 kg, erreicht habe. Der Zeuge erklärte hierzu auch, dass dieser Wert mittels eines Kraftmessers gemessen werde und übergab zur Veranschaulichung Fotos. Man könne dann auf dem Display des Empfangsteils des Kraftmessers erkennen, ob man die 47 kg erreicht habe. Man ziehe dann so lange nach bis diese 470 N oder 47 kg erreicht seien. Soweit dem Zeugen ebenfalls die Werte aus Zeile 123 der Anlage K 6 vorgehalten wurden, betrifft dies zwar nicht den streitgegenständlichen Crashtest – wie bereits ausgeführt -. Der Zeuge gab aber auch diesbezüglich an, man habe dort zunächst die Kraft gemessen, bis das hörbare Einrasten festzustellen gewesen sei, das seien die 434 N gewesen. Danach habe man auf 47 kg erhöht. Er sei sich auch sicher, dass nochmals auf die 47 kg nachgespannt habe. Er habe auch einen handschriftlichen Zettel, wo er die 47 kg notiert habe und einen Haken dahinter gemacht habe. Diesen habe er jetzt nicht dabei.
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Auch wenn sich der Zeuge nicht mehr an alle Details erinnern konnte, konnte er für die Kammer plausibel und widerspruchsfrei bestätigen, dass der Fahrradheckträger gemäß der Bedienungsanleitung montiert wurde. Die Kammer zweifelt nicht an den glaubhaften Angaben des Zeugen, ebenso wenig zweifelt die Kammer an dessen Glaubwürdigkeit. Soweit daher in Zeile 123 der Anlage K 6 andere Werte angegeben sind, konnte der Zeuge diese Unwägbarkeiten ausräumen. Jedenfalls beziehen sich diese Werte auch nicht auf den Crashtest, so dass eine Auswirkung auf die beanstandeten Ergebnisse des Crash-tests schon nicht ersichtlich sind. Etwaige Einwendungen der Klagepartei hinsichtlich der dort dargestellten Werte betreffen damit schon nicht die der Bewertung zugrunde gelegten Feststellungen im Zusammenhang mit dem Crashtest und können sich damit auf die Gesamtbewertung „mangelhaft“ nicht auswirken. Soweit die Klägerin daher in Bezug auf die Angaben in Zeile 123 ein Sachverständigengutachten beantragt, war dieses mangels Bezug zu dem streitgegenständlichen Crashtest nicht einzuholen. Auch die Angabe in der Tabelle auf Seite 49 der Anlage B 6, wonach in der Spalte 7.1.e (erforderlicher Kraftaufwand) bei dem Träger der Klägerin „k.A.“ eingetragen ist, steht der ordnungsgemäßen Montage nicht entgegen. Zwar konnte der Zeuge … nicht mehr konkret nachvollziehen, warum der Wert aus der Bedienungsanleitung keinen Eingang in die Seite 49 der Anlage B 6 gefunden hat. Er führte aber überzeugend aus, wie es zur Dokumentation der Ergebnisse kommt und dass hierbei ein Team mit verschiedenen Personen, die verschiedene Teste durchführen, beteiligt ist. Nach den Angaben des Zeugen waren jedenfalls unverpackte Modelle nach … versandt worden, nach seiner Vermutung habe es auch eine Bedienungsanleitung gegeben, in der keine Angabe aufgenommen worden sei. Dies führt nach Würdigung der Aussagen der Zeugen allerdings nicht dazu, dass die Montage des streitgegenständlichen Fahrradheckträgers vor dem Crashtest nicht gemäß der Bedienungsanleitung erfolgt sein soll. Denn beide Zeugen gaben glaubhaft an, dass ihnen die Bedienungsanleitung vorgelegen habe, beide Zeugen konnten angeben, welche Schließkraft vorhanden sein musste und beide Zeugen gaben an, die Montage entsprechend der Bedienungsanleitung vorgenommen zu haben. Die Kammer hat daran keine Zweifel.
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Im Ergebnis ist die Kammer von einer ordnungsgemäßen Montage überzeugt. Zweifel an der Objektivität des Tests bestehen demnach insofern nicht.
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c) Soweit die Klägerin ausführt, die Beurteilung der Beklagten sei auch aufgrund eines Vergleichs mit dem ebenfalls getesteten … unzutreffend, da sich auch dieser von der Anhängerkupplung gelöst habe, kann auch dieser Einwand der Klägerin nicht verfangen. Denn auch der … wurde laut Testbericht mit der Note „mangelhaft“ bewertet, wobei die Beklagte hierbei in der Fußnote ebenfalls darauf hinwies, dass sich der Träger gelöst hat (Seite 72 des Berichts, Anlage K 2). Eine unzutreffende Beurteilung kann die Kammer daher nicht erkennen. Soweit die Klägerin vorträgt, es seien für den streitgegenständlichen Träger der Klägerin und den … unterschiedliche Prüfschlitten verwendet worden, so trägt die Klägerin schon nicht vor, inwiefern sich dies auf das Testergebnis und die daraus folgende Bewertung der Beklagten ausgewirkt haben soll.
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d) Schließlich zweifelt die Kammer auch nicht deshalb an der Objektivität des Tests, da bei dem Crashtest des Fahrradheckträgers der Klägerin die maximale Verzögerung in Höhe von 10 g und die vorgegebene Einwirkdauer von 50 ms überschritten wurde. Gemäß Prüfprogramm der Beklagten ist unter Ziffer D.1 Crashtest ausgeführt, dass der Prüfschlitten in Anlehnung an die DIN 75303 jeweils pro System einen Crash aus 30 km/h mit zirka 10 g Verzögerung über eine Einwirkdauer von 50 ms absolviert (Seite 10, Anlage K 5). Aus der Anlage B 6, dort Seiten 22 und 23, ergibt sich, dass die Werte hinsichtlich der maximalen Verzögerung und der Einwirkdauer bei den Tests in allen 3 Versuchen überschritten wurden. Bei den dort angegebenen Werten handelt es sich um die Durchschnittswerte aller getesteten Produkte. Im Hinblick auf den Fahrradträger der Klägerin ergaben sich bei der 1. Prüfung eine max. Verzögerung von 13,0 g und eine Einwirkdauer von 60,8 ms (Anlage B 4/K 6). Bei einem Vergleich der Werte ergibt sich, dass die Überschreitung der Werte bei der Klägerin im Durchschnitt liegt und daher davon auszugehen ist, dass sämtliche getesteten Träger denselben Bedingungen ausgesetzt waren. Mangels Ungleichbehandlung der Klägerin ist auch eine Überschreitung dieser Parameter nach Auffassung der Kammer vertretbar. Zudem gab der Zeuge … hierzu an, die im Prüfprogramm angegebene Verzögerung von 10 g stelle eine Untergrenze dar, die er einhalten müsse. Deshalb müsse auch die Kurve über den Strich gehen. Es seien alle Fahrradträger so getestet worden, dass die Kurve über der Linie gewesen sei. Es sei im Prüfprogramm keine maximale Obergrenze angegeben gewesen. Die in sich schlüssigen Angaben des Zeugen … stehen auch im Einklang mit dem Prüfprogramm der Beklagten (Anlage K 5). Denn richtigerweise ist dort keine maximale Verzögerung oder Einwirkdauer genannt. Vielmehr schreibt das Prüfprogramm einen Test mit „zirka“ 10 g Verzögerung vor.
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2.3. Die Untersuchungen für den streitgegenständlichen Warentest sind auch mit ausreichender Sachkunde konzipiert und durchgeführt worden. Von der Beklagten wurde der … hinzugezogen. Zweifel an der Sachkunde Zeugen … und … bzw. anderen an dem Test beteiligten Mitarbeitern des … wurden weder substantiiert vorgetragen noch sind solche in sonstiger Weise ersichtlich.
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2.4. Somit stellen sich die Prüfungen sowohl in der Konzeption als auch in der Durchführung als neutral, sachkundig und objektiv dar. Die hierauf beruhende Bewertung der Beklagten stellt in Abwägung mit dem Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb damit eine zulässige Meinungsäußerung dar, zumal die Ergebnisse der Prüfungen auch nicht verzerrend oder missverständlich dargestellt werden. Dementsprechend hat die Klägerin keinen Anspruch auf Unterlassung oder Schadensersatz aus §§ 1004, 823 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG.
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V. Der Klägerin steht auch kein Anspruch aus § 824 Abs. 1 BGB zu, wollte man den der Bewertung zugrunde liegenden Tatsachenbehauptungen eine eigene Bedeutung zuordnen.
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1. Nach § 824 Abs. 1 BGB hat derjenige, der wahrheitswidrig eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, diesem anderen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit kennt oder kennen muss. Etwas anderes gilt gem. § 824 Abs. 2 BGB nur dann, wenn die Unwahrheit der Mitteilung dem Mitteilenden unbekannt ist und er oder der Empfänger ein berechtigtes Interesse an der Mitteilung hat.
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2. Die Klägerin trägt schon selbst nicht vor, dass die Tatsachenbehauptungen der Beklagten unwahr seien. Vielmehr ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Fahrradheckträger der Klägerin bei den Crashtests „komplett abflog“, „abhob“, „sich komplett von der Anhängerkupplung gelöst“ hatte bzw. „bei einer Vollbremsung in den Fahrtests zudem die Heckklappe des Prüffahrzeugs beschädigte“. Ein Anspruch aus § 824 Abs. 1 BGB wegen unwahrer Tatsachenbehauptungen steht der Klägerin damit nicht zu.
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Die Klage war damit insgesamt abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.