Titel:
Mängelbeseitigung hinsichtlich eines Flachdachs und erforderliche Tragfähigkeit für Photovoltaikanlage
Normenketten:
VOB/B § 13 Abs. 5 Nr. 2
BGB § 635 Abs. 1
Leitsatz:
Zwar hat der Werkunternehmer ein Wahlrecht gemäß § 635 Abs. 1 BGB zwischen Mangelbeseitigung und Neuherstellung. Dieses Wahlrecht gilt auch bei Vereinbarung der VOB/B. Die gewählte Art der Nacherfüllung muss jedoch auch geeignet sein, den Mangel zu beseitigen. Dies ist nicht der Fall, wenn durch die vom Werkunternehmer vorgeschlagene Art der Mängelbeseitigung das Flachdach des errichteten Gebäudes als Grundlage für die Aufnahme einer - im Angebot durch entsprechende Auflastvoraussetzungen berücksichtigten - Photovoltaikanlage nicht mehr in Betracht kommt. (Rn. 61 – 62) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bauvertrag, Mängelansprüche, Vorschussanspruch, Fristsetzung zur Mängelbeseitigung, Neuherstellung, Wahlrecht, Flachdach, Tragfähigkeit, Photovoltaikanlage
Fundstellen:
LSK 2023, 12325
NJOZ 2023, 1320
BeckRS 2023, 12325
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 78.461,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 34.869,47 € seit 30.05.2020 sowie aus einem weiteren Betrag in Höhe von 43.592,02 € seit 03.01.2023 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die gesamten weiteren, einen Betrag in Höhe von 74.749,30 € brutto übersteigenden effektiven Kosten aus norm- und regelgerechter, dauerhafter mangelfreier Nacherfüllung in Form der Nachlieferung einer Dacheindeckung bezüglich des von der Beklagten auf dem Grundstück der Klägerin, R. ..., ... A., errichteten Milchviehstalls zu ersetzen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Kosten der Nebenintervention hat die Nebenintervenientin zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird bis zum 30.12.2022 auf 43.586,84 € und ab dem 31.12.2022 auf 97.148,81 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Mängelansprüche betreffend ein Flachdach eines auf dem klägerischen Grundstück errichteten Milchviehstalls.
2
Die Klägerin betreibt eine Landwirtschaft und beabsichtigte die Errichtung eines neuen Milchviehstalls auf dem Anwesen ….
3
Diesbezüglich schloss sie mit der Beklagten am 11.04.2017 einen entsprechenden Vertrag mit einer Auftragssumme von 92.820,00 € brutto (vgl. Vertrag vom 11.04.2017, Anlage K1). Vertragsgrundlage war auch das Angebot der Streithelferin vom 13.03.2017 (vgl. Angebot, Anlage K5).
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In Ziffer 11 des Vertrags vom 11.04.22017 wurde festgehalten:
„Die VOB Teil B wurde ausgehändigt.“
5
Anlässlich notariellen Übergabevertrages vom 26.07.2017 ist der Gesellschafter … aus der … ausgeschieden. Sein Gesellschaftsanteil wurde auf … übertragen. Die Gesellschaft wurde seitdem unter dem Namen … von den Gesellschaftern … und … fortgeführt (vgl. Auszug aus dem notariellen Übergabevertrag vom 26.07.2017, Anlage K2).
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Die Klägerin kommunizierte vor Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages gegenüber der Beklagten, dass sie beabsichtige, auf dem Flachdach des zu errichtenden Milchviehstalls eine Aufdach-PV-Anlage zu errichten.
7
Auf Seite 1 des Angebots der Streithelferin vom 13.03.2017 (vgl. Anlage K5) wurde dementsprechend auch unter Ziffer 1.1. Gebäudebeschreibung unter Lastannahmen aufgeführt:
„Aufdachlast Kollektoren liegend 15 kg/m²“
8
Am 02.10.2018 wurde der Klägerin die Schlussrechnung der Beklagten zugestellt (vgl. Schlussrechnung, Anlage K3). Den Schlussrechnungsbetrag hat die Klägerin sodann am 08.10.2018 vollständig überwiesen.
9
Mit e-mail vom 30.06.2019 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine Blasenbildung auf dem Sandwichdach des Rinderstalls (vgl. Anlage K4). Mit e-mail vom 01.07.2019 antwortete die Beklagte sodann, die Reklamation an ihre Subunternehmerin, die Streithelferin, weitergegeben zu haben (vgl. Anlage K4). Eine Nachbesserung erfolgte jedoch nicht.
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Aufgrund dessen beauftragte die Klägerin den Sachverständigen … damit, die Mängel des Sandwichdachs festzustellen. Dieser gab in seinem Gutachten vom 17.03.2020 an, die obere Schale der Sandwichelemente löse sich deutlich vom Dämmkern. Bei dem bis dato aufgetretenen Schaden handele es sich um eine Größenordnung von mindestens 50 bis 70 % des gesamten Sandwichdaches. Das streitgegenständliche Dach sei daher im derzeitigen Zustand keinesfalls geeignet, eine Aufdach-Solaranlage aufzunehmen. Der Mangel könne nur durch eine Neueindeckung behoben werden (vgl. Gutachten, Anlage K7).
11
Für das Gutachten stellte der Sachverständige … der Klägerin 1.737,50 € in Rechnung (vgl. Rechnung vom 24.03.2020, Anlage K9).
12
Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 03.03.2020 auf, bis Ende März 2020 ein neues Sandwichdach zu liefern (vgl. Anlage K8).
13
Mit Schreiben vom 31.03.2020 bot die Herstellerin der Dachpaneelen, … der Klägerin an, zur Beseitigung der Blasen die betroffenen Stellen mittels eines Spezialwerkzeuges zu entlüften (vgl. Schreiben vom 31.03.2020, Anlage B1).
14
Die Klägerin teilte der Beklagten daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 06.04.2020 mit, eine Mangelbeseitigung sei nur durch Neueindeckung möglich und forderte die Beklagte auf, bis spätestens 16.04.2020 für eine fachgerechte Nacherfüllung zu sorgen und die Sachverständigenkosten in Höhe von 1.737,50 € ebenfalls bis 16.04.2020 zu bezahlen (vgl. Anlage K10).
15
Da eine Bezahlung nicht erfolgte, wurde die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 21.04.2020 aufgefordert, die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 € auszugleichen (vgl. Anlage K14).
16
Da wiederum keine Zahlung erfolgte, forderte die Klägerseite die Beklagte mit Schreiben vom 20.05.2020 auf, zur Klaglosstellung bis 29.05.2020 einen Betrag in Höhe von 34.869,47 € zu bezahlen (vgl. Anlage K16).
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Dieser setzte sich wie folgt zusammen:
Kosten der Ersatzlieferung gem. Privatgutachten:
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31.655,08 € brutto
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Kosten Privatsachverständiger
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1.737,50 € brutto
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Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten
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1.474,89 € brutto
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18
Mit Rechnung vom 20.07.2022 stellte der Privatsachverständige S. der Klägerin für seine ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 10.04.2022 (vgl. Anlage K25) weitere 499,80 € brutto in Rechnung (vgl. Anlage K26).
19
Nach Vorliegen des gerichtlichen Gutachtens bezifferte die Klägerin ihre Forderung wie folgt:
Kosten der Neueindeckung
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74.749,30 € brutto
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Kosten Privatsachverständiger
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2.237,30 € brutto
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Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten
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1.474,89 € brutto
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Gesamt
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78.461,49 € brutto
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20
Die Klägerin behauptet, sie sei nicht vorsteuerabzugsberechtigt (vgl. Bestätigung der LBD vom 08.06.2021, Anlage K19).
21
Weiterhin behauptet sie, der Text der VOB/B sei ihr entgegen Ziffer 11) des Vertrages nicht ausgehändigt worden, sondern lediglich die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten, welche unzutreffend mit „(VOB) Teil B“ bezeichnet waren.
22
Die Klägerin meint, die VOB/B sei daher nicht wirksam vereinbart worden, weshalb das BGB-Werkvertragsrecht anzuwenden sei.
23
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 22.06.2021 der … und der … den Streit verkündet.
24
Die … ist mit Schriftsatz vom 17.08.2021 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
25
Die Klägerin beantragte zunächst:
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 34.869,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % – Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 30.05.2020 zu zahlen.
- 2.
-
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die gesamten weiteren, einen Betrag in Höhe von 31.655,08 € brutto übersteigenden effektiven Kosten aus norm- und regelgerechter, dauerhafter mangelfreier Nacherfüllung in Form der Nachlieferung einer Dacheindeckung bezüglich des von der Beklagten auf dem Grundstück der Klägerin, R. ..., ... A., errichteten Milchviehstalls zu ersetzen.
26
Mit Schriftsatz vom 30.12.2022 änderte sie ihre Klage und beantragte zuletzt:
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 78.461,49 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.05.2020 zu zahlen.
- 2.
-
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die gesamten weiteren, einen Betrag in Höhe von 74.749,30 € brutto übersteigenden effektiven Kosten aus norm- und regelgerechter, dauerhafter mangelfreier Nacherfüllung in Form der Nachlieferung einer Dacheindeckung bezüglich des von der Beklagten auf dem Grundstück der Klägerin, R. ..., ... A., errichteten Milchviehstalls zu ersetzen.
27
Die Beklagte beantragt:
28
Die Nebenintervenientin beantragt:
29
Die Beklagte behauptet, es sei eine Nachbesserung durch Entlüftung bzw. Aufbohrung der Blasen möglich. Eine Neueindeckung sei nicht erforderlich.
30
Sie meint, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Vorschusszahlung, da sie die angebotene Nachbesserung nicht durchführen ließ, ohne dass es dafür entsprechende Gründe gegeben hätte.
31
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
32
Das Gericht hat am 28.03.2022 mündlich zur Sache verhandelt. Es hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ….
33
Auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Amberg vom 28.03.2022 sowie das Gutachten vom 10.12.2022 wird Bezug genommen.
34
Das Gericht hat mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO entschieden.
Entscheidungsgründe
35
Die Klage hat bis auf den Zinsanspruch vollumfänglich Erfolg.
36
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Amberg sachlich und örtlich zuständig.
37
Die Klage ist überwiegend begründet.
38
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von insgesamt 78.461,49 €.
39
1. Der Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die Mangelbeseitigung in Höhe von 74.749,30 € brutto ergibt sich aus § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B.
40
Vorliegend wurde zwischen den Parteien die Geltung der VOB/B vereinbart. Dies folgt bereits aus Ziffer 11) des Vertrages vom 11.04.2017 (vgl. Anlage K1). In dieser ist festgehalten, dass die VOB/B Teil B ausgehändigt wurde. Dies hat die Klägerin mit ihrer Unterschrift auf dem Werkvertrag vom 11.04.2017 auch bestätigt. Die VOB/B war dem Werkvertrag beigegeben. Anhaltspunkte dafür, dass es sich wie von Klägerseite behauptet, dabei nur um die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten handele, welche unzutreffend mit „(VOB) Teil B“ bezeichnet seien, sind nicht ersichtlich. Insbesondere wurden von der Klägerseite keine Abweichungen des dem Werkvertrag vom 11.04.2017 beigefügten Textes (vgl. Anlage K1) von der VOB/B vorgetragen.
41
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Vorschusszahlung liegen vor.
42
Gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B kann der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen lassen, wenn der Auftragnehmer der Aufforderung zur Mängelbeseitigung in einer vom Auftraggeber gesetzten Frist nicht nachkommt.
43
a) Die von der Beklagten geschuldete Herstellung des Sandwichdachs ist mangelhaft.
44
De Auftragnehmer hat dem Auftraggeber gem. § 13 Abs. 1 S. 1 VOB/B seine Leistung zum Abnahmezeitpunkt frei von Sachmängeln zu verschaffen.
45
Die Abnahme gem. § 12 Abs. 1 VOB/B erfolgte jedenfalls mit Bezahlung der Schlussrechnung durch die Klägerin am 08.10.2018.
46
Gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 VOB/B ist die Leistung zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Vorliegend wurde zwischen den Parteien gem. Ziffer 1.1. des dem Werkvertrag zugrunde liegenden Angebots vom 13.03.2017 (vgl. Anlage K5) vereinbart, dass eine Aufdachlast für liegende Kollektoren von 15 kg/m² gegeben sein muss, d.h. dass die Halle dazu geeignet sein muss, eine PV-Anlage mit den unter Ziffer 1.1. des Angebots angegebenen Merkmalen aufzunehmen.
47
Dies ist nach Überzeugung des Gerichts unter Zugrundelegung des Gutachtens des Sachverständiger St. nicht der Fall.
48
Der Sachverständige kommt unter Heranziehung und Auswertung des einschlägigen technischen Regelwerkes und Untersuchung des Werkes zu dem Ergebnis, dass die von der Klägerseite behaupteten Mängel in vollem Umfang vorliegen.
49
Auf den Dachflächen wurden Höhenunterschiede von 8 bis mindestens 24 mm auf den Hochsicken und bis zu 27 mm bei den Aufwölbungen in den Tiefsicken festgestellt. Weiterhin liegen großflächige Abscherungen der oberen Dachhaut vor. Diese Bereiche mit den festgestelten Mängeln befinden sich im Trauf-, Mittel- und Firstbereich. Die Dachpaneelen bilden nicht nur Blasen, sondern haben sich flächenweise von der Oberschale des Paneels abgelöst.
50
In diesen Bereichen liegt demnach keine kraftschlüssige Verbindung mehr vor, da die obere Dachhaut bei Temperaturschwankungen ständig in Bewegung ist. Die Dachhaut hat in großen Teilen der Dachfläche keine direkte Verbindung zur Isolierung (Hartschaum) mehr.
51
Zudem wurden teilweise massive Verspannungen der Oberfläche festgestellt, sowie Verwerfungen der Hochsicken im gesamten Bereich des Daches. Im Bereich des Daches zur Hofseite hin wurden ca. 2,00 m unter dem Lichtband Farbunterschiede (Ausbleichungen und Auspulverungen) festgestellt und unterhalb des Lichtbandes stehen Anschlussbleche teilweise ab. Weiter stellte sich heraus, dass zwischen dem Bereich der Befestigungseinheiten negative Verformungen in der Blechoberseite vorliegen, wodurch auch Wasser-/Schneestauungen möglich sind.
52
Ursächlich für Ausgasungen und Ablösung der oberen Blechhaut sind etwa Feuchtigkeitseinschlüsse, chemischen Reaktionen sowie Temperaturschwankungen im Fertigungsprozess.
53
Überdies stellte der Sachverständige Verstöße nach DIN 18800 Teil 7, DIN 18360, DIN 18203 Teil 2, DIN ISO 2768-1 und DIN 1090-4 Technische Anforderungen an tragende, kaltverformte Bauelementen aus Stahl für Dach, Decken, Boden und Wandverkleidungen etc. fest.
54
Letztlich wies der Sachverständige noch darauf hin, dass das Angebot der Beklagten nicht für die erhöhten Anforderungen an den Korrosionsschutz ausgelegt sei.
55
Das gesamte Werk entspricht daher nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik.
56
Das Gericht folgt dem Gutachten, da die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen sowohl hinsichtlich der festgestellten Anknüpfungstatsachen als auch hinsichtlich des Gangs der Beweisführung nachvollziehbar, schlüssig und daher uneingeschränkt überzeugend sind.
57
b) Es ist von einer Mangelhaftigkeit bei Abnahme auszugehen. Der Mangel muss zum Zeitpunkt der Abnahme angelegt sein, d.h. er muss auf die mangelhafte Leistungserbringung durch den Auftragnehmer, also die Beklagte zurückzuführen sein. Keine angelegten Mängel sind Verschlechterungen bzw. Beeinträchtigungen der Leistung, die durch Verschleiß, Abnutzung, falsches Nutzerverhalten, Nichtdurchführung von erforderlichen Wartungsarbeiten oder eine begrenze Nutzungsdauer eintreten. Hierfür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich.
58
c) Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 03.03.2020 auf, bis Ende März 2020 ein neues Sandwichdach zu liefern (vgl. Anlage K8).
59
Da dies nicht erfolgte, wurde die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 06.04.2020 nochmals aufgefordert, bis spätestens 16.04.2020 für eine fachgerechte Nacherfüllung zu sorgen.
60
Der Aufforderung zur Mängelbeseitigung ist die Beklagte innerhalb der von der Klägerin gesetzten angemessenen Frist nicht nachgekommen.
61
Zwar hat die Beklagte als Werkunternehmerin ein Wahlrecht gemäß § 635 Abs. 1 BGB zwischen Mangelbeseitigung und Neuherstellung. Dieses Wahlrecht gilt auch bei Vereinbarung der VOB/B. Die gewählte Art der Nacherfüllung muss jedoch auch geeignet sein, den Mangel zu beseitigen. Vorliegend wurde zwar mit Schreiben vom 31.03.2020 innerhalb der gesetzten Frist die Nachbesserung durch Entlüftung bzw. Aufbohrung der Blasen angeboten.
62
Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist die von der Beklagten vorgeschlagene Art der Mangelbeseitigung jedoch ungeeignet. Durch diese würde das Dach als Grundlage für die Aufnahme einer PV-Anlage, auch im Hinblick auf die vertraglich festgelegten Anforderungen in Ziffer 1.1. des Angebots, nicht mehr in Betracht kommen. Zur Mangelbeseitigung ist nach den Ausführungen des Sachverständigen eine Neueindeckung zwingend erforderlich, da eine kraftschlüssige Verklebung der Außenhaut mit der Isolierschicht nicht mehr möglich ist.
63
Auch in diesem Punkt folgt das Gericht den Ausführungen des Sachverständigen.
64
d) Die geschätzten Kosten der Nacherfüllung durch eine Neueindeckung des Sandwichdaches belaufen sich nach den schlüssigen Angaben im Gutachten auf 62.814,54 € netto und 74.749,30 € brutto.
65
Die Klägerin kann vorliegend die brutto-Mängelbeseitigungskosten als Vorschuss von der Beklagten verlangen, da diese nach Überzeugung des Gerichts nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, wie sich aus der Bestätigung der LBD vom 08.06.2021 (vgl. Anlage K19) ergibt.
66
2. Die Klägerin hat zudem einen Anspruch auf Ersatz der Privatsachverständigenkosten sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus § 13 Abs. 7 Nr. 3 S. 1 VOB/B.
67
Diese Vorschrift umfasst neben den Schäden an der baulichen Anlage auch diejenigen Nachteile, die trotz Nacherfüllung fortbestehen.
68
Der Sachverständige … hat der Klägerin für seine Tätigkeit einen Betrag in Höhe von 1.737,50 € brutto (vgl. Rechnung vom 24.03.2020, Anlage K9), sowie 499,80 € brutto (vgl. Rechnung vom 20.07.2022, Anlage K26) in Rechnung gestellt.
69
Die Sachverständigenkosten belaufen sich damit auf insgesamt 2.237,30 € brutto.
70
Zudem sind auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 € brutto zu ersetzten.
71
3. Der geltend gemachte Zinsanspruch ist nur zum Teil begründet.
72
Die Klägerseite forderte die Beklagte mit Schreiben vom 20.05.2020 auf, zur Klaglosstellung bis 29.05.2020 einen Betrag in Höhe von 34.869,47 €, d.h., den ursprünglichen Klagebetrag, zu bezahlen (vgl. Anlage K16).
73
Damit hat die Klägerin einen Anspruch auf Verzinsung dieses Betrages aus § 288 Abs. 1 BGB ab dem 30.05.2020. Der im Wege der Klageerweiterung vom 30.12.2022 geltend gemachte Differenzbetrag in Höhe von 43.592,02 € ist jedoch erst ab Zustellung der Klageerweiterung am 02.01.2023 zu verzinsen, § 291 BGB.
74
Der Feststellungsantrag in Ziffer 2 der Klage ist begründet.
75
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren, den Betrag von 74.749,30 € übersteigenden, Nachlieferungskosten zu ersetzen.
76
Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass etwa durch Steigerung der Baukosten höhere Kosten für die Mangelbeseitigung entstehen werden.
77
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 101 Abs. 1 Alt. 2 ZPO.
78
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.