Titel:
Untersagung der Nutzung eines Kellergeschosses für Gottesdienste
Normenketten:
BayVwVfG Art. 35, Art. 38
VwZVG Art. 36, Art. 37, Art. 38 Abs. 1 S. 3
Leitsätze:
1. Muss ein zu bauordnungsrechtlichen Maßnahmen herangezogener Verantwortlicher zur Erfüllung seiner Rechte in Rechte Dritter eingreifen und ist der Dritte nicht bereit, den Eingriff in seine Rechte zu dulden, so besteht ein Vollzugshindernis, wenn die Behörde dem Dritten gegenüber nicht anordnet, dass er den Rechtseingriff zu dulden hat. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Nutzungsuntersagung, die als Dauerverwaltungsakt auch die erneute Aufnahme einer entsprechenden Nutzung beinhaltet, begründet die umfassende Verpflichtung, alles zu tun, was erforderlich ist, um die untersagte Nutzung aufzugeben, und alles zu unterlassen, wodurch die Nutzung fortgesetzt werden würde. Sie enthält demnach die Pflicht, die untersagte Nutzung nicht fortzuführen oder durch Dritte fortführen zu lassen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Voraussetzung für eine Duldungszusage ist, dass die Bauaufsichtsbehörde durch irgendein Verhalten beim Pflichtigen Vertrauen in der Hinsicht geschaffen hat, mit seiner Anlage sei "alles in Ordnung" (sog. Vertrauensgrundlage), und dass aufgrund dessen der Pflichtige tatsächlich darauf vertraut hat, die Beseitigung werde nicht mehr verfügt werden (sog. Vertrauenstatbestand), und er sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (sog. Vertrauensbetätigung). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nutzungsuntersagung Kellergeschoss, Fälligkeitsmitteilung, Zwangsgeld, Erneute Androhung, Zustandsstörer, Duldung durch Verhalten der Behörde, Nutzungsuntersagung, Kellergeschoss, Veranstaltungen, Gottesdienst, Androhung, Bestandskraft, Duldung, Ermessen
Fundstelle:
BeckRS 2023, 12308
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wehrt sich gegen die Fälligstellung eines Zwangsgelds sowie eine erneute Zwangsgeldandrohung im Zusammenhang mit einer ihm gegenüber ergangenen Nutzungsuntersagung.
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Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens auf FlNr. 855 Gem. … Mit Bescheid vom 7. November 2006 untersagte die Beklagte gegenüber dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs und Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 500,00 Euro ab sofort die Nutzung des Kellergeschosses des Anwesens auf FlNr. 855 Gem. … für private und öffentliche Veranstaltungen, weil eine solche Nutzung weder genehmigt noch offensichtlich genehmigungsfähig sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch nahm der Kläger zurück. Aufgrund wiederholter Verstöße drohte die Beklagte wiederholt Zwangsgelder (in der Höhe von 1.000,00 Euro bzw. 2.500,00 Euro) an und teilte deren Fälligkeit mit. Nachdem am 2. Juni 2011 erneut eine Veranstaltung im Kellergeschoss polizeikundig geworden war, drohte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 17. Juni 2011 ein weiteres Zwangsgeld, diesmal in Höhe von 3.500,00 Euro, an, das bei einem Verstoß gegen die im Bescheid vom 7. November 2006 angeordnete Nutzungsuntersagung fällig werde.
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Im Oktober 2020 wurde dem Bauamt der Beklagten über deren Gesundheitsamt gemeldet, dass im Kellergeschoss Gottesdienste einer freikirchlichen Gemeinde stattfänden. Mit Schreiben vom 11. November 2020 teilte die Beklagte dem Mieter des Kellergeschosses mit, dass die Nutzung des Kellergeschosses aufgrund der gegenüber dem Kläger ergangenen Nutzungsuntersagung weder für private noch öffentliche Zwecke, also auch nicht für Gottesdienste genutzt werden dürfe und gab diesem Gelegenheit zur Stellungnahme.
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Dem Kläger wurde mit streitgegenständlichem Schreiben vom 11. November 2020 mitgeteilt, dass das mit Bescheid vom 16. Juni 2011 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 3.500,00 Euro zur Zahlung fällig geworden sei, weil am 13. und 20. September 2020 Gottesdienste im Kellergeschoss abgehalten worden waren. Zugleich drohte die Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 8.000,00 Euro an, falls der Kläger der Nutzungsuntersagung vom 7. November 2006 nicht ab dem 14. Dezember 2020 nachkomme.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit Klage vom … Dezember 2020 und ließ beantragen,
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1. Die Fälligstellung eines Zwangsgelds in Höhe von 3.500,00 Euro im Schreiben der Stadt … vom 11. November 2020 wird aufgehoben.
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2. Der Bescheid im Schreiben der Beklagten vom 11. November 2020 wird aufgehoben.
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Die im angefochtenen Bescheid vorgetragenen Verstöße rechtfertigten weder die Fälligstellung des im Bescheid vom 17. Juni 2011 angedrohten Zwangsgelds in Höhe von 3.500,00 Euro noch die Androhung eines weiteren Zwangsgelds in Höhe von 8.000,00 Euro. Die Vermietung der Kellerräume an den aktuellen Mieter sei ausweislich des Mietvertrages vom 18. Juli 2017 ausschließlich zu Lagerzwecken erfolgt. Gemäß Mietvertrag sei die – auch vorübergehende – Nutzung der Mietsache zum Aufenthalt von Personen untersagt. Daran habe der Mieter sich nach Kenntnis des Klägers in der Folgezeit gehalten. Für ihn hätten keine Hinweise auf eine andere Nutzung als der vereinbarten Nutzung vorgelegen. Im Herbst 2020 habe ein Vertreter der Hausverwaltung des Klägers (Herr I.) vom Mieter erfahren, dass dieser ein Schreiben der Beklagten erhalten habe, in welchem er aufgefordert worden sei, die Nutzung der Kellerräume als Versammlungsraum zu unterlassen. Herr H. vom Bauordnungsamt der Beklagten habe die Nutzung der Räume als Versammlungsstätte jedoch in der Vergangenheit geduldet. Dies sei unter der Bedingung erfolgt, dass nur einmal die Woche eine Versammlung stattfinde. Hierfür werde Herr I. als Zeuge angeboten. Aufgrund der Duldung der Nutzung sei die Beklagte gehindert, gegenüber dem Kläger ein Zwangsgeld festzusetzen. Unabhängig davon ließen sowohl Androhung als auf Fälligstellung nicht erkennen, dass die Beklagte berücksichtigt habe, dass ein Zwangsgeld nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen an der Vornahme der Handlung habe erreichen solle. Ein Abwägungsvorgang der Beklagte sei nicht ersichtlich. Hinzukomme, dass der Kläger das Mietverhältnis sofort nach Erhalt des Bescheids beendet und eine Neuvermietung nicht stattgefunden habe.
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Eine Nutzungsuntersagung begründe die umfassende Verpflichtung, alles zu tun, was erforderlich sei um die untersagte Nutzung aufzugeben und alles zu unterlassen, wodurch die Nutzung fortgesetzt werden würde. Sie enthalte demnach die Pflicht, die untersagte Nutzung nicht fortzuführen oder durch Dritte fortsetzen zu lassen. Diese Verpflichtung bleibe bestehen, solange die Nutzungsuntersagung wirksam ist. Dieser Verpflichtung sei der Kläger nicht nachgekommen. Der Verweis auf die Regelung im Mietvertrag sowie die behauptete Unkenntnis der vertragswidrigen Nutzung sei irrelevant. Andernfalls liefen Nutzungsuntersagungen gegenüber Eigentümern, die ihr Anwesen vermieteten, regelmäßig ins Leere. Eine Duldung der Nutzung seitens der Beklagten, zumal eine Schriftliche, liege nicht vor. Insofern könne selbst der angebotene Zeuge H. I. lediglich bezeugen, was der Mieter ihm gegenüber gesagt haben solle. Hinsichtlich der Begründung der Höhe des Zwangsgelds werde auf die Begründung des Bescheids verwiesen, in der die Beklagte ausgeführt habe, dass bei der Festsetzung der Höhe des Zwangsgeldes Berücksichtigung gefunden habe, dass ein zuvor angedrohtes Zwangsgeld in geringerer Höhe wirkungslos geblieben war. So sei es erforderlich erschienen, die neuerliche Androhung eines Zwangsgelds erheblich auf 8.000,00 Euro erheblich zu erhöhen, da nicht einmal das zuvor angedrohte, vierte Zwangsgeld in Höhe von 3.500,00 Euro den Kläger dazu gebracht habe, weitere Verstöße zu unterlassen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Über das Verwaltungsstreitverfahren, das mit Beschluss vom 17. Mai 2023 auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen worden war, konnte im Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO.
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Die Klagen, die sich in Klagehäufung gegen die Fälligstellung des Zwangsgeld in Höhe von 3.500,00 Euro (1.) und die Androhung eines weiteren Zwangsgelds in Höhe von 8.000,00 Euro durch Bescheid vom 11. November 2020 (2.) richten, haben keinen Erfolg.
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1. Die als Anfechtungsklage gegen die Fälligstellung eines Zwangsgelds in Höhe von 3.500,00 Euro erhobene Klage ist unzulässig.
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Ausweislich des Wortlauts des Klageantrags vom 10. Dezember 2020 begehrt der Kläger, die Fälligstellung eines Zwangsgelds in Höhe von 3.500,00 Euro aufzuheben. Statthafte Klageart für dieses Klageziel wäre die Anfechtungsklage, § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO. Mittels derer kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden.
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Bei der Ermittlung des Klagebegehrs ist das Gericht zwar an den Antrag nicht gebunden. Eine Auslegung (§ 88 VwGO) des vom anwaltlichen Vertreter des Klägers im Rahmen der Antragstellung eindeutig als Aufhebung formulierten Klageziels dahingehend, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Fälligstellung begehrt wird, kommt jedoch vorliegend nicht in Betracht. Denn der Antragsformulierung durch einen anwaltlichen Vertreter kommt gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu. Danach begehrt der Kläger in der Sache die Aufhebung der Fälligstellung im Schreiben der Beklagten vom 11. November 2020.
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Die erhobene Anfechtungsklage ist allerdings unzulässig. Die Anfechtungsklage setzt gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO das Vorliegen eines Verwaltungsakts, Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, voraus. Bei einer Fälligkeitsmitteilung handelt es sich jedoch nicht um einen solchen. Bei der Androhung des Zwangsgelds handelt es sich um einen Leistungsbescheid im Sinn des Art. 23 Abs. 1 VwZVG; die Zwangsgeldforderung wird dabei kraft Gesetzes fällig, wenn die (Handlungs-/ Duldungs- oder Unterlassungs-) Pflicht nicht bis zu Ablauf der bei des Zwangsgeldandrohung vorgesehenen Frist erfüllt wird (Art. 31 Abs. 3 Satz 1 und 2 VwZVG). Der Fälligkeitsmitteilung kommt damit eine Regelungswirkung nicht zu (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.1.2011 – 2 ZB 10.2365 – juris Rn. 3).
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2. Die Anfechtungsklage, § 42 Abs. 2 1. Alt. VwGO, die auf Aufhebung der Zwangsgeldandrohung in Höhe von 8.000,00 Euro mittels Bescheid vom 11. November 2020 gerichtet ist, ist zulässig, aber unbegründet.
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a. Gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG kann, soweit die Zwangsmittelandrohung nicht mit dem Grundverwaltungsakt verbunden ist und dieser, wie vorliegend mit Rücknahme des Widerspruchs, unanfechtbar geworden ist, die Androhung eines Zwangsmittels nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird. Die Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Verwaltungsakts, hier der Nutzungsuntersagungsverfügung der Beklagten vom 7. November 2006, ist dagegen – anders als seine Wirksamkeit, die hier jedoch nicht in Zweifel steht – jedenfalls im Fall seiner Bestandskraft keine Voraussetzung für seine Vollstreckung (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2002 – 20 ZB 02.1265 – juris Rn. 12).
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b. Die Zwangsgeldandrohung vom 11. November 2020 ist nicht verfrüht ergangen. Gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG können Zwangsmittel so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG ist eine erneute Androhung jedoch erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist. Dies bedeutet aber nicht, dass ein weiteres Zwangsgeld erst dann angedroht werden darf, wenn das vorher fällig gewordene Zwangsgeld beigetrieben bzw. ein Beitreibungsversuch gemacht worden ist. Es ist ausreichend, dass das zuvor angedrohte Zwangsmittel fällig geworden und die frühere Androhung ohne Erfolg geblieben ist (BayVGH, B.v. 29.7.2002 – 20 ZB 02.1265 – juris Rn. 7). Das mit Bescheid vom 17. Juni 2011 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 3.500,00 Euro war aufgrund der durch die Mieter abgehaltenen Gottesdienste vom 13. und 20. September 2020 fällig geworden, weil es sich auch hierbei um eine von der Nutzungsuntersagung umfasste private oder öffentliche Veranstaltung handelt. Diesen Verstoß durch Dritte muss der Kläger sich als Zustandsverantwortlicher auch zurechnen lassen (s.u. Rn. 25).
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c. Zudem lagen zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses alle Vollstreckungsvoraussetzungen vor. Insbesondere hatte die zugrundeliegende Nutzungsuntersagung vom 7. November 2006 mit dem Gebot, die Nutzung des Kellergeschosses des Anwesens auf FlNr. 855 Gem. … für private und öffentliche Veranstaltungen zu unterlassen, einen vollstreckbaren Inhalt und war bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheids bereits bestandskräftig (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG).
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d. Einer Duldungsanordnung gegenüber den Mietern bedurfte es nicht, sodass sich aus deren Unterbleiben kein Vollstreckungshindernis ergibt. Muss ein zu bauordnungsrechtlichen Maßnahmen herangezogener Verantwortlicher zur Erfüllung seiner Rechte in Rechte Dritter eingreifen und ist der Dritte nicht bereit, den Eingriff in seine Rechte zu dulden, so besteht ein Vollzugshindernis, wenn die Behörde dem Dritten gegenüber nicht anordnet, dass er den Rechtseingriff zu dulden hat (st.Rspr, vgl. bayVGH, B.v. 23.4.2021 – 1 CS 21.31 – juris Rn. 16 m.w.N.). Vorliegend bestand seitens des Mieters im Hinblick auf die vom Kläger vorgelegte mietvertragliche Regelung in § 2 schon keine Rechtsposition, aufgrund derer er das Kellergeschoss zur Aufenthaltszwecken nutzen durfte, sodass es folglich einer Duldungsanordnung ihm gegenüber nicht bedurfte.
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e. Schließlich hat die Beklagte das ihr bei Erlass einer Zwangsgeldandrohung zustehende Ermessen pflichtgemäß ausgeübt, wobei der gerichtliche Überprüfungsmaßstab sich auf die in § 114 Satz 1 VwGO genannten Gründe beschränkt.
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(1) Der Kläger hat vortragen lassen, die Vermietung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten sei auf die Nutzung zu Lagerzwecken beschränkt, die Nutzung zu Aufenthaltszwecken ausdrücklich untersagt gewesen. Daran habe der Mieter sich nach seiner Kenntnis auch gehalten. Soweit der Kläger damit meint, dass die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes im Hinblick auf seine Unkenntnis der untersagten Nutzung ermessensfehlerhaft gewesen sei, ist dem nicht zuzustimmen. Mit dem Nutzungsuntersagungsbescheid vom 7. November 2006 hat die Beklagte den Kläger – Eigentümer der Kellerräume – als Zustandsstörer in Anspruch genommen und verpflichtet, die Nutzung der Kellerräume zu den in Nr. 1 des Bescheids genannten Zwecken zu unterlassen. Die Nutzungsuntersagung, die als Dauerverwaltungsakt auch die erneute Aufnahme einer entsprechenden Nutzung beinhaltet, begründet die umfassende Verpflichtung, alles zu tun, was erforderlich ist, um die untersagte Nutzung aufzugeben, und alles zu unterlassen, wodurch die Nutzung fortgesetzt werden würde. Sie enthält demnach die Pflicht, die untersagte Nutzung nicht fortzuführen oder durch Dritte fortführen zu lassen (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 149. EL Januar 2023, Rn. 271 zu Art. 76). Für den Eigentümer als sog. Zustandsstörer bedeutet dies, dass er aufgrund seiner (zumindest) rechtlichen Sachherrschaft als Eigentümer für den entsprechenden Zustand seines Eigentums haftet. Es kommt also nicht darauf an, ob der Kläger von der der Nutzungsuntersagung widersprechenden Nutzung durch seinen Mieter gewusst hat oder wissen musste. Er ist daher auch nicht ausreichend, dass er, wie er vorbringt, eine Nutzung der Kellerräume zu Aufenthaltszwecken durch den Mieter vertraglich ausgeschlossen hat.
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(2) Auch stellt sich die Zwangsgeldandrohung nicht wegen einer vom Kläger behaupteten Duldung der Nutzung zu Zwecken des Gottesdienstes als ermessensfehlerhaft dar.
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Eine förmliche Duldung im Sinne einer schriftlichen Zusicherung (Art. 38 BayVwVfG) hat der Kläger nicht vorgelegt. Neben einer förmlichen Duldung kommt grundsätzlich auch ein über die bloße Untätigkeit hinausgehendes besonderes Verhalten der Behörde in Betracht, aufgrund dessen der Betroffene zu der Annahme berechtigt ist, dass die Behörde von ihrer bauaufsichtlichen Befugnis keinen Gebrauch mehr machen möchte. Voraussetzung für eine solche Duldungszusage ist, dass die Bauaufsichtsbehörde durch irgendein Verhalten beim Pflichtigen Vertrauen in der Hinsicht geschaffen hat, mit seiner Anlage sei „alles in Ordnung“ (sog. Vertrauensgrundlage), und dass aufgrund dessen der Pflichtige tatsächlich darauf vertraut hat, die Beseitigung werde nicht mehr verfügt werden (sog. Vertrauenstatbestand), und er sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (sog. Vertrauensbetätigung). Liegen diese Voraussetzungen vor, dann kann dies dazu führen, dass eine Beseitigungsanordnung nicht mehr ermessensfehlerfrei erlassen werden kann (zum Ganzen: Decker in Busse/Kraus, BaybO, 149. EL Januar 2023, Rn. 227 zu Art. 76). Hierzu hat der Kläger vorgetragen, sein Mitarbeiter Herr I. habe vom Mieter mündlich erfahren, ein Mitarbeiter des Bauamts habe die Nutzung für einen Gottesdienst pro Woche geduldet. Der Kläger hat zum Beweis die Einvernahme des Herrn I. als Zeugen angeboten. Dem war jedoch seitens des Gerichts nicht nachzukommen. Es ist schon nicht ersichtlich, wie aus dem Zeugnis des Herrn I. über ein Gespräch mit dem Mieter der Nachweis geführt werden könnte, dass ein Mitarbeiter der Beklagten dem Mieter gegenüber die Duldung im besagten Umfang ausgesprochen hat. So hat der Kläger nicht einmal vorgetragen, dass Herr I. bei dem entsprechenden Gespräch des Mieters mit dem Mitarbeiter der Bauverwaltung anwesend gewesen sei. Ein Zeugnis über ein Gespräch mit dem Mieter, in welchem dieser von einem Gespräch mit einem Mitarbeiter der Bauverwaltung berichtet haben soll, ist schon nicht geeignet, eine Duldung durch die Bauverwaltung der Beklagten zu bezeugen. Anderweitige Anhaltspunkte für ein derartiges Verhalten der Beklagten sind darüber hinaus nicht ersichtlich, insbesondere ergeben sich solche nicht aus der beigezogenen Akte der Beklagten.
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(3) Schließlich bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Ausübung des Ermessens, das der Beklagten bei der Wahl der Höhe des Zwangsgelds zusteht.
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Die Bestimmung der Zwangsgeldhöhe steht im Ermessen der Vollstreckungsbehörde (vgl. Zeiser in Wernsmann, Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz, 2020, Art. 31 Rn. 5), wobei es sich um einen Fall des intendierten Ermessens handelt (vgl. SächsOVG, B.v. 26.7.2021 – 6 B 261/21 – juris Rn. 11 m.w.N.). So muss sich gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 1 und 3 VwZVG das anzudrohende Zwangsgeld in einem Rahmen zwischen 15,00 und 50.000,00 Euro halten, der lediglich in bestimmten Ausnahmefällen überschritten werden kann. Satz 2 trifft eine Soll-Regelung, die als solche im Regelfall für die mit ihrer Durchführung betraute Behörde rechtlich zwingend ist; lediglich in atypischen Fällen, die entsprechend begründet werden müssen, kann davon abgewichen werden. Danach soll das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Dieses darf gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG nach pflichtgemäßem Ermessen geschätzt werden. Eine besondere Begründung für die im S.weg zu ermittelnde Höhe des wirtschaftlichen Interesses ist regelmäßig nicht erforderlich (BayVGH, B.v. 9.11.2021 – 9 ZB 19.1586 – juris Rn. 10; B.v. 14.12.2022 – 9 ZB 22.1519 – juris Rn. 8). Insofern kann der Pflichtige, je weniger er zur Sachaufklärung beiträgt (etwa durch Darlegung seiner wirtschaftlichen Interessen im Rahmen einer Anhörung), auch umso weniger an Kenntnissen der Behörde verlangen (Zeiser, a.a.O. Rn. 14). Das Zwangsgeld muss allerdings nach Sinn und Zweck darauf gerichtet sein, den Pflichtigen effektiv zur Befolgung einer Anordnung anzuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 27.5.2020 – 1 ZB 19.2258 – juris Rn. 8 m.w.N.; Kuznik in: Brandt/Domgörgen, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 5. Aufl. 2023, E Rn. 48). Schließlich bildet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Grenze für die Ermessensausübung.
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Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Bescheid nicht zu beanstanden. So hat die Beklagte in den Gründen des angefochtenen Bescheids ausgeführt: „Nach Art. 37 Abs. 1 VwZVG können Zwangsmittel solange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist“ und weiter „Die neue Androhung des Zwangsgeldes ist zulässig, da trotz der bisherigen Zwangsgeldandrohung der Zweck der Maßnahme nicht erfüllt ist“ und damit zu erkennen gegeben, dass sie sich des ihr zustehenden Entschließungsermessens hinsichtlich des „Ob“ einer weiteren Zwangsgeldandrohung bewusst war. Hinsichtlich der Festsetzung der Höhe des Zwangsgelds hat sie ausgeführt, dass Berücksichtigung gefunden habe, dass ein zuvor in niedrigerer Höhe angedrohtes Zwangsgeld wirkungslos geblieben ist. In der Begründung der erstmaligen Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 7. November 2006 hatte die Beklagte bereits ausgeführt, dass die Höhe „im Hinblick auf das Interesse des Herrn W. an einer uneingeschränkten Nutzung des Kellergeschosses“ angemessen sei. Die Beklagte hat also ausweislich dieser Ausführungen zu erkennen gegeben, dass sie sich des ihr hinsichtlich der Zwangsgeldhöhe zustehenden Ermessens bewusst war, sie diesbezüglich zunächst das Interesse des Klägers an der uneingeschränkten Nutzung des Kellergeschosses beachtet (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG) und im Weiteren bei der Ermessensausübung berücksichtigt hat, dass die bisher angedrohten, niedriger bemessenen Zwangsgelder nicht ausreichend gewesen sind, um die Beachtung der Nutzungsuntersagung durch den Kläger zu bewirken. Das im angegriffenen Bescheid angedrohte Zwangsgeld erscheint dem Gericht im Übrigen angemessen.
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Es bestehen auch im Übrigen auch keine Bedenken an der Ermessensausübung der Beklagten, zumal diese im Hinblick auf die brandschutzrechtlichen Gefahren, die mit der Nutzung des Kellergeschosses einhergehen, gehalten war, den Kläger konsequent und effizient zur Beachtung der Nutzungsuntersagung anzuhalten, um einer Gefahr für Leib und Leben etwaiger Veranstaltungsteilnehmer zu begegnen.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 704 ff. ZPO.