Titel:
Vergabeverfahren: Zulässigkeit der Nichtausschreibung der Leistungsphase 1 des § 51 HOAI
Normenketten:
GWB § 97 Abs. 6
HOAI § 51 Abs. 5
VOB/B § 6 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Dem öffentlichen Auftraggeber steht grundsätzlich das Bestimmungsrecht zu, welche Leistung er beschaffen will. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bestandteil des Leistungsbestimmungsrechts des Auftraggebers ist auch, nur die Leistungen der Tragwerksplanung gem. § 51 HOAI, Leistungsphasen 2-6 und 8, auszuschreiben. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Vergabe von Leistungen der Tragwerksplanung ist es nicht unerlässlich, stets auch gem. § 51 HOAI die Leistungen der Leistungsphase 1 auszuschreiben, weil diese Leistungen nicht für die ordnungs- und vertragsgemäße Auftragsausführung eines Tragwerksplaners unverzichtbar sind und es auch nicht von vornherein unmöglich ist, dass diese durch den Auftraggeber selbst erbracht werden. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
4. Sollte sich im Stadium der Leistungserbringung herausstellen, dass dem Tragwerksplaner gem. § 51 HOAI notwendige Vorleistungen für die Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen der Leistungsphase 2 fehlen, ist der beauftragte Tragwerksplaner vielmehr gehalten, deren Erbringung von dem Auftraggeber nachträglich einzufordern und – falls sich seine eigenen Leistungen dadurch verzögern sollten – Behinderung anzuzeigen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
5. Dem Auftraggeber steht auch im Vergabeverfahren das Bestimmungsrecht zu, welche Leistung er beschaffen will (vgl. Friton/Prieß in Röwekamp/Kus/ Portz/Prieß, GWB, 5. Aufl. 2020, § 121 Rn. 4). (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
6. Sind die von einem Tragwerksplaner im Rahmen der Leistungsphase 1 zu erbringenden Leistungen eindeutig nicht Gegenstand einer Ausschreibung, muss der künftige Auftragnehmer derartige Leistungen auch nicht erbringen (vgl. BGH BeckRS 2007, 00742). Sollte sich im Stadium der Leistungserbringung herausstellen, dass notwendige Vorleistungen für die Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen der Leistungsphase 2 fehlen, ist der beauftragte Tragwerksplaner vielmehr gehalten, deren Erbringung von der Antragsgegnerin einzufordern und – falls sich seine eigenen Leistungen dadurch verzögern sollten – Behinderung anzuzeigen (vgl. § 6 Abs. 1 S. 1 VOB/B). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
7. Die Aufnahme der Teilleistung „Analysieren der Grundlagen“ neu in den Teilleistungskatalog der Grundleistungen der Leistungsphase 2 (Vorplanung, Projekt- und Planungsvorbereitung) bei der Neufassung der HOAI 2013 erfolgte auch und gerade vor dem Hintergrund einer vermehrten Praxis öffentlicher Auftraggeber, bei der Vergabe von Leistungen der Tragwerksplanung von einer Beauftragung der Leistungsphase 1 abzusehen, etwa weil durch eigene Vorarbeiten oder Wettbewerbe die Ermittlungen der Grundlagen bereits vorlagen oder der Leistungsumfang bereits abgearbeitet war (vgl. hierzu Korbion in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 9. Aufl. 2016, § 51 Rn. 26). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausschreibung, Vergabeverfahren, Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers, Tragwerksplanung, Leistungsphase 1, fehlende notwendige Vorarbeiten, Behinderungsanzeige, Leistungsphase 2, Analysieren der Grundlagen, bereits abgearbeiteter Leistungsumfang
Vorinstanzen:
BayObLG, Beschluss vom 20.01.2023 – Verg 17/22
Vergabekammer München, Beschluss vom 03.11.2022 – 3194. Z3-3_01-22-17
Rechtsmittelinstanz:
BayObLG, Beschluss vom 26.05.2023 – Verg 17/22
Fundstellen:
VergabeR 2023, 688
VergabeR 2023, 632
BeckRS 2023, 12147
NZBau 2023, 552
LSK 2023, 12147
Tenor
Bei Ziffer 1) des Senatsbeschlusses vom 20. Januar 2023 (Ablehnung der aufschiebenden Wirkung) hat es sein Bewenden.
Die Stellungnahmefrist gemäß Ziffer 2) und 3) des Senatsbeschlusses vom 20. Januar 2023 wird bis zum 8. März 2023 verlängert.
Gründe
1
I. Die Antragsgegnerin beabsichtigt, Leistungen der Tragwerksplanung gemäß § 51 HOAI, Leistungsphasen 2 bis 6 und 8, für den Neubau eines Schulzentrums im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb zu vergeben.
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Die Antragstellerin, die sich am Vergabeverfahren beteiligt und erfolglos eine Reihe von Rügen erhoben hat, hat am 12. April 2022 einen Nachprüfungsantrag gestellt, den die Vergabekammer Südbayern mit Beschluss vom 3. November 2022 zurückgewiesen hat.
3
Hiergegen hat die Antragstellerin fristgerecht am 22. November 2022 sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, gemäß § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über dieselbe zu verlängern. Mit Beschluss vom 20. Januar 2023, auf dessen Gründe verwiesen wird, hat der Senat den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt.
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Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2023 hat die Antragstellerin gerügt, dass ihr die Beschwerdeerwiderung der Antragsgegnerin vom 1. Dezember 2022, auf die sich der Senat in den Gründen des Beschlusses vom 20. Januar 2023 bezogen habe, nicht vorliege. Wegen der versehentlich unterbliebenen Hinausgabe dieses Schriftsatzes hat der Senat mit Beschluss vom 25. Januar 2023 der Antragsgegnerin die Erteilung des Zuschlags bis längstens 8. Februar 2023 untersagt. Der Antragstellerin ist Gelegenheit gegeben worden, sich bis einschließlich 3. Februar 2022 zu der nunmehr übermittelten Beschwerdeerwiderung zu äußern.
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In ihrer Stellungnahme vom 2. Februar 2023, auf deren weiteren Inhalt Bezug genommen wird, führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus, die erstmals in der Beschwerdeerwiderung vorgetragene Begründung dafür, weshalb die Antragsgegnerin aus ihrer Sicht von einer Beauftragung der Leistungsphase 1 habe absehen dürfen, ändere nichts daran, dass die Antragstellerin davon ausgehen müsse, dass der künftige Auftragnehmer die Leistungen der Leistungsphase 1 unentgeltlich werde erbringen müssen. Der neue Vortrag, dass die Leistungen der Leistungsphase 1 für die Tragwerksplanung bereits im Rahmen des VgV-Verfahrens zur Ermittlung des Objektplaners erbracht worden seien, sei in der Gesamtschau des bisherigen Verhaltens der Antragsgegnerin nicht geeignet, die insoweit bestehenden Zweifel auszuräumen. Außerdem sei ausgeschlossen, dass in einem VgV-Verfahren zur Ermittlung des Objektplaners alle dem Tragwerksplaner obliegenden Leistungen der Leistungsphase 1 so erbracht würden, dass der künftige Tragwerksplaner unmittelbar mit der Erbringung der Leistungsphase 2 beginnen könne.
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II. Das ergänzende Vorbringen der Antragstellerin gibt keine Veranlassung, in Abänderung des Beschlusses vom 20. Januar 2023 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin bis zur Beschwerdeentscheidung des Senats zu verlängern. Wie im Beschluss vom 20. Januar 2023 dargelegt, steht dem Auftraggeber das Bestimmungsrecht zu, welche Leistung er beschaffen will (vgl. Friton/Prieß in Röwekamp/Kus/ Portz/Prieß, GWB, 5. Aufl. 2020, § 121 Rn. 4). Auch in ihrem Schriftsatz vom 2. Februar 2023 hat die Antragstellerin nicht nachvollziehbar dargelegt, dass sie durch die unterbliebene Ausschreibung der Leistungen der Leistungsphase 1 in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt wird.
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1. Die mit einer „Gesamtschau des bisherigen Verhaltens“ der Antragsgegnerin begründete Annahme der Antragstellerin, dass der künftige Auftragnehmer die dem Tragwerksplaner im Rahmen der Leistungsphase 1 obliegenden Leistungen unentgeltlich werde erbringen müssen, entbehrt einer tragfähigen Grundlage.
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a) Unzutreffend ist bereits die Behauptung der Antragstellerin, dass die Antragsgegnerin erstmals in ihrer Beschwerdeerwiderung vom 1. Dezember 2022 eine Begründung dafür gegeben habe, warum sie aus ihrer Sicht von einer Beauftragung der Leistungsphase 1 habe absehen dürfen. Die Antragsgegnerin hatte bereits in ihrem Schreiben vom 28. März 2022, mit dem sie die entsprechende Rüge der Antragstellerin vom 17. März 2022 zurückgewiesen hatte, erläutert, dass Vorleistungen, die für die Erbringung der Leistungsphase 2 erforderlich seien, von ihr als Auftraggeberin bereits erbracht worden seien bzw. noch erbracht werden würden, „soweit erforderlich im Benehmen und mit Unterstützung externer Planer/Gutachter“. In diesem Zusammenhang hatte sie mitgeteilt, dass sie für die Bewältigung dieser Aufgabe mit ausreichend fachkundigem Personal ausgestattet sei.
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Die gegebene Begründung für die unterbliebene Ausschreibung der Leistungsphase 1 war zwar sehr pauschal gehalten. Nähere Ausführungen hierzu waren aber deshalb entbehrlich, weil die Antragstellerin ihre Rüge damit begründet hatte, dass der Wegfall der Vergütung für die Leistungsphase 1 den (künftigen) Auftragnehmer dazu zwinge, diese Leistungen unentgeltlich zu erbringen. Dieser Schlussfolgerung widersprach die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 28. März 2022. Sie bestätigte nochmals, dass Leistungen der Leistungsphase 1 nicht Gegenstand des ausgeschriebenen Auftrags seien, und ließ keinen Zweifel daran, dass eine unentgeltliche Erbringung solcher Leistungen durch den (künftigen) Auftragnehmer von ihr nicht erwartet werde.
10
In ihrer Antragserwiderung vom 9. Mai 2022 hat die Antragsgegnerin ergänzend ausgeführt, dass sämtliche der Leistungsphase 1 zum Leistungsbild Tragwerksplanung in der Anlage 14 zu § 51 Abs. 5 HOAI zugeordneten Grundleistungen vom Auftraggeber selbst erbracht werden könnten. In ihrem weiteren Schriftsatz vom 14. Juni 2022 hat sie zur Frage der angeblich notwendigen Beauftragung der Leistungsphase 1 erläutert, dass die „Klärung der Aufgabenstellung“ bereits mit dem Raumprogramm ihres Referats für Bildung und Sport, der vorliegenden Machbarkeitsstudie und „weiteren Voruntersuchungen“ erfolgt sei. Mit ihren Ausführungen in der Beschwerdeerwiderung hat die Antragsgegnerin ihre Begründung dafür, warum sie die Leistungen der Leistungsphase 1 nicht ausgeschrieben hat, lediglich weiter konkretisiert. Aus Sicht des Senats bestehen keine stichhaltigen Anhaltspunkte für die Annahme, der diesbezügliche Vortrag der Antragsgegnerin sei unzutreffend.
11
b) Unabhängig davon kann letztlich dahinstehen, ob die – von der Antragstellerin als „reine Schutzbehauptung“ bezeichnete – Darstellung der Antragsgegnerin, dass im Rahmen der Ermittlung des Objektplaners bereits eine Grundlage geschaffen worden sei, auf die der Tragwerksplaner mit der ausgeschriebenen Leistung aufsetzen könne, in der Sache zutrifft. Da die von einem Tragwerksplaner im Rahmen der Leistungsphase 1 zu erbringenden Leistungen eindeutig nicht Gegenstand der vorliegenden Ausschreibung sind, muss der künftige Auftragnehmer derartige Leistungen auch nicht erbringen (vgl. BGH, Urt. v. 23. November 2006, VII ZR 110/05, juris Rn. 14, 16). Sollte sich im Stadium der Leistungserbringung herausstellen, dass notwendige Vorleistungen für die Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen der Leistungsphase 2 fehlen, ist der beauftragte Tragwerksplaner vielmehr gehalten, deren Erbringung von der Antragsgegnerin einzufordern und – falls sich seine eigenen Leistungen dadurch verzögern sollten – Behinderung anzuzeigen (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 VOB/B).
12
2. Die Behauptung der Antragstellerin, es sei von vornherein ausgeschlossen, dass die einem Tragwerksplaner im Rahmen der Leistungsphase 1 obliegenden Leistungen in einem VgV-Verfahren zur Ermittlung des Objektplaners erbracht werden können, kann nicht nachvollzogen werden und ist nicht plausibel.
13
a) Auch insoweit gibt die Antragstellerin den Sachvortrag der Antragsgegnerin in deren Beschwerdeerwiderung nicht zutreffend wieder. Die Antragsgegnerin behauptet keineswegs, dass in dem VgV-Verfahren zur Ermittlung des Objektplaners bereits „alle Leistungen“ der Leistungsphase 1 eines Tragwerksplaners erbracht worden seien. Sie führt lediglich aus, dass mit dem Siegerentwurf des vorgenannten Verfahrens eine Grundlage vorhanden sei, auf die der (künftige) Tragwerksplaner aufsetzen könne und die „eine (nochmalige) Erbringung aller Leistungen der Leistungsphase 1“ (Hervorhebung jeweils durch den Senat) entbehrlich mache.
14
b) Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass zur Erbringung der dem Tragwerksplaner obliegenden Teilleistungen gemäß Leistungsphase 1 zwingend die technische Zuarbeit eines Tragwerksplaners erforderlich sei, blendet sie aus, dass eine solche Zuarbeit nach Darstellung der Antragsgegnerin gerade erfolgt ist: Danach soll der Verfasser des Siegerentwurfs der Objektplanung seinen Entwurf mit einem Tragwerksplaner eingehend auf Machbarkeit und mögliche Probleme besprochen haben.
15
Die Antragstellerin hält eine derartige Besprechung nicht für ausreichend, weil es zu den Leistungen des Tragwerksplaners in der Leistungsphase 1 gehöre, die Ausgangsdaten für die Tragwerksplanung zu dokumentieren und die Lastannahmen zusammenzustellen, erfolgte Beratungen schriftlich zusammenzufassen, alle Arbeitsergebnisse zusammenzustellen und an den Objektplaner zu übergeben, schriftliche Empfehlungen zur weiteren Vorgehensweise vorzulegen sowie bisherige Planungsergebnisse zu erläutern und mit den Vertretern des Auftraggebers zu erörtern. Ein umfassender schriftlicher Erläuterungsbericht, der alle bereits geklärten und noch zu klärenden Punkte enthält, liegt bislang auch nach Darstellung der Antragsgegnerin nicht vor. Es ist aber nicht ersichtlich, warum der von der Antragstellerin vermisste schriftliche Erläuterungsbericht nicht nachträglich erarbeitet und von der Antragsgegnerin dem künftigen Auftragnehmer der Tragwerksplanung zur Verfügung gestellt werden könnte. Sollte dies nicht erfolgen, wird der künftige Auftragnehmer Behinderung anzeigen, wenn die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht ausreichen, um darauf mit der ausgeschriebenen Leistung der Leistungsphase 2 aufsetzen zu können.
16
c) Dem Einwand der Antragstellerin, dass es bei der Vergabe von Leistungen der Tragwerksplanung unerlässlich sei, stets auch die Leistungsphase 1 auszuschreiben, weil diese Leistungen für die ordnungs- und vertragsgemäße Auftragsausführung eines Tragwerksplaners unverzichtbar seien und es von vornherein unmöglich sei, dass diese durch den Auftraggeber erbracht werden, kann nicht gefolgt werden.
17
Die Antragstellerin nennt weder Rechtsprechung noch Fundstellen in der Kommentarliteratur für ihre Ansicht, wonach bei der Tragwerksplanung zwingend auch die Leistungsphase 1 von demjenigen übernommen werden müsse, der mit weiteren Leistungsphasen betraut wird.
18
Die bereits zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 23. November 2006, VII ZR 110/05) spricht im Gegenteil dafür, dass es dem Auftraggeber freisteht, einem Tragwerksplaner den Auftrag für die Leistungsphasen 2 und 3 zu beauftragen, ohne ihn auch mit der Grundlagenermittlung zu betrauen (Leistungsphase 1), auch wenn es sich dabei um einen den weiteren Leistungsphasen notwendig vorangehenden Entwicklungsschritt handelt. Darüber hinaus hat der Verordnungsgeber bei der Neufassung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure im Jahr 2013 die Teilleistung „Analysieren der Grundlagen“ neu in den Teilleistungskatalog der Grundleistungen der Leistungsphase 2 (Vorplanung, Projekt- und Planungsvorbereitung) eingeführt. Im Rahmen dieser Grundleistung hat der Tragwerksplaner die Ergebnisse der vom Auftraggeber vorgelegten oder selbst erarbeiteten Grundlagen zu sammeln, in den Kontext der Leistungspflicht einzuordnen und das Leistungssoll entsprechend zu analysieren. Er hat eine Zusammenfassung der vorliegenden Ergebnisse zu erstellen und diese, verbunden mit einem Hinweis auf etwa fehlende Ermittlungen und Daten, dem Auftraggeber zur Entscheidung vorzulegen. Die Aufnahme dieser Teilleistung in den Katalog der Grundleistungen der Leistungsphase 2 hatte – so die Kommentarliteratur – gerade den Hintergrund, dass in den letzten Jahren öffentliche Auftraggeber vermehrt dazu übergegangen sind, bei der Vergabe von Leistungen der Tragwerksplanung von einer Beauftragung der Leistungsphase 1 abzusehen, etwa weil durch eigene Vorarbeiten oder Wettbewerbe die Ermittlungen der Grundlagen bereits vorlagen oder der Leistungsumfang bereits abgearbeitet war (vgl. hierzu Korbion in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 9. Aufl. 2016, § 51 Rn. 26).
19
Stichhaltige Gründe, diese von der Antragsgegnerin bei der vorliegenden Ausschreibung gewählte Vorgehensweise als vergaberechtswidrig zu qualifizieren, sind nicht ersichtlich. Legt man zudem die Darlegungen der Antragstellerin zum Umfang der im Rahmen der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) zu erbringenden Leistungen und zu den diesbezüglichen Dokumentationspflichten zugrunde, erschließt sich erst recht nicht, weshalb es einem Dritten nicht möglich sein sollte, hierauf aufbauend die Leistungsphase 2 zu erbringen. Wie dargelegt, bleibt dem künftigen Auftragnehmer der Tragwerksplanung unbenommen, im Rahmen der ausgeschriebenen Leistungen der Leistungsphase 2 bei Erbringung der Teilleistung „Analysieren der Grundlagen“ zu prüfen, ob die ihm von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten Informationen und Unterlagen eine ausreichende Grundlage für seine eigene Leistungserbringung bilden. Sollte dies nicht der Fall sein, kann er fehlende Vorleistungen anfordern und gegebenenfalls Behinderung anzeigen. Dagegen ist er nicht verpflichtet, fehlende Vorleistungen, die nicht Gegenstand seines Auftrags sind, selbst zu erbringen.
20
3. Zusammenfassend gibt damit das nach Gewährung des rechtlichen Gehörs erfolgte Vorbringen der Antragstellerin keinen Anlass, die Antragsgegnerin durch Verlängerung der aufschiebenden Wirkung an der Zuschlagserteilung zu hindern.