Inhalt

VGH München, Beschluss v. 16.05.2023 – 8 CS 22.2615
Titel:

Erfolgloser Eilantrag auf Genehmigung der Aufstellung von Heizstrahlern auf Freischankflächen

Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1
BayVwVfG Art. 22 Abs. 2 S. 2 Nr. 2
BayStrWG Art. 18
Leitsatz:
Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach Art. 18 BayStrWG setzt einen entsprechenden Antrag voraus. (Rn. 18 – 20)
Schlagworte:
Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, Aufstellen von Heizstrahlern auf einer Freischankfläche, Antragserfordernis, Vorbefassung der Behörde, einstweilige Anordnung, Rechtsschutzbedürfnis, Heizstrahler, Freischankfläche
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 20.10.2022 – M 28 S 22.3648
Fundstellen:
BayVBl 2023, 489
RÜ2 2023, 237
RÜ 2024, 42
LSK 2023, 12089
BeckRS 2023, 12089

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutz über die Benutzung von Heizstrahlern auf den von der Antragsgegnerin genehmigten Freischankflächen vor dem Lokal „Café ...“ des Antragstellers.
2
Der Antragsteller betreibt im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin an der L. straße das „Café ...“. Auf seinen Antrag hin wurden ihm seit 1998 zunächst jährlich fortlaufend für eine Freischankfläche auf der L. straße mit rund 70 m² bzw. 75 m2 straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigungen vom Verbot des Aufbringens von Hindernissen auf die Straße bzw. Sondernutzungserlaubnisse erteilt. Auf seinen Antrag vom 29. Mai 2002 hin wurde ihm mit Bescheid vom 12. Juli 2002 erstmals die Genehmigung zum Aufstellen von sechs Heizstrahlern erteilt, die im Rahmen der straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigungen bzw. Sondernutzungserlaubnisse ebenfalls fortlaufend verlängert wurde. Mit Bescheiden vom 15. Februar 2015 und vom 28. Februar 2018 wurde dem Antragsteller „in stets widerruflicher Weise“ jeweils eine Sondernutzungserlaubnis „ab 2015“ bzw. „ab 01.01.2018“ erteilt. Im Rahmen der dem Bescheid beigefügten Inhalts- und Nebenbestimmungen wurde dem Antragsteller erlaubt, während der Sommerzeit auf seiner Freischankfläche maximal sechs Heizstrahler zu benutzen (vgl. Nr. 2.1 des Bescheidtenors).
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Am 17./19. Mai 2020 beantragte der Antragsteller für eine seitliche Ausdehnung der bereits bestehenden Freischankfläche eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO zum Aufstellen von Tischen und Stühlen während der Geltung der durch die Corona-Pandemie bedingten Einschränkungen. Der Antrag bezog sich auf eine weitere Freischankfläche von 48 m2 für 10 Tische, 35 Stühle und 2 Sonnenschirme. Mit Bescheid vom 3. Juni 2020 erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Zeit ab 3. Juni 2020 „in stets widerruflicher Weise die Ausnahmegenehmigung für die erweiterte Aufstellung von Tischen und Stühlen auf öffentlichem Verkehrsgrund“ nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. § 32 Abs. 1 StVO i.V.m. Art. 18 BayStrWG. Die Genehmigung war zeitlich befristet, solange die aktuelle Fassung der Bayerischen Infektionsschutzverordnung die Einhaltung des Abstandsgebots von 1,5 m in Gastronomiebetrieben vorsah (vgl. Nr. 2.4. des Bescheidstenors). Die dem Bescheid beigefügten Inhalts- und Nebenbestimmungen enthielten in Ziff. II. 4 unter „Hinweise“ folgenden Satz: „Die Verwendung von Heizstrahlern kann während der Geltungsdauer der Mitteleuropäischen Sommerzeit erlaubt werden“.
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Am 4. November 2021 informierte die Antragsgegnerin in einem allgemeinen Schreiben den Antragsteller darüber, dass zum 2. September 2021 das in der Gastronomie geltende infektionsschutzrechtliche Abstandsgebot von 1,5 m entfallen sei. Damit endeten automatisch die Ausnahmegenehmigungen für die zusätzlichen Freischankflächen. Um aber den Gastwirten einen angemessenen Zeitraum zum Rückbau einzuräumen, würde der Betrieb dieser Freischankflächen inkl. darauf mit Ökostrom betriebener Heizstrahler noch bis zum 30. November 2021 geduldet. Ohne entsprechende Mitteilung werde zudem davon ausgegangen, dass die Erweiterungsfläche dauerhaft betrieben werden solle und eine neue Genehmigung bis April 2022 ohne erneute Antragstellung im Regelfall erteilt werde. Die Genehmigung gelte dann immer von April bis Oktober eines Jahres.
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Mit Schreiben vom 1. Dezember 2021 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass auf Grund eines entsprechenden Stadtratsbeschlusses die Erweiterungsfläche bis 31. März 2022 genutzt werden dürfe und Ökostrom betriebene Heizstrahler pandemiebedingt letztmalig bis 31. März 2022 geduldet würden.
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Mit E-Mail-Schreiben vom 16. Februar 2022 beantragte der Antragsteller die Vergrößerung seiner Freischankfläche für die Monate April bis Oktober um 48 m2 und die Ausdehnung der Betriebszeiten auf 3 Uhr für alle Freischankflächen. Unter dem 29. März 2022 stellte er einen Antrag auf Genehmigung einer weiteren Freischankfläche mit 36 Sitzplätzen auf einer Fläche von nur noch 39 m². Einen Antrag auf Betrieb von Heizstrahlern auf dieser Fläche stellte er nicht.
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Mit Bescheid vom 17. Juni 2022 erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für eine weitere Freischankfläche von 39 m2 in stets widerruflicher Weise die Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von Tischen und Stühlen auf öffentlichem Verkehrsgrund. Die dem Bescheid beigefügten und vorformulierten Inhalts- und Nebenbestimmungen (Nr. 2.1 des Bescheidtenors) enthalten unter den „Hinweisen“ (Ziff. II. 3) den Satz: „Die Verwendung von Heizstrahlern ist unzulässig.“ Mit Schreiben vom gleichen Tag wurde der Antragsteller zudem gebeten, die Heizstrahler sofort von öffentlichem Verkehrsgrund zu entfernen. Seit der Stadtratssitzung vom 27. April 2022 sei der Betrieb von Heizstrahlern auf öffentlichem Verkehrsgrund verboten.
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Gegen den Bescheid vom 17. Juni 2022 erhob der Antragsteller am 25. Juli 2022 Klage beim Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid vom 17. Juni 2022 aufzuheben, soweit die Verwendung von Ökostrom betriebenen Heizstrahlern untersagt wird. Zugleich beantragte er im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung, dem Antragsgegner aufzugeben, den Vollzug der Ziff. II.3 der „Freischankflächen – Inhalts- und Nebenbestimmung“ bis zur Entscheidung über die Klage insoweit vorläufig auszusetzen, als diese die Verwendung von Ökostrom betriebenen Heizstrahlern untersage. Das Verbot zum Betrieb von Ökostrom betriebenen Heizstrahlern sei rechtswidrig, weil es weder geeignet noch erforderlich noch angemessen sei. Ökostrom betriebene Heizstrahler produzierten kein schädliches CO2. Das Verbot sei daher ungeeignet zur Erreichung der Klimaziele und greife damit übermäßig in die Rechte des Antragstellers aus Art. 12 GG und Art. 14 GG ein.
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Das Verwaltungsgericht München lehnte den Antrag mit Beschluss vom 20. Oktober 2022 ab. Der Antrag sei als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO auszulegen mit dem Ziel, die Verwendung von Heizstrahlern auf den öffentlichen Freischankflächen der Gaststätte des Antragstellers vorläufig zu erlauben, da der „Hinweis“ unter Ziff. II.3 der „Freischankflächen – Inhalts- und Nebenbestimmung“ offenkundig keine verbindliche Rechtsfolge setzen sollte. Der Antrag sei trotz fehlenden entsprechenden Antrags bei der Antragsgegnerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zulässig, weil der Antragsteller auf Grund des Verhaltens der Antragsgegnerin davon ausgehen müsse, dass ein Genehmigungsantrag nicht erfolgsversprechend wäre. Der Antrag sei aber unbegründet, weil der Antragsteller keinen Anspruch auf vorläufige Aufstellung von Ökostrom betriebenen Heizstrahlern glaubhaft gemacht habe. Auf Grund von Art. 20a GG und der hierzu ergangenen Entscheidung des BVerfG vom 24. März 2021 (Az: BvR 2656/18 u.a.) sowie der Einfügung von Art. 18a BayStrWG spreche viel dafür, dass inzwischen auch klima- und energiepolitische Gesichtspunkte bei der Ausübung des Ermessens im Rahmen des Art. 18 BayStrWG Berücksichtigung finden könnten. Diesem diene das Verbot der Nutzung von Heizstrahlern. Daher könne nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für Ökostrom betriebene Heizstrahler die einzige ermessensfehlerfreie Entscheidung darstellen könne.
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Mit seiner am 6. Dezember 2022 eingelegten Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er beantragt,
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unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München dem Antragsgegner aufzugeben, die Verwendung Ökostrom betriebener Heizstrahler auf den öffentlichen Freischankflächen seiner Gaststätte bis zur Entscheidung über die Klage vorläufig zu erlauben.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
14
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
II.
15
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die mit ihr dargelegten Gründe rechtfertigen es im Ergebnis nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO).
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I. Die Beschwerde ist bereits unzulässig, soweit der Antragsteller die Aufstellung von Heizstrahlern auf seiner bisherigen Freischankfläche mit rund 75 m2 beantragt.
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Dabei kann offen bleiben, ob es sich hierbei, wie die Antragsgegnerin vorträgt, um eine unzulässige Antragserweiterung nach § 91 VwGO handelt (vgl. dazu BayVGH, B.v. 28.11.2019 – 10 CE 19.2234 – juris Rn. 9; B.v. 4.5.2020 – 20 CE 20.960 – juris Rn. 12), denn dem Antrag fehlt in Bezug auf die bisherige Freischankfläche von 75 m2 das Rechtsschutzbedürfnis. Hierfür besitzt der Antragsteller mit Bescheiden vom 15. Februar 2015 und 28. Februar 2018 erteilte und bislang nicht widerrufene Sondernutzungserlaubnisse, die auch das Aufstellen von Heizstrahlern gestatten.
18
II. Soweit der Antragsteller die vorläufige Aufstellung von Heizstrahlern auf der Freischankfläche mit 39 m2 begehrt, ist die Beschwerde zulässig, aber unbegründet. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist bereits unzulässig, weil ihm mangels Vorbefassung der Antragsgegnerin das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
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1. In Bezug auf die Verpflichtungsklage ist anerkannt, dass deren Zulässigkeit allgemein davon abhängt, dass der Kläger den klageweise verlangten Erlass des Verwaltungsakts in einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren ohne Erfolg beantragt hat. Diese Zulässigkeitsvoraussetzung ergibt sich aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO („Antrag auf Vornahme“). Sie stellt neben dem Schutz der Gerichte vor unnötiger Inanspruchnahme eine Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gewaltenteilung dar, demzufolge es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden. Sie steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass das einschlägige Verwaltungsverfahrensrecht keine abweichende Regelung trifft (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 28.11.2007 – 6 C 42.06 – BVerwGE 130, 39 = juris Rn. 23 f.; U.v. 24.2.2016 – 6 C 62.14 – BVerwGE 154, 173 = juris Rn. 14; B.v. 12.5.2020 – 6 B 54.19 – NVwZ 2021, 812 = juris Rn. 23; B.v. 22.11.2021 – 6 VR 4.21 – juris Rn. 8). Diese für Verpflichtungsklagen in der Hauptsache entwickelten Anforderungen sind grundsätzlich in gleicher Weise an einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu stellen (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.2021 – 6 VR 4.21 – juris Rn. 10).
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Eine Abweichung von dem prozessualen Grundsatz des Vorrangs der behördlichen vor der gerichtlichen Sachbefassung sieht das hier einschlägige Fachrecht nicht vor, da Art. 18 BayStrWG von einem Antragserfordernis ausgeht. Gem. Art. 22 Satz 1 BayVwVfG entscheidet die Behörde nach pflichtgemäßen Ermessen, ob und wann sie ein Verwaltungsverfahren durchführt. Dies gilt nicht, wenn die Behörde auf Grund von Rechtsvorschriften nur auf Antrag tätig werden darf und ein Antrag nicht vorliegt (Art. 22 Satz 2 Nr. 2 BayVwVfG). Rechtsvorschriften im Sinne dieser Vorschrift sind dabei alle (Außen-)Rechtsnormen wie Verfassung, Parlamentsgesetz, Rechtsverordnung oder Satzung; sog. Innenrecht (Verwaltungsvorschriften) gehört nicht dazu (vgl. Rixen in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Aug. 2022, VwVfG, § 22 Rn. 9). Das Antragserfordernis muss auch nicht ausdrücklich in der Norm geregelt werden, sondern kann sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung oder dem Zusammenhang oder aus der Sache ergeben. Eine Sondernutzungserlaubnis gem. Art. 18 BayStrWG setzt einen entsprechenden Antrag voraus, da es sich hierbei um einen von den konkreten Angaben des Antragstellers über Ort, zeitliche Dauer und Umfang des Vorhabens abhängigen, mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt handelt (vgl. bereits BVerwG, U.v. 21.10.1970 – IV C 38.69 – BayVBl 1971, 110 = juris Rn. 20; vgl. auch BayVGH, B.v. 1.8.2017 – 8 ZB 17.1015 – juris Rn. 7; B.v. 22.1.2018 – 8 ZB 17.1590 – juris Rn. 5; ebenso VGH BW, U.v. 17.4.1989 – 5 S 1990/87 – NVwZ-RR 1990, 225 = juris Rn. 32; OVG RhPf, U.v. 8.3.2012 – 1 A 11258/11 – juris Rn. 33 ff.; OVG NRW, B.v. 7.4.2017 – 11 A 2068/14 – NVwZ-RR 2017, 855 = juris Rn. 82 ff.; Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Aufl. 2020, Rn. 420). Soweit die Richtlinien für Sondernutzungen an den öffentlichen Straßen der Landeshauptstadt München (Sondernutzungsrichtlinien – SoNuRL) vom 3. Juni 2022 in § 6 die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen auch von Amts wegen vorsehen, ist dies ohne Belang, da es sich um eine Verwaltungsvorschrift handelt.
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2. Besondere Gründe, die es gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, einen Antrag nach § 123 VwGO im vorliegenden Fall dennoch ohne vorherige Antragstellung bei der zuständigen Behörde als zulässig anzusehen (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.2021 – 6 VR 4.21 – NVwZ-RR 2022, 164 = juris Rn. 10), liegen aller Voraussicht nach entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Antragstellers nicht vor. Daher kann offen bleiben, ob grundsätzlich von einer Vorbefassung der Behörde bei Ermessensentscheidungen überhaupt abgesehen werden kann, zumal diese gem. § 114 VwGO gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sind, da die Verwaltungsgerichte nicht prüfen, ob die von der Behörde getroffene Wahl die beste und zweckmäßigste Entscheidung war. Insofern entscheidet gerade die Behörde abschließend und letztverbindlich.
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a. Das Antragserfordernis kann vorliegend nicht als bloße Förmelei angesehen werden, weil die Behörde vorprozessual bereits klar und eindeutig zu erkennen gegeben hätte, dass sie einen solchen Antrag definitiv ablehnen werde (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.2021 – 6 VR 4.21 – NVwZ-RR 2022, 164 = juris Rn. 10; OVG SH, B.v.1.9.2022 – 3 MB 13/22 – juris Rn. 25; für die Verpflichtungsklage BVerwG, U.v. 2.3.2022 – 6 C 7.20 – juris Rn. 58).
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(1) Die Antragsgegnerin dürfte gerade nicht klar und eindeutig gegenüber dem Antragsteller zum Ausdruck gebracht haben, dass sie einen derartigen Antrag definitiv ablehnen würde. Eine solche Ablehnung dürfte mit der erforderlichen Klarheit weder dem Schreiben vom 4. November 2021 noch dem vom 1. Dezember 2021 oder dem vom 17. Juni 2022 entnommen werden.
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Den Schreiben fehlen bereits die erforderlichen Ermessenserwägungen. Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis steht im Ermessen der zuständigen Behörde (vgl. BayVGH, U.v. 23.7.2009 – 8 B 08.3282 – BayVBl 2010, 306 = juris Rn. 33; B.v. 3.2.2022 – 8 ZB 21.1286 – juris Rn. 27; Wiget in Zeitler, BayStrWG, Stand Sept. 2021, Art. 18 Rn. 26). Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung erfordert eine Abwägung aller einschlägigen, für und gegen den Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis sprechenden Belange einschließlich der Grundrechtspositionen des Antragstellers. Zudem ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Da die Entscheidung von den individuell-konkreten Umständen des Einzelfalls determiniert wird, erfordert allein dies einen Antrag, in dem der Antragsteller Angaben über die genaue Örtlichkeit, die zeitliche Dauer und den Umfang der Sondernutzung machen kann. Ein solcher fehlt, sodass hier weder der zeitliche Rahmen noch die Art und Anzahl der Heizstrahler bekannt ist. Auch aus diesem Grund können die Äußerungen der Antragsgegnerin nicht als definitive Ablehnung verstanden werden.
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(2) Zudem hat die Antragsgegnerin vorprozessual widersprüchlich gehandelt.
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Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 4. November 2021 mitgeteilt, dass Ökostrom betriebene Heizstrahler letztmalig bis zum 30. November 2021 auf pandemiebedingten Erweiterungen von Freischankflächen genutzt werden dürfen. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2021 hat sie dann dem Antragsteller mitgeteilt, dass Ökostrom betriebene Heizstrahler pandemiebedingt letztmalig bis 31. März 2022 auf diesen Freischankflächen betrieben werden dürfen. In Widerspruch dazu hat die Antragsgegnerin die mit Bescheiden vom 15. Februar 2015 und vom 28. Februar 2018 erlaubte Verwendung von sechs Heizstrahlern auf der bisherigen, 75 m² großen Freischankfläche nicht widerrufen bzw. zurückgenommen mit der Folge, dass der Antragsteller auf dem überwiegenden Teil der Freischankfläche weiterhin Heizstrahler verwenden darf. Im Gegensatz zur Erlaubnislage wurde dem Antragsteller schließlich im Schreiben vom 17. Juni 2022 wiederum mitgeteilt, dass seit der Stadtratssitzung vom 27. April 2022 Heizstrahler auf öffentlichem Verkehrsgrund verboten seien. Bei einer Kontrolle vor Ort am 17. Juni 2022 um 12 Uhr sei festgestellt worden, dass der Antragsteller auf seiner Freischankfläche Schirme mit installierten Heizstrahlern aufgestellt habe. Der Antragsteller wurde sodann lediglich „höflich gebeten, die Heizstrahler sofort vom öffentlichen Verkehrsgrund zu entfernen.“ Auch in den im Bescheid vom 17. Juni 2022 betreffend die erweiterte Freischankfläche in Bezug genommenen „Freischankflächen – Inhalts- und Nebenbestimmungen“ vom März 2022 wird unter Ziff. II. 3 die Unzulässigkeit der Verwendung von Heizstrahlern nur als Hinweis ohne Regelungscharakter aufgeführt. In der Gesamtschau hat die Antragsgegnerin damit nicht klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass sie in jedem Fall einen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von Heizstrahlern gegenüber dem Antragsteller ablehnen werde. Darauf, dass die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Verwendung von Heizstrahlern uneinheitlich verfährt, deuten auch ihre Sondernutzungsrichtlinien vom 3. Juni 2022 hin, nach deren § 23 Abs. 12 Satz 1 einerseits die Verwendung von Heizstrahlern nicht gestattet ist, andererseits aber bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen nach § 1 Abs. 3 als ermessenslenkend lediglich Belange der Sicherheit, Leichtigkeit und Ordnung des Verkehrs, der Barrierefreiheit, des Städtebaus und gestalterische Belange Berücksichtigung finden sollen, nicht aber umwelt- und energiepolitische, die letztendlich das Verbot rechtfertigen sollen (vgl. Beschluss des Stadtrats der Stadt München vom 27. April 2022, Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 06298).
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Soweit der Antragsteller nunmehr angibt, noch nie einen Antrag auf Nutzung von Heizstrahlern gestellt zu haben, ist dies laut Behördenakte nicht richtig. Für die bisherige Freischankfläche hat der Antragsteller erstmals am 29. Mai 2002 einen entsprechenden Antrag gestellt (Behördenakte Bl. 143 F).
28
b. Anders als der Antragsteller unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 2020 (Az.: 6 C 7.19 – BVerwGE 170, 345 = juris Rn. 36) meint, ist ein Antrag auch nicht deswegen aus prozessökonomischen Gründen obsolet, weil die Antragsgegnerin die unterlassene Vorbefassung nicht gerügt hätte. Auf die Frage, ob die Behörde ihre fehlende Vorbefassung spezifisch gerügt hat, kommt es hier nicht an, da die Zuständigkeit der Antragsgegnerin und das Verfahren gesetzlich geregelt sind (vgl. auch BVerwG, U.v. 25.11.2020 – 6 C 7.19 – BVerwGE 170, 345 = juris Rn. 36 f.; B.v. 22.11.2022 – 6 VR 4.21 – NVwZ-RR 2022, 164 = juris Rn. 9). Das Verfahren richtet sich vorliegend nach Art. 24 ff. BayVwVfG; die Zuständigkeit der Antragsgegnerin ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 Satz, 58 Abs. 2 Nr. 3 BayStrWG. Zudem besteht ein Antragserfordernis (s.o.).
29
c. Es ist schließlich nicht glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller wegen einer besonderen Eilbedürftigkeit eine Antragstellung nicht zuzumuten war, weil ihm durch die Bearbeitungszeit irreversible erhebliche Nachteile drohten, sodass auch ohne eine Antragstellung ein Rechtsschutzbedürfnis anzunehmen wäre (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.1996 – 1 CE 96.2081 – NVwZ 1997, 923; Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 123 Rn. 22). Die vom Antragsteller in den Schriftsätzen vom 25. Juli 2022 (GA VG München Bl. 5), vom 24. August 2022 (GA VG München Bl. 74) und vom 6. Dezember 2022 (GA Bl. 3) behaupteten desaströsen Umsatzeinbußen, die ihm wegen der fehlenden Sondernutzungserlaubnis für die Verwendung von Heizstrahlern entstünden, sind durch nichts belegt. Im Übrigen ist es dem Antragsteller möglich, sowohl auf der bisherigen Freischankfläche von 75 m2 als auch in seinem Wirtsgarten Heizstrahler zu verwenden, so dass schon fraglich ist, inwieweit durch die fehlenden Heizstrahler auf der Zusatzfläche überhaupt nennenswerte Umsatzeinbußen bezifferbar sind, zumal die Fläche in der kalten Winterzeit von November bis März laut Bescheid vom 17. Juni 2022 ohnehin nicht betrieben werden darf.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG sowie Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).