Inhalt

VGH München, Beschluss v. 08.05.2023 – 6 ZB 22.2552
Titel:

Wiederaufbauhilfe nach einem Hochwasserschaden

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
VwGO § 91
Leitsätze:
1. Förderrichtlinien unterliegen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Maßgeblich für die Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) ist die tatsächliche Handhabung der Verwaltungsvorschriften in der Verwaltungspraxis zur maßgeblichen Zeit (vgl. VGH München BeckRS 2022, 8451 Rn. 7). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Versagung weiterer Förderung mit der Begründung, die Förderbehörde habe dem Betroffenen wirksam eine (letzte) Frist zur Vorlage eines Gutachtens gesetzt, die dieser nicht eingehalten habe, verstößt nicht gegen die behördliche Selbstbindung durch den Gleichheitssatz. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Subventionsrecht, Hochwasserhilfe, Fristsetzung, Ausschlussfrist, Förderpraxis, Beweiswürdigung des Gerichts, Förderrichtlinie, Gleichheitssatz, Selbstbindung der Verwaltung, Klageänderung
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 12.09.2022 – RN 5 K 20.932
Fundstelle:
BeckRS 2023, 12086

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 12. September 2022 – RN 5 K 20.932 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 561.003,03 € festgesetzt.

Gründe

1
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO, auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
2
Der Kläger begehrt mit seiner Klage eine höhere Wiederaufbauhilfe nach einem Hochwasserschaden als die Regierung von N. mit Bescheid vom 30. April 2020 bewilligt hat. Mit Urteil vom 12. September 2022 hat das Verwaltungsgericht die hierauf gerichtete Klage abgewiesen. Die erst in der mündlichen Verhandlung zusätzlich erhobene Anfechtungsklage gegen die im Bescheid enthaltene auflösende Bedingung sei bereits unzulässig, da sie verfristet sei. Die Verpflichtungsklage auf höhere Wiederaufbauhilfe oder Neuverbescheidung sei zulässig, aber unbegründet.
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Die vom Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Einwände rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO.
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1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 m.w.N.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 6 ZB 17.2521 – juris Rn. 4). Das ist nicht der Fall.
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a) Das Verwaltungsgericht hat die isolierte Anfechtungsklage gegen die im Bescheid der Regierung von N. vom 30. April 2020 enthaltene auflösende Bedingung mit überzeugender Begründung als bereits unzulässig abgewiesen.
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Der Kläger hat sie erst im Wege der Klageänderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und damit verspätet erhoben.
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Ihm ist zwar darin zuzustimmen, dass die Klageanträge bei Klageerhebung und in der mündlichen Verhandlung insoweit identisch sind, als jeweils die Aufhebung des Bescheids begehrt wird (mit der späteren Klarstellung, dass dies nur auf die Versagung von höherer Wiederaufbauhilfe als die bewilligten 391.151,80 € abzielt). Davon zu unterscheiden ist jedoch der zuletzt zusätzlich gestellte Klageantrag auf Aufhebung der im vom 30. April 2020 enthaltenen auflösenden Bedingung. Während ersterer Teil einer Verpflichtungsklage ist, bei welcher der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf höhere Förderung oder zumindest Neuverbescheidung den Streitgegenstand bilden, handelt es sich bei letzterer um die isolierte Anfechtungsklage gegen eine Nebenbestimmung des Bescheids.
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Das Verwaltungsgericht hat vor diesem Hintergrund zutreffend dargelegt, dass eine an § 91 VwGO zu messende Klageänderung vorliegt. Es hat ausgehend von § 88 VwGO, wonach es bei der Bestimmung des Klagebegehrens nicht an die Fassung der Anträge gebunden ist, das im Klageantrag und im gesamten Parteivorbringen zum Ausdruck kommende Rechtsschutzziel ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Dabei ist es zu dem (überzeugenden) Ergebnis gekommen, dass es dem Kläger zunächst allein auf die Gewährung weiterer Zuwendungen ging, da er mehrfach sinngemäß mitgeteilt hatte, dass er sich nicht gegen die mit Bescheid vom 30. April 2020 getroffenen Regelungen wendet, sondern über die mit diesem Bescheid bewilligte Wiederaufbauhilfe hinaus die Gewährung weiterer Zuwendungen begehrt, insbesondere unter Berücksichtigung des am 30. März 2020 eingereichten Maschinengutachtens. Die klageändernde isolierte Anfechtung der Nebenbestimmung war dann nicht innerhalb der Klagefrist erfolgt. Diesem Ergebnis setzt der Kläger nichts Stichhaltiges entgegen. Er zitiert einen Absatz aus seinem Schriftsatz vom 7. Dezember 2020, in dem er als Grund für die Gewerbeuntersagung Steuerschulden anführt. Hieraus ergibt sich aber nicht, dass er die auflösende Bedingung isoliert angreifen wollte.
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b) Am erstinstanzliche Urteil bestehen auch insoweit keine ernstlichen Zweifel als das Verwaltungsgericht einen Anspruch des Klägers auf höhere Wiederaufbauhilfe oder zumindest erneute Verbescheidung verneint hat.
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Förderungen wie die in Streit stehende hat der Beklagte – als freiwillige Leistung – nach den Richtlinien für die Unterstützung der von der Naturkatastrophe „Unwetter mit Hochwasser im Mai/Juni 2016“ geschädigten gewerblichen Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe sowie gewerblichen Träger wirtschaftsnaher Infrastruktur (Bek. vom 7.7.2016, AllMBl. Nr. 10 S. 1673; geändert durch Bek. vom 12.11.2019, BayMBl. Nr. 508) gewährt. Solche Förderrichtlinien unterliegen, wie bereits das Verwaltungsgericht hervorgehoben hat, als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Maßgeblich für die Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) ist die tatsächliche Handhabung der Verwaltungsvorschriften in der Verwaltungspraxis zur maßgeblichen Zeit (ständige Rechtsprechung; vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; B.v. 31.3.2022 – 6 ZB 21.2933 – juris Rn. 7 m.w.N.).
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Gemessen an diesem Maßstab sind keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dem Kläger ein Anspruch auf weitere Förderung oder zumindest erneute Entscheidung über seinen Förderantrag zustehen könnte. Die Versagung weiterer Förderung mit der Begründung, die Förderbehörde habe dem Kläger wirksam eine (letzte) Frist zur Vorlage eines Maschinengutachtens bis Ende Januar 2020 gesetzt, die dieser nicht eingehalten habe, verstößt nach den überzeugenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht gegen die behördliche Selbstbindung durch den Gleichheitssatz. Die Einwände des Klägers begründen keine Zweifel, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.
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aa) Soweit der Zulassungsantrag rügt, es sei dem Kläger gegenüber nicht kommuniziert worden, dass ein gewisser Zeitraum für die Prüfung des Maschinengutachtens durch die Regierung von N. benötigt werde und welche Rechtsfolgen die Bewilligungsbehörde aus der nicht fristgerechten Einreichung des angefochtenen Maschinengutachtens ziehen werde, trifft dies nicht zu. Die Regierung von N. hatte bereits in der E-Mail vom 31. Juli 2019 (Bl. 274 der Behördenakten) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass einige Zeit für die Prüfung der Unterlagen benötigt wird und eine Förderung bei nicht fristgerechter Einreichung nicht mehr möglich ist. Laut dem Aktenvermerk zum Vor-Ort-Termin am 23. Juli 2019 (Bl. 261 der Behördenakte) wurde der Kläger bei dieser Besprechung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Maschinengutachten mindestens drei Monate vor Ende des Bewilligungszeitraums vorzulegen sei. Zum damaligen Zeitpunkt waren Bescheide bis zum 31. Dezember 2019 zu erstellen, weshalb dem Kläger aufgegeben wurde, das Maschinengutachten bis spätestens September (2019) vorzulegen. Dass diese Verfahrensvorgaben nach Verlängerung des Bewilligungszeitraums bis zum 30. April 2020 (durch Bek. vom 12.11.2019, BayMBl. Nr. 508) entsprechend weitergalten, lag auf der Hand.
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bb) Keine ernstlichen Zweifel ergeben sich aus dem Einwand, dem Kläger sei keine wirksame Frist zur Vorlage des Maschinengutachtens bei der Bewilligungsbehörde gesetzt worden, weil dies hätte schriftlich erfolgen müssen.
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Das Verwaltungsverfahren ist grundsätzlich an bestimmte Formen nicht gebunden. Eine (fern-) mündliche Fristsetzung war im vorliegenden Fall zulässig und ist rechtlich nicht zu beanstanden (Art. 10 BayVwVfG i.V.m. Art. 31 BayVwVfG). Dem Zulassungsantrag gelingt es nicht, die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Frist zur Einreichung des Maschinengutachtens sei im Rahmen des Telefonats am 18. Dezember 2019) bis Ende Januar 2020 gesetzt worden, mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage zu stellen. Er wendet sich gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, was auch im Rahmen von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO grundsätzlich möglich ist (Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 82).
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Das Gericht entscheidet gem. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Tatsachen- und Beweiswürdigung, der einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt nur vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (ständige Rechtsprechung; z.B. BayVGH, B.v. 14.12.2018 – 21 ZB 16.1678 – juris Rn. 20 m.w.N.). Derartige Fehler zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf; sie sind auch nicht ersichtlich.
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Das Verwaltungsgericht hat sich indes in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise mit dem vorliegenden Sachverhalt und hierbei insbesondere auch mit dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt, ihm sei eine Frist zur Abgabe des Gutachtens bis 31. März 2020 gesetzt worden. Es hat plausibel festgestellt, dass es sich bei dem Vermerk von Herrn Dr. B., wonach die Fristsetzung noch schriftlich wiederholt werde, nur um einen verwaltungsinternen Vermerk gehandelt hat. Es sei weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden, dass die beabsichtigte schriftliche Wiederholung der Frist dem Kläger im Telefonat mitgeteilt worden ist (UA S. 20). Wie es nach Auffassung des Klägers im Zulassungsantrag zu einer übereinstimmenden Aussage der Parteien, die Fristverlängerung hätte noch schriftlich fixiert werden müssen, gekommen sein soll und zu dem Ergebnis, es gebe keine Fristsetzung, lässt sich nicht nachvollziehen. Das Telefongespräch mag aus Sicht des Klägers einen streitig gebliebenen Inhalt haben. Hier kommt jedoch die gerichtliche Beweiswürdigung zum Tragen. Dass dem Verwaltungsgericht insoweit ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 VwGO unterlaufen wäre, kann der Kläger nicht darlegen. Der Zulassungsantrag beschränkt sich vielmehr letztlich darauf, unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags darauf hinzuweisen, seiner Ansicht nach sei das Verwaltungsgericht zum falschen Ergebnis gekommen.
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cc) Ernstliche Zweifel ergeben sich auch nicht aus der Rüge, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach die Bewilligungsbehörde das am 26. März 2020 eingereichte Maschinengutachten nach der Förderpraxis vollständig ausblenden durfte, seien nicht nachvollziehbar.
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Zwar mögen die gerichtlichen Ausführungen zur Verwaltungspraxis im Hinblick auf zeitliche Vorgaben für die Vorlage eines nach Nr. 5. der Förderrichtlinie erforderlichen Gutachtens auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen. Das Verwaltungsgericht führt einerseits aus, dass es nach dem Vortrag der Regierung von N. keine Förderpraxis dazu gebe, welche Fristen zur Einreichung von Gutachten in entsprechender Größenordnung gesetzt werden, oder zu einem festen Zeitraum vor Ende des Bewilligungszeitraums, an dem die zu prüfenden Unterlagen vorliegen mussten (UA S. 16 unten). Andererseits folgert das Verwaltungsgericht aus der E-Mail der Regierung von N. vom 31. Juli 2019, dass sich die Bewilligungsbehörde „entsprechend ihrer Förderpraxis“, eine gewisse Zeit zur Prüfung von Gutachten eingeräumt hat und eine Frist von lediglich einem Monat wohl zu knapp bemessen war (UA S. 17).
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Die vom Kläger bemängelten Widersprüche lassen sich jedoch ohne Weiteres vor dem Hintergrund auflösen, dass der Bewilligungszeitraum nach der Förderrichtlinie am 30. April 2020 endete, die Hilfe also spätestens zu diesem Tag bewilligt sein musste. Denn das Verwaltungsgericht entnimmt dem Vorbringen des Behördenvertreters, Herrn Dr. B., in der mündlichen Verhandlung, dass bei einem Gutachten von dem zu erwartenden Umfang eine „kürzere Frist von drei Monaten zur Prüfung … nicht möglich gewesen“ ist. Liegt aber die übliche Bearbeitungsdauer in vergleichbaren Fällen bei mindestens drei Monaten, liegt es auf der Hand, dass die dem Kläger zuletzt gesetzte Frist zur Einreichung des Maschinengutachtens bis Ende Januar 2020 der Förderpraxis entsprach, weil ansonsten die übliche Bearbeitungsdauer bis zum Ende des Bewilligungszeitraums nicht hätte eingehalten werden können. Jedenfalls lassen die entsprechenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts keinen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 VwGO oder weiteren Klärungsbedarf erkennen.
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dd) Nicht überzeugen kann weiter der Einwand, das erstinstanzliche Urteil sei insoweit unrichtig, als es für die Förderung von Gebäuden darauf abstelle, ob das Sachverständigengutachten fristgerecht eingereicht worden sei. Die Entscheidung enthalte – nach Ansicht des Klägers – die unverständliche Aussage, die maschinelle Betriebsfähigkeit des Sägewerks habe mangels fristgerecht eingereichtem Sachverständigengutachten nicht wiederhergestellt werden können, weswegen es auch keinen Ansatz gegeben habe, die dazu gehörigen Gebäude zu fördern. Die maschinelle Betriebsfähigkeit eines Sägewerks könne aber grundsätzlich auch ohne Sachverständigengutachten wiederhergestellt werden, wenn die hierfür notwendigen Reparaturen durchgeführt würden, zum Beispiel mit Bankkrediten.
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Diese Argumentation greift nicht durch. Die Förderrichtlinie bezweckt nach ihrer Nr. 1 die Erhaltung der geschädigten Betriebe und die Wiederherstellung ihrer Betriebsfähigkeit. Die Maschinen des Sägewerks samt Gebäude stellen eine funktionale betriebliche Einheit dar. Nachdem der Kläger auch hinsichtlich der Maschinen einen entsprechenden Förderantrag gestellt hatte, konnte – wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat – auch die beantragte Förderung des zugehörigen Gebäudes unterbleiben. Ob dies anders gewesen wäre, wenn der Kläger dargelegt hätte, dass er auf andere Weise für eine Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit der Maschinen gesorgt hätte, kann hier offenbleiben, da der Kläger nichts dergleichen dargelegt hat. Inwieweit mit der beantragten zusätzlichen Förderung dem Zweck der Richtlinie, der Behebung unmittelbarer Schäden an gewerblichen Betriebsstätten mit dem Ziel der Erhaltung der Betriebe und der Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit entsprochen worden wäre, musste daher nicht geprüft werden.
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Im Übrigen hatte die Bewilligungsbehörde die Vorlage des Maschinengutachtens gefordert und die Bedeutung des Gutachtens für die Förderung der entsprechenden Gebäude dem Kläger auch im Vorfeld so mitgeteilt (s. etwa den Aktenvermerk zum Vor-Ort-Termin am 23.7.2019, Bl. 261 der Behördenakte).
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ee) Ohne Erfolg wendet sich der Zulassungsantrag schließlich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Bewilligungsbehörde habe dem Kläger die Frist zur Vorlage des Gutachtens mit der Möglichkeit zur Zurückweisung bei verspätetem Vorbringen wirksam gesetzt (UA S. 18 ff.).
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Der Zulassungsantrag rügt einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und meint, dem Kläger dürfe entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht vorgeworfen werden, dass er frühere Fristen habe verstreichen lassen; entscheidend sei, dass telefonisch während noch laufender Frist eine weitere Fristverlängerung zugesagt worden sei. Dieser Einwand geht am Kern der gerichtlichen Erwägungen vorbei. Das Verwaltungsgericht erörtert in diesem Zusammenhang die Frage, ob sich eine Behörde auf eine von ihr gesetzte Frist berufen kann oder nach Versäumnis dieser Frist durch den Betroffenen aus Billigkeitsgründen eine rückwirkende Fristverlängerung in Erwägung ziehen müsste. Dabei stellt es auch auf die Besonderheiten des Einzelfalls ab, wonach dem Kläger bereits zahlreiche Fristen zur Einreichung des Maschinengutachtens gesetzt (und verlängert) worden waren. Dem hält der Zulassungsantrag nur seine gegenteilige Bewertung entgegen. Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht, wie oben ausgeführt, in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Bewilligungsbehörde dem Kläger wirksam – in mündlicher Form – eine Frist zum 31. Januar 2020 gesetzt und dass sie ihm die Rechtsfolgen einer Fristversäumnis mitgeteilt hatte.
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b) Die Berufung ist nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Dazu müsste das Verfahren das normale Maß erheblich übersteigende Schwierigkeiten aufweisen (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 15 ZB 17.635 – juris Rn. 37; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Solche Schwierigkeiten werden mit der Antragsbegründung nicht substantiiert aufgezeigt und liegen auch nicht vor. Die aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich vielmehr aus den oben dargelegten Gründen ohne weiteres im Sinn des Verwaltungsgerichts beantworten, ohne dass es dazu der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
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c) Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
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Um diesen Zulassungsgrund dazulegen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, zudem ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, ferner erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und schließlich darlegen, weshalb ihr eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 22.3.2022 – 6 ZB 22.184 – juris Rn. 16). Diesen Darlegungsanforderungen wird der Zulassungsantrag nicht gerecht. Er formuliert unter Bezugnahme auf die Senatsentscheidung im Prozesskostenhilfeverfahren (BayVGH, B.v. 12.4.2021 – 6 C 21.514) Fragen zur Förderpraxis, nämlich was die konkrete Förderpraxis gewesen sei, was überhaupt Förderpraxis sein dürfe und ob man auf streitgegenständliche Art und Weise Fristen setzen könne. Dabei zeigt er aber nicht auf, worin er eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung sieht und weshalb hier eine Klärungsbedürftigkeit und Entscheidungserheblichkeit gegeben sein sollte.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).