Titel:
Erfolgloser Zulassungsantrag: Überbrückungshilfe III
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2
BayHO Art. 53
VO (EU) Nr. 651/2014 Art. 3 Abs. 3
Leitsätze:
1. Die Verwaltungspraxis zur Überbrückungshilfe III, bei der Unternehmensverbundbetrachtung nicht für jedes einzelne, dem Verbund zugeordnete Unternehmen auf den beihilferechtlichen Unternehmensbegriff abzustellen, steht nicht in Widerspruch zu Unionsrecht. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Anwendungsbereich des Art. 104a Abs. 3 GG ist bzgl. der Überbrückungshilfe III nicht eröffnet, weil diese nach Maßgabe des Art. 53 BayHO sowie der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften gewährt wird. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Verwaltungspraxis zur Überbrückungshilfe III, die Gewährung der Zuwendung davon abhängig zu machen, „wie ein prüfender Dritter die Erklärung über das Vorliegen eines Unternehmensverbunds gestaltet hat“, ist nicht unverhältnismäßig. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Überbrückungshilfe III, Beihilferechtlicher Unternehmensbegriff, Verbundenes Unternehmen, Unternehmen in Schwierigkeiten, Förderpraxis, Rechtsberatungskosten, Unternehmensbegriff, verbundenes Unternehmen, Corona-Pandemie, prüfender Dritter, Verwaltungspraxis
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 14.11.2022 – W 8 K 22.95
Fundstelle:
BeckRS 2023, 12077
Tenor
I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. November 2022 – W 8 K 22.95 – wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 28.987.558,47 € festgesetzt.
Gründe
1
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre vor dem Verwaltungsgericht erfolglose Klage auf Bewilligung von Überbrückungshilfe III über einen zusätzlichen Betrag von 28.987.558,47 € weiter.
2
Am 1. Oktober 2021 stellte die Klägerin durch eine sog. „prüfende Dritte“ einen Onli-ne-Antrag auf Gewährung von Überbrückungshilfe III für die Monate November 2020 bis Mai 2021 über 43.693.474,55 €.
3
Am 11. Januar 2021 hatten die Klägerin (damals eine börsennotierte AG) und ihre Tochtergesellschaften ... GmbH und ... GmbH und Co. KG einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverantwortung gestellt. Mit Beschluss vom 12. Januar 2021 hatte das zuständige Amtsgericht die vorläufige Eigenverwaltung für diese Gesellschaften angeordnet. Bis zum 18. März 2021 hielt die … Kapital GmbH 52,18% an der Klägerin. Die … Kapital GmbH wurde wiederum mehrheitlich von der ... Holding GmbH gehalten, einer Gesellschaft, die seit 1. Juli 2016 insolvent war. Am 18. März 2021 verminderte sich der Anteil der … Kapital GmbH an der Klägerin auf 49,82%. Seit Beendigung des Insolvenzverfahrens zum 31. August 2021 hält die … Logistik Holding GmbH 100% Anteile an der Klägerin.
4
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2021 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Überbrückungshilfe von 14.705.916,08 € und lehnte den Antrag in Höhe von 28.987.558,47 € ab (Überbrückungshilfe von November 2020 bis 18. März 2021 und Rechtsberatungskosten in Höhe von 225.390 € im April und 541.212 € im Mai 2021).
5
Zur Begründung der Antragsablehnung führte die Beklagte aus, trotz mehrfacher Aufforderung sei keine Bestätigung übersandt worden, dass sich der gesamte Unternehmensverbund zum 31. Dezember 2019 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe. Zum 18. März 2019 habe die … Kapital GmbH ihre Mehrheitsbeteiligung aufgegeben und übe seitdem keinen beherrschenden Einfluss mehr auf die Klägerin aus. Es könne daher in analoger Anwendung von Ziffer 5.6 Abs. 3 FAQ von einer Antragsberechtigung nach dem 18. März 2021 ausgegangen werden.
6
Mit Urteil vom 14. November 2022 wies das Verwaltungsgericht Würzburg die gegen die Teilablehnung der Überbrückungshilfe III gerichtete Klage ab. Die Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Klägerin bis 18. März 2021 in einem Unternehmensverbund befunden habe. Sie habe keine Bestätigung vorgelegt, dass sich dieser Unternehmensverbund nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe. Die Beklagte habe dargelegt, dass sie bei der Prüfung des förderfähigen Zeitraums darauf abgestellt habe, bis wann sich ein Unternehmen nicht mehr in Schwierigkeiten befinde. Dies sei bei der Klägerin mit dem Wegfall der Mehrheitsbeteiligung der … Kapital GmbH der Fall. Ein Unternehmensverbund liege nach Nr. 2.4 Satz 1 Buchst. b der Richtlinie Überbrückungshilfe III vor, wenn ein Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens halte. Auf die Ausübung eines tatsächlichen beherrschenden Einflusses komme es nicht an. Es komme auch nicht auf einen bestimmten Unternehmensbegriff an. Diese Verwaltungspraxis stehe auch mit Europarecht in Einklang. Es komme auch nicht darauf an, ob die … Kapital GmbH und die ... Holding GmbH Beschäftigte gehabt hätten oder am Markt tätig gewesen seien. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aufgrund der Insolvenz der ... Holding GmbH seit dem 1. Juni 2016 und der Anordnung vorläufiger Eigenverwaltung durch das Insolvenzgericht am 12. Januar 2021. Der Vortrag des fehlenden Beherrschungsverhältnisses zwischen der … Kapital GmbH und der Klägerin aufgrund des vorläufigen Insolvenzverfahrens sei erst im Klageverfahren und damit verspätet erfolgt. Im Übrigen komme es nach der Verwaltungspraxis für die Unternehmensverbundbetrachtung nicht auf die tatsächliche Ausübung eines beherrschenden Einflusses an. Ferner habe die Beklagte plausibel dargelegt, dass die nach ihrer Verwaltungspraxis erforderliche, vom prüfenden Dritten abzugebende Erklärung, dass sich der Unternehmensverbund zum 31. Dezember 2019 bzw. seit dem 31. Dezember 2019 nicht ununterbrochen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe, nicht vorgelegt worden sei. Die Beklagte habe auch dargelegt, dass es sachgerecht sei, lediglich regelmäßig anfallende und nicht anlassbezogene Rechtsanwaltskosten zu ersetzen. Im Übrigen habe die Beklagte ihre Ermessenserwägungen dahingehend ergänzt, dass die nach der Förderrichtlinie erforderliche Prüfung der Antragsberechtigung durch einen prüfenden Dritten unterlassen worden sei, was nicht ausreiche, um den Anforderungen der Nr. 7.1 der Richtlinie zu entsprechen, so dass die Gewährung einer Billigkeitsleistung ausscheide. Diese Verwaltungspraxis sei nicht willkürlich. Auch sei kein atypischer Ausnahmefall gegeben.
7
Die Klägerin beantragte fristgemäß die Zulassung der Berufung und machte das Vorliegen der Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, der besonderen rechtlichen und/oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache, der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Divergenz geltend.
8
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Behördenakten verwiesen.
9
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet und daher abzulehnen. Es bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.) noch besondere rechtliche und/oder tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2; 2.). Auch die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 (3.) und Nr. 4 (4.) VwGO liegen nicht vor.
10
1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 f.).
11
1.1 Die Klägerin macht zunächst geltend, dass hinsichtlich der Zurückweisung des Vortrags zur fehlenden Unternehmenseigenschaft der … Kapital GmbH und zum fehlenden Beherrschungsverhältnis zwischen der Klägerin und der … Kapital GmbH als verspätet ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden (S. 34-41 des Schriftsatzes vom 25.1.2023).
12
Das Verwaltungsgericht hat zum Unternehmensverbund bzw. zur Unternehmenseigenschaft und zur beherrschenden Stellung der … Kapital GmbH ausgeführt, bei der Frage, welche Unternehmen als verbundene Unternehmen gelten, wiederhole die Richtlinie Überbrückungshilfe III weitgehend den Wortlaut der EU-Definition in Anhang I Art. 3 Abs. 3 der VO (EU) Nr. 651/2014 (AGVO). Nach Nr. 2.4 Satz 1 Buchst. b der Richtlinie Überbrückungshilfe III seien verbundene Unternehmen u.a. Unternehmen, die die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens hielten. Nach Nr. 5.2 Abs. 1 der FAQ richte sich die Frage, welche Unternehmen als verbundene Unternehmen gelten, nach der EU-Definition (laut Fn. 22: Anhang I Art. 3 Abs. 3 der VO (EU) Nr. 651/2014). Nach Anhang I Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der VO (EU) Nr. 651/2014 seien „verbundene Unternehmen“ Unternehmen, die zueinander in der folgenden Beziehung stünden: „ein Unternehmen hält die Mehrheit der Stimmrechte der Anteilseigner oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens“. Die Beklagte sehe die … Kapital GmbH und über diese die ... Holding GmbH bereits aufgrund der Beteiligungsstruktur als Teil eines Unternehmensverbundes mit der Klägerin, da diese bis zum 18. März 2021 die Mehrheit der Gesellschaftsanteile der Klägerin gehalten habe (Nr. 2.4 Satz 1 Buchst. b der Richtlinie Überbrückungshilfe III), unbeschadet dessen, dass die … Kapital GmbH ihre Gesellschafterrechte nach dem Vortrag der Klägerin nicht ausgeübt haben wolle. Auf die Ausübung eines tatsächlichen beherrschenden Einflusses des verbundenen Unternehmens komme es damit nicht an. Mit dieser Einschätzung werde die Regelung in Anhang I Art. 3 Abs. 3 der VO (EU) Nr. 651/2014, konkret Buchst. a, zur Anwendung gebracht.
13
Angesichts der förderrechtlichen Bestimmung in der Richtlinie Überbrückungshilfe III und der Handhabung in der Verwaltungspraxis komme es für die Frage, ab wann ein Unternehmensverbund vorliege, nicht auf einen bestimmten Unternehmensbegriff an, und damit auch nicht darauf, dass bzw. ob es sich bei den verbundenen Unternehmen um Einheiten handele, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübten und auch nicht darauf, ob sie Einfluss auf die Entscheidungsabläufe des antragstellenden Unternehmens nähmen (vgl. OVG NRW, U.v. 30.7.2018 – 4 A 2450/16 – juris Rn. 11 ff.). Für die Frage, ob ein verbundenes Unternehmen vorliege, müsse nicht auf den europarechtlichen, d.h. beihilferechtlichen Unternehmensbegriff abgestellt werden. Der Begriff des Unternehmens umfasse nach ständiger Rechtsprechung des EuGH im Rahmen des Wettbewerbsrechts jede wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (EuGH, U.v. 10.1.2006 – C 222/04 – juris Rn. 107). Diese Definition sei aber nicht durch die Richtlinie Überbrückungshilfe III für anwendbar erklärt worden, so dass es weder der Gleichbehandlungsgrundsatz noch die Zweckbestimmung gebieten würden, auf die europarechtliche Definition abzustellen. Die Regelung in Nr. 5.2 Abs. 1 Satz 1 der FAQ, dass sich nach der EU-Definition richte, welche Unternehmen als verbundene Unternehmen gelten, betreffe lediglich den Begriff des Unternehmensverbunds an sich, nicht aber den Begriff des einzelnen Unternehmens, für den im Übrigen eine eigene – von der Richtlinie Überbrückungshilfe III und den FAQ aber nicht in Bezug genommene – Definition in Anhang I Art. 1 der VO (EU) Nr. 651/2014 normiert sei, die jedoch im Gegensatz zum oben dargestellten europarechtlichen Unternehmensbegriff das Vorhandensein eines Beschäftigten nicht voraussetze. Zudem enthalte die Richtlinie Überbrückungshilfe III neben der in Bezug genommenen EU-Definition selbst eine Definition des Unternehmensverbunds, die sich an der Definition in Anhang I Art. 3 Abs. 3 der VO (EU) Nr. 651/2014 orientiere und diese mit der Regelung in Buchst. a erweitere. Die in der Amtl. Anm. Nr. 7 (zu Nr. 2.1) der Richtlinie Überbrückungshilfe III und in Nr. 1.1 Abs. 4 der FAQ enthaltene Unternehmensdefinition, wonach – unbeschadet des für die Einhaltung des Beihilferechts maßgeblichen beihilferechtlichen Unternehmensbegriffs – ein Unternehmen eine rechtlich selbständige Einheit sei, die wirtschaftlich am Markt tätig sei und zumindest einen Beschäftigten habe, beziehe sich auf antragsberechtigte Unternehmen und werde in der Verwaltungspraxis bei der Prüfung eines mit dem antragstellenden Unternehmen verbundenen Unternehmens nicht angewendet. Sinn und Zweck der Frage, ob ein Unternehmensverbund vorliege, sei es, unberechtigte Mittelinanspruchnahmen zu verhindern, große Unternehmensverbünde in Umsetzung von Nr. 2.7 der Richtlinie Überbrückungshilfe III auf die ihnen zugedachten Fördermöglichkeiten zu beschränken und die in Unternehmensverbünden häufig vorhandene Finanzkraft anderer Teile des Verbunds zu Gunsten schwächerer Teile nutzbar zu machen, auch vor dem Hintergrund typisierend anzunehmender Einflussnahmen der Investoren etwa über Aufsichtsräte und andere Gesellschaftsorgane. Folglich genüge die Mehrheitsbeteiligung eines Unternehmens für die Annahme eines Unternehmensverbunds. Eine willkürliche Handhabung sei insoweit nicht ersichtlich. Ebenso wenig komme es darauf an, ob die … Kapital GmbH und die ... Holding GmbH über mindestens einen Beschäftigten verfügten. Ausschlaggebend sei, dass die … Kapital GmbH bis zum 18. März 2021 über 50% der Gesellschaftsanteile der Klägerin gehalten und die ... Holding GmbH wiederum die Mehrheit der Gesellschaftsanteile der … Kapital GmbH gehalten habe.
14
Unabhängig davon habe die Klägerin erst im gerichtlichen Verfahren und damit nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorgetragen, dass die … Kapital GmbH und die ... Holding GmbH weder Beschäftigte gehabt hätten noch am Markt tätig gewesen seien. Etwas anderes ergebe sich auch nicht infolge der Insolvenz der ... Holding GmbH seit dem 1. Juli 2016. Weiterhin führten die Anordnung vorläufiger Maßnahmen am 11. Januar 2021 in Bezug auf die Klägerin durch das Insolvenzgericht und die Anordnung vorläufiger Eigenverwaltung am 12. Januar 2021 nicht zu einer anderen Beurteilung im Hinblick auf die von der Beklagten bezüglich der Förderwürdigkeit vorgenommene Differenzierung der Zeiträume. Der Vortrag des fehlenden Beherrschungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der … Kapital GmbH infolge der Anordnung vorläufiger Maßnahmen bzw. der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens sei erst im Klageverfahren und damit verspätet erfolgt. Das Vorbringen, die Klägerin habe sich seit dem 12. Januar 2021 in einem (vorläufigen) Insolvenzverfahren befunden, das durch Beschluss des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 31. August 2021 aufgehoben worden sei, ohne Hinweis auf sich daraus ergebende Folgen und darüber hinaus lediglich in einem als Anlage zum Online-Antrag eingereichten Schreiben der … Wirtschaftsprüfungsgesellschaft an die Klägerin vom 1. Oktober 2021, sei insoweit nicht als ausreichender erstmaliger Vortrag, zu dem im Klageverfahren lediglich vertiefend ausgeführt worden sei, anzusehen. Im Übrigen komme es für die Unternehmensverbundbetrachtung nach der Verwaltungspraxis der Beklagten infolge der Mehrheitsbeteiligung eines Unternehmens nicht auf die tatsächliche Ausübung eines beherrschenden Einflusses über das antragstellende Unternehmen an, so dass die Anordnung der vorläufigen Maßnahmen und des vorläufigen Insolvenzverfahrens der Klägerin insofern unbeachtlich sein dürften. Darauf komme es jedoch infolge des verspäteten Vorbringens hier nicht entscheidungserheblich an.
15
1.1.1 Bezogen auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel bringt die Klägerin diesbezüglich zunächst vor, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Vortrag der Klägerin zur Unternehmenseigenschaft der … Kapital GmbH und zum Beherrschungsverhältnis verspätet und daher nicht zu berücksichtigen sei. Die Klägerin habe dem Antrag vom 21. Oktober 2021 ein Schreiben der … beigefügt, aus dem sich klar ergeben habe, dass es sich bei der … Kapital GmbH um eine reine Finanzholding handle. Auch habe die Klägerin bereits im behördlichen Zuwendungsverfahren wiederholt vorgetragen, dass durch Beschluss vom 12. Januar 2021 das vorläufige Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet worden sei. Der sich daraus ergebende Entfall des Einflusses der … Kapital GmbH auf die Klägerin ergebe sich aus § 276a InsO. Der Beklagten seien somit alle Tatsachen bekannt gewesen, die zum Entfall des Beherrschungsverhältnisses führten.
16
Dieses Vorbringen begründet jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Es trifft zwar zu, dass das Verwaltungsgericht das Vorbringen der Klägerin zur Unternehmenseigenschaft (keine Beschäftigten, keine Tätigkeit am Markt) der … Kapital GmbH als verspätet angesehen hat. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts kommt es aber für die Annahme eines Unternehmensverbunds nicht darauf an, ob die jeweiligen Einzelunternehmen, die den Unternehmensverbund bilden, eigene Beschäftigte haben und eine unternehmerische Tätigkeit ausüben. Ausschlaggebend ist nach der Richtlinie Überbrückungshilfe III und der Verwaltungspraxis der Beklagten alleine, ob ein Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Anteilseigner oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens hält. Das Verwaltungsgericht hat daher die Verspätung des Vorbringens der Klägerin zum Unternehmensbegriff nur als weiteren („unabhängig davon“), selbständig tragenden Grund dafür angeführt, dass es für die Annahme eines Unternehmensverbunds nicht auf den beihilferechtlichen Unternehmensbegriff ankommt. Für die Begründung diesbezüglicher ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils reicht es nicht aus, nur die Feststellung des Verwaltungsgerichts bezüglich eines tragenden Grundes in Zweifel zu ziehen.
17
1.1.2 Dies gilt in gleicher Weise für das Vorbringen der Klägerin zum Verlust der beherrschenden Stellung der … Kapital GmbH durch die Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Das Verwaltungsgericht hat auch insoweit darauf abgestellt, dass es für die Unternehmensverbundbetrachtung nach der Verwaltungspraxis der Beklagten infolge der Mehrheitsbeteiligung eines Unternehmens nicht auf die tatsächliche Ausübung eines beherrschenden Einflusses über das antragstellende Unternehmen ankomme, so dass eine etwaig fehlerhafte Zurückweisung des Vorbringens der Klägerin zum Verlust der beherrschenden Stellung der … Kapital GmbH durch die Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht berührt.
18
1.2 Aber auch die Ausführungen der Klägerin, wonach ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht vertretenen Rechtsauffassung bestünden, dass es für das Vorliegen eines verbundenen Unternehmens nicht auf den europarechtlichen, d.h. beihilferechtlichen Unternehmensbegriff, ankomme, führen nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
19
Die Klägerin bringt diesbezüglich vor (S. 41-50 des Schriftsatzes vom 25.1.2023), der Begriff des Unternehmensverbunds sei fester Bestandteil des europäischen Beihilferechts, das diesen in Anhang I Art. 3 Abs. 3 VO (EU) Nr. 651/2014 näher definiere. Grundvoraussetzung dieser Definition sei das Vorliegen mehrerer Unternehmen, die in bestimmter Weise miteinander verknüpft sein müssten. Nur eine Förderpraxis, die diese sich aus dem Unionsrecht ergebenden Zusammenhänge berücksichtige, sei geeignet, die Einhaltung der unionsrechtlichen Anforderungen (insbesondere des Beihilferechts) sicherzustellen.
20
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils begründet die Klägerin mit ihrem Vorbringen auch insoweit nicht. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Verwaltungspraxis der Beklagten, bei der Unternehmensverbundbetrachtung nicht für jedes einzelne, dem Verbund zugeordnete Unternehmen auf den beihilferechtlichen Unternehmensbegriff abzustellen, nicht in Widerspruch zu Unionsrecht steht. Eine Definition des „verbundenen Unternehmens“ findet sich in der Richtlinie Überbrückungshilfe III unter Ziffer 2.4 bei der Antragsberechtigung. Ziffer 5.2 der FAQ verweist unter „Sonderfälle – wie wird bei verbundenen Unternehmen vorgegangen“ auf die Definition in Anhang I Art. 3 Satz 3 VO (EU) Nr. 651/2014 und den Benutzerleitfaden zur Definition von KMU. Bezug genommen wird danach nur auf die Definition für ein „verbundenes Unternehmen“ aus der VO (EU) Nr. 651/2014, die in der Richtlinie Überbrückungshilfe III modifiziert wird (Wortlaut: „richtet sich nach der EU-Definition“). Diese Bezugnahme auf die Definition für ein „verbundenes Unternehmen“ führt aber nicht dazu, dass auch bezüglich des Unternehmensbegriffs für ein einzelnes Unternehmen aus dem Verbund die beihilferechtlichen Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden wären. Dass die Richtlinie Überbrückungshilfe III und die darauf beruhende Förderpraxis der Beklagten in Bezug auf den Begriff des „verbundenen Unternehmens“ für das Einzelunternehmen nicht auf den unionsrechtlichen Unternehmensbegriff abstellen muss, ergibt sich zum einen daraus, dass mit der Überbrückungshilfe III nicht nur KMU – auf die sich Anhang I der VO (EU) Nr. 651/2014 bezieht – bezuschusst werden sollen, sondern auch größere Unternehmen wie die Klägerin (siehe Nr. 2.1 Buchst. c und Nr. 2.7 der Richtlinie Überbrückungshilfe III), die mehr als 50 Mio. € Jahresumsatz (vgl. Anhang I Art. 2 Abs. 1 VO (EU) Nr. 651/2014) erzielen. Der Zweck der Förderung im Rahmen der Überbrückungshilfe III ist damit (teilweise) ein anderer als in der VO (EU) Nr. 651/2014. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Urteil des OVG Berlin-Brandenburg (v. 14.4.2014 – OVG 6 B 3.13). Soweit dort festgestellt wird, dass die Vorschriften des europäischen Beihilfenrechts unabhängig davon gelten, ob sie zum Gegenstand nationalrechtlicher Vorschriften gemacht werden, betrifft dies nur ihren jeweiligen Anwendungsbereich. Die Definition in Anhang I VO (EU) Nr. 651/2014 gilt jedoch nur für kleine und mittlere Unternehmen, während die Überbrückungshilfe III in begrenztem Umfang auch große Unternehmen wie die Klägerin umfasst. Zudem wird die Überbrückungshilfe III als De-Minimis-Beihilfe nach der VO (EU) Nr. 1407/2013 i.V.m. VO (EU) 2020/972 vom 2. Juli 2020 gewährt. Diese Verordnung definiert in Art. 2 Abs. 2 den Begriff eines „einzigen Unternehmens“, ohne auf einen (unionsrechtlichen) Unternehmensbegriff wie in Anhang I Art. 1 Satz 1 VO (EU) Nr. 651/2014 Bezug zu nehmen. Letztlich definiert das unionsrechtliche Beihilferecht im Rahmen der VO (EU) Nr. 651/2014 das „verbundene Unternehmen“ und das „Unternehmen“ unabhängig voneinander, d.h. liegt ein „verbundenes Unternehmen“ im Sinne von Anhang I Art. 3 Abs. 3 VO (EU) Nr. 651/2014 vor, ist nicht mehr zu prüfen, ob die Unternehmen des Verbunds für sich betrachtet jeweils Unternehmen im Sinne der beihilferechtlichen Definition des (eigenständigen) Einzelunternehmens sind. Denn Anhang I Art. 3 Abs. 3 VO (EU) Nr. 651/2014 ist in Bezug auf seine Zweckorientierung im Einzelfall auszulegen, so dass eine Einstufung der betroffenen Unternehmen als verbundene Unternehmen selbst dann nicht ausscheidet, wenn die formalen Voraussetzungen von Anhang I Art. 3 Abs. 3 VO (EU) Nr. 651/2014 nicht erfüllt sind (EuGH, U.v. 27.2.2014 – C-110/13 – juris Rn. 29). Daher ergeben sich daraus auch keine zwingenden Vorgaben für die Auslegung des Begriffs des „verbundenen Unternehmens“. Nach dem 30. Erwägungsgrund der VO (EU) Nr. 651/2014 dient der Begriff des KMU dazu, die wirtschaftliche Realität der KMU besser zu erfassen und aus dieser Kategorie Unternehmensgruppen auszuklammern, die über eine stärkere Wirtschaftskraft als ein KMU verfügen, damit der Nutzen der verschiedenen Regelungen oder Maßnahmen zur Förderung der KMU nur Unternehmen zugutekommt, bei denen entsprechender Bedarf besteht (EuGH, U.v. 24.9.2020 – C-516/19 – juris Rn. 34). Es kommt also darauf an, ob über den Unternehmensverbund eine stärkere Wirtschaftskraft generiert wird und nicht darauf, ob das einzelne, zum Verbund gehörende Unternehmen selbst wirtschaftlich tätig im Sinne des Anhangs I Art. 1 VO (EU) Nr. 651/2014 ist. Folglich ist die Verwaltungspraxis der Beklagten, den Begriff des „verbundenen Unternehmens“ unabhängig vom unionsrechtlichen Unternehmensbegriff für das Einzelunternehmen, der eine wirtschaftliche Tätigkeit voraussetzt und daher eine reine Finanzholding nicht umfassen würde, zu umschreiben und die Förderung danach auszurichten, unionsrechtlich gerechtfertigt. Denn es geht hier darum, den Kreis der Zuwendungsempfänger im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte und mit Blick auf die auf die zur Verteilung zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel zu begrenzen. Nur so kann der Förderzweck der Überbrückungshilfe III, nämlich Unternehmen und Unternehmensverbünde nur bis zu einem bestimmten Höchstbetrag zu fördern (Ziffer 3.4 und Ziffer 2.4 Satz 3 der Richtlinie Überbrückungshilfe III), erreicht werden. Die Beklagte hat zu Recht ausgeführt, dass andernfalls ein nach den Kriterien der Ziffer 2.4 Satz 1 der Richtlinie Überbrückungshilfe III bestehender Unternehmensverbund durch die Zwischenschaltung eines Unternehmens, das nicht den beihilferechtlichen Unternehmensbegriff erfüllt, aufgespalten werden und damit eine höhere Förderung als durch die Richtlinie beabsichtigt erreicht werden könnte.
21
1.3 Entgegen der Auffassung der Klägerin steht auch das „Verständnis des Verwaltungsgerichts“ (S. 48 des Schriftsatzes vom 25.1.2023) nicht in Widerspruch zur Finanzverfassung des Grundgesetzes (Art. 104a Abs. 3 i.V.m. Art. 85 Abs. 3 GG). Der Anwendungsbereich des Art. 104a Abs. 3 GG ist bereits nicht eröffnet, weil die Überbrückungshilfe III nach Maßgabe des Art. 53 BayHO sowie der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften gewährt wird. Ein Bundesgesetz, das Geldleistungen gewährt, liegt folglich nicht vor, vielmehr handelt es sich um eine Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. BayVGH, B.v. 2.2.2022 – 6 C 21.2701 – juris Rn. 5). Zudem stellen die „Vollzugshinweise für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe für kleinere und mittlere Unternehmen vom 16. Februar 2023“ des Bundes Mustertexte dar, die an die jeweilige Verwaltungsvereinbarung mit dem Bundesland angehängt werden (https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/DE/Infothek/Vollzugshinweise/vollzugshinweise.html). Den Ländern wird die Befugnis eingeräumt, gleichlautende Richtlinien, Ausführungs- und Verwaltungsvorschriften zu veröffentlichen. Im Fall von Abweichungen zwischen den FAQs und den Vollzugshinweisen sind die Informationen in den FAQs maßgebend. Eine Weisung nach Art. 85 Abs. 3 GG – der im Übrigen nur bei einer Bundesauftragsverwaltung anwendbar wäre – ist somit schon begrifflich nicht gegeben. Im Übrigen unterscheidet der Mustertext bei den Definitionen (G. Ziffer 2., S. 105 f.) ebenfalls – wie auch die Richtlinie Überbrückungshilfe III – zwischen „Unternehmen“ (2.(2)) und „verbundenen Unternehmen“ (2.(5)). Für die von der Klägerin vertretene Auffassung, wonach der beihilferechtliche Unternehmensbegriff aus G.2.(2) auch im Rahmen der Definition für „verbundene Unternehmen“ Anwendung finden muss, gibt der Mustertext nichts her. Vielmehr bezieht sich die Definition für das „Unternehmen“ in G.2.(2) ausschließlich auf die Antragsberechtigung nach G.3.(1). Für die Antragsberechtigung von „verbundenen Unternehmen“ enthält G.3(4) eine Sonderregelung. Außerdem kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte bzw. das Verwaltungsgericht die Richtlinie bzw. die Vollzugshinweise richtig verstanden haben, sondern darauf, ob die von der Beklagten entwickelte Förderpraxis dem Zweck der Förderrichtlinie und dem Willkürverbot gerecht wird.
22
1.4 Soweit die Klägerin geltend macht (S. 70 f. des Schriftsatzes vom 25.1.2023), die Auffassung des Verwaltungsgerichts, eine Publikationspflicht der Abweichung von der aus der Richtlinie folgenden antizipierten Verwaltungspraxis bestehe deshalb nicht, weil es sich nicht um die Änderung einer bestehenden, sondern um die Begründung einer neuen Verwaltungspraxis gehandelt habe, sei mit zentralen rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, begründet sie keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
23
Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht ausgeführt (UA S. 41 ff), dass nach der mit dem Bundeswirtschaftsministerium und dem zuständigen Bayerischen Staatsministerium abgestimmten Förderpraxis der Beklagten für die Bestimmung des Zeitpunkts der Förderberechtigung darauf abzustellen sei, ab wann ein Unternehmen nicht mehr in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei, und der Unternehmensverbund im Umfang des Stichtags 31. Oktober 2020 zugrunde zu legen sei. Abzustellen sei deshalb darauf, wann der relevante Unternehmensverbund nicht mehr in Schwierigkeiten im Sinne von Art. 2 Nr. 18 AGVO sei. Dies sei hier mit dem Wegfall der Mehrheitsbeteiligung der … Kapital GmbH der Fall. Diese Verwaltungspraxis sei beim erstmaligen Auftreten des Problems im Rahmen der Abstimmung mit den genannten Ministerien begründet worden. Es sei daher keine bestehende Verwaltungspraxis geändert worden. Die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach bei der Änderung der Verwaltungspraxis die Änderungen auch in den Verwaltungsrichtlinien bekannt zu geben seien, sei daher nicht einschlägig.
24
Die Klägerin beruft sich demgegenüber auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Januar 2022 (3 ZB 21.2172) und führt hierzu aus, für einen Verstoß gegen die Prinzipien der Rechtssicherheit und -klarheit sowie gegen das Rechtsschutzgebot gemäß Art. 19 Abs. 4 GG sei ausreichend, dass der Subventionsempfänger seinen Antrag im Vertrauen auf eine bestimmte antizipierte Verwaltungspraxis gestellt habe und sich diese Verwaltungspraxis nachträglich als bloßer Rechtsschein erweise.
25
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich daraus nicht, weil – worauf auch das Verwaltungsgericht hingewiesen hat – die von der Klägerin angeführte Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs einen von der Gewährung von Zuwendungen abweichenden Fall der Dienstpostenbesetzung betrifft, bei der die das Ermessen bindenden Richtlinien transparent und den Bewerbern bekannt sein müssen, damit sie sich bei ihrer Bewerbung darauf einstellen können. Zudem lässt sich die von der Klägerin behauptete antizipierte Verwaltungspraxis, dass ein Unternehmen, das sich im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, Zuwendungen für den gesamten Förderzeitraum erhält, auch wenn es sich im Förderzeitraum noch in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hat, der Richtlinie Überbrückungshilfe III nicht entnehmen, so dass ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin nicht entstehen konnte. Die Richtlinie und die FAQ treffen für Unternehmen in Schwierigkeiten unter Ziffer 2.8 bzw. Ziffer 1.1 Abs. 6 nur eine Regelung zur Antragsberechtigung. Danach war die Klägerin antragsberechtigt, weil sie die im Unternehmensverbund im beantragten Förderzeitraum bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Zeitpunkt der Antragstellung überwunden hatte. Zur Frage, ob der Unternehmensverbund dann auch für den gesamten beantragten Förderzeitraum einen Anspruch auf Förderung hat, verhalten sich die Richtlinie und die FAQ nicht. Die von der Klägerin behauptete antizipierte Verwaltungspraxis lässt sich der genannten Richtlinienbestimmung bzw. den FAQ damit gerade nicht entnehmen. Auch eines Vorbehalts in der Richtlinie, wonach eine Förderung für die Zeiträume ausgeschlossen ist, in denen sich der Unternehmensverbund in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, bedurfte es mangels „Regelung“ zur Förderwürdigkeit des Unternehmens nicht, so dass sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz auf eine in der Richtlinie Überbrückungshilfe III antizipierte Verwaltungspraxis berufen kann.
26
1.5 Auch das Vorbringen der Klägerin (S. 72-76 des Schriftsatzes vom 25.1.2023), das Verständnis des Verwaltungsgerichts bezüglich der Anforderungen an die Erklärung des prüfenden Dritten weiche in unzulässiger Weise von der durch die Richtlinie Überbrückungshilfe III antizipierten Verwaltungspraxis ab, führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
27
1.5.1 Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt (UA S. 52), die Beklagte habe plausibel dargelegt, dass die nach ihrer Verwaltungspraxis erforderliche, vom prüfenden Dritten zu bestätigende Erklärung, dass sich der relevante Unternehmensverbund der Klägerin zum 31. Dezember 2019 beziehungsweise seit dem 31. Dezember 2019 nicht ununterbrochen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hat, nicht vorgelegt worden sei. Entgegen der Ansicht der Klägerin seien die bislang vorgelegten Bestätigungen bzw. abgegebenen Erklärungen nicht ausreichend. Denn die maßgebliche Verwaltungspraxis der Beklagten verlange entsprechend der Regelung in Ziffer 7.1 Satz 3 der Richtlinie Überbrückungshilfe III bestimmte Angaben zur Identität des Antragstellers, die vom prüfenden Dritten anhand geeigneter Unterlagen zu prüfen seien. Zu diesen Angaben gehöre auch die Erklärung über etwaige mit dem Antragsteller verbundene Unternehmen (Ziffer 7.1 Satz 3 Buchst. g der Richtlinie Überbrückungshilfe III). Auch nach dem Corona-Beihilfen-Leitfaden zu Verbundunternehmen habe der prüfende Dritte zu prüfen und bestätigen, dass keine verbundenen Unternehmen vorlägen. Das Verwaltungsgericht hat auf S. 59 ff. des Urteils diesbezüglich weiter ausgeführt, dass die Beklagte ihre Ermessenserwägungen zur Ablehnung einer Förderung für den Zeitraum November 2020 bis 17. März 2021 in zulässiger Weise ergänzt und darauf abgestellt habe, dass die prüfende Dritte mit Schreiben vom 1. Oktober 2021 eine Erklärung abgegeben habe, wonach der von ihr verwendete Begriff der Prüfung nicht die Vornahme einer eigenen Prüfung bedeute, sondern lediglich das Nachvollziehen einer ihr von der Klägerin vorgelegten Unterlage gerade ohne eigene Prüfung durch sie als prüfende Dritte beschreibe. Damit habe die prüfende Dritte eingestanden, dass die von der Förderrichtlinie vorgeschriebene inhaltliche Prüfung durch sie nicht erfolgt sei, so dass die Gewährung einer Billigkeitsleistung ausscheide.
28
Demgegenüber wendet die Klägerin ein, dieses Verständnis widerspreche Ziffer 9.1 Satz 1 der Richtlinie Überbrückungshilfe III und der FAQ. Dieser Teil der Richtlinie zeige, wie der Richtliniengeber die Prüflasten zwischen Zuwendungsgeber und prüfendem Dritten verteilen habe wollen. So obliege dem Zuwendungsgeber unmissverständlich die Verantwortung für die Prüfung des Antrags. Die Bewilligungsstelle müsse selbst sicherstellen, dass sie Hilfen nur an die von der Richtlinie begünstigten Unternehmen ausgebe. Dabei nehme der prüfende Dritte nur eine helfende Rolle ein. Die Verwaltung dürfe zwar auf den prüfenden Dritten und seine Prüfung vertrauen. Aus dem zweiten Satz folge aber, in welchem Zeitpunkt die Verantwortungsverteilung wieder in den Ursprungszustand – primäre Verantwortung der Bewilligungsstelle – zurückkehre. Dies sei nämlich dann der Fall, wenn die Bewilligungsstelle Anhaltspunkte für die Unvollständigkeit oder die Fehlerhaftigkeit der Angaben vorfinde. Denn dann werde die Kompetenz des prüfenden Dritten überschritten. Er könne nur dafür Sorge tragen, dass die Unterlagen, die für die Antragstellung notwendig seien, vollständig und plausibel seien und zumindest prima facie keine evidenten Fehler aufwiesen. Jede vertiefte Prüfung des Antrags müsse weiterhin durch die Bewilligungsstelle vorgenommen werden. In diesem Sinne formuliere auch die Ziffer 3.3 der FAQ, dass die prüfenden Dritten vor Antragstellung die „Plausibilität“ der Angaben zu prüfen haben. Dabei beziehe sich die Plausibilisierungspflicht ausdrücklich nur auf die „Angaben“. Daraus folge, dass der Prüfungsumfang des prüfenden Dritten durch die vom Antragsteller zur Verfügung gestellten Unterlagen begrenzt sei. Innerhalb dieses Rahmens habe der prüfende Dritte dann zu „plausibilisieren“. Auch insoweit treffe den prüfenden Dritten also keine Pflicht zur vertieften Prüfung über die Plausibilisierung der Angaben des Antragsstellers hinaus. Es genüge vielmehr, wenn aus den zur Verfügung gestellten Unterlagen schlüssig hervorgehe, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorlägen. Allein diese Prüfung obliege dem prüfenden Dritten. In diesen Zusammenhang sei auch Ziffer 7.1 Satz 3 der Richtlinie Überbrückungshilfe III zu stellen. Der Richtliniengeber bringe zum Ausdruck, dass sich die Prüfung des prüfenden Dritten allein anhand geeigneter Unterlagen vollziehen könne – eine weitergehende Ermittlungs- oder Prüfpflicht, wie sie im Zweifel eine Behörde oder einen Wirtschaftsprüfer im Rahmen einer Jahresabschlussprüfung treffen könne, gelte für den prüfenden Dritten demnach nicht. Da die entsprechenden Unterlagen zudem nur vom Antragsteller stammen könnten, könne der Prüfungsumfang nicht über das hinausgehen, was dem prüfenden Dritten von diesem zur Verfügung gestellt werde. Eine weitergehende Prüfungspflicht könne vom prüfenden Dritten auch nicht erfüllt werden, da dem prüfenden Dritten hierzu die notwendigen Mittel und Instrumente fehlten.
29
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils begründet die Klägerin damit nicht. Die Ausführungen der Klägerin zum Umfang bzw. zur Tiefe der sich aus der Förderrichtlinie ergebenden Prüfpflicht der prüfenden Dritten ziehen die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht ernsthaft in Zweifel. Soweit die Klägerin auf Ziffer 3.5 der FAQ und die Plausibilitätsprüfung verweist, geht dieses Vorbringen an der Sache vorbei, weil sich diese Ziffer auf die in der Richtlinie Überbrückungshilfe III so bezeichnete Plausibilitätsprüfung nach Ziffer 7.1 Satz 1 i.V.m. Satz 12 der Richtlinie bezieht. Einschlägig ist vorliegend aber Ziffer 7.1 Satz 11, der vorsieht, dass sich der Antragsteller die Richtigkeit der Angaben nach Ziffer 7.1 Satz 3 durch den prüfenden Dritten bestätigen lassen muss. Die Förderrichtlinie unterscheidet somit zwischen der Bestätigung der Richtigkeit der Angaben und der Plausibilität der Angaben. Die Verwaltungspraxis der Beklagten weicht daher nicht von den Vorgaben der Förderrichtlinie ab, wenn sie fordert, dass eine Überprüfung der Angaben nach Ziffer 7.1 Satz 3 auf ihre Richtigkeit durch den prüfenden Dritte erfolgen muss und sich dieser nicht auf die Richtigkeit der Angaben des Unternehmens verlassen darf, denn andernfalls könnte der prüfende Dritte die Richtigkeit der Angaben nicht bestätigen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Ziffer 9.1 der Richtlinie Überbrückungshilfe III. Die Prüfpflicht der Bewilligungsstelle umfasst lediglich die Prüfung, ob die Bestätigung des prüfenden Dritten nach Ziffer 7.1 vorliegt und der Antragsteller alle erforderlichen Erklärungen abgegeben hat, und nicht, ob die Angaben und Erklärungen richtig sind, da die Bewilligungsstelle nach Ziffer 9.1 Satz 2 der Richtlinie außer in Verdachtsfällen auf die vom prüfenden Dritten gemachten Angaben vertrauen darf. Im Übrigen sind Förderrichtlinien dazu bestimmt, für die Verteilung der Fördermittel Maßstäbe zu setzen und die Ausübung des Ermessens durch die Bewilligungsbehörde zu steuern. Wenn sich die Behörde an Förderrichtlinien hält, ist sie durch das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies weiter zu tun. Weicht sie hingegen von den Förderrichtlinien ab, beurteilt sich nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis, ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist (OVG NW, B.v. 9.2.2023 – 4 A 3042/19 – juris Rn. 13 m.w.N.). Es kommt also darauf an, ob die von der Beklagten geforderte Erklärung und Vornahme einer eigenen Prüfung der Angaben der Klägerin durch die prüfende Dritte der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten entsprechen.
30
Eine über Verdachtsfälle hinausgehende Richtigkeitsprüfung durch die Beklagte widerspräche auch dem hinter der Einführung der Verpflichtung zur Überprüfung der Antragsvoraussetzungen durch einen prüfenden Dritten stehenden Gedanken, die Bewilligungsstelle von einer tiefgehenden Richtigkeitsprüfung zu entlasten, um eine zügige Vergabe der Fördermittel zu gewährleisten und die Haushaltsmittel dennoch vor einer unberechtigten Inanspruchnahme zu schützen. Mit den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Auch mit dem weiteren Begründungsstrang des Verwaltungsgerichts (UA S. 59 ff.), die Verwaltungspraxis der Beklagten, die Förderung wegen der fehlenden inhaltlichen Prüfung der Erklärung nach Ziffer 7.1 Satz 3 Buchst. g der Förderrichtlinie abzulehnen, sei ermessensfehler- und willkürfrei, setzt sich die Klägerin in ihrer Zulassungsbegründung nicht auseinander und begründet folglich auch insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
31
1.6 Die Verwaltungspraxis der Beklagten, die Gewährung der Subvention von einer Erklärung nach Ziffer 7.1 Satz 3 Buchst. g i.V.m. Satz 11 der Richtlinie Überbrückungshilfe III abhängig zu machen, ist entgegen der Auffassung der Klägerin (S. 76-78 des Schriftsatzes vom 25.1.2023) auch nicht unverhältnismäßig, so dass sich auch insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben.
32
1.6.1 Insbesondere lässt sich die Unverhältnismäßigkeit der Verwaltungspraxis der Beklagten nicht damit begründen, sie habe nicht dargelegt, dass sie alle Förderanträge abgelehnt habe, mit denen eine Erklärung der prüfenden Dritten, die der Empfehlung des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) entsprochen habe, vorgelegt worden sei.
33
Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt (UA S. 83), dass die Verwaltungspraxis der Beklagten, vom prüfenden Dritten eine Überprüfung der Angaben der Klägerin auf ihre Richtigkeit zu verlangen, keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Folglich ist das Verwaltungsgericht aufgrund der Angaben der Beklagten davon ausgegangen, dass eine derartige Verwaltungspraxis besteht und dass die IDW-Empfehlung mangels Bindungswirkung und mangels Befugnis des Gerichts, die Richtlinie Überbrückungshilfe III anhand der IDW-Empfehlung auszulegen, eine gegenläufige Verwaltungspraxis nicht begründen kann. Hat das Verwaltungsgericht folglich festgestellt, dass die von der Beklagten vorgetragene Verwaltungspraxis besteht, muss die Klägerin zur Begründung von Richtigkeitszweifeln im Zulassungsverfahren darlegen, dass die Verwaltungspraxis nicht besteht. Dies hat sie nicht getan. Ein einfaches Bestreiten oder ein Bestreiten mit Nichtwissen der von der Beklagten dargelegten Verwaltungspraxis genügt als solches nicht (BVerwG, B.v. 2.11.2007 – 3 B 58.07 – juris Rn. 6). Die Klägerin hat keine nachvollziehbaren Gründe angeführt, aus denen sich ergibt, dass die Beklagte anderen Unternehmen in vergleichbarer Situation die beantragte Billigkeitsleistung gewährt hätte. Im Übrigen hat die Beklagte im Zulassungsverfahren vorgetragen (S. 6 des Schriftsatzes vom 6. 3.2023), dass sie in Förderverfahren, in denen von prüfenden Dritten der IDW-Empfehlung entsprechende Bestätigungen vorgelegt worden seien, die Ablehnung der Zuwendung in gleicher Weise wie im vorliegenden Verfahren begründe bzw. prüfe, ob Bewilligungen, die entgegen der Verwaltungspraxis erfolgt seien, zurückgenommen werden könnten.
34
1.6.2 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist auch die Verwaltungspraxis der Beklagten, die Gewährung der Zuwendung davon abhängig zu machen, „wie ein prüfender Dritter die Erklärung über das Vorliegen eines Unternehmensverbunds gestaltet hat“, nicht unverhältnismäßig. Bei der Regelung in Ziffer 7.1 Satz 11 der Richtlinie Überbrückungshilfe III handelt es sich nicht nur um eine bloße „prozedurale“ Regelung. Wie die Beklagte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren diesbezüglich erläutert hat, geht die Verpflichtung zur Überprüfung der Antragsvoraussetzungen durch einen prüfenden Dritten auf die negativen Erfahrungen bei der Soforthilfe für die Monate März bis Mai 2020 zurück. Die Förderstellen müssen auf die Angaben der Antragsteller vertrauen dürfen, damit eine möglichst schnelle Bearbeitung der Förderanträge gewährleistet wird und die Haushaltsmittel vor unberechtigter Inanspruchnahme geschützt werden. Die inhaltliche Prüfung der Antragsunterlagen und nicht nur deren Prüfung auf Vollständigkeit bzw. Plausibilität der Unterlagen ist damit Voraussetzung die Effektivität der Förderung und steht nicht außer Verhältnis zum damit verbundenen Mehraufwand für den prüfenden Dritten.
35
1.7 Die Verneinung des Vorliegens eines förderrechtlichen Ausnahmefalls führt ebenfalls nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils.
36
Das Verwaltungsgericht führt hierzu aus (UA S. 64 f.), dass der konkrete Sachverhalt keine außergewöhnlichen Umstände aufweise, die von der Richtlinie und der darauf basierenden Förderpraxis nicht erfasst würden und von solchem Gewicht seien, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten würden. Denn die von der Beklagten nach ihrer Verwaltungspraxis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses erfolgte Ablehnung der Förderfähigkeit des streitgegenständlichen Zeitraums und der geltend gemachten Rechtsberaterkosten sei keine atypische Besonderheit, die eine abweichende Behandlung gebiete, sondern gängige Praxis in einer typischen Fallkonstellation. Auch das Vorbringen im Klageverfahren habe nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen können, dass sich die Klägerin zum einen im maßgeblichen Zeitraum nicht über mit ihr verbundene Unternehmen in Schwierigkeiten befunden habe und zum anderen die Inanspruchnahme von Rechtsberatung als Überbrückung zur Existenzsicherung notwendig gewesen sei sowie dass die erforderliche Prüfung der Angaben im Antrag durch die prüfende Dritte stattgefunden habe. So liege kein atypischer Ausnahmefall vor, sondern eine Fallgestaltung, die häufiger vorkomme und nach der Ausgestaltung der Förderpraxis und des praktizierten Förderverfahrens gerade nicht gefördert werden solle. Ein atypischer Ausnahmefall ergebe sich auch nicht daraus, dass die Klägerin nur aufgrund der Schließungsanordnungen in der Coronakrise in eine wirtschaftliche Schieflage gekommen sei, die noch während der Krise wieder überwunden werden konnte. Denn dies sei von der Beklagten bereits dadurch berücksichtigt worden, dass sie jedenfalls hinsichtlich der … AG und ihrer Tochtergesellschaften festgestellt habe, nach erfolgreichem Abschluss des Insolvenzverfahrens befänden sich diese derzeit nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
37
Die Klägerin bringt demgegenüber vor, dass es sich bei ihr um einen von der typischen Fallkonstellation abweichenden Ausnahmefall gehandelt habe, der einer abweichenden Behandlung bedurft hätte, weil ein atypischer Ausnahmefall nicht entsprechend der Verwaltungspraxis hätte behandelt werden dürfen. Die Atypik sei auch nicht deshalb zu verneinen, weil jedem Antragsverfahren eine Antragsablehnung immanent sei. Jedenfalls habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass die Klägerin ihre schwierige Lage, in die sie durch die coronabedingten Geschäftsschließungen geraten war, noch während der Coronakrise überwunden habe und noch vor der Beantragung der Überbrückungshilfe III der Fortbestand der Klägerin nachhaltig gesichert gewesen sei. Zudem sei noch vor dem 18. März 2021 wegen der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung die beherrschende Stellung der … Kapital GmbH entfallen.
38
Eine atypische Fallkonstellation legt die Klägerin damit nicht dar, so dass sich daraus auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben. Vorliegend ist kein atypischer Ausnahmefall gegeben, der eine abweichende Ermessensentscheidung der Beklagten hätte gebieten müssen. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften dürfen nur für den Regelfall gelten und müssen daher Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle lassen. Sie dürfen daher nicht so weit gehen, dass wesentlichen Besonderheiten des Einzelfalls nicht mehr Rechnung getragen werden kann. Ein derartiger atypischer Fall ist dann gegeben, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweist, deren Besonderheiten von der ermessenslenkenden Vorschrift nicht hinreichend erfasst und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten (BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris, Rn. 24 f.; Nds OVG, U.v. 15.11.2016 – 8 LB 58/16 – juris Rn. 61 ff. m. w. N.). Die Klägerin hat solche außergewöhnlichen Umstände nicht aufgezeigt. Die Folgen, die sich für ein Unternehmen, das sich in Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs. 18 VO (EU) Nr. 651/2014 befindet, bei der Gewährung von Überbrückungshilfe III ergeben, sind in der Richtlinie Überbrückungshilfe III bei der Antragsberechtigung berücksichtigt (Ziffer 2.1 Satz 1 Buchst. d). Danach ist Voraussetzung, dass sich das Unternehmen nicht schon am 31. Dezember 2019 in Schwierigkeiten befand oder zumindest vorübergehend kein Unternehmen in Schwierigkeiten war oder sich im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Hieraus wird deutlich, dass die Gewährung von Überbrückungshilfe III ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen voraussetzt. Die von der Klägerin vorgetragene Gesundung des Unternehmens mittels Übernahme durch einen Finanzinvestor ist folglich keine Besonderheit, die von der Richtlinie nicht erfasst bzw. in der Richtlinie nicht berücksichtigt wäre. Auch das behauptete Entfallen der beherrschenden Stellung der … Kapital GmbH durch die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung für die Klägerin am 12. Januar 2021 rechtfertigt nicht die Annahme eines Ausnahmefalls, der von der Richtlinie nicht erfasst ist und eine von der Förderpraxis abweichende Behandlung gebietet. Die Beklagte hat dargelegt, dass sie bei der Betrachtung des Unternehmensverbunds ausschließlich auf die in Ziffer 2.4 der Richtlinie Überbrückungshilfe III genannten Kriterien abstellt und es somit folglich bei einer Mehrheitsbeteiligung nicht mehr darauf ankommt, ob die Mehrheitsgesellschaft tatsächlich eine beherrschende Stellung hat. Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten ist der Wegfall der beherrschenden Stellung in einem Unternehmensverbund somit kein Sachverhalt, der bei der Vergabe der Überbrückungshilfe III zu berücksichtigen ist, so dass sich daraus auch kein Ausnahmefall ergibt, der eine vom Regelfall abweichende Behandlung gebietet. Alleine die Tatsache, dass die Klägerin die von der Beklagten bei der Betrachtung eines Unternehmensverbundes entwickelte Förderpraxis für rechtswidrig hält, begründet keinen Ausnahmefall.
39
1.8 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen auch nicht, soweit das Verwaltungsgericht die Verneinung der Förderfähigkeit der geltend gemachten Rechtsberatungskosten seitens der Beklagten für ermessensfehler- und willkürfrei erachtet hat.
40
Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich auf die Ziffer Nr. 3.1 Satz 1 Buchst. j und Satz 2 der Richtlinie Überbrückungshilfe III sowie die Förderpraxis der Beklagten verwiesen (UA S. 58 f.). Gefördert werden sollten nur Unternehmen, die erhebliche Umsatzausfälle erlitten hätten und die mit einseitig nicht veränderbaren betrieblichen Fixkosten konfrontiert seien (Ziffer 1 der Richtlinie Überbrückungshilfe III). Jedoch fehle es hier an der substantiierten Darlegung, inwiefern die Beratungsleistungen pandemiebedingt zur Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig gewesen sein sollten. Die Verwaltungspraxis der Beklagten stehe in Einklang mit der Richtlinie.
41
Die Klägerin bringt demgegenüber unter Bezugnahme auf Ziffer 2.4 FAQ vor (S. 87 ff. des Schriftsatzes vom 25.1.2023), dass die von ihr geltend gemachten Rechtsberatungskosten nicht einseitig veränderbare betriebliche Fixkosten seien und der speziellen Kategorie der betrieblichen fortlaufenden Kosten für externe Dienstleister unterfielen. Das vom Verwaltungsgericht eingeführte Kriterium der „pandemiebedingten“ Notwendigkeit der Beratungsleistungen zur Aufrechterhaltung des Betriebs gehe über das von der Förderrichtlinie und über das von der vorgeblichen Verwaltungspraxis der Beklagten Geforderte hinaus.
42
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils legt die Klägerin damit nicht dar. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei den geltend gemachten Rechtsberatungskosten nicht um „betriebliche fortlaufende Kosten für externe Dienstleister“ im Sinne von Ziffer 2.4 Nr. 10 FAQ. Darunter fallen gemäß Ziffer 2.4 Abs. 3 FAQ nur solche betrieblichen Fixkosten, die vor dem 1. Januar 2021 privatrechtlich beziehungsweise hoheitlich begründet worden sind. Die Bereitstellung eines Budgets für Rechtsberatungsdienstleistungen steht solchen durch Vertrag begründeten, betrieblichen fortlaufenden Fixkosten nicht gleich, da das Budget gerade der Abdeckung anlassbezogener Dienstleistungen dient. Das Verwaltungsgericht hat mit „pandemiebedingt“ auch kein über die Richtlinie Überbrückungshilfe III und die Verwaltungspraxis der Beklagten hinausgehendes Förderkriterium eingeführt. Denn die Gewährung von Überbrückungshilfe III setzt coronabedingte erhebliche Umsatzeinbußen voraus und dient als Beitrag zu den betrieblichen Fixkosten der Existenzsicherung des Betriebs. Damit wird deutlich, dass zwischen der betrieblichen Ausgabe und der Aufrechterhaltung des Betriebs ein Zusammenhang bestehen muss. Diesen Zusammenhang hat die Klägerin für die von ihr geltend gemachten Rechtsberatungskosten im Zulassungsverfahren nicht dargelegt.
43
1.9 Da sich aus keinem der von der Klägerin angeführten Gründe ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben, kommt es folglich nicht darauf an, ob die Begründung des Verwaltungsgerichts, die prüfende Dritte habe die nach der Richtlinie Überbrückungshilfe III erforderliche Prüfung der Antragsberechtigung unterlassen und dies in ihrer Erklärung vom 1. Oktober 2021 selbst festgehalten, so dass die Gewährung einer Billigkeitsleistung ausscheide (S. 59 ff.), neben den sonstigen Ausführungen zur Förderwürdigkeit des Zeitraums 1. November 2020 bis 18. März 2021 sowie zur Förderfähigkeit der Rechtsberatungskosten einen die Entscheidung selbstständig tragenden Grund darstellt.
44
2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Zur Darlegung der besonderen Schwierigkeit der Rechtssache sind die entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts konkret zu benennen, die diese Schwierigkeiten aufwerfen, und es ist anzugeben, dass und aus welchen Gründen die Beantwortung dieser Fragen besondere Schwierigkeiten bereitet. Es ist eine Begründung dafür anzugeben, weshalb die Rechtssache an den entscheidenden Richter (wesentlich) höhere Anforderungen stellt als im Normalfall (Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2022, § 124a Rn. 75 m.w.N.).
45
Die Klägerin bringt diesbezüglich vor, die besondere rechtliche Schwierigkeit ergebe sich daraus, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von den Entscheidungen des OVG Schleswig vom 17. Mai 2018 (3 LB 5/15), des OVG Bln-Bbg vom 14. Mai 2014 (6 B 3.13) und des EuGH vom 27. Januar 2022 (C-347/20) abweiche. Zur Begründung der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten verweist die Klägerin darauf, dass rechtliche Schwierigkeiten regelmäßig bei Divergenzen in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und der Oberverwaltungsgerichte bestünden. Ergänzend wird auf die hilfsweisen Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, ob der Zuwendungsgeber bei Subventionen, die nur aufgrund eines besonderen unions- bzw. beihilferechtlichen Regimes gewährt werden dürfen, berechtigt ist, hinsichtlich wesentlicher Anspruchsvoraussetzungen (hier des Unternehmensbegriffs) ein autonomes Begriffsverständnis zugrunde zu legen, Bezug genommen (S. 56 des Schriftsatzes vom 25.1.2023).
46
Damit ist eine besondere rechtliche Schwierigkeit nicht dargelegt. Die genannten Entscheidungen betreffen einen anderen Sachverhalt, so dass das Urteil des Verwaltungsgerichts auch nicht von diesen Entscheidungen abweichen kann. Vorliegend geht es darum, ob die Beklagte bei der Unternehmensverbundbetrachtung den beihilferechtlichen Unternehmensbegriff für das einzelne Unternehmen zugrunde legen muss, obwohl die Richtlinie Überbrückungshilfe III den Begriff des „verbundenen Unternehmens“ eigenständig definiert und dabei die unionsrechtliche Definition in Teilen wiedergibt, aber auch darüber hinaus geht. Die genannten Entscheidungen beruhen darauf, dass in den betreffenden Förderrichtlinien die jeweiligen Definitionen aus dem EU-Beihilferecht ausdrücklich für anwendbar erklärt wurden oder unmittelbar anwendbar waren. Zudem ist der Verweis auf die rechtlichen Schwierigkeiten bei Divergenzen in der Rechtsprechung dahingehend zu verstehen, dass die betreffende Frage in der Rechtsprechung umstritten sein muss (Roth in Posser/Wolff BeckOK VwGO, Stand 1.7.2022, § 124 Rn. 46). Solche Divergenzen in der Rechtsprechung liegen hier aber nicht vor, weil die von der Klägerin genannten Entscheidungen übereinstimmend davon ausgehen, dass dann, wenn der beihilferechtliche Unternehmensbegriff in den Förderrichtlinien ausdrücklich für anwendbar erklärt wurde oder unmittelbar anwendbar ist, auf die unionsrechtliche Definition abzustellen ist. Nichts anderes folgt aus der angeführten Entscheidung des EuGH. Die besondere rechtliche Schwierigkeit ergibt sich aber auch nicht aus der in Bezug genommenen Rechtsfrage. Diese Rechtsfrage stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht, weil die Definition des KMU in Anhang I Art. 1 Satz 1 VO (EU) Nr. 651/2014 vorliegend nicht zur Anwendung kommt (siehe 1.2).
47
3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert die Formulierung einer Rechtsfrage, die klärungsbedürftig und klärungsfähig (d.h. die Rechtsfrage muss für die Entscheidung in der Sache erheblich sein) ist. Zudem muss die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse liegen.
48
3.1 Die von der Klägerin formulierte Frage „Darf der Subventionsgeber rechtliche Konsequenzen, die sich aus dem Tatsachenvortrag des Antragstellers ergeben, allein deshalb unberücksichtigt lassen, weil der Antragsteller die rechtlichen Konsequenzen nicht ausdrücklich vorgetragen bzw. hierauf nicht hingewiesen hat?“ ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht klärungsfähig, da sie nicht entscheidungserheblich ist. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die der Senat teilt, kommt es für das Vorliegen eines „verbundenen Unternehmens“ auf die in Ziffer 2.4 der Richtlinie Überbrückungshilfe III genannten Kriterien an. Ob die … Kapital GmbH aufgrund der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung vom 12. Januar 2021 wegen der gesetzlichen Regelung in § 276a InsO die beherrschende Stellung über die Klägerin verloren hat, würde daher in einem Berufungsverfahren keine Rolle spielen, so dass es auch unerheblich ist, ob der Hinweis der Klägerin auf die vorläufige Eigenverwaltung – ohne ausdrücklich auf § 276a InsO Bezug zu nehmen – ausreichend ist.
49
3.2 Die von der Klägerin als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtete Frage „Ist ein Zuwendungsgeber aufgrund seiner Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften bei Subventionen, die nur aufgrund eines besonderen unions- bzw. beihilferechtlichen Regimes gewährt werden dürfen, auch dann berechtigt, hinsichtlich des Vorliegens wesentlicher Anspruchsvoraussetzungen, die für die Gewährung der Subvention maßgeblich sind, ein autonomes Begriffsverständnis zugrunde zu legen und seine Verwaltungspraxis daran auszurichten, wenn dies zur Folge hat, dass die Einhaltung der zu beachtenden unionsrechtlichen Vorgaben nicht sichergestellt ist?“ würde sich in einem Berufungsverfahren ebenfalls nicht stellen.
50
Die Klägerin geht bei dieser Fragestellung davon aus, dass die Definition des Unternehmens aus Anhang I Art. 1 Satz 1 VO (EU) Nr. 651/2014 bei der Gewährung von Überbrückungshilfe III an ein verbundenes Unternehmen zur Anwendung kommen muss. Dies trifft jedoch nicht zu, weil es sich bei der Klägerin um kein Unternehmen handelt, das unter Anhang I der VO (EU) Nr. 651/2014 fällt, und weil das Unionsrecht das „verbundene Unternehmen“ und das Einzelunternehmen unabhängig voneinander definiert.
51
3.3 Auch die Frage „Muss der Zuwendungsgeber eine Abweichung von der sich aus einer ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift ergebenden antizipierten Verwaltungspraxis unabhängig davon, ob diese Abweichung als Änderung einer bestehenden oder als Begründung einer neuen Verwaltungspraxis zu qualifizieren ist, in derselben Weise veröffentlichen wie eine Änderung der ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift selbst – mit der Folge, dass es sich bei einer nicht publizierten Abweichung um eine rechtswidrige und somit unzulässige Verwaltungspraxis handelt?“ ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht klärungsfähig. Denn die von der Klägerin behauptete antizipierte Verwaltungspraxis, dass ein Unternehmen, das sich im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, Zuwendungen für den gesamten Förderzeitraum erhält, auch wenn es sich im Förderzeitraum noch in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden hat, ergibt sich nicht aus der Richtlinie Überbrückungshilfe III (siehe 1.4). Die Beklagte ist bei der Ablehnung der Förderung für den Zeitraum November 2020 bis 18. März 2021 folglich nicht von einer antizipierten Verwaltungspraxis abgewichen, so dass sich die Frage einer Publikationspflicht nicht stellt.
52
3.4 Dies gilt in gleicher Weise für die Frage „Muss der Zuwendungsgeber im Rahmen der Bewilligung von Corona-Überbrückungshilfen eine Abweichung von der sich aus der Förderrichtlinie ergebenden antizipierten Verwaltungspraxis bezüglich der Prüftiefe des prüfenden Dritten in derselben Weise veröffentlichen wie eine Änderung der Förderrichtlinie selbst – mit der Folge, dass es sich bei einer nicht publizierten Abweichung um eine rechtswidrige und somit unzulässige Verwaltungspraxis handelt?“. Diese Frage würde sich nur stellen, wenn es eine antizipierte Verwaltungspraxis gäbe, die vom prüfenden Dritten lediglich eine Plausibilitätsprüfung bezüglich des Vorliegens der Antragsberechtigung (Ziffer 7.1 Satz 3, hier Buchst. g „verbundenes Unternehmen) verlangt. Die Anforderungen der Beklagten an die Prüftiefe weichen nicht von der veröffentlichten Richtlinie Überbrückungshilfe III ab (siehe 1.5).
53
4. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor. Die Darlegung einer Abweichung nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Zulassungsantrag einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz benennt, mit dem das Verwaltungsgericht von einem in der Rechtsprechung eines in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Divergenzgerichts aufgestellten entscheidungstragenden Rechts- oder Tatsachensatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift abweicht (HessVGH, B.v. 13.4.2022 – 7 A 2210/18.Z – juris Rn. 63). Ergehen die Entscheidungen auf Grundlage inhaltsgleicher Vorschriften verschiedener Gesetze, muss ausgeschlossen werden können, dass trotz des Wortlautgleichlauts verschiedene Inhalte vorliegen, etwa aufgrund eines anderen systematischen Zusammenhanges oder etwaiger Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets (vgl. BVerwG, B.v. 9.4. 2014 – 2 B 107/13 – NVwZ 2014, 1174). Die Divergenz muss im Berufungsverfahren entscheidungserheblich sein (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 44).
54
4.1 Die von der Klägerin behauptete Divergenz hinsichtlich der Frage, ob im Subventionsverfahren rechtliche Konsequenzen, die sich aus dem Tatsachenvortrag des Antragstellers ergeben, allein deshalb unberücksichtigt bleiben können, weil der Antragsteller nicht ausdrücklich auf die rechtlichen Konsequenzen hinweist, liegt nicht vor.
55
Dem Urteil des Verwaltungsgerichts lässt sich der von der Klägerin formulierte abstrakte Rechtssatz „Der Zuwendungsgeber muss bei der Ermittlung der entscheidungserheblichen Sach- und Rechtslage den rechtlichen Konsequenzen, die sich aus den vom Antragsteller vorgetragenen tatsächlichen Umständen ergeben, nur nachgehen, wenn der Antragssteller diese rechtlichen Konsequenzen ausdrücklich vorgetragen bzw. hierauf hingewiesen hat“ nicht entnehmen. Die entsprechende Textpassage (UA S. 52) trifft ausschließlich eine Aussage dazu, ob Vorbringen, das nach dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt erfolgt, bei der Entscheidung noch zu berücksichtigen ist (verspätetes Vorbringen), und nicht zur Amtsermittlungspflicht, wie die von der Klägerin formulierten Rechtssätze aus den Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 13.1.2014 – 14 CS 13.1790) und des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 1.12.1987 – 1 C 29.85). Zudem kommt es nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts für die Unternehmensverbundbetrachtung nicht auf die tatsächliche Ausübung eines beherrschenden Einflusses an, es fehlt also an der Entscheidungserheblichkeit. Ferner betrifft der abstrakte Rechtssatz, den die Klägerin der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen will, nicht die Anwendung einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift, da eine (Ermessens-)Ausweisungsentscheidung und die Gewährung einer Subvention als Billigkeitsleistung nach pflichtgemäßem Ermessen einem anderen rechtlichen Entscheidungsprogramm unterliegen.
56
4.2 Eine Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO hinsichtlich der Frage, ob ein Zuwendungsgeber, dessen Zuwendungen nur aufgrund eines besonderen unions- bzw. beihilferechtlichen Regimes gewährt werden dürfen, für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen ein autonomes und von den einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben abweichendes Begriffsverständnis zugrunde legen darf, zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. August 2003 (3 C 49.02) legt die Klägerin nicht dar.
57
Der von der Klägerin dem Urteil des Verwaltungsgerichts (UA S. 48 ff.) entnommene abstrakte Rechtssatz, wonach „der Zuwendungsgeber aufgrund seiner Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften auch bei Subventionen, die nur aufgrund eines besonderen unions- bzw. beihilferechtlichen Regimes gewährt werden dürfen, berechtigt ist, hinsichtlich des Vorliegens wesentlicher Anspruchsvoraussetzungen, die für die Gewährung der Subvention maßgeblich sind, ein autonomes Begriffsverständnis zugrunde zu legen und seine Verwaltungspraxis daran auszurichten, und die Interpretationshoheit des Zuwendungsgebers nur im Willkürverbot eine Grenze findet“, findet sich in dieser Form im Urteil nicht. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts betreffen die Definition des verbundenen Unternehmens und nicht den beihilferechtlichen Unternehmensbegriff aus der VO (EU) Nr. 651/2014, die nicht direkt anwendbar ist, weil es sich bei der Klägerin um kein KMU handelt.
58
Insofern liegt auch die von der Klägerin aufgezeigte Abweichung zum Rechtssatz aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. August 2003 (3 C 49.02 – juris Rn. 16) – „Die vom Zuwendungsgeber praktizierte Subventionsgewährung muss in vollem Umfang den jeweils zu beachtenden Vorgaben des Unionsrechts entsprechen, und der Zuwendungsgeber muss seine Verwaltungspraxis so ausgestalten, dass die Einhaltung der Vorgaben des Unionsrechts vollumfänglich sichergestellt ist“ – nicht vor, weil danach eine Rechtswidrigkeit der Subventionsgewährung nur vorläge, wenn diese nicht vom Gemeinschaftsrecht gedeckt wäre. Ist aber – wie vorliegend – bezüglich der Voraussetzungen der Subventionsgewährung eine gemeinschaftsrechtliche Regelung nicht einschlägig bzw. ist sie nach der Rechtsprechung des EuGH auslegungsfähig, kann sie nicht zur Rechtswidrigkeit der Subventionsgewährung führen. Hinzu kommt, dass die von der Klägerin zur Formulierung des Rechtssatzes, von dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abweicht, herangezogene Textpassage nicht entscheidungstragend ist („offen bleiben kann…“).
59
4.3 Die Berufung ist auch nicht wegen einer Divergenz des Urteils des Verwaltungsgerichts zum Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Januar 2022 (3 ZB 21.2172) bezüglich der Frage, ob in einer Abweichung von der antizipierten Verwaltungspraxis, die anlässlich eines beim Vollzug dieser Verwaltungspraxis aufgetretenen Problems erfolgt, eine Änderung der bestehenden Verwaltungspraxis zu sehen ist, die zu publizieren ist, zuzulassen.
60
Der von der Klägerin formulierte Rechtssatz des Divergenzgerichts, wonach dann wenn „der Zuwendungsgeber im Rahmen der Umsetzung der sich aus einer ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift ergebenden antizipierten Verwaltungspraxis von dieser Verwaltungspraxis abweicht, diese Abweichung in derselben Weise veröffentlicht werden muss wie eine Änderung der Verwaltungsvorschrift selbst, aus der sich die antizipierte Verwaltungspraxis ergibt, und zwar unabhängig davon, ob die Abweichung als Änderung einer bestehenden oder als Begründung einer neuen Verwaltungspraxis zu qualifizieren ist“, lässt sich der der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Januar 2022 nicht entnehmen. Denn im entschiedenen Fall war die Verwaltungspraxis durch eine Verwaltungsvorschrift kodifiziert. Zur Begründung einer neuen Verwaltungspraxis verhält sich das Urteil nicht.
61
Hinzu kommt, dass nicht die Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Vorschrift inmitten steht, da eine beamtenrechtliche Streitigkeit zur Besetzung eines Dienstpostens und die Gewährung einer Subvention als Billigkeitsleistung nicht vergleichbar sind.
62
4.4 Eine Divergenz des Urteils des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Frage, ob Zuwendungsgeber oder Dritte, derer sie sich bedienen, in Zuwendungsverfahren eine über eine Plausibilisierung hinausgehende Prüfung durchführen müssen, zum Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Januar 2021 (12 ZB 20.3055 – juris Rn. 3) liegt ebenfalls nicht vor.
63
Die von der Klägerin herausgearbeiteten Rechtssätze betreffen keine inhaltsgleichen Rechtsvorschriften. Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erging zu den Voraussetzungen der Prüfung eines Antrags auf Wohngeld, auf das nach dem Wohngeldgesetz ein Rechtsanspruch besteht. Es besteht demnach eine staatliche Verpflichtung zur Gewährung dieser Leistung, anders als bei der Gewährung der vorliegend streitgegenständlichen Überbrückungshilfe III als bloße Billigkeitsleistung, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Die Gewährung einer solchen Billigkeitsleistung liegt im weiten gestalterischen Ermessen des Staates. Davon ist auch die Ausgestaltung des Förderverfahrens umfasst, der Staat kann also Antragsteller verpflichten, eine Zwischeninstanz einzuschalten, die die Antragsvoraussetzungen überprüft. Dies gilt umso mehr angesichts der Pflicht zur sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln.
64
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.
65
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 VwGO).