Titel:
Herstellungsbeitrag für ein Außenbereichsgrundstück
Normenkette:
BayKAG Art. 5
Leitsatz:
Grundstücke im Außenbereich können als bebaubar nur zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen werden, soweit sie tatsächlich mit Bauwerken bebaut sind, die an die kommunale Einrichtung angeschlossen sind oder eines solchen Anschlusses entsprechend der baurechtlich genehmigten oder tatsächlich gefestigten Nutzung bedürfen. Derart bebaute Grundstücke sind mit einem angemessenen Umgriff zur vorhandenen Bebauung als bebaubar anzusehen und unterliegen insoweit der Beitragspflicht. Im Übrigen gelten sie weiterhin als nicht bebaubar (vgl. VGH München BeckRS 2005,39647). (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wasserversorgung, Wohnnutzung mit privater Pferdehaltung, Anschlussbedarf, Umgriff, Beitrag, Herstellungsbeitrag, Außenbereichsgrundstück
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Urteil vom 05.08.2022 – B 4 K 20.739
Fundstelle:
BeckRS 2023, 12073
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.990,26 EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
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1. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor oder wurden bereits nicht hinreichend dargelegt (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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a) Es bestehen auf der Grundlage des Vorbringens im Zulassungsantrag der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn die Antragstellerin substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546 = juris Rn. 17 m.w.N.; 8 ZB 16.1806 – juris Rn. 9 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 15.12.2017 – 8 ZB 16.1806 – DVBl 2018, 127 = juris Rn. 9 m.w.N.).
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aa) Soweit die Klägerin vorbringen lässt, der Beklagte habe zu Unrecht die gesamte Außenbereichsfläche am Umgriff teilhaben lassen, weil die gesamte Außenbereichsfläche inclusive Flächen, welche nicht bebaut oder nicht einmal befestigt seien, veranlagt wurden, greift dies nicht durch. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können Grundstücke im Außenbereich als bebaubar nur zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen werden, soweit sie tatsächlich mit Bauwerken bebaut sind, die an die kommunale Einrichtung angeschlossen sind oder eines solchen Anschlusses entsprechend der baurechtlich genehmigten oder tatsächlich gefestigten Nutzung bedürfen (BayVGH, B.v. 8.12.2005 – 23 ZB 05.1637 – BeckRS 2005,39647; U.v. 12.11.1997 – 23 B 96.741 – juris Rn. 30 und GK 1998 Nr. 158; U.v. 15.12.1999 – 23 B 98.3206 – juris Rn. 62). Derart bebaute Grundstücke sind mit einem angemessenen Umgriff zur vorhandenen Bebauung als bebaubar anzusehen und unterliegen insoweit der Beitragspflicht. Im Übrigen gelten sie weiterhin als nicht bebaubar (BayVGH, B.v. 8.12.2005 – 23 ZB 05.1637 – BeckRS 2005,39647; U.v. 15.11.2001 – 23 B 01.1165 – BeckRS 2001, 14722, Rn. 26). Der Umgriff bemisst sich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nach den erforderlichen Abstandsflächen um die den Anschlussbedarf auslösenden Gebäude und nach den befestigten Flächen (wie Hoffläche, Zufahrt und Ähnliches) unter Einbeziehung aller Gebäude ohne Abstandsflächen, die in einem räumlich funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle eines landwirtschaftlichen Betriebes stehen (BayVGH, B.v. 22.8.2006 – 23 ZB 06.1544 – BeckRS 2008, 33310, Rn. 7; Thimet in Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Teil IV a, Frage 8, Ziff. 8.1). Die Umgriffsbildung ist ein Instrument zur Bestimmung des Grundstücks und hat daher auch einen engen Bezug zur wirtschaftlichen Einheit, die das beitragspflichtige Grundstück gerade nicht nach der Flurnummer, sondern nach einem funktionalen Zusammenhang bestimmt (BayVGH, B.v. 7.1.2015 – 20 CS 14.2414 – BeckRS 2015, 41185, Rn. 14). Dabei können in einem gewissen Umfang auch Glättungen und Rundungen der Umgriffsflächen vorgenommen werden, ohne dass dies zur Rechtswidrigkeit des angesetzten Umgriffs führt (BayVGH, U.v. 19.8.2019 – 20 B 18.1346 – juris Rn 44).
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Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Bewertung gegen diese Grundsätze verstoßen hat. Ausweislich der Entscheidungsgründe hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass auch für die streitgegenständliche Außenbereichsfläche augenscheinlich ein räumlich-funktionaler Zusammenhang mit dem Bestandsgebäude bestehe, insbesondere dem dortigen Pferdestall. Die Außenbereichsfläche werde für die private Pferdehaltung intensiv genutzt. Insoweit bestreitet die Klägerin lediglich diese Feststellung, was jedoch nicht geeignet ist, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung aufzuzeigen. Hier muss auch bedacht werden, dass das Grundstück der Klägerin überwiegend im Innenbereich liegt, die Nutzung auch objektiv durch die Pferdehaltung geprägt ist und diese Nutzung (Wohnen mit privater Pferdehaltung größeren Umfangs) sich aus dem Innenbereich auf die Außenbereichsflächen erstreckt. Insoweit kommt es bei der Bildung der Umgriffsflächen immer auf die Umstände des Einzelfalles an, so dass hier auch nicht zu beanstanden ist, dass der schmale unbefestigte und unbebaute Grünstreifen in die Umgriffsflächen miteinbezogen wurde.
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bb) Auch die von der Klägerin gerügte Einbeziehung der Reithalle in die beitragspflichtige Geschossfläche ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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Bereits nach der Rechtsprechung des 23. Senats (BayVGH, U.v. 25.10.2001 – 23 B 01.1588 – BeckRS 2001, 13910 m.w.N.) bedarf eine Reithalle (Pferdebewegungshalle) als Gebäude oder selbständiger Gebäudeteil im Sinne des Art. 5 Abs. 2 S. 4 KAG im Regelfall nach der Art ihrer Nutzung eines Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und ist deshalb in die Berechnung des Herstellungsbeitrages einzubeziehen. Denn in aller Regel ist eine Beregnung für Reithallen notwendig. Davon ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen. Zudem hat es ausgeführt, dass die im Erdgeschoss der Reithalle integrierten, von außen zugänglichen Pferdeboxen bei typisierender Betrachtung anhand objektiver Maßstäbe einen Wasseranschlussbedarf hätten, da sich die Tiere dort länger aufhielten, was sich u.a. an den angebrachten, mit Brunnenwasser leitungsgebunden versorgten Selbsttränken zeige. Anders als die Klägerin meint, ändert der Umstand, dass im Einzelfall für Reitanlagen ein Anspruch auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang bestehen kann (BayVGH, U.v. 26.4.2007 – 4 B 05.576 – juris) an dieser Bewertung nichts. Selbst wenn das klägerische Grundstück ganz oder teilweise vom Anschluss- und Benutzungszwang hinsichtlich der öffentlichen Wasserversorgungsanlage befreit sein sollte, wird hierdurch der abstrakte Vorteil nicht berührt, weil die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung nach wie vor besteht und darauf jederzeit zurückgegriffen werden kann (st.Rspr., vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2000 – 23 ZB 00.1275 – juris Rn. 11 m.w.N.).
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b) Die behauptete Divergenz des Urteils des Verwaltungsgerichts vom Beschluss des Senats vom 7. Januar 2015 (Az. 20 CS 14.2414 – juris) wurde im Zulassungsantrag der Klägerin nicht ausreichend dargelegt i.S.d. § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO. Darzulegen ist hier insbesondere, welcher Rechts- oder Tatsachensatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte Rechts- oder Tatsachensatz dazu in Widerspruch steht (BVerwG, B.v. 17.7.2008 – 9 B 15.08 – NVwZ 2008, 1115 (1118)). Die divergierenden Sätze müssen einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird (BVerwG, B.v. 20.12.1995 – 6 B 35.95 – NVwZ-RR 1996, 712). Diesen Erfordernissen genügt die Begründung des Zulassungsantrags nicht. Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Verwaltungsgericht hier von anderen Erwägungen ausgehe und sich gerade nicht entscheidend vom Erfordernis eines räumlichen und funktionalen Zusammenhangs habe leiten lassen. Welchen divergierenden Rechtsatz das Verwaltungsgericht aufgestellt hat, lässt sich dem jedoch nicht entnehmen.
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2. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, weil sie mit ihrem Antrag unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 3 GKG.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).