Inhalt

VGH München, Beschluss v. 19.05.2023 – 10 CS 23.783
Titel:

mangelhafte Darlegung in der Beschwerdebegründung

Normenketten:
VwGO § 146 Abs. 4 S. 3
AufenthG § 54 Abs. 2 Nr. 9
Leitsatz:
Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere selbständige Gründe gestützt, kann die Beschwerde nur Erfolg haben, wenn im Hinblick auf jeden der entscheidungserheblichen Gründe in der Beschwerde etwas Durchgreifendes vorgetragen wird. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschwerde, Darlegungsanforderungen, Mehrfachbegründung, Ausweisung, Aufenthaltserlaubnis
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 20.03.2023 – M 12 S 23.622
Fundstelle:
BeckRS 2023, 12045

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

1
Die Antragstellerin, eine 55-jährige serbische Staatsangehörige, die in den letzten 15 Jahren neunmal – davon siebenmal wegen Schwarzfahrens – strafrechtlich verurteilt wurde, verfolgt mit ihrer Beschwerde ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen (nach der von ihr nicht beanstandeten Auslegung durch das Verwaltungsgericht) die Ablehnung ihres Antrags auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis (Nr. 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 25. Januar 2023), die Androhung der Abschiebung nach Serbien (Nr. 3 des Bescheids) sowie die Anordnung eines einjährigen Einreise- und Aufenthaltsverbots (Nr. 4 des Bescheids).
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Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen weder die Aufhebung noch eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
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§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO verlangt, dass die Beschwerdebegründung die Gründe, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, darlegen und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss. Die Beschwerdeführerin muss innerhalb der Monatsfrist konkret begründen, warum die Entscheidung des Verwaltungsgerichts änderungsbedürftig bzw. unrichtig sein soll. Das Darlegungsgebot soll zu einer sorgfältigen Prüfung vor Einlegung des Rechtsmittels anhalten und dem Oberverwaltungsgericht eine Überprüfung des erstinstanzlichen Beschlusses ermöglichen. Die Beschwerdeführerin muss darlegen, welche tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts sie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht für falsch oder unvollständig hält; sie hat substantiiert auszuführen, weshalb die Überlegungen des Verwaltungsgerichts falsch sind, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben und was richtigerweise zu gelten hat. Sie muss das Entscheidungsergebnis, die entscheidungstragenden Rechtssätze oder die für die Entscheidung erheblichen Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 1.6.2022 – 10 CE 21.2270 – juris Rn. 3).
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Gemessen daran zeigt das Beschwerdevorbringen nichts auf, was zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung führen könnte.
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1. Soweit das Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt hat, zeigt das Beschwerdevorbringen keine durchgreifenden Zweifel auf.
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Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis auf die Sperrwirkung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Nr. 3 des angegriffenen Bescheids) in Folge der Ausweisung der Antragstellerin (Nr. 1 des Bescheids) wegen zahlreichen Verurteilungen im Wesentlichen wegen Leistungserschleichung (Schwarzfahren) gestützt werden konnte. Das Verwaltungsgericht hat insofern die Rechtmäßigkeit der Ausweisung der Antragstellerin inzident überprüft und bejaht.
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Die Beschwerde richtet sich streng genommen allein gegen die Annahme, dass die Ausweisung rechtmäßig sei. Dabei verkennt die Beschwerde, dass das Verwaltungsgericht und zuvor auch schon der Antragsgegner (S. 11 f. des angegriffenen Bescheids) die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis selbstständig tragend (vgl. S. 21 Rn. 63 des BA: „unabhängig von der Ausweisung“) auch auf das Fehlen der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wegen des Vorliegens eines Ausweisungsinteresses gestützt haben.
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Im Falle einer solchen Mehrfachbegründung kann die Beschwerde nur Erfolg haben, wenn im Hinblick auf jeden der für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblichen Gründe in der Beschwerde etwas Durchgreifendes vorgetragen wird (vgl. etwa BayVGH, B.v. vom – 7.5.2020 – 10 CS 20.842 – juris Rn. 4; B.v. 28.8.2006 – 24 CS 06.1049 – juris Rn. 16). Dies ist hier selbst dann nicht der Fall, wenn man einzelne Elemente des Beschwerdevorbringens zur Ausweisung als Rügen zu den Annahmen des Verwaltungsgerichts zur Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG begreifen würde. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Nichtvorliegen der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG stehe der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis entgegen, weil im Falle der Antragstellerin eine Ausweisungsinteresse bestehe, würde von der Beschwerde auch dann nicht durchgreifend in Zweifel gezogen.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 18) und des Senats (z.B. B.v. 12.8.2022 – 10 ZB 22.1511 – juris Rn. 7; B.v. 8.11.2017 – 10 ZB 16.2199 – juris Rn. 6 f.; zuletzt B.v. 24.3.2020 – 10 ZB 20.138 – Rn. 2) haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei der Prüfung eines spezialpräventiven Ausweisungsinteresses eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt.
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Dies zugrunde gelegt, hat das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung der Einwände im Beschwerdeverfahren zu Recht angenommen, dass im Fall der Antragstellerin aufgrund deren vielfachen Verurteilungen (darunter insgesamt sieben Verurteilungen wegen 37 Fällen der Leistungserschleichung in den letzten 15 Jahren) von einer erheblichen Wiederholungsgefahr auszugehen ist und deshalb ein schwerwiegendes spezialpräventives Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG vorliegt. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin seit November 2021 keine Straftat begangen hat, führt nicht zu der Annahme, dass von ihr keine Wiederholungsgefahr mehr ausgeht. Die Antragstellerin wurde in den vergangenen Jahren vielfach wegen zahlreicher Fälle der Leistungserschleichung verurteilt (zweimal sogar zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung) und mehrfach ausländerrechtlich verwarnt. Nichts von alledem hat sich die Antragstellerin zur Warnung gereichen lassen. Dass sich insofern ein Einstellungswandel ergeben hätte, der Gewähr dafür böte, dass solche Taten in Zukunft nicht mehr zu erwarten sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insofern teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, schließt sich dessen Ausführungen an und verzichtet auf eine weitere Begründung (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
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Soweit die Antragstellerin das Vorliegen eines spezial- oder generalpräventiven Ausweisungsinteresses bestreitet, weil es politische Pläne gebe, die Leistungserschleichung zu entkriminalisieren, greift dies nicht durch. Solange diese Pläne nicht durch den Gesetzgeber umgesetzt wurden, sind – worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat – Gerichte und Behörden an die Regelungen und Wertungen des geltenden Rechts gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG).
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Die von der Antragstellerin aufgeworfenen Bedenken zur Verhältnismäßigkeit der Ausweisung sind in diesem Zusammenhang schon deswegen unbehelflich, weil es für das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht darauf ankommt, ob der Ausländer tatsächlich ausgewiesen werden könnte. Es reicht vielmehr aus, dass ein Ausweisungsinteresse gleichsam abstrakt – d.h. nach seinen tatbestandlichen Voraussetzungen – vorliegt, wie es insbesondere im Katalog des § 54 AufenthG normiert ist. Der Begriff des Ausweisungsinteresses verweist auf das Ausweisungsrecht und greift die in § 53 Abs. 1, § 54 AufenthG gewählte und anhand von Beispielen erläuterte Begriffsbildung auf. Diese Vorschriften regeln die Aufenthaltsbeendigung bei Vorliegen eines öffentlichen Ausweisungsinteresses. Umgekehrt setzt die Begründung eines rechtmäßigen Aufenthalts durch Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsinteresse besteht. Eine Abwägung mit den privaten Bleibeinteressen erfolgt – sofern sie nicht durch § 10 Abs. 3 AufenthG ausgeschlossen ist – erst im Rahmen der Frage, ob eine Abweichung vom Regelfall im Sinne des § 5 Abs. 1 AufenthG vorliegt (BVerwG, U.v. 12.7.2018 – 1 C 16.17 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 3.8.2021 – 10 ZB 21.937 – juris Rn. 11).
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Mit der Beschwerde ist aber auch nicht substantiiert dargelegt, dass im Fall der Antragstellerin von einem atypischen Sachverhalt auszugehen wäre, der eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung begründen könnte.
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Eine derartige Ausnahme rechtfertigen besondere Umstände, die so bedeutsam sind, dass sie im Einzelfall das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzgeberischen Entscheidung für den Regelfall beseitigen, sowie Gewährleistungen des Verfassungs-, Unions- und Völkerrechts, wie der Schutz der familiären Lebensgemeinschaft durch Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK. Mit Blick auf den Sinn und Zweck der gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen ist bei der Annahme einer Ausnahme grundsätzlich Zurückhaltung geboten; der Verweis auf ihre Einhaltung muss sich als unmöglich oder unzumutbar erweisen. Ob hiernach im Einzelfall eine Ausnahme geboten ist, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (BayVGH, B.v. 3.8.2021 – 10 ZB 21.937 – juris Rn. 15 f. m.w.N.).
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Die in Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (vgl. BVerfG, B.v. 12.5.1987 – 2 BvR 1226/83, 2 BvR 101/84, 2 BvR 313/84 – BVerfGE76, 1 <46 u. 49 ff.> = juris Rn. 85 a.E. u. Rn. 100 ff.; B.v. 18.4.1989 – 2 BvR 1169/84 − BVerfGE 80, 81 <93> = juris Rn. 39). Kann die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und den übrigen Familienmitgliedern nur im Bundesgebiet stattfinden, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2006 – 2 BvR 1935/05 – juris Rn. 17 m.w.N.).
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Gemessen daran zeigt das Beschwerdevorbringen nicht auf, dass der Schutz von Ehe und Familie im vorliegenden Fall eine Ausnahme im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG begründen könnte. Die Antragstellerin beschreibt zwar die Gefahr einer dauerhaften Trennung von ihrem Ehemann, weil nicht sicher sei, ob sie überhaupt eine Rückkehrperspektive nach Deutschland habe. Sie legt allerdings nicht dar, dass sie und ihr Ehemann, der ebenfalls serbischer Staatsangehöriger ist, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht auch zumutbar in Serbien führen können. Hierfür hätte umso mehr Anlass bestanden, als der Ehemann erst 2017 im Rahmen des Ehegattennachzugs wieder nach Deutschland gekommen ist.
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2. Erfolglos bleibt die Beschwerde auch im Hinblick auf die Abschiebungsandrohung in Nr. 3 des angegriffenen Bescheids. Die Antragstellerin ist durch die voraussichtlich rechtmäßige Ablehnung ihres Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vollziehbar ausreisepflichtig (§ 84 Abs. 1 Nr. 1, § 58 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Darauf geht das Beschwerdevorbringen nicht ein. Auf die Rechtmäßigkeit der Ausweisung kommt es insofern nicht an.
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3. Unbegründet ist die Beschwerde schließlich auch, soweit das Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot in Nr. 4 des Bescheids des Beklagten abgelehnt hat.
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Die Beschwerdeschrift enthält zur Rechtmäßigkeit des Aufenthalts- und Einreiseverbots keine gesonderten Ausführungen. Doch auch wenn der Senat davon ausgeht, dass bei einem Eilantrag gegen ein Aufenthalts- und Einreiseverbot, das aufgrund einer Ausweisung erlassen wurde (§ 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG), im Eilrechtschutzverfahren zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) die Rechtmäßigkeit der Ausweisung inzident zu überprüfen ist (vgl. VGH BW, B.v. 31.1.2020 – 11 S 3477/19 – juris Rn. 30) und insoweit die gegen die Rechtmäßigkeit der Ausweisung gerichteten Ausführungen in der Beschwerdebegründung berücksichtigt, zieht die Antragstellerin die Annahmen des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung insofern nicht durchgreifend in Zweifel.
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Dass das Verwaltungsgericht zu Recht ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse angenommen hat, wurde bereits ausgeführt (s.o.), dass es darüber hinaus zu Unrecht von der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung ausgegangen wäre, legt das Beschwerdevorbringen nicht substantiiert dar.
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Bei der Abwägungsentscheidung und Verhältnismäßigkeitsprüfung sind insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat sowie die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und die Tatsache, ob der Ausländer sich rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen, wobei diese Umstände weder abschließend zu verstehen sind noch ausschließlich zugunsten des Ausländers sprechende Umstände in die Abwägung einzustellen sind (BVerwG, U.v. 22.2.2017 – 1 C 3.16 – juris Rn. 24 f.; BayVGH, U.v. 21.5.2019 – 10 B 19.55 – juris Rn. 37). Ergänzend hierzu sind die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien heranzuziehen (Boultif/Üner-Kriterien, vgl. EGMR, U.v. 18.10.2006 – 46410/99 – NVwZ 2007, 1279; U.v. 2.8.2001 – 54273/00 – InfAuslR 2001, 476). Bei der Abwägung zu berücksichtigen sind danach die Art und die Schwere der begangenen Straftaten, wobei die vom Gesetzgeber vorgenommene typisierende Gewichtung zu beachten ist, das Verhalten des Ausländers nach der Tatbegehung sowie die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielstaat. Die abwägungserheblichen Interessen sind zutreffend zu ermitteln und zu gewichten. Es ist ein Ausgleich zwischen den gegenläufigen Interessen herzustellen, der dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.
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Gemessen daran zeigt das Beschwerdevorbringen einen entscheidungserheblichen Abwägungsmangel des Antragsgegners oder des Verwaltungsgerichts nicht auf. Das Verwaltungsgericht hat alle von der Beschwerdebegründung in Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags noch einmal angeführten (unvertypten) Bleibeinteressen der Antragstellerin (20-jähriger Aufenthalt im Bundesgebiet, wirtschaftliche Integration, Ehemann und erwachsene Kinder im Bundesgebiet) berücksichtigt, gewichtet und ausführlich mit dem Ausweisungsinteresse abgewogen (S. 17 bis 21 des BA). Dabei hat es insbesondere darauf hingewiesen, dass der Antragstellerin und ihrem Ehemann die Führung der Ehe in Serbien möglich und auch (wirtschaftlich) zumutbar sei, zumal die Antragstellerin erst im Alter von 34 Jahren, der Ehemann sogar erst 2017 letztmalig von Serbien nach Deutschland gezogen seien. Der Lebensunterhalt könne in Serbien gesichert, der Kontakt zu den volljährigen Kindern über Fernkommunikationsmitteln und Besuche aufrechterhalten werden. Angesichts dessen überwiege das schwerwiegende Ausweisungsinteresse die Bleibeinteressen der Antragstellerin. Mit all diesen Ausführungen zur Abwägung setzt sich die Beschwerdebegründung nicht in der gebotenen Form (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO) auseinander.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).