Titel:
Widerrechtliche Benutzung des Fahrzeugs mit einem tschechischen amtlichen Kennzeichen
Normenketten:
FGO § 94a, § 100 Abs. 1 S. 1
AO § 122 Abs. 2 Nr. 1
KraftStG § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Abs. 5 S. 1, § 3 Nr. 13
Leitsatz:
Eine widerrechtliche Benutzung im Sinne dieses Gesetzes liegt gemäß § 2 Abs. 5 S. 1 KraftStG vor, wenn ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen im Inland ohne die verkehrsrechtlich vorgeschriebene Zulassung benutzt wird. Eine Besteuerung wegen widerrechtlicher Benutzung entfällt, wenn das Halten des Fahrzeugs von der Steuer befreit sein würde oder die Besteuerung bereits nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 KraftStG vorgenommen worden ist (§ 2 Abs. 5 S. 2 KraftStG). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Kraftfahrzeugsteuer
Fundstellen:
UVR 2023, 268
LSK 2023, 12015
BeckRS 2023, 12015
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
1
Streitig ist das Vorliegen einer widerrechtlichen Benutzung des Fahrzeugs mit dem amtl. tschechischen Kennzeichen X.
2
Der Kläger wohnt seit 1992 in Deutschland; er hat seinen Wohnsitz in 1 (BRD).
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Am 18.03.2021 wurde er in 2 mit dem PKW Mercedes … mit dem amtl. tschechischen Kennzeichen X einer Verkehrskontrolle unterzogen. Nach den Feststellungen des Beklagten ist auf den Kläger in Deutschland kein Fahrzeug zugelassen.
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Im Zug des weiteren Verfahrens gab der Kläger an, Halter des Fahrzeugs sei die Firma Y s.r.o. (künftig „Y“). Der Beklagte ging vom Vorliegen einer widerrechtlichen Benutzung aus und erließ am 26.08.2021 einen KFZ-Steuerbescheid, in dem es KFZ-Steuer für die Zeit von 18.03.2021 bis 23.08.2022 i.H.v. 57 € festsetzte.
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Der Kläger legte Einspruch ein und wies auf das gegen ihn eingeleitete, jedoch eingestellte Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verdachts, ein Fahrzeug trotz regelmäßigen Standorts im Inland nicht angemeldet zu haben. Der regelmäßige Standort im Inland habe nicht bewiesen werden können.
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Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Kläger mit, der regelmäßige Standort des Fahrzeuges sei 3 (CZE). Er sei Inhaber der Firma Y. Die Firma habe in Deutschland keine Niederlassung. Er habe, um künftig Missverständnisse zu vermeiden, inzwischen ein Fahrzeug auf sich in Deutschland zugelassen. Die weitere Frage des Beklagten, ob der Kläger Angestellter bzw. Geschäftsführer der Firma sei, blieb unbeantwortet.
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Der Beklagte erließ am 31.05.2022 einen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt KraftStG geänderten Bescheid, in dem KFZ-Steuer nurmehr für den 18.03.2021 i.H.v. 0,10 € und für die Zeit von 19.03.2021 bis 16.04.2021 i.H.v. 3,17 € festgesetzt wurde.
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Der Einspruch des Klägers wurde mit Einspruchsentscheidung vom 02.06.2022 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte ging von der Begründung eines regelmäßigen Standorts im Inland aus, da der Kläger nur in Deutschland wohne. Da der Kläger Inhaber der Y sei, liege vorliegend kein Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis vor, bei welchem die letztendliche Verfügungsmacht bei dem Arbeitgeber im Ausland verbleibe. Vielmehr besitze der Kläger (mit gewöhnlichem Wohnsitz in Deutschland) als Firmeninhaber die Verfügungsmacht über das Fahrzeug.
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Damit liege eine widerrechtliche Benutzung vor; Steuerschuldner sei die Person, die das Fahrzeug widerrechtlich benutze. Die Steuer werde für den Mindestbesteuerungszeitraum festgesetzt.
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Der Kläger hat am 07.07.2022 Klage erhoben und trägt vor, das fragliche Fahrzeug sei, wie weitere 5 Fahrzeuge, auf die tschechische Y des Klägers zugelassen. Die Firma stelle unter anderem Produkte her und statte unter anderem Hallen und Trainingsgelände in Z1, Z2 und Z3 damit aus. 80% der Aufträge erhalte die Y von deutschen Firmen.
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Der Kläger sei alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer. Einen Vertrag, der die gewerbliche Nutzung des Fahrzeuges durch den Kläger vorsehe, gebe es nicht. Die Firma habe 50 Mitarbeiter. Es sei durchaus vorgekommen, dass auch andere Mitarbeiter der Firma mit dem fraglichen Fahrzeug gefahren seien und es ihnen zur Verfügung gestellt worden sei. Das Fahrzeug werde im Betriebsvermögen der Y geführt. Das dazugehörige Fahrtenbuch werde vorgelegt.
12
Er habe einen Wohnsitz in Tschechien und in Deutschland und benutze wechselweise verschiedene Fahrzeug der Firma. Das maßgebliche Fahrzeug sei vom ihm grundsätzlich geschäftlich für die Wahrnehmung geschäftlicher Termine – etwa zur Wahrnehmung von Terminen bei Kunden – genutzt worden. Privat sei er überwiegend mit seinem Privatfahrzeug gefahren, das er zwischenzeitlich auf Anraten des Bußgeldrichters in 4 wieder in Deutschland zugelassen habe.
13
Das Fahrzeug werde überwiegend von Tschechien aus eingesetzt und auch wieder in Tschechien oder an einem anderen Ort abgestellt. Der regelmäßige Standort des Fahrzeuges sei daher nicht in Deutschland. Der Kläger habe sich im Zeitraum Januar bis April 2021 zu weniger als 20% an seinen Wohnsitzen in Deutschland und zu 80% in Tschechien aufgehalten. Immer, wenn sich der Kläger, vor allem zu betrieblichen Zwecken in Deutschland befunden habe, sei er meistens wieder nach Tschechien zurückgefahren. Dort habe das Fahrzeug in der Garage gestanden.
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Die Folgerungen des Beklagten aus der Gesellschaftsstruktur und Wohnorten bzw. Orten der Ausübung der Geschäftsführungstätigkeit führe nicht zur Begründung des regelmäßigen Standorts des Fahrzeugs.
15
Der Kläger begehrt sinngemäß,
den KFZ-Steuerbescheid für das Fahrzeug mit dem amtl. tschechischen Kennzeichen X zuletzt vom 31.05.2022 und die Einspruchsentscheidung vom 02.06.2022 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
17
Er wiederholt seine Einlassung aus der Einspruchsentscheidung und betont, der regelmäßige Standort des Fahrzeugs sei am Wohnort des Klägers, denn von dort werde es unmittelbar zum Straßenverkehr eingesetzt und ruhe dort auch nach Beendigung der Fahrt wieder. Der Kläger könne keinem in Deutschland ansässigen Arbeitnehmer eines tschechischen Arbeitgebers gleichgestellt werden, der einen in Tschechien zugelassenen Firmenwagen zur Verfügung gestellt bekommen habe und diesen auch zu privaten Zwecken im Inland nutzen dürfe. Der Kläger habe als alleiniger Gesellschafter der tschechischen Firma und zugleich Geschäftsführer eine viel weitreichendere Verfügungsmacht über sein Fahrzeug.
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Der Nennung der Kontaktdaten der Y (laut deren Internet-Auftritt) am Standort und Sitz in 3 (CZE) (Adresse …) und an der Wohnadresse des Klägers weise darauf hin, dass der Kläger seine Geschäftstätigkeit auch von seinem Wohnort aus wahrnehme und Fahrten von dort beginne bzw. beende. Bei Abwicklung von 80% seiner Aufträge mit deutschen Firmen erscheine es unwahrscheinlich, dass er nach Beendigung der Geschäftstätigkeit in Deutschland nach 3 (CZE) fahre und das Fahrzeug in der Garage der Firma abstelle; zudem stelle sich die Frage, womit er wieder zu seiner Wohnung fahre, da er von Oktober 2019 bis 17.12.2021 kein Fahrzeug in Deutschland auf sich angemeldet habe. Vielmehr sei anzunehmen, dass er den kürzeren Weg an seinen Wohnort fahre. Einen Vertrag, der die gewerbliche Nutzung des Fahrzeuges durch den Kläger vorsehe, gebe es nicht.
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Die Aussagen des Klägers zu seinen Aufenthaltszeiten bzw. -quoten in Deutschland und Tschechien seien widersprüchlich. Er führe an, 80% der Aufträge erhalte die Y von deutschen Firmen, er halte sich aber im fraglichen Zeitraum nur zu 20% in Deutschland und zu 80% in Tschechien auf, unterhalte dort aber keinen Wohnsitz.
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Es sei Sache des Klägers, den Sachverhalt, der in seinem Wissensbereich liege und auch Auslandsberührung aufweise, entsprechend seiner erweiterten Mitwirkungspflicht aufzuklären.
21
Mit Beschluss vom 02.03.2023 wurde der Rechtsstreit auf die Einzelrichterin übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung-FGO).
22
Der Streitwert der Klage übersteigt nicht 500 €; das Gericht bestimmt sein Verfahren nach billigem Ermessen (§ 94a FGO). Die Beteiligten hatten ausreichend Gelegenheit, sich vor der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu äußern.
23
Auf die vorliegenden Akten sowie die Schriftsätze im gerichtlichen Verfahren wird im Einzelnen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der KFZ-Steuerbescheid zuletzt vom 31.05.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.06.2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
25
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben.
26
Die dem Klägervertreter bekanntgegebene Einspruchsentscheidung datiert auf den 02.06.2022. Geht man – was aus der Behördenakte unklar ist, da hier der Entwurf auf 02.05.2022 datiert, nachdem der 31.05.2022 durchgestrichen ist, und der Absendestempeleintrag auf den 03.05.2022 lautet – von einer Aufgabe zu Post frühestens am Tag der Datierung der Einspruchsentscheidung 02.06.2022 aus, so gilt nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO die Einspruchsentscheidung am 05.06.2022 als zugegangen. Da dieser Tag Pfingstsonntag und der Folgetag Pfingstmontag und damit Feiertag ist, gilt die Einspruchsentscheidung am nächsten Werktag, dem 07.06.2022, als zugegangen. Auf diesen Zugangstag beruft sich auch der Kläger. Die Klagefrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO beginnt am 08.06.2022 zu laufen und endet am 07.07.2022. An diesem Tag wurde die Klage erhoben.
27
II. Der KFZ-Steuerbescheid zuletzt vom 31.05.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.06.2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
28
Der Beklagte ist zu Recht vom Vorliegen einer widerrechtlichen Benutzung ausgegangen.
29
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) unterliegt der Kraftfahrzeugsteuer die widerrechtliche Benutzung von Fahrzeugen.
30
a) Eine widerrechtliche Benutzung im Sinne dieses Gesetzes liegt gemäß § 2 Abs. 5 S. 1 KraftStG vor, wenn ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen im Inland ohne die verkehrsrechtlich vorgeschriebene Zulassung benutzt wird. Eine Besteuerung wegen widerrechtlicher Benutzung entfällt, wenn das Halten des Fahrzeugs von der Steuer befreit sein würde oder die Besteuerung bereits nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 KraftStG vorgenommen worden ist (§ 2 Abs. 5 S. 2 KraftStG).
31
b) Nach § 3 Abs. 1 S. 1 Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr – FZVdürfen Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind. In einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassene Fahrzeuge dürfen vorübergehend am Verkehr im Inland teilnehmen, wenn für sie von einer zuständigen Stelle des anderen Mitgliedstaates oder des anderen Vertragsstaates eine gültige Zulassungsbescheinigung ausgestellt und im Inland kein regelmäßiger Standort begründet ist (§ 20 Abs. 1 S. 1 FZV).
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c) Von der Steuer befreit ist das Halten von ausländischen Personenkraftfahrzeugen und ihren Anhängern, die zum vorübergehenden Aufenthalt in das Inland gelangen, für die Dauer bis zu einem Jahr. Die Steuerbefreiung entfällt, wenn die Fahrzeuge der entgeltlichen Beförderung von Personen oder Gütern dienen oder für diese Fahrzeuge ein regelmäßiger Standort im Inland begründet ist (§ 3 Nr. 13 KraftStG).
33
d) Der regelmäßige Standort eines Fahrzeuges wird durch seine tatsächliche Verwendung bestimmt; es ist der Ort, von dem aus das Fahrzeug unmittelbar zum öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt wird und an dem es nach Beendigung des Einsatzes ruht. Indiziell ist dies der regelmäßige Wohnsitz des Halters bzw. Fahrers (vgl. FG Hamburg, Urteile vom 20.12.2016, 4 K 71/16, juris; vom 14.04.2011, 2 K 246/10, juris; vom 16. November 2020 4 K 56/20, juris; vgl. BFH-Urteil vom 21.11.1989 VIII R 59/87, BFH/NV 1992, 602, zur Vorgängerregelung des § 23 Abs. 1 S. 1 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung – StVZO).
34
e) Nach der Kommentierung in Strodthoff, KraftStG Kommentar, § 1 Rz. 74, am Ende, liegt eine widerrechtliche Benutzung eines ausländischen Fahrzeugs nicht vor bei einem ausländischen Firmenfahrzeug, wenn dieses dem Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland vom Arbeitgeber mit Sitz im Ausland zur Verfügung gestellt wird, auch nicht bei privater Nutzung durch den Arbeitnehmer. In diesen Fällen verbleibe die Verfügungsmacht über das Fahrzeug bei dem Arbeitgeber als Halter mit Sitz im Ausland.
35
2. Die Feststellungs- und Beweislast für die steuerbegründenden Umstände trägt der Beklagte, die Feststellungs- und Beweislast für die steuerbefreienden Umstände der Kläger.
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3. Nach § 76 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 FGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung – AO -gelten sinngemäß.
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Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen (§ 90 Abs. 2 AO). Damit trifft den Kläger, der sich auf Vorgänge im Ausland beruft, eine erweiterte Mitwirkungspflicht.
38
4. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt sich Folgendes:
39
Halter des Fahrzeugs ist die Y, eine Kapitalgesellschaft nach tschechischem Recht. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Y ist der Kläger. Ob die Geschäftsführerstellung aus einer Organ-Stellung für die Y oder aufgrund Anstellungsvertrags herrührt, ist aus dem Vortrag nicht erkennbar; Verträge wurden nicht vorgelegt.
40
Der Kläger hat seinen Wohnsitz in 1 (BRD). Weitere Wohnsitze in Deutschland und Tschechien sind weder bekannt noch benannt. Zwar hat der Kläger vorgetragen, einen Wohnsitz in Tschechien und in Deutschland zu haben, dies aber trotz Nachfrage nicht substantiiert. Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger nur einen Wohnsitz in Deutschland hat.
41
b) Der Beklagte hat zu Recht eine Besteuerung des Fahrzeugs wegen widerrechtlicher Benutzung von Fahrzeugen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Abs. 5 S. 1 KraftStG vorgenommen.
42
Das Fahrzeug mit dem amtlichen tschechischen Kennzeichen X wurde im Besteuerungszeitraum 18.03.2021 bis 16.04.2021 auf öffentlichen Straßen im Inland ohne die verkehrsrechtlich vorgeschriebene Zulassung durch den Kläger benutzt. Für das Fahrzeug ist im Inland ein regelmäßiger Standort begründet.
43
Die Feststellungs- und Beweislast für das Vorliegen der steuerbegründenden Umstände liegt beim Beklagten. Hierzu gehört auch das Vorliegen eines regelmäßigen Standorts im Inland.
44
Das Fahrzeug ist nicht auf den Kläger, sondern auf die Y zugelassen.
45
Der typische Fall eines im Inland wohnhaften Halters eines im Ausland zugelassenen Fahrzeugs, in dem indiziell davon ausgegangen wird, dass der regelmäßige Wohnsitz derjenige Ort ist, von dem aus das Fahrzeug unmittelbar zum öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt wird und an dem es nach Beendigung des Einsatzes ruht, ist vom Sachverhalt nicht gegeben.
46
Der Kläger ist nicht mit dem ausländischen Halter des Fahrzeugs gleichzusetzen, da der Kläger und die Y als Körperschaft des tschechischen Rechts verschiedene Rechtspersönlichkeit haben.
47
Eine Fallgestaltung wie in der Kommentierung in Strodthoff, KraftStG Kommentar, § 1 Rz. 74, am Ende, dargestellt, wonach eine widerrechtliche Benutzung eines ausländischen Fahrzeugs bei einem ausländischen Firmenfahrzeug nicht vorliege, wenn dieses dem Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland vom Arbeitgeber mit Sitz im Ausland zur Verfügung gestellt werde, da in diesen Fällen die Verfügungsmacht über das Fahrzeug bei dem Arbeitgeber als Halter mit Sitz im Ausland verbleibe, liegt im Streitfall nicht vor.
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Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die Willensbildung bei der Y und damit auch die Einräumung und Ausübung der Verfügungsmacht am Fahrzeug durch den Kläger als alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer selbst erfolgt. Daher kann der Kläger ohne Einschränkung über das Fahrzeug der Y verfügen; seine Disposition über das Fahrzeug wird nicht durch eine Verfügungsmacht der Y überlagert, da er diese selbst bildet und ausübt. Entgegenstehendes ist weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen. Einen schriftlichen Vertrag für die Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger gibt es nicht.
49
Diese Verhältnisse rechtfertigen es nicht, aus der Haltereigenschaft der Y eine Verfügungsmacht der Y abzuleiten, die eine widerrechtliche Benutzung durch den Fahrer des ausländischen Fahrzeugs ausschließt; vielmehr ist auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen und damit auf die Frage, ob für das Fahrzeug im Inland ein regelmäßiger Standort begründet ist.
50
Nach den Feststellungen des Beklagten, die der Kläger nicht angegriffen hat, war von Oktober 2019 bis Mitte Dezember 2021 kein Fahrzeug in Deutschland auf den Kläger zugelassen.
51
Der Kläger unterhält seinen einzigen Wohnsitz in Deutschland.
52
Das Gericht folgert aus dem Wohnsitz des Klägers als Fahrer des Fahrzeugs sowie aus dem Umstand, dass ihm in der betreffenden Zeit kein anderes Fahrzeug zu Verfügung stand, das Indiz, dass der regelmäßige Wohnsitz des Klägers derjenige Ort ist, von dem aus das Fahrzeug unmittelbar zum öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt wird und an dem es nach Beendigung des Einsatzes ruht, somit, dass für das Fahrzeug ein regelmäßiger Standort im Inland am Wohnsitz des Klägers als Fahrer begründet ist (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 20.12.2016, 4 K 71/16, juris).
53
Dieses Indiz hat der Kläger nicht entkräftet:
54
Der Kläger hat zwar vorgetragen, es sei durchaus vorgekommen, dass auch andere Mitarbeiter der Firma mit dem fraglichen Fahrzeug gefahren seien und es ihnen zur Verfügung gestellt worden sei. Substantiierte Ausführungen hierzu, die die Indizwirkung des Wohnsitzes des Klägers infrage stellen könnten, hat der Kläger hierzu jedoch nicht gemacht.
55
Weiter hat der Kläger zwar ausgeführt, einen Wohnsitz in Tschechien und in Deutschland zu unterhalten und wechselweise verschiedene Fahrzeuge der Firma zu benutzen. Das Fahrzeug werde überwiegend von Tschechien aus eingesetzt und auch wieder in Tschechien oder an einem anderen Ort abgestellt. Hierzu hat er als Fahrtenbuch bezeichnete Aufzeichnungen vorgelegt, die den Zeitraum von 02.03.2021 bis 29.04.2021 abbilden. Auf die weitere Frage des Gerichts, zu welchen Zeiten bzw. mit welchen Zeitanteilen sich der Kläger unter Benutzung des Fahrzeugs von Januar bis April 2021 an seinen Wohnsitzen in Tschechien bzw. in Deutschland aufgehalten habe, teilte er mit, er habe sich im Zeitraum Januar bis April 2021 zu weniger als 20% an seinen Wohnsitzen in Deutschland aufgehalten; 80% des Aufenthaltszeitraums habe in Tschechien stattgefunden. Wenn sich der Kläger, vor allem zu betrieblichen Zwecken in Deutschland befunden habe, sei er meistens wieder nach Tschechien zurückgefahren. Dort habe es in Tschechien in der Garage gestanden.
56
Dieser Vortrag vermag die Indizwirkung nicht zu entkräften. Das Vorbringen des Klägers wird nur mit den als Fahrtenbuch bezeichneten Aufzeichnungen belegt. Diese nennen zwar -so viel ist dem Kläger zuzugebenhäufig im fraglichen Besteuerungszeitraum 3 (CZE) als Ausgangsort der Fahrten. Die Aufzeichnungen sind jedoch wegen erheblicher Zweifel an ihrer Richtigkeit und Schlüssigkeit ungeeignet, das Dargestellte zu belegen und das o.g. Indiz zu entkräften. Hinsichtlich der angegebenen Fahrziele sind logische Sprünge vorhanden, da teils Fahrten an anderen Orten enden, als sie am Folgetag oder am gleichen Tag wieder angetreten werden (etwa 22./23.03., 25.03.2021). Die Angabe der gefahrenen Kilometer passt nach Abfrage mit dem Routenplaner google maps bei Fahrten teils nicht zur gefahrenen Route, so etwa am 19.03. (alle Fahrten) und 22.03. (alle Fahrten) und 07.04.2021 (Fahrt 5). Der Kläger gibt wiederholt (24.03., 29.03., 30.03., 31.03., 01.04., 03.04., 05.04., 07.04., 08.04., 11.04., 12.04., 16.04.2021) an, von 3 (CZE) nach 6 und zurück gefahren zu sein und dabei 257 km zurückgelegt zu haben. Dies ist unplausibel, da bei Wahl der schnellsten Verbindung über die Autobahnen E50 und A93 schon für die einfache Strecke 169 km und bei Wahl der kürzesten Straßenverbindung über die Route 27, Route 26, B20, B85 und B16 155 km einfach zu fahren sind.
57
Ein Anzeichen oder Beleg für einen regelmäßigen Standort des Fahrzeugs im Ausland ergibt sich aus diesen Aufzeichnungen nicht.
58
Die Nichterweislichkeit des Vortrags des Klägers zu den Verhältnissen des Fahrzeugs im Ausland geht zu Lasten des Klägers. Sein Vorbringen kann die Indizwirkung des inländischen Wohnsitzes des Klägers nicht entkräften.
59
Die Dauer der Besteuerung von 18.03.2021 bis 16.04.2021 entspricht der Mindestbesteuerungsdauer von einem Monat (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG). Steuerschuldner ist der Kläger als Person, die das Fahrzeug im Inland benutzt (§ 7 Nr. 2 KraftStG).
60
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.