Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 12.05.2023 – AN 4 E 23.697
Titel:

Nicht-anonymisierte Bekanntmachung nach dem Geldwäschegesetz auf der Internetseite der Aufsichtsbehörde

Normenketten:
GwG § 57
Geldwäsche-RL Art. 60
GrC Art. 4, Art. 15 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Veröffentlichung auf einem Internetpranger kommt einem Eingriff in die Berufsfreiheit jedenfalls dann gleich, wenn sie direkt auf Marktbedingungen konkret individualisierbarer Unternehmen zielen und die Markt- und Wettbewerbsbedingungen des betroffenen Unternehmens verändern. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
2. Um den hiermit einhergehenden Konsequenzen für den jeweiligen Marktteilnehmer angemessen begegnen zu können, ist von einer namentlichen Bekanntgabe abzusehen und die Eintragung zu anonymisieren. (Rn. 44 – 49) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Gewand der Anonymisierung ist angesichts der drohenden Verschiebung der Marktverhältnisse unabhängig von der im Raum stehenden Vorwegnahme der Hauptsache geboten. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
4. Normzweck der Geldwäscherichtlinie sind general- und spezialpräventive Überlegungen. Die Verpflichteten sollen durch die Regelung zu verstärkten Compliance-Bemühungen angehalten werden, weil die öffentliche Bekanntmachung von Verstößen zu einer Prangerwirkung führt, mit der Betroffene bloßgestellt werden. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Internetpranger, Veröffentlichung nach Geldwäschegesetz, Unternehmer, Luxusmarkensegment, Luxusuhren, Verletzung der Verdachtsmeldepflicht, Anonymisierung, Berufsfreiheit
Fundstellen:
NZWiSt 2024, 17
LSK 2023, 11969
BeckRS 2023, 11969
LMuR 2024, 41

Tenor

1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, auf seiner Internetseite in der vorliegenden nichtanonymisierten Form weiterhin zu veröffentlichen, dass gegen die Antragstellerin ein bestandskräftiger Einziehungsbescheid wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Meldepflicht nach § 43 GwG erging.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.
3. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Bekanntmachung einer gegen sie ergangenen Einziehungsmaßnahme auf der Internetseite des Antragsgegners.
2
1. Die Antragstellerin betreibt als Einzelkauffrau unter ihrer Firma seit längerem ein …geschäft in N* … Bei der Staatsanwaltschaft … wurde ursprünglich ein Ermittlungsverfahren geführt, wonach ein ehemaliger Kunde im Zeitraum zwischen 26. April 2013 und 23. Dezember 2014 bei der Antragstellerin mehrere … erwarb und mit inkriminierten Bargeld bezahlte. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die Antragstellerin wurde laut Mitteilung vom 23. Dezember 2021 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
3
Mit Schreiben vom 3. Juni 2022 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin im Verfahren über die Einziehung von Taterträgen nach § 29a OWiG an. Im Raum standen 53 Fälle der Verletzung der Verdachtsmeldepflicht bei der Erlangung hoher Bargelderträge. Mit selbständiger Mitteilung vom 14. Oktober 2022 wurde die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner bestandskräftige Maßnahmen und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen nach § 57 Abs. 1 GwG auf ihrer Internetseite bekanntzumachen habe. Im weiteren Verlauf erließ der Antragsgegner am 14. November 2022 zuletzt einen Bescheid, wonach die Einziehung von 113.640,70 EUR angeordnet wurde.
4
Der anwaltliche Vertreter beantragte mit Schreiben vom 9. Dezember 2022 unter Berufung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Bekanntmachung nach § 57 GwG in anonymisierter Form erfolgen solle. Mit Schreiben vom 12. Januar 2023 wurde die Antragstellerin durch den Antragsgegner zur beabsichtigten Veröffentlichung formal angehört. Hierzu nahm die Antragstellerin mit Schreiben vom 20. Januar 2023 Stellung und führte zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, zum Schutz personenbezogener Daten und zum generalpräventiven Zweck des § 57 GwG aus.
5
Vor Antragstellung wandte sich die Antragstellerin mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 3. April 2023 erneut an den Antragsgegner und forderte das Löschen der zwischenzeitlich erfolgten Bekanntmachung. Der Antragsgegner trat dieser Forderung mit Schreiben vom 5. April 2023 entgegen.
6
2. Die Internetseite des Antragsgegners über die Veröffentlichung bestandskräftiger Maßnahmen und unanfechtbarer Bußgeldentscheidungen nach § 57 Abs. 1 des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) enthält zum Zeitpunkt der Antragstellung folgende Eintragung:
7
Art und Charakter des Verstoßes: Verstoß gegen Meldepflicht (§ 43 GwG).
8
Art der Maßnahme: Einziehungsbescheid i. H. v. … €.
9
Bestands- bzw rechtskräftig seit: …
10
Für den Verstoß verantwortliche natürliche und juristische Person oder Personenvereinigung: …
11
3. Der anwaltliche Vertreter beantragt mit Schriftsatz vom 6. April 2023:
12
1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, auf seiner Internetseite weiterhin zu veröffentlichen, dass gegen die Antragstellerin ein bestandskräftiger Einziehungsbescheid wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Meldepflicht nach § 43 GwG erging.
13
2. Hilfsweise zu 1.: Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, auf seiner Internetseite in der vorliegenden nichtanonymisierten Form weiterhin zu veröffentlichen, dass gegen die Antragstellerin ein bestandskräftiger Einziehungsbescheid wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Meldepflicht nach § 43 GwG erging.
14
Im Rahmen der Antragsbegründung führt der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin im Wesentlichen aus, ein wesentlicher Bestandteil des Geschäfts der Antragstellerin (gut 60%) bestehe aus der Veräußerung von … Dieser Anteil sei überlebenswichtig. Für die prestigeträchtigen … habe die Antragstellerin eine entsprechende Vertriebskonzession, welche zum Anbieten … notwendig sei. Diese Konzessionen seien selten und bei ihrer Vergabe werde sehr viel Wert auf das Image der Vertragspartner gelegt. Die kleinste Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Vertragsparteien oder die geringsten Zweifel an der Redlichkeit der Händler führe zum Entzug der Konzession durch den … Der Internetpranger nach § 57 Abs. 1 GwG sei erst im Jahr 2017, also zeitlich nach der vorgeworfenen Tat, eingeführt worden und setze das sanktionierende Instrument des „Naming and Shaming“ nun auch im Geldwäscherecht um. Die Antragstellerin sei der Auffassung, dass die vorgeworfene Tat bereits verjährt gewesen sei, habe den Einziehungsbescheid jedoch im Interesse des Rechtsfriedens akzeptiert und den fraglichen Betrag ohne Anerkennung einer Rechtspflicht entrichtet.
15
Der Antragsgegner habe die Veröffentlichung vorgenommen, ohne auf die Argumentation der Antragstellerin näher einzugehen. Diese habe erst kürzlich von der Veröffentlichung erfahren. Bis auf den Eintrag der Antragstellerin seien alle anderen Einträge ausnahmslos anonymisiert erfolgt, auch solche, die höhere Geldbeträge zum Gegenstand hatten. Die Veröffentlichung zur Anonymisierung der Antragstellerin habe der Antragsgegner abgelehnt.
16
Die Veröffentlichung stelle einen Realakt dar, so dass er auf der Ebene des Eilrechtsschutzes mit § 123 Abs. 1 VwGO anzugreifen sei. Die Veröffentlichung greife in die Berufsfreiheit und in das Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin ein und erweise sich aus mehreren, selbständig tragenden, Gründen als rechtswidrig. Die Antragstellerin habe daher einen Folgenbeseitigungsanspruch auf Unterlassen der weiteren Veröffentlichung. Die Rechtswidrigkeit ergebe sich aus den folgenden Gründen:
- Der Internetpranger habe strafrechtlichen Charakter, so dass das strafrechtliche Rückwirkungsverbot zu beachten sei. Hiergegen verstoße die Veröffentlichung, da sie auf einer ab dem 26. Juni 2017 gültigen Norm basiere und eine Tat aus (spätestens) 2014 betreffe.
- Für die Veröffentlichung existiere keine ausreichende Rechtsgrundlage. § 57 Abs. 1 GwG ermögliche nur eine Veröffentlichung von „bestandskräftigen Maßnahmen und unanfechtbaren Bußgeldentscheidungen“. Im konkreten Fall gehe es um eine Einziehung nach § 29a OWiG, welche weder eine „Maßnahme“ nach GwG (sicherheitsrechtliche spezialgesetzliche Anordnung) noch eine „Bußgeldentscheidung“ im Sinne der Rechtsgrundlage darstelle.
- Die herangezogene Rechtsgrundlage ermögliche die Veröffentlichung der Firma der Antragstellerin nicht. Nach § 57 Abs. 1 Satz 2 GwG seien „die für den Verstoß verantwortlichen natürlichen Personen und juristischen Personen oder Personenvereinigungen“ zu nennen.
- Die Veröffentlichung sei als gerichtlich nach § 114 Satz 1 Alt. 1 VwGO analog überprüfbare Ermessensüberschreitung rechtswidrig. Der Antragsgegner habe sein Ermessen im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) auf eine anonymisierte Veröffentlichung hin gebunden. Die Ermessensüberschreitung liege unter mehreren Aspekten vor.
- Die Veröffentlichung sei vor dem Hintergrund des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen … und der Antragstellerin existenzgefährdend für den Betrieb der Antragstellerin. Die Veröffentlichung sei damit unverhältnismäßig mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht und auf die Berufsfreiheit der Antragstellerin.
- Es sei unverhältnismäßig mit der Veröffentlichung im Internetpranger eine Sanktionswirkung durch die Hintertür herbeizuführen, wenn schon die zugrundeliegende Einziehung keinen sanktionierenden Charakter habe.
- Die Veröffentlichung sei weiter deshalb unverhältnismäßig, weil die Antragstellerin auch ohne diese ihre Pflichten nach dem GwG zwischenzeitlich vorbildlich umsetze. Sie habe sich seit 2016 laufend in Fragen der Geldwäscheprävention beraten lassen, halte die Anforderungen des GWG an Prüfung, Dokumentation und Umsetzung strikt ein, verfüge über aktuelle Arbeitsanweisungen, habe zwei Geldwäschebeauftragte ernannt und erst am 12.01.2023 eine externe GwG-Schulung (auch) ihrer Mitarbeiter durchführen lassen.
17
Der Anordnungsgrund ergebe sich aus den Schäden, welche die Veröffentlichung für die Reputation, die Vertrauenswürdigkeit und das Geschäft der Antragstellerin in jeder Sekunde bedeute. Ferner habe die Veröffentlichung enorme finanzielle Auswirkungen und könne die Aufkündigung der Geschäftsbeziehung durch die Luxusuhrenhersteller bedeuten, was existenzgefährdend für den Betrieb der Antragstellerin sei.
18
Im weiteren Vorbringen ergänzt und vertieft der anwaltliche Vertreter seine Argumentation.
19
4. Mit Schreiben vom 28. April 2023 erwidert der Antragsgegner und beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
20
Der Antragsgegner führt im Rahmen der Antragserwiderung im Wesentlichen aus, zum Sachverhalt sei zunächst klarzustellen, dass die Antragstellerin mehrmals auf die Bekanntmachung nach § 57 Abs. 1 GwG hingewiesen worden sei. Die von der Antragstellerin auf die Anhörung vom 12. Januar 2023 hin abgegebene Stellungnahme sei berücksichtigt und mit Schreiben vom 2. Februar 2023 sei die Bekanntmachung nochmals angekündigt worden.
21
Im Übrigen sei der Antrag unbegründet, da kein Anordnungsanspruch bestehe. Die Veröffentlichung sei rechtmäßig aufgrund § 57 Abs. 1 GwG ergangen. Der Einziehungsbescheid sei eine zu veröffentlichende Maßnahme im Sinne der Vorschrift. Unproblematisch sei ferner die Veröffentlichung der Firma der Betroffenen gewesen. Nach § 57 Abs. 1 Satz 3 GwG sei der Name der natürlichen Person bekanntzumachen, was dann erst recht für die Firma der Antragstellerin zulässig sein müsse.
22
Die Veröffentlichung verstoße weiter nicht gegen das strafrechtliche Rückwirkungsverbot, da es sich bei § 57 GwG nicht um eine Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG handele. Als Bestrafung im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG sei jede staatliche Maßnahme anzusehen, die eine „missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein schuldhaftes Verhalten“ darstelle (BVerfG, Beschluss vom 11.06.1969 – 2 BvR 518/66, NJW 1969, 2192). § 57 GwG verfolge das Ziel, dass die Verpflichteten verstärkt darauf achten sollen, sämtliche Bestimmungen des GwG einzuhalten, um einen Reputationsschaden zu vermeiden (Glos/Hildner/Glasow CCZ 2017, 83, 88). Damit diene die Bekanntmachung der Gefahrenabwehr zur Verhinderung von Geldwäsche. Eine mögliche Missbilligung im Zusammenhang mit der Bekanntmachung von bestandskräftigen Maßnahmen und von unanfechtbaren Bußgeldentscheidungen könne allenfalls ein Sekundärmotiv sein, während sie primär der Durchsetzung der Gefahrenabwehr diene.
23
Die namentliche Nennung der Antragstellerin sei verhältnismäßig, weshalb auch der Hilfsantrag unbegründet sei. Es liege keine Selbstbindung des Antragsgegners aufgrund Art. 3 Abs. 1 GG dahingehend vor, dass jede Veröffentlichung in anonymisierter Form durchzuführen sei. Es habe sich um Einzelfallentscheidungen gehandelt, deren Umstände aus den Veröffentlichungen nicht ersichtlich seien (HessVGH, B.v. vom 04.08.2022 – 6 B 134/22 –, juris Rn. 29). Im Übrigen habe die Regierung von Niederbayern als weitere in Bayern für den Nichtfinanzsektor (§ 50 Nr. 9 GwG i.V.m. § 8a S. 1 Nr. 1 ZustV) zuständige Behörde verschiedene namentliche Veröffentlichungen vorgenommen. Beide Behörden seien dem Antragsgegner zuzurechnen. Im Übrigen nehmen auch Aufsichtsbehörden anderer Bundesländer regelmäßig namentliche Veröffentlichungen vor, was dort auch bei deutlich kleineren Bußgeldern geschehe.
24
Ferner sei auch der Eingriff in die Berufsfreiheit oder in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin gerechtfertigt gewesen. Die Regelung verfolge den Zweck, erhebliche generalpräventive Wirkung und Reintegration (Reue) des Betroffenen zu erreichen. Hintergrund der Einführung des § 57 GwG in das Sanktionen-Regime sei, dass rein finanzielle Sanktionen bei Verstößen gegen die Regulierung der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsbekämpfung nicht mehr als angemessen streng und abschreckend angesehen worden seien, um das als erheblich normwidrig und sozialschädlich angesehene Verhalten zu sanktionieren (Herzog in: Herzog, 4. Auflage 2020, GwG § 57, Rn. 1 f.). Dieser Zweck werde durch die Veröffentlichung gefördert, da sie die abschreckende Wirkung sowohl in general- als auch spezialpräventiver Hinsicht fördere und signalisiert werde, dass eine Einziehung nach § 29a OWiG auch andere treffen könne.
25
Die namentliche Veröffentlichung sei erforderlich gewesen. Eine abschreckende Wirkung trete insbesondere dann ein, wenn Name bzw. Firma der betroffenen Person öffentlich bekannt gemacht werden. Unterließe man generell Namensnennungen, so wäre dies angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung rechtswidrig (HessVGH, B.v. 04.08.2022 – 6 B 134/22 –, juris Rn. 13).
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Die Schwere des Eingriffs stehe nicht außer Verhältnis zu den rechtfertigenden Gründen einer Veröffentlichung. Die nicht anonymisierte Veröffentlichung stelle nach § 57 Abs. 1 GwG den Regelfall dar (so auch Art. 60 Abs. 1 der RL (EU) 2015/849 – 4. EU-Geldwäscherichtlinie erkennbar; vgl. HessVGH, a. a. O. zu § 60b KWG). Liegen die Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 GwG nicht vor, so sei aufgrund der gebundenen Entscheidung unter Namensnennung zu veröffentlichen (HessVGH, a. a. O., Rn. 11 f.). Im Weiteren betont der Antragsgegner die Schwere der im Raum stehenden Sorgfaltspflichtverletzung.
27
Gegenüber diesen Verstößen müsse das Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin zurücktreten. Die Erreichung der Zwecke der General- und Spezialprävention zur Abwehr von Gefahren durch Geldwäsche überwiegen. Der Eingriff werde bereits dadurch relativiert, dass die Antragstellerin negative Öffentlichkeitsinformationen durch rechtswidriges Verhalten selbst veranlasst habe, umgekehrt also den Eingriff durch rechtstreues Verhalten verhindern konnte (vgl. BVerfG, B.v. 21.03.2019 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 – juris Rn. 36). Mit Bekanntmachungen im Bereich des Lebensmittelrechts verglichen liege die Schwere des hier vorliegenden Verstoßes deutlich über der dort üblichen Schwelle. Nach § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB müssten Verstöße bereits veröffentlicht werden, wenn ein Bußgeld von mindestens 350 Euro zu erwarten sei.
28
Ohnehin werde die Bekanntmachung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch dadurch gerecht, dass zum einen nach § 57 Abs. 1 GwG nur bestandkräftige Maßnahmen veröffentlicht werden dürfen. Dadurch werde sichergestellt, dass die Verstöße rechtskräftig durch die Behörde oder das Gericht festgestellt worden seien und nicht lediglich Verdachtsfälle publik gemacht werden. Zum anderen sei die Veröffentlichung auf 5 Jahre befristet (§ 57 Abs. 4 Satz 1 GwG).
29
5. Der gerichtlichen Aufforderung an den Antragsgegner, bis zu einer Entscheidung des Gerichts jedenfalls die hilfsweise begehrte Anonymisierung vorzunehmen, kam dieser am 11. April 2023 nach. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
30
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist im Hilfsantrag begründet. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, vor dem Hintergrund drohender Nachteile für ihr Unternehmen, einen Anspruch auf vorläufige Anonymisierung der streitgegenständlichen Bekanntmachung im tenorierten Umfang zu haben.
31
Ein Anspruch auf die vorläufig vollständige Löschung der Bekanntmachung wurde hingegen nicht glaubhaft gemacht, weshalb der Antrag im Übrigen abzulehnen war.
32
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, als auch ein Anordnungsgrund nach § 920 Abs. 2 i.V.m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen. Da die streitgegenständliche Bekanntmachung mangels Regelungswirkung keinen Verwaltungsakt darstellt, kommt vorliegend auch kein Antrag auf § 80 Abs. 5 VwGO in Betracht (Pelz in BeckOK, 13. Ed. Stand: 1.3.2023, § 57 GwG Rn. 13). Das Gesetz ordnet die Bekanntmachung nach obligatorischer Anhörung als Realakt an und es ergeht keine nach außen wirkende Entscheidung über das „Ob“ der Bekanntmachung.
A.
33
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch auf Folgenbeseitigung (Ziffer 1) hinsichtlich der im Hilfsantrag beantragten Anonymisierung glaubhaft gemacht. Es bestehen bereits Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der anzuwendenden Rechtsgrundlagen mit grundrechtlichen Normierungen, insbesondere hinsichtlich der Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 der Grundrechtecharta (GRC) und dem Verbot erniedrigender Behandlung nach Art. 4 GRC (vgl. Ziffer 2). Die Frage der Vereinbarkeit ist im streitgegenständlichen Eilverfahren aber nicht entscheidungserheblich, da die konkrete Rechtsgrundlage des § 57 des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten – Geldwäschegesetz vom 23. Juni 2017 (BGBl. I 2017, S. 1822) i. d. F. von Art. 12 des Gesetzes vom 10. März 2023 (BGBl. I Nr. 64) (im Folgenden: GwG) die Anonymisierung zugunsten der Betroffenen vor dem Hintergrund der Umstände des Einzelfalles mit Blick auf ihre Berufsfreiheit ermöglicht und vorliegend dementsprechend anzuwenden war, was zu dem Folgenbeseitigungsanspruch führt (Ziffer 3).
34
Ein Anspruch auf komplettes Löschen der Eintragung ist dagegen mangels inhaltlicher Zuordnung zur Antragstellerin nicht ersichtlich (Ziffer 4).
35
1. Der im Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Anonymisierung der streitgegenständlichen Bekanntmachung basiert auf dem Rechtsinstitut des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs. Dieses ist gewohnheitsrechtlich anerkannt (BayVGH, U.v. 19.10.2018 – 8 ZB 18.1235 – juris Rn. 11). Die ursprünglich dogmatische Herleitung erfolgte in Analogie zu § 1004 BGB unter Heranziehung der grundgesetzlichen Normierungen des Rechtsstaatsprinzips, des effektiven Rechtsschutzes und der Freiheitsgrundrechte.
36
Notwendige Voraussetzung der Folgenbeseitigung ist, dass durch hoheitliches Handeln ein fortdauernd rechtswidriger Zustand herbeigeführt worden ist und die Folgenbeseitigung rechtlich und tatsächlich möglich ist (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 49a Rn. 30 f.).
37
Der fortdauernde Zustand ist vorliegend die Eintragung der gegen die Antragstellerin ergangenen Einziehung auf der Internetseite des Antragsgegners. Die Eintragung in nicht anonymisierter Form ist jedenfalls rechtswidrig mit Blick auf die Berufsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG. Für das komplette Löschen fehlt es dagegen an einem Bezug zur Antragstellerin, der einen Eingriff darstellen könnte.
38
2. Es bestehen darüber hinaus aber schon erhebliche Bedenken an der Vereinbarkeit der vom Antragsgegner angewendeten Rechtsgrundlagen mit den nach Art. 6 Abs. 1 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) verbindlichen Vorschriften der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), namentlich mit der Berufsfreiheit aus Art. 15 Abs. 1 GRC sowie mit dem Verbot der erniedrigenden Behandlung aus Art. 4 GRC.
39
Nach § 57 Abs. 1 GwG sind bestandskräftige Maßnahmen und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen, die die zuständige Behörde wegen eines Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz verhängt haben, auf einer hierfür vorgesehenen Internetseite bekannt zu machen. Die Vorschrift basiert auf Art. 60 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zur Nutzung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (ABl. L 141 v. 5. Juni 2015, S. 73 – 117) (im Folgenden: Richtlinie oder RL 849/15). § 57 GwG und Art. 60 RL 849/15 sehen mit Blick auf die Angemessenheit der Rechtsanwendung Ausnahmen für den Einzelfall vor (vgl. § 57 Abs. 2 und 3 GwG sowie Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 RL 849/15). Ferner wird eine Höchstdauer der Bekanntmachung von fünf Jahren vorgeschrieben, wiederum mit der Möglichkeit einer kürzeren Bekanntmachungsdauer im Hinblick auf die Angemessenheit im Einzelfall (vgl. § 57 Abs. 4 GwG sowie Art. 60 Abs. 3 RL 849/15).
40
Normzweck der RL 849/15, die ihrerseits auf korrespondierende Überlegungen aus einem Beschluss der Kommission aus dem Jahr 2010 (KOM(2010)/716) basiert, sind general- und spezialpräventive Überlegungen (vgl. v.a. KOM(2010)/716, S. 13). In der Literatur wird hierzu weiter ausgeführt, dass die Verpflichteten durch die Regelung zu verstärkten Compliance-Bemühungen angehalten werden sollen. Denn die öffentliche Bekanntmachung von Verstößen führt zu einer Prangerwirkung, mit der Betroffene bloßgestellt werden (Pelz in BeckOK, 13. Ed. Stand: 1.3.2023, § 57 GwG Rn. 2).
41
Trotz Ziffer 65 der Erwägungen von RL 849/19, wonach diese im Einklang mit der Grundrechtecharta steht, hat das Gericht erhebliche Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Bekanntmachungspflicht mit Art. 4 und 15 Abs. 1 der GRC. Unabhängig von der normativ betonten Möglichkeit, Einzelfallumstände zu berücksichtigen, scheint die Normierung von einer unverhältnismäßigen Mittel-Zweck-Relation auszugehen.
42
Aus der Bekanntmachung und ihrer Prangerwirkung ergeben sich für die Betroffenen erhebliche Folgen. Es ist zu erwarten, dass sich Geschäftspartner vor dem Hintergrund der fehlenden Geldwäscheprävention abwenden. Aufgrund der weltweit verfügbaren Informationen einer Bekanntmachung im Internet, ist ein langfristiger Reputationsschaden und eine dauerhafte Stigmatisierung zu befürchten, die zu einem wirtschaftlichen „Todesurteil“ des Betroffenen führen kann (Pelz a.a.O.; Herzog, a.a.O. sowie Rn. 5). Gerade im Internet besteht die Gefahr, dass sich die Information verselbständigt und das Unternehmen weiter über die beabsichtigte spezialpräventive Reuewirkung dauerhaft schädigt (vgl. Herzog a.a.O.). Das gilt zumal es spezialisierte Internetseiten gibt, die andere Seiten archivieren, so dass gelöschte Informationen dauerhaft verfügbar bleiben (vgl. etwa archive.org). Vor diesem Hintergrund wäre die begrenzende Wirkung der normativ vorgeschriebenen Veröffentlichungsdauer nicht gewährleistet. Ferner ist zu berücksichtigen, dass gerade Unternehmen zum Teil erheblichen Aufwand auf ihr Markenimage verwenden, was durch die Bekanntmachung potenziell konterkariert wird. Insgesamt können diese Folgen nicht davon abhängig sein, dass die Bekanntmachung möglichst gut auf der Internetseite der zuständigen Behörde versteckt ist, wie es scheinbar Ziel des Antragsgegners ist. Deshalb stellt sich vorliegend die Frage, ob eine Betroffenheit der Berufsfreiheit aus Art. 15 Abs. 1 GRC nach Art. 52 GRC schon auf Normenebene überhaupt gerechtfertigt sein kann.
43
Der Normgeber erwartet durch die beschämende Situation, in die der Betroffene gebracht werden solle, die Reintegration (Reue) des Betroffenen, der nicht wieder in eine solche Situation gelangen will. Dabei darf man nicht übersehen, dass solche Bloßstellungen den Kernbereich der Würde des Betroffenen berühren (Herzog in Herzog, Geldwäschegesetz, 4. A. 2020, § 57 Rn. 1). Mit der in der Literatur verwendeten Bezeichnung der Veröffentlichung als „Internetpranger“ wird sprachlich aufgezeigt, dass mit dem hier beabsichtigten Bloßstellen an eine mittelalterliche Bestrafung angeknüpft wird, bei der der Delinquent öffentlich zur Schau gestellt wurde und zum Teil auch misshandelt werden durfte. Wenn etwas „angeprangert“ wird, wird es öffentlich benannt und kritisiert. Dementsprechend wird auch von „naming and shaming“ gesprochen (vgl. Herzog in Herzog, Geldwäschegesetz, 4. A. 2020, § 57 Rn. 1). Die bloßstellende Wirkung wirft die Frage mit der Vereinbarkeit des Schutzes vor erniedrigender Behandlung aus Art. 4 GRC und seinem Menschenwürdegehalt auf (Borowsky in Meyer/Hölscheidt, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 5. A. 2019, Art. 4 Rn. 13).
44
3. Die unter Ziffer 2 aufgeworfenen Rechtsfragen können für die konkrete Entscheidung offenbleiben, denn die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch auf Folgenbeseitigung bereits auf Grundlage der gesetzlich normierten Rechtslage glaubhaft gemacht. Sie hat glaubhaft gemacht, dass die nicht anonymisierte Veröffentlichung der Einziehungsmaßnahme aufgrund der Bedingungen des Luxusmarktsegmentes, in dem die Antragstellerin tätig ist, außer Verhältnis zu ihrer Berufsfreiheit steht und damit unter Verstoß gegen § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GwG erfolgt ist.
45
Nach § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GwG ist eine Bekanntmachung nach Abs. 1 aufzuschieben, solange die Bekanntmachung personenbezogener Daten aus sonstigen Gründen unverhältnismäßig wäre. Laut Satz 2 der Vorschrift kann eine anonymisierte Bekanntmachung erfolgen, wenn hierdurch ein wirksamer Schutz (nach Satz 1 Nr. 1) gewährleistet wird.
46
Die Antragstellerin ist mit ihrem Betrieb sachlich und persönlich Trägerin der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Veröffentlichung auf einem Internetpranger kommt einem Eingriff in die Berufsfreiheit jedenfalls dann gleich, wenn sie direkt auf Marktbedingungen konkret individualisierbarer Unternehmen zielen und die Markt- und Wettbewerbsbedingungen des betroffenen Unternehmens verändern (vgl. BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 zur Regelung der Veröffentlichungspflicht nach § 40 Abs. 1a LFGB). Vorliegend ist absehbare Folge der Veröffentlichung eine drohende, ganz erhebliche, Veränderung ihrer Marktsituation, die sich mit den ursprünglichen spezial- und generalpräventiven Überlegungen der Norm, unabhängig von der unter Ziffer 2 dargestellten Fragen zur Vereinbarkeit mit Art. 15 Abs. 1 und Art. 4 GRC, nicht rechtfertigen lässt.
47
Diese Veränderung der Marktsituation ergibt sich aus dem drohenden Entzug von Vertriebskonzessionen. Die Antragstellerin hat ausgeführt, dass sie einen erheblichen Teil ihres Umsatzes mit … macht. Für diese Hersteller habe sie jeweils eine spezielle Konzession, die nur schwer zu erlangen und dementsprechend begehrt seien. Die Hersteller machen nach Vortrag die Vergabe einer solchen Konzession von einem makellosen Ruf des Konzessionsnehmers abhängig. Dementsprechend laufe die Antragstellerin Gefahr die Konzession zu verlieren, wenn ihr Unternehmen in Verbindung mit einer Geldwäschemaßnahme gebracht werde.
48
Diese Konsequenzen wurden auch glaubhaft gemacht. Gerade das Segment von Luxuskonsumgütern im obersten Preissegment dürfte im Wesentlichen von Überlegungen hinsichtlich Markenimage, Exklusivität und Marktverknappung beherrscht sein. Dementsprechend schätzt das Gericht es auch als naheliegend ein, dass bei den Herstellern dieser Güter kein Bezug zu strafrechtlichen Machenschaften gewünscht ist, da dies dem Markenimage schaden könnte, der aber zugleich einen wesentlichen Aspekt des Marktwertes von Luxusgütern ausmacht. Den von der Antragstellerin aufgezeigten Folgen ist der Antragsgegner nicht entgegengetreten und hat sie auch nicht in seine Abwägungswertung mit einbezogen.
49
Darüber hinaus ergibt sich die fehlende Verhältnismäßigkeit der Maßnahme auch daraus, dass die die Antragstellerin bezeichnende Eintragung hervorsticht. Unabhängig von der Frage des eine Verwaltungspraxis auslösenden Rechtsträgers ist ihre Eintragung die einzige Einziehung unter einer Reihe vieler Bußgeldbescheide und ferner als einzige nicht anonymisiert.
50
4. Der Anordnungsanspruch der Antragstellerin geht nicht weiter als die begehrte Anonymisierung. Sie hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr unabhängig von der Anonymisierung ein schwerer Schaden für ihren Geschäftsbetrieb droht bzw. dass aufgrund der anonymisierten Eintragung, allein das Nennen der Maßnahme auf sie zurückgeführt werden kann. Dementsprechend fehlt es an einem Eingriff in Rechte der Antragstellerin, weshalb sie auch keinen Anspruch auf Folgenbeseitigung geltend machen kann.
B.
51
Vorliegend ist ein Anordnungsgrund gegeben. Ein Anordnungsgrund besteht, wenn es dem Rechtsschutzsuchenden nicht zugemutet werden kann, den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. A. 2018, § 123 Rn. 80). Im konkreten Fall sind diese Nachteile auch so schwerwiegend, dass die geregelte Vorwegnahme der Hauptsache gerechtfertigt erscheint. Die durch die Veröffentlichung erfolgte Rechtsverletzung trägt unmittelbar die Gefahr in sich, dass sich die Marktverhältnisse aufgrund einer drohenden Kündigung ihrer Konzessionen zu ihren Lasten verändern. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung war damit unabhängig von der im Raum stehenden Vorwegnahme der Hauptsache geboten.
C.
52
Eine weitergehende Anordnung war vom Gericht nicht zu treffen, insbesondere konnte vorliegend die Klageerhebung nicht angeordnet werden.
53
§ 123 Abs. 1 VwGO ordnet ausdrücklich an, dass das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand schon vor Klageerhebung treffen kann. Das Gericht kann zwar nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 926 Abs. 1 ZPO die Klageerhebung anordnen. Hierfür ist aber der Antrag der Gegenseite, also des Antragsgegners, erforderlich (Happ in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung. 16. Auflage 2022, § 123 Rn. 67a), der zum Entscheidungszeitpunkt nicht vorlag.
54
Weiter wurde die fragliche Homepage des Antragsgegners nach Kenntnis des Gerichts auch noch nicht archiviert, so dass dem Antragsgegner auch keine weitergehende Maßgabe zur Sicherung der Rechte der Antragstellerin aufzuerlegen war (zu dieser Möglichkeit vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO).
D.
55
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, da die Antragstellerin nur im Hilfsantrag durchgedrungen ist und damit lediglich teilweise obsiegt hat.
E.
56
Der Streitwert basiert auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG unter Anlehnung an Nr. 54.2 des Streitwertkataloges 2013. Im Raum steht eine empfindliche Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs der Antragstellerin, so dass der Betrag für Gewerbeuntersagungen heranzuziehen war. Da die Entscheidung die Hauptsache vorwegnimmt, war der volle Betrag anzusetzen (Vgl. Ziffer 1.5 Streitwertkatalog 2013).