Titel:
zum Ausschluss von Zirkussen, die Wildtiere zur Schau stellen
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12, Art. 28 Abs. 2 S. 1
BV Art. 1 Abs. 2 S. 2, Art. 83 Abs. 1, Art. 118 Abs. 1 S. 1
BayGO Art. 7 Abs. 1, Art. 21, Art. 57 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Die Einschränkung der Widmung einer öffentlichen Einrichtung (Festplatz) auf Zirkusse, die keine Wildtiere mitführen und/oder zur Schau stellen, durch Beschluss des Gemeinderats liegt im Rahmen der Verbandskompetenz der Gemeinde. (Rn. 27 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gemeindlicher Festplatz, Zulassung eines Zirkus, Widmungsbeschränkung, Wildtierverbot, öffentliche Einrichtung, Zirkus, Wildtiere, Verbandskompetenz, Berufsfreiheit
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 25.05.2023 – 4 CE 23.854
Fundstellen:
RÜ 2023, 537
LSK 2023, 10795
BeckRS 2023, 10795
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Beteiligten streiten um die Zulassung eines Zirkusunternehmens zu einem städtischen Platz.
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Der Stadtrat der Antragsgegnerin hatte in der Sitzung vom 22. Februar 2017 auf Initiative des Jugendbeirats beschlossen, dass die Widmung der öffentlichen Veranstaltungsplätze „… Wiese“ und „…anger“ dahingehend geändert werde, dass Gastspiele von Zirkussen, welche Wildtiere mitführen und/oder zur Schau stellen, aus Gründen des Tierschutzes künftig nicht mehr zugelassen würden. Nach entsprechender Anpassung der Tarifordnung Nr. 10 der Antragsgegnerin für die Benutzung der Festplätze „…anger“ und „… Wiese“ werden Gastspiele von Zirkussen, welche Wildtiere mitführen und/oder zur Schau stellen, ab sofort nicht mehr zugelassen (vgl. Präambel Abs. 2 der Fassung vom 5. April 2017).
3
Der Antragsteller, ein Zirkusunternehmen, bewarb sich bei der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 3. März 2023 um ein Gastspiel in dem Zeitraum Mai/Juni 2023. Der Bewerbung war u.a. eine tierschutzrechtliche Erlaubnis des Landratsamts E. … vom 16. Januar 2013, geändert durch Bescheid vom 23. Juni 2022, beigefügt, in der als zugelassene Tierarten unter anderem vier rote Riesenkängurus, sechs Großkamele und zwei Zebras aufgeführt waren. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit E-Mail vom 10. März 2023 mit Verweis auf den Stadtratsbeschluss ab. Dem Schreiben des Landratsamts sei zu entnehmen, dass vier Riesenkängurus und sechs Großkamele gehalten würden.
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Am 17. April 2023 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach anfänglichem E-Mail-Verkehr habe eine Bedienstete der Antragsgegnerin dem Antragsteller zunächst telefonisch mitgeteilt, dass der Platz „…anger“ vorzugswürdig sei, das Gastspiel jedoch am 10. März 2023 überraschend abgelehnt. Auf ein anwaltliches Schreiben vom 22. März 2023 habe die Antragsgegnerin dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 30. März 2023 telefonisch mitgeteilt, dass nach der am Vortag stattgefundenen Sitzung des Stadtrats an der Absage festgehalten werde. Eine Klage in der Hauptsache wäre nicht rechtzeitig. Die Antragsgegnerin sei nicht berechtigt, das Mitführen von Tieren beliebiger Art auf Grundlage des Stadtratsbeschlusses zu unterbinden. Vorliegend gehe es um das „Ob“ des Zugangs zu einer städtischen Fläche. Diese Frage sei öffentlich-rechtlich ausgestaltet und ausschließlich nach den Regelungen des öffentlichen Rechts zu beurteilen (insbesondere kommunalrechtliche Nutzungsbestimmungen, Art. 3 Abs. 1 GG, öffentlich-rechtliche Widmungsbestimmungen). Dem Antragsteller stehe ein Anspruch auf eine beschränkungslose Nutzung zu (vgl. VG Hannover, B.v. 12.1.2017 – 1 B 7215/16; OVG Lüneburg, B.v. 2.3.2016 – 10 ME 4/17; VG Schwerin, B.v. 29.5.2017 – 1 B 1269/17 SN; OVG Greifswald, B.v. 4.07.2017 – 2 M 369/17; VG Chemnitz, B.v. 19.5.2017 – 1 L 371/17; VG Minden, B.v. 22.11.2017 – 9 L 1574/17; VG Meinigen, B.v. 6.3.2018 – 2 E 203/18 ME; VG Ansbach, B.v. 27.2.2019 – AN 4 E 19.00277; OVG Bautzen, B.v. 5.6.2019 – 4 B 441/18; VG Darmstadt, B.v. 29.3.2022 – 3 L 409/22.DA). Der Antragsteller verlange die Zurverfügungstellung einer (zumindest faktisch) öffentlich gewidmeten städtischen Fläche in Gestalt eines der beiden vorhandenen Festplätze, vorzugsweise des auch von der Antragsgegnerin bevorzugten Platzes „…anger“. Offensichtlich und unstreitig würden die öffentlichen Plätze im Gebiet der Antragsgegnerin, insbesondere auch der begehrte städtische Festplatz, zu verschiedensten Zwecken genutzt. Die Weigerung der Antragsgegnerin, dem Antragsteller die Flächen einschränkungslos, also ohne Beschränkung hinsichtlich der mitgeführten Tiere, zur Verfügung zu stellen, stelle einen Eingriff in die Rechte des Antragstellers dar. Der Antragsteller verfüge über eine tierschutzrechtliche Erlaubnis gemäß § 11 TierSchG, sodass er berechtigt sei, bundesweit diskriminierungsfrei öffentliche Einrichtungen wie jeder andere in Anspruch zu nehmen. Eine kommunalrechtliche Einschränkung der legitimen Nutzung, die durch die tierschutzrechtliche Erlaubnis gemäß § 11 TierSchG nach Bundesrecht eröffnet werde, scheide mangels Regelungskompetenz der Kommune aus. Eine etwaige Widmungseinschränkung für die städtischen Flächen sei diskriminierend und unrechtmäßig, da im Hinblick auf das Mitführen von Tieren bei bestehender tierschutzrechtlicher Erlaubnis keine Kompetenz für derartige Regelungen vorliege. Zudem werde der Antragsteller gegenüber anderen Unternehmen diskriminiert. Darüber hinaus liege mit der Weigerung der Zurverfügungstellung öffentlich gewidmeter Flächen ein nicht gerechtfertigter Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit vor.
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Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorzugsweise den städtischen Platz „…anger“ oder den städtischen Platz „… Wiese“ ohne Beschränkung der mitzuführenden Tiere in einem 10 Tage umfassenden Zeitraum im Monat Mai 2023, vorzugsweise zwischen dem 14. Mai 2023 (Anfahrt) und dem 23. Mai 2023 (Abfahrt) zur Verfügung zu stellen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 26. April 2023 im Wesentlichen ausgeführt, es sei schon kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Für den Antragsteller als Ortsfremden bestehe kein kommunalrechtlicher Zulassungsanspruch nach Art. 21 GO. Grundlage für das Zulassungsbegehren sei die Widmung der auch ortsfremden Nutzern offen stehenden Festplätze „…anger“ und „… Wiese“ in Verbindung mit dem aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV folgenden Gleichbehandlungsanspruch, was im Folgenden vertieft wurde. Die in der Tarifordnung Nr. 10 der Antragsgegnerin für die Benutzung der vorgenannten Festplätze in der gültigen Fassung vom 5. April 2017 enthaltene Widmungsbeschränkung beruhe auf einem Stadtratsbeschluss vom 22. Februar 2017. Diese seitdem in der Praxis auch so vollzogene Widmungsbeschränkung sei nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin verkenne nicht, dass die überwiegende Rechtsprechung entsprechende Widmungsbeschränkungen für unzulässig erachte. Demgegenüber habe die erkennende Kammer in einer Entscheidung zu einer vergleichbaren Fallgestaltung eine entsprechende Widmungsbeschränkung mit zutreffenden Erwägungen gebilligt (vgl. VG München, U.v. 6.8.2014 – M 7 K 13.2449). Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeute dies, dass die Widmungsbeschränkung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden sei, sodass kein Anspruch auf Zulassung zu den Festplätzen ohne Beschränkung der mitzuführenden Tiere bestehe. Es werde klargestellt, dass die Antragsgegnerin nichts gegen eine Platzvergabe an den Antragsteller einzuwenden habe, sofern dieser auf ein Mitführen von Wildtieren verzichten würde. Mit der tierschutzrechtlichen Erlaubnis nach § 11 TierSchG werde lediglich geregelt, dass der Antragsteller Tiere gewerblich zur Schau stellen dürfe. Nicht geregelt werde dagegen, dass er dies an jedem Ort nach freiem Belieben tun dürfe. Insofern sei nämlich zu berücksichtigen, dass der Antragsgegnerin ein Gestaltungsspielraum bezüglich des inhaltlichen Umfangs der Nutzungen sowie des Gesamtbilds der auf den in ihrem Eigentum stehendenden Festplätzen stattfindenden Veranstaltungen zustehe. Dieser Gestaltungsspielraum würde zu weit verengt, wenn sie den Platz, den sie grundsätzlich für Unterhaltungsveranstaltungen zur Verfügung stellen wolle, für jede denkbare Art rechtlich zulässiger Unterhaltungsveranstaltungen zur Verfügung stellen müsste. Auf die Spitze getrieben würde dies bedeuten, dass eine Kommune nicht einmal kommerzielle Striptease-Shows (oder Schlimmeres) per Widmungsbeschränkung ausschließen könne oder bei einem kommunalen Theater sämtliche Theatergruppen ungeachtet ihrer Qualität und der Vereinbarkeit des Programms mit dem künstlerischen Gesamtkonzept des Theaters zulassen müsse. Die Situation sei vielmehr mit der Ausgestaltung eines Volksfests vergleichbar. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe bereits entschieden, dass es für eine Gemeinde etwa möglich sei, (legale) Warenverlosungsgeschäfte von der Teilnahme auszuschließen, da sie nach der Meinung der Stadt nur wenig zur Attraktivität des Volksfests beitrügen (BayVGH, U.v. 17.2.1999 – 4 B 96.1710). Auch sei es rechtmäßig und von der Gestaltungsfreiheit umfasst, wenn eine Gemeinde auf einem Volksfest den Verkauf von T-Shirts und Kinderspielzeug zulasse, den Verkauf von Modeschmuck/Tiffany aber ablehne (BayVGH, B.v. 29.5.1995 – 22 CE 95.1756). Generell komme den Gemeinden bei der Auswahl von Fahrgeschäften bzw. Essens- und Verkaufsständen eine Ausgestaltungsbefugnis zu (BayVGH, B.v. 12.7.2012 – 4 CE 10.1535). Diesen Fallgestaltungen sei gemein, dass es sich um den auf Art. 21 GO gestützten Ausschluss rechtlich zulässiger Nutzungen handele. Der Antragsteller könne sich nicht darauf berufen, dass die Gemeinde seinen Zirkusbetrieb ohne Beschränkung der mitzuführenden Tiere zuzulassen habe, denn eine auf geänderten Bevölkerungswünschen beruhende Widmungsbeschränkung bezüglich des Mitführens von Wildtieren sei nicht zu beanstanden. Es werde angemerkt, dass der Eingriff in die Berufsfreiheit des Antragstellers denkbar geringer ausfalle als in den vorgenannten Konstellationen, da dieser auf das Mitführen von Wildtieren verzichten könne. Die Durchführung der weiteren Programmpunkte mit beispielsweise Akrobaten oder domestizierten Tieren bleibe ihm unbenommen. Zudem entfalle der Zulassungsanspruch auch deshalb, weil sich der Antragsteller in der Vergangenheit im Hinblick auf das Mitführen von Wildtieren als unzuverlässig erwiesen habe. So seien in der Vergangenheit wohl bereits Kängurus entlaufen, wozu weiter ausgeführt wurde. Da freilaufende Kängurus insbesondere für den Straßenverkehr erhebliche Gefahren begründen könnten, könne eine Zulassung einschließlich des Mitführens von Wildtieren auch unter diesem Aspekt nicht in Betracht kommen. Weiter habe die Tierschutzorganisation PETA wohl im November 2021 Anzeige beim Kreisveterinäramt E. … erstattet, da der Antragsteller ein einzeln gehaltenes Zebra-Jungtier mitgeführt und damit gegen Tierschutzrichtlinien verstoßen habe, woraufhin die Behörde wohl ein Verfahren zur Vergesellschaftung des Zebras eingeleitet habe. Vorgelegt wurde eine PETA-Pressemitteilung vom … Dezember 2022.
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Der Bevollmächtigte des Antragstellers erwiderte am 2. Mai 2023 im Wesentlichen, es sei bezeichnend, wenn sich eine Gebietskörperschaft auf Veröffentlichungen einer radikalen Tierrechtsorganisation berufe. Tierschutzrechtliche Verstöße lägen beim Antragsteller nicht vor und könnten auch nicht den kommunalrechtlichen Zugangsanspruch zu öffentlichen Einrichtungen beeinträchtigen. Es gehe ausschließlich um das „Ob“ der Zurverfügungstellung einer öffentlichen Fläche. Die Widmungseinschränkung sei bereits aufgrund der fehlenden Regelungskompetenz rechtswidrig, das Tierschutzrecht sei abschließend durch Bundesrecht geregelt. Der Antragsteller verfüge über eine bundesweit gültige tierschutzrechtliche Erlaubnis, etwaige tierschutzrechtliche Verstöße seien durch Mittel des Tierschutzgesetzes und nicht durch Versagung eines Zugangsanspruchs zu ahnden. Solange und soweit der Antragsteller über eine tierschutzrechtliche Erlaubnis verfüge, könne ihm der Zugang zu öffentlichen Flächen, die entsprechend (faktisch) gewidmet seien, nicht versagt werden. Hiervon sei die „Zuverlässigkeit“ wegen behaupteter tierschutzrechtlicher Verstöße in der Vergangenheit zu trennen. Diese würden in Abrede gestellt. Selbst wenn diese eingetreten wären, könne ihnen nicht mit einer rechtswidrigen Widmungseinschränkung begegnet werden, sondern allenfalls mit konkret-individuellen Maßnahmen gegenüber dem Erlaubnisinhaber. Vorliegend gehe es ausschließlich um das „Ob“ des Zugangs zu einer öffentlichen Fläche und der Rechtmäßigkeit einer auf Tierschutzgründen beruhenden Widmungseinschränkung. Derartige Gründe könnten Widmungseinschränkungen nicht rechtfertigen. Eine Zuverlässigkeit sei von vornherein nicht Tatbestandsmerkmal des öffentlich-rechtlichen Zugangsanspruchs. Die Widmungseinschränkung sei auch nicht gefahrenabwehrrechtlich begründet. Der Ausbruch von Tieren oder ähnliches seien nicht Grundlage des Stadtratsbeschlusses gewesen. Ansonsten hätten auch Haustiere oder Nutztiere verboten werden müssen, denn von diesen gingen in Bezug auf abstrakte Ausbruchsgefahren dieselben Wirkungen wie von Wildtieren aus.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist für das gegenständliche Eilverfahren eröffnet. Der Antragsteller macht in der Sache das Bestehen eines Anspruchs auf Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung geltend, sodass Art. 21 GO bzw. Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 Satz 1 BV in Verbindung mit entsprechenden Widmungsbestimmungen als mögliche Anspruchsgrundlagen im Rahmen des hoheitlichen Verhältnisses der Über- und Unterordnung zu prüfen sind. Streitigkeiten über das Recht auf Nutzung der öffentlichen Einrichtungen der Gemeinden, also der Streit über den Zulassungsanspruch (das „Ob“), werden nach der Zwei-Stufen-Theorie stets im Verwaltungsstreitverfahren entschieden (vgl. Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand: Februar 2022, Art. 21 Rn. 27).
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Der zulässige Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist nicht begründet.
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Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d. h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, nach § 920 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen.
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Der Antragsteller begehrt dabei im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine (vorläufige) Regelung des Gerichts, die bereits auf eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache hinausläuft. Bei einem solchen Begehren sind besonders strenge Anforderungen an das Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zu stellen. Das Gericht kann nämlich grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Eine Vorwegnahme der Hauptsache – wie vorliegend – kommt daher nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, wenn das Abwarten der Hauptsacheentscheidung für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (vgl. BVerwG in st. Rspr., z.B. B.v. 26.11.2013 – 6 VR 3.13 – juris Rn. 5 m.w.N.). Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2018 – 4 CE 18.2417 – juris Rn. 5).
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Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller schon das Bestehen eines Anordnungsgrunds nicht glaubhaft gemacht.
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Der Antragsteller hat nichts vorgetragen, aus dem sich für ihn schwere und unzumutbare Nachteile bei einem Abwarten bis zu einer Hauptsacheentscheidung ergeben könnten. Sein diesbezüglicher Vortrag erschöpft sich in der Aussage, eine Hauptsacheklage wäre nicht rechtzeitig. Inwieweit ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung für den Antragsteller unzumutbar wäre, wurde weder substantiiert dargelegt noch glaubhaft gemacht. Insbesondere kann dem Vortrag schon nicht entnommen werden, worin die ohne Erlass der einstweiligen Anordnung eintretenden schweren und unzumutbaren Nachteile – wie beispielsweise die Gefährdung seiner sozialen, beruflichen oder wirtschaftlichen Existenz – (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 66c; HessVGH, B.v. 8.11.1995 – 14 TG 3375/95 – juris Rn. 10 f.) bestünden. Weder hat der Antragsteller einen etwa eintretenden Schaden dargetan oder beziffert noch hat er dargelegt, dass zumutbare Alternativen – sei es durch ein (erfolgloses) Bemühen um private Alternativflächen oder durch den Verzicht auf das Mitführen der Wildtiere – nicht zur Verfügung stünden oder unzumutbar wären oder er überhaupt auf die Durchführung eines Gastspiels gerade auf den streitgegenständlichen Flächen der Antragsgegnerin angewiesen wäre.
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Darüber hinaus hat der Antragsteller auch das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht.
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Ein Anspruch auf Zulassung zu einem der beiden in Frage stehenden öffentlichen Veranstaltungsplätze „…anger“ und „… Wiese“ dürfte vorliegend nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht gegeben sein, da der Antragsteller ein von der Antragsgegnerin aufgestelltes Zulassungskriterium nicht erfüllt.
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Anspruchsgrundlage für das Zulassungsbegehren des Antragstellers ist Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 Satz 1 BV in Verbindung mit der Widmung der Festplätze „…anger“ und „… Wiese“ auf der Grundlage von Art. 21 GO.
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Nach Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV sind die Gemeinden verpflichtet, im Rahmen der Kapazität alle grundsätzlich Zugangsberechtigten gleich zu behandeln, wenn sie ihre Einrichtungen für bestimmte Veranstaltungen zur Verfügung stellen. Der Zulassungsanspruch besteht im Rahmen der Widmung, die den Umfang der Benutzung in personeller und sachlicher Hinsicht regelt.
21
An den Widmungsakt sind keine förmlichen Voraussetzungen zu stellen. Die Widmung kann durch Satzung oder Beschluss des Gemeinderats ausgesprochen werden, es genügt indes auch eine durch eine Vergabepraxis geformte konkludente Widmung. Für nachträgliche Erweiterungen oder Einschränkungen der Widmung gelten keine anderen Anforderungen (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2013 – 4 CE 13.2125 – juris Rn. 10 f. m.w.N.).
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Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe dürfte es sich bei den in Rede stehenden Festplätzen „…anger“ und „… Wiese“ um eine auch für die Benutzung durch ortsfremde Zirkusse gewidmete öffentliche Einrichtung im Sinne des Art. 21 GO handeln. Dies wurde von den Parteien auch nicht in Frage gestellt. Diese ursprünglich unbeschränkte Widmung wurde durch den Beschluss des Stadtrats der Antragsgegnerin vom 22. Februar 2017 dahingehend eingeschränkt, dass Gastspiele von Zirkussen, welche Wildtiere mitführen und/oder zur Schau stellen, aus Gründen des Tierschutzes künftig nicht mehr zugelassen werden (vgl. TOP 7: Antrag auf Erlass eines Verbotes von Zirkussen mit Wildtieren auf öffentlichen Veranstaltungsplätzen).
23
An der Rechtmäßigkeit der nachträglichen Beschränkung der Widmung dürften keine durchgreifenden Bedenken bestehen.
24
Bei der Ausgestaltung einer öffentlichen Einrichtung kommt der Gemeinde grundsätzlich eine Gestaltungsprärogative zu. Modifikationen der inhaltlichen Ausgestaltung der öffentlichen Einrichtung sind gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar; derartige Regelungen müssen sich durch den Einrichtungszweck vernünftigerweise rechtfertigen lassen und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2003 – 4 CE 03.269 – juris Rn 12 m.w.N.). Wenn dies der Fall ist, kann die Widmung sowohl in persönlicher, als auch in sachlicher Hinsicht eingeschränkt werden (vgl. Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern, Stand: März 2015, Art. 21 GO Anm. 4.3). Auch eine nachträgliche Änderung der Widmung, insbesondere die Einschränkung einer früheren großzügigeren Verwaltungsübung, ist grundsätzlich zulässig und kann ebenfalls durch konkludentes Verhalten erfolgen, wenn ab einem gewissen Zeitpunkt allgemein so verfahren und nicht nur in Einzelfällen willkürlich von der bisherigen Praxis abgewichen wird (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2013 – 4 CE 13.2125 – juris Rn. 11; Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern, Stand: März 2015, Art. 21 GO Anm. 4.3).
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Diese Anforderungen dürften vorliegend erfüllt sein.
26
Die streitgegenständliche Beschränkung der Widmung der in Rede stehenden Festplätze auf Zirkusse, die keine Wildtiere mitführen und/oder zur Schau stellen, wurde vom Stadtrat der Antragsgegnerin bereits am 22. Februar 2017 beschlossen und ist damit weit vor der Bewerbung des Antragstellers am 3. März 2023 um ein Gastspiel erfolgt. Es bestehen damit keine Anhaltspunkte, dass es sich um eine willkürliche Einzelfallentscheidung zulasten des Antragstellers gehandelt hätte.
27
Die Antragsgegnerin dürfte auch die hierfür erforderliche Verbandskompetenz haben.
28
Bei der Bereitstellung gemeindlicher Festplätze (unter anderem) für Zirkusse handelt es sich nicht um eine Pflichtaufgabe der Gemeinde. Weder lässt sich aus Art. 57 Abs. 1 Satz 1 GO oder Art. 140 Abs. 1, 3 BV ein subjektives Recht ableiten, eine bestimmte kulturelle Einrichtung zu schaffen oder zu fördern (vgl. VG München, U.v. 6.8.2014 – M 7 K 13.2449 – juris Rn. 32 m.w.N.; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juli 2022, Art. 21 GO Rn. 14; Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern, Stand: März 2015, Art. 57 GO Anm. 15) noch ist die Gemeinde im Verhältnis zu einem bestimmten Gewerbetreibenden zur Schaffung von Einrichtungen verpflichtet, die ihm die Ausübung seines Gewerbes ermöglichen. Bei freiwilligen Einrichtungen ist es daher grundsätzlich der Gemeinde überlassen, welche Einrichtungen sie schaffen, wie sie sie widmen und wie sie die Benutzung ausgestalten will (vgl. BVerwG, U. v. 18.7.1969 – VII C 56.68 – juris Rn. 37).
29
Nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 1 Abs. 2 Satz 2, 83 Abs. 1 BV, Art. 7 Abs. 1, 57 GO ist das Bestehen der Verbandskompetenz anzunehmen, wenn es sich um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises handelt. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder zu ihnen einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen; auf die Verwaltungskraft der Gemeinde kommt es hierfür nicht an. Es liegt auf der Hand, dass diese Angelegenheiten keinen ein für allemal feststehenden Aufgabenkreis bilden; ebenso ist deutlich, dass dieser auch nicht für alle Gemeinden unerachtet etwa ihrer Einwohnerzahl, flächenmäßigen Ausdehnung und Struktur gleich sein kann (vgl. BVerfG, B.v. 23.11.1988 – 2 BvR 1619/83 – juris Rn. 59 m.w.N.).
30
Bei Benutzungsregelungen für öffentliche Einrichtungen dürfte es sich regelmäßig um Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft handeln, da der spezifische Ortsbezug vorhanden ist. Dies ergibt sich zum einen aus einer systematischen Gesamtschau von Art. 23 Satz 1 und Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO (vgl. Helbich/Schübel-Pfister, JuS 2017, 520/524 mit Verweis auf BVerwG, U.v. 16.10.2013 – 8 CN 1/12 – juris Rn. 16 f.; VG Bayreuth, B.v. 9.9.2019 – B 9 E 19.771 – juris Rn. 32), zum anderen gestaltet die Gemeinde durch die Regelungen zur Benutzung ihre Einrichtung nach ihren Zwecken – wie vorliegend entsprechend dem in dem Antrag des Jugendbeirats und dem hierauf folgenden Stadtratsbeschluss zum Ausdruck kommenden Willen der Bevölkerung, Zirkusse mit Wildtieren künftig nicht mehr zuzulassen – in Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgabe näher aus (vgl. Gottschalk, NVwZ 2019, 1728/1731). Dass vorliegend die Antragsgegnerin – wie es Nr. 1 des Stadtratsbeschlusses vom 22. Februar 2017 zu TOP 7 entnommen werden kann – zugleich das Ziel des Tierschutzes verfolgt, steht dem nicht entgegen. Denn die Gemeinden dürfen bei der Wahrnehmung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben auch überörtliche (Neben-)Ziele verfolgen, wenn diese in einem objektiven Zusammenhang mit der jeweiligen kommunalen Aufgabe stehen und als deren konkretisierende Ausgestaltung verstanden werden können (vgl. BayVGH, U.v. 16.6.2021 – 4 B 20.3008 – juris LS 1, Rn. 25). Ein solcher Zusammenhang dürfte vorliegend gegeben sein, da die grundsätzliche Widmung der Festplätze für Zirkusse überwiegend dem Zweck der Unterhaltung der örtlichen Bevölkerung dient und die Antragsgegnerin mit der streitgegenständlichen Widmungsbeschränkung lediglich dem Wunsch der örtlichen Bevölkerung nach dem Inhalt des Unterhaltungsangebots – nämlich einer Zulassung nur von Zirkussen ohne Wildtiere – Rechnung getragen hat.
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Es unterliegt, wie ausgeführt, der Ausgestaltungsbefugnis der Gemeinde, den räumlichen und inhaltlichen Umfang der Nutzung eines Festplatzes sowie das Gesamtbild der dort stattfindenden Veranstaltungen zu bestimmen (vgl. Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern, Stand: März 2015, Art. 21 GO Anm. 5.3). Im Rahmen ihrer Ausgestaltungsbefugnis kann die Gemeinde frei darüber entscheiden, ob sie einen Platz oder eine sonstige Fläche überhaupt für Zirkusaufführungen widmet (vgl. VG Bayreuth, B.v. 9.9.2019 – B 9 E 19.771 – juris Rn. 29; Nds.OVG, B.v. 2.3.2017 – 10 ME 4/17 – juris Rn. 14). Auch kann sie die Widmung einer Unterhaltungsstätte an der Erwägung ausrichten, diese möglichst attraktiv zu gestalten (vgl. Nds.OVG, B.v. 26.8.1986 – 15 B 1894/86, NVwZ 1987, 518). Entsprechend darf die Gemeinde bei Volksfesten deren Gesamtbild festlegen und die Art der darzustellenden Attraktionen bestimmen. Sie kann die Tradition eines Volksfests nach ihren eigenen Vorstellungen weiterentwickeln und insofern Schwerpunkte setzen und einzelne Arten von Attraktionen bevorzugen (vgl. BayVGH, B.v. 29.5.1995 – 22 CE 95.1756 – Beck RS 1995, 10265). Hierbei umfasst die gemeindliche Ausgestaltungsbefugnis auch die Festlegung der einzelnen Attraktionen etwa bei den Fahrgeschäften und die Auswahl der Imbiss- und Verkaufsstände, die aus der Sicht des Veranstalters ein attraktives Angebot entsprechend den Bedürfnissen der Volksfestbesucher gewährleisten (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2010 – 4 CE 10.1535, VPRRS 2010, 0453; BayVGH, B.v. 11.9.1981 – 4 CE 81 A.1921, NVwZ 1982, 120/121). Die Gemeinde darf weiter bestimmte Geschäfte ausschließen, wenn diese nach ihrer Auffassung nur wenig zur Attraktivität des Volksfests beitragen (BayVGH, U.v.17.2.1999 – 4 B 96.1710 – juris Rn. 32).
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Nach diesen Maßstäben dürfte die Einschränkung der Widmung auf Zirkusse, die keine Wildtiere mitführen und/oder zur Schau stellen, nicht zu beanstanden sein. Nach Auffassung der Kammer können die für Volksfeste geltenden Maßstäbe aufgrund der vergleichbaren Fallgestaltung auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Denn ebenso wie Volksfeste dienen Zirkusse hauptsächlich Unterhaltungszwecken und obwohl die im Rahmen eines Volksfests angebotenen Geschäfte bei Vorliegen etwa erforderlicher gewerbe- oder lebensmittelrechtlicher Erlaubnisse grundsätzlich rechtmäßig ausgeübt werden dürften, ist eine entsprechende, mit Attraktivitätserwägungen begründete Widmungsbeschränkung zulässig. Vorliegend bewegt sich die streitgegenständliche Widmungsbeschränkung im Rahmen des gemeindlichen Gestaltungsspielraums und es ist weder sachfremd noch willkürlich, wenn sich die Antragsgegnerin am Publikumsinteresse oder an den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Bevölkerung orientiert (vgl. VG München, U.v. 6.8.2014 – M 7 K 13.2449 – juris Rn. 33 m.w.N.; B.v. 20.6.2013 – M 7 E 13.2454 – juris Rn. 32). Mit der Einschränkung wird der sowohl in dem Antrag des Jugendbeirats als auch in dem Stadtratsbeschluss vom 22. Februar 2017 zum Ausdruck kommende Wille der örtlichen Bevölkerung, künftig keine öffentlichen Flächen mehr für Zirkusse, die Wildtieren mit sich führen und/oder zur Schau stellen, umgesetzt. Dies entspricht der Zweckbestimmung des Festplatzes als einer – möglichst attraktiven – Unterhaltungsstätte und trägt dem Wunsch der örtlichen Bevölkerung Rechnung, dass kein Bedürfnis mehr nach Unterhaltung durch Zirkusdarbietungen mit Wildtieren besteht. Mit der Widmungsbeschränkung wird ähnlich wie bei Volksfesten bestimmt, welcher Art die Zirkusdarbietungen sein sollen, um ein möglichst attraktives Unterhaltungsangebot entsprechend den Bedürfnissen der Besucher zu erhalten.
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Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 20, 72 Abs. 1 GG für den Regelkomplex des Tierschutzes sowie die Regelung des § 11 TierSchG stehen dem nicht entgegen. Unter dem Begriff des Tierschutzes sind Regelungen zu verstehen, die bei der Haltung, der Pflege, der Unterbringung und Beförderung von Tieren, bei Versuchen mit und beim Schlachten von Tieren zu beachten sind, um ihnen Schmerzen zu ersparen und Schäden zu vermeiden (vgl. Seiler in BeckOK Grundgesetz, Epping/Hillgruber, Stand: 15.2.2023, Art. 74 Rn. 78). Um solche Regelungen geht es vorliegend jedoch nicht. Bei der streitgegenständlichen Widmungsbeschränkung handelt es sich gerade nicht um eine Tierschutzregelung im oben genannten Sinne mit Anforderungen an die Haltung und den konkreten Umgang mit Tieren, sondern um eine Benutzungsregelung für eine öffentliche Einrichtung. Dass die Beschränkung letztlich durch die allgemeinpolitische bzw. ethische Erwägung, die Festplätze Zirkussen mit Wildtieren entsprechend des Einwohnerwillens aus tierschutzrechtlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung zu stellen, motiviert war, dürfte hieran nichts ändern. Denn auch wenn der Bundesgesetzgeber durch die Verordnungsermächtigung und § 11 Abs. 1 Nr. 8 d, Abs. 4 TierSchG inhaltlich umfassend von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, führt dies nicht zu einem gegenüber den Gemeinden beachtlichen Kompetenzkonflikt, da die Antragsgegnerin hier lediglich die Benutzung der streitgegenständlichen Festplätze als öffentliche Einrichtung regelt. Um ein generelles Verbot des gewerbsmäßigen Zurschaustellens oder Mitführens von Wildtieren im Zirkus im Gemeindegebiet handelt es sich gerade nicht, sondern lediglich um die Präferenz bestimmter Veranstaltungstypen auf den Festplätzen (vgl. Helbich/Schübel-Pfister, JuS 2017, 520/524; Gottschalk, NVwZ 2019, 1728/1734; anders z.B. VG Ansbach, B.v. 27.2.2019 – AN 4 E 19.00277 – juris 31 ff.; Nds.OVG, B.v. 2.3.2017 – 10 ME 4/17 – juris Rn. 12 f.; OVG MV, B.v. 3.7.2017 – 2 M 369/17 – juris Rn. 9; SächsOVG, B.v. 5.6.2019 – 4 B 441/18 – juris Rn. 9; VG Minden, B.v. 22.11.2017 – 9 L 1574/17 – juris Rn. 12; VG Meiningen, B.v. 6.3.2018 – 2 E 203/18 Me – juris Rn. 25 f.). Es dürfte daher nicht entscheidungserheblich darauf ankommen, dass die Zurschaustellung der von Antragsteller mitgeführten (Wild-)Tiere rechtlich zulässig ist und der Antragsteller über die entsprechende Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 3d TierSchG zum gewerbsmäßigen Zurschaustellen von Tieren verfügt (vgl. im Ergebnis VG München, B.v. 20.6.2013 – M 7 E 13.2454 – juris Rn. 32).
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Die Widmungsbeschränkung dürfte auch nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen das durch Art. 12 GG garantierte Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit verstoßen. Da die Überlassung der Festplätze an Zirkusse im Rahmen der Leistungsverwaltung erfolgt und es der Antragsgegnerin grundsätzlich freisteht, überhaupt entsprechende Flächen zur Verfügung zu stellen, dürfte schon ein Eingriff in den Schutzbereich nicht gegeben sein. Denn wenn es einer Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrecht freisteht, überhaupt öffentliche Einrichtungen zu schaffen, kann nicht angenommen, dass durch eine teilweise Endwidmung einer öffentlichen Einrichtung in Grundrechte eingegriffen wird (vgl. Penz, KommJur 2017, 241/243 f. m.w.N.; Helbich/Schübel-Pfister, JuS 2017, 520/525; VG Bayreuth, B.v. 9.9.2019 – B 9 19.771 – juris Rn. 34; ähnlich OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 4.11.2019 – OVG 1 S 73.19 – juris LS 4, Rn. 10; anders VG Ansbach, B.v. 27.2.2019 – AN 4 E 19.00277 – juris Rn. 36 f.; VGH BW, B.v. 9.12.2019 – 1 S 2580/19 – juris Rn. 41 f.; SächsOVG, B.v. 5.6.2019 – 4 B 441/18 – juris Rn. 9; NdsOVG, B.v. 2.3.2017 – 10 ME 4/17 – juris Rn. 16; VG Minden, B.v. 22.11.2017 – 9 L 1574/17 – juris Rn. 19; VG Meiningen, B.v. 6.3.2018 – 2 E 203/18 Me – juris Rn. 27 f.) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Grundrechtsausübung auf andere Weise gar nicht mehr möglich wäre. Denn zum einen könnte der Zirkusbetrieb auf eine andere (private) Fläche ausweichen oder aber auch bei den Gastspielen auf das Mitführen bzw. die Zurschaustellung von Wildtieren verzichten. Die Antragsgegnerin hat insofern auch klargestellt, dass sie gegen ein Gastspiel des Antragstellers nichts einzuwenden habe, wenn er auf das Mitführen der Wildtiere verzichte. Ein Vortrag des Antragstellers hierzu ist nicht erfolgt. Dass nicht-kommunale Ausweichflächen generell nicht zur Verfügung stehen, ist nicht anzunehmen (anders NdsOVG, B.v. 2.3.2017 – 10 ME 4/17 – juris Rn. 16; VG Minden, B.v. 22.11.2017 – 9 L 1574/17 – juris Rn. 19; VG Meiningen, B.v. 6.3.2018 – 2 E 203/18 Me – juris Rn. 28).
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Schließlich liegen keine Anhaltspunkte für eine willkürliche Beschränkung der Widmung vor. Wie bereits ausgeführt, wurde die Beschränkung bereits mit Beschluss des Stadtrats vom 22. Februar 2017 getroffen und gilt seither uneingeschränkt und für alle sich bewerbenden Zirkusbetriebe.
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Da der Antragsteller schon aufgrund des Mitführens von Kängurus nicht die Zulassungskriterien der rechtlich nicht zu beanstandenden Widmungsbeschränkung erfüllt, dürfte bereits deshalb kein Zulassungsanspruch bestehen. Daher kommt es vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob es sich darüber hinaus auch bei den in der Ablehnungsentscheidung ebenfalls genannten Großkamelen nach dem allgemeinen Sprachgebrauch um Wildtiere handelt oder ob diese, wie der erste Vorsitzende des Berufsverbands der Tierlehrer e.V. ausführt (vgl. Bl. 14 f. der Behördenakte), nicht als Wildtiere gelten. Aufgrund des nicht bestehenden Zulassungsanspruchs kann gleichfalls dahinstehen, ob die Zulassung des Antragstellers, wie die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren vorgetragen hat, auch aus Gründen mangelnder Zuverlässigkeit bzw. der Gefahrenabwehr abzulehnen wäre, was der Antragsteller bestreitet.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Nr. 1.5, 22.3). Da die Entscheidung die Hauptsache zu einem nicht unerheblichen Teil vorwegnimmt, bestand für eine Reduktion des Streitwerts kein Anlass.