Titel:
Unzulässige Popularklagen gegen Freiflächengestaltungssatzung
Normenketten:
BV Art. 3, Art. 55 Nr. 1, Art. 70, Art. 98 S. 4, Art. 103 Abs. 1, Art. 106 Abs. 3
VfGHG Art. 55 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
Unzulässigkeit zweier Popularklagen gegen eine Freiflächengestaltungssatzung, weil die jeweiligen Antragsteller den Darlegungsanforderungen an eine ausreichende Grundrechtsrüge (insbesondere Verletzung des Eigentumsrechts, Art. 103 Abs. 1 BV) nicht genügt haben. (Rn. 58 – 107)
1. Eine Popularklage ist unzulässig, wenn und soweit eine als verletzt bezeichnete Norm der Verfassung kein Grundrecht gewährt, oder wenn zwar ein Grundrecht als verletzt gerügt wird, eine Verletzung nach Sachlage aber von vornherein nicht möglich ist, weil der Schutzbereich des angeblich verletzten Grundrechts durch die angefochtene Rechtsvorschrift nicht berührt wird. (Rn. 60) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 106 Abs. 3 BV schützt nicht vor einer möglichen Beobachtung einer Wohnung – dieser Begriff umfasst auch eingefriedete Gärten – von außen ohne Einsatz von besonderen technischen Mitteln. (Rn. 77 – 78) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine verfassungswidrige Eigentumsbeschränkung liegt nicht vor, wenn der Normgeber in Ausübung seiner Befugnis, die Eigentumsordnung im Dienst des Gemeinwohls festzulegen, den Inhalt des Eigentums allgemeinverbindlich abgrenzt. (Rn. 85) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Satzung über die Gestaltung der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke, Einfriedungen und die Begrünung baulicher Anlagen in der Stadt, Regensburg, Popularklage, Freiflächengestaltungssatzung, Eigentumsrecht, Verhältnismäßigkeit, Darlegungsanforderungen, Ermächtigungsgrundlage, Unverletzlichkeit der Wohnung, Beobachtung einer Wohnung
Fundstellen:
BayVBl 2023, 480
BeckRS 2023, 10384
LSK 2023, 10384
NVwZ 2023, 1247
NVwZ-RR 2023, 697
Tenor
Die Anträge werden abgewiesen.
Entscheidungsgründe
1
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren betreffen die Frage, ob die Satzung über die Gestaltung der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke, Einfriedungen und die Begrünung baulicher Anlagen in der Stadt R. (Freiflächengestaltungssatzung – FGS) der Stadt R. vom 3. Februar 2020 (ABl Nr. 7) oder jedenfalls einzelne Bestimmungen dieser Satzung (§§ 3, 4, 5, 6, 7 und 10) gegen die Bayerische Verfassung verstoßen.
2
Als Rechtsgrundlage benennt die Stadt R. Art. 81 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2007 (GVBl S. 588, BayRS 2132-1-B), die zuletzt durch § 3 des Gesetzes vom 24. Juli 2019 (GVBl S. 408) geändert worden ist. Die Satzung hat – ohne ihre Anlage „Hinweise zur Artenauswahl (Anlage zu § 3 Abs. 1 Satz 2 Freiflächengestaltungssatzung)“ – folgenden Wortlaut:
Geltungs- und Anwendungsbereich
(1) (Fussnote:Die Satzung bezweckt die Sicherstellung und Förderung einer angemessenen Begrünung und Gestaltung der Baugrundstücke und der baulichen Anlagen. 2Dabei steht eine gute Durchgrünung und eine qualitätsvolle Freiflächengestaltung sowie die Gestaltung und Erhaltung des Ortsbildes im Vordergrund.)Diese Satzung gilt im gesamten Stadtgebiet für die unbebauten Flächen einschließlich der unterbauten Freiflächen der bebauten Grundstücke und für die äußere Gestaltung baulicher Anlagen. 2Sie ist auf Vorhaben anzuwenden, für die nach Inkrafttreten der Satzung ein Bauantrag oder ein die baurechtliche Prüfung umfassender Antrag gestellt wird oder eine Vorlage der Unterlagen im Genehmigungsfreistellungsverfahren erfolgt sowie auf Bauvorhaben, die verfahrensfrei sind. 3Voraussetzung ist, dass die Vorhaben unbebaute Flächen oder unterbaute Freiflächen der bebauten Grundstücke betreffen.
(2) Ein der Satzung entsprechender Zustand ist auf Dauer zu erhalten.
(3) 1Zum Vollzug der Satzung ist ein aussagekräftiger Freiflächenplan vorzulegen. 2Bei verfahrensfreien Vorhaben ist ein solcher nach Aufforderung vorzulegen.
Gestaltung der unbebauten und unterbauten Flächen der bebauten Grundstücke
(1) (Fussnote:Die Geländeoberfläche des Baugrundstücks darf durch Aufschüttungen und Abgrabungen nicht verändert werden. 2Eine Abweichung kann nur erteilt werden, wenn ansonsten das Baugrundstück nicht angemessen genutzt werden kann.)Die nicht überbauten Flächen einschließlich der unterbauten Freiflächen der bebauten Grundstücke sind unter Berücksichtigung vorhandener Gehölzbestände vollständig zu begrünen und mit Bäumen und Sträuchern zu bepflanzen, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Nutzung benötigt werden. 2Es sind standortgerechte Gehölze zu verwenden (Hinweise zur Artenauswahl siehe Anlage). 3Dabei ist pro voller 300 m² unbebauter und unterbauter Fläche mindestens ein Baum erster Wuchsordnung oder pro voller 200 m² unbebauter und unterbauter Fläche mindestens ein Baum zweiter Wuchsordnung zu pflanzen. 4Zusätzlich sind pro voller 500 m² Außenlagerfläche mindestens ein Baum erster Wuchsordnung und ein Baum zweiter Wuchsordnung zu pflanzen. 5Baumpflanzungen nach § 8 Abs. 3 Stellplatzsatzung (StS) sind anzurechnen. 6In begründeten Ausnahmefällen kann auf einzelne Bäume durch eine Abweichung verzichtet werden, wenn diese nach § 5 ausgeglichen werden können; § 9 bleibt unberührt.
(2) 1Zufahrten und Zuwegungen sind auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken. 2Sie sind, soweit die Art der Nutzung und der Untergrund es zulassen, wasserdurchlässig herzustellen. 3Bei Zufahrten, die länger als 6 m sind, müssen statt einer vollflächigen Befestigung geeignete Fahrspuren ausgebildet werden.
(3) 1Die Decken der Tiefgaragen und unterirdischen Bauteile außerhalb von Gebäuden, von Terrassen, Zufahrten und Zuwegungen sind mindestens 0,80 m unter das Geländeniveau abzusenken und ebenso hoch mit fachgerechtem Bodenaufbau zu überdecken und zu begrünen. 2Für Bäume erster Wuchsordnung ist ein Mindestaufbau von 1,20 m im Pflanzbereich einzuhalten.
Aufschüttungen und Abgrabungen
Dach- und Fassadenbegrünung
(1) Eine Abweichung nach § 3 Abs. 1 Satz 6 kann erteilt werden, wenn dies durch eine Dach- oder/und Fassadenbegrünung entsprechend Abs. 2 ausgeglichen werden kann.
(2) 50 m² Dach- und/oder Fassadenbegrünung ersetzen einen Baum erster Wuchsordnung und 25 m² einen Baum zweiter Wuchsordnung.
(3) (Fussnote:Die Vorgärten der Gebäude zwischen wegemäßiger Erschließungsanlage und Gebäudekante sind zu begrünen. 2Sie dürfen nicht als Arbeits- oder Lagerflächen genutzt werden. 3Werden in den Vorgärten Terrassen oder Stellplätze angeordnet, soll zwischen Terrasse oder Stellplatz und Straße ein bepflanzter Streifen mit einer Breite von mindestens 1,50 m angelegt werden.)Unter besonderer Berücksichtigung der Architektur und der örtlichen Verhältnisse sollen geeignete, insbesondere großflächige Außenwände baulicher Anlagen (ab einer geschlossenen Fassade von über 200 m²) mit ausdauernder Vertikalbegrünung ausgestattet werden. 2Als geeignet gelten insbesondere Industrie- und Gewerbegebäude sowie Parkhäuser.
(1) 1Einfriedungen sind in Form von Gehölzpflanzungen (z. B. Hecken) oder offenen Zäunen herzustellen. 2Zäune dürfen eine Höhe von 1,20 m nicht überschreiten. 3Die Sockel der Zäune dürfen eine Höhe von bis zu 20 cm haben. 4Einfriedungen zwischen den Grundstücken sind sockellos auszuführen.
(2) Hiervon kann aus gewichtigen Gründen, z. B. wegen Lärmschutz, besonderer Sicherheitsanforderungen der Nutzung oder besonderer örtlicher Verhältnisse, eine Abweichung nach § 9 erteilt werden.
(3) Die Regelungen des Abs. 1 gelten nicht in Gewerbe- und Industriegebieten und nicht für Terrassentrennwände.
Verhältnis zu Bebauungsplänen und anderen Vorschriften
(1) 1Festsetzungen in rechtsverbindlichen Bebauungsplänen sowie in Vorhabens- und Erschließungsplänen und städtebaulichen Satzungen nach dem Baugesetzbuch (BauGB), die abweichende Regelungen treffen, gehen dieser Satzung vor. 2Die Regelungen anderer örtlicher Bauvorschriften der Stadt Regensburg im Sinn des Art. 81 Abs. 1 BayBO und der Baumschutzverordnung der Stadt Regensburg gelten uneingeschränkt neben dieser Satzung, soweit diese Satzung nicht an anderer Stelle speziellere Regelungen enthält.
(2) Die Belange des Naturschutzes, des Brandschutzes und des Denkmalschutzes bleiben unberührt.
Von den Vorschriften dieser Satzung kann nach der jeweils geltenden Fassung des Art. 63 Bayerische Bauordnung (BayBO) eine Abweichung erteilt werden.
Nach Art. 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBO kann mit Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- 1.
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die Freiflächen nicht entsprechend § 3 Abs. 1 begrünt oder bepflanzt,
- 2.
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die Anforderungen nach § 3 Abs. 2 an Zufahrten und Zuwegungen nicht erfüllt,
- 3.
-
die Anforderungen nach § 3 Abs. 3 an die Gestaltung von Tiefgaragen und unterirdischen Bauteilen nicht erfüllt,
- 4.
-
entgegen § 4 die Geländeoberfläche des Baugrundstücks verändert,
- 5.
-
Einfriedungen entgegen den Anforderungen nach § 6 errichtet oder ändert,
- 6.
-
entgegen § 7 Satz 2 Vorgärten als Arbeits- oder Lagerflächen nutzt.
Diese Satzung tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.
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Die als Anlage zu § 3 Abs. 1 Satz 2 Freiflächengestaltungssatzung beigefügten „Hinweise zur Artenauswahl“ listen zunächst (standortgerechte) Bäume erster und zweiter Wuchsordnung auf und enthalten anschließend eine Negativliste von nicht standortgerechten Bäumen, die verschiedene Nadelhölzer umfasst; diese schließt ab mit dem Zusatz „Keine säulenförmigen, hängenden, pyramidalen Formen.“
4
Die am 3. Februar 2020 ausgefertigte Satzung wurde am 10. Februar 2020 im Amtsblatt der Stadt Regensburg bekannt gemacht.
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1. Verfahren Vf. 27-VII-21
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Die Antragstellerin, eine juristische Person des Privatrechts, wendet sich mit der am 24. März 2021 eingegangenen Popularklage gegen die Freiflächengestaltungssatzung insgesamt. Diese überschreite die gesetzliche Ermächtigung und sei darüber hinaus in vielerlei Beziehung unbestimmt und unverhältnismäßig. Gerügt wird die Verletzung der Eigentumsfreiheit (Art. 103 Abs. 1 BV), des Bestimmtheitsgrundsatzes und der Normenklarheit (Art. 55 Nr. 1 und Art. 70 BV) sowie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art. 3 BV). Hierzu führt die Antragstellerin im Einzelnen aus:
7
a) Das Eigentumsgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 BV werde verletzt, weil die Freiflächengestaltungssatzung den Ermächtigungsrahmen überschreite und daher dieses Grundrecht nicht im Sinn von Art. 103 Abs. 2 BV einschränken könne. Gemäß Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO könnten die Gemeinden durch Satzungen im eigenen Wirkungskreis örtliche Bauvorschriften erlassen über besondere Anforderungen an die äußere Gestaltung von baulichen Anlagen zur Erhaltung und Gestaltung des Ortsbildes, insbesondere zur Begrünung von Gebäuden. Gemäß Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO gelte dies auch für die Gestaltung der Plätze für bewegliche Abfallbehälter, die Gestaltung und Bepflanzung der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke sowie für die Notwendigkeit, Art, Gestaltung und Höhe von Einfriedungen, wobei bestimmt werden könne, dass Vorgärten nicht als Arbeitsflächen oder Lagerflächen benutzt werden dürften. Dieser Rahmen werde durch folgende Bestimmungen überschritten:
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§ 3 Abs. 1 FGS, der nach der Anlage „Hinweise zur Artenauswahl“ sehr ins Einzelne gehend vorschreibe, welche Gehölze für eine Begrünung zu verwenden seien oder nicht, überschreite den Ermächtigungsrahmen trotz des Umstands, dass nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO die Bepflanzung zulässiger Regelungsgegenstand sei. Denn die Artenauswahl gemäß dieser Anlage, durch die „säulenförmige, hängende, pyramidale Formen ausgeschlossen“ seien, erinnere an eine „Pflanzliste“ zu einem Bebauungsplan, die Gemeinden dürften aber keine bauplanerischen Regelungen im bauordnungsrechtlichen Gewand vornehmen. In diesem Zusammenhang habe das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 2. März 1998 Az. 7a D 125/96.NE zutreffend festgestellt, dass Regelungen zur Bepflanzung der unbebauten Flächen bebauter Grundstücke kein Verbot der Anpflanzung einzelner Pflanzenarten zuließen und dies auch nicht als verhältnismäßig anzusehen sei. Dies werde bestätigt durch die Überlegung, dass nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO nur die unbebauten Flächen bebauter Grundstücke geregelt werden dürften, aber die Freiflächengestaltungssatzung das ganze Stadtgebiet, also eine schier endlose Zahl unbebauter Grundstücke betreffe, was wiederum zu Abgrenzungsschwierigkeiten führe.
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Bei § 4 FGS stelle sich die Frage, ob Art. 81 BayBO überhaupt den notwendigen Rahmen für eine Bauvorschrift für Aufschüttungen und Abgrabungen vorgebe.
Darüber hinaus werde damit das Bayerische Abgrabungsgesetz in Regensburg abgeschafft, weshalb ein Verstoß gegen den Vorrang des (Landes-)Gesetzes und somit gegen das Rechtsstaatsprinzip vorliege (Art. 3 BV).
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§ 6 FGS stelle ein grundsätzliches Verbot von Einfriedungen baulicher Art dar. Ein solches totales Verbot sei von Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO, der nur die Höhe von Einfriedungen nenne, nicht gedeckt.
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§ 7 FGS stelle mit seiner Pflicht zur Begrünung von Vorgärten eine gestalterische Regelung zu den überbaubaren Grundstücksflächen dar, die der Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers entzogen sei (vgl. zu Stellplätzen BVerwG vom 31.5.2005 Az. 4 B 14.05). Zwar gehe es vorliegend nicht unmittelbar um Stellplätze, aber doch mittelbar, da zu erwarten sei, dass jedenfalls im Vollzug Stellplätze abgelehnt würden, weil kein bepflanzter Streifen mit einer Breite von mindestens 1,50 m zwischen diesen und der Straße angelegt werden könne. Nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien auch lediglich „mittelbar“ bodenrechtliche Regelungen unzulässig, da die Gemeinden nicht befugt seien, im Gewand bauordnungsrechtlicher Gestaltungsvorschriften bodenrechtliche Regelungen zu treffen; darauf habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (gemeint wohl: das Bundesverwaltungsgericht) im Beschluss vom 10. Juli 1997 Az. 4 NB 15.97 hingewiesen.
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b) Der Grundsatz der Normenklarheit und -bestimmtheit (Art. 55 Nr. 1 und Art. 70 BV), der aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 BV resultiere und besonders strenge Anforderungen bei Ordnungswidrigkeiten stelle, sei durch folgende Vorschriften verletzt:
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§ 3 Abs. 1 FGS sei bezüglich der Abgrenzung von bebauten und unbebauten Grundstücken unbestimmt; dies gelte umso mehr angesichts der Regelungsdichte, da die Freiflächengestaltungssatzung das ganze Stadtgebiet und damit eine schier endlose Zahl unbebauter Grundstücke betreffe. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen habe dies in seiner Entscheidung vom 2. März 1998 schon für ein simples Bebauungsplangebiet angenommen, weshalb dies umso mehr für die ganze Stadt gelte. Außerdem erscheine die Vorschrift insofern widersprüchlich, als ihr Satz 1 Halbsatz 1 eine Ausnahme für Flächen vorsehe, die für eine andere zulässige Nutzung benötigt würden. Es sei offen, wie diese Satzungsregelung sich selbst verstehe. Denn entweder regle die Satzung die Zulässigkeit einer Nutzung – dann würde es sich um einen Zirkelschluss und ein ausnahmsloses Verbot handeln – oder die zulässige Nutzung bestimme sich nach Rechtsnormen außerhalb der Satzung, was dazu führe, dass sie gegenstands- und letztlich sinnlos wäre. Auch die Anlage zu § 3 Abs. 1 FGS (Hinweise zur Artenauswahl) sei unbestimmt. Es sei schwer verständlich, was die nach der Anlage ausgeschlossenen „säulenförmigen, hängenden, pyramidalen Formen“ sein sollten.
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Nach § 3 Abs. 2 FGS seien Zufahrten und Zuwegungen auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken, was völlig unbestimmt sei. Hiermit sei der Verwaltung Tür und Tor geöffnet, sozusagen jeder Zufahrt und jeder Zuwegung vorzuhalten, dass sie „zu groß“ sei.
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§ 6 FGS sei insoweit unbestimmt, als er „offene Zäune“ zulasse.
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c) Durch die Bußgeldbestimmung des § 10 FGS sei der aus Art. 3 BV abzuleitende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt. Der Höchstrahmen einer Geldbuße von bis zu 500.000 € erscheine völlig unverhältnismäßig, da kaum ein Fall denkbar sei, der bei einem Verstoß (beispielsweise) gegen § 10 Nr. 1 FGS bzw. § 3 Abs. 1 FGS diese „Höchststrafe“ rechtfertige. Die Höhe des mit dem Bußgeldrahmen von 500.000 € angedrohten Bußgeldes habe derart abschreckende Wirkung, dass jeder Bewohner Regensburgs von der Nutzung seiner Freiheiten empfindlich abgehalten werde. Gemessen am Regelungsgegenstand erscheine jedenfalls der Bußgeldrahmen völlig unangemessen.
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2. Verfahren Vf. 49-VII-21
18
Die Antragsteller wenden sich mit der am 7. September 2021 eingegangenen Popularklage (ergänzt durch Schreiben vom 4. November und 18. Dezember 2021) ebenfalls gegen die Freiflächengestaltungssatzung insgesamt und hilfsweise nur gegen deren §§ 3, 4, 5, 6, 7 und 10. Sie meinen, dass verfassungsmäßige Bedenken im Hinblick darauf zu erheben seien, ob die Freiflächengestaltungssatzung im Rahmen der geltenden Ermächtigungsgrundlagen erlassen worden sei, und sehen hinsichtlich einzelner Bestimmungen die allgemeine Handlungsfreiheit bzw. das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 101 BV, das Eigentumsgrundrecht nach Art. 103 BV, die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 106 Abs. 3 BV sowie den Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV, auch in seiner Ausprägung als Willkürverbot, als verletzt an. Außerdem rügen sie hinsichtlich einzelner Bestimmungen die Verletzung der Bestimmtheitsanforderungen nach Art. 55 Nr. 1 und Art. 70 BV und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie Falschinformationen und Willkür im Vollzug. Darüber hinaus machen sie Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung, insbesondere durch Falschauskünfte, geltend.
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a) Gegen die Grundrechte gemäß Art. 98, 101, 103, 106 Abs. 3 BV verstießen § 6 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 2, §§ 4 und 7 FGS. § 5 FGS verstoße gegen Art. 103 und 101 BV. § 10 FGS verstoße jedenfalls in Kombination mit allen Regelungen der Satzung, bei denen man letztlich nur im Ermessen der subjektiven Gestaltungsvorstellungen des Bauordnungsamts der Stadt Regensburg liege, gegen Art. 101 BV; zudem erscheine insoweit eine Verletzung des Art. 106 Abs. 3 BV unvermeidbar.
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Art. 101 BV regle die allgemeine Handlungsfreiheit, woraus sich ergebe, dass eine Person innerhalb der Schranken der Gesetze und der guten Sitten alles tun dürfe, was anderen nicht schade, also selbst entscheiden dürfe, wieviel Privatsphäre sie benötige und wieviel nicht. Diese Norm regle das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Das Eigentumsgrundrecht des Art. 103 BV umfasse insbesondere ein Grundstück mit dessen bebauten und unbebauten Flächen. Art. 106 Abs. 3 BV gewährleiste das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung, wobei der Begriff der Wohnung weit ausgelegt werde und hierzu auch die zur Wohnung gehörenden Nebenräume wie Keller, Boden, Garage, eingefriedeter Garten und Hof gehörten. Insbesondere Art. 101 und Art. 106 Abs. 3 BV schützten die räumliche Privatsphäre, in der der Einzelne gemäß geltender Rechtsprechung und herkömmlicher Meinung das Recht habe, „in Ruhe gelassen zu werden“. Damit die in Art. 101, 103, 106 Abs. 3 BV verbürgten Grundrechte überhaupt gewährleistet werden könnten, sei bei einem Grundstück ein gewisser Sichtschutz erforderlich, um Privatsphäre herstellen zu können. Auch die seit 2016 geltende Datenschutz-Grundverordnung diene dem Schutz dieser Grundrechte, insbesondere dem Schutz der Privatsphäre im Sinn von Art. 106 Abs. 3 BV, zumal es in der heutigen Zeit durch die verfügbaren technischen Mittel möglich sei, praktisch jeden komplett zu durchleuchten.
21
§ 6 Abs. 1 FGS verletze diese Grundrechte in mehrfacher Hinsicht. Die Regelung sei strikter als die Bauordnung des Freistaates Bayern, die eine Höhe von bis zu 2 m für Einfriedungen zulasse, und zwar unabhängig davon, welcher Art diese Einfriedung sei. Nur die Bauordnung des Freistaates Bayern scheine im Einklang mit Art. 101, 103, 106 Abs. 3 BV zu stehen, da weder Einfriedungsmauern mit oder ohne Zaun, Einfriedungen in der Kombination aus Gehölzen und Zäunen, höhere Zäune als 1,20 m oder einvernehmliche Sichtschutzzäune zwischen Nachbargrundstücken die Rechte anderer verletzen und/oder gegen sonstige Gesetze und/oder die guten Sitten verstoßen könnten bzw. in Bezug auf sie weder eine gemeine Gefahr oder Lebensgefahr für einzelne Personen und/oder die Notwendigkeit der Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erkennbar seien, welche das grundsätzliche Verbot solcher Einfriedungen rechtfertigen könnten; dies gelte insbesondere für Einfriedungsmauern, die zudem durch den Schutz von Tier- und Pflanzenarten der Artenvielfalt dienten. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, warum Gehölze nicht in Kombination mit Einfriedungszäunen gepflanzt werden dürften, obwohl eine solche Kombination für einen ausreichenden Sichtschutz sogar oft erforderlich sei, insbesondere auch zur (womöglich viel befahrenen) Straße hin, was gerade auch für die Garageneinfahrt und am Gartentor gelte. Eine Pflanzung von Gehölzen ohne Zaun bzw. offene Zäune gewährleiste keinen wirksamen Schutz gegen die Nutzung des Grundstücks durch Dritte und keinen wirksamen Einbruchschutz, wobei Letzteres in Widerspruch zu der mit Steuermitteln finanzierten KfW-Förderung zur Errichtung eines Einbruchschutzes am Haus stehe. Insgesamt schränke die Zulassung nur offener Zäune die Gestaltungsmöglichkeiten für Einfriedungen auf ein absolutes Minimum ein, wobei – dies ergebe sich auch aus einem an die Antragsteller ergangenen Bescheid und einem Schreiben der Oberbürgermeisterin – die Absicht erkennbar sei, einen Lauschangriff zu erleichtern bzw. ohne technische Mittel zu ermöglichen.
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Auch § 3 Abs. 1 FGS verstoße gegen Art. 101, 103 und 106 Abs. 3 BV, weil die dort garantierten Rechte eingeschränkt würden, obwohl nicht ersichtlich sei, wie die Anpflanzung von Pflanzen, die nicht den strengen und sehr einschränkenden Vorgaben der Satzung genügten, per se Rechte anderer verletzen und gegen die Schranken der sonstigen Gesetze oder die guten Sitten verstoßen könnte. Für § 3 Abs. 2 FGS gelte dasselbe.
23
Mangels Vorliegens der oben genannten Einschränkungstatbestände verstießen auch §§ 4 und 7 FGS gegen diese Grundrechte. Dabei könne § 7 FGS mit seinem Verbot der Nutzung der Vorgärten als Lagerflächen u. a. als Grundlage für ein Verbot genutzt werden, vor dem Haus eine Mülltonne oder Müllbox aufzustellen. Dies führe dazu, dass diese innerhalb des Hauses oder hinter dem Haus aufgestellt werden müssten, was sich wegen der unangenehmen Gerüche oder Ungeziefer schon aus hygienischen Gründen verbiete.
24
§ 5 FGS verstoße gegen Art. 103 BV und gegen Art. 101 BV (Freiheitsrecht).
25
§ 10 FGS verstoße jedenfalls in Kombination mit allen Regelungen der Satzung, bei denen man letztlich „nur im Ermessen der subjektiven Gestaltungsvorstellungen des Bauordnungsamts der Stadt Regensburg“ liege (vgl. hierzu unten b) bb)), gegen Art. 101 BV (Freiheitsrecht); zudem erscheine eine Verletzung des Art. 106 BV unvermeidbar, weil die Höhe der Strafe nur bestimmbar sei, wenn die „Abschöpfung“ eines Vorteils der Grundstücksbesitzer mit der nicht satzungsgemäßen Nutzung (d. h. mehr oder weniger Häufigkeit und/oder Erholungseffekt auf seinem Grundstück) erfasst werden könne.
26
b) §§ 3, 4, 5, 6 und 7 FGS verletzten Art. 118 Abs. 1 BV.
27
aa) § 6 Abs. 3 und § 7 FGS verstießen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
28
§ 6 Abs. 3 FGS nehme Grundstücke in Gewerbe- und Industriegebieten der Stadt Regensburg von den Einschränkungen hinsichtlich der Errichtung von Zäunen aus, sodass Grundstückseigentümer in Wohngebieten stärker eingeschränkt würden als Eigentümer von Grundstücken in Gewerbe- und Industriegebieten. Dadurch entstehe eine klare Ungleichbehandlung von Menschen in der Stadt Regensburg vor dem Gesetz. Hierfür gebe es keine Rechtfertigung, wenn das Ziel einer angemessenen Begrünung und Gestaltung der Baugrundstücke und der baulichen Anlagen (vgl. § 2 FGS) erreicht werden solle.
29
Durch die Regelung in § 7 FGS, dass nur bei Terrassen oder Stellplätzen in Vorgärten zur Straße ein bepflanzter Streifen mit einer Breite von mindestens 1,50 m angelegt werden solle, würden Grundstückseigentümer bei der Gestaltung von Freiflächen schlechter gestellt als Eigentümer von Häusern, bei denen Balkone näher als 1,50 m an der Grundstücksgrenze lägen.
30
bb) §§ 3, 4, 5, 6, 7 und 10 FGS verstießen gegen das in Art. 118 Abs. 1 BV geregelte Willkürverbot.
31
Der Begriff „notwendiges Mindestmaß“ in § 3 Abs. 2 FGS und der Begriff „offener Zaun“ in § 6 FGS ließen Raum für eine sehr offene Auslegung, womit der behördlichen Willkür Tür und Tor geöffnet sei. Ein „offener Zaun“ könne etwa auch ein solcher sein, bei dem z. B. die Tür offenstehe, der ein Schlüsselloch oder ansonsten eine beliebig große Öffnung aufweise oder für irgendetwas offen sei, etwa für Medien wie Wind, Regen oder Schnee, für Spinnen oder Eidechsen oder zum Durchgreifen mit der menschlichen Hand. § 4 FGS verletze das Willkürverbot, weil die Gestaltung des Grundstücks durch den Grundstücksbesitzer, beispielsweise durch Einbau oder Aufbau eines Sandkastens, Gartenteichs, Hochbeets usw. nicht in klar definierten Regeln möglich sei, sondern nur im Ermessen der subjektiven Gestaltungsvorstellungen des Bauordnungsamts der Stadt Regensburg liege. Gleiches gelte für § 7 FGS, wonach eine Gestaltung des Grundstücks durch den Grundstücksbesitzer, beispielsweise durch Anlegen eines Gemüsebeets und/oder Aufstellen von Mülltonnenboxen und/oder Abstellen von Fahrrädern usw. ebenso wenig klar definierten Regeln unterliege. Auch bei § 5 FGS sei das Willkürverbot nicht einhaltbar. Bei § 10 FGS sei das ebenso, noch dazu wenn die Höhe der Strafe laut Aussage der Stadt Regensburg „auch die finanzielle Situation des Betroffenen“ berücksichtigen solle.
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c) Wegen der einer sehr offenen Auslegung zugänglichen Begriffe „notwendiges Mindestmaß“ in § 3 Abs. 2 FGS und „offener Zaun“ in § 6 FGS verstießen diese Bestimmungen gegen Art. 55 Nr. 1 und Art. 70 BV.
33
d) Art. 3 BV (Rechtsstaatsprinzip) sei durch § 3 Abs. 1 FGS verletzt, da diese Bestimmung aufgrund der nahezu unendlichen Vielfalt von Pflanzen vollkommen unverhältnismäßig sei. Für § 3 Abs. 2 FGS gelte dasselbe. § 10 FGS verstoße wegen der unverhältnismäßig hohen Strafe von bis zu 500.000 €, die eine Enteignung durch die Hintertür eröffne, gegen Art. 3 BV. § 4 FGS sei völlig unverständlich bzw. bedrohlich für Schulkinder, die etwa nach dem Nachhausekommen einen Elternteil mit der Grabegabel anträfen, um beispielsweise ein Pflanzloch (Abgrabung) für einen Baum zu graben, und daher Angst vor der Durchsetzung von § 10 FGS haben müssten. Diese Rechtsunsicherheit für Schulkinder in Bezug auf die Durchsetzung von Ordnungswidrigkeiten wegen eines Verstoßes gegen § 4 FGS sei mit Blick auf Art. 3 BV nicht hinnehmbar. Auch § 7 FGS verstoße gegen Art. 3 BV.
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e) Zudem seien Willkür und Fehlauskünfte zu der angefochtenen Satzung vonseiten der Stadt Praxis, was insbesondere die Information über eine „Zukünftige Berücksichtigung und Planung von Freiräumen“ vom 3. Juli 2019 und die Broschüre
„Freiflächengestaltungssatzung – Eine Handreichung für Planende und Bauende“ (Stand November 2020) zeigten. Auch Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung durch Bedienstete der Stadt seien im Hinblick auf die Regelungen der angefochtenen Satzung relevant und führten wegen der Verletzung mehrerer Grundrechte zur Nichtigkeit der Satzung.
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1. Der Bayerische Landtag hat sich nicht an den Verfahren beteiligt.
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2. Die Bayerische Staatsregierung hat jeweils von einer Äußerung abgesehen.
37
3. Die Stadt Regensburg hält die Popularklagen bereits für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
38
a) Bedenken gegen die Zulässigkeit bestünden insoweit, als beide Popularklagen sich zunächst gegen die Freiflächengestaltungssatzung in ihrer Gesamtheit richteten, im Rahmen der Begründung jedoch nur auf einzelne Vorschriften abstellten.
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Im Verfahren Vf. 27-VII-21 rüge die Antragstellerin allein die Verletzung des Eigentumsrechts (Art. 103 BV). Dabei enthalte § 3 Abs. 1 FGS gerade keine derart detaillierte Vorschrift zur Artenauswahl, wie die Antragstellerin vermitteln wolle; es handle sich bei dieser Anlage, wie bereits eindeutig aus der gewählten Begrifflichkeit hervorgehe, um „Hinweise zur Artenauswahl“, die keine Regelungswirkung hätten und den Bürgerinnen und Bürgern als Anhaltspunkt dienten, welche Pflanzen als grundsätzlich geeignet angesehen würden. Der übrige Vortrag zu § 3 FGS beziehe sich lediglich auf die Bestimmtheit und die erforderliche Rechtsgrundlage (Rechtsstaatsprinzip). Dies gelte für § 4 FGS entsprechend. § 6 FGS enthalte ferner gerade keinen Ausschluss von Einfriedungen und sehe in seinem Absatz 2 umfangreiche Ausnahmen vor. Daher sei bereits der Vortrag einer Verletzung von Art. 103 BV nicht schlüssig. Soweit sich die Antragstellerin auf die Unbestimmtheit des Begriffs „offene Zäune“ berufe oder die Ermächtigungsgrundlage für § 7 FGS anzweifle, stehe hierbei wiederum nicht das in Art. 103 BV verbriefte Grundrecht im Fokus. Die Popularklage enthalte daher bereits keinen schlüssigen und zulässigen Antrag.
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Die Antragsteller im Verfahren Vf. 49-VII-21 rügten mit Art. 3, 55 Nr. 1 und Art. 70 BV Vorschriften, die keine verbrieften Grundrechte erkennen ließen. Eine substanziierte Darlegung des Widerspruchs zu einer Grundrechtsnorm erscheine zweifelhaft. Die Ausführungen setzten sich nicht detailliert mit einer Grundrechtsnorm auseinander. Soweit die Antragsteller auf die Unbestimmtheit des Begriffs „offene Zäune“ oder „notwendiges Mindestmaß“ in § 3 FGS abhöben, stünden keine verbrieften Grundrechte im Fokus. Ferner sei nicht erkennbar, dass der Schutzbereich des Art. 106 Abs. 3 BV tangiert sei. Soweit Verstöße gegen die DatenschutzGrundverordnung und etwaige unsachgemäße Auskünfte des Bauordnungsamts angesprochen würden, sei dies für das vorliegende Verfahren nicht relevant. Auch die Ausführungen insbesondere zur Broschüre „Freiflächengestaltungssatzung – Eine Handreichung für Planende und Bauende“ seien nicht relevant, da nur die Satzung Prüfungsgegenstand sei. Daher sei bereits ein schlüssiger und zulässiger Antrag fraglich.
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b) Im Übrigen seien die Popularklagen auch unbegründet, da die Freiflächengestaltungssatzung nicht gegen die Bayerische Verfassung verstoße.
42
aa) Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip sei nicht zu erkennen. Die Freiflächengestaltungssatzung halte sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage gemäß Art. 81 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 BayBO a. F. (die zur Zeit des Erlasses der Satzung gültige Fassung der Vorschrift ab 1. August 2019 bis 14. Januar 2021). Gegen diese Ermächtigungsgrundlagen dürften keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen; solche seien auch nicht vorgebracht worden. Nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO a. F. hätten die Gemeinden durch Satzung im eigenen Wirkungskreis örtliche Bauvorschriften über die Gestaltung der Plätze für bewegliche Abfallbehälter und der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke sowie über die Notwendigkeit, Art, Gestaltung und Höhe von Einfriedungen erlassen können; dabei habe bestimmt werden können, dass Vorgärten nicht als Arbeitsflächen oder Lagerflächen benutzt werden dürften. Diese Vorschrift werde ergänzt durch die in Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO (unverändert gegenüber a. F.) zu findende Ausgangsregelung, wonach die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen (Nr. 1) und zu begrünen oder zu bepflanzen seien (Nr. 2), soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Flächen entgegenstünden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung finde Satz 1 keine Anwendung, soweit Bebauungspläne oder andere Satzungen Festsetzungen zu nicht überbauten Flächen träfen. § 3 Abs. 1 FGS sei insoweit von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt, als danach standortgerechte Gehölze zu verwenden seien, da auch eine Bepflanzung eine Gestaltung der unbebauten Flächen darstelle; die „Hinweise zur Artenauswahl“, die keine strikten Regelungen zur Bepflanzung enthielten, seien dabei völlig unproblematisch. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe diese Regelung in seiner (Normenkontroll-)Entscheidung vom 3. Mai 2021 Az. 15 N 21.433 als unproblematisch angesehen, insbesondere eine unzulässige bodenrechtliche Regelung verneint. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen habe im Urteil vom 2. März 1998 Az. 7a D 125/ 96.NE die entsprechende Thematik zwar kritisch angesprochen, aber letztlich gerade offengelassen.
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§ 3 Abs. 2 FGS sei auch insoweit von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt, als Zufahrten und Zuwegungen auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken seien. Hiermit werde Art. 7 Abs. 1 BayBO (in Kombination mit Art. 81 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 BayBO) aufgegriffen, der eine Flächenversiegelung auf das notwendige Mindestmaß vorsehe.
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Auch § 4 FGS könne von der Ermächtigungsnorm als gedeckt angesehen werden, da nach Art. 81 BayBO etwa die Höhenlage der Oberfläche des Grundstücks festgesetzt oder die Veränderung der Erdoberfläche durch Aufschüttungen oder Abgrabungen (z. B. Sichtgräben) verboten werden könnten. Dies habe auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 9. März 1976 Az. 164 I 73 entschieden; auch in seiner Entscheidung vom 3. Mai 2021 Az. 15 N 21.433 habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof diese Regelung der Freiflächengestaltungssatzung der Stadt Regensburg vom 3. Februar 2020 als durch Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO gedeckt angesehen.
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§ 6 FGS sei von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO gedeckt, wonach Regelungen über die Notwendigkeit, Art, Gestaltung und Höhe von Einfriedungen zulässig seien. Es werde hier auch eine Kombination von offenem Zaun und Gehölzen als zulässig angesehen. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 3. Mai 2021 Az. 15 N 21.433 die streitgegenständliche Regelung als unproblematisch angesehen.
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Die Regelung zur Begrünung von Vorgärten in § 7 FGS stütze sich wie § 3 FGS auf Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO, sodass auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen werden könne. Das Verbot, Vorgärten als Arbeitsflächen oder Lagerflächen zu benutzen, habe seine Rechtsgrundlage in Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 Halbsatz 2 BayBO, was auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 3. Mai 2021 Az. 15 N 21.433 so gesehen habe. § 7 Satz 3 FGS stelle keine Regelung dar, mit der Stellplätze verhindert werden könnten, und sei im Übrigen nur als Soll-Vorschrift ausgestaltet. Die Regelung nach § 7 Satz 2 FGS betreffe nicht die Aufstellflächen für z. B. Restmülltonnen.
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§ 10 FGS basiere auf Art. 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBO, wonach Zuwiderhandlungen gegen Gebote oder Verbote einer örtlichen Bauvorschrift im Sinn des Art. 81 Abs. 1 BayBO mit Geldbuße belegt werden könnten, sofern die Satzung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweise. Die Vorschrift gebe hinsichtlich des Rahmens von bis zu 500.000 € lediglich den gesetzlichen Rahmen gemäß Art. 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBO wieder.
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bb) Auch aus dem Erfordernis der Normbestimmtheit, das eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips darstelle, ergäben sich keine Bedenken gegen die Freiflächengestaltungssatzung.
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§ 3 Abs. 1 FGS sei hinsichtlich der Anlage „Hinweise zur Artenauswahl“ schon deshalb nicht unbestimmt, weil es sich nur um Hinweise handle. Soweit § 3 Abs. 1 Satz 1 FGS in einem Nebensatz Flächen ausnehme, soweit diese für andere zulässige Nutzungen benötigt würden, handle es sich lediglich um eine Klarstellung, dass mit der Regelung weder Bau- noch Nutzungsrechte eingeschränkt würden. Eine ähnliche Formulierung finde sich auch in Art. 7 BayBO. Der Begriff der „unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke“, der bereits in Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO verwendet werde, könne in Zusammenschau mit Art. 7 BayBO ausreichend bestimmt werden.
50
Auch hinsichtlich § 3 Abs. 2 FGS bestünden keine Bedenken, da mit dieser Regelung, wonach Zufahrten und Zuwegungen auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken seien, nur der Gedanke des Art. 7 Abs. 1 BayBO aufgegriffen werde; Art. 5 BayBO arbeite mit ähnlichen bestimmbaren Begriffen (z. B. „ausreichend befestigt“, „tragfähig“).
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Die Regelung in § 6 FGS sei hinsichtlich der „offenen Zäune“ bei Einfriedungen hinreichend bestimmt. Schon die Bayerische Bauordnung verwende den Begriff der „offenen“ Einfriedung, nämlich im Zusammenhang mit der Verfahrensfreiheit bestimmter Einfriedungen im Außenbereich nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO; das Gegenteil des Begriffs, nämlich die Formulierung „geschlossene“ Einfriedungen, werde in Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BayBO verwendet.
52
Auch der Begriff der Aufschüttung beziehungsweise Abgrabung im Sinn von § 4 FGS sei ausreichend bestimmbar. Diese Begriffe würden in Art. 2 BayBO verwendet, wobei Art. 1 des Bayerischen Abgrabungsgesetzes (BayAbgrG) die selbstständigen Abgrabungen ausgliedere. Dies seien diejenigen Abgrabungen, die für sich gesehen eine eigene Anlage seien. Von der Gestaltungsregelung seien Aufschüttungen oder Abgrabungen, die im Zusammenhang mit der baulichen Nutzung der Freiflächen stünden, nicht erfasst, also auch nicht das Anlegen eines Gartenteichs, das Aufstellen eines Hochbeets, das Anlegen einer Kräuterspirale, die Errichtung einer Terrasse oder ein notwendiger Gießrand für Baum- und Strauchpflanzungen. Regelungsgegenstand seien damit vorrangig großflächige Geländemodellierungen, insbesondere zu den Rändern des Baugrundstücks, die auch den natürlichen Regenwasserabfluss beeinflussen könnten.
53
cc) Grundrechte seien nicht verletzt.
54
Das in Art. 103 Abs. 1 BV gewährleistete Grundrecht der Eigentümer werde zwar durch die Freiflächengestaltungssatzung tangiert, diese enthalte jedoch eine nach der Verfassung zulässige Sozialbindung des Eigentums im Sinn von Art. 103 Abs. 2, Art. 158 BV. Die Verfassung lasse daher – wie hier aus u. a. ortsgestalterischen Gründen – Nutzungsbeschränkungen von Grundstücken als Inhaltsbestimmungen des Eigentums dem Grundsatz nach zu. Die beanstandeten Vorschriften hielten sich innerhalb des zulässigen Rahmens, insbesondere sei eine Verletzung des Übermaßverbots nicht erkennbar. Die Regelungen dienten der Sicherstellung und Förderung einer angemessenen Begrünung und Gestaltung der Baugrundstücke und baulichen Anlagen, wobei eine qualitätsvolle Freiflächengestaltung sowie die Gestaltung und Erhaltung des Ortsbilds im Vordergrund stünden (vgl. § 2 FGS). § 3 Abs. 1 FGS enthalte zusammen mit den „Hinweisen zur Artenauswahl“ kein Verbot einzelner Anpflanzungen; außerdem bestehe die Möglichkeit, im Einzelfall eine Abweichung nach § 9 FGS zu erteilen und besonderen Fallgestaltungen Rechnung zu tragen. Regelungen zu Einfriedungen seien gerade nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit der Institutsgarantie des Eigentums vereinbar. Ein Sichtschutz durch Heckenpflanzungen bleibe weiterhin möglich, außerdem böten Heckenpflanzungen in Kombination mit einem offenen Zaun einen ausreichenden Schutz gegen einen unbefugten Zutritt Dritter. Die Regelung zu Aufschüttungen und Abgrabungen (§ 4 FGS) solle das gewachsene städtebauliche Erscheinungsbild erhalten und halte sich daher im Rahmen einer zulässigen Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums. § 7 FGS sei vergleichbar mit der Regelung in Art. 7 BayBO, die grundsätzlich eine Begrünung vorsehe; ein Ausschluss von Aufstellflächen für Abfallentsorgungsbehälter sei damit nicht verbunden.
55
Auch das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) sei nicht verletzt, da dieses nur innerhalb der Schranken der Gesetze gelte, wobei der Wesensgehalt des Grundrechts nicht angetastet werden dürfe. Setzten – wie hier – zulässige bauordnungsrechtliche Festsetzungen aus Gründen der Ortsgestaltung im Einklang mit Art. 81 BayBO der Gestaltung eines Grundstücks Grenzen, könne das Grundrecht der Handlungsfreiheit nicht weiter gehen, als diese Festsetzungen es gestatteten. Auf die Ausführungen zu Art. 103 BV werde Bezug genommen.
56
Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 118 Abs. 1 BV sei ebenfalls nicht verletzt, insbesondere sei ein Verstoß gegen das Willkürverbot nicht erkennbar. Die mit der Ausnahme von Gewerbe- und Industriegebieten (§ 6 Abs. 3 FGS) aus dem räumlichen Geltungsbereich der Einfriedungsregelungen einhergehende gerügte „Ungleichbehandlung“ gegenüber den Eigentümern von Grundstücken in sonstigen bauplanungsrechtlichen Gebieten sei schon dadurch gerechtfertigt, dass in solchen Gebieten regelmäßig ein im Vergleich zu den sonstigen Gebietstypen signifikant erhöhtes Bedürfnis nach Einfriedungen bestehe, u. a. zum Zweck wirksamen Einbruchschutzes oder der Abschirmung gefährlicher Betriebsbereiche, um eine Selbstgefährdung Dritter auszuschließen. Die Bayerische Bauordnung differenziere in Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BayBO in Bezug auf die abstandsflächenrechtliche Privilegierung geschlossener Einfriedungen in gleicher Weise. Eine Begünstigung gewisser Grundstückseigentümer durch § 7 FGS sei nicht nachvollziehbar, da die Regelung, unabhängig davon, dass § 7 Satz 3 FGS nur eine Sollbestimmung sei, auf Balkone als Teil des Gebäudes keine Anwendung finde.
57
Ein Verstoß gegen Art. 106 Abs. 3 BV sei nicht erkennbar, da dieses Grundrecht vor Eingriffen in die räumliche Individualsphäre schütze und untersage, dass Organe der öffentlichen Gewalt in die Wohnung gegen den Willen des Inhabers eindrängen. Dieses Grundrecht sei wie alle Freiheitsgrundrechte nur ein Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat und gelte nicht etwa gegen Private, sodass es gerade nicht vor (beispielsweise) Einsichtnahme durch Nachbarn oder Passanten in das Grundstück schütze. Selbstverständlich beabsichtige die Stadtspitze keine Lauschangriffe auf private Gartenflächen.
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Die Popularklagen sind unzulässig.
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1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann, auch juristische Personen des privaten Rechts (VerfGH vom 13.3.2008 VerfGHE 61, 55/58 m. w. N.), durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts; dazu zählen die Normen der Freiflächengestaltungssatzung der Stadt Regensburg vom 3. Februar 2020.
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Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage gehört nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG, dass der Antragsteller darlegt, inwiefern durch die angegriffene Rechtsvorschrift ein in der Bayerischen Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wird. Greift er mehrere Rechtsvorschriften an, so muss dies für jede einzelne von ihnen ersichtlich sein. Summarische, nicht präzisierte Grundrechtsrügen sind unzulässig (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 19.4.1985 VerfGHE 38, 43/45; vom 29.10.2018 – Vf. 20-VII-17 – juris Rn. 14). Die Popularklage ist ferner unzulässig, wenn und soweit eine als verletzt bezeichnete Norm der Verfassung kein Grundrecht gewährt, oder wenn zwar ein Grundrecht als verletzt gerügt wird, eine Verletzung nach Sachlage aber von vornherein nicht möglich ist, weil der Schutzbereich des angeblich verletzten Grundrechts durch die angefochtene Rechtsvorschrift nicht berührt wird. Eine ausreichende Grundrechtsrüge liegt nicht schon dann vor, wenn der Antragsteller nur behauptet, dass die angefochtene Rechtsvorschrift nach seiner Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt. Der Antragsteller muss seinen Vortrag vielmehr so präzisieren, dass der Verfassungsgerichtshof beurteilen kann, ob der Schutzbereich der bezeichneten Grundrechtsnorm berührt ist. Die zur Überprüfung gestellten Tatsachen und Vorgänge müssen dies zumindest als möglich erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.3.2016 VerfGHE 69, 99 Rn. 25; vom 26.3.2018 VerfGHE 71, 59 Rn. 56; vom 29.10.2020 BayVBl 2021, 83 Rn. 19; vom 14.2.2023 – Vf. 10-VII-22 – juris Rn. 14, jeweils m. w. N.).
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2. Diesen Darlegungsanforderungen werden die Popularklagen nicht gerecht.
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a) Verfahren Vf. 27-VII-21
63
Die Antragstellerin hat die Freiflächengestaltungssatzung insgesamt angegriffen. In der Begründung werden jedoch nur Ausführungen zu den Bestimmungen der § 3 Abs. 1 und 2, §§ 4, 6, 7 und 10 FGS gemacht.
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aa) Die Antragstellerin macht geltend, dass § 3 Abs. 1, §§ 4, 6 und 7 FGS gegen das Eigentumsgrundrecht nach Art. 103 Abs. 1 BV verstießen, weil sie wegen des Überschreitens des Ermächtigungsrahmens des Art. 81 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 BayBO dieses Grundrecht nicht im Sinn des Art. 103 Abs. 2 BV einschränken könnten.
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Mit dieser Argumentation stellt die Antragstellerin darauf ab, dass dem Eigentumsgrundrecht die Bindungen aus Art. 103 Abs. 2 BV – und aus Art. 158 BV – immanent sind, also der Normgeber in Ausübung einer entsprechenden Befugnis Inhalt und Schranken des Eigentumsrechts unter Wahrung des Wesensgehalts dieses Grundrechts näher bestimmen darf (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 29.6.1977 VerfGHE 30, 67/72 f.; vom 21.6.2016 VerfGHE 69, 182 Rn. 32 m. w. N.). Handelt der Normgeber dabei aber ohne gesetzliche Befugnis, die ihm erlaubt, die Eigentumsordnung im Dienst des Gemeinwohls festzulegen, liegt eine verbindliche Abgrenzung des Inhalts des Eigentums, die auch durch gemeindliche Satzungen erfolgen kann (vgl. VerfGHE 30, 67/73 m. w. N.), nicht vor; dies ist bei einem Gesetz im materiellen Sinn wie einer Satzung der Fall, wenn eine Ermächtigungsgrundlage gänzlich fehlt oder – wie hier behauptet – der Rahmen einer bestehenden Ermächtigungsgrundlage überschritten ist (Vorbehalt des Gesetzes; Brechmann in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 70 Rn. 12 m. w. N.; Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 70 Rn. 5).
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Der Vortrag der Antragstellerin zeigt allerdings nicht substanziiert auf, dass ein Überschreiten der Ermächtigungsgrundlage durch die angegriffenen Bestimmungen vorliegen könnte und damit eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 BV möglich erschiene. Es ist insgesamt nicht – wie erforderlich (vgl. VerfGHE 69, 182 Rn. 32) – hinreichend substanziiert dargelegt, dass die beanstandeten Normen mangels Ermächtigungsgrundlage oder aus sonstigen Gründen das Eigentumsrecht in seinem Wesensgehalt antasten und einem Eigentümer unzumutbare, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht in Einklang stehende Beschränkungen auferlegen könnten.
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(1) Die Antragstellerin sieht zwar die Bepflanzung, wie sie nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FGS vorgeschrieben wird, als zulässigen Regelungsgegenstand nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO an. Allerdings verlasse § 3 Abs. 1 FGS im Hinblick darauf, dass die Anlage „Hinweise zur Artenauswahl“ sehr ins Einzelne gehend bestimme, welche Gehölze zugelassen oder ausgeschlossen seien, den Ermächtigungsrahmen nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO; sie erinnere an eine „Pflanzliste“ zu einem Bebauungsplan, die Gemeinde dürfe aber keine bauplanerischen Regelungen im bauordnungsrechtlichen Gewand vornehmen. Diese Argumentation weist nicht in schlüssiger Weise auf ein mögliches Überschreiten des von der Antragstellerin dargelegten Ermächtigungsrahmens durch § 3 Abs. 1 Satz 2 FGS hin. § 3 Abs. 1 Satz 2 FGS selbst regelt nämlich verbindlich nur, dass „standortgerechte Gehölze“ für die Bepflanzung nach Satz 1 zu verwenden seien, und verweist danach in Klammern auf „Hinweise zur Artenauswahl siehe Anlage“, worin (standortgerechte) Bäume erster/zweiter Wuchsordnung aufgelistet werden mit einer anschließenden Negativliste von nicht standortgerechten Bäumen. Bereits aus der Bezeichnung der Anlage als bloße „Hinweise“ wird deutlich, dass es sich bei dieser Anlage nur um Erläuterungen zu dem in Satz 2 der Vorschrift verwendeten unbestimmten Rechtsbegriff „standortgerechte Gehölze“ sowie auch zu den nachfolgend in den weiteren Sätzen 3 und 4 der Vorschrift genannten Bäumen „erster/ zweiter Wuchsordnung“ handelt, um den Normadressaten eine Hilfestellung bei der Artenauswahl zu geben; die Anlage mit den gegebenen Hinweisen stellt danach keine (eigenständige) zwingende normative Vorgabe dar, was im Übrigen auch die Stadt Regensburg so sieht. Aufgrund dieses unverbindlichen Charakters mögen die von der Stadt Regensburg beigefügten Hinweise zwar ähnlich wie eine Gesetzesbegründung zur Auslegung der verbindlich in der Norm geregelten unbestimmten Rechtsbegriffe herangezogen werden, sie können aber nicht selbst im Rahmen der Popularklage daraufhin überprüft werden, ob sie die in der Norm verwendeten (unbestimmten) Rechtsbegriffe korrekt umschreiben (oder hinreichend bestimmt sind, vgl. hierzu nachfolgend bb)). Ebenso wenig können wegen ihres unverbindlichen Charakters die von der Antragstellerin gegen § 3 Abs. 1 Satz 2 FGS geltend gemachten Bedenken aus bauplanerischer Sicht bestehen; auf das in diesem Zusammenhang zitierte Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. März 1998 Az. 7a D 125/96.NE (juris), das ohnehin einen anderen Sachverhalt betrifft, kommt es daher nicht an. Soweit im Übrigen von der Antragstellerin behauptet wird, die Satzung betreffe eine schier endlose Zahl unbebauter Grundstücke, ist dies nach ihrem Geltungs- und Anwendungsbereich (§ 1 Abs. 1 FGS), wonach sie nur auf bebaute oder zu bebauende Grundstücke und dortige bauliche Anlagen im Stadtgebiet anwendbar ist, ersichtlich nicht der Fall.
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(2) Mit der bloßen Behauptung, es stelle sich die Frage, ob Art. 81 BayBO überhaupt den notwendigen Rahmen für § 4 FGS vorgebe, ist für eine Möglichkeit des Überschreitens der bei Erlass der Satzung geltenden Ermächtigungsgrundlage nichts Substanzielles dargelegt. Auch wird durch diese Bestimmung ersichtlich nicht das Bayerische Abgrabungsgesetz in Regensburg „abgeschafft“, wie die Antragstellerin meint.
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(3) Bezüglich § 6 FGS ist ein mögliches Überschreiten der Ermächtigungsgrundlage nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO (a. F.) ebenfalls nicht dargetan. Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin beinhaltet die angegriffene Bestimmung kein grundsätzliches Verbot von Einfriedungen. Nach der Ermächtigungsgrundlage darf auch nicht nur die Höhe von Einfriedungen, sondern ebenso deren Notwendigkeit, Art und Gestaltung geregelt werden.
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(4) Die Behauptung der Antragstellerin, bei § 7 FGS handle es sich um eine gestalterische Regelung zu bebaubaren Grundstücksflächen, die der Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers als bodenrechtliche Regelung ebenso entzogen sei, wie dies für das Verbot von Stellplätzen in Vorgärten durch das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 31.5.2005 BauR 2005, 1768) entschieden worden sei, ist nicht nachvollziehbar. Aus § 7 FGS ergibt sich im Hinblick auf den von der Antragstellerin thematisierten, als Soll-Bestimmung ausgestalteten Satz 3 auch nicht mittelbar ein Verbot von Stellplätzen, sodass der Kompetenzverstoß nur behauptet, aber nichts dafür dargelegt ist.
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bb) Soweit hinsichtlich § 3 Abs. 1 und 2 und § 6 FGS eine Verletzung des Gebots der Normenklarheit, das im Rechtstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV enthalten ist, beziehungsweise bezüglich § 10 FGS ein Verstoß gegen den ebenfalls im Rechtsstaatsprinzip verbürgten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz behauptet wird, wird damit kein Grundrechtsverstoß im Sinn des Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG geltend gemacht, weil das Rechtsstaatsprinzip keine Grundrechte verbürgt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 29.6.2004 VerfGHE 57, 62/65; vom 8.3.2022 BayVBl 2022, 334 Rn. 47 m. w. N.).
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Soweit sich die diesbezüglichen Einwände darauf beziehen sollten, dass der Normgeber das Eigentumsgrundrecht nur durch hinreichend bestimmte Normen einschränken kann, hat die Antragstellerin die behauptete fehlende Normenklarheit hinsichtlich der Abgrenzung von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie der Begriffe „andere zulässige Nutzung“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 FGS, „notwendiges Mindestmaß“ in § 3 Abs. 2 Satz 1 FGS und „offene Zäune“ in § 6 Abs. 1 Satz 1 FGS jedenfalls nicht substanziiert dargelegt. Weder aus dem Rechtsstaatsprinzip noch aus den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Gewaltenteilung ergibt sich nämlich ein Verbot für den Normgeber, unbestimmte Rechtsbegriffe oder sonstige auslegungsbedürftige Merkmale zu verwenden. Gegen die Verwendung solcher Begriffe bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sich mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund gefestigter Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift gewinnen lässt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 23.1.2012 VerfGHE 65, 1/12; vom 23.11.2020 – Vf. 59-VII-20 – juris Rn. 38 m. w. N.; vom 17.5.2022 BayVBl 2022, 702 Rn. 79). Die von der Antragstellerin als unbestimmt gerügten Begriffe werden auch in der Bayerischen Bauordnung (a. F. wie aktuell) verwendet, und zwar der Begriff der „unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke“ in Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO, der Begriff „andere zulässige Nutzung“ in Form des Synonyms der „andere(n) zulässigen Verwendung“ in Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO und der Begriff „offene“ Einfriedungen in Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO, sodass es zur erforderlichen Substanziierung näherer Ausführungen dazu bedurft hätte, weshalb solche im Bauordnungsrecht übliche Begrifflichkeiten, die sich auch in der von der Bauministerkonferenz beschlossenen Musterbauordnung (MBO) in der Fassung vom November 2022 finden (vgl. § 86 Abs. 1 Nr. 5, § 8 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, § 61 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b MBO), zu unbestimmt sein könnten. Außerdem bezieht sich der Begriff „andere zulässige Nutzung“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 FGS eindeutig auf bestehende Bau- und Nutzungsrechte, die der Bestimmung vorgehen sollen.
73
Soweit gerügt wird, dass der in der Anlage zu § 3 Abs. 1 Satz 2 FGS verwendete Begriff „säulenförmige, hängende, pyramidale Formen“, der sich in der „Negativliste Bäume“ dieser Anlage findet, schwer verständlich sei, kommt es hierauf angesichts des unverbindlichen Charakters dieser Anlage (vgl. oben unter a) aa) (1)) nicht an. Maßgeblich dafür, welche Bäume für eine Bepflanzung verwendet werden dürfen, ist allein, ob es sich dabei um „standortgerechte Gehölze“ i. S. v. § 3 Abs. 1 Satz 2 FGS handelt; eine Unbestimmtheit des Begriffs „standortgerechte Gehölze“ wird aber nicht geltend gemacht (vgl. im Übrigen zur hinreichenden Bestimmtheit dieses insbesondere im Naturschutzrecht seit langem eingeführten Begriffs OVG NW vom 28.7.1999 NVwZ-RR 2000, 573/ 575; NdsOVG vom 14.7.2021 NVwZ-RR 2022, 173/175 sowie dessen Verwendung etwa in Form von „standortgerechten Bäumen und Sträuchern“ in § 38 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WHG).
74
Auch eine Unverhältnismäßigkeit des Bußgeldrahmens in § 10 FGS ist im Hinblick darauf nicht dargelegt, dass diese Bestimmung nur auf Art. 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBO und auf den dort festgelegten Bußgeldrahmen verweist, wie es von dieser Bestimmung vorgesehen ist; verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich einer Bußgeldregelung in einer auf Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO gestützten städtischen Satzung über unzulässige Werbeanlagen, die eine vergleichbare Verweisung enthielt, waren für den Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 23. Januar 2012 nicht ersichtlich (VerfGHE 65, 1/9).
75
b) Verfahren Vf. 49-VII-21
76
Die Antragsteller haben die Freiflächengestaltungssatzung insgesamt angegriffen und hilfsweise nur deren §§ 3, 4, 5, 6, 7 und 10. In der Begründung finden sich keine Ausführungen zu den (im Hauptantrag mit angegriffenen) Satzungsbestimmungen der §§ 1, 2, 3 Abs. 3 und §§ 8 und 9 FGS.
77
aa) Eine Verletzung des von den Antragstellern in besonderer Weise herausgestellten Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 106 Abs. 3 BV ist nicht möglich, weil der Schutzbereich dieses Grundrechts durch die konkret beanstandeten § 6 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 2, §§ 4, 7 und 10 FGS nicht berührt wird.
78
Dieses Grundrecht schützt nur die räumliche Privatsphäre des Bürgers und untersagt Organen der öffentlichen Gewalt, gegen den Willen des Wohnungsinhabers in diese einzudringen (VerfGH vom 30.1.2006 VerfGHE 59, 23/25; vom 10.10.2007 VerfGHE 60, 179/182). Neben dem Schutz vor körperlichem Eindringen etwa bei Durchsuchungen wird der Wohnungsinhaber auch vor einer Überwachung durch technische Hilfsmittel geschützt, und zwar auch dann, wenn diese von außerhalb der Wohnung eingesetzt werden (VerfGH vom 26.4.2022 BayVBl 2022, 475 Rn. 65; vgl. auch BVerfG vom 3.3.2004 BVerfGE 109, 279/309). Dagegen schützt das Grundrecht nicht vor einer möglichen Beobachtung einer Wohnung – dieser Begriff umfasst auch eingefriedete Gärten – von außen ohne Einsatz von besonderen technischen Mitteln (vgl. Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 106 Rn. 25; Krausnick in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 106 Rn. 17). Da das Grundrecht nur Eingriffe durch den Staat abwehren will, schützt es auch nicht unmittelbar vor Zugriffen Dritter (Krausnick, a. a. O., Rn. 12; Lindner, a. a. O., Rn. 16).
79
Durch die angegriffenen Vorschriften werden keine beeinträchtigenden Maßnahmen im oben genannten Sinn erlaubt, insbesondere kann aus der Zulassung nur offener Zäune in § 6 Abs. 1 FGS nicht, wie die Antragsteller meinen, auf die Absicht der Stadt Regensburg geschlossen werden, einen Lauschangriff zu erleichtern oder zu ermöglichen.
80
bb) Auch eine Verletzung des durch Art. 100 i. V. m. Art. 101 BV gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. etwa VerfGH vom 25.9.2015 VerfGHE 68, 198 Rn. 242; vom 21.4.2021 – Vf. 26-VII-21 – juris Rn. 30) scheidet aus, weil dieses Grundrecht, soweit sein Schutzbereich betroffen ist, durch Art. 103 Abs. 1 BV mit seinem spezielleren Gewährleistungsgehalt verdrängt wird.
81
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen. Es sichert jedem Einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem jeder seine Individualität entwickeln und wahren kann (vgl. BVerfG vom 31.1.1989 BVerfGE 79, 256/ 268). Zu den Schutzgütern des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehören unter anderem die Privat-, Geheim- und Intimsphäre sowie die persönliche Ehre und das Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person. Daneben besteht ein ebenfalls aus Art. 100 i. V. m. Art. 101 BV abgeleitetes Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, gewährleistet (vgl. VerfGH vom 7.2.2006 VerfGHE 59, 29/34; vom 20.3.2014 VerfGHE 67, 13 Rn. 83; vom 11.9.2014 VerfGHE 67, 216 Rn. 36; BayVBl 2022, 702 Rn. 64).
82
Durch § 6 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 2 sowie §§ 4, 7 und 10 FGS werden entgegen der Auffassung der Antragsteller keine Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gestattet, sodass insoweit schon der Schutzbereich des Grundrechts nicht betroffen ist.
83
Zwar kann grundsätzlich der Schutzbereich des Art. 100 i. V. m. Art. 101 BV bei eigentumsbezogenen Regelungen insoweit betroffen sein, als das Eigentum in seinem rechtlichen Gehalt durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet ist (vgl. BVerfG vom 12.6.1979 BVerfGE 52, 1/30). Seine Nutzung soll dem Eigentümer ermöglichen, sein Leben nach eigenen, selbstverantwortlich entwickelten Vorstellungen zu gestalten (vgl. BVerfG vom 7.12.1977 BVerfGE 46, 325/334). Die grundrechtliche Eigentumsverbürgung enthält damit neben Elementen der allgemeinen Handlungsfreiheit auch solche des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Wegen der speziellen Regelung in Art. 103 Abs. 1 BV bedarf es insoweit aber keines Rückgriffs auf Art. 100 i. V. m. Art. 101 BV (vgl. VerfGH vom 24.7.1979 VerfGHE 32, 92/102; vom 11.5.2004 VerfGHE 57, 39/46, jeweils m. w. N. zum Zurücktreten des Art. 101 BV als allgemeines Auffanggrundrecht gegenüber speziellen grundrechtlichen Sicherungen; vgl. auch BVerfG vom 14.2.1989 BVerfGE 79, 292/304 zu Art. 14 GG und Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG).
84
cc) Eine mögliche Verletzung des Eigentumsgrundrechts aus Art. 103 Abs. 1 BV durch die angegriffenen Bestimmungen in § 6 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 2, §§ 4, 5 und 7 FGS ist nicht substanziiert dargelegt.
85
Zwar ist der Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts des Art. 103 Abs. 1 BV durch die angegriffenen Bestimmungen der Freiflächengestaltungssatzung unzweifelhaft berührt. Allerdings ist beim als verletzt gerügten Eigentumsgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 BV zu bedenken, dass ihm die Bindungen aus Art. 103 Abs. 2 und Art. 158 Satz 1 BV immanent sind (vgl. oben unter a) aa)). Eine verfassungswidrige Eigentumsbeschränkung liegt daher nicht vor, wenn der Normgeber in Ausübung seiner Befugnis, die Eigentumsordnung im Dienst des Gemeinwohls festzulegen, den Inhalt des Eigentums allgemeinverbindlich abgrenzt. Deshalb muss bezüglich einer behaupteten Verletzung des Eigentumsgrundrechts hinreichend substanziiert dargelegt werden, dass die beanstandeten Bestimmungen das Eigentumsrecht in seinem Wesensgehalt antasten oder einem Eigentümer unzumutbare, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht in Einklang stehende Beschränkungen auferlegen. Derartiges zeigen die Antragsteller nicht auf.
86
(1) Die Antragsteller tragen zwar erstmals in ihrem Schreiben vom 18. Dezember 2021 vor, dass verfassungsmäßige Bedenken auch im Hinblick darauf zu erheben seien, dass die Freiflächengestaltungssatzung nicht im Rahmen der geltenden Ermächtigungsgrundlagen erlassen worden sei. Sie machen in der Folge aber keine weiteren Ausführungen zu Art. 81 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 BayBO (wobei die zur Zeit des Satzungserlasses geltende Fassung maßgeblich wäre), sondern behaupten nur allgemein, dass eine Prüfung der Konformität der Satzung mit den verfassungsmäßig garantierten Grundrechten der Bayerischen Verfassung vonseiten der Stadt jeweils nicht oder nur ansatzweise durchgeführt worden sei, wobei wiederum auf den Schutz der Privatsphäre, vor allem im Hinblick auf die Gewährung und Umsetzbarkeit von Art. 106 BV sowie die damit im Zusammenhang stehende Datenschutz-Grundverordnung hingewiesen wird. Damit wird nicht substanziiert dargelegt, dass ein Überschreiten der Ermächtigungsgrundlage durch die angegriffenen Bestimmungen vorliegen könnte und eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 BV möglich erschiene.
87
(2) Auch im Übrigen haben sie nicht substanziiert dargelegt, dass die beanstandeten Bestimmungen das Eigentumsrecht in seinem Wesensgehalt antasten oder einem Eigentümer unzumutbare, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht in Einklang stehende Beschränkungen auferlegen würden.
88
Ihre Auffassung, dass die Bestimmungen in § 6 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 2, §§ 4 und 7 FGS gegen das Eigentumsgrundrecht verstießen, begründen sie in erster Linie mit dem Umstand, dass die Errichtung von Zäunen, die Anpflanzung von anderen als in der Satzung genannten Pflanzen, das Durchführen von Abgrabungen und Aufschüttungen und eine andere Gestaltung von Vorgärten, als sie nach der Satzung vorgeschrieben wird, Rechte anderer nicht verletzen könnten und/oder nicht gegen sonstige Gesetze und/oder die guten Sitten verstoßen könnten bzw. in Bezug auf sie weder eine gemeine Gefahr oder Lebensgefahr für einzelne Personen und/oder die Notwendigkeit der Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erkennbar seien. Hinsichtlich § 5 FGS fehlt es an Vortrag über die bloße Behauptung eines Verstoßes gegen Art. 101 und 103 BV hinaus. Die Antragsteller halten insbesondere in Bezug auf Einfriedungen nur die Bayerische Bauordnung mit dem Eigentumsgrundrecht für vereinbar. Dabei verkennen sie, dass es im Hinblick auf die Ausgestaltungsbefugnis des Normgebers auf das Vorliegen der von ihnen genannten Einschränkungstatbestände gerade nicht ankommt und der Landesgesetzgeber selbst eine Ermächtigungsnorm in Art. 81 BayBO (a. F.) geschaffen hat, die es Gemeinden erlaubt, durch örtliche Bauvorschriften – mit Blick auf die Baugestaltung sowie den Schutz des Straßen-, Orts- und Landschaftsbilds – die Baufreiheit stärker als in der Bayerischen Bauordnung einzuschränken und damit die in Art. 103 Abs. 2 BV normierte Gemeinwohlbindung des Eigentums auszugestalten. Auf einer solchen Ermächtigungsgrundlage erlassene Bestimmungen interpretieren nur die bereits in der Verfassung selbst gezogene Grenze der Eigentumsnutzung, errichten aber keine neue Schranke des Eigentumsrechts und sind schon deshalb nicht an Art. 98 Satz 2 BV zu messen (VerfGH vom 22.4.2005 VerfGHE 58, 94/107 m. w. N.).
89
Soweit die Antragsteller in Bezug auf § 7 FGS im Zusammenhang mit dem Eigentumsgrundrecht weiter ausführen, die Vorschrift könne hinsichtlich des Verbots der Nutzung der Vorgärten als Lagerflächen nach dessen Satz 2 als Grundlage für ein Verbot genutzt werden, vor dem Haus eine Mülltonne oder Müllbox aufzustellen, liegt dies fern, da das Aufstellen von (beweglichen) Mülltonnen oder -boxen schon begrifflich keine Nutzung als Lagerfläche darstellt. Dies wird schon aus der Ermächtigungsgrundlage des Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO (a. F.) deutlich, der auch Gestaltungsvorschriften für „Plätze für bewegliche Abfallbehälter“ vorsieht, also für derartige Stand- bzw. Abstellplätze eine andere Begrifflichkeit verwendet.
90
Auch mit ihren weiteren Ausführungen zu § 6 Abs. 1 FGS zeigen die Antragsteller keinen möglichen Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht auf. Denn ihre Argumentation ist insoweit schon im Ausgangspunkt nicht zutreffend. Sie gehen davon aus, dass diese Vorschrift entweder nur Einfriedungen in Form von Gehölzpflanzungen oder in Form von offenen Zäunen zulasse, und sehen gerade darin, dass eine Kombination von Gehölzpflanzungen und offenen Zäunen nicht möglich sei, eine Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten des Eigentümers auf ein absolutes Minimum, wobei diesem zusätzlich ein Sichtschutz sowie ein Schutz gegen Eindringen Dritter bzw. ein Einbruchschutz genommen werde. Dieser Ausgangspunkt ist nicht richtig, da die Vorschrift (auch nach Auslegung durch die Stadt Regensburg) eine solche Kombination sehr wohl erlaubt. Gegen eine derartige Auslegung spricht nicht die Verwendung des Wortes „oder“, da damit – anders als bei der Wendung „entweder … oder“ – nicht zwingend vorgegeben ist, dass die mit ihm verbundenen Gestaltungsvarianten sich wechselseitig ausschließen. Schon der allgemeine Sprachgebrauch geht vielmehr davon aus, dass diese Verknüpfung auch für solche Varianten verwendet werden kann, die zwar jeweils für sich gewählt werden können, aber auch nebeneinander bzw. kumulativ anwendbar sind, sofern sie sich nicht schon von ihrem Wesen her wechselseitig ausschließen (vgl. OVG NW vom 7.9.2001 NVwZ-RR 2002, 715/716 m. w. N. auch zu diesbezüglichen Beispielen die Baunutzungsverordnung betreffend; vgl. zu Fallgestaltungen mit ähnlicher Auslegung des Wortes „oder“ BVerfG vom 16.2.1983 BVerfGE 62, 1/104; BVerwG vom 27.10.1970 BVerwGE 36, 179/185 f.). In § 6 Abs. 1 Satz 1 FGS geht es dem Normgeber ersichtlich nur darum, im Sinn einer angemessenen Gestaltung der Baugrundstücke (§ 2 FGS) alle geschlossenen und blickdichten Einfriedungen wie Mauern, Wände oder Gabionen auszuschließen; ob und wie die beiden zulässigen Formen von Gehölzpflanzungen und offenen Zäunen nebeneinander verwendet werden dürfen, hat er nicht geregelt. Die somit mögliche Kombination dieser Varianten ermöglicht sowohl einen gewissen Sichtschutz als auch einen Schutz vor einem völlig ungehinderten Betreten des Grundstücks durch Dritte, wobei darauf hinzuweisen ist, dass Einfriedungen in aller Regel mehr oder weniger leicht überwindbar sind (vgl. BayVGH vom 7.3.2022 – 9 ZB 19.2503 – juris Rn. 6 m. w. N.) und einen von den Antragstellern angesprochenen wirksamen Einbruchschutz schon daher nicht bieten können. Soweit die Antragsteller darauf hinweisen, Einfriedungsmauern dienten zudem dem Schutz von Tier- und Pflanzenarten und damit der Artenvielfalt, ist dieser Gemeinwohlaspekt schon nicht Inhalt des Eigentumsgrundrechts.
91
dd) Soweit die Antragsteller eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 101 BV neben der Verletzung des Eigentumsgrundrechts aus Art. 103 Abs. 1 BV rügen, zeigen sie schon deshalb keine mögliche Grundrechtsverletzung auf, weil Art. 101 BV als allgemeines Freiheitsrecht hinter Art. 103 Abs. 1 BV zurücktritt. Die Kriterien des Art. 103 Abs. 1 BV als speziellem Freiheitsrecht werden durch einen parallelen Bezug auf das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nicht berührt und bleiben diesem gegenüber vorrangig (VerfGHE 32, 92/102; 57, 39/46 m. w. N.; vgl. auch BVerfG vom 16.1.1957 BVerfGE 6, 32/37 zur Subsidiarität des Art. 2 Abs. 1 GG gegenüber spezielleren Freiheitsrechten; Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 101 Rn. 12).
92
ee) Eine mögliche Verletzung des Art. 118 Abs. 1 BV durch §§ 3, 4, 5, 6, 7 und 10 FGS zeigen die Antragsteller nicht auf.
93
Der Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV verbietet in seinem klassischen Gehalt, gleiche Sachverhalte in willkürlicher Weise ungleich und ungleiche Sachverhalte in willkürlicher Weise gleich zu behandeln. Davon zu unterscheiden ist das allgemeine Willkürverbot, das der Durchsetzung der materiellen Gerechtigkeit auch dort dient, wo es nicht um die Beurteilung konkreter Vergleichspaare oder die ausnahmslose Einhaltung eines einheitlichen Regelungssystems geht. Willkürlich in diesem Sinn sind Normen, wenn die äußersten Grenzen des normgeberischen Ermessens überschritten sind, für die getroffene Regelung also jeder sachlich einleuchtende Grund fehlt (vgl. VerfGH vom 23.10.2008 VerfGHE 61, 248/257; vom 13.9.2012 VerfGHE 65, 152/160; vom 17.7.2017 BayVBl 2018, 407 Rn. 51; BayVBl 2018, 514 Rn. 42).
94
(1) Die Rüge, § 6 Abs. 3 und § 7 FGS verstießen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, ist nicht substanziiert.
95
Bei der Rüge einer Ungleichbehandlung von Grundstückseigentümern in Wohngebieten und solchen in Gewerbe- und Industriegebieten dadurch, dass § 6 Abs. 3 FGS Grundstücke in Gewerbe- und Industriegebieten von den Einschränkungen hinsichtlich der Errichtung von Zäunen ausnehme, zeigen die Antragsteller nicht auf, dass es sich bei diesen Eigentümergruppen um Vergleichspaare handelt, die im Hinblick auf das Ziel einer angemessenen Begrünung und Gestaltung der Baugrundstücke und der baulichen Anlagen sowie der Gestaltung und Erhaltung des Ortsbilds nach § 2 FGS ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden. Sie gehen insbesondere nicht darauf ein, inwieweit bei Grundstücken in Wohngebieten und solchen in Gewerbe- und Industriegebieten angesichts der dort jeweils zulässigen Nutzungen (vgl. §§ 3 ff. BauNVO einerseits und §§ 8, 9 BauNVO andererseits) ein vergleichbares Ortsbild bzw. gleiche ortsgestalterische Belange in Bezug auf die Errichtung von Einfriedungen vorliegen könnten (vgl. etwa zur Notwendigkeit einer Differenzierung hinsichtlich unterschiedlicher Baugebiete bei einem Verbot von Werbeanlagen VerfGHE 65, 1/18 f.).
96
Durch die Regelung in § 7 Satz 3 FGS, wonach nur bei Terrassen oder Stellplätzen in Vorgärten zur Straße ein bepflanzter Streifen mit einer Breite von mindestens 1,50 m angelegt werden soll, können Grundstückseigentümer von Häusern mit Balkonen schon deshalb nicht ungerechtfertigt bevorzugt sein, weil sich diese Regelung auf Vorgärten bezieht und ein Balkon Bestandteil des Hauses als baulicher Anlage ist.
97
(2) Auch eine Verletzung des allgemeinen Willkürverbots durch §§ 3, 4, 5, 6, 7 und 10 FGS zeigen die Antragsteller nicht substanziiert auf.
98
Mit der Popularklage kann zwar unter Berufung auf das Willkürverbot geltend gemacht werden, eine Norm sei von einem solchen Maße an Sachwidrigkeit geprägt, dass ihr die Geltung abgesprochen werden müsse (vgl. VerfGH vom 14.2.1995 VerfGHE 48, 17/22 f.; VerfGHE 65, 152/160 f.; BayVBl 2018, 514 Rn. 43; BayVBl 2021, 83 Rn. 38). Eine derartige, die Schwelle zur Willkür überschreitende Sachwidrigkeit zeigt die Popularklage jedoch nicht auf.
99
Die Antragsteller begründen ihren Willkürvorwurf damit, dass die Verwendung der Begriffe „notwendiges Mindestmaß“ in § 3 Abs. 2 FGS und „offene Zäune“ in § 6 FGS einen derart weiten Auslegungsspielraum eröffne, dass der behördlichen Willkür Tür und Tor geöffnet sei. Damit wird eine mögliche Sachwidrigkeit im oben genannten Sinn schon deshalb nicht dargelegt, weil hinsichtlich der Anforderungen an eine ausreichende Klarheit und Justiziabilität solcher Begriffe auf einen verständigen Normadressaten abzustellen ist (vgl. VerfGHE 65, 1/12 f.) und es sich dabei um im Bauordnungsrecht übliche Begrifflichkeiten handelt (vgl. oben unter a) bb)).
100
Darüber hinaus meinen die Antragsteller, § 4 FGS verletze das Willkürverbot, weil die Gestaltung des Grundstücks durch den Grundstücksbesitzer, beispielsweise durch Einbau oder Aufbau eines Sandkastens, Gartenteichs, Hochbeets, durch Grabungen etwa für Baumpflanzungen usw. nicht in klar definierten Regeln möglich sei, sondern nur im Ermessen der subjektiven Gestaltungsvorstellungen des Bauordnungsamts der Stadt liege; Gleiches gelte für § 7 FGS, wonach eine Gestaltung des Grundstücks durch den Grundstücksbesitzer, beispielsweise durch Anlegen eines Gemüsebeets und/oder Aufstellen von Mülltonnenboxen und/oder Abstellen von Fahrrädern usw. ebenso wenig klar definierten Regeln unterliege.
Damit verkennen sie bereits, dass § 4 FGS nur ein Verbot der Veränderung der „Geländeoberfläche“ durch „Aufschüttungen und Abgrabungen“ – auch hier werden im Bauordnungsrecht übliche Begrifflichkeiten verwendet, vgl. Art. 2 Abs. 3 Satz 2, Abs. 7 Satz 1, Art. 6 Abs. 4 Satz 2, Art. 31 Abs. 3 Satz 1 BayBO (a. F.) zur Geländeoberfläche bzw. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBO (a. F.) zu Aufschüttungen und Abgrabungen – beinhaltet und nicht die oben genannten Grundstücksnutzungen verhindert, die gerade mit keiner Veränderung der Geländeoberfläche, also der Höhenlage bzw. dem Verlauf des Geländes verbunden sind. Weiterhin verkennen sie, dass § 7 Satz 2 FGS nur die Nutzung der Vorgärten als Arbeits- oder Lagerflächen verbietet und nicht etwa das Aufstellen von Mülltonnen oder das Abstellen von Fahrrädern oder Ähnliches, was keine derartige Nutzung darstellt (zu Abstell- bzw. Standplätzen für bewegliche Mülltonnen vgl. oben unter cc)(2)) .
101
Hinsichtlich § 5 FGS wird nur die nicht näher begründete Behauptung aufgestellt, das Willkürverbot sei nicht einhaltbar.
102
Bezüglich § 10 FGS, der auf Art. 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBO (a. F.) basiert, ist ein Verstoß gegen das Willkürverbot ebenfalls nicht dargelegt (vgl. oben unter a) bb)), zumal auch hier der Vollzug im Einzelfall außer Betracht zu bleiben hat (zur von den Antragstellern beanstandeten Berücksichtigung der finanziellen bzw. wirtschaftlichen Verhältnisse vgl. im Übrigen § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG).
103
Es fehlt daher insgesamt an jeglicher Darlegung, dass die angegriffenen Bestimmungen in einem solchen Maß von Sachwidrigkeit geprägt sein könnten, dass ihnen die Geltung abgesprochen werden müsste.
104
ff) Aus der als verletzt gerügten Vorschrift des Art. 98 BV, der in Sätzen 1 bis 3 allgemeine Voraussetzungen für die Einschränkung von Grundrechten enthält, ergeben sich keine subjektiven verfassungsmäßigen Rechte, die im verfassungsgerichtlichen Verfahren selbstständig geltend gemacht werden könnten (vgl. VerfGH vom 9.12.2010 VerfGHE 63, 209/214; vom 5.1.2022 – Vf. 63-VII-21 – juris Rn. 14; vom 20.4.2023 – Vf. 4-VII-22 – Rn. 24).
105
gg) Soweit hinsichtlich § 4 FGS – sowie gegebenenfalls für die als willkürlich bezeichneten §§ 3, 4, 5, 6 und 7 FGS (vgl. oben unter ee) (2)) – auch eine Verletzung des Gebots der Normenklarheit, das im Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV enthalten ist, bzw. bezüglich § 3 Abs. 1 und 2, § 10 FGS ein Verstoß gegen den ebenfalls im Rechtsstaatsprinzip verbürgten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz behauptet wird, wird damit erneut keine Grundrechtsrüge im Sinn des Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG geltend gemacht. Auf die obigen Ausführungen unter a) bb) zu § 3 Abs. 1 und 2 und § 6 FGS wird verwiesen. Soweit sich die diesbezüglichen Einwände auch hier darauf beziehen sollten, dass der Normgeber das Eigentumsgrundrecht nur durch hinreichend bestimmte Normen einschränken könne, haben die Antragsteller eine Unbestimmtheit der jeweiligen Normen jedenfalls nicht substanziiert dargelegt. Die von ihnen in Bezug auf Schulkinder geltend gemachte Rechtsunsicherheit bezüglich §§ 4 und 10 FGS kann schon deshalb nicht bestehen, weil § 4 FGS nicht Grabungen per se, insbesondere für Baum- und Strauchpflanzungen, verbietet (vgl. oben unter ee) (2)). Hinsichtlich der fehlenden Darlegung auch im Übrigen wird bezogen auf die Normenklarheit auf die Ausführungen unter a) bb) und unter ee) (2) sowie bezogen auf die Verhältnismäßigkeit des § 10 FGS auf die Ausführungen unter a) bb) Bezug genommen. Soweit die Antragsteller die mangelnde Verhältnismäßigkeit des § 3 Abs. 1 FGS wegen der nahezu unendlichen Vielfalt von Pflanzen rügen, wird nicht ansatzweise dargelegt, inwieweit die Anpflanzung nur standortgerechter Gehölze (vgl. oben unter a) aa) (1) und bb)) einen Grundstückseigentümer unverhältnismäßig belasten könnte; Gleiches gilt für § 3 Abs. 2 FGS, zu dem hinsichtlich der Rüge der Unverhältnismäßigkeit jegliche Argumentation fehlt.
106
hh) Soweit die Antragsteller angebliche Willkür und Fehlauskünfte zu der angefochtenen Satzung vonseiten der Stadt Regensburg geltend machen, was insbesondere die Information über eine „Zukünftige Berücksichtigung und Planung von Freiräumen“ vom 3. Juli 2019 und die Broschüre „Freiflächengestaltungssatzung – Eine Handreichung für Planende und Bauende“ (Stand November 2020) sowie ein an sie ergangener Bescheid bzw. ein Schreiben der Oberbürgermeisterin zeigten, betrifft dies allein den Bereich des Normvollzugs durch die Exekutive. Ein (unterstellt) fehlerhafter Vollzug kann auch dann nicht mit der Popularklage angegriffen werden, wenn die Rechtsvorschrift die Möglichkeit fehlerhafter oder missbräuchlicher Anwendung bietet (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 28.1.2003 VerfGHE 56, 1/4; vom 24.8.2020 BayVBl 2020, 842 Rn. 24; vom 26.8.2021 BayVBl 2022, 9 Rn. 61, 79; vom 28.6.2022 BayVBl 2022, 625 Rn. 36 m. w. N.).
107
ii) Soweit die Datenschutz-Grundverordnung angesprochen wird, ist der diesbezügliche Vortrag nicht relevant, da damit keine Grundrechte der Bayerischen Verfassung als verletzt gerügt werden; im Übrigen steht sie vorliegend im Zusammenhang mit der angegriffenen Satzung ersichtlich nicht inmitten.
108
Die Verfahren sind kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).