Titel:
Keine sittenwidrige Schädigung des Erwerbers eines Opel-Diesel-Fahrzeugs (hier: Opel Astra J Sports Tourer Innovation)
Normenketten:
BGB § 31, § 443, § 823 Abs. 2, § 826
ZPO § 522 Abs. 2
Fahrzeugemissionen-VO Art. 5 Abs. 1, Abs. 2
Typgenehmigungsverfahrens-RL Art. 3 Nr. 29, Art. 4 Abs. 2, Abs. 4, Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1, Art. 46
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
Leitsätze:
1. Vgl. zu Diesel-Fahrzeugen von Opel: OLG München BeckRS 2021, 52557; BeckRS 2021, 52562; BeckRS 2022, 20001; BeckRS 2022, 29314; BeckRS 2022, 29413; BeckRS 2023, 3004; BeckRS 2023, 10351; OLG Bamberg BeckRS 2021, 52538; BeckRS 2022, 19980; BeckRS 2023, 3040; BeckRS 2023, 3006; OLG Schleswig BeckRS 2022, 8917; OLG Frankfurt BeckRS 2022, 10556; OLG Koblenz BeckRS 2022, 10605; OLG Köln BeckRS 2022, 12858; OLG Nürnberg BeckRS 2022, 29322; OLG Jena BeckRS 2022, 38597; LG Landshut BeckRS 2021, 53844; BeckRS 2022, 20735; BeckRS 2022, 22852; LG Memmingen BeckRS 2022, 12853; LG Nürnberg-Fürth BeckRS 2022, 29316; BeckRS 2022, 29310; LG Kempten BeckRS 2022, 29315. (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch in einer Zusammenschau aller Gesichtspunkte (hier: Umweltgesichtspunkte/Luftverschmutzung, Presseveröffentlichungen, Messergebnisse, gutachterliche Stellungnahmen, behauptetes rücksichtsloses Gewinnstreben der Herstellerin, fehlende Sachkunde und fehlender Einblick des Käufers in die Funktionsweise der Motorsteuerung, behauptete unzulässige Abschalteinrichtungen) kann nicht darauf geschlossen werden, dass die Herstellerin bei der Entscheidung zum Einbau des konkreten Motors in sittenwidriger Weise tätig wurde. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist nicht Aufgabe des OBD-Systems, konstante Messungen der Schadstoffemissionen vorzunehmen, bei Überschreitung bestimmter Schwellenwerte Signale zu setzen bzw. zu speichern oder zwischen einer rechtlich zulässigen und einer rechtlich unzulässigen Abschalteinrichtung zu unterscheiden. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Schädigungsvorsatz der Herstellerin bzw. ihrer verfassungsmäßigen Vertreter oder Verrichtungsgehilfen lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass das Fahrzeug mit einem sogenannten „Thermofenster“-Mechanismus ausgestattet ist. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
5. Weder Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 noch §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV dienen dem Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des einzelnen Fahrzeugerwerbers, so dass dem Käufer aus § 823 Abs. 2 BGB kein Anspruch auf großen Schadensersatz wegen eines ungewollten Vertragsschlusses zusteht. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
6. Hätte die Herstellerin das Kraftfahrt-Bundesamt um entsprechende Auskunft gebeten, hätte das Kraftfahrt-Bundesamt das von der Herstellerin im Fahrzeug verwendete Thermofenster nicht als unzulässig beurteilt, so dass die Herstellerin jedenfalls in unvermeidbarem Verbotsirrtum gehandelt hätte und einen Verstoß gegen unionsrechtliche Vorschriften auch bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht hätte erkennen müssen. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, Opel, A20, unzulässige Abschalteinrichtung, sittenwidrig, KBA, Thermofenster, OBD, unionsrechtliche Vorschriften, unvermeidbarer Verbotsirrtum
Vorinstanz:
LG Augsburg, Endurteil vom 12.01.2023 – 114 O 2115/22
Fundstelle:
BeckRS 2023, 10352
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 12.01.2023, Az. 114 O 2115/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31.05.2023.
3. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert im Berufungsverfahren auf bis zu 13.000,00 € festzusetzen. Binnen vorgenannter Frist können die Parteien auch zum Streitwert des Berufungsverfahrens Stellung nehmen.
Entscheidungsgründe
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1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung lässt noch hinreichend erkennen, welche Gründe der Kläger den Erwägungen des Landgerichts entgegensetzt.
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2. Die Berufung ist aber offensichtlich unbegründet. Zu Recht ist das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht begründet ist. Die hiergegen mit der Berufung erhobenen Rügen verfangen nicht. Zu den Berufungsangriffen ist Folgendes anzumerken:
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a) aa) Mangels vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien kommt allenfalls eine deliktische Haftung der Beklagten im Zusammenhang mit dem vom Kläger am 04.07.2014 beim Autohaus vorgenommenen Erwerb des Fahrzeugs Opel Astra J Sports Tourer Innovation Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN): ..., ausgestattet mit einem Dieselmotor des Typs A20 (121 kW, Hubraum: 1.956 ccm, Abgasnorm: EU5), Datum der EG-Typgenehmigung: 04.07.2013, Datum der Erstzulassung: 10.10.2013, Kilometerstand bei Erwerb: 26.523 km, zum Preis von 19.500,00 € brutto (Anlagen K 1, K 5a) in Betracht. Offenbleiben kann deshalb, ob das Fahrzeug des Klägers einen Mangel im Sinne des § 434 BGB in der bis zum 31.12.2021 gültigen Fassung aufweist.
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bb) Die EG-Übereinstimmungsbescheinigung, die nicht an den Käufer adressiert ist, sondern ge-mäß § 6 Abs. 1 S. 1 EG-FGV lediglich dem Fahrzeug beizufügen ist, bestätigt nur, dass das individuelle Fahrzeug dem in der EG-Typengenehmigung beschriebenen Fahrzeugtyp entspricht (vgl. Art. 3 Nr. 36 der RL 2007/46/EG; Anhang IX der RL 2007/46/EG). Damit liegt jedoch keine Garantieerklärung im Sinne des § 443 BGB vor (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.03.2023 – 19 U 222/22, BeckRS 2023, 3833 Rn. 68 ff.). Diese setzt als Willenserklärung ein rechtsverbindliches Angebot des Garantiegebers voraus (vgl. Grüneberg/Weidenkaff, 82. Auflage 2023, BGB § 443 Rn. 5). Ob ein solcher Rechtsbindungswille vorliegt, ist durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Dabei ist im Hinblick auf eine EG-Übereinstimmungsbescheinigung kein garantieartiger Einstandswille der Beklagten für etwaige Sach- und Rechtsmängel gegenüber den zukünftigen Eigentümern oder Haltern des Fahrzeugs zu erkennen. Dies ergibt sich aus dem Zweck der EG-Übereinstimmungsbescheinigung, die lediglich dem Nachweis der Übereinstimmung nach §§ 6 Abs. 3 S. 1, 2 Nr. 7 FZV bei der erstmaligen Zulassung des Fahrzeugs für den öffentlichen Straßenverkehr dient. Dass der Hersteller über die gesetzliche Pflichterfüllung hinaus in besonderem Maße Vertrauen in Anspruch nehmen oder eine Zusicherung abgeben will, erschließt sich weder nach dem Text der Bescheinigung noch nach deren Zweck (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.03.2023 – 19 U 222/22, BeckRS 2023, 3833 Rn. 68 m. w. N.).
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cc) Gemäß §§ 311 Abs. 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB kann ausnahmsweise eine persönliche Haftung eines Dritten wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten in Betracht kommen, wenn der Dritte zwar nicht selbst Vertragspartner ist, aber in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat und dadurch die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat. Um ein solches Vertrauen in besonderem Maße für sich in Anspruch zu nehmen, muss der Dritte unmittelbar oder mittelbar durch eine für ihn handelnde Person an den Vertragsverhandlungen teilgenommen haben (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 23, 25; Grüneberg/Grüneberg, 82. Auflage 2023, BGB § 311 Rn. 63). Im vorliegenden Fall hat der Kläger das Fahrzeug nicht bei der Beklagten, sondern beim Autohaus Stahl erworben. Dass bei Abschluss des Kaufvertrages ein(e) Vertreter(in) der Beklagten als Vermittler(in) oder Sachwalter(in) zugegen gewesen wäre, hat der Kläger nicht behauptet. Eine Sachwalterhaftung der Beklagten aufgrund der Übergabe der EG-Übereinstimmungsbescheinigung gemäß Art. 18 i. V. m. Anhang IX der RL 2007/46/EG, §§ 6, 27 Abs. 1 EG-FGV scheitert im Hinblick auf ein sog. Thermofenster im Übrigen an einem fehlenden Verschulden der Beklagten, weil dieser insoweit kein Vorsatz und keine Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann (s. u.).
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b) aa) Der Senat teilt in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung, dass für eine deliktische Haftung der Beklagten die Klagepartei grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen trägt (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2022 – VII ZR 442/21, BeckRS 2022, 19714 Rn. 25; BGH, NJW 2019, 3638, 3641; OLG München, NJW-RR 2019, 1497, 1498; Senat, Hinweisbeschluss vom 13.11.2020 – 27 U 4262/20). Bei der Inanspruchnahme einer juristischen Person hat der Anspruchsteller dementsprechend auch darzulegen und zu beweisen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter (§ 31 BGB) die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat (vgl. BGH, NJW-RR 2021, 1029 Rn. 14; BGH, NJOZ 2021, 1327 Rn. 15; BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 35).
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bb) Selbst wenn man unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze zugunsten der Klagepartei hinsichtlich des Schadenseintritts das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO für ausreichend erachten würde und berücksichtigt, dass ein Schaden im Sinne des § 826 BGB auch in einer auf einem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen kann, ohne dass es auf die objektive Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung ankommt (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 740 Rn. 26; BGH, NJW 2022, 1674 Rn. 12; BGH, NJW-RR 2021, 1029 Rn. 23 m. w. N.), und ein Geschädigter, der durch das deliktische Handeln eines Dritten zum Abschluss eines Kaufvertrags bestimmt worden ist, wenn er die Kaufsache behalten möchte, als Schaden von dem Dritten den Betrag ersetzt verlangen kann, um den er den Kaufgegenstand – gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung – zu teuer erworben hat (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 1033 Rn. 7 ff.; BGH, NJW-RR 2022, 23 Rn. 17; BGH, NJW 2021, 3041 Rn. 12 ff., 15 ff.), steht vorliegend dem Kläger gegen die Beklagten weder ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB i. V. m. § 31 BGB (analog) bzw. § 831 BGB noch aus anderen deliktsrechtlichen Vorschriften zu. Das Landgericht hat das Verhalten der Beklagten auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen mit Recht nicht als verwerflich im Sinne des § 826 BGB angesehen. Es fehlt vorliegend jedenfalls an der schlüssigen Darlegung eines sittenwidrigen Verhaltens bezüglich eines Anspruchs aus § 826 BGB wie auch eines Schädigungsvorsatzes der Beklagten.
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(1) (a) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt nicht schon der Verstoß gegen vertragliche oder gesetzliche Pflichten; vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, BeckRS 2021, 37995 Rn. 10 f.; BGH, NJW 2014, 1380 Rn. 8 m. w. N.). Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, BeckRS 2021, 37995 Rn. 10; BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 541/15, BeckRS 2016, 17389 Rn. 17 m. w. N.). Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (BGH, NJW 2021, 1814 Rn. 12; BGH, NJW 2021, 921 Rn. 14). Nach diesen Leitlinien handelt ein Automobilhersteller gegenüber dem Fahrzeugkäufer sittenwidrig, wenn er entsprechend seiner grundlegenden strategischen Entscheidung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse unter bewusster Ausnutzung der Arglosigkeit der Erwerber, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die ordnungsgemäße Durchführung des Typgenehmigungsverfahrens als selbstverständlich voraussetzen, Fahrzeuge mit einer – evident unzulässigen (vgl. BGH, NJW 2021, 921 Rn. 21) – Motorsteuerung in Verkehr bringt, deren Software bewusst und gewollt so programmiert ist, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten werden, und damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielt (BGH, Urteil vom 23.06.2022 – VII ZR 442/21, BeckRS 2022, 19714 Rn. 22; BGH, NJW-RR 2022, 740 Rn. 25; BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 19). Ein solches Verhalten steht einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugerwerber in der Bewertung gleich (vgl. BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 19). Bereits die objektive Sittenwidrigkeit des Herstellens und des Inverkehrbringens von Kraftfahrzeugen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Verhältnis zum Fahrzeugerwerber setzt daher voraus, dass es in Kenntnis der Abschalteinrichtung und im Bewusstsein ihrer – billigend in Kauf genommenen – Unrechtmäßigkeit geschieht (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 52/21, BeckRS 2021, 47558 Rn. 19). Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (BGH, NJW 2021, 921 Rn. 19; BGH, NZV 2021, 525 Rn. 13).
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b) Vorliegend vermag der Senat auf Basis des gesamten klägerischen Vortrags, u. a. der vom Kläger in Bezug genommenen Umweltgesichtspunkte (Luftverschmutzung), Presseveröffentlichungen, Messergebnisse, gutachterlichen Stellungnahmen, des von ihm behaupteten rücksichtslosen Gewinnstrebens der Beklagten, der fehlenden Sachkunde und des fehlenden Einblicks der Klagepartei in die Funktionsweise der Motorsteuerung und den Behauptungen des Klägers zu den vom ihm als unzulässig qualifizierten Abschalteinrichtungen in einer Zusammenschau aller Gesichtspunkte (vgl. BGH, NJW 2021, 1814 Rn. 12; BGH, Urteil vom 21.12.2021 – VI ZR 277/20, BeckRS 2021, 44559 Rn. 8; BGH, NJW 2020, 2798 Rn. 32; HK-BGB/Ansgar Staudinger, 11. Auflage 2021, § 826 Rn. 7) nicht darauf zu schließen, dass die Beklagte bei der Entscheidung zum Einbau des konkreten Motors in das Fahrzeug des Klägers in sittenwidriger Weise tätig wurde. Die Berufung zeigt insoweit weder vom Landgericht festgestellten noch von diesem übergangenen Sachvortrag des insoweit darlegungsbelasteten Klägers (vgl. BGH, NJW 2021, 1814 Rn. 29) auf, dem für ein solches Vorstellungsbild der für die Beklagte handelnden Personen sprechende Anhaltspunkte zu entnehmen wären. Zwar ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 10.01.2023 – VIII ZR 9/21, BeckRS 2023, 1723 Rn. 14 ff.). Der Kläger darf sich hierbei auf nur vermutete Tatsachen stützen, denn er kann mangels Sachkunde und Einblick in die Produktionsabläufe der Beklagten keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben, weswegen er diese als Vermutungen in den Rechtsstreit einführen können muss (vgl. BGH, NJW 2022, 935 Rn. 18, 22; BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 22; BGH, NZV 2021, 525 Rn. 21; BGH, VersR 1995, 433 Rn. 15 ff.). Zudem hat der Kläger – soweit er die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt – die zu begutachtenden Punkte zu bezeichnen (vgl. § 403 ZPO), wobei der Kläger sich nicht dazu äußern muss, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in die Sachkenntnis des Sachverständigen gestellten Behauptung(en) hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, BeckRS 2021, 37995 Rn. 27). Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei erst dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt (BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 23; BGH, NZV 2021, 525 Rn. 22 m. w. N.). Eine grundlegende strategische Entscheidung der Beklagten im eigenen Kosten- und Gewinninteresse im Zeitpunkt des vom Kläger vorgenommenen Fahrzeugkaufs, die unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde bzw. des Klägers als Fahrzeugerwerbers abzielt (vgl. BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 19), ist aber nicht dargetan. Ein solches Vorstellungsbild der für die Beklagte handelnden Personen zeigt die Berufung nicht auf.
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(aa) Das Kriterium der Prüfstandsbezogenheit ist grundsätzlich geeignet, um zwischen nur unzulässigen Abschalteinrichtungen und solchen, deren Implementierung die Kriterien einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfüllen können, zu unterscheiden. Die Tatsache, dass eine Manipulationssoftware ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktiviert, indiziert eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden (vgl. BGH, Beschluss vom 10.01.2023 – VIII ZR 9/21, BeckRS 2023, 1723 Rn. 28; BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 18). Ein sittenwidriges Vorgehen der Beklagten kommt deshalb in Betracht, wenn deren verfassungsmäßig berufene Vertreter zumindest wussten, dass die Motoren des streitgegenständlichen Typs mit einer auf arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielenden Prüfstanderkennungssoftware ausgestattet waren, und die von der Beklagten hergestellten Fahrzeuge in Kenntnis dieses Umstandes mit diesem Motor versahen und in den Verkehr brachten (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2021 – VI ZR 875/20, BeckRS 2021, 44363 Rn. 11). Anlass, von dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 18 ff. m. w. N.) abzuweichen, besteht nicht; die Berufung vermag insoweit keine durchgreifenden Bedenken aufzuzeigen. Der Kläger zeigt keinen Vortrag auf, aus dem sich – über die bloße pauschale Behauptung hinaus – greifbare Anhaltspunkte für die Verwendung einer solchen Steuerungsstrategie in dem streitgegenständlichen Fahrzeug ergeben könnten (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 27; BGH, NZV 2021, 525 Rn. 23). Zwar kann bei Vorliegen weiterer Umstände auch die Funktionsweise einer Abschalteinrichtung, wenn sie nicht prüfstandsbezogen ist, Rückschlüsse auf eine als sittenwidrig zu bewertende Täuschungsabsicht der Beklagten zulassen (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 19). Umstände, die auf eine sittenwidrige Bewusstseinslage der Beklagten schließen ließen, werden vorliegend aber vom Kläger weder dargelegt noch sind diese ersichtlich.
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Der Umstand, dass die Abgasrückführung im Fahrzeug des Klägers nach seinem Sachvortrag durch eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems gesteuert ist, die die Abgasreinigung an der Außentemperatur orientiert, reicht – auch wenn zugunsten des Klägers unter Berücksichtigung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 21.03.2023 (C-100/21, NJW 2023, 1111) und vom 14.07.2022 (C-128/20, BeckRS 2022, 16622, C-134/20, BeckRS 2022, 16621, C-145/20, BeckRS 2022, 16620) in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt wird, dass eine derartige temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren ist – nicht aus, um dem Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen ein sittenwidriges Gepräge zu geben (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 15 ff.; BGH, NJW 2021, 921 Rn. 19; BGH, Urteil vom 16.09.2021 – VII ZR 286/20, BeckRS 2021, 30338 Rn. 15 ff.; BGH, Urteil vom 20.07.2021 – VI ZR 1154/20, BeckRS 2021, 30885 Rn. 13). Die Frage ist nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 25.11.2021 – III ZR 202/20, BeckRS 2021, 41003 Rn. 14) höchstrichterlich abschließend geklärt (vgl. BGH, NJW 2021, 3324 Rn. 40), nachdem hierzu nicht nur eine, sondern zwischenzeitlich mehrere einschlägige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergangen sind (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 243 Rn. 21 ff.; BGH, Urteil vom 13.01.2022 – III ZR 205/20, BeckRS 2022, 3677 Rn. 21 ff., 26 ff.; BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 424/21, BeckRS 2022, 7010 Rn. 27 ff.; BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 15 f., 19 ff., 24 ff. m. w. N.). Ein Thermofenster führt nicht dazu, dass bei erkanntem Prüfstandbetrieb eine verstärkte Abgasrückrührung aktiviert und der Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert wird, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. Unter den für den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen (Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, Geschwindigkeit, Widerstand etc.) entspricht die Rate der Abgasrückführung im normalen Fahrbetrieb derjenigen auf dem Prüfstand (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2022 – III ZR 205/20, BeckRS 2022, 3677 Rn. 28). Soweit der Kläger zur Wirkungsweise des Thermofensters vorgetragen hat, dass bei einer Außentemperatur von 17 Grad Celsius bei weitem mehr Stickoxid ausgestoßen wird, als das für das streitgegenständliche Fahrzeug mit Euro 5 (180 mg/km) Abgasnorm zulässig ist, bei Temperaturen unterhalb von 5 Grad Celsius die Abgasrückführung komplett abschaltet bzw. über 30 Grad Celsius nicht unwesentlich heruntergefahren und später komplett abgeschaltet wird, kann von einer Abschalteinrichtung, die „exakt“ auf die Prüfbedingungen im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) abgestimmt ist, schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ersichtlich keine Rede sein (vgl. BGH, VersR 2022, 1242 Rn. 21).
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(bb) Das Fahrzeug des Klägers unterliegt nach den unstreitigen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils keinem verpflichtenden Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts aufgrund einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Diese Feststellung ist für den Senat nach §§ 314, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend (vgl. BGH, NJW-RR 2012, 622, 623). Der Senat hat gemäß § 314 ZPO von der Richtigkeit des erstinstanzlichen Tatbestandes, der auch Tatbestandsfeststellungen erfasst, die sich in den Entscheidungsgründen finden, auszugehen, soweit dessen Beweiskraft reicht (vgl. BGH, NJW 1997, 1931; MüKoZPO/Musielak, 6. Auflage 2020, ZPO § 314 Rn. 3; Zöller/Feskorn, 34. Auflage 2022, ZPO § 314 Rn. 5). Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser entscheidungserheblichen Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, zeigt die Berufung nicht auf. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Anlage K 16 sowie dem Berufungsvortrag des Klägers, dass ein Bescheid für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp vorliege, der die im streitgegenständlichen Fahrzeugmodell verbauten Abschalteinrichtungen als unzulässig einstuft bzw. der Behauptung des Klägers, dass in jedem Fall ein Rückruf für das (streitgegenständliche) Modell ergangen sei, auch wenn der Klagepartei der Einblick fehle, welche Abschalteinrichtungen genau im Fahrzeug verbaut wurden. Ob ein Fahrzeug von einem Rückruf betroffen ist, lässt sich aufgrund der Vielzahl von Varianten eines Motortyps mit unterschiedlichen Hubräumen und Leistungsstufen nicht allein aus der Motorbezeichnung ableiten. Unabhängig davon sind greifbare Anhaltspunkte für die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht erst dann gegeben, wenn das Kraftfahrt-Bundesamt auch bezüglich Fahrzeugen der oder gar des konkreten Fahrzeugtyps der Klagepartei eine Rückrufaktion angeordnet hat (vgl. BGH, NJW 2020, 1740 Rn. 13). Auch begründet allein der verpflichtende Rückruf eines Pkws durch das Kraftfahrt-Bundesamt nach der mittlerweile gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung für sich noch keine deliktische Haftung des Motorenherstellers (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21, BeckRS 2021, 33038 Rn. 14; OLG Celle, Urteil vom 14.04.2021 – 7 U 1955/19, BeckRS 2021, 10567 Rn. 28 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 18.01.2021 – 12 U 1294/20, BeckRS 2021, 1168 Rn. 30). Denn es verbietet sich im Rahmen des § 826 BGB ein Verhalten aus der ex post-Perspektive zu bewerten, es also – unter Zugrundelegung heutiger Anschauungen und Verhältnisse – rückwirkend als sittenwidrig einzustufen (vgl. BGH, NJW 2020, 2798 Rn. 31).
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(cc) Eine sittenwidrige Manipulation der Beklagten zum Nachteil ihrer Kunden ist nicht darin zu sehen, dass – wie klägerseits behauptet – das On-Board-Diagnosesystem (OBD-System) bewusst an die vom Kläger behauptete Prüfstandserkennung gekoppelt wurde und dass trotz eines dauerhaften Stickoxidausstoßes von mehr als 180 mg/km keine Fehlermeldung im Fehlerspeicher des Bordcomputers des Fahrzeugs angezeigt wird bzw. im Realbetrieb die Hinweislampe im Armaturenbereich nicht aufleuchtet, obwohl die Grenzwerte dauerhaft überschritten werden. Ein On-Board-Diagnosesystem ist ein System für die Emissionsüberwachung, das in der Lage ist, mithilfe rechnergespeicherter Fehlercodes den Bereich von Fehlfunktionen anzuzeigen (Art. 3 Nr. 9 VO 715/2007/EG). Es ist nicht Aufgabe des OBD-Systems, konstante Messungen der Schadstoffemissionen vorzunehmen, bei Überschreitung bestimmter Schwellenwerte Signale zu setzen bzw. zu speichern oder zwischen einer rechtlich zulässigen und einer rechtlich unzulässigen Abschalteinrichtung zu unterscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.2021 – VIII ZR 190/19, BeckRS 2021, 44235 Rn. 90 f.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.08.2021 – 8 U 14/20, BeckRS 2020, 48082 Rn. 71 f.; OLG Hamm, Urteil vom 28.01.2021 – 18 U 21/20, BeckRS 2021, 10679 Rn. 132). Soweit die Motorsteuerung, mag sie auch als unzulässig zu qualifizierende Elemente umfassen, bestimmungsgemäß arbeitet, besteht bei dieser Sichtweise kein Anlass zu Fehlermeldungen (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.2021 – VIII ZR 190/19, BeckRS 2021, 44235 Rn. 90 f.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.06.2021 – 6 U 142/20, BeckRS 2021, 19764 Rn. 89). Vor diesem Hintergrund liegt bereits eine anzeigepflichtige Fehlfunktion bei Überschreitung der Emissionsgrenzwerte im realen Fahrbetrieb nicht vor. Der Vortrag des Klägers rechtfertigt keine andere Beurteilung. Unabhängig davon komm eine Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB – was hier nicht der Fall ist – nur in Betracht, wenn über die bloße Kenntnis von der Verwendung des genannten Systems mit der in Rede stehenden Funktionsweise in dem streitgegenständlichen Motor auch Anhaltspunkte dafür erkennbar wären, dass dieses von Seiten der Beklagten in dem Bewusstsein geschah, möglicherweise gegen gesetzliche Vorschriften zu verstoßen und dieser Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde (vgl. BGH, NJW 2021, 1814 Rn. 28; OLG Stuttgart, NZV 2019, 579, 584 f.).
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(dd) Soweit der Kläger sein Begehren darauf stützt, dass die Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug mit weiteren, nach Auffassung des Klägers unzulässigen/prüfstandsbezogenen multiplen Abschalteinrichtungen (1.180-Sekunden-Software, Höhenerkennung, Geschwindigkeitserkennung, Drehzahlerkennung) in Verkehr gebracht habe, die nach bestrittenem Vortrag des Klägers abhängig von verschiedenen Bedingungen/Initialisierungsparametern/Faktoren (z. B. Umgebungstemperatur, Umgebungsluftdruck, Motordrehzahl, Last, Kühlwasser, Öltemperatur) und einer Software, die erkennen kann, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet, für ein Einhalten des Stickoxidgrenzwerts nur auf dem Prüfstand im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) sorgen, außerhalb der Prüfbedingungen die Wirkung des Emissionskontrollsystems hingegen reduziert bzw. deaktiviert wird, erweist sich dieses als unschlüssig. Gleiches gilt für die – ohne einen konkreten, das streitgegenständliche Fahrzeug betreffende Sachvortrag oder Verweis auf fachliche Publikationen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.12.2022 – VIII ZR 298/21, BeckRS 2022, 40874 Rn. 24 f.) – erfolgten Behauptungen des Klägers, dass die Beklagte einen minderwertigen Kühler verbaut habe, der den zu erwartenden thermischen Belastungen von vornherein nicht standhalten könne und nicht feststehe, dass ein etwaig vpn der Beklagten angebotenes Software-Update ohne nachteilige Folgen, die möglicherweise erst nach einem längeren Dauerbetrieb auftreten, aufgespielt werden kann.
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Die Beklagte hat u. a. vorgetragen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug eine bestandskräftige und uneingeschränkt wirksame EG-Typgenehmigung besitze. Die Untersuchungskommission „Volkswagen“ habe den Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs Opel Astra 2.0 CDTi der Schadstoffklasse Euro 5 geprüft und diesem ein „unauffälliges Verhalten“ attestiert. Das Fahrzeug sei von keinem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts betroffen. Es unterscheide nicht zwischen dem Betrieb auf dem Prüfstand und auf der Straße. Ein Software-Update sei für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht erforderlich.
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Demgegenüber hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung keine greifbaren Anhaltspunkte für die Richtigkeit seiner Behauptungen aufgezeigt. In tatsächlicher Hinsicht ist nicht dargetan, an welcher Basis-/Vergleichsgröße der Kläger hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs seine Aussagen festmachen will. Auch unter Rückgriff auf das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers ist ein hinreichender Sachvortrag, welcher einer Beweiserhebung zugänglich wäre, nicht feststellbar. In der gutachterlichen Stellungnahme des Rechtsanwalts werden ebenso wie im Rechtsgutachten des lediglich abstrakte Rechtsfragen behandelt, die nicht darauf schließen lassen, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung enthalten ist. Gleiches gilt hinsichtlich der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme von, der der Autor selbst nur einen „vorläufigen Charakter“ beimisst (vgl. Anlage K 4, S. 1). Zudem belegen die vom Kläger vorgelegten Gutachten des, des (dessen gutachterliche Bewertung Motoren der – nicht streitgegenständlichen Fahrzeuge – Zafira Tourer 1.6 CDTi und Astra Tourer 1.6 CDTi betreffen) und das Gutachten der TU München einen technischen Expertenstreit über die Grenzen der Emissionsminderungsfähigkeit des AGR-Systems, nicht hingegen – anders als dieses bei Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns mit Motoren des Tys EA189 der Fall war – eine Strategie zur Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts und der Kunden der Beklagten.
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Eine Beweiserhebung über die Behauptungen des Klägers liefe hier letztlich auf einen in der Zivilprozessordnung nicht vorgesehenen Ausforschungsbeweis hinaus. Ein Sachverständiger müsste durch aufwändige Tests erst ermitteln, ob und wenn ja, nach welcher konkreten Zeit, Strecke, Motordrehzahl oder welchem konkreten Schadstoffausstoß – gegebenenfalls in Abhängigkeit der Last – die Abgasrückführung bei dem Fahrzeug des Klägers gedrosselt bzw. deaktiviert wird. Es ist für den Senat auch in keiner Weise ersichtlich, dass der Einbau der vom Kläger behaupteten und als unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 beanstandeten technischen Einrichtungen von Seiten der Beklagten in dem Bewusstsein geschah, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen, und dass ein solcher Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde. Der Kläger hat – gemessen an den oben genannten Maßstäben – eine im Fall ihrer Erweislichkeit die Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB erfüllende Indizienkette nicht vorgetragen. Der angebotene Zeugen- und Sachverständigenbeweis des Klägers dient der Ausforschung von Tatsachen, die es ihm erst ermöglichen könnten, die behauptete Billigung/Veranlassung der Verwendung der nach Auffassung des Klägers unzulässigen/prüfstandsbezogenen Abschalteinrichtungen substantiiert vorzutragen.
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(ee) Der Hinweis des Klägers auf Diskrepanzen zwischen Stickoxidemissionen unter Prüfstandbedingungen, die nach damaliger Rechtslage (Euro-5-Norm) zur Erlangung der Typgenehmigung allein maßgeblich waren, und unter normalen Betriebsbedingungen auf der Straße genügt als greifbarer Anhaltspunkt für die Verwendung einer unzulässigen Steuerungsstrategie seitens der Beklagten nicht (vgl. BGH, NZV 2021, 525 Rn. 23). Zu bedenken ist, dass Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 4 oder 5 oder 6 im Neuen Europäischen Fahrzyklus noch ohne Realmessfahrt typgenehmigt wurden. Die erste Abgasnorm, bei der eine Realmessung („Real Driving Emission“-Prüfverfahren (RDE)) vorgesehen ist, ist die Norm Euro 6d-TEMP, der das streitgegenständliche Fahrzeug aber nicht unterliegt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 13.11.2019 – 7 U 367/18, BeckRS 2019, 29587 Rn. 28 f.; LG Stuttgart, Urteil vom 22.06.2021 – 8 O 115/21, BeckRS 2021, 15833 Rn. 34). Im Übrigen sprechen höhere Abgaswerte im Realbetrieb im Vergleich zu den Werten im Rahmen des NEFZ nicht per se für das Vorliegen einer Abschalteinrichtung. Die Abweichung der Messwerte im Realbetrieb von den Messwerten nach NEFZ ist als Indiz für eine Abschalteinrichtung, und noch dazu für eine Manipulationssoftware, die die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllen könnte, angesichts der gravierenden Unterschiede der Bedingungen, unter denen die Messung erfolgt, grundsätzlich ungeeignet (vgl. BGH, Hinweisbeschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, BeckRS 2021, 37995 Rn. 30; OLG Stuttgart, Urteil vom 28.06.2022 – 24 U 115/22, BeckRS 2022, 16112, Rn. 44; OLG Brandenburg, Urteil vom 08.06.2022 – 4 U 148/21, BeckRS 2022, 13740 Rn. 30). Es ist allgemein bekannt – und in der VO 715/2007/EG auch ersichtlich –, dass die auf dem Rollenprüfstand bei genau spezifizierten Bedingungen ermittelten Werte für Kraftstoffverbrauch und Emissionen nicht immer und bedingungslos auch denjenigen entsprechen – und auch bis jetzt nicht entsprechen mussten –, die im realen Betrieb in verschiedenen Verkehrssituationen und bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen und Fahrweisen anfallen (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 29.10.2021 – 19 O 20/21, BeckRS 2021, 34446 Rn. 65 ff.). Die vom Kläger angesprochene Überschreitung der geltenden NOx-Grenzwerte um ein Vielfaches (4,6, 3,5- bzw. 1,75-fache) im realen Fahrbetrieb ist vor diesem Hintergrund nicht geeignet, übermäßige Stickoxid-Emission des streitgegenständlichen Fahrzeugs der Abgasnorm EU5 zu begründen. Eine Abweichung zwischen Real- und Prüfstandsbetrieb, die derart erheblich ist, dass sie für sich genommen schon als greifbarer Anhaltspunkt für die Existenz einer Prüfstandserkennungssoftware dienen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 25.11.2021 – III ZR 202/20, BeckRS 2021, 41003 Rn. 17: 9,7-fache Überschreitung für ein Fahrzeug der Abgasnorm Euro 5), ist hier jedenfalls aufgrund des Vortrags der Klagepartei nicht ersichtlich. Die Leitlinien der Europäischen Kommission für die Bewertung zusätzlicher Emissionsstrategien und des Vorhandenseins von Abschalteinrichtungen vom 26.01.2017 gebieten keine andere Beurteilung, da die Leitlinien nur dazu dienen, die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu erleichtern, selbst aber rechtlich nicht bindend sind. Im Übrigen ist eine Vergleichbarkeit erst dann gegeben, wenn die Messung der Emissionen im Realbetrieb zumindest denselben Hersteller, dieselbe Abgasnorm und denselben Motortyp betrifft. Eine herstellerübergreifende Vergleichbarkeit scheidet von vorneherein aus. Ebenso gilt dies für den Vergleich bei verschiedenen Abgasnormen, weil diesen deutlich verschiedene NOx-Grenzwerte zugrunde liegen (Euro 5: 180mg/km; Euro 6: 80mg/km). Dies gilt auch dann, wenn derselbe Motortyp des Herstellers betroffen ist, weil der Einordnung desselben Motortyps in verschiedene Abgasnormen eine unterschiedliche Abgasnachbehandlung (SCR-Katalysator und/oder NOx-Speicherkatalysator) zugrunde liegt. Schließlich scheidet auch eine Vergleichbarkeit verschiedener Motortypen desselben Herstellers aus. Denn aus der – hier einmal unterstellten – Existenz einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp kann nicht der Schluss gezogen werden, dass eine solche Abschalteinrichtung ebenso in dem anderen Motortyp eingebaut wurde. Im Ergebnis bedeutet dies, dass alle die Emissionsmessungen, die andere als den streitgegenständlichen Motortyp bzw. Abgasnormen betreffen, von vornherein nicht relevant sein können (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 08.06.2022 – 4 U 148/21, BeckRS 2022, 13740 Rn. 33).
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(ff) Die vom Kraftfahrt-Bundesamt erteilte Typgenehmigung (vgl. hierzu EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 73 ff.) bildet die Grundlage der Fahrzeugproduktion und des Inverkehrbringens des typengenehmigten Fahrzeugs und stellt einen Verwaltungsakt dar, sodass eine sittenwidrige Schädigung des Klägers nur dann in Betracht kommt, wenn und soweit die Beklagte die Mitarbeiter des Kraftfahrt-Bundesamts bei der Erteilung der Typgenehmigung arglistig getäuscht hätte (vgl. OLG Brandenburg, Hinweisbeschluss vom 29.01.2021 – 11 U 113/20, BeckRS 2021, 7532 Rn. 27). Selbst wenn die Angaben der Beklagten gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt tatsächlich unvollständig gewesen sein sollten, wäre dies noch kein konkreter Anhaltspunkt für deren Bewusstsein, eine unzulässige Abschalteinrichtung bei Verheimlichung dieses Umstands zu verwenden bzw. verwendet zu haben. Es wäre zunächst Sache des Kraftfahrt-Bundesamts gewesen, vermeintlich unvollständige Angaben im Typgenehmigungsverfahren nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 und 2 VwVfG zu monieren (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 26; BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 223/20, BeckRS 2021, 33847 Rn. 14; BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 101/21, BeckRS 2021, 34034 Rn. 20). Denn das Kraftfahrt-Bundesamt hat zunächst zu prüfen, ob die Antragsunterlagen im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben vollständig sind. Fehlt es daran, hat es den Antragsteller aufzufordern, die Antragsunterlagen zu ergänzen. Kommt der Antragsteller dem nicht nach, lehnt die Behörde den Antrag ab (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 01.03.2021 – 8 U 4122/20, BeckRS 2021, 9658 Rn. 60; Führ, NVwZ 2017, 265, 269). Zu den Emissionsstrategien des streitgegenständlichen Fahrzeugs waren im Rahmen der Typgenehmigung keine Angaben des Herstellers im sog. Beschreibungsbogen gefordert. Die genaue Beschreibung der Emissionsstrategien wurde erst ab 16.05.2016 mit der Verordnung (EU) 2016/646 der Kommission vom 20.04.2016 eingeführt, also nach der Erteilung der Typgenehmigung bzw. der Erstzulassung des in Rede stehenden Fahrzeugs. Anders als bei einer Prüfstandserkennungssoftware mit Umschaltlogik könnte aus dem – unterstellten – Fehlen derartiger ergänzender Angaben nicht darauf geschlossen werden, dass die Beklagte damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abgezielt oder dies auch nur billigend in Kauf genommen hätte (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 01.03.2021 – 8 U 4122/20, BeckRS 2021, 9658 Rn. 61). Selbst ein – hier nicht gegebener – verpflichtender Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts indiziert ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht das Vorliegen einer unzulässigen prüfstandsbezogenen Abschalteinrichtung, über die das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erteilung der Typgenehmigung getäuscht worden sein müsse (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2022 – VII ZR 266/20, BeckRS 2022, 8394 Rn. 20). Anhaltspunkte für wissentlich unterbliebene oder unrichtige Angaben der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren, die noch dazu auf ein heimliches und manipulatives Vorgehen oder eine Überlistung des Kraftfahrt-Bundesamts und damit auf einen bewussten Gesetzesverstoß hindeuten würden (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 223/20, BeckRS 2021, 33847 Rn. 14), legt der Kläger nicht dar.
20
(gg) Zu berücksichtigen ist auch, dass das sittenwidrige Verhalten eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters der Beklagten nicht mittels einer Zurechnung fremden Wissens entsprechend § 166 BGB begründet werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit §§ 30, 31 BGB voraus, dass einer ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB persönlich verwirklicht hat. Über eine Wissenszusammenrechnung führt kein Weg zu dem für das Merkmal der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB erforderliche moralische Unwerturteil (vgl. BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 23).
21
Auf der vorgenannten Grundlage kann das Verhalten der Beklagten – unabhängig von der Frage der Tatbestandswirkung der EG-Typgenehmigung – bei der gebotenen Gesamtbetrachtung mangels eines objektiv sittenwidriges Handelns mit dem Ziel der Kostensenkung und Gewinnmaximierung nicht einer arglistigen Täuschung der Typgenehmigungsbehörde bzw. des Klägers als Fahrzeugerwerbers gleichgesetzt werden.
22
(2) Zudem fehlt es jedenfalls an dem für eine deliktische Haftung notwendigen Schädigungsvorsatz der Beklagten, der bei einem verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten hätte vorliegen müssen (vgl. BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 32).
23
Ein solcher Vortrag ist den schriftsätzlichen Ausführungen des Klägers nicht zu entnehmen. Der Anspruchsteller hat darzulegen und zu beweisen, dass der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßiger Vertreter nach § 31 BGB des in Anspruch genommenen Unternehmens die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 35). Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 32). Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu Vorgängen innerhalb ihres Unternehmens, die auf eine Kenntnis ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung schließen lassen sollen, setzt jedenfalls voraus, dass das (unstreitige oder nachgewiesene) Parteivorbringen hinreichende Anhaltspunkte enthält, die einen solchen Schluss nahelegen (vgl. BGH, NJOZ 2022, 916 Rn. 14). Fehlt es – wie hier – bereits an einem ansatzweisen schlüssigen Vortrag, ist für eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten kein Raum. Allein aus der hier zu unterstellenden objektiven Unzulässigkeit der vom Kläger behaupteten Abschalteinrichtungen folgt kein Vorsatz hinsichtlich der Schädigung der Fahrzeugkäufer (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 424/21, BeckRS 2022, 7010 Rn. 38; BGH, Beschluss vom 10.11.2021 – VII ZR 415/21, BeckRS 2021, 45434 Rn. 37). Der pauschale Verweis des Klägers auf die Unkenntnis der Mitarbeiter des Kraftfahrt-Bundesamts ist unsubstantiiert. Dem Sachvortrag des diesbezüglich darlegungsbelasteten Klägers, der Vorstand der Beklagten hätte – wie sich aus der Anlage K 5 ergebe – vom Einbau unzulässiger Abschalteinrichtungen in den Fahrzeugen der Beklagten Kenntnis gehabt, lässt sich nicht entnehmen, auf welche Art und Weise dieser die Kenntnis hinsichtlich des gegenständlichen Fahrzeugtyps der Emissionsklasse EU5 erlangt haben soll. Bei den von der Klagepartei benannten Zeugen bleibt unklar, inwieweit sie ohne einen nicht vorgetragenen konkreten Bezug zum streitgegenständlichen Fahrzeug der Emissionsklasse EU5 Angaben zu einer möglichen strategischen Entscheidung des Vorstands der Beklagten geben können. Dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main – was gerichtsbekannt ist – aufgrund vorausgegangener Ermittlungen gegen die Beklagten im Jahr 2021 wegen Verletzung von Dokumentationspflichten ein Bußgeld in Höhe von 64,8 Mio. € verhängt hat, vermag einen Vorsatz der Beklagten gleichfalls nicht zu begründen.
24
Ein Schädigungsvorsatz der Beklagten bzw. ihrer verfassungsmäßigen Vertreter (§ 31 BGB) oder Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB) lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nach Vortrag des Klägers mit einem sogenannten „Thermofenster“-Mechanismus ausgestattet ist (vgl. BGH, NJW 2021, 3721 Rn. 32). Anders als bei einer Software, die die Situation auf dem Prüfstand erkennt, deswegen in einen anderen Modus schaltet und deren Unzulässigkeit deshalb ebenso wie die Gefahr eines Widerrufs der erschlichenen Betriebszulassung auf der Hand liegt, ist dies beim sog. „Thermofenster“ gerade nicht der Fall. Es sind vorliegend keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Einbau der Einrichtung mit der in Rede stehenden Funktionsweise in den streitgegenständlichen Motor in Kenntnis des Risikos einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung der betroffenen Fahrzeuge bzw. in dem Bewusstsein geschehen ist, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen und dieser Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde. Denn der Einschätzung im Hinblick auf das Thermofenster konnte auch eine möglicherweise falsche, aber bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17.12.2020, NJW 2021, 1216 bzw. bis zu den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 14.07.2022 in den Rechtssachen Az. C-128/20, C-134/20 und C-145/20 (vgl. Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union Nr. 124/22 vom 14.07.2022) sowie vom 21.03.2023 – C-100/21, NJW 2023, 1111 dennoch vertretbare Gesetzesauslegung zugrunde liegen, dass es sich um eine zulässige Abschalteinrichtung handele (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 101/21, BeckRS 2021, 34034 Rn. 24). Im Hinblick auf die unsichere Rechtslage ist nicht dargetan, dass sich den für die Beklagte tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung des Klägers hätte aufdrängen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.10.2021 – VII ZR 50/21, BeckRS 2021, 38656 Rn. 19). Eine möglicherweise nur fahrlässige Verkennung der Rechtslage genügt für die Feststellung des erforderlichen Vorsatzes nicht. Auch folgen aus einer etwaig unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise des Thermofensters gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt keine Anhaltspunkte dafür, dass die für die Beklagte handelnden Personen in dem Bewusstsein agierten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Fahrzeugtyp, der über eine EG-Typgenehmigung verfügt, mit der dieses Fahrzeug auf der Straße verwendet werden kann, ursprünglich von der Typgenehmigungsbehörde genehmigt worden ist, ohne dass ihr das Vorhandensein einer Motorsteuerungssoftware, die die Abgasrückführung verringert, wenn die Außentemperaturen unter einer gewissen Schwelle liegen (Thermofenster), offenbart wurde (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 83). Dem Kraftfahrt-Bundesamt war aber die Verwendung von Thermofenstern bei allen Herstellern und die in diesem Zusammenhang geführte rechtliche Diskussion um den Motorschutz bekannt. Es war deshalb zu einer Überprüfung des Emissionsverhaltens der Fahrzeuge – gegebenenfalls nach weiteren Rückfragen beim Hersteller – ohne weiteres in der Lage (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2022 – III ZR 205/20, BeckRS 2022, 3677 Rn. 25 m. w. N.). Unerheblich ist hierbei, ob es andere technische Möglichkeiten gab, mit denen auch bei geringerer Reduzierung der Abgasrückstände das Risiko von Motorschäden vermieden und zugleich die weiteren Schadstoffgrenzen eingehalten werden konnten. Unabhängig davon, ob solche Möglichkeiten der Beklagten auch bekannt gewesen waren, kann es keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellen, wenn ein Kfz-Hersteller nicht der Vorreiter der technischen Entwicklung ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2020 – I-5 U 110/19, BeckRS 2020, 9904 Rn. 42), zumal die Verordnung (EG) 715/2007 den Einsatz einer bestimmten Technologie nicht vorschreibt (vgl. EuGH, NJW 2022, 3769 Rn. 92).
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(3) In § 138 ZPO hat der Gesetzgeber im Interesse einer geordneten Rechtspflege geregelt, dass die Prozessparteien subjektiv wahrhaftig im Sinne eines Verbots wissentlicher Falschangaben die tatsächlichen Umstände behaupten und bestreiten müssen (vgl. Zöller/Greger, ZPO § 138 Rn. 1 f.). Diese Wahrheitspflicht besteht als echte Pflicht gegenüber dem Gericht und dem Gegner (vgl. BGH, NStZ 2023, 37 Rn. 54; MüKoZPO/Fritsche, 6. Auflage 2020, ZPO § 138 Rn. 1).
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Deshalb erwarten die Beteiligten in einem zivilgerichtlichen Rechtsstreit – nicht anders als das zur Entscheidung berufene Gericht – einen Sachvortrag, der den Vorgaben des § 138 ZPO entspricht (vgl. BGH, NStZ 2023, 37 Rn. 20, 54; BGH, Urteil vom 31.10.2019 – 1 StR 219/17, BeckRS 2019, 30065 Rn. 59 m. w. N.). Dabei ist die Erklärungslast des Gegners in Bestehen und Umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei im Zusammenhang mit dem Einfordern einer Leistung vorgetragen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2022 – VII ZR 327/21, BeckRS 2022, 19588 Rn. 12; BGH, Urteil vom 23.06.2022 – VII ZR 442/21, BeckRS 2022, 19714 Rn. 25). Vorliegend ist die Beklagte dem Vortrag des Klägers und der von ihm behaupteten anspruchsbegründenden Tatsachen entgegengetreten und hat ausgeführt, dass und warum die Forderung des Klägers jeder Grundlage entbehrt. Soweit die Beklagte hierbei dem Vortrag des Klägers durch einfaches Bestreiten entgegengetreten ist, ist dieses nicht unzulässig. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 634 Rn. 18; BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 26 m. w. N.). In der Regel genügt daher gegenüber einer Tatsachenbehauptung der darlegungspflichtigen Partei das einfache Bestreiten des Gegners (BGH, Urteil vom 24.03.2022 – VII ZR 266/20, BeckRS 2022, 8394 Rn. 24). Die Hinweise des Klägers auf die sekundäre Darlegungs- und Beweislast der Beklagten aufgrund eines klägerischen Informationsdefizits (vgl. BGH, NJOZ 2021, 1049 Rn. 13 ff.; BGH, NJOZ 2021, 1046 Rn. 15 ff.) gehen ins Leere. Einer sekundären Darlegungslast fehlt es vorliegend an der erforderlichen Grundlage. Eine etwaige sekundäre Darlegungslast der Gegenseite setzt voraus, dass der Anspruchsteller zumindest hinreichende, greifbare Anhaltspunkte hierfür dargelegt hat (vgl. OLG München, NJW-RR 2019, 1497, 1500 Rn. 44), d. h. sie kommt erst zum Tragen, wenn – was hier nicht gegeben ist – die primär darlegungs- und beweisbelastete Partei Anknüpfungstatsachen schlüssig vorgetragen hat und sich daraus eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit ihres Vortrags ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 491/21, BeckRS 2022, 6617 Rn. 26; BGH, NJW 2015, 947, 948; OLG Stuttgart, NZV 2019, 579, 586 Rn. 90). In diesem Fall hat der Gegner nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast auf die Behauptungen der darlegungs- und beweisbelastete Partei substanziiert, das heißt mit näheren Angaben zu erwidern, wenn sein Bestreiten nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO beachtlich sein soll (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 491/21, BeckRS 2022, 6617 Rn. 25; BGH, NJW-RR 2019, 467 Rn. 17 m. w. N.). Die Betroffenheit einer Vielzahl von Fahrzeugen reicht für eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 424/21, BeckRS 2022, 7010 Rn. 39). Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des in Anspruch Genommenen, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (vgl. BGH, NJW 2021, 1669 Rn. 27; Zöller/Greger, ZPO vor § 284 Rn. 34). Auch begründet eine sekundäre Darlegungslast keine prozessuale Verpflichtung, Urkunden vorzulegen. Eine Pflicht zur Vorlage von Urkunden der nicht beweisbelasteten Partei folgt nur aus den speziellen Vorschriften der §§ 422, 423 ZPO oder aus einer Anordnung des Gerichts nach § 142 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 23.02.2022 – VII ZR 252/20, BeckRS 2022, 9437 Rn. 13).
27
Insbesondere obliegt es vorliegend nicht der Beklagten darzulegen, mit welchen Angaben ihre Entscheidungsträger die Verwendung des sogenannten „Thermofensters“ bzw. der weiteren, klägerseits vorgetragenen unzulässigen Abschalteinrichtungen gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt begründet und auf welcher Grundlage sie dieses/diese in Anwendung der Ausnahmeregelung des Art. 5 Abs. 2 S. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 für zulässig gehalten haben (OLG Bremen, NJOZ 2021, 489 Rn. 54 m. w. N.). Vielmehr ist grundsätzlich der Kläger als Gläubiger des geltend gemachten Anspruchs in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet für die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach § 826 BGB (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 35), was auch die tatsächlichen objektiven und subjektiven Umstände einschließt, aus denen sich der Vorwurf der Sittenwidrigkeit ergeben soll. Zwar ist hinsichtlich der Bestimmung des Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007, die eng auszulegen ist, davon auszugehen, dass eine Abschalteinrichtung nur dann „notwendig“ im Sinne dieser Bestimmung ist, wenn zum Zeitpunkt der EG-Typgenehmigung dieser Einrichtung oder des mit ihr ausgestatteten Fahrzeugs keine andere technische Lösung unmittelbare Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall, die beim Fahren eines Fahrzeugs eine konkrete Gefahr hervorrufen, abwenden kann (vgl. EuGH, NJW 2022, 3769 Rn. 94 m. w. N.). Die Verwendung einer Abschalteinrichtung ist aber auch für den Fall der Unzulässigkeit derselben nicht ohne weiteres als sittenwidrig anzusehen, sondern bedarf nach den oben dargelegten Kriterien auch des Vorliegens der zusätzlichen Voraussetzungen einer besonderen Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten. Daraus ergibt sich, dass auch nicht das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 S. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 bzw. ein Handeln der Beklagten in der Annahme des Vorliegens dieser Voraussetzungen lediglich ausnahmsweise eine ansonsten begründete Sittenwidrigkeit entfallen ließe (in diesem Fall wäre eine Darlegungs- und Beweislast der Beklagten hinsichtlich der Voraussetzungen dieser Ausnahme bzw. ihres Vertrauens auf deren Anwendung anzunehmen, vgl. BGH, NJW-RR 2009, 1207 Rn. 23), sondern es bleibt vielmehr insoweit bei der vollen Darlegungs- und Beweislast des Klägers (vgl. OLG Bremen, NJOZ 2021, 489 Rn. 54).
28
cc) Auch die Voraussetzungen der §§ 823 Abs. 2, 31 BGB/831 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB sind nicht erfüllt, da es auch hier an der substantiierten Darlegung eines entsprechenden Vorsatzes gemäß §§ 15, 16 Abs. 1 StGB der Beklagten im Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs hinsichtlich des objektiven Tatbestandsmerkmals der Erregung oder Unterhaltung eines Irrtums des vermeintlich geschädigten Klägers fehlt. Im Übrigen wäre auch die für den Betrugstatbestand erforderliche Stoffgleichheit zwischen einer etwaigen Vermögenseinbuße des Klägers mit den denkbaren Vermögensvorteilen, die ein verfassungsmäßiger Vertreter (§ 31 BGB) oder Verrichtungsgehilfe (§ 831 BGB) der Beklagten für sich oder einen Dritten erstrebt haben könnte, nicht gegeben, weil diese bzw. die Beklagte keinen unmittelbaren Vorteil aus dem Kaufvertrag des Klägers mit dem Autohaus Stahl ziehen konnten (vgl. BGH, NJW 2020, 2798, 2801). Ein etwaiger dem Kläger entstandener Schaden kann stoffgleich allenfalls mit dem Vorteil sein, der dem Verkäufer aus dem Fahrzeugverkauf zugeflossen ist (vgl. BGH, VersR 2022, 1242 Rn. 26; BGH, Beschluss vom 14.09.2021 – VI ZR 491/20, BeckRS 2021, 29971 Rn. 14; BGH, NJW 2020, 2798, 2801; OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.05.2021 – 6 U 15/20, BeckRS 2021, 16080 Rn. 124).
29
dd) Der Kläger kann den geltend gemachten Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 31 BGB bzw. § 831 BGB, Art. 5 Abs. 1, 2 i. V. m. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007, Art. 4 Abs. 2 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 bzw. den §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV herleiten. Dieser Anspruch scheitert jedenfalls neben der fehlenden schlüssigen Darlegung des erforderlichen subjektiven Tatbestandes auch in Ansehung der ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21.03.2023 – C-100/21, NJW 2023, 1111 in der Sache an dem Umstand, dass dem Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB kein Anspruch auf großen Schadensersatz wegen eines ungewollten Vertragsschlusses zusteht (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 20). Gleiches gilt hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 18 Abs. 1 der RL 2007/46/EG. Weder Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 noch §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV dienen dem Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des einzelnen Fahrzeugerwerbers.
30
(1) (a) Zwar hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 21.03.2023 – C-100/21, NJW 2023, 1111 anerkannt, dass Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 die Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs schützen und damit ein Anspruch des Käufers einhergeht, dass das Fahrzeug nicht mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgestattet ist (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 88 f.). Er hat aber nicht festgestellt, dass bereits die Nichterfüllung dieses Anspruchs bei richtlinien- und / oder verordnungsgetreuer Auslegung automatisch einen Schaden darstellt / darstellen muss. Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof deutlich gemacht, dass die Mitgliedstaaten vorsehen müssen, dass der Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgestatteten Fahrzeugs einen Anspruch auf Schadensersatz durch den Hersteller dieses Fahrzeugs – hier nach § 823 Abs. 2 BGB – hat, soweit dem Käufer durch diese Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 91, 95; OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 22; LG Schwerin, Urteil vom 28.03.2023 – 3 O 436/21, BeckRS 2023, 5885 Rn. 29). Entsprechend hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung u. a. eine Unsicherheit hinsichtlich der Möglichkeit hervorrufen kann, das Fahrzeug anzumelden, zu verkaufen oder in Betrieb zu nehmen, und letztlich beim Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüsteten Fahrzeugs zu einem Schaden führen kann (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 84; OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 22). Ob und wann im Anwendungsbereich des hier maßgeblichen § 823 Abs. 2 BGB von einem Schaden auszugehen ist, ist eine Frage des deutschen Rechts (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 92).
31
(b) Unabhängig hiervon ist die Rückabwicklung eines angeblich ungewollten Vertrags nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls nicht vom Schutzzweck des Typgenehmigungsrechts erfasst. Neben weiteren Voraussetzungen kommt es für einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB nämlich darauf an, dass sich im konkreten Schaden die Gefahr verwirklicht hat, vor der die betreffende Norm schützen sollte (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 73; OLG Schleswig, Beschluss vom 18.07.2022 – 7 U 198/21, BeckRS 2022, 18482 Rn. 29). Das wirtschaftliche Selbstbestimmungsinteresse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liegt nicht im sachlichen Aufgabenbereich der Vorschriften des Typgenehmigungsrechts bzw. des deutschen Umsetzungsrechts (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2022 – III ZR 270/20, BeckRS 2022, 10055 Rn. 28; BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 75 f.; OLG Schleswig, Beschluss vom 18.07.2022 – 7 U 198/21, BeckRS 2022, 18482 Rn. 29). Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21.03.2023, Az. C-100/21, ergibt sich nichts anderes. Der Europäische Gerichtshof hat nicht festgestellt, dass die vorgenannten Schutzgesetze dem Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des einzelnen Fahrzeugerwerbers dienen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 25). Er hat die Vorlagefrage nicht dem Vorschlag des Generalanwalts (Schlussanträge vom 02.06.2022 – C-100/21, BeckRS 2022, 12232 Rn. 50) folgend dahin beantwortet, dass Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der RL 2007/46/EG dahin auszulegen sind, dass sie insbesondere das Interesse, kein Fahrzeug zu erwerben, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgestattet ist, schützen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 25). Schäden, die aus einer ungültigen und auch den Käufer schützenden Übereinstimmungsbescheinigung resultieren – z. B. Schäden aus einer verzögerten Fahrzeugzulassung oder einer konkret drohenden Betriebsuntersagung –, machen Kläger aber regelmäßig nicht geltend, wenn sie behaupten, einen vermeintlich ungewollten Vertrag rückgängig machen zu wollen (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 74 ff.; OLG Schleswig, Beschluss vom 18.07.2022 – 7 U 198/21, BeckRS 2022, 18482 Rn. 29). Da das Kraftfahrt-Bundesamt trotz bereits im Jahre 2015 begonnener umfassender Prüfungen bis heute keinen Anlass für eine Rückrufanordnung des streitgegenständlichen Fahrzeug-/Motortyps oder für einen Widerruf der EG-Typgenehmigung im Hinblick auf das Thermofenster gesehen hat, muss der Senat darüber hinaus davon ausgehen, dass das Fahrzeug des Klägers durchgehend seit dem Kauf nicht von einer solchen Maßnahme bedroht gewesen ist und damit bisher erst recht kein konkreter Schaden im Sinne der Differenzhypothese entstanden ist. Dabei kann dahinstehen, ob diese Haltung des Kraftfahrt-Bundesamts den maßgeblichen Normen nicht gerecht wurde und deshalb rechtswidrig war. Es handelte sich um die Auffassung der zuständigen Genehmigungsbehörde, gegen deren Votum abweichende Betriebsuntersagungen durch die Straßenverkehrsbehörden nicht zu erwarten waren – und sind (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 28 m. w. N.).
32
(c) Unter Berücksichtigung dessen ist dem Kläger kein konkreter Schaden entstanden. Das Fahrzeug des Klägers ist zugelassen und die Betriebserlaubnis nicht wieder entzogen worden. Als verletztes Schutzgut macht der Kläger sein wirtschaftliches Selbstbestimmungsrecht und damit den Schutz des Käufers vor dem Abschluss eines ungewollten Vertrags geltend (vgl. Schriftsatz vom 04.11.2022, S. 75, 85, Berufungsbegründung, S. 80, 86). Es ist auch im Lichte der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21.03.2023 – C 100/21, NJW 2023, 1111 nicht erkennbar, dass im Sinne der Differenzhypothese oder im Wege der normativen Kontrolle der Differenzhypothese im vorliegend betroffenen Schutzbereich des § 823 Abs. 2 BGB die Gewährung großen Schadensersatzes geboten wäre (vgl. BGH, NJW 2020, 1962 Rn. 45; OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 26). Durch eine nach Erteilung der EG-Typgenehmigung entdeckte Unzulässigkeit einer Abschalteinrichtung kann nur eine Unsicherheit hinsichtlich der Möglichkeit, das Fahrzeug anzumelden, zu verkaufen oder in Betrieb zu nehmen, bestehen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 27). Eine solche stellt selbst aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs noch keinen Schaden dar (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 84). Bejaht wurde lediglich, dass ein individueller Käufer eines Kraftfahrzeugs gegen den Hersteller dieses Fahrzeugs einen Anspruch darauf hat, dass dieses Fahrzeug nicht mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007 ausgestattet ist (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 89; OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 27). Der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz (vgl. EuGH, NJW 2023, 1111 Rn. 93 f.) steht dabei der Versagung des Anspruchs auf Schadensersatz in Form der Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs nicht entgegen. Das nationale Schadensrecht sieht angemessene Haftungsnormen im Gewährleistungsrecht und im Deliktsrecht in den §§ 823 ff. BGB vor, die grundsätzlich eine Haftung des Herstellers für Schäden, die durch eine unzulässige Abschalteinrichtung entstehen, ermöglichen. Das ändert nichts daran, dass im Einzelfall die Haftungsvoraussetzungen nicht vorliegen (vgl. LG Schwerin, Urteil vom 28.03.2023 – 3 O 436/21, BeckRS 2023, 5885 Rn. 29). Bei einer (hier nicht einmal fahrlässigen, s. u.) Schutzgesetzverletzung im Anwendungsbereich des § 823 Abs. 2 BGB ist das wirtschaftliche Selbstbestimmungsrecht sachlich nicht betroffen. Ein abweichendes subjektives Empfinden ist im Hinblick auf die „einfache“ Schutzgesetzverletzung aus Sicht der Verkehrsanschauung nicht maßgeblich. Bei Berücksichtigung aller Umstände ist der Vertragsschluss des Klägers nicht als unvernünftig, nicht als den konkreten Vermögensinteressen unangemessen und damit nicht als nachteilig anzusehen. Vielmehr kann der Kläger – in Unterstellung einer bei ihm vorherrschenden Unsicherheit im Sinne des Europäischen Gerichtshofs – das streitgegenständliche Fahrzeug ungehindert ummelden oder verkaufen; mit einer fehlenden Akzeptanz der Übereinstimmungsbescheinigung im Zuge eines Verkaufs bzw. der Ummeldung des Fahrzeugs ist nicht zu rechnen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.03.2023 – 7 U 113/22, BeckRS 2023, 4904 Rn. 33). Soweit der Kläger vorträgt, dass die Deutsche Umwelthilfe e. V. angekündigt habe, gegen die Typgenehmigung des gegenständlichen Fahrzeugs (gerichtlich) vorzugehen, was das Risiko einer Stilllegung verstärke, vermag dieses einen Schaden des Klägers ebenfalls nicht zu begründen. Das Fahrzeug des Klägers ist – was auch in der Berufungsbegründung nicht in Abrede gestellt wird – zugelassen und die Betriebserlaubnis nicht wieder entzogen worden. Zudem ist das Ergebnis des rechtlichen Vorgehens der Deutschen Umwelthilfe e. V. offen.
33
(2) Darüber hinaus fehlt es bezüglich des sog. Thermofensters am gemäß § 823 Abs. 2 BGB erforderlichen Verschulden der Beklagten. Fahrlässigkeit hinsichtlich eines Verstoßes gegen drittschützende Normen kann hier nicht festgestellt werden.
34
(a) Maßstab für die Bestimmung der Fahrlässigkeit im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB ist § 276 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, VersR 1968, 378, 379; MüKoBGB/Wagner, 8. Auflage 2020, BGB § 823 Rn. 611). Gemäß dieser Vorschrift handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Welche Sorgfalt jeweils erfordert wird, ist ohne Rücksicht auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Betroffenen nach einem objektiven Maßstab zum Zeitpunkt der Verursachung des Schadens bzw. dem Zeitpunkt, zu dem eine Schadensabwendung in Betracht kam, zu beurteilen (vgl. BGH, NJW 2021, 1818 Rn. 32 m. w. N.; OLG Hamm, Beschluss vom 04.08.2022 – 21 U 106/21, BeckRS 2022, 19655 Rn. 10; Grüneberg/Grüneberg, BGB, § 276 Rn. 15 f.). Fahrlässigkeit setzt unter anderem die Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit voraus. Ein Rechtsirrtum ist nur ganz ausnahmsweise unvermeidbar, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte. Es genügt zum Beispiel, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde die Rechtsfrage zugunsten des Schuldners beantwortet hätte. In diesem Fall sind auch die sonst zu fordernden Erkundigungen des Schuldners über Bestand und Umfang seiner Verpflichtung entbehrlich und scheidet eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Schutzgesetz aus (vgl. BGH, NJW-RR 2017, 1004, 1005; OLG Hamm, Urteil vom 24.06.2022 – 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 66; OLG Hamm, Beschluss vom 04.08.2022 – 21 U 106/21, BeckRS 2022, 19655 Rn. 10).
35
(b) Unter Beachtung dieser Grundsätze hat die Beklagte durch den Einbau eines sog. Thermofensters in das streitgegenständliche Fahrzeug nicht fahrlässig gehandelt. Das Kraftfahrt-Bundesamt ist und war gemäß § 2 Abs. 1 EG-FGV in Verbindung mit Art. 3 Nr. 29 und Art. 4 Abs. 4 und Abs. 2 der RL 2007/46/EG diejenige Behörde, die in Deutschland für die Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben zu sorgen hat. Hätte die Beklagte das Kraftfahrt-Bundesamt um entsprechende Auskunft gebeten, hätte das Kraftfahrt-Bundesamt das von der Beklagten im Fahrzeug des Klägers verwendeten Thermofenster jedoch nicht als unzulässig beurteilt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.06.2022 – 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 65 ff., 69 f.). Dieser Schluss ist im Hinblick auf das Thermofenster schon deshalb gerechtfertigt, weil dem Kraftfahrt-Bundesamt sowohl das Vorhandensein als auch die grundsätzliche Funktionsweise und die in diesem Zusammenhang geführte rechtliche Diskussion um den Motorschutz seit Jahren bekannt ist (vgl. BGH, VersR 2022, 1173 Rn. 25; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.03.2023 – 14 U 292/22, BeckRS 2023, 5904 Rn. 8; OLG Hamm, Urteil vom 24.06.2022 – 30 U 90/21, BeckRS 2022, 18539 Rn. 70). Da das Verschulden nach objektiv-normativen Kriterien verkehrskreisbezogen festzustellen ist, ergibt sich eine Bewertung als pflichtwidrig insofern nicht. Die Beklagte trifft daher nicht der Vorwurf, sie habe das streitgegenständliche Fahrzeug unter fahrlässigem Verstoß gegen die genannten europarechtlichen Vorschriften mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Verkehr gebracht. Sie hätte jedenfalls in unvermeidbarem Verbotsirrtum gehandelt und einen Verstoß gegen die genannten Vorschriften auch bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht erkennen müssen (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.03.2023 – 14 U 292/22, BeckRS 2023, 5904 Rn. 45 m. w. N.).
36
ee) Zwar kann sich ein Anspruch des Verbrauchers auch aus einer Verletzung des § 16 Abs. 1 UWG ergeben, da dieser Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. BGH, GRUR 2008, 818 Rn. 87). Eine Verletzung von § 16 Abs. 1 UWG setzt aber zumindest bedingten Vorsatz voraus (vgl. Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG § 16 Rn. 17), welcher hier aus den oben dargelegten Gründen nicht gegeben ist.
37
ff) Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch kein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 GWB, Art. 101 AEUV zu. Einen schlüssigen Sachverhalt, dass die Beklagte an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen beteiligt war, trägt der Kläger nicht vor.
38
c) Es liegt keine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) des Klägers vor. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt daher vor, wenn das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (vgl. BGH, Beschluss vom 01.02.2023 – VII ZR 882/21, BeckRS 2023, 3155 Rn. 17 m. w. N.). Vorliegend hat das Landgericht für die Beurteilung des Streitfalls bedeutsames beweisbewehrtes Vorbringen in den Schriftsätzen des Klägers nicht übergangen, zumal das Landgericht in seinem Urteil namentlich auf die Frage der Zulässigkeit des vom Kläger behaupteten parametergesteuerten Emissionskontrollsystems, eines Rückrufs des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch das Kraftfahrt-Bundesamt und eines Verschuldens der Beklagten (Vorsatz, Fahrlässigkeit) eingegangen ist. Dessen ungeachtet lässt das angefochtene Urteil auch im Übrigen erkennen, dass das Landgericht das gesamte Vorbringen des Klägers sowie dessen Beweisangebote zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (vgl. BGH, NJW-RR 2022, 928 Rn. 5). Das Landgericht hat insbesondere den Kern des Inhalts der Anträge des Klägers nicht verkannt. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Landgericht dem vom Kläger angebotenen Zeugen- und Sachverständigenbeweis hinsichtlich der vom Kläger nicht von (unstreitigen oder bewiesenen) Anhaltspunkten getragen, pauschal behaupteten Abschalteinrichtungen nicht nachgekommen ist.
39
Konkrete Indizien für die Richtigkeit seiner Behauptungen hat der Kläger nicht aufgezeigt. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. der Anhörung der vom Kläger angebotenen Zeugen bedarf es aus den o. g. Gründen auch aufgrund des Vortrags des Klägers in der Berufungsbegründung nicht.
40
d) Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Zinsen zu. Die Berufung erweist sich insgesamt als unbegründet.
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e) Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Revision ist nicht zu entsprechen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich nicht. Gründe im Sinne des § 543 ZPO stehen dem Beschlussverfahren nicht entgegen. Die Voraussetzungen einer Haftung gemäß § 826 BGB sind höchstrichterlich abstrakt seit langem geklärt (vgl. BGH, Beschluss vom 01.12.2022 – VII ZR 278/20, BeckRS 2022, 42610 Rn. 11) und durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 hinsichtlich der Entwicklung und des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Rahmen der Abgasreinigung weiter konkretisiert worden. Ob die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorliegen, hängt von den in tatrichterlicher Würdigung des jeweiligen Sachvortrags zu treffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab und kann nicht Gegenstand einer grundsätzlichen Klärung durch den Bundesgerichtshof sein (vgl. BGH, Beschluss vom 21.03.2022 – VIa ZR 334/21, BeckRS 2022, 10201 Rn. 13; BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 424/21, BeckRS 2022, 7010 Rn. 18). Grundsätzliche Bedeutung ist insbesondere nicht deshalb anzunehmen, weil im Revisionsverfahren eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV notwendig wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 03.11.2022 – III ZR 308/20, BeckRS 2022, 33427 Rn. 2).
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Aus den dargelegten Gründen hat die Berufung unter keinem Gesichtspunkt Aussicht auf Erfolg. Der Senat beabsichtigt daher, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
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Nach Sachlage empfiehlt es sich, zur Vermeidung unnötiger weiterer Kosten die Rücknahme der Berufung binnen o. g. Frist zu prüfen. Im Falle einer Rücknahme ermäßigt sich gemäß Nr. 1222 S. 2 KV zum GKG die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0.