Inhalt

OLG Bamberg, Beschluss v. 10.01.2023 – 2 UF 108/22
Titel:

Akteneinsicht in einer Kindschaftssache

Normenketten:
ZPO § 117 Abs. 2 S. 2
FamFG § 13 Abs. 2
Leitsätze:
1. Ein Einsichtsgesuch bezüglich der VKH-Unterlagen der Gegenseite nach Abschluss des VKH-Bewilligungsverfahrens kann nicht mehr auf § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO (hier iVm § 76 Abs. 1 FamFG) gestützt werden. (Rn. 1)
2. Ein solches Gesuch in einem Kindschaftsverfahren bemisst sich nach § 13 Abs. 2 FamFG und erfordert, dass ein berechtigtes Interesse hierfür glaubhaft gemacht ist und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder Dritten nicht entgegenstehen. (Rn. 2 – 3)
3. Der Hinweis des Gesuchstellers auf einen nicht näher ausgeführten Auskunftsanspruch ergibt kein berechtigtes Interesse i. S. d. § 13 Abs. 2 FamFG. (Rn. 4)
Schlagworte:
Akteneinsicht eines Beteiligten in die VKH-Unterlagen der Gegenseite, Verfahrenskostenhilfe, Akteneinsicht, berechtigtes Interesse, Auskunftsanspruch
Vorinstanz:
AG Bamberg vom -- – 225 F 972/21
Fundstellen:
FamRZ 2023, 1562
NJOZ 2023, 924
LSK 2023, 10299
FuR 2023, 392
BeckRS 2023, 10299

Tenor

Der Antrag des Antragstellervertreters im Verfahren 2 UF 108/22 (Oberlandesgericht Bamberg) mit Schreiben vom 06.12.2022 auf Einsichtnahme in die Erklärung der Antragsgegnerin zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen im letztere betreffenden Verfahrenskostenhilfeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

1
Das Einsichtsgesuch mit Schreiben vom 06.12.2022 wurde erst gestellt, nachdem bereits mit Senatsbeschluss vom 09.11.2022 über den Verfahrenskostenhilfeantrag endgültig entschieden wurde. Damit war das Verfahrenskostenhilfeverfahren beim Senat grundsätzlich beendet. In dieser Fallgestaltung kann ein Einsichtsgesuch in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen des Gegners nicht mehr auf § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO (hier iVm § 76 Abs. 1 FamFG) gestützt werden (vgl. nur Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 03.12.2019, 1 VA 101/19 – juris).
2
Das Verfahren 2 UF 108/22 betrifft in der Hauptsache das Umgangsrecht, also eine Kindschaftssache. Demzufolge unterfällt das Akteneinsichtsgesuch nicht dem § 299 ZPO (iVm § 113 Abs. 1 FamFG). Vielmehr ist das Einsichtsgesuch nach § 13 FamFG zu beurteilen und in ein solches Begehren umzudeuten. Gem. § 13 Abs. 7 FamFG hat hierüber der Vorsitzende des Senats zu entscheiden.
3
Der Antragsteller ist am Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren betreffend die Antragsgegnerin nicht Beteiligter, so dass die Entscheidung über sein Akteneinsichtsgesuch sich nach § 13 Abs. 2 FamFG bemisst. Danach kann Akteneinsicht nur gestattet werden, soweit ein berechtigtes Interesse hierfür glaubhaft gemacht ist und schutzwürdige Interessen eines Beteiligten oder Dritten nicht entgegenstehen.
4
Die Antragsgegnerin hat keine Zustimmung zur Akteneinsicht erteilt. Zur Begründung des Einsichtsbegehrens wurde antragstellerseits lediglich darauf hingewiesen, dass für eine Einsicht in die VKH-Unterlagen der Gegenseite nur die generelle Existenz eines Auskunftsanspruchs erforderlich sei. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob tatsächlich ein Auskunftsanspruch besteht. Hierzu wurde nichts ergänzend vorgetragen. So kann einem materiell-rechtlichen Auskunftsanspruch etwa eine bereits erteilte Auskunft oder eine zeitnahe Regelung eines Unterhaltsanspruches entgegenstehen (vgl. §§ 1605 Abs. 2 1580 S. 2, 1361 Abs. 4 S. 4 BGB). Unabhängig davon ergibt der Hinweis auf einen nicht näher ausgeführten Auskunftsanspruch jedenfalls kein berechtigtes Interesse i. S. d. § 13 Abs. 2 FamFG. Hierfür fehlt jeglicher Vortrag. Eine Glaubhaftmachung ist nicht erfolgt.
5
Folglich ist das Akteneinsichtsgesuch zurückzuweisen.
6
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 2 FamFG sind nicht gegeben. Die Entscheidung nach § 13 FamFG ist – anders als § 299 Abs. 2 ZPO iVm § 113 Abs. 1 FamFG – ein Akt der Rechtsprechung (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 24.10.2019, 1 VA 107/19, FamRZ 2020, 621) in Gestalt einer Endentscheidung. Damit gilt das Rechtsmittelrecht des FamFG gem. §§ 58ff, 70ff. FamFG.